[8] Leidenschaft über Empfindsamkeit
Wenn die Wälder tief verstummen,
Sich der Himmel weitet, breitet,
Durch das Blau mit leisem Summen
Nicht ein einzig Lüftchen gleitet;
Wenn die Ströme schweigend rollen
Und der Sturm die Renner zügelt,
Auf dem See, dem ruhevollen,
Nicht ein Hauch die Welle hügelt:
Hört man wohl beim Abendschillern
Turteltauben Seufzer tauschen,
Hört man wohl die Lerche trillern
Und das Bächlein schwatzend rauschen.
Wenn in zornigem Erzittern
Sich im Kampf die Äste schlagen,
Durch das Blau in Schlachtgewittern
Donnerwolkenheere jagen;
Wenn der Stromschuß jach hereinbraust
Und das Sturmroß schnaubt im Zorne,
Hoch die Welle ans Gestein braust
Aus des Seees Strudelborne:
Schweige dann, du Westessäuseln,
Lerchenschwirren, Taubengirren;
Höre, Bächlein, auf zu kräuseln
Und durch Rosen hinzuirren.
Wenn mit Macht die Adern kochen
Und im Sturm die Triebe streiten:
Schweige dann, du leises Pochen
Liebeszarter Seligkeiten.
Tränen ihr, ihr süßen, bittern,
Laßt euch stillen, flüssig laue,
Wenn die Blitze Felsen splittern,
Ist's nicht Zeit zum Morgentaue.