[140] [153]Daniel Casper von Lohenstein
Epicharis
Trauer-Spiel

[Motto]

Istud tempus, quod alienæ destinas

morti, fortasse citra tuam est.

L. Annæus Seneca. l. 3. de Ira. c. 42.

[153]

Inhalt

Innhalt
Des Trauer-Spiels.
Die Erste Abhandlung.

Epicharis erzehlet ihre seltzame Zufälle / und wie sich Volusius Proculus gegen ihr außgelassen habe den Nero hinzurichten. Nachdem sie aber deßen Leichtsinnigkeit / und: daß etliche der Verschwornen an statt des Nero den C. Piso zum Käyser zu machen anzielen / wahrnimmet entschleust sie sich des Proculus zu entschlagen / die Mitverschwornen aber zu Wieder-Einführung eines freyen Bürger-Regiments zu bereden / endlich als sie hierinnen überstimmet wird /machet sie mit dem Scevinus, Subrius Flavius, Sulpitius Asper, Maximus Scaurus, und Venetus Paulus den Schluß / nach dem Nero auch den Piso zu erwürgen / und den Seneca zum Käyser zu machen. Antonius Natalis und Sulpitius Asper bemühen sich den Seneca in das Bindnüs wider den Nero einzuflechten; Welcher Anfangs beweglich widerstrebet / endlich ihnen aber eine mittelmäßige Antwort giebt. Die sämtlichen Verschwornen berathschlagen sich / wie sie den Nero am füglichsten stürtzen mögen und werden schlüssig: Daß Plautius Lateranus auf dem den dritten Tag bevorstehenden Feste der Ceres den Nero umb eine Beysteuer Fußfällig ersuchen / und ihn unversehns von dem Throne reißen / die Verschwornen aber Augenblicks auf ihn loß stoßen solten. Epicharis nimmt ein Glaß mit Weine / sticht sich und tröpfelt ihr Blutt hinein / ermahnet die andern Verschwornen solches ihr nachzuthun / darauf solch Glaß herumb getruncken und auf den Nero Fluch und Dreuen außgeschüttet wird. Im Reyen erzehlet das Geschrey allerhand Wunderzeichen / welche die Wahrsager dahin außlegen: Daß Rom ein neues Haupt zu suchen sich vergebens bemühe.

Die Andre Abhandlung.

Volusius Proculus, als er sich umb der Epicharis Liebe und die Eröfnung des wider den Nero habenden Bindnüßes vergebens bemühet / entrüstet sich und dreuet ihr sich zu rechnen. Der schwermütige Flavius[154] Scevinus siegelt seinen letzten Willen / theilet Theils Knechten Freyheit / Theils Geld aus / giebet dem Milichus seinem Freygelaßenen einen alten Dolch und heißt selbten scharf machen / Wunden-Pflaster zu verschaffen und Gäste zu bitten. Milichus und sein Weib Corinna erwegen dieses des Scevinus Beginnen /schlüßen daraus: Scevinus müße was Großes und zwar wider den Käyser fürhaben. Corinna beredet auch den Milichus solches dem Nero zu offenbaren.Proculus klaget die Epicharis beym Nero an: daß sie sich wider ihn verbunden habe; ob sie nun wol ihn durch ihre Vertheydigung zu Schanden macht / befiehlet Nero doch sie in Hafft zu ziehen. Epicharis versichert den Sulpitius Asper: Daß sie auch durch keine Marter zu einigen Bekäntnüße auf die Mitverschwornen werde gebracht werden / ermahnet sie auch den Anschlag wider den Käyser zu beschleunigen. Im Reyen kämpfen Klugheit / Gelücke / Zeit / und Verhängnüs / theils den Nero zu stürtzen / theils ihn zu erhalten.

Die Dritte Abhandlung.

Milichus und Corinna tragen dem Käyser für: DaßScevinus wider sein Leben was fürhabe; Darauf der Käyser den Epaphroditus ihn in Bestrickung zu nehmen abschicket. Sulpitius Asper berichtet denen Verschwornen die Hafft der Epicharis und ermahnet sie beweglich den Nero alsobald anzufallen. Epaphroditus nimmet den Scevinus gefangen weg. Hierauf setzen Sulpitius Asper, Lateranus, Quinctianus, Lucanus den Piso beweglich / aber wegen seiner und desNatalis Furchtsamkeit vergebens / zu: Daß er sich zu einem Haupte in Rom aufwerffen solle; Weil sie doch schon sonst verrathen werden würden. Nero und Tigillin setzen gewaltig an den Scevinus: Daß er sein Vorhabert bekennen solle / welcher sich aber wider die Anklage stattlich vertheydigt / bis Corinna dem Käyser an die Hand gibt; er solle den Scevinus undNatalis absonderlich vernehmen / was sie den Tag zuvor so lange mit einander heimliches geredet / ob und was sie vom Piso gehandelt; Als nun bey deßen Werckstelligmachung sie zweystimmig befunden werden / heißet Nero beyde auf die Solter spannen / [155] sagt aber gleichwol dem zu erst Bekennenden Genade zu. Als nun Natalis hierauf sich / den Scevinus, und Piso verräthet / muß Scevinus sich nur auch geben und auf den Lateran, Lucan, Quinctian und Senecio, bekennen. Ja endlich verschweiget Natalis auch den Seneca nicht; zu welchem Nero den Granius Sylvanus schicket umb ihn zu befragen: Ob er sich der mit dem Natalis gepflogenen Reden erinnere. Epicharis wird bis zur Ohnmacht gesoltert / alleine von ihr ist weder durch der Bekennenden Zusprechen noch durch die Marter einiges Bekäntnüs abzuzwingen. Lucanus, Quinctianus und Senecio werden durch Dreuen bewogen: Daß sie ihre Schuld zustehen / der erste seine Mutter Atilla und den Julius Tugurinus, der andere den Manatius Gratus und Martius Festus, der dritte den Annius Pollio und Vulcatius Araricus offenbaren. Welche alle der Käyser gefänglich einzuziehen befiehlet. Im Reyen beweinen die Tyber und die Heben Berge zu Rom die Tyranney des Nero.

Die Vierdte Abhandlung.

Die von Pein und Ohnmacht sich ermunternde Epicharis hetzet den Subrius Flavius, Sulpitius Asper, Martius Festus, Maximus Scaurus und Venetus Paulus im Kercker auf den Nero an / schreibet auch deßwegen durch den Maximus Scaurus an Piso / durch den Festus an Seneca. Nero, Sabina Poppæa undTigillin verfahren wider die Gefangenen. Atilla, weil sie nicht bekennen wil / wird mit Rutten geschmißen /dem Munatius Gratus die Zunge außgerißen. Hierauf wil Subrius Flavius den Degen auf den Nero zucken /wird aber vom Fenius Rufus angehalten; welcher endlich selbst / nachdem et denen andern Verschwornen zusätzet / vom Scevinus entdecket / und vom Cassius gebunden wird. Diesem nach bekennen die Verschwornen auf den Subrius Flavius und Sulpitius Asper, welche nach behertzter / aber / weil sie durch ihre Schreiben überwiesen werden / vergebener Leugnung / dem Nero seine Boßheiten eyfrig unter Augen sagen. Worauf Subrius Flavius weggeschleppet / Sulpitius Asper geköpfet / die andern in Kercker geführet werden. Als Granius Sylvanus dem Käyser die Post bringet: Daß er am Seneca kein Sterbens-Zeichen vermercket / heißet er / ungeachtet seines Vorbittens /ihm die Nothwendigkeit zu [156] sterben andeuten. Maximus Scaurus übergibt dem Piso der Epicharis Schreiben; inzwischen dringet Epaphroditus mit seiner Schaar bey ihm ein / und veruhrsachet: Daß Piso nach weibischer Heucheley regen dem Nero ihm die Adern selbst zerschneidet; welchem es Maximus Scaurus aber behertzter nachthut. Dem Lateran aber wird es verwehret / und er hinweg gerißen. Im Reyen klagen die drey Theile der Welt über der Römer Bedrengung / die Sibylla von Cuma aber weiset in einem Spiegel / was Rom für Tyrannische Käyser gehabt / und ferner haben würde.

Die Fünffte Abhandlung.

Martius Festus bemühet sich / aber vergebens / demSeneca zu einer Empörung wider den Nero zu bewegen / als welcher sich mit der Tugend und Weißheit auf alle Zufälle tröstet. Cotualda saget dem Seneca den Todt an / verwehret ihm die Schlüßung des Testaments. Seneca bereitet sich zum Sterben / gesegnet seine Freinde / beschweret sich über den Hof und den Nero / tröstet Paulinen / welche er aber / nachdem sie mit ihm zu sterben verlanget / zum Tode aufmuntert /und das Meßer / damit er ihm die Adern zerkerbet /überreichet; mit welchem sie ihr auch die Adern entzwey schneidet; aber solgends auf Befehl des Seneca aus dem Zimmer getragen / dem Seneca aber vomStatius Annæus ein Glaß voll Gist zu trincken gereichet wird. Als aber weder die Adern recht blutten /noch das Gifft würcken wil / begiebet er sich in eine Wanne warmen Waßers / und giebet darinnen hertzhaftig seinen Geist auf. Fenius Rufus und Subrius Flavius werden enthauptet; Dieser stirbt hertzhaft /jener kleinmüttig und schimpflich. Nero und Poppæa kommen in den Kercker / laßen die auf sie fluchendeEpicharis aufs neue soltern / welche / nachdem ihmLucanus die Adern entzwey geschnitten / Quinctian, Senecio und Scevinus enthauptet / Cervarius Proculus und Natalis begnadigt / Milichus beschencket werden / sich auf dem Solter-Stule in einer Binde selbst erwürget.

[157]

Personen

Personen des Trauer-Spiels.

    • Epicharis.

    • Nero.

    • Sabina Poppæa.

    • Tigillinus.

    • Fenius Rufus.

    • C. Piso.

    • L. Annæus Seneca.

    • Paulina seine Ehfrau.

    • Plautius Lateranus.

    • Afranius Quinctianus.

    • Flavius Scevinus.

    • Antonius Natalis.

    • Subrius Flavius.

    • Sulpitius Asper.

    • Annæus Lucanus.

    • Atilla seine Mutter.

    • Tullius Senecio.

    • Cervarius Proculus.

    • Vulcatius Araricus.

    • Julius Tugurinus.

    • Munatius Gratus.

    • Martius Festus.

    • Glicius Gallus.

    • Annius Pollio.

    • Granius Sylvanus.

    • Statius Proximus.

    • Maximus Scaurus.

    • Venetus Paulus.

    • Volusius Proculus.

    • Vejanus Niger.

    • Epaphroditus.

    • Cotualda, ein deutscher Hauptmann.

    • Statius Annæus, des Seneca Freind und Artzt.

    • Milichus, des Scevini Freygelaßener.

    • Corinna, sein Weib.

    • [158] Lucius und Sejus, seine zwey Knechte.

    • Ein Diener des Piso.

    • Dyphax, Nicetus und Palurus, Knechte des Seneca,
    • Cassius, ein großer Soldat,
    • Ein Theil der Römischen und Deutschen Leibwache,
    • Unterschiedene Hencker und Schergen, Stumme.

    • Reyen des Geschreyes und der Wahrsager.

    • Reyen der Klugheit / des Gelückes / der Zeit und des Verhängnüßes.

    • Reyen der Tyber und der sieben Berge in Rom.

    • Reyen / darinnen Europa, Asia, Africa, Rom und die Sibylla von Cuma.

1. Akt

Die Erste Abhandlung.

Der Schauplatz stellet für ein verbrenntes Hauß und Garten.
Flavius Scevinus. Antonius Natalis. Epicharis. Subrius Flavius. Sulpitius Asper. Maximus Scaurus. Venetus Paulus.

