28.
Dich ahnte meine Seele lange,
Bevor mein Auge dich gesehn,
Und selig-süße Schauer bange
Fühlt' ich durch all mein Wesen gehn.
Ich sog von unbekannten Blüten
Den Duft, der mir entgegenquoll,
[465]Und nie erblickte Sterne glühten
Zu Häupten mir geheimnisvoll.
Doch immer sah ich deinen Schatten
Nur trübe wie durch Nebelflor;
Dein Antlitz schien daraus in matten,
Gebrochnen Zügen nur hervor.
Und als der Schleier nun gesunken,
Der dich vor mir verhüllt – vergieb,
Wenn lang ich sprachlos und wie trunken,
Betäubt von all dem Glücke blieb!