[110] Dichtervorzug

Nein, glaube nicht, daß du mein Herz geknickt
Mit deines Zornes wilden Donnerschlägen;
Es pocht so stolz, wie stolz mein Auge blickt!
Dem Dichterherzen ist das Unglück Segen.
Nur des gemeinen Lebens dumpfer Harm
Kann schnöd' entkräftend an der Seele nagen,
Doch eines großen Schmerzes starker Arm
Wird in die Reih'n der Himmlischen sie tragen.
Nie fühlt' ich mich in früh'rer Wonnezeit
So ganz entrückt den niedrigen Bereichen,
Als jetzt, nachdem das Unglück mich geweiht
Zu einer Schmerzenhoheit sonder Gleichen.
[111]
Mein einsam Herz thront königlich und hehr,
Stolz von dem Rest der Menschen abgeschnitten;
Für meines Gleichen acht' ich sie nicht mehr,
Denn Keiner hat so viel wie ich gelitten.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Paoli, Betty. Gedichte. Gedichte. Dichtervorzug. Dichtervorzug. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-68D5-D