FLAVIUS SCEVINUS.
Hier seht das güldne Rom das Bild der Eitelkeit
Den schönen Kirchhof an! Mag dieses Hertzeleid
Ein mehr als steinern Hertz auch ohne Thränen sehen?
Ich sehe mein schön Hauß hier durch den Wind verwehen;
Die Bäume lind verfängt / die wilden Kräuter stehn
Viel höher als die Thürm / und auf den Mauren gehn
Unnütze Neßeln auf.
SCAURUS.
Dis sind der Zeiten Früchte.
Sie bauen heute was / und morgen wirds zu nichte.
Die Jahre rasen selbst auf ihren eignen Brutt.
Was itzt die See ansätzt reißt die erzürnte Flutt
Mit Wucher morgen weg. Die Gräber gehn zu Grabe /
Man mißt das Land mit Bley / die Seen mit dem Stabe;
Scheut doch die Eitelkeit der Götter selber nicht /
Wenn sie des Jupiters geweyhtes Bild zerbricht /
Dianens Heyligthumb / Neptunus Mauren stürmet.
Wie solte denn dein Hauß ja Rom selbst seyn beschirmet
Für Fall und Untergang / die ihre Eltern sind?
Carthagens kostbarn Staub verspielt itzt Luft und Wind /
Mooß decket Babylon / und Troja faule Buchen /
Dort muß man Stadt im Meer / hier unter Bergen suchen. 1
[160]
EPICHARIS.
Ja! Strom und Kwäll versäugt / und was man ewig schätzt.
Man hat die Thürme selbst vom Nil nach Rom versätzt / 2
Man wil den Sternen gar die erste Größ entziehen
Der Sonn ihr rechtes Maaß. Alleine sich bemühen
Der Zeit zu mäßen bey so viel / ist Aberwitz.
Wir heucheln unser Schuld. Der ungeheure Blitz
Der so viel äschert ein / wird in den schwartzen Hertzen
Der Sterblichen gezeugt. Der Brand / den wir beschmertzen
Kommt vom Verhängnüs nicht / er rührt nicht ungefähr /
Nein / von der Mißethat des grimmen Blutthunds her.
Die Boßheit ist der Pful aus dem die Pest entsprungen /
Die Rom verzehret hat. Er hat vergnügt gesungen
Von Iliums Verterb / 3 als die ihm schöne Glutt
In Rom sein Troja fraß. Wer aber wagt sein Blutt
Für das gemeine Heil? Ist diese Gifft zu dämpften
Kein Curtius mehr dar? Wir fallen ohne Kämpften
Und sehn / weil man uns nur noch heute läst zu Ruh /
Der ärgsten Tiranney wie feige Lämmer zu /
Die umb die Schlachtbanck stehn / und für dem Tod erzittern.
Steckt nichts mehr Römisches in Römischen Gemüttern?
Wo ist die edle Zeit / da man durch Flammen lief /
Da auch ein Weib den Stahl auf die Tirannen schlief
Und durch die Flüße schwam. 4 Itzt ist uns leider allen
Nicht nur das Hertz allein / auch die Vernunft entfallen;
Er wüttet so viel Jahr / und eine geile Nacht
Hat die Tarquinier 5 umb Reich und Geist gebracht.
Ihr Römer / wacht doch auf! Ein Sclav ist Herr und König
Des Käysers / welcher nur sein Leben achtet wenig.
Kan meine schwache Faust die schöne That begehn /
So mag mein Fleisch der Glutt stracks für ein Opfer stehn.
NATALIS.
Wahr ists der Römer Muth ist schier zur Kleinmuth worden /
Wir sehn den grimmen Brand / und sein unmenschlich Morden
Mit furchtsamen Gemütt und gantz verstarter Hand /
Ja naßen Augen an. Jedoch euch ist bekand:
Wer mit zu schwacher Faust ein Nest-voll Drachen störet
Der warnt / er tödtet nicht. Der Pöfel der ihn ehret /
[161] Weil er die Klauen nur in edlem Blutte wäscht 6
Und durch der Reichen Gutt 7 nur seinen Geld-Durft läscht /
Die Schaaren / die umb Sold ihn Tag und Nacht beschirmen /
Sind durch die Hand-voll Volck nicht möglich zu bestürmen.
SUBRIUS FLAVIUS.
Hält dieser Einwurff uns zurücke von der That /
Die doch des Adels Kern in Rom beschworen hat?
Mag ein behertzter Mann sich für dem Pöfel scheuen?
Der nach erlittnem Brand ihm selbst fängt an zu dreuen.
Ein Aug / ein Helden-Blick schreckt eine gantze Schaar.
Sorgt ihr denn so von der / die ihn bewacht / Gefahr?
Sind nicht die Redlichfsten in heilgen Bund getretten /
Von grimmer Tyranney die Römer zu erretten?
Bey uns / die wir bißher fürs Käysers Heil gewacht
Mit unverrückter Treu / ist schon der Schluß gemacht
Ihm durch der Adern Brunn den kalten Stahl zu treiben.
Ja Rufus unser Haupt wünscht selbst zu unterschreiben
Den Schluß / den wir gemacht / weil er den Tigillin
Des Blutthunds rechtes Aug ihm selbst weit vor siht zihn. 8
EPICHARIS.
Was hält uns nun mehr auf behertzt ins Werck zu sätzen
Dis was die Welt erfreun / die Römer wird ergätzen?
Nun durch die Leibwach uns der Weg ist aufgethan
Zu des Tirannen Grufft. Ich selbst wil greiffen an
Wo mehr kein Männer-Hertz in eurem Busem stecket.
Bin ich die andre nicht / die durch solch Blutt beflecket
Das Weiber-Eisen hat / wil ich die erste seyn.
Gesätzt wir mischten auch selbst unser Blutt mit ein:
Ein Thier ein Elefant verlangt nach dem Gelücke:
Daß er nur sterbende / den Drachen mit erdrücke /
Der ihm sein Blutt saugt aus. Des Ruhms verspritzte Blutt
Für allgemeine Ruh ist eine Purpur-Flutt
Daraus die Tugend uns / die wir großmüttig sterben
Und lachen Seind und Tod / muß Ehren-Fahnen färben
Die Welt und Nachwelt rühmt. Verschiebt / ihr Helden nicht
Dis / wornach Rom so säuffzt / der Rath euch billich spricht /
Worzu viel tausend uns / die sein unmenschlich Wütten
Auch in den Aemptern drückt / die Hände werden bitten.
[162] Ich selbst weiß außer uns viel / die ihm Spinnen-seind
Und grämer sind als wir.
VENETUS PAULUS.
Wer wird hirdurch gemeint?
EPICHARIS.
Ihr kent den Proculus?
MAXIMUS SCAURUS.
Dem nach dem Mutter-Morden
Der Anicet zur See ist vorgezogen 9 worden?
EPICHARIS.
Den mein' ich. Diesem ist nebst uns sein Leben feil /
Zu dem beuth er uns an der Schiff-Macht gröstes Theil /
Den Anschlag außzuführn.
VENETUS PAULUS.
Wer hat uns den verbunden?
EPICHARIS.
Wo alle Lib und Gunst zum Fürsten ist verschwunden
Kan Haß ihm wider ihn Gefährten leicht vermähln.
VENETUS PAULUS.
Wil sie uns den Verlauff des Werckes nicht erzehln?
EPICHARIS.
Der Himmel hat sich mir so ungeneigt erzeuget:
Daß ich: Ob Mutter-Milch / ob mich ein Wild gesäuget /
Ob Klippen oder wer sonst meine Eltern sind /
Viel Jahre nicht gewust. Man hat mich als ein Kind
Den Räubern abgekaufft am Lybybeer-Strande.
Zu Syracuse wuchs ich auf in dienstbarm Stande /
Jedoch lebt ich vergnügt und ohne Freyheit frey /
Wiewol der Himmel mir warf strenge Herrschafft bey
Am ernsten Dicearch: Von dem in so viel Jahren
Ich meinen Uhrsprung nicht vermochte zu erfahren
Den doch die Räuber ihm vermuthlich kund gemacht;
Denn als ich fünfzehn Jahr in Diensten zugebracht
Dorft Asylas sein Knecht mir Eh und Gunst antragen;
Sein Wunsch ward aber ihm vom Herren abgeschlagen:
Mit Vorwand: Daß es doch zu strenge Rache sey:
Ein mehr als Edel-Blutt zu legen Sclaven bey.
SUBRIUS FLAVIUS.
Der kräfftige Geruch entdeckt des Balsams Gütte:
Der Glantz den Diamant / die Tugend das Geblütte:
Die lehrt: Daß nur das Glück ist Knecht gewest an dir.
EPICHARIS.
Hierauf erzeugte sich der Himmel holder mir /
Weil Ariane mir der Außbund dieser Erden
Die Neffe meines Herrn begonte hold zu werden.
SULPITIUS ASPER.
Welch Unmensch konte denn vorher ihr unhold seyn?
EPICHARIS.
Die Wolcke ward verkehrt in heitern Sonnenschein.
[163] Ich ward der Arian als eigen heim gegeben:
Bey ihr verzuckert ich mein vor vergälltes Leben,
Ihr Antlitz war mein Trost / ihr Thun mein Unterricht /
Ja meine Dienstbarkeit war mir kein Dienen nicht.
Sie lebt' in süßer Lull / ich diente mit Vergnügen /
Bis Aristid und sie von Rom die Bottschafft kriegen:
Es blase Palamed ihr Bruder schon den Geist
Durch hundert Wunden aus. Schnurstracks wird abgereist
Den Bruder und den Sohn zum letzten mahl zu küßen.
Das Glücke ließ uns zu das große Rom zu grüßen /
Und lacht' uns Anfangs zwar mit Rosen-Lippen an /
Doch bald erfuhren wir: Daß Dorn und Gift nicht kan
Entfernt von Anmuth seyn. Wir funden ihn genesen
Und den / den Palamed ihm zum Orest erlesen /
Den Sohn Hermocratens den edlen Held Melint.
VENETUS PAULUS.
Erzehle / wo sie zwey verwundet worden sind.
EPICHARIS.
Es hatte Nero sie mit seinem Mörder-Hauffen
Auf Antrieb Marcellins so grimmig angelauffen:
Daß sie Emilie bey schwartzer Mitter-Nacht
Kaum nebst Camillen hat halb todt ins Hauß gebracht.
MAXIMUS SCAURUS.
Was trieb den Marcellin solch Mordstück anzugeben?
EPICHARIS.
Die Ehr- und Eyfer-Sucht / die stets nach Blutte streben.
Es wohnte Palamed einsmahls den Schauspieln bey /
Damals von allem Reitz der blinden Liebe frey /
Ward aber auf einmal verliebet in Camillen /
Emili' in Melint. Umb Palamedens willen
Muß neben ihm Melint Camillen suchen heim.
ANTONIUS NATALIS.
Der Frauen Schönheit ist ein zeher Seelen-Leim /
An dem die Flügel selbst der Tugend kleben bleiben.
EPICHARIS.
Lernt / wie uns Thörchte doch muß das Verhängnüs treiben.
Daselbst macht Marcellin mit beyden sich bekand /
Zu dem Camille vor ihr gantzes Hertz gewand /
Bemüht des Käysers Gunst sich ihnen zuzuneigen.
Sie müßen endlich gar mit auf den Schauplatz steigen /
Auf welchem ihre Kunst das erste Kleinod krigt.
Ja Nero / welchen sie so überaus vergnügt
[164] Spricht Syracuse frey / auf des Melintes Bitte /
Von allen Schätzungen.
SUBRIUS FLAVIUS.
Ist des Tirannen Gütte
Hier nicht zu karg gewest?
EPICHARIS.
So viel trägt Marcellin /
Als aber sich Camill itzt sein sucht zu entziehn
Erforscht er Cyanen bis sie ihm Nachricht giebet:
Daß Palamedes sey in ihre Frau verlibet.
Hört: Was die Eyfersucht für Schelmstück stiften kan.
Der Marcellin klagt sie beim Käyser Undancks an
Sagt: Daß sie den Gesang des Käysers durchgezogen.
Der Käyser wird schnur-stracks zu Rach und Grimm bewogen
Und / weil dem Marcellin bereit verkundschafft war
Des Palamedes Gang / greift er nebst seiner Schaar
Die edlen Helden an: Ja als / wie ich erzehlet /
Dem falschen Marcellin sein Meichel-Mord gefehlet;
Erwegt er / daß Betrug mehr als Gewalt offt thu
Und schickt dem Palamed ein giftig Pflaster zu.
Da dieser Arglist auch durch Vorsicht vor ward kommen /
Ward zwar das Schwerd von ihm noch einst herfür genommen;
Doch diesen bluttgen Sturm hat zweyer Sclaven Muth
Großmüttig abgeweltzt / und ihr recht edel Blutt
Für beyder Herren Heil und ihrem Ruhm verspritzet.
VENETUS PAULUS.
Hatt es durch disen Schlag nun gäntzlich außgeblitzet?
EPICHARIS.
Bis Marcellin den Glantz der Arian erblickt /
Die ihn durch einen Strahl gantz ausser ihm entzückt.
MAXIMUS SCAURUS.
So ist die Eyfersucht verschwunden umb Camillen.
EPICHARIS.
Noch größre spaan sich an umb Arianens willen.
Denn der durch dise Brunft bey ihr erregte Schmertz
Traf Palamedens Seel und des Melintes Hertz.
Als Marcellin sich siht verhaßter als die Spinnen /
Müht er durch Wunder sich ihr Hertze zu gewinnen:
Befleckt mit böser Lust Dianens keusches Hauß /
Putzt sich wie Jupiter mit Blitz und Adler aus.
ANTONIUS NATALIS.
Damit ja sein Betrug gar Göttlich sey bescheinigt?
EPICHARIS.
Läßt / wo sich Arian im heilgen Bade reinigt /
Sich / wie zu Danaen auf Wolcken zu ihr ab
Ja / als dis Mummwerck ihm nicht sattsam Ansehns gab /
Wagt er sich mit Gewalt der Keuschheit reine Blüthe
[165] Zu erndten von ihr ein. Allein ihm miß-geriethe
Sein Frevel / weil nebst mir Dianens Priesterin
In das Gemach drang ein.
SULPITIUS ASPER.
Wo kam der Gott da hin?
EPICHARIS.
Sein Leib slieg in die Lufft / sein Geist auf neue Tücken.
Er ließ den Aristid aufs freundlichste beschicken
Verlangende zur Eh ihm sein geliebtes Kind.
Sie sage was sie wil / ihr Vater wird gesinnt
Dem Schlimmsten auf der Welt die Beste zu vermählen.
Weil sich so sie / Melint / und Palamedes kwälen
Verschleyer ich nach Art der Ariane mich
Geh in das Heyligthum / wo Marcellinus sich
Verzweifelnde befand / und melde: wie ich glimme
Für heißer Liebes-Brunst / ihm mit verbrochner Stimme.
Des Wiederwillens Kwäll sey Palamed allein /
Er solte sich zur Nacht in Garten finden ein
Der an der Tiber ligt umb unser Lust zu büßen.
Der Thörchte solgt und kommt und läßt sich dar verschlüßen
Bis ich den dritten Tag nachdem er fast verschmacht
Ihm sein bestimmtes Grab höchst ungern aufgemacht
Auf Arianens Heisch.
VENETUS PAULUS.
Kont er den Schimpff verschmertzen?
EPICHARIS.
Die Galle stieg hierauf ihm wieder zu dem Hertzen /
Das nichts als Rache kocht. Er mahlt dem Käyser für
Der Ariane Lob / doch sagt er: Daß er ihr
Nicht würde / sonder Blutt der Freindschafft / habhaft werden.
Dem / der es schlechter schätzt als Schwämme schlechter Erden
Als Amphitritens Saltz / gefällt der Anschlag wol:
Daß man ihr Hauß rings her ins Feuer sätzen sol;
Und mit bewehrter Schaar iedwedes Thor umbringen.
Umbsonst! Die Tugend weiß durch Flamm und Stahl zu dringen
Die Helden brechen durch und bringen ausser Noth
Und Rom / uns ingesammt. Selbst Marcellin bleibt todt /
Durch des Melintes Faust. Als aber er zu Nachte
Den Weg zu forschen aus nebst Palameden dachte /
Wird dieses edle Paar von Nerons Volck umbringt /
Und hin nach Rom geführt. Mein treu Gemütte zwingt
In Männer-Kleidern mich den Helden nachzuziehen.
[166] Indem / daß sie umb Schutz der Unschuld sich bemühen /
(Weil man für ihre That den grausen Mord-Brand hält 10)
Nehm ich ein Knecht zu seyn vom Kerckermeister Geld /
Verschaffe Seil und Schiff sie beyde frey zu machen.
Der Palamedes läßt sich glücklich in den Nachen /
Stracks aber fällt die Zinn / an dem das Seil hing ein.
Was sol Melintes thun / im Fall er frey wil seyn?
Es muß sein Bett-Tuch ihm zu einem Segel werden /
Er schiffet durch die Luft und läßt sich ab zur Erden.
MAXIMUS SCAURUS.
Glutt / Lufft und Welle wird den Tugenden zur Bahn.
EPICHARIS.
Wir kamen endlich wol zu Syracusen an /
Allein als sich Melint und Arian entschlüßen
Der Lib in keuscher Eh und Wollust zu genüßen /
Muß mit dem Dicearch die Aermste nach Corinth /
Weil er sie zu vermähln mit Pisistraten sinnt /
Und auf ihr Weigern sie in Junons Tempel stecket.
Jedoch ward dem Melint durch mich ein Weg entdecket:
Daß Ariane wird aus Angst und Hafft gebracht /
Zur Hauptstadt in Epir. Gleich / als sie sind bedacht
Zu der Vermählung sich in Tempel zu erheben /
Wird öffentlich Befehl vom Käyser außgegeben:
Zu bringen des Melint und Palamedens Haupt.
Als allen diese Post fast Hertz und Sinn geraubt
Entschlüß ich als ein Mann mich wieder zu vermummen /
Verfüge mich an Port zu schaun: ob fort zu kommen
Wo noch ein Mittel sey. Zum Unglück trifft mich dar
Der Kerckermeister an / dem ich entlauffen war;
Heischt für den Hauptmann mich. Ich / sagt ich / muß gestehen:
Daß ich mich ihm verkaufft. Doch / wil er in sich gehen /
Muß er: Daß ich mich ihm auf Wieder-Kauff gestellt
Nachgeben / und daß er noch bey sich hat sein Geld.
Ich ward / weil Gegentheil dis nachgab / loß gesprochen.
Hierzu kommt Dicearch: Hastu dich hier entbrochen /
Sagt er / so wirstu doch wol meine Sklavin seyn.
Wo aber steckt Melint? Mir ist durch keine Pein /
Sagt ich / ob ichs zwar weiß / die Nachricht abzuzwingen.
[167] Man heißt mich leider! nur in nechsten Kercker bringen:
Aus denen die mich führn nehm ich des Arcas wahr
Dem raum' ich in ein Ohr: Wo / und in was Gefahr
Sein Herr Melintes sich nebst Palameden finde.
Der treuste / daß er ja sich immermehr verbinde /
Trifft die Bestürtzten an; bringt ihnen schmertzhafft bey:
Mein Unglück / und daß er ein Kriegsknecht worden sey
Alleine für ihr Heil / weil er zu Rom erfahren:
Wie Nero wider sie entschloßen zu gebahren;
Sagt: Daß Trebaz so sehr nach ihrem Leben steh /
Weil für Melintens Mord ihm hab Emilie
Gelobet Eh und Hold. Doch deßen ungeachtet /
Wird von dem Palamed auf einen Weg getrachtet /
Zu retten aus der Hafft sein liebstes Kleinod mich.
Auf Arcas Unterricht fügt er zum Kercker sich /
Und legt durch Dolch und Stich / die beyden Wächter nieder /
Zeucht aus den Fäßeln mir die halb verstarrten Glieder.
Ich aber / daß ich mich mehr sicher flüchten kan /
Leg einen Helm und Rock der todten Schildwach an /
Komm in den mir vorher von ihm bestimmten Garten.
Nachdem ich aber nicht den Palamed erwarten
Auch die Verlaßenen nicht wieder finden kan
Geh ich an Port und treff ein fertig Schiff dar an /
Auf dis verfüg ich mich nicht forschend / welch Gestade
Die Segel kiesen solln.
SULPITIUS ASPER.
Der Umbweg ist gerade
Dem der der nahen Noth sich suchet zu entziehn.
EPICHARIS.
Weil ich von langer Wach und Kummer müde bin /
Sinck ich in tieffen Schlaff / in dem ward man gewahre
Wie von dem Athemhohln mein Busem aufwerts fahre.
Man reißt das Kleid mir auf / und als man / wer ich bin /
Erkennet / führet man mich für den Hauptmann hin.
Dis war er Proculus: Ich meld auf sein Befragen /
Umb ihm auf allen Fall hierdurch stracks abzuschlagen /
Was wider Keuschheit er mir dörffte mutten zu:
Daß ich dis frembde Kleid zum Nachen meiner Ruh
Zu meiner Ehre Schirm aus Noth ergreiffen müßen /
[168] Nachdem Trebaz mich hätt in Ketten laßen schlüßen /
Umb daß ich meine Freind ihm nicht verrathen wolln /
Die er auf Nerons Heiß der Schlachtbanck opffern solln.
Nachdem er lang umbsonst recht Henckrisch mich gehandelt /
Hett er die Bluttbegierd in böse Lust verwandelt
Doch hette mich die Gunst des Himmels so beglückt:
Daß ich verkleidet Brunft und Tiranney berückt
Und unter seinen Schutz mich hette flüchten können.
Ihr Götter! mögt ihr noch dem Löwen Platz vergönnen?
Fuhr Proculus heraus / der voller Bluttschaum klebt
Der Unschuld / und ans Brett nur seine Hencker hebt.
Man hat dem Anicet mich jüngsthin nachgesetzet / 11
Weil er mit Blutte sich der Mutter hat genetzet /
Und ich kein Bubenstück des Nero nicht vollbracht.
Wiewol / die Rach ist schon bey Tausenden erwacht;
Sie glimmt in aller Brust / und wird gantz Rom anzünden
So bald ein Haupt sich wird der güldnen Freyheit finden.
Dis hört ich hoch vergnügt / weil ich dem Nero mehr
Als Nattern unhold war. Haßt ihr sein Joch so sehr /
Sprach ich / und Niemand wagt sich selbtes abzuwerffen
Ich wil den ersten Dolch auf diesen Panther schärffen
Und lehrn: Daß auch ein Weib Tyrannen stürtzen kan.
Du / sagt' er / wirst in Rom ihr Tausend treffen an /
Die auf ein Wort dir sind begierig beyzupflichten.
Ich selbst vereyde mich den Blutthund hinzurichten
So bald die Lust ihn ziht an den Misener Strand /
Die Schiffmacht geht hierzu mir willig an die Hand.
So weit gieng unser Schluß. Jedoch hab ich vernommen:
Daß er feit dem hieher nach Rom mir nach sey kommen
Den Anschlag außzuführn. Weil Nero nach Misen
So bald nicht dörffte zihn.
NATALIS.
Man muß behuttsam gehn /
Wie unschwer auch / mein Kind aus deinen Wundern blicket:
Daß dich der Himmel uns zur Rettung hat geschicket.
Dem Proculus zu viel zu trauen / ist nicht Rath:
Der von der Zung ein Mann / ein Weib ist in der That.
[169]
EPICHARIS.
Hat er die Arth an sich / werd ich mich sein entbrechen.
Dem ist kein Werck zu traun / der nur pflegt groß zu sprechen /
Und donnert / eh er schlägt. Ihr Helden euer Muth
Darf keiner Armen mehr.
SUBRIUS FLAVIUS.
Jedoch halt ichs für gutt
Uns noch dem Seneca / wo möglich / zu verbinden:
Oft weiß ein Cyneas / ein Nestor Rath zu finden
Wo kein Achilles taug.
MAXIMUS SCAURUS.
Ich sorge / dieser Stein
Den Nero selbst gesätzt wird nicht zu weltzen seyn.
SULPITIUS ASPER.
Den Grundstein seiner Treu hat Nero selbst verrücket.
MAXIMUS SCAURUS.
Wordurch?
SULPITIUS ASPER.
Als er ihm jüngst hat heimlich Gifft geschicket. 12
NATALIS.
Laßt diese Sorge mir / und wißt: Daß Piso sich
Fürlängst umb ihn bemüht. Gleich itzo füg ich mich
Nach Hause seinen Schluß dar endlich einzuzihen.
Ihr selbst / im Fall ihr euch wollt in mein Hauß bemühen
Könnt hinter der Tapet aus seinem Mund ihn hörn.
EPICHARIS.
Wir solgen. Aber sol der Morgen uns nicht lehrn:
Daß / wer nicht schleunig läscht / vergehe durch die Flammen /
So ruffet unverlangt die edle Schaar zusammen
Die Eid und Bund nebst uns gieng auf den Blutthund ein.
NATALIS.
Ich wil sie in mein Hauß zu bringen mühsam sein.

