Nachtstück

Es fällt ein Stern vom Himmel,
Ich fing' ihn auf so gern!
Wohin bist du gefallen,
Du wunderschöner Stern?
»In's Meer bin ich gefallen,
Tief in die schwarze Fluth;
Das Leuchten muß ich lassen,
Und in mir brennt die Gluth.«
[246]
Dianen seh' ich wandeln
Wohl über das tiefe Meer.
Was schleichst du, keusche Göttin,
So traurig hin und her?
»Mein Stern ist mir gefallen
Tief in die schwarze Fluth;
Heraus möcht' ich ihn ziehen:
Wer sagt mir, wo er ruht?
Ihr Sternlein, helft mir suchen,
Steigt nieder auf das Meer,
Mit euren Silberlampen
Schwebt leuchtend um mich her!
Hör' ich die Wogen rauschen,
Mir ist's, als ob es ruft –
Will es empor zum Himmel?
Soll ich hinab zur Gruft?«
So trieben's Mond und Sterne
Die liebe, lange Nacht,
Und weil ich nicht kann tauchen,
Hab' ich ein Lied gemacht.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Müller, Wilhelm. Gedichte. Lyrische Reisen und epigrammatische Spaziergänge. Lieder aus dem Meerbusen von Salerno. Nachtstück. Nachtstück. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5AC4-4