3.

Ein Schiff ward auf der See vom Sturm überfallen und geriet in die äußerste Gefahr. Da tauchte ein Wassermann am Ruder hervor und, den Fischschwanz im Wasser behaltend, begehrte er den Kapitän zu sprechen. Der Kapitän, ein unerschrockener Mann, fragte, was er denn solle. Da beklagte sich der Wassermann, daß seine Frau sich in Kindesnöten befände, und weil sie aller weiblichen Hilfe entbehre, einen großen Lärm in ihrer Wohnung erhoben hätte. Er bat, daß die Frau des Kapitäns, die sich an Bord befand, herunterkäme und bei der Geburt Beistand leiste. Er versprach auch, sie ohne alle Gefahr wieder aufs Schiff zurückzuführen. Der Kapitän aber verweigerte die Erfüllung der Bitte. Da drohte der Wassermann, daß der Aufruhr im Meere, der nur eine Folge der Schmerzen und heftigen Bewegungen seiner Gattin wäre, noch ärger werden und das Schiff mit Mann und Maus versinken würde. Die Frau des Kapitäns entschloß sich nun, das Wagstück zu bestehen und stieg mit dem Meermann hinunter. Sogleich legte sich der Sturm. Die Geburt des Kindes ging glücklich von statten und nach einigen Stunden kehrte die Frau reich beschenkt aufs Schiff zurück, ohne daß auch nur ihre Kleider naß geworden wären.


Herr Hansen auf Sylt. – Kuhn, Märk. Sagen Nr. 81. Grimm, Deutsche Sagen Nr. 49. 58. 65-69. Wolf, Deutsche Sagen Nr. 80.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Drittes Buch. 522. Die Meerweiber. 3. [Ein Schiff ward auf der See vom Sturm überfallen und geriet in]. 3. [Ein Schiff ward auf der See vom Sturm überfallen und geriet in]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4B98-1