Epicharis. Scevinus. Subrius Flavius. Sulpitius Asper. Maximus Scaurus. Venetus Paulus.
SUBRIUS FLAVIUS.
Der Schluß ist zwar gemacht den Löwen zu bekämpffen;
Wer aber sich den Brand der Neßeln müht zu dämpffen /
Muß giftge Wolfs-Milch nicht in Garten pflantzen ein.
Wo mein Verdacht nicht irrt / gewinnt es schier den Schein /
Als mühe Piso sich ins Käysers Thron zu spielen.
Scheint euch nicht selbst Natal auf diesen Zweck zu zielen?
Weil er beim Seneca so eifrig sich bewirbt
Ihn ihm zu Üben ein.
SCEVINUS.
Wenn nur der Blutthund stirbt /
So hersche / wer da wil.
EPICHARIS.
Was brächte dis für Früchte:
Daß man von Nattern sich zu grimmen Drachen flüchte?
SCEVINUS.
Wer hat den Piso so bey Rom und euch vergällt:
Daß euer Schluß ihn nicht für herschens-würdig hält?
[170] Die Tugend ist gepfropfft in Stamm-Baum seines Bluttes. 13
Schafft sein Beredsam-seyn den Bürgern nicht viel Guttes
Wenn er der Unschuld dient? Er läßt die milde Hand
Bey jedem Freinde sehn. Ja Frembden ist bekand
Des Piso Freindligkeit. Man muß des Glückes Gaben /
Die Kräften / die Gestalt selbst lieb am Piso haben.
SULPITIUS ASPER.
Verzeihe mir mein Freind / was man an Piso rühmt
Ist keine Tugend nicht. Der Laster Unkraut blümt
Mit Tugend-Rosen sich. Wo sind die ernsten Sitten?
Wenn und wo wird von ihm der Wollust was beschnitten?
Der Pöfel ehrt ihn ja / dem bey gewohnter Lust
Der Sünde / nicht der Preiß der Tugend ist bewust.
SCEVINUS.
Die Zeit erfordert es: Daß man der Tugend Lehren /
Weil sie was bitter sind / flößt in den Zucker-Röhren
Vergönnter Wollust ein. Weil Rom auf diesen Tag
Kein strenges Herschen 14 mehr des Numa dulden mag.
EPICHARIS.
Was? Rom sol gar kein Joch mehr einger Herrschafft tragen.
Was nützt es Gutt und Blutt für aller Heil zu wagen /
Wenn nicht die Freyheit sol der Tugend Siegs-Krantz seyn?
Rom sätzt für den Tarquin selbst nicht den Brutus ein /
Wiewol er es erlöst? Die Schlang ist nicht bestritten
Hat ihr ein Hercules den Kopff gleich abgeschnitten.
Es muß ein glüend Stahl / dafern man wil verwehrn:
Daß nicht dis giftge Blutt mehr Köpffe sol gebehrn /
Den abgehaunen Strumpff der Tiranney versängen.
Wolln wir mit Blutte des Tirannen uns besprengen /
So muß man keinen mehr zum Abgott sätzen ein.
Kein Claudius kan nicht hold dem Cherea seyn 15
Und Caßius vergieng durch des Augustus Degen /
De doch entschloßen war den Purpur abzulegen 16
Die Freyheit einzuführn.
MAXIMUS SCAURUS.
Mißtu dem Glauben bey /
Daß solch scheinheilig Werck sein Ernst gewesen sey?
Kein Printz gibt ohne Zwang des Zepters Hefft aus Händen.
EPICHARIS.
Es sey dem wie ihm wil; Wolln wir in Hafen lenden
So anckert an dem Fels der knechtschen Syrten nicht /
An dem bey Sonnenschein offt Schiff und Mast zerbricht.
Das Kleinod unsers Siegs das ist der Freyheit Würde.
[171] Die lindste Dienstbarkeit ist keinmal ohne Bürde.
Ihr Joch macht gar den Sand der Todten-Grüfte schwer:
Daß kein entseelter Leib / der nicht von Tugend leer
Von Kleinmuth schwanger war / der sanfte Ruh kan haben.
Laßt meiner Glider Asch in Rom ja nicht vergraben 17
Wo noch der Erden Haupt der Knechte Knecht sol seyn.
Gesätzt auch nicht enträumt: Der Tugend reiner Schein
Bemühe sich den Thron dem Piso zu erwerben.
Siht man die Schlangen nicht in weichen Rosen sterben / 18
Durch die der Tugend Bild Canopus stellte dar /
Weil unter ihrer Arth nicht eine Weiblich war?
Die Früchte die der Brand der Neßeln nicht versehret
Verfauln in Lilg und Klee. Dis / edle Helden / lehret:
Daß selbst die Tugend nicht bey Glücke tauren kan /
Die Wollust-Raupe klebt auch an die Lorbern an
Wenn Glück und Sonn ihr scheint: Sol Piso Käyser werden
So wird sein Grimm / den er mit scheinbaren Gebehrden
Hat bis hieher versteckt / mit Macht sich brechen für /
Denn jede Wespe sucht ein Nest im Purper ihr.
Ja die der Tugend Reitz beym Ungelück empfunden / 19
Verterben im Gelück. Rom fühlt die Seelen-Wunden
Die Nero ihr gekerbt / der / aus der Tauben-Arth
Als er zum herschen kam / 20 ein Basilißke ward.
Da nun die fruchtbarn Stamm in diesem Wollust-Garten
Selbst wilde Frucht gebehrn: Was hat Rom zu erwarten
Vom Piso? käumt bey ihm nicht jedes Laster schon?
Das Gift läßt sich noch heiln / wormit der Scorpion 21
Auf Erden uns verlätzt; Wenn aber der verletzet /
Der in den hohen Thron der Sternen ist versätzet /
Steckt sein vergiftet Brand oft gantze Länder an.
Nun urtheilt: Was so denn uns Piso schaden kan
Sol dieser Wurm ein Stern / ja eine Sonne werden
Der ewigen Stadt Rom.
SUBRIUS FLAVIUS.
Wahr ists. Wer den Beschwerden
Vernünftig rathen wil / braucht wider Pest und Gifft
Nicht Artzney / die das Weh der Kranckheit übertrifft. 22
[172] Entdecket: Was für Nutz uns diser Wechsel träget /
Wenn Nero wird gestürtzt der auf der Zither schläget /
Und auf des Gaucklers Stul ein Trauer-Sänger steigt? 23
Ich rühm auch: Daß dein Geist der Freyheit ist geneigt;
Alleine / daß das Haupt des Hauptes dieser Erden
Sol Rath und Bürger seyn / kan zwar gewünschet werden
Doch nicht ins Werck gesätzt.
EPICHARIS.
Was dringt Rom und der Welt
Ein Haupt zum Herren auf?
SUBRIUS FLAVIUS.
Dis / daß mans beßer hält /
Wenn einer / als wenn vil das Steuer-Ruder leiten.
EPICHARIS.
Viel Armen können mehr als eine Faust bestreiten.
SULPITIUS ASPER.
Des Reiches gantzen Leib beseelet nur ein Geist. 24
EPICHARIS.
Wie? Wenn ein Wütterich selbst Leib und Reich zerreißt?
MAXIMUS SCAURUS.
Es ist erleidlicher / als wenn die Menge wüttet. 25
EPICHARIS.
Der Menge wird so bald nicht Kopf und Witz zerrüttet.
VENETUS PAULUS.
Ist ihr die Raserey der Grachen unbekand? 26
EPICHARIS.
Wie bald wird nicht geläscht selbst durch ihr Blutt ihr Brand?
SCEVINUS.
Wie viel hat Marius und Sylla Blutt gesoffen?
EPICHARIS.
Hat jenen Nero nicht / den Cajus übertroffen?
SUBRIUS FLAVIUS.
Des Bürgermeisters Kopf gerieth dort auf den Pfal. 27
EPICHARIS.
Der Cajus tödtete die Rathsherrn allzumal. 28
SULPITIUS ASPER.
Ihr Blutt ward dort verspritzt auf noch Beseelter Grabe. 29
EPICHARIS.
Hier wünscht ein Fürst: Daß Rom nur einen Nacken habe. 30
MAXIMUS SCAURUS.
Die bluttgen Köpfe sind dort schönste Schau-Gericht'. 31
EPICHARIS.
Vergieng Britannicus ans Brüdern Taffel nicht?
VENETUS PAULUS.
Man schlinget Flammen dort als Artzney der Beschwerden. 32
EPICHARIS.
Hier muß der Unschuld Fleisch ein brennend Nachtlicht werden. 33
SCEVINUS.
Dort wird der Götter Bild durch heyligs Blutt besprützt. 34
EPICHARIS.
Schaut: wie hier Cajus Pferd das Pristerthum besitzt. 35
SUBRIUS FLAVIUS.
Dort müßen Vater / Sohn einander tödten sehen. 36
EPICHARIS.
Hier ist der Mutter-Mord vom Nero selbst geschehen.
SULPITIUS ASPER.
Dort jagt ein Henckers-Knecht Furcht einem Fürsten ein.
EPICHARIS.
Sol für dem Cajus nicht Neptunus furchtsam seyn? 37
MAXIMUS SCAURUS.
Der Prister Asche wird in Vestens Glutt begraben. 38
EPICHARIS.
Wil Cajus nicht den Mond hier gar beschlaffen haben? 39
VENETUS PAULUS.
Es rühme die Gewalt des Volckes wer da wil
Glaubt ein Tyranne sey erträglicher / als viel: 40
[173] Ein Basilißke wird viel leichter auch bekämpftet /
Als ein Viel-köpficht Thier. Wenn Cinna wird gedämpffet /
Wenn Marias erstickt / folgt Sylla / und Sertor;
Nach Catilinen kommt Pompejens Zwist hervor.
Ja als Anton vergieng / ward für der Zwitracht Wunden
Kein beßer Pflaster mehr in Rom und Welt gefunden
Als eines Hauptes Wahl. 41
EPICHARIS.
Schlüßt was euch tauglich scheint;
Weil ihr der Freyheit Gold nicht zu ertragen meint.
SUBRIUS FLAVIUS.
Der Klugheit muß oft Gifft zu Salb und Pflaster dienen.
Zwar rath ich: Wenn wird seyn die güldne Zeit erschienen
In der der Blutthund fiel; so treibt den warmen Stahl
Auch durch des Piso Brust / 42 hebt aber durch die Wahl
Den Würdigsten in Thron.
EPICHARIS.
Wen werden alle loben?
SULPITIUS ASPER.
Den sie erkiesen wird.
EPICHARIS.
So wird hirzu erhoben
Seyn unser Seneca.
SUBRIUS FLAVIUS.
Stimt / ihr / ich sage ja.
ALLE.
Der Blutthund Nero sterb / es hersche Seneca!
SULPITIUS ASPER.
Ich eile zum Natal den Seneca zu finden /
Dar ihn uns durch den Schluß / wo möglich zu verbinden.

