439. Unser Liebefrau von Ettal und Kaiser Ludwig der Bayer.

Mitgeth. v. Hormayr im Taschenb. 1848, S. 76.


Nach Christi Ankunfft in dise Welt,
Als man Tausent drey hundert zehlt,
Siben und zwantzig noch darzu,
Den Anfang ich hie machen thu;
Umb dises jetzt vermeldte Jahr
Ein hoher Fürst in Bayern war,
Mit Namen Ludwig, diser Held,
Römischer Kayser war erwählt.
Darauff er sich bald nach Rom begab
Mit großer Macht vnd reicher Haab,
Daß er die Kayserliche Kron,
Vnd Göttlich Benediction,
Allda empfangen wie bräuchig ist,
Der böse Feind braucht seine List.
Ein Anderer strebt nach der Kron,
Der hätts wol besser bleiben lohn.
Die sach verweilet sich so lang,
Daß sie dem Kayser machte bang,
Der war unmässig hoch beschwert,
Weil sich der Vnkost häuffig mehrt,
Vnd niemandts war der sagen kundt,
Wie es noch vmb den Handel stund?
Der Kummer hauffet sich so fast,
Daß der gut Kayser vnderm Last,
Kleinmütig vnd zerschlagen war,
Sucht Hilff bey Gott, in diser Gfahr,
Geht hin und sperrt sich selber ein,
In einer Kirchen blib allein.
Weil er damit jhn selbst tractiert,
Eins vnd das ander z' hertzen führt,
Auch sein Gebett zu Gott außgoß,
Daß jhm das Naß herunder floß,
Da kam zu jhm in Münchs Gestalt,
Ein Mann, der aller graw vnd alt,
Der sprach zum Kayser: Folgst du mir,
Einen guten Rath den gib ich dir,
Vnd mach dich aller Sorgen frey,
Sag was dein Will vnd Mainung sey.
Der Kayser sagt jhm, wann dein Rath,
Nichts wider Gottes willen hat,
Da folg ich dir willig vnd gern.
Der Münch sprach: Kayser, das sey fern,
Daß ich soll rathen wider Gott,
Noch seine herzlige Gebott,
Durch mein Rath wirdt Gott hoch geehrt,
Wie auch sein liebe Mutter werth.
Darauff der Kayser Ludwig sprach,
Sag lieber wie, was ist die Sach:
Der Alt besinnt sich da nit lang,
Vnd nennt ein Orth, haist Ampherang,
Diß sprach er ligt in deinem Land,
Wann du haim kombst, so baw zu hand,
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Ein Kloster an dasellig Orth,
Allda zuvor geschach grosser Mord,
Weil es ein dick vnd finsterer Wald,
Das Kloster solt du besetzen bald
Mit München vnd S. Benedict,
Die fromb, andächtig vnd geschickt.
Die Kirchen aber sollst du bawen
Zu Gottes Ehr vnd vnser Frawen,
Die wird daselbst Patrona sein;
Ihr Fest man da wird stellen ein.
Die Schidung vnd die Himmelfahrt,
Zog darauff herfür von schöner Art,
Ein zart Maria Bild, schneeweiß,
Befalch dem Kayser da mit fleiß
Daß er es wohl verwahren wolt,
Kein andern Namen geben solt,
Als Stiffterin am selben Orth.
Der Kayser merket alle Wort
Vnd kam jhm billich seltzam für,
Weil er verschlossen alle Thür,
Wie doch der Alt nein kommen sey,
Vermeldt auch vnd bekennet frey,
Daß er von Ampherang dem Orth,
Sein lebenlang nichts hab ghört,
Darumb es jhm dann nie bekandt,
Daß es soll ligen in seinem Land.
Der großte Zweiffel diser war,
Weil er selb steckte in Gefahr,
An Geld entblöst, mit Schulden beschwert
Warumb er das von jhm begert,
Ob er mit Schulden, Brieff vnd Schrifften,
Soll raisen, bawen, Klöster stifften,
Der Alt jhm bald entgegen kam,
Gantz allen Zweiffel jhm benam:
Was ich dir sag, da zweiffel nicht,
Sey darob, daß es alles werd verricht
Gott vnd Maria solst du danken,
An seiner Gnad mit nichten wanken,
Der hat den gantzen Handel gericht,
Das Kayserthumb ist jhm verpflicht.
Dann wem ers geben wil der hats,
Bedarff da keines Menschen Raths
Er setzt ein auff den andern ab,
Sein ist der höchste Richterstab.
