Sternensprache

Schau auf, schau auf zum Firmament,
Und laß von ihm dir zeigen:
Von allen Sternen, die ihr kennt,
Hat keiner Licht zu eigen.
Trotz ihrer Größe, ihrer Zahl
Sind sie nur Lichtverbreiter;
Ein jeder nimmt des andern Strahl
Und giebt ihn folgsam weiter.
Der einz'ge Sonnenquell des Lichts
Ist des Allmächt'gen Liebe,
Und selbst auch diese wäre nichts,
Wenn sie nicht leuchtend bliebe.
Sie geht im Strahlenkleide aus,
Sich selbst der Welt zu geben,
Macht jeden Stern zu Gottes Haus
Und küßt ihn wach zum Leben.
[24]
Schau auf, schau auf zum Sternenzelt,
Und laß von ihm dir sagen:
Die Liebe wird von einer Welt
Der andern zugetragen.
Giebt sie ein Stern dem andern nicht,
Weil er Gott nicht verstanden,
So ist er für sie ohne Licht
Und also nicht vorhanden.
[25]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). May, Karl. Gedichte. Himmelsgedanken. Sternensprache. Sternensprache. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-30EF-3