Der Schauplatz stellet für des Natalis Gemach.
Natalis. Seneca. Sulpitius Asper.
NATALIS.
Wie macht ihm Seneca dis leichte Werck so schwer?
SENECA.
Ich wünschte: Daß dis Werck nicht nur unmöglich war?
NATALIS.
Ists glaublich: Daß dein Muth dis Thun nicht möglich schätze?
SENECA.
Ich kan dis nicht / was schon laufft wider die Gesätze. 43
NATALIS.
Wer sätzet: Daß man nicht Tyrannen stürtzen sol?
SENECA.
Selbst aller Völcker Recht.
NATALIS.
Die minsten heißen's wol.
SENECA.
Hat ein vernünftig Volck je wolln sein Haupt beherschen?
NATALIS.
Tirannen hat gestürtzt Rom / Grichenland / und Persen.
SENECA.
Der Persen Satzung heißt den König bethen an. 44
NATALIS.
Ward Smerdes nicht verdammt und Xerxes abgethan?
SENECA.
Der Mohren Oberhaupt ist fast: zum Gotte worden.
NATALIS.
Wenn es ihr Prister heißt / mus es sich selbst ermorden. 45
[174]
SENECA.
Durch böser Menschen That wird oft das Recht verlätzt.
NATALIS.
Athen hat Trasybuln hirumb so hoch geschätzt. 46
SENECA.
Der die Tyrannen schlug / ward wieder selbst erschlagen.
NATALIS.
Sein Ruhm lebt / und man siht sein Bildnüs Lorbern tragen.
SENECA.
Man pflantzet Lorbern oft auf ein nicht heylig Grab.
NATALIS.
Das Volck zu Argos sprach den Kopf Oresten ab. 47
SENECA.
Die Römer urtheiln nicht nach Argos Bluttgesätzen.
NATALIS.
Wie daß sie den Tarquin des Reichs verlustig schätzen?
SENECA.
Es kostete gleichwol kein Blutt nicht den Tarquin.
NATALIS.
Den Mel- und Manlius / 48 ja auch den Vicellin.
SENECA.
Als sie aus Bürgern sich zu Herschern machen wolten.
NATALIS.
War Cæsar nicht schon Fürst / als ihm ward abgegolten?
SENECA.
Der Mörder Blutt gerieth aufs grimme Rach-Altar. 49
NATALIS.
Wie / daß denn Niemand nicht des Cajus Racher war?
SENECA.
Hat Claudius den Geist Chæreen nicht verkürtzet? 50
NATALIS.
Nicht / weil sein Helden-Muth Caligulen gestürtzet.
SENECA.
Die Götter sprechen recht nur über Fürsten-Blutt.
NATALIS.
Kein Blutt sonst ist so sehr zu süßen Opfern gutt. 51
SENECA.
Man muß die Tyranney wie Hagel / Mißwachs dulden. 52
NATALIS.
Der Himmel strafft nicht mehr als wirs umb ihn verschulden.
SENECA.
Ein Knecht trägts / wenn der Herr gleich straffet übers Ziel.
NATALIS.
Wie / daß uns Römer man zu Knechten machen wil?
SENECA.
Ist Rom freywillig nicht den Käysern dienstbar worden? 53
NATALIS.
Kein Mensch gab ihnen Macht iedweden zu ermorden.
SENECA.
Das Unrecht selbst wird Recht / 54 wenn Fürsten es gefällt.
NATALIS.
Ein Fürst bleibt Fürst / so lang er sich in Schrancken hält.
SENECA.
Wer waget Fürsten sich in Schrancken einzuschlüßen?
NATALIS.
Die für ihr Vaterland ihr Blutt mit Ruhm vergießen.
SENECA.
Ein Unterthan erwirbt nur durch Gehorsam Ruhm. 55
NATALIS.
Du schätzst vertrautes Gutt des Reichs für Eigenthum.
SENECA.
Des Volcks Gewalt hört auf / wenn sich des Fürsten zeiget.
NATALIS.
Und währet / weil das Volck dem Fürsten ist geneiget.
SENECA.
So bleibt der stets / der herscht / des Pöfels Gauckelspiel.
NATALIS.
Der ist kein Haupt / den Leib und Volck nicht haben wil. 56
SENECA.
Wie daß in Rom auch Stahl und Volck den Käyser schützen?
NATALIS.
Die Wache selbst mags Schwerd aufs Fürsten Boßheit spitzen. 57
[175]
SENECA.
Der Fürsten Lorberkrantz bleibt auch vom Donner frey.
NATALIS.
Gib nach: Daß Romulus 58 im Blitz vergangen sey;
SENECA.
Und gleichwol in den Rath der Götter aufgenommen.
NATALIS.
Der Nero aber wird in Schmach und Abgrund kommen.
SENECA.
Das gegenwertge Reich ist stets schwer 59 und verhaßt.
NATALIS.
Der Römer Nacken fühlt des Blutthunds Zentner-Last.
SENECA.
Die Laster werden seyn / weil Menschen werden leben. 60
NATALIS.
Der Beste von dem Volck ist auf den Thron zu heben.
SENECA.
Wer auch den Besten wünscht / muß leiden den Gott schickt. 61
NATALIS.
Wol dem / den eh der Tod als ein Tyran anblickt. 62
SENECA.
Die Ungedult vermehrt erträgliche Beschwerden.
NATALIS.
Hier müste die Gedult selbst ungedultig werden.
SENECA.
Der Herscher Grimm wird mehr durch Wiederwilln erregt. 63
NATALIS.
Die Bürde wird gehäufft dem / der sie willig trägt.
SENECA.
Die Unmuth aber schwellt die Schmertzen 64 und die Wunden.
NATALIS.
Des Panthers Blutt muß seyn aufs Panthers Biß gebunden.
SENECA.
Gehorsam schaffet Ruh / Hartnäckigkeit Gefahr.
NATALIS.
Dein Lehren baut in Rom Busiris Blutt-Altar.
SENECA.
Durch Demuth sänftigt man die Löwen und Tirannen.
NATALIS.
Es ist mehr sicherer sie beyde weg verbannen.
SENECA.
Ein Schutz-Schild dient hier mehr / 65 als ein verletzend Schwerdt.
NATALIS.
Die Unschuld wird verfolgt / die Laster schätzt man werth.
SENECA.
Viel beßer ists / vergehn / als sich durch Blutt beflecken.
NATALIS.
Die Rache waffnet bey Gefahr auch Würm und Schnecken.
SENECA.
Ein Weiser trägt behertzt / was das Verhängnüs schickt.
NATALIS.
Wie daß sich Cato nicht so sehr für Cæsarn bückt?
SENECA.
Sein Wahn hat ohne Nutz viel Bürger-Blutt verspritzet.
NATALIS.
Der Vorsatz bleibt berühmt auch / wenn er wenig nützet.
SENECA.
Glaubt: Daß der Fürsten-Mord Niemanden rühmlich sey.
NATALIS.
Wie pflichtet Seneca so dem Tirannen bey?
SENECA.
Man muß den Fürsten nicht bald mit den Lastern haßen.
NATALIS.
Wie daß du nur nicht wilst den Piso für dich laßen? 66
SENECA.
Gar zu gemein seyn schafft nicht Nutz ihm / mir Verdacht.
NATALIS.
Fällt das gemeine Heil so gar dir aus der Acht?
SENECA.
Dis / und mein Eigenes beruht aufs Piso Leben.
SULPITIUS ASPER.
Wie daß denn Seneca nicht uns sein Wort wil geben?
[176]
SENECA.
Wird meiner Unschuld hier ein Fallbrett aufgestellt?
NATALIS.
Nicht fürchte: Daß mein Hauß Verräther in sich hält.
SULPITIUS ASPER.
Behertzige / mein Freind / dein und der Römer Nöthen.
SENECA.
Solt ich mit Blutte denn mich meines Fürsten röthen?
NATALIS.
Der Mutter-Mörder wird auch wütten auf dein Blutt.
SENECA.
Weil ich nicht weg darf ziehn / 67 schätz ich den Todt für gutt.
SULPITIUS ASPER.
Es bringet größern Ruhm das Vaterland erretten.
SENECA.
Ja wenn ein Fürst hierdurch nicht wird in Grund getretten.
NATALIS.
Bring uns für diese Pest ein sanfter Pflaster her.
SENECA.
Wahr ists; ist sonst kein Fürst zu tödten / so ists der.
SULPITIUS ASPER.
Kan Seneca nun nicht mit Fug den Bund eingehen?
SENECA.
Ich werde nicht bey euch / auch nicht beim Nero stehen.
NATALIS.
Dis machet Freinde nicht / versöhnt auch keinen Feind. 68
SENECA.
Dis hett auch Seneca / war er Natal / gemeint.
SULPITIUS ASPER.
Du würdest dir den Weg hirdurch zum Throne bahnen.
SENECA.
Die Weißheit darf sich nicht nach disem Schatten sehnen.
NATALIS.
Die Weißheit geb uns doch hier etwas Unterricht.
SENECA.
Mein Wunsch ist euer Sieg / mein Lehren: säumt euch nicht.

Epicharis. Fenius Rufus. C. Piso. Subrius Flavius. Plautius Lateranus. Flavius Scevinus. Antonius Natalis. Afranius Quinctianus. Annæus Lucanus. Tullius Senecio. Cervarius Proculus. Vulcatius Araricus. Julius Tugurinus. Munatius Gratus. Martius Festus. Glicius Gallus. Annius Pollio. Granius Sylvanus. Statius Proximus. Sulpitius Asper. Maximus Scaurus. Venetus Paulus.
NATALIS.
Den Rath des Seneca habt ihr im Vorgemache
Vermuthlich angehört?
EPICHARIS.
Die Wichtigkeit der Sache
Trägt freylich nicht Verzug. Der beste Rath vertirbt
Durch Langsamkeit des Wercks. Ob Nero billich stirbt;
Ist nicht mehr Fragens Noth. Daß er den Thron besprungen
Durch Mord des Claudius / daß er sein Kind verdrungen /
Ihm Reich und Geist geraubt / daß er durch edles Blutt
Die Tiber roth gefärbt / daß seines Mord-Brands Glutt
Das große Rom vertilgt / daß er auf alle Großen
Noch täglich Hencker kaufft / daß sein Gemahl verstoßen /
Ein geiler Balg vermählt / der Mutter heilger Leib
[177] Von ihm durchstochen ward / daß jedes edle Weib /
Die schön ist / sich muß feil im Huren-Hause machen / 69
Daß er ein Weib seyn wil / 70 daß er Bagradas Drachen 71
Die Löwen bey Cyren an Wütten übertrifft /
Verdammt den Blutthund schon. Hier fragt sichs nur ob Gifft /
Strick / Flammen oder Stahl das Unthier stürtzen sollen /
Wie / wo / und wenn wir ihn der Höllen opffern wollen.
MUNATIUS GRATUS.
An dem ligt nicht so viel / ob Feuer oder Schwerdt
Tirannen stürtzt und dämpfft / wiewol ein glüend Pferd
Für diesen Phalaris mich noch zu sanfte düncket.
Genung / wenn Volck und Reich / das schon zu Grunde sincket
Entrinnt durch seinen Fall. Nichts beßers scheint zu seyn
Man mische Gifft und Tod ihm in die Speisen ein.
FENIUS RUFUS.
Umbsonst! er ist hierfür mit Artzney stets versehen
Seit dem der Bruder-Mord von ihm durch Gift geschehen /
Ja Tigillin läßt ihm das minste bringen bey /
Was er nicht selbst versucht. Zu dem gesätzt: es sey
Noch möglich zu vollzihn / wie viel wird Zeit verschwinden /
Eh als wir unsern Zweck durch diesen Umbweg finden?
SULPITIUS ASPER.
Greifft mit geharnschter Hand den feigen Igel an / 72
Der nur die weiche Haut der Kleinmuth stechen kan.
AFRANIUS QUINCTIANUS.
Dis ist am sichersten: Die Bahn ist uns gebrochen
So hat Chærea Rom am Cajus schon gerochen /
Und Julius vergieng durch Brutus edlen Stahl.
Dis ist der schöne Weg / auf dem wir allzumahl
Der Welt / wie hertzhafft wir für ihre Wolfarth kämpffen /
Wenn wir den Wütterich durch hundert Wunden dämpffen /
Für Augen können stelln / Rom geben zu verstehn:
Wer bluttig hat geherscht muß bluttig untergehn.
Den Schluß am sichersten nunmehr ins Werck zu setzen
Fällt mir dis Mittel ein. Wenn Nero sich ergetzen
In Bajens Bädern wird; So lade Piso ihn 73 /
Wo hin ihn ohne dis die Anmuth pflegt zu zihn /
Auf sein schön Vorwerck ein. Was mag so denn uns hindern?
Wenn sich bey voller Lust die Wachten umb ihn mindern
Und er im Bad und Schmaus sich aller Sorg entschlägt:
[178] Daß wir durchs Blutthunds Hertz / das eitel Mord-Lust hegt
Und nichts als Galle kocht / geweyhte Dolchen treiben?
C. PISO.
Schaut Freunde / wo ich sol sein Sterbens-Urtheil schreiben
Mit Tinte meines Blutts / hier Hertz und Adern stehn!
Zerfleischt sie / aber dis zwingt mich nicht einzugehn:
Daß ich den heilgen Tisch mit Fürsten-Blutt bespritzen /
Die Götter / die mein Hauß / nur weil es rein ist / schützen /
Hierdurch erzürnen solt.
EPICHARIS.
Verspritzt Tyrannen-Blutt
Ist selbst zu Reinigung befleckter Oerter gut.
Man kan selbst Jupitern kein fetter Opfer schlachten 74
Als Fürsten / die ihr Volck für Schaum der Thetis achten
Man weiht selbst durch ihr Blutt Altar und Tempel ein.
C. PISO.
Hierinnen muß mein Hauß mehr rein als Tempel seyn.
Kein Wirth sol sein befleckt mit seines Gastes Blutte.
Sein güldnes Wunderhauß / das von geraubtem Gutte
Der Bürger ist gebaut / das große Capitol /
Das Rathhauß / oder auch sein Spiel-Gerüste sol
Ein Schauplatz unsrer That / des Löwen Schlacht-Banck werden.
SUBRIUS FLAVIUS.
Man fall ihn an / wenn er durch knechtische Gebehrden 75
Und Weibischen Gesang sich Gaucklern beygeselln
Und zum Gelächter wird der Welt für Augen stelln.
LUCANUS ANNÆUS.
Wol! Dieser Marsyas wird also wahr empfinden:
Daß sich die Götter nur nicht laßen überwinden:
Daß nicht nur Thamyris eröffne: Daß der Stiel
Der Musen spitzig sey. Weil der auch / den er wil
Nebst der Gerichte Ruhm verächtlich unterdrücken / 76
Behertzt ist Kiel und Stahl auf ihn den Hund zu zücken /
Umb Rom zu offenbarn: Daß böser Thaten Nacht
Die Sternen / die sie wil verfinstern / heiler macht.
TULLIUS SENECIO.
Es wird nicht möglich falln uns sämtlich durch zu dringen
Weil Wach und Pöfel stets den Schauplatz rings umbringen. 77
Zu dem zeucht schon dis Werck nach sich Verdacht / Gefahr /
Wenn wider Arth und Brauch so eine große Schaar
Der Edlen sich in Kreiß der Sänger ein wird dringen.
CERVARIUS PROCULUS.
Ich und Natal wolln selbst zum Scheine mit ihm singen.
NATALIS.
Welch Mittel aber wird vons Pöfels Raserey /
[179] Der ihn als einen Gott anbethet / machen frey
Uns / die wir ja nicht nur den Blutthund müßen fällen
Den Blutthund / sondern auch das Regiment bestellen?
VULCATIUS ARARICUS.
Wahr ists / ist dir und mir gleich nicht umbs Leben leid
So muß die Klugheit doch stehn nebst der Tapferkeit /
Daß Rom des Werckes Zweck ersprüßlich auch empfinde.
Denn sol das blinde Volck des Henckers Mord-Gesinde
Ein Haupt der Welt erwehln / so wird Rom schlechte Frucht
Der großen That verspürn.
GRANIUS SYLVANUS.
Wenn man gantz Rom durchsucht /
Ist kein solch Un-Mensch dar / des Caucasus Gefilde
Haußt kein solch Unthier nicht / kein Tiger ist so wilde;
So nutzt es gleichwol Rom / es steige / wer da wil
Auf den Blutt-fetten Thron / wenn nur des Herschens Ziel
Dem Nero wird gefleckt.
JULIUS TUGURINUS.
Kein Artzt / der klug ist / leidet
Wenn er schon Brand und Krebs aus Bein und Glidern schneidet:
Daß wildes Fleisch aufwachs'. Und wir wolln nicht verwehrn:
Daß dieses Löwen Aaß sol einen Wurm gebehrn
Dem keine Speise taug als bluttge Menschen-Köpffe.
Den Rath / das Heer / den Hoff beherschen die Geschöpffe
Des schlimmsten Tigillin / aus denen sich ein Glied
Wird heben an das Brett.
PLAUTIUS LATERANUS.
Seyd ferner nicht bemüht
Umb Mittel ihn vom Thron und Rom in Ruh zu sätzen.
Fehlt euch Gelegenheit den Tiger zu verletzen /
Der voller Furcht in Hauß und Gärte sich schleußt ein?
So wird der dritte Tag mehr als gelegen seyn.
Ihr wißt: Daß Rom so denn der Ceres Fest begehet / 78
An welchem Nerons Hauß jedwedem offen stehet /
Den Spielen zuzuschaun / und Nerons reiche Hand
Umb Vorschub anzuflehn. Ich wil / wie Glück und Brand
Mir meinen Stand zu führn die Mittel gantz verschnitten /
Beweglich ihm erzehln / fußfällig Hülffe bitten /
Und über Halß und Kopff von seinem Brandstul ihn
Zu Bodem stürtzen ab. Dann mögt ihr von euch zihn
Und mit den Dolchen ihm sein giftig Hertz durchgraben.
SCEVINUS.
Ich wil der erste seyn / laßt mich den Vorzug haben
[180] Der die Verbitterung durch sein schwartz Blutt ab kühl /
Und Rom für Augen stell ein lustig Trauer-Spiel /
Das von der Tiranney den Kreiß der Welt befreyet.
Schaut her! Hetrurien hat diesen Dolch geweihet
Ins Heiligthumb des Heils / ich aber abgelehnt
Der Göttin Bildnüße.
MARTIUS FESTUS.
Sie wird durch nichts versöhnt
Mehr werden / als wenn er mit des Tirannen Blutte
Zu allgemeinem Heil und aller Welt zu gutte
Bepurpert gläntzen wird.
MAXIMUS SCAURUS UND VENETUS PAULUS.
Bey diser großen That
Wolln wir nicht letzte seyn.
EPICHARIS.
Das Werck prüft Geist und Rath /
Jedweder mühe sich dem andern vorzukommen.
Ich selber habe mir beständig fürgenommen
Vermummt als ein Soldat mich euch zu fügen bey /
Und hertzhaft darzuthun: Daß ich sein Todfeind sey /
Ja daß die Aegeln nicht so sehr nach Blutte dürften
Als nach des Blutthunds ich.
GLICIUS GALLUS.
Das Blutt des grimmen Fürsten
Soll uns zu süßer Luft gemischt in fußen Wein /
Die Hirnschal unser Glaß und Trinckgeschirre sein. 79
EPICHARIS.
Mein und derselben Blutt die den Tyrannen haßen
Sey Vorschmack künftiger Lust. Laßt uns zur Ader laßen
Und unsern heilgen Bund bestärcken unser Blutt.
Ein Glaß-voll Reben-Safft! Wenn Tugend / Treu und Muth
Nicht fehlt / den Adern-Brunn des Blutthunds zu verterben /
Der muß Chrystall und Wein mit seinem Blutte färben. 80
Geweyhter Freyheits-tag / verzuckert Freindschafts-Tranck!
Ich trincks euch allen zu aufs Blutthunds Untergang.
PLAUTIUS LATERANUS.
Sein Cörper werd ein Aaß / sein Geist ein Brand der Höllen!
FENIUS RUFUS.
Der Hencker schlepp ihn fort auf die Gemoner-Schwellen!
C. PISO.
Man tilg in Rom und Welt sein schlimm Gedächtnüs aus!
FLAVIUS SCEVINUS.
Man werff in Koth sein Bild und äscher ein sein Hauß!
AFRANIUS QUINCTIANUS.
Daß sein Geburthstag werd iedwedes Jahr entweyhet!
ANTON NATALIS.
Man feyre den / da Rom des Drachens sich befreyet!
LUCANUS ANNÆUS.
Die Eul und Natter fing ihm seinen Lobgesang!
SUBRIUS FLAVIUS.
Sein Fleisch gebehre Gifft / und Würmer und Gestanck!
[181]
TULLIUS SENECIO.
Daß seiner Beine Marck der Molchen Speise werde!
CERVARIUS PROCULUS.
Man würdige den Hund nicht einer Hand-voll Erde!
VULCATIUS ARARICUS.
Ein Sack mag seyn sein Sarck / 81 die Tiber sey sein Grab!
JULIUS TUGURINUS.
Daß auch die Asche nicht Ruh in der Erden hab!
MUNATIUS GRATUS.
Man müße sein Gesicht auf Ubelthäter brennen!
MARTIUS FESTUS.
Man straffe den / der mehr wird Nerons Nahmen nennen!
GLICIUS GALLUS.
Der Nachwelt ewig Fluch verdamme sein Geschlecht!
ANNIUS POLLIO.
Sein Weib werd aller Magd und er der Straffe Knecht!
GRANIUS SYLVANUS.
Es müße seine Seel in einen Tiger fahren!
STATIUS PROXIMUS.
Sie sey ein Gauckelspiel der abgelebten Schaaren!
SULPITIUS ASPER.
Er sterbe nur / die Pein ersterb in ihm keinmal!
MAXIMUS SCAURUS.
Sein Tod sey unser Ruh und seine stete Kwal!
VENETUS PAULUS.
Dis schmeckt / doch Nerons Blutt wird uns noch süßer schmecken!
EPICHARIS.
So muß Tirannen man ihr Ziel des Lebens stecken.

