1327. Wie ein Bauer aus Rußland gen Ochsenfurt gefahren.
Mündlich. – Nachklang alter Thomassagen.
Es war im Jahre 1812, als spät Abends eine Abtheilung Franzosen durch Ochsenfurt kam, um daselbst zu rasten; bald hatten sie ermüdet ihre Quartiere erreicht und ließen sich's bei den gemüthlichen Bürgern wohl sein. Einige Bauern, die bisher Vorspann geleistet hatten, entjochten ihre Thiere und kehrten schimpfend über die Franzosen nach Hause zurück; andere aus Ochsenfurt selbst, mußten ihre Stelle vertreten.
Unter diesen war ein Bäuerlein, das mit seinem Paar Pferde und Wagen die allzu Ermüdeten fortschaffen mußte. Nach einem kurzen Abschiede von Weib und Kind, fuhr er am nächsten Morgen mit den nach Rußland marschirenden Franzosen davon. Als er nun an der bestimmten Station, wie seine Leidensgefährten, umkehren wollte, ließen ihn die Franzosen nicht fort, denn es fehlte gerade noch an einem Wagen für die Erkrankten. Was wollte er machen? Durchgehen konnte er nicht; also blieb kein anderes Mittel übrig als mitzumarschieren. So kamen sie nach Rußland. Eines Abends gelobte er in heißem Gebete, der Kirche so viel [310] Wachs opfern zu wollen, als sein Wagen und Pferde zusammen wägen würden, wenn er bald wieder bei seiner Frau zurück wäre. Wie er nun andern Morgens aufwachte, lag er zu Hause in seinem Bette, im Stalle scharrten und wieherten die Pferde, der Wagen stand im Hofe, seine Frau traute kaum ihren Augen, die Kinder schrieen und jubelten. Bald war der Freudenrausch vorüber, und schwer fiel dem Bäuerlein das Gelübde auf's Herz. Woher das viele Wachs nehmen? Es blieb nichts anderes übrig, als die Sache dem Pfarrer zu erzählen, ob der nicht rathen könne. Der Geistliche rieth, einmal Pferde und Wagen wiegen zu lassen. Mit klopfendem Herzen ließ es der Bauer geschehen und siehe – sie haben zusammen nicht mehr als sechs Pfund gewogen.