[196] Sieh dich vor
Wer hat je einen Freund zu Grab getragen
Und nicht durchforscht sein innerstes Gewissen,
Ob er das Band, das jetzt der Tod zerrissen,
Nach seinem vollen Wert stets angeschlagen?
Ob er auch stets in den entschwund'nen Tagen
Sein Glück voll auszunützen sich beflissen?
Ob er nie Huld und Nachsicht ließ vermissen?
Dem Freund nie Grund gab zu gerechten Klagen?
Den preis' ich glücklich, der mit freier Brust
In seinem tiefen Leid sich selbst darf sagen,
Daß er sich darin keiner Schuld bewußt!
Doch wer verstummen muß vor jenen Fragen,
Weh ihm! Denn grimmer noch als der Verlust
Wird späte Reue ihm am Herzen nagen.