Reyen.

Des Geschreys und der Wahrsager.
DAS GESCHREY.
Mag Rom wol ruhig seyn /
Nun Schwefel / Blitz und Stürme
Die Felsen / Tempel / Thürme
Fast täglich äschern ein /
Und über Rom die schwäntzichten Cometen
Die düstre Lufft mit blutigen Strahlen röthen?
DIE WAHRSAGER.
Erzittre Stadt und Reich!
Die Tiranney wird gleich
Auf deine Gipffel krachen /
Und durch der Edlen Blutt
Der Schwantz-Gestirne Glutt
Ihm hold / dir unhold machen.
[182]
DAS GESCHREY.
Orions sternicht Gurth
Heckt nicht nur Wunder-Zeichen.
Man wirfft ins Rathhauß Leichen 82
Zweyköpfichter Geburth:
Ja aus der trächtgen Opffer Eingeweyden
Siht man die Priester Mißgeburthen schneiden.
DIE WAHRSAGER.
Des Reiches Ruh zerfällt
Und Rom das Haupt der Welt
Wird sich durch Zwytracht theilen.
Doch wird der Fürst beschirmt.
Denn / wer den Himmel stürmt /
Kommt umb von Donner-Keilen.
DAS GESCHREY.
Ihr wißt das Todten-Feld
Wo durch den Sieg der Mohren
Halb Rom fast ward verlohren;
Wo Trebens Flutt sich schwellt /
Dar ist am Weg ein Wunder-Kalb genesen
Dem Kopff und Knie beysammen ist gewesen.
DIE WAHRSAGER.
Die Deutung kan nicht fehln
Rom müht sich zu erwehln
Ein neues Haupt der Erden.
Doch der Verhängnüs-Schluß
Macht: Daß solch Rathschlag muß
Kund und Kräbsgängig werden.

2. Akt

[183] Die Andre Abhandlung.

Der Schauplatz stellet für einen Lustgarten.
Volusius Proculus. Epicharis.

PROCULUS.
Treff ich mein Paradies in diesem Garten an?
Find ich die Blum allhier / bey der die Rose kan
Nicht ferner ihr Rubin / die Lilg ihr Silber rühmen?
Die Sternen mögen ja den Himmels-Garten blümen /
Der Tulpen Golden-stück' außkleiden diesen Sand;
Sie küßen deinen Fuß und weichen deiner Hand.
EPICHARIS.
Worzu sol dieser Schein gefärbter Worte dienen?
PROCULUS.
Der Thau erfrischt die Schneck und saftig Klee die Bienen
Die Schönheit den / der übt. Und ich / nachdem dein Schein /
O Sonne / mich blickt an / sol itzt nicht rege seyn?
EPICHARIS.
Wo Sonn und Schönheit fehlt ist kein solch Ruhm von nöthen.
PROCULUS.
Mein schwaches Lob muß sich für deiner Würd entröthen.
Wer solcher Perlen Preiß nicht urtheilt / der ist blind.
Du weißt: Die Lieb ist ja einfältig und ein Kind /
Die nicht zu heucheln weiß.
EPICHARIS.
Was hat in dir erreget
So einen frembden Wahn?
PROCULUS.
Ihr Bildnüs ward gepreget
In mein enthärtet Hertz / als mich zum erstenmal
Auf der Epirer Küst ihr süßer Anmuths-Strahl
Liebreitzend angeblickt.
EPICHARIS.
Ich muß der Thorheit lachen.
PROCULUS.
Des Straußes Auge kan die Jungen lebend machen;
Und dein schon Antlitz sol von solcher Kraft nicht seyn /
Zu pflantzen Lieb und Hold beseelten Geistern ein?
EPICHARIS.
Wird die schon alte Glutt ietzt erst an Tag gegeben?
PROCULUS.
Was lange tauren sol / fängt langsam an zu leben.
Im sechsten Monden regt des Löwen Frucht sich erst /
Die Stein und Stahl zermalmt und Thier und Zeit beherscht.
Der Brand / der dort entglamm / als am Misener Strande
Ich mich mit dir berieth / wie des Tyrannen Bande
Rom könte werffen ab / hat ihm itzt Lufft gesucht /
Die Knospe die gekäumt / trägt nunmehr Blüth und Frucht.
EPICHARIS.
Hier ist kein Erdreich nicht / dem er die Liebes-Pflantze
[184] Kan nützlich pfropften ein. Zu seines Adels Glantze 83
Schickt Freygelaßenheit und knechtisch Blutt sich nicht.
PROCULUS.
Die raue Schal umbschleust der Diamanten Licht /
Ein knechtisch Kleid vielmal das edelste Geblütte.
Die Tugend und Gestalt ist von so großer Gütte /
Sie saget Glück und Zeit es hertzhafft ins Gesicht:
Es ist Epicharis aus knechtschem Stamme nicht.
EPICHARIS.
Sol ich das Merckmal erst der Dienstbarkeit dir zeigen?
Den Freybrief legen für? Den / deßen ich Leib-eigen
Gewest bin / offenbarn?
PROCULUS.
Des Zufalls Sturmwind schlägt
Der Bletter Zierath zwar ab / die der Stammbaum trägt /
Jedoch versäugt nicht bald der Wurtzel edle Seele.
Des Cyrus Uhrsprung gläntzt auch in der Hirten-Höle / 84
Es nimmt der Ankunfft nichts ein schlechter Außenschein.
EPICHARIS.
Gar nicht seyn / und darfür nicht angesehen seyn /
Ist in dem Recht ein Ding.
PROCULUS.
Nicht aber in dem Liben.
EPICHARIS.
Hat nicht das Recht der Lieb auch Schrancken fürgeschrieben?
PROCULUS.
Der? Schrancken? Die nicht Welt / nicht See / nicht Himmel schleust;
Die aus den Sternen uns in unser Seele fleußt /
Ja mit der Muttermilch uns schon wird eingeflößet.
Nun urtheil: Ob mit Fug durch Satzung man verstößet
Was die Natur pflantzt ein? Was der nicht halten kan
Der das Gesätze schreibt?
EPICHARIS.
Den ficht kein Kitzel an /
Der die Vernunfft zu Rath / den Witz zum Richter wehlet.
PROCULUS.
Mein Kind / der Klugheit selbst hat hier manch Tritt gefehlet /
Per Purpur selbst hat ihm oft Stroh vermählt und Haar /
Ja mancher Gott baut hier der Sterblichen Altar'
Und steckt ihr Weyrauch an. Gesätzt nun / nicht enthangen:
Die Perlen-Mutter sey / die dich / O Perl / empfangen /
Des Indus Tochter nicht. Man fragt nicht / welche Schooß
Der Schnecke / welches Schilf das Muschel-Kind beschloß
Wenn sich ihr Werth nur zeigt. Die hochgeschätzten Sachen
Kan nicht die Nidrigkeit des Uhrsprungs unwerth machen.
Das Gold / der Erde Marck / wächßt in der tiefsten Klufft /
[185] Das ewge Feuer brennt meist in der Todten-Grufft.
So mag / O Sonne / dis nicht deine Strahlen dämpfen:
Daß mit der Finsternüs muß deine Wiege kämpfen /
Der Ankunfft Nebeltuch krigt durch das Mittags-Liecht
Der Tugend Farb und Schein. Weiß gleich Egypten nicht
Des Nilus Monden-Kwäll / 85 verdient doch seine Gütte;
Daß es ihm Tempel bau und ihn umb Segen bitte.
Dis thut auch Proculus; Dein Tempel ist sein Hertz /
Dein Opfer seine Seel.
EPICHARIS.
Es sey gleich Ernst gleich Schertz:
Daß dein Gemütte mich wahrhafftig lieb gewinne;
So schlag unmöglich Ding dir doch nur aus dem Sinne.
Denn zielt dein Vorsatz nur auf Brunft und Üppigkeit /
So wiß: es hat solch Gift nie meine Brust entweiht /
Der Keuschheit Heyligthum. Drum laß auch dirs nicht träumen.
Zielstu auf Eh und Pflicht? So darf ich nichts enträumen
Indem ich noch zur Zeit mein selbst nicht mächtig bin.
PROCULUS.
Auf was verscheubstu doch / mein Licht / die Heyrath hin?
Nicht hoffe: Daß der Herbst des Alters Früchte träget /
Wenn nicht die Liebes-Blüth itzt in dem Lentz außschläget.
Ein runtzlicht Antlitz kan zwar üben / aber kaum
Ja gar nicht seyn beliebt. Der eckeln Schönheit Baum
Ist nur ein wilder Stamm / der Blätter trägt / nicht Früchte.
Du stößt von dir dein Glück und stehst dir selbst im Lichte /
Weil unsern Liebes-Bund nichts als dein Will außschlägt.
Wie oder magstu dich / bis Nero sey erlägt /
Bis Rom die Freyheit kriegt / nichts gegen mich entschlüßen?
Laß mich / wie weit das Werck durch dich gebracht sey / wißen;
Wer sich nebst uns die That zu wagen hertzhafft sey.
Ich sätze Gutt und Blutt nebst euch begierig bey /
Möcht ich auch sterbende nur deine Gunst erwerben.
EPICHARIS.
Mein Freind / der Jugend Baum kan ärger nicht verterben:
Als wenn die Wollust-Raup ihr Blüth und Kern außfrißt /
Weil ja die Liebe recht der Tugend Wurmstich ist /
Nachdem in holen Stock nur geile Wespen nisten.
Was solte denn ihr Gift zu kosten mich gelüsten?
Nach diesem mache dir vergebne Rechnung nicht
[186] Aufs Käysers Untergang. Seit dem ich was mehr Licht
In heilgen Lehren kriegt: Daß Fürsten-Blutt verspritzen /
Weil sie die Götter selbst als ihre Bilder schützen /
Ein höchstgefährlich Werck / verdammtes Unrecht sey /
Ja daß kein Weiber-Arm die Last der Tyranney
Sey mächtig abzuthun / ist mir die Lust vergangen
Ein so hochwichtig Werck vergebens anzufangen.
PROCULUS.
Nein! nein! Epicharis / du redest mirs nicht aus:
Daß der erst frische Brand der Rach in Asch und Graus
Schon sol verglommen seyn / weil mit dem Blutt-Tyrannen
Ja noch der Zunder lebt. Wilstu mich ja verbannen
Aus deiner Lieb und Hold / so würdige mich doch:
Daß mein begierger Arm des Blutthunds strenges Joch /
Des Löwens Zentner-Last von Schultern helffe werffen.
EPICHARIS.
Es steht dir frey für mir auf ihn den Stahl zu schärffen
Der / wo er hertzhaft ist / nicht Weiber-Hülffe darf;
PROCULUS.
Doch vielmahl ihren Rath. Die Dolchen sind so scharf
Nicht als der Weiber Witz. Ja ists was unerhöret:
Daß ein behertztes Weib Tyrannen hat versehret?
Boudicea führt der Britten Heers-Kraft an / 86
Und lehrt: Daß ihr Geschlecht auch Römer stürtzen kan.
Daß aber du verwirfft / was du zuvor vertheidigt /
Dardurch wird dein gutt Ruhm / Natur und Recht beleidigt /
Wie oder schreckt dich ab die Furcht für der Gefahr?
Weg Kleinmuth! Was vielmahl schwer anzusehen war
Ward leichte durch Versuch.
EPICHARIS.
Ich mag nicht länger hören.
PROCULUS.
Wol! Unterwindet sich dein Hochmuth mich zu lehren: /
Daß edler Seelen Hold durch Mägde sich entweih /
Ein angebetet Weib ein höllisch Abgott sey /
So sol die Rache dich bald würcklich unterweisen:
Daß / wer die Tugend schimpft / der rühr an glüend Eisen.