Wie was er wil, so muß es fort,
Du wirst gekrönt an diesem Orth,
Mit Frewden vnd mit großer Ehr,
All Welsche Fürsten kommen her,
Wie auch vil andere grosse Herrn,
Die sich bei dir erzaigen werden.
Dich werdens gleichwol vberschütten,
Mit Reichtumb vnd vmb Lehen bitten,
Das wirst du sehen ohn verzug.
Der Kayser seine Knie da bug,
Vnd wolt dem Alten Ehr erzaigen,
Weil er sich also thäte naigen,
Vor seinen Augen er verschwand,
Darauß der Kayser bald empfand,
Wie gnädig Gott mit jhme handlet,
Sein Trawrigkeit in Frewd verwandlet,
Der Kayser zu den seinen kam,
Erzehlet jhnen allessam,
Was sich nach längs mit jhm begeben,
Zaigt jhn das weisse Bild darneben.
Die Sach bald weit vnd brait außkam,
Der Bapst auch selber diß vernam.
In Summa was der Alt erzehlt,
War alles gleich ins Werk gestelt,
So bald er nun die Kron empfangen,
Kamen die Fürsten mit verlangen,
Verehrten jhn mit reichem werth,
Ein jeder Lehenschafft begert.
Weil sich dann alles so verloffen,
Vnd auff den Nagel zugetroffen,
Da hat der Kayser bald erkannt
Daß der, so in der Kirch verschwand,
Kein Mensch, sondern ein Engel war,
Von Gott gesandt zu jhme dar,
Wolt er sich länger saumen nicht,
Sonder bald auff die Raise richt,
Damit wann er kam in sein Land,
Alles verrichten möcht zu hand,
Was jhm der Engel geoffenbahrt,
Macht sich derhalben auff die Fahrt,
Das weisse Bild vnser lieben Frawen,
Wolt er keim Menschen nit vertrawen,
Behielt dassellig allzeit bey sich,
Erfrewt sich dessen wunderlich.
[461]
Als er wider in Bayrn kam,
Das erst, daß er da für sich nam,
Ward, wie das Kloster wurd gebawt,
Darumb er selb zur sachen schawt.
Fragt erstlich nach dem wilden Orth,
Wie er vom Engel zu Rom gehört,
Ein Jäger der Hainrich Vennd,
Der zaigt dem Kayser Orth vnd End,
Das Orth war finster, schlecht vnd wild,
Alsbald befalch der Kayser mild,
Man soll den gantzen Wald vmbhawen,
Dahin wol er das Kloster bawen,
Tausent, dreyhundert, dreyssig Jahr,
Damaln die Zahl nach Christi war,
Den acht vnd zwantzigsten Tag,
In dem Aprillen, wie ich sag,
Da hat der Kayser an dem Baw,
Zu Gottes Ehr vnd vnser Fraw,
Selber den ersten Stain gelegt,
Der ligt noch steiff vnd vnbewegt.
Nach dem der gantze Baw vollendt,
Reichlich begabt mit Gült und Rennt,
Nennt man das Kloster Ethal,
Den Namen behält es noch zumal,
Weil es vor war ein ödes Orth,
Vnd wildes Thal, wie vor gehört,
Der Kayser, Gott im Himmel dankt
Sein liebes Bild dem Kloster schanckt,
Da ist es noch auff disen Tag,
Ein jeder solches sehen mag.
Nicht alles ich anzaigen kann,
Wie jeder selbst erachten kan,
Der Augenschein bewehrt die Sach,
Viel tausent Menschen, gesund vnd schwach,
Besuchen noch auff dise Stund,
Die schöne Kirch, so Cirkel rund,
Das Bild steht in dem Haupt Altar
Nun mehr in die dreyhundert Jahr,
Vil Armer kommen da zusamm,
Behafft mit Krankheit, Krump vnd Lahm,
Gott jhnen grosse Hilff da thut,
Durch Fürbitt seiner Mutter gut.
Bey diser schönen Wundergeschicht,
Ist niemands, der nit mit Augen sicht,
Was Gottes Mutter für ein Lieb,
Gegen disem Land erzaig vnd üb,
Die Fürsten bleiben in jhrem Schutz,
Bieten dem bösen Feind den Trutz,
So lang die Mutter bey vns bleibt:
Schaw der auff, der sich an sie reibt.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 439. Unser Liebefrau von Ettal und Kaiser Ludwig der Bayer. 439. Unser Liebefrau von Ettal und Kaiser Ludwig der Bayer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-F715-B