[92] Ich harre stumm gefaßt
Wie meiner Seele Harm
Vermittelnd zu besiegen?
O laß' in deinem Arm
Vergessensfroh mich liegen.
O laß', wenn neu erwacht
Ein schmerzliches Gedenken,
In deines Auges Nacht
Die Seele mich versenken.
Und will in seiner Pein
Mein Herz erschöpft verbluten,
Dann hauch' ihm Leben ein,
Mit deines Kusses Gluthen.
[93]
Doch keinen, keinen Schwur!
Meinst du, daß ich ihm traute?
Er mahnte mich doch nur
An hingeschwund'ne Laute.
An Laute, die vom Strand
Mich lockten auf die Wellen,
Bis ich am Klippenrand
Mein Fahrzeug sah zerschellen.
Die wild empörte Fluth
Kannst du zur Ruh' nicht sprechen;
Ich weiß zu gut, zu gut,
Wie leicht ein Schwur zu brechen.
Was glühend du verneinst,
Schon keimt's in dunkeln Saaten;
Ich weiß, du wirst mich einst
Verlassen und verrathen.
Das weiß ich, ach! und kann
Ihn nimmermehr doch heben
Den mächt'gen Zauberbann,
Der mich dir hingegeben. –
[94]
Ein Wüstenwand'rer trifft
Im Sand auf eine Quelle;
Und böthe sie ihm Gift,
Er tränk' die gift'ge Welle.
Denn leichter ist zumahl
Ein rasch hinlodernd Sterben,
Als in des Durstes Qual
Vorkommend zu verderben.
So bin in dunkler Stund'
Ich an dein Herz gesunken,
Und hab' von deinem Mund'
Den Untergang getrunken.
In unermess'ner Noth
Bist du mir so begegnet,
Und giebst du mir den Tod,
Sei dennoch mir gesegnet!
Das Glück der Welt erblaßt
Von dem, das mir erglommen –
Jetzt harr' ich, stumm gefaßt
Der Schmerzen, die da kommen! –