[187] An die Kölner

1841.


Ihr Kölner wollt jetzt euren Dom vollenden:
Wie kommt euch nur so plötzlich diese Lust?
Es lag ja immerfort in euren Händen;
Ihr ließt ihn doch vierhundert Jahr' im Wust.
Drei Königsschädel liegen drin begraben,
Die Kaiser Friedrich Rothbart hergesandt.
Da brachten fromme Pilger reiche Gaben.
Aus eurem Gut ward wenig aufgewandt.
Eu'r Bischof trug des Canzlers hohe Würde,
Des Bau's Beginn ward seiner Müh' verdankt.
Habt ihr ihm wohl erleichtert diese Bürde?
Ihr habt mit eurem Hirten stets gezankt.
Auch andre Städte haben hehre Tempel,
Die jede selbst erbaut hat und gepflegt.
Meint ihr, daß euer Chor allein den Stempel
Der Heiligkeit an seiner Stirne trägt?
[188]
Wien, Straßburg, Rheims, der Marmordom in Mailand,
Viel' andre, die ich nicht zu nennen weiß;
Dann Canterbury in Britanniens Eiland,
Westminster, York, verdienen gleichen Preis.
Ihr habt wohl nie aus euren dumpfen Mauern
Auf Deutschland und Europa rings geblickt:
Wie könnte sonst der leere Stolz noch dauern
Auf solch ein Bruchstück, ärmlich ausgeflickt?
Nun laßt ihr durch die Zeitung ausposaunen:
Köln ist die heil'ge Stadt vor allen, wißt!
Deutschland! vernimm's in Demuth und mit Staunen!
Wer nicht am Bau hilft, ist kein wahrer Christ! –
Geht hin zum Papst, und bittet: Heil'ger Vater,
Borgt uns doch Geld, zu bauen unsern Dom! –
Ich, wird er sagen, bin des Heils Berather;
Doch Geld zu holen giebt es keins in Rom.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schlegel, August Wilhelm. Gedichte. Scherzhafte Gedichte. An die Kölner. An die Kölner. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D244-D