[153] [164]Auff das absterben Seiner Durchl.
Georg Wilhelms/ Hertzogs zu Liegnitz/
Brieg und Wohlau

1.
So bricht der glantz der welt!
Die zeit kan auch den purpur bleichen;
Die reinste sonne muß zu bald den west erreichen:
Die säule reich an ertzt wird zeitlich hingefällt.
Des himmels spruch ist nicht zu widerstehen/
Und wer ist groß genug demselben zu entgehen?
2.
Diß/ was man ewig schätzt/
Das wird in kurtzer zeit begraben;
Wer weiß/ wo ihrer viel itzt ihre gräber haben?
Die sich lebendig selbst den sternen beygesetzt.
Mich deucht/ wie die natur manch ding verlohren/
Das die vergänglichkeit zu trotzen sich verschwohren.
3.
Des Nimrods grosses reich/
Da haupt und herrschafft gülden waren/
Ist/ wie von wenig flut der spröde thon/ zerfahren/
Und seine macht ist itzt den todten-knochen gleich.
Das feste land/ der grundstein der palläste/
Der schweren berge fuß steht selber nicht gar feste.
4.
Von Artaxerxes thron
Ist schwerlich noch ein stein zu zeigen;
Wer weiß/ wo ringe sich um schlechte finger beugen/
[164]
Aus derer golde vor bestund die königs-kron.
Der moder hat den theuren zeug zerbissen/
Den meinen ahnen hat manch sieger küssen müssen.
5.
Wie alles diß geht ein/
Wie gantze reiche sich versetzen/
Der rest den stahl/ die zeit den marmel kan verletzen:
So muß geschlecht und mensch dem tod' auch zinßbar seyn.
Kein alterthum der häuser und der würden/
Weiß fürsten von der schuld des sterbens zu entbürden.
6.
Mein graues hauß verfällt/
Das nun neunhundert jahr gestanden/
Doch ist Gott lob! kein grauß von hohn und spott verhanden!
Weil es die welt zum theil/ theils Gott in ehren hält.
Es fällt durch mich; jedoch wird niemand schliessen/
Daß ich durch meine schuld den grund hätt' eingerissen.
7.
Des Allerhöchsten hand/
So cedern setzt und wieder fället/
Und an Pyastus stamm zum gipffel mich gestellet/
Die bricht mich ab/ und setzt mich in ein ander land;
Wer dieser hand sich müht zu widerstreben/
Der liebt sein ungelück/ und haßt sein eigen leben.
8.
Vorhin herrscht' ich mit lust/
Itzt folg' ich noch mit grössern freuden.
Und muß ich gleich von ihr/ durchlauchte mutter/ scheiden/
So sey ihr doch/ und auch/ frau schwester/ ihr bewust:
Daß ich nur sey voran dahin geschritten/
Wo die vergnügung uns wird stets zusammen bitten.
9.
Hier lebt man gantz befreyt
Von dem/ was zufall pflegt zu heissen.
[165]
Die steine/ so itzund in meinen haaren gleissen/
Sind reiner sternen glantz/ und gold der ewigkeit.
Die leibwacht/ die mich hier bestellt ist zu bedienen/
Sind freunde sonder falsch/ und heissen Seraphinen.
10.
Lebt all' in guter ruh!
Wie ihr mir freund und treu im leben;
So seyd des Käysers huld und Gottes schutz ergeben;
Diß bitt' ich noch von euch: Schliest hinter mir nun zu/
Und lebt also den kurtzen rest der erden/
Daß ihr/ wie ich/ gekrönt/ von Gott bekräntzt mögt werden.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Lohenstein, Daniel Casper von. Gedichte. Gedichte. Auff das absterben Seiner Durchl. Auff das absterben Seiner Durchl. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-1D80-D