[36] Die singenden Mädchen

Frühling war's. Im Abendschatten
Ging ich durch das stille Thal –
Da, vor mir auf grünen Matten,
Tönt es sanft mit einem Mal.
Näher kam ich; zwei Gestalten
Saßen ruhig, Hand in Hand;
Mädchen, wie bei Tag sie walten
Auf durchfurchtem Ackerland.
Braun im Antlitz trugen Beide
Spuren von der Sonne Kuß,
Unter dem zerschliss'nen Kleide
Sah hervor der nackte Fuß.
Aber schön das Haupt erhoben,
Holden Einklang in der Brust,
Zu den ersten Sternen droben,
Sangen sie wie unbewußt.
[37]
Sangen sie die alte Weise
Von der Liebe Lust und Leid,
Achtlos, nur sich selbst zum Preise,
Durch die weite Einsamkeit. –
Seid getrost, ihr Dichterseelen,
Dacht' ich im Vorübergang,
Hört ihr noch aus solchen Kehlen
Solchen tief empfund'nen Klang!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Gedichte. Gedichte. Erstes Buch. Vermischte Gedichte. Die singenden Mädchen. Die singenden Mädchen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AD45-3