1.
In der Steinlohe, eine Stunde von Tiefenbach, war ein Bauernhaus, in welchem ein Geist unter verschiedenen [291] Gestalten umging. So kam er öfter als Hund, den die Leute nicht kannten und mit Steinwürfen verfolgten, daß er heulend entfloh; bald kam er als Katze, die jedesmal Schläge bekam, um sie fortzubringen; aus ihren Gebärden konnte man abnehmen, daß sie keine natürliche war. Manchmal hüpfte sie auch als Kröte in der Stube herum, besonders nach dem Essen.
Da nun die Bäuerin einmal an einem Sonntag zu Hause blieb, um die Küche zu besorgen, weil die Leute in die Kirche gingen, kam die Katze vor das Fenster und miaute so lange, bis die Bäuerin sie hereinließ. In der Stube schnurrte sie aber immer herum, bald auf der Ofenbank, bald hinter den Häfen, so daß die Bäuerin endlich ganz gutmütig zu ihr sagte: »No, was hast du denn, daß du gar so herumraunzest?«
Kaum waren diese Worte gesprochen, so verschwand die Katze und die verstorbene Mutter der Bäuerin stand da, dankte ihrer Tochter, daß sie sie angesprochen habe, und sagte zu ihr: »Nun ist es schon zwölf Jahre, daß ich verstorben bin, und seit dieser Zeit muß ich immer als Geist in deinem Hause umgehen und warten, bis mich Jemand anspreche; bald mußte ich erscheinen als Hund, und da habt ihr auf mich geworfen, besonders hat mir der böhmische Knecht so wehe gethan; bin ich als Katze gekommen, so hat es mir die Magd zumeist entgelten lassen. Am schmerzhaftesten aber fiel es mir, wenn du Kraut aus dem Bottich nahmst, und den Stein, der oben liegt, so schwer hineinfallen ließest; denn ich saß als Kröte allemal unter dem Bottich. [292] Nun kann ich dir doch sagen, wie du mich erlösen kannst. Du mußt nämlich ein Jahr lang in jedem Monate eine heilige Messe für mich lesen lassen, und an dem Tage, wo sie gelesen wird, fasten, bis die Sterne am Himmel stehen; endlich mußt du in dem Garten an der Stelle, die du morgen früh bezeichnet finden wirst, eine Kapelle bauen und die Muttergottes von Altötting hineinstellen; dann werde ich erlöst seyn: denn Alles dieses habe ich versprochen, da ich mit dir schwanger ging, um eine glückliche Geburt zu haben. Zur Strafe, daß ich das Versprechen nicht hielt, mußte ich als Thier umgehen.«
Wie die Arme Seele ausgeredet hatte, wollte ihr die Bäuerin um den Hals fallen und Alles zu thun versprechen. Der Geist war aber verschwunden.
Am nächsten Morgen ging sie in den Garten und fand dort einen Fleck ganz ausgebrannt. Sie säumte nun nicht, die Kapelle bauen zu lassen und all das Andere zu erfüllen. Und wie die letzte Messe gelesen war, legte sich die Bäuerin nieder und starb. Die Kapelle ist aber heutzutage noch stark besucht, besonders von Böhmen aus.