Der Schauplatz stellet für des Scevinus Gemach.
Flavius Scevinus. Milichus. Lucius. Sejus. Zwey Knechte.
SCEVINUS.
Ein groß Werck wil beseelt von großem Geiste seyn.
Der Himmel selbst flößt Oel in die Gemüther ein
[187] Die sich was rühmliches entschlüßen zu vollstrecken.
Die Tugend läßt sich nicht des Werckes Größe schrecken
Wol wißend: Daß sonst nichts als ein verzagter Muth
Ein Werck unmöglich macht. Sie bähnet Alp und Flutt /
Sie segelt ohne Wind / und läßt beim Wetterknallen
Den Hofnungs-Ancker nicht / nicht alle Segel fallen.
Das Mittel wird ihr nicht lau / wo der Anfang brennt /
Sie heißet dis verzagt / was der behutsam nennt
Der Furcht im Hertzen hegt. So müßen in dem Wercke
Wir auch gewaffnet seyn. Der Dünckel unsrer Stärcke 87
Muß uns zu Langsamkeit nicht sicher schläffen ein /
Verzagte Kleinmuth nicht des Wercks Verräther seyn.
Auf! Laß auch du Scevin nicht knechtschen Aufschub blücken 88
Ein zitternd Blick kan oft das gantze Ziel verrücken.
Es läst durchaus sich nicht verzügern dieser Rath /
Der nicht gelobt seyn kan als nach vollbrachter That. 89
Die Glutt muß Gold / Bestand den Anschlag herrlich machen.
Jedoch / die Klugheit muß auff allen Zufall wachen;
Der erndtet oft Cypreß / der Palmen hat gehofft /
Ja des Besiegten Leich erdrückt den Sieger offt.
Verschaffe / Milichus / umb meinen letzten Willen
Zu schlüßen / 90 Wachs und Licht.
MILICHUS.
Ich wil den Heisch erfüllen.
SCEVINUS.
Befiehl: daß Lucius und Sejus hier erschein.
Es kan dem / der itzt stirbt / mehr wenig tröstlich seyn /
Als nach sich wol bestellt sein Hauß und Gutt verlaßen.
Ach / aber ach! Wer weiß: Ob / was wir itzt verfaßen /
Mag morgen giltig seyn / im Fall der Außschlag ihn
Errettet / und uns stürtzt? Jedoch nur Muth / Scevin!
Was das Verhängnüs schleußt kan Niemand nicht verhütten.
Laß den Tyrann auf Blutt und Gutt zugleiche wütten /
Den letzten Willen störn / wo es umbs Leben geht
Sind Gütter schlecht Verlust. Nur Muth! Scevin / es steht
Nicht mehr zu endern frey. Wer schon den Stahl wil scherffen
Auf seines Fürsten Brust / muß Scheid und Furcht wegwerffen / 91
[188] Die Hoffnung laßen fahrn / das Schwerd zu stecken ein /
Das nur entblößt uns schützt / ja die Gefahr muß seyn
Die Artzney der Gefahr. 92 Solls endlich mißgerathen;
Man strafft den Vorsatz nicht gelinder als die Thaten.
Wer wolte nun verzagt des Außschlags Zweifel flihn?
Indem es gleiche gilt / ein kühnes Werck vollziehn 93
Und selbtes fangen an. Scevin / fall oder fälle!
MILICHUS.
Herr / hier ist Wachs und Licht / die Knechte stehn zur Stelle.
SCEVINUS.
Wol! eines ist vollbracht. Versteht ihr wol / ihr zwey?
Daß ein unschätzbar Ding die güldne Freyheit sey:
So wißt: daß euch itzt ist der güldne Tag erschienen /
An dem ihr mir nur noch als Sklaven dörffet dienen.
Nehmt beyde diesen Hutt der Freyheit Merckmal hin. 94
Ja / weil ich heut euch frey zu laßen schlüssig bin /
So laßt das Abendmal aufs herrlichste bereiten.
LUCIUS.
Mag unsre Freude wol die große Gunst bestreiten?
Ihr Götter! Daß der Herr / der uns als Knechte nicht
Zeither gehandelt hat / uns frey und ledig spricht?
SEJUS.
Laß uns zu Fuße falln für sein so groß Begnaden.
SCEVINUS.
Auf! ihr mögt / wen ihr meint / zum Freymal zu mir laden.
Mein Schaffner soll alsbald jedwedem Knechte zehln
Dreyhundert Groschen aus. Was wird nun ferner fehln?
Wo ist mein heilger Dolch?
MILICHUS.
Er wird zu Haupte stecken
Des Bettes. 95
SCEVINUS.
Ist er doch voll Rost und stumpffer Flecken:
Nimm / Milichus / ihn hin / und schleiff ihn alsobald
Recht scharf und spitzig aus.
MILICHUS.
Der Stahl ist zimlich alt /
Der Rost hat schon sehr tief gefreßen Schneid und Spitze.
SCEVINUS.
Zu dem / daß dieser sol / ist mir kein Neuer nütze.
Sind Kräuter / Salb und Hartzt für frische Wunden dar?
MILICHUS.
Sie solln zur Hand schon seyn / ereignet sich Gefahr.
SCEVINUS.
Verschaff sie heute noch: Daß du kanst Pflaster schmieren.
MILICHUS.
Ich wil dis zu vollzihn die minste Zeit verlieren.
SCEVINUS.
Weistu die Mittel auch darmit man stillt das Blutt.
MILICHUS.
Zermalmter Blutt-Stein ist zu dieser Würckung gutt.
SCEVINUS.
Wol! mach indeßen ihn auf allen Nothfall fertig /
Und sey für deinen Fleiß verdienten Lohn gewärtig.

[189] Milichus. Corinna sein Weib.
MILICHUS.
Was hat Scevinus für? Es muß was Großes seyn!
Er redet mit sich selbst / schwermüttig und allein /
Voll banger Furcht / voll Grimm und wichtiger Gedancken!
Sein Kummer übertrifft die sonst gemeinen Schrancken.
Ich möchte gleichwol gern ergründen / was er wol
Bey sich im Schilde führt? Was dieser Dolch ihm sol?
Mein Schatz du kommst gleich recht.
CORINNA.
Was hat er zu befehlen?
MILICHUS.
Ich muß nachdencklich Ding vom Herren dir erzehlen.
CORINNA.
Nachdencklich Ding? erzehl: Obs zu errathen sey.
MILICHUS.
Er sprach den Lucius und ließ den Sejus frey;
Befahl gewißes Geld den Knechten außzutheilen.
CORINNA.
Die Kargheit selber muß freygebig seyn zu weilen.
MILICHUS.
Ja / wenn sie lenger nicht des ihren Herr seyn kan.
Er hieß das Nachtmahl auch aufs beste richten an.
CORINNA.
Wem / und worzu wil er so Hertz und Luft außschütten?
MILICHUS.
Die Knechte sollen dar und dort ihm Gäste bitten.
CORINNA.
Was muß es immer seyn / warumb Scevin das thu?
MILICHUS.
Er siegelte gleich auch den letzten Willen zu.
CORINNA.
Dis Thun muß / sichre dich / was großes auf sich haben.
MILICHUS.
Wahr ists / hierunter ligt was sonderlichs vergraben.
Er stellt sich lustig an / die Schwermuth aber bricht
Herfür / und gibt an Tag: Daß sein Gemütte nicht
Und sein tiefsinnig Geist wie Zung und Antlitz lachet.
Ja / was aus allem mir den meisten Argwohn machet /
Scevin hat diesen Dolch als ein groß Heyligthum
Zeither gehoben auf / vermeldende: Sein Ruhm /
Der Römer Wolfarth sey vermählt mit diser Klingen;
Das Heil selbst mühe sich dem Hülfbar beyzuspringen /
Der durch den Dolch was wagt.
CORINNA.
Wie kommt er denn zu dir
Da er so schätzbar ist?
MILICHUS.
Er selber gab ihn mir /
Ich sol den Rost abfeiln / und ihn aufs schärfste schleiffen.
CORINNA.
Er muß entschloßen seyn wen Großes anzugreiffen.
Und wo ich rathen darf / so ists.
MILICHUS.
Wol! rath / auf wen?
CORINNA.
Auf den verhaßten Hals des Käysers angesehn.
MILICHUS.
Aufs Käysers? Läßt sich wol zuläßlich dis vermuthen?
[190]
CORINNA.
Kein Mensch säh / als Scevin mit mehr Vergnügung blutten
Des Käysers kalten Kopf.
MILICHUS.
Woher rührt solch Verdacht?
CORINNA.
Daraus / daß Nero ihm gantz Rom zum Feinde macht.
Fürnemlich wird Scevin ihm nimmermehr vergäßen:
Daß sein erschröcklich Brand ihm hat sein Gutt gefräßen /
Sein Schwerd sein nechstes Blutt.
MILICHUS.
Wahr ists: Beleidigung
Schreibt ins Gedächtnüs-Buch das Wortt: Erinnerung;
Pfropfft Rachgier ins Gemüth und Feuer in die Galle /
Die Mord und Gifft gebiert. Des Unrechts Trieb kan alle
Ja Schnecken / Wurm und Lamb zur Rache waffnen aus.
Die Zorn-Glutt stirbt vergnügt / wenn Feind und Zunder Graus
Und Asch und Staub nur ist.
CORINNA.
Ja die Begierdens-Flammen
Ziehn einen solchen Rauch für der Vernunft zusammen:
Daß Grim und Eifer nicht des Abgrunds wird gewahr
In den er Sporn-Streichs rennt.
MILICHUS.
Der großen That Gefahr
Hat / was du argwohnst / mich nur noch nicht glauben lassen.
Itzt zweiffel ich nicht mehr: Daß Nero wird erblassen
Durch dife Spitze solln. Hältstu nun wol für gutt:
Daß ich die Eisen schärff aufs Käysers heylig Blutt?
CORINNA.
Erwäge / was du thust / wol! Wird Scevin verrathen /
Mißlingt sein Vorsatz ihm / wie / weil Gott solche Thaten
Hoch haßt / vermuthlich ist / wird Schwefel / Brand und Pfal
Des Frevels Siegs-Krantz seyn. Ja / die Gewißens-Kwal /
Geriethe gleich das Werck / wird dich zu henckern suchen;
Weil Erd und Himmel ja den wilden Arm verfluchen /
Der auf gesalbte Hälf' und Fürsten Dolche schleifft.
Denn man den Göttern selbst dardurch an Zepter greifft.
MILICHUS.
Welch Vorwand würde mir beim Herren Außflucht geben:
Daß ich erkühnet sey schnur-stracks nicht nachzuleben
Dem / was er mir befahl?
CORINNA.
Es fällt mir etwas ein /
Was eine Staffel kan zu großem Glücke seyn.
MILICHUS.
Was?
CORINNA.
Gib den Dolch nicht mehr dem Herren in die Hände.
MILICHUS.
Wem denn?
CORINNA.
Dem Käyser.
MILICHUS.
Was? Dem Käyser? Zu was Ende?
CORINNA.
Entdeck ihm / was Scevin auf ihn im Schilde führt.
MILICHUS.
Erwäge / was du räthst und diß / was uns gebührt.
[191]
CORINNA.
Gebührt uns zu verhöhln so grause Missethaten?
MILICHUS.
Wer wolte den / der ihm die Freyheit gab / verrathen?
CORINNA.
Des Fürsten Wolfarth geht des Herren Ansehn für.
MILICHUS.
Jedwedes Recht erläßt die Offenbarung mir.
CORINNA.
Der Fürsten höchstes Recht wird Ruhm und Lohn dir geben.
MILICHUS.
Des Undancks Wurmstich würd auch an den Palmen kleben.
CORINNA.
Ein Sohn mag klagen an de Vätern Meiterey. 96
MILICHUS.
Ein Freyling ist verknüpfft dem mehr / der ihn ließ frey.
CORINNA.
Aufs Herren Meineyd mag ein Knecht den Dolch außzihen.
MILICHUS.
Wer sicher segeln wil muß dise Klippen flihen.
CORINNA.
Was kan für Schiffbruch uns hier werden beygebracht?
MILICHUS.
Weistu: Daß Undanck uns zu Sclaven wieder macht?
CORINNA.
Zum Herren / wenn er sorgt fürs Fürsten Heil und Leben.
MILICHUS.
Wer wird beym Klagen uns erweisend Zeugnüs geben?
CORINNA.
Geheime Laster schlägt muthmaßlicher Beweis.
MILICHUS.
Du leitest meinen Fuß auf Spiegel-glattes Eiß.
CORINNA.
Gefahr und Kühnheit sind die schnellen Ehren-Flügel.
MILICHUS.
Gefahr und Kühnheit sind vielmehr Verterbens-Spigel.
CORINNA.
Es ist mehr ruhmbar: Staub / als in dem Staube seyn.
Der Lüffte Fackel läßt sich freudig äschern ein /
Daß sie verglimmende nur Sternen ehnlich werde.
Wie sol ein edler Geist denn krichen an der Erde?
Er schwinget sich empor und thut sich groß herfür /
Wo sich ein Weg nur zeigt. Auf denn! Itzt zeigt sich dir
Ein Anblick großen Glücks und unsers Elends Ende.
Nim der Gelegenheit wahr / sie beuth dir die Hände /
Sie hat nur vorwerts Haar / und ist von hinten kahl.
Lästu sie aus der Hand / sie kommt nicht noch einmahl.
MILICHUS.
Ich wil auf Glück und Zeit und deinen Beystand trauen.
CORINNA.
Sey hertzhaft! Denn du wirst den güldnen Außschlag schauen.
Noch eines! Hastu Gifft und Bisam bey der Hand.
MILICHUS.
Ja.
CORINNA.
Wol! wir wolln den Dolch mit Bisam / Gift und Brand
Durchwürcken / meldende: Scevin hab ihn vergifftet.
MILICHUS.
Oft wird durch Schminck und Schein der Wahrheit Rath gestifftet.
[192]
CORINNA.
Laß uns zu Hofe gehn / eh als Scevin was wil.
MILICHUS.
Wo hält der Fürst itzt Hof.
CORINNA.
In Gärten des Servil.

