475. Der verschüttete Eingang.
Der Krüger und Krämer aus dem Meggerskooge kam eines Abends spät im Mondscheine auf seinem Schimmel von Rendsburg geritten, als unterwegs auf einmal das sonst so fromme Tier scheu wurde und nicht aus der Stelle zu bringen war. Der alte Mann glaubte zuerst, es sei der Schatten eines langen am Wege stehenden Pfahles, der das Tier so [316] in Angst setzte; als er aber absteigen und sein Pferd ziehen wollte, sah er am Pfahle ein ganz kleines Männlein stehen, das ihn schüchtern bat, doch mit ihm zu gehen; der Eingang sei hinter ihm verschüttet, und er könne die Erde nicht wegräumen. Der Krüger merkte bald, daß es ein Unnererschen war, band sein Pferd an den Pfahl und ging mit. Als sie eine Strecke gegangen waren, zeigte der Kleine ihm die Stelle und der Alte grub den Eingang bald wieder frei. Darauf bat der Kleine ihn, doch mit hinunter zu steigen und sich ein wenig zu erquicken. Obgleich ihm nicht wohl dabei war, so hatte der Krämer dennoch nicht das Herz es abzuschlagen. Er stieg daher mit hinunter; drunten aber kam ihm die ganze kleine Familie entgegen, die ihn durchaus bewirten wollte. Er schützte vor, daß seine Frau ihn längst zu Haus erwarte, daß er überhaupt auch keinen Hunger habe; indes wolle er gern ein Butterbrot mitnehmen. Er steckte eins in die Tasche, und der Kleine begleitete ihn nun wieder zurück zu seinem Pferde. So schnell er nur konnte, saß er droben, gab dem Schimmel die Sporen und warf dabei das Butterbrot mit Gewalt gegen den Pfahl; dann jagte er nach Haus. Am andern Tage war er aber doch neugierig, was wohl aus dem Butterbrote geworden sei. Er ging daher nach der Stelle zurück und fand es noch am Pfahl sitzen, aber es war kohlschwarz und dick aufgequollen.
Diese Geschichte pflegte der alte Krüger gerne zu erzählen und dann am Schluß hinzuzufügen: »Na, ik will mi wull wohren un kamen dar wedder bi Abentied! Harr ik dat nu upęten, weer ik dood west; un denn seggen se noch, dat man riek ward, wenn man sik mit dat Untüch afgifft.«
Von D. St. durch Storm. Vgl. Nr. 458.