67. Der Tod

An meine Freunde.


Juni 1779.


Täuscht' ich mich selber? oder tönt mir lieblich,
Wie der Nachtigall Lied, des Todes Name?
Wird mir auch sein rauschender naher Fittich
Schwanenflug tönen?
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Trank ich nicht süßen Nektar aus der Jugend
Freudeduftenden Becher, den die Freundschaft
Mir mit Blumen, den die Natur mit Blumen
Lächelnd umwanden?
Freunde, den trank ich, und ihr freutet mein euch!
Wenn ich leere den Kelch des Todes, wollt ihr
Dann euch nicht der höheren Freuden eures
Freundes erfreuen?
Freunde, wenn eure Thräne nur des Todes
Kelch nicht bitter, das brechende Herz nicht weich macht,
Krankheit mag mit zischenden Schlangen, Schmerz mit
Dornen ihn kränzen!
Zürnt ihr, Geliebte? Hab' ich denn dem Tode,
Daß er komme, gerufen? schlingt, wie Weinlaub,
Nicht um meiner nervichten Jugend Glieder
Sich die Gesundheit?
Dennoch, wofern ich mich nicht täusche, tönt mir,
Wie der Nachtigall Lied, des Todes Name.
Wird mir auch sein rauschender naher Fittich
Schwanenflug tönen?

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu. Gedichte. Gedichte. 67. Der Tod. 67. Der Tod. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-1AB1-0