Der Schauplatz verwandelt sich in einen Gang im Käyserlichen Lust-Garten.
Nero. Proculus. Epicharis. Tigillinus. Sulpitius Asper. Etliche Soldaten.
NERO.
Ist dis die Natterzucht / die uns erblaßt wil wissen?
PROCULUS.
Die sich ihr Meyneyds-Gift wagt andern einzugißen.
TIGILLINUS.
Was reitzt dich schwachen Wurm aufs Käysers Tugend an?
EPICHARIS.
Mich auf den Käyser? Mich? sagt: Wer so lästern kan?
PROCULUS.
Hastu nebst ändern dich nicht wider ihn verbunden?
EPICHARIS.
Hat dis Verläumbdungs-Stück der Ehrendieb erfunden.
TIGTLLIN.
Schaut wie der Basilißk auch itzt noch Gifft außspeyt.
NERO.
Ist die Verrätherey der Bübin noch nicht leid?
EPICHARIS.
Mein Fürst / Verläumbdung macht die Unschuld ungeduldig.
PROCULUS.
Die Unschuld? Weistu dich mir keines Lasters schuldig.
EPICHARIS.
Bey dir nur / welchem sol die Tugend Laster seyn.
PROCULUS.
Solt ich mit dir mich nicht in Meyneyd flechten ein?
EPICHARIS.
Ich? wenn? wo?
PROCULUS.
Zu Misen. Eröffne dein Gewißen.
EPICHARIS.
Dis wird dein Bubenstück dir selbst fürbilden müßen.
PROCULUS.
Die Schlange haucht mit Gifft auch reinste Lilgen an.
EPICHARIS.
Hat deiner Geilheit so mein Keuschseyn weh gethan?
PROCULUS.
Wolstu mich nicht durch Lust zum Fürsten-Mord verhetzen?
EPICHARIS.
Hilf Himmel! Laße dich so frevelnd nicht verletzen!
PROCULUS.
Die Götter solln oft selbst der Boßheit Zeugen seyn.
EPICHARIS.
Mein schwacher Arm benimmt den Lügen allen Schein.
PROCULUS.
Ein Weiber-Anschlag kan durch Männer seyn verrichtet.
EPICHARIS.
Nenn einen Mutter-Mensch / der sich mit mir verpflichtet.
PROCULUS.
Entdeck es / wen du hast in dein Verbündnüs bracht.
EPICHARIS.
Welch Mensch ist / welcher nicht so eines Klägers lacht?
Der vieler Boßheit klagt und einen nicht kan nennen?
Sol ich Epicharis des Käysers Wachen trennen?
Sol ich der Riefe seyn / der den erdrücken sol
Für dem die Erd erbebt?
PROCULUS.
Umbstehstu / Sklavin / wol /
[193] Daß du in Männer-Tracht vermummt mein Schiff beschritten?
Daß du / wie viel du schon von Nerons Grimm erlitten /
Verbittert mir entdeckt? Ja: Daß die Tyranney
Des Käysers abzuthun dein Zweck der Reyse sey.
Dich brächte nichts nach Rom; als ander' anzustiften /
Durch tödtend Zauber-Kraut die Speise zu vergiften /
Zu schärffen Dolch und Schwerd aufs Käysers Hals und Brust.
EPICHARIS.
Ist keine Lüge dir / Verläumbder / mehr bewust?
Aus dem: Daß ich zur See ein Mannskleid angeleget
Kan auf mich Reifende kein Argwohn seyn erreget /
Im Fall der Keuschheit Schirm mag unverdächtig seyn.
Daß aber alles dis / was Proculus streut ein /
Verbüßtes Lästern ist / wird jedes Recht erhärten.
Verräther! Stelle für nur einen der Gefährten 97 /
Der / was du klagst / gehört. Weil Niemand auf einmal
Darf Zeug und Kläger seyn. Alsdenn mag Strang und Pfal /
Und Gift mir lohnen ab.
TIGILLINUS.
Man kan auf die Verbrechen /
Die Fürsten tasten an / verdammend Urthel sprechen
Wo einer Zeugnüs gibt / wo sich ein Umbstand zeugt
Gefährlichen Verdachts. 98
EPICHARIS.
Sol / was ein Todtfeind leugt /
Der Unschuld Fallbrett seyn? Sol ein erhitzt Vergällen
Beweißthum nach sich zihn? So ist der leicht zu fällen /
Der sich durch Tugenden der Boßheit unhold macht.
Daß ich des Bösewichts unkeusche Brunft verlacht /
Daß ich der Jugend Krantz / der Keuschheit Lilgen-Blüthe /
Die diese Wespe weg zu freßen sich bemühte /
Ihn nicht besudeln ließ: dis ist die Mißethat
Die seine Brunft in Gall und Grimm verwandelt hat.
PROCULUS.
Hört mit was Thorheit sich die Aergste rein wil brennen!
Wer meinen Uhrsprung weiß und diese Magd wird kennen
Mag urtheiln: Ob nach dir als einer geilen Magd
Mich sehr gelüsten kan.
EPICHARIS.
Wie viel ist Zeit vertagt
Da ich dir / der du bist ein Sclave schlimster Thaten /
Mehr denn zu edel hieß? Was weistu zu verrathen
[194] Daß ich von Nerons Grimm erlitten haben sol?
Eröffn es / umb zu schaun / ob deine Falschheit wol
Nur einen Schatten wird der Wahrheit nach sich zihen.
PROCULUS.
Was zwang dich aus Epir für dem Trebaz zu fliehen?
EPICHARIS.
Trebazens böse Lust / und ärgste Henckerey /
Von der ich nichts nicht kan dem Käyser meßen bey /
Der mir (zumal mein Stand für großer Götter Blitzen /
Der nur die Cedern trifft / mich mächtig war zu schützen)
Nicht einmal weh gethan und Rachgier hat erweckt.
TIGILLINUS.
Die Schlange sticht vielmal den / der sie nie geneckt.
EPICHARIS.
Was leugt denn Proculus: Weil Nero mich verletzet /
Hett ich aufs Käysers Mord die Römer aufgehetzet?
Schaut: Wie dis Lästermaul / das Gall und Gift außschäumt /
Stumm für der Wahrheit wird! Gesätzt auch / nicht enträumt /
Ich hette gegen ihm mit Worten mich verbrochen;
Warumb hat's Proculus so lange gutt gesprochen:
Daß er die Unthat nicht dem Käyser hat entdeckt
Mich nicht auf frischer That in Stein und Stahl gesteckt.
Verdient der Lästerer nun nicht Strang / Pfal und Ketten?
Ohnmächtgen Mägden ist / die nicht den Herren retten / 99
Durch Ruffen bey Gefahr / auf ihr blos Schweigen / Tod
Und Martter außgesätzt; Sol der nun / der die Noth
Des Fürsten selbst verschweigt nicht Flamm und Schwefel fühlen?
Der Himmel wird sich freun so bald die Glutt wird spielen
Mit des Verläumbders Asch. Es stammelt nun der Hund
Hört / was er lästern wird.
TIGILLINUS.
Es ist der Klugheit kund
Daß ärgste Drachen sich mit schönsten Farben zieren.
Ermangelnder Beweiß läßt vielmal den verlieren
Der Recht und Wahrheit doch zum Schirm- und Redner hat.
NERO.
Eröffne deine Schuld / es sol die Mißethat
Dir unverfänglich seyn. Ja / wirstu die entdecken /
Die im Verbündnüße so grausen Meineyds stecken /
Die Lorbern solln dein Krantz / der Adel dein Gewien
Und Reichthum seyn dein Lohn.
EPICHARIS.
Mir könte Wolfarth blühn
Aus Lastern; Unschuld ist itzt mein gröst Ungelücke.
Jedoch ich schätze dis für güldne Diebes-Stricke /
[195] Was Ubelthat erwirbt. Die Tugend fühlt mehr Lust
In Fäßeln / wenn sie ihr ist keiner Schuld bewust.
TIGILLINUS.
Der hat auch Schuld / der nicht sagt ander Missethaten.
EPICHARIS.
Ich weiß Niemanden nicht des Meyneyds zu verrathen.
NERO.
Daß frembde Boßheit nur geh ungenoßen aus
Stößstu dein Heil von dir.
EPICHARIS.
Wer auf der Unschuld Graus
Sein Wachsthum anckern wil / der wird auf Trübsand bauen.
TIGILLINUS.
Sie wil die Boßheit frey eh als sich seelig schauen.
NERO.
Sie leide! Weil sie ja der Laster Schild wil seyn.
Laß sie / Sulpiz / alsbald in Fäßel schlüßen ein /
Bis man / wie weit der Krebs gefreßen / mag ergründen.
EPICHARIS.
Man wird die Unschuld rein auch in den Ketten finden.

Sulpitius Asper. Epicharis.
SULPITIUS ASPER.
Wird künfftig uns die Welt wol Glauben meßen bey?
Daß sie Epicharis ein Weib gewesen sey;
Die klüger als ein Mann / behertzter ist als Helden!
Rom und die Nachwelt wird / Epicharis / dich melden;
Daß deiner Tugend Muth der Blutt-Tyrannen Macht /
Daß deine Klugheit hat Verläumbder außgelacht /
Verräther überstimmt / wo der gleich recht geseßen /
Dem Bluttdurst / Rach und Mord doch stets das Hertze freßen /
Der wider Unschuld eh als Boßheit Urthel fällt /
Ja Schatten des Verdachts für große Riefen hält /
Die sich sein Haus und Reich verschworen zu bestürmen.
EPICHARIS.
Die Ohnmacht fleht / wenn sie der Himmel wil beschirmen /
Und Einfalt führt den Witz in einen Labyrinth /
Wenn das Verhängnüs selbst der Boßheit Netze spinnt.
Daß Proculus sich hat selbst in sein Garn verstricket /
Daß diesem Sturme nicht der Schiffbruch hat gelücket /
Schreib meinen Kräften nicht / nicht meiner Vorsicht zu.
Es ist der Götter Werck. Sie sorgen für die Ruh
Und Wolfahrt der Stadt Rom / die günstgen Sternen kämpffen
Für unsern heilgen Bund / der den Tyrannen dämpften /
[196] Den Blutthund stürtzen sol. Sulpitz / itzt itzt ists Zeit!
Daß weil der Himmel uns selbst sichtbar Waffen leiht /
Ja daß der Wütterich die Nähe seiner Baare /
Den Fall der Tyranney nicht unsern Schluß erfahre /
Des Löwen Blutt-Begierd in große Sanftmuth kehrt
Indem mich Eisen nur für Brand und Pfal beschwert
Itzt / sag ich / itzt ists Zeit das Unthier aufzureiben.
SULPITIUS ASPER.
Die hochverschworne Schaar wird treu und hertzhaft bleiben /
Und Augenblicklich sich bemühen umb dein Heil.
EPICHARIS.
Sorgt / Freunde / nicht für mich / mir ist mein Leben feil
Für euch / Rom / und die Welt. Ich wil höchst freudig sterben /
Kan ich die Leiche nur in Nerons Blutte färben.
Der Hencker wird mich eh entseelt sehn / eh er mich
Euch sol verrathen hörn.
SULPITIUS ASPER.
Die Tugend freuet sich / |
Wenn sie sol wider Neid und Blutt-Tyrannen kämpffen;
Auch läßt ihr Feuer sich in keinem Kercker dämpfen /
Nicht ihre Thätligkeit verhindern durch Gewalt.
Der Kampff-Platz ist ihr Hauß / Gefahr ihr Auffenthalt /
Der Sarch ihr Ehren-Thron. Ja aus den Todten-Knochen /
Die ein Tyrann erschellt / ein Hencker hat zerbrochen /
Steigt ein beliebt Geruch des Nachruhms in die Welt /
Der den Entgeisterten beim Leben noch erhält. /
EPICHARIS.
Laß gegen unser Schaar / Sulpitz / den Eyfer mercken /
Durch dis entschleust die Furcht sich selbst zu tapfern Wercken /
Hierdurch wird Ohnmacht starck. Geräthet unser Rath
So wißt ihr: Daß euch Rom sein Heil zu dancken hat;
Schlägts auch gleich übel aus / wird doch die Nach-Welt loben:
Daß ihr ein ruhmbar Werck großmüttig angehoben.
Doch glaubt: Daß Glück und Sieg der Kühnheit Schwester sey.
Die Unglücks-Welle bricht am Tugend-Fels entzwey.
SULPITIUS ASPER.
Eh sol der Sonn ihr Licht und uns der Geist verschwinden /
Als sie den Blutthund frisch / dich sol im Kercker finden.

[197] Reyen.

Der Klugheit; Des Gelückes / Der Zeit / Des Verhängnüßes.
DIE KLUGHEIT.
DIE ZEIT.
Sagt / Schwestern / ob man dulden kan?
Daß sich der Sterblichen Beginnen
Maßt unser Macht und Zepter an?
Die Thorheit wil uns abgewinnen /
Indem die Einfalt treffen wil
Das uns noch selbst entfernte Ziel;
Jedoch der Außgang sol sie Schwachen
Bald lehren: Daß wir ihrer lachen.
DAS GELÜCKE.
Ist euch / ihr Blinden / unbekand?
Wenn euer Hofnungs-Schiff schon in den Hafen fährt /
Und ich verkehre Wind und Hand /
Das Ufer sich in Grund / der West in Sturm-wind kehrt.
Hingegen habt ihr nie erlebt?
Daß / wo der Himmel selbst mit Donner-Keilen spielt /
Der / den mein Rad an Gipfel hebt /
Ja auch die Blindheit selbst den Ehren-Zweck erzielt.
DIE KLUGHEIT.
Der Klugheit große Gottheit 100 lacht /
Daß tummer Zufall wil der Menschen Abgott seyn.
Des Glückes Well hat keine Macht
Wenn Vorsicht sich durch mich beim Sturm-Wind anckert ein.
Der Witz steht hertzhaft und vergnügt /
Wenn Ungelück und Neid der Tugend Netze stellt.
Wol wissend: Daß Ulyßes siegt
Wenn gleich Alcyone ihm nicht den Daumen hält.
[198]
DIE ZEIT.
Die Zeit bewegt des Glückes Fahn und Rad /
Der Klugheit Schiff irrt / scheint mein Gunst-Stern nicht /
Wenn Typhis selbst gleich's Steuer-Ruder hat.
Daß Nerons Thron nicht heut in Stücken bricht /
Ist gar kein Werck des Witzes und Gelücks.
Der Himmel muß wahrsagend es gestehn:
Selbst Nestors Rath geht krumm und hinterrücks /
Wenn Stern' und Zeit den Krebsgang wollen gehn.
DAS VERHÄNGNÜS.
Greift nicht der Gottheit Augen-Apfel an /
Verblendet euch nicht meiner Sonne Licht?
Der Witz ist dem Verhängnüs unterthan /
Doch scheint das Glück auch ungefehr euch nicht.
Die Sternen selber sind nur Zeuger meiner Macht
Mein mehr als stählern Arm / die Richtschnur aller Zeit.
Kein Mast wird an den Port / kein Pfeil ans Ziel gebracht /
Dem das Verhängnüs nicht Wind / Flug / und Gunst verleiht.
DAS GELÜCKE.
Wenns Glücke dem Patroclus wil
Errettet Jupiter selbst den Sarpedon nicht. 101
Carthago ligt / und Troja fiel
Wenn jenes Juno schon / dis Zyprie verficht. 102
Ein Augenblick gebiert oft Zwey /
Der trägt ein Purper-Kleid / und jener schneidet Stein'.
Was maßt ihr denn der Klugheit bey /
Wenn Palinur ersäufft / und Hannibal büsst ein.
DIE KLUGHEIT.
Ob schon auf Troja Glück und Zeit
Ja das Verhängnüs selbst jedwedes Wetter treibt /
So stehts doch / weil nur unentweiht
Der Klugheit Pallas-Bild in ihren Mauren bleibt. 103
Sie ist die Nadel von Magnet
[199] Die sichre Fahrten weißt durch Scyllens offen Grab /
Sie segelt / wenn kein Wind schon geht
Und Socrates gewinnt selbst dem Geburths-Stern ab.
DIE ZEIT.
Die Zeit gibt ja Gold / Seide / Silber / Bley /
Wo Clotho sol das Lebens-Garn außzihn.
In Sternen stand schon Nerons Tyranney /
Eh als die Sonn auf seine Wiege schien. 104
Mein Unglücks-Stern wieß den Chaldeern schon /
Daß Nero muß ein Mutter-Mörder seyn /
Itzt aber schützt mein Einfluß seinen Thron
Daß ihn halb Rom noch nicht kan reißen ein.
DAS VERHÄNGNÜS.
Wenn das Verhängnüs seine Hand anlegt
Bringt Castor Sturm / Eudora Sonnenschein.
Des Glückes Rad steht fest und unbewegt /
Scharf-Sinnigkeit lägt stumpffe Fehler ein / 105
Alcides bleibt nicht starck / nicht Seneca verschmitzt.
Der Klugheit Spigel weißt: Daß er von Glase sey
Wenn ihn mein Zepter trifft. Und wenn mein Auge blitzt
Springts Glückes gläsern Ball / der Zeit Chrystall entzwey.
DAS GLÜCKE.
DIE KLUGHEIT. DIE ZEIT.
Es sey: Daß unser Schutz-Hand nicht
Zeither sey Nerons Schirm gewesen;
Denn / was nicht unser Grimm ansicht
Kan durchs Verhängnüs leicht genesen;
Es sey / daß wie die gantze Welt /
Auch unsers Werckzeugs Glaß zerfällt;
Sol Nero doch in Grund gelangen
Durch unsre Sichel / Pfeil / und Schlangen.
DAS GELÜCKE.
Mein Rad verwechselt schon den Lauf /
Das Schooß-Kind des Gelücks verfällt in Staub und Sand /
[200] Den es zum Gipfel hob hinauf.
Dem Piso blüht der Thron / ich bitt ihm selbst die Hand.
Des Nero schneller Fall sol lehrn:
Daß vielmal sich ein Stern bis in den Abgrund sänckt;
Das Glücks-Pfeil könn auch dis versehrn /
Was an dem Himmel gleich mit göldnen Ketten henckt.
DIE KLUGHEIT.
Der Klugheit Ancker / der bis itzt /
Wo Trübsand gleich gewest / wenn sich die Flutt geschwellt /
Des Nero Reichs-Schiff hat gestützt /
Wird nunmehr selbst zum Felß / an dem es sich erschellt.
Doch setzt nicht Seneca nur ab.
Ein Weib Epicharis greift seinen Zepter an /
Nachdem mein Witz ihr Waffen gab
Zu lehrn: Daß meine Schlang auch Riefen tödten kan.
DIE ZEIT.
Ein Merckmal sey durch Nerons Fall gemahlt:
Daß ich die Erd und Luft verfinstern kan /
Wenn Glück und Mond in vollem Lichte prahlt.
Die Sense greift schon seine Lorbern an.
Kein schwartzer Stern / kein scheles Auge blickt
Auf Zeres Fest / das morgen früh anbricht /
Doch hab ich ihm das Fall-brett schon gerückt /
Ja sein Geburths-Stern wird sein Sterbelicht.
DAS VERHÄNGNÜS.
Eh als Rom war / eh als die Tiber floß /
Eh Glück und Zeit und Klugheit trieb ihr Spiel /
Schrieb ich der Welt schon Satzung / und beschloß:
So weit sol sich erstrecken Nerons Ziel.
So lernet doch nunmehr / ihr Mägde meiner Hand /
Was das Verhängnüs schleust kan Niemand tilgen aus.
Die Taffeln sind aus Stahl / die Schrifft aus Diamant.
Wer Gott und Himmel stürmt / wie ihr / wird Asch und Graus.

