[137] Beruhigung

Harter, der du ohn' Erbarmen
Mich verletzest kalt und rauh,
Wirst bald glühen in den Armen
Einer reizbegabtern Frau!
Ruhig mag ich dieß erwägen,
Denn die Ahnung thut mir kund,
Was sich dann wird leise regen
Tief in deines Innern Grund.
Wenn, durchzuckt von deinen Küssen,
Stumm dein Lieb im Arm dir ruht,
Wirst du heimlich doch vermissen
Meiner Seele Kraft und Glut.
[138]
Wenn mit heitern Frühlingsscherzen
Sorglos froh sie zu dir spricht,
Wird dir's flüstern tief im Herzen:
»Diese kennt die Liebe nicht!
Kennt sie nicht, so wie sie kannte
Jenes unglücksel'ge Weib,
Dessen Lieben flammt' und brannte
Sillverzehrend Seel' und Leib!
Ist's auch süß, sich hier zu sonnen
In der Schönheit Maienlust:
Um die tiefsten Qualen, Wonnen
Hat doch Jene nur gewußt!«
Strahlend wird in's Aug' dir brechen
Meines Herzens Glorienzier;
Und so wird mich treulich rächen
Einst dein eigen Selbst an dir.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Paoli, Betty. Gedichte. Gedichte. Beruhigung. Beruhigung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-693D-C