4. Gottes Engel
1826.
Seiner Boten einen
Aus der Engel Schar
Läßt der Herr erscheinen
Jedes neue Jahr.
Aus der Zeiten Pforte
Schwebt der Himmelgeist,
Den er seine Worte
Uns verkünden heißt.
Oft erscheint ein Engel,
Fried' ist er genannt,
Der den Lilienstängel
Neigt ob allem Land:
In die Beete nieder
Sinkt der Blumenstaub,
Da erwachen wieder
Blüt' und Frucht im Laub,
[97]
Oft herab zur Erde
Fleugt der Engel Krieg,
Mit dem Racheschwerte
Gottes oft der Sieg:
Und als Schnitter stehen
Sie in reifer Welt,
Fangen an zu mähen
Wie es ihm gefällt. –
Wen hat er gesendet
Uns in dieses Jahr?
Wen, emporgewendet
Wird der Blick gewahr?
Ach, es ist der ernste
Diener, ist der Tod!
Trägt bis an das fernste
Ufer sein Gebot.
Einem Fürstengreise
Schob er jüngst den Arm
Unter's Haupt, das leise
Fortschläft ohne Harm.
Dann von Thron zu Throne
Zog er, und dem Zar
Nahm die goldne Krone
Er vom blonden Haar;
Und worauf hienieden
Sein Gedanke sann:
Zu dem ew'gen Frieden
Zeigt' er ihm die Bahn.
Und es geht der Engel
Weiter seinen Pfad,
Vor ihm grünt der Mängel
Und der Sünden Saat.
[98]
Gräber stehen offen:
Doch – was kommen mag –
Freunde, laßt uns hoffen,
Gottes ist der Tag.
Laßt den Dichter schwärmen,
Laßt ihn prophezein,
Sonnen sich und wärmen
An der Ahnung Schein:
Fremden Regionen
Eilt der Engel zu,
Euch, ihr Hütten, Thronen,
Gönnt er lange Ruh!
Dort wo müde Streiter
Bang gen Himmel sehn,
Wo Egyptens Reiter
Dicht, wie Mauern, stehn:
Dorthin seht ihn fliegen,
Seht ihn unbemerkt
In den Reihen liegen,
Die kein Andrer stärkt!
Ist er nicht der alte
Würger ohne Schlacht,
Dessen Köcher schallte
In der Mitternacht?
Der die Erstgebornen
In Egypten schlug,
Bis daß Halbverlornen
Wurde frei der Zug?
Schreite, Gottes Bote,
Nur ins neue Jahr!
Was dein Blick auch drohte,
Uns droht nicht Gefahr.
[99]
Unsre Herzen schwellen,
Sind in Hoffnung froh:
Stürmt, ihr Meereswellen,
Ueber Pharao!