3. Akt

[201] Die Dritte Abhandlung.

Der Schauplatz bildet für einen Lust-Garten.
Nero. Milichus. Corinna. Tigillinus. Epaphroditus.

NERO.
Was für erschrecklich Ding ists: das du uns bringst zu /
Das Aufschub nicht erträgt / und unsre fuße Ruh
Mit banger Furcht verstört?
MILICHUS.
Des Käysers Schiff sol stranden
Es ist Verrätherey auf Nerons Halß verbanden.
NERO.
Hilf Himmel! ist in Rom ein Bößewicht so kühn /
Der wider uns empört?
MILICHUS.
Großmächtger Fürst / Scevin.
NERO.
Scevin wil uns vom Thron?
MILICHUS.
Auch umb das Leben bringen.
NERO.
Ihr Götter!
MILICHUS.
Diser Dolch solt ihm durchs Hertze dringen.
EPAPHRODITUS.
Wer hat dir dis entdeckt? Wie kommt der Dolch zu dir?
MILICHUS.
Scevin verrieth sich selbst; er selbst Scevin gab mir
Dis giftige Gewehr 106 noch schärffer außzuschleiffen.
NERO.
Wie war der Hund die That gesonnen anzugreiffen?
CORINNA.
Der Käyser sey zuvor auf die Gefahr bedacht
Und schaffe: Daß Scevin werd in Verhaft gebracht /
Eh / von der grimmen Schaar / die sich nebst ihm verbunden
Ein Weg zur Mordthat werd in höchster Eil gefunden.
EPAPHRODITUS.
Ja! Flamm und Meyneyd darf nicht Nachsicht vieler Zeit.
NERO.
Stracks rufft den Tigillin. Ist Fenius auch weit?
Wer ist / der den Scevin stracks ins Gefängnüs reißet?
EPAPHRODITUS.
Ich schätz es für ein Glück / wo michs der Käyser heißet.
NERO.
Wol! nim / so viel du wilst / vom Läger mit dir hin /
Und schaff ihn stracks hieher. Kommstu / mein Tigillin?
Man steht nach unserm Kopf. Ist auch das Läger wache?
TIGILLINUS.
Sie sorgen für ihr Haupt / und fordern strenge Rache /
Wo an der Majestät ein Unmensch sich vergreifft.
NERO.
Scevin ists / der den Stahl auf unsern Nacken schleifft.
TIGILLINUS.
Eilt noch kein Hencker nicht des Hundes Kopf zu holen?
NERO.
Wir haben ihn hieher zu bringen anbefohlen /
[202] Zu hören / wer nebst ihm die grause That hat für.
Wir wolln ins Zimmer gehn. Nim zuvoran mit dir
Die uns getreuen Zwey / die schon zu zeugen wißen /
Was sich der Hund Scevin erkühnte zu entschlüßen.

Der Schauplatz stellet für das Gemach des Scevinus.
Sulpitius Asper. Piso. Lateranus. Quinctianus. Scevinus. Lucanus. Natalis. Ein Knecht des Scevin.
SULPITIUS ASPER.
So gehts! Ein Augenblick verkehret Glück und Spiel /
Wenn man mit Feind und Glutt so langsam künsteln wil.
Die Zagheit / nicht der Witz legt alles auf die Wage.
PISO.
Was mangelt dem Sulpitz
SULPITIUS ASPER.
Der Anschlag ist am Tage.
Wir in Gefahr und Noth.
LATERANUS.
Welch Meyneyd hat entdeckt /
Was uns der Himmel rieth / was Eyd und Freind verdeckt?
SULPITIUS ASPER.
Epicharis ligt schon umbschrenckt mit Band und Eisen.
QUINCTIANUS.
Wie wird die Heldin uns die Langsamkeit verweisen!
LUCANUS.
Sulpitz erzehl uns doch / woher dis Unglück rührt.
SULPITIUS ASPER.
Volusius hat sie in dieses Garn geführt.
NATALIS.
Ich habe sie gewarnt sich seiner zu entbrechen /
Sie solle dem nichts traun / der nur weiß groß zu sprechen.
Itzt leider! leiden wir ohn unsre Schuld mit ihr.
SULPITIUS ASPER.
Gemach! Freund / rücke nicht der Heldin Fehler für.
Der Klügsten in gantz Rom. Weil sein unkeusches Bitten
An ihrer Keuschheit Schimpf und Schiffbruch hatt erlitten /
Ward seine blinde Brunft durch Rach und Grimm verzehrt.
LUCANUS.
Die Gunst wird Gall und Gifft / ja Venus wird verkehrt
In eine Furie / wenn sie verschmeht sich schauet.
Die Wolcke des Gemüths / die erstlich Hold gethauet /
Und Anmuth abgeflößt / speit Blitz und Donnerkeil
Erboßter Unhold aus. Ja des Cupido Pfeil
Wird ein Geschoos des Zorns.
SULPITIUS ASPER.
Der Ertzverräther richtet:
Sie hett aufs Käysers Kopf ein Bündnüs aufgerichtet /
Beweglich ihn ermahnt / als er noch zu Misen
Schiff-Hauptmann sey gewest / den Meyneyd einzugehn /
[203] Der Ertzt-Verräther Schaar so Nahm als Eid zu geben /
Und den so frommen Printz aus Rom und Thron zu heben.
SCEVINUS.
Hoffheuchler! Fluchtestu nicht selbst vorhin auf ihn /
Und gabst ihr an die Hand darumb nach Rom zu zihn?
Den Tiger abzuthun / den Löwen aufzureiben?
Er wäre selbst behertzt den kalten Stahl zu treiben
Durch des Tyrannen Bruft.
SULPITIUS ASPER.
Die Spinne schmiert das Gifft.
Gesunden Kräutern an / das von ihr selber trifft.
PISO.
Hat denn Epicharis dem Kläger was enthangen?
SULPITIUS ASPER.
Die Klugheit ist mit ihr selbst in den Kampf gegangen.
Schöpft nur / ihr Helden / Muth / Epicharis wird lehrn:
Wie noch zu rathen sey. Es war mit Lust zu hörn /
Mit was für Vorsicht sie des Haupt-Verläumbders Klage
Großmüttig hintertrieb: Daß Nerons Richter-Wage /
Wie unrecht sie gleich sonst urtheilt / doch wider ihn /
Indem die Unschuld selbst für sie zu reden schien /
Den Außschlag für sie gab.
LATERANUS.
Wo Witz und Muth beysammen
Da kan auch Phalaris die Unschuld nicht verdammen.
SULPITIUS ASPER.
Doch schleust der Blutthund sie in schwere Feßel ein.
PISO.
Die er nicht schuldig heist? Was mag sein Absehn seyn?
SULPITIUS ASPER.
Tyrannen fürchten auch aus heiterm Himmel Blitzen.
Es sol Epicharis so lang im Kercker sitzen /
Bis Zeit und Außgang weiß': Ob etwas sey daran /
Was der Verräther klagt. Nun rathschlagt / wie man kan
Die Taube machen frey aus dieses Sperbers Klauen.
QUINCTIANUS.
Man wird in Rom zweymal nicht Memnons Mutter schauen
Sol dieses Irrlicht Asch und Nero kraftloß seyn /
Die / die itzt Fäßel trägt / sein Purper hüllen ein.
SULPITIUS ASPER.
Ihr spart für rasend Gift die Artzney allzu lange.
Ihr Kercker lehrt euch schon: Daß man mit diser Schlange
Zu furchtsam hat gespielt. Euch ist des Bluttdursts Brand /
Was er der Knechte Knecht oft thun muß / wol bekand.
Wie bald / wenn Wein und Grimm Vernunft und Geist verbannen
Kan Nero / wie er dreut / sie nicht auf Foltern spannen?
Durch Schwefel / Zang und Rad die Wahrheit preßen aus?
Denn ob ihr Himmlisch Geist zwar Asche / Staub und Graus
[204] Zu werden sich erklärt / eh als sie woll entdecken
Ob ich und du und er mit ihr in Bündnüs stecken /
So schaut doch mit Bedacht nur den Philotas an: 107
Daß / was der Geist gleich schleust / der Leib nicht dulden kan.
LATERANUS.
Wer wird im Augenblick den Kercker öffnen können?
Der Blutthund wird ihr ja bis morgen Rast vergönnen /
Da unser heilger Schluß ins Werck gesätzt sol seyn.
QUINCTIANUS.
Wo Schlang und Argwohn schon ins Hertze nistet ein /
Empfindt es keine Lufft von beyder Würmer Wütten /
Bis Rach und Bluttbegierd itzt Gall itzt Grimm außschütten /
Bis sich des Henckers Faust in warmem Blutte wäscht /
Und die verspritzte Milch des Lebens kühlt und läscht
Der Aegeln heißen Dürft.
SULPITIUS ASPER.
Ist euch und ihr zu rathen
So setzt itzt bald.
SCEVINUS.
Wer klopfft?
KNECHT.
Herr eine Schaar Soldaten
Besetzt rings umb das Hauß / Theils dringen sich bereit
Durch Pfort und Vorhoff ein.
SCEVINUS.
Hilf Himmel!
SULPITIUS ASPER.
Was ich dreut
Ereignet sich schon itzt. Wir sind verrathen!
SCEVINUS.
Saget:
Was ist zu thun?
QUINCTIANUS.
Es muß nunmehr schon sein gewaget
Daß wir / eh als wir uns als Schaffe laßen fälln /
Als Helden uns in Kampf zur Gegenwehre stelln.
SCEVINUS.
Dafern es mir nur gilt / so halt ichs nicht für nütze:
Daß ihr nebst mir euch stürtzt / das Werck fetzt auf die Spitze /
Schlüßt euch auf allen Fall ins Neben-Zimmer ein.
Ich wil der Mörder-Schaar allhier gewärtig seyn.
Sind ich selbst keinen Weg den Feßeln zu entrinnen;
So kan doch euer Muth auf meine Freyheit sinnen.

Epaphroditus. Scevinus. Etliche Kriegsknechte.
EPAPHRODITUS.
Gib dich / Scevin.
SCEVINUS.
Was ists?
EPAPHRODITUS.
gefangen.
SCEVINUS.
Ich mich dir?
EPAPHRODITUS.
Dem Käyser.
SCEVINUS.
Wer befihlts.
EPAPHRODITUS.
Er selber schafft' es mir.
SCEVINUS.
Was hat Scevin verkerbt?
EPAPHRODITUS.
Befrage dein Gewißen.
SCEVINUS.
Der Zeuge wird mich stets unschuldig urtheiln müßen.
EPAPHRODITUS.
Der Außgang wird es lehrn. Itzt gib den Degen her.
[205]
SCEVINUS.
Den Degen?
EPAPHRODITUS.
Mache dir dis nicht so frembd und schwer.
SCEVINUS.
Ein Rathsherr der Stadt Rom sol sich so schimpffen laßen?
EPAPHRODITUS.
Wer Schimpffes wil entgehn / muß Sund und Meyneyd haßen.
SCEVINUS.
Was? Welch Verläumbder mißt mir solche Laster bey?
EPAPHRODITUS.
Hier ists nicht Fragens Zeit / was dein Verbrechen sey.
Nur fort / wo nicht / so ist hier Schärf und Zwang verhanden.
SCEVINUS.
Wer keinen Richter scheut / folgt ohne Zwang und Banden.
Der Außgang sol die lehrn: daß Lästern und die Nacht
Die Sternen und den Glantz der Unschuld heller macht.
Gesätzt auch daß ihr Schirm nicht für Verleumbdern schützet /
Das Blutt frist durch den Rost den Stahl / der es verspritzet. 108

Sulpitius Asper. Piso. Lateranus. Quinctianus. Lucanus. Natalis.
LUCANUS.
Scevin laufft nun an Strand / mit uns spielt Meer und Wind.
NATALIS.
Sein Fall lehrt: Daß wir schon auf gleichen Strudeln sind.
SULPITIUS ASPER.
Wo uns nicht Witz und Muth von diesen Scyllen führen.
NATALIS.
Ich sehe Witz und Muth Compaß und Mast verlieren.
SULPITIUS ASPER.
Ein Schiff das stranden sol / genest auf hoher See.
PISO.
Was heißt dis?
SULPITIUS ASPER.
Daß man der Gefahr entgegen geh.
LATERANUS.
Und was verspielt doch ist / noch zum Gewien aufsetze.
PISO.
Ja dieses Tigers Zahn noch mehr durch Eyfer wetze?
SULPITIUS ASPER.
Der Vorsatz und die That verdient schon gleichen Lohn.
PISO.
Ihr sehts / der Himmel stützt selbst des Tyrannen Thron.
LATERANUS.
Ja / nun ein Weiber-Hertz uns in dem Busem stecket.
PISO.
Die Tapferkeit hat aus / nachdem das Werck entdecket.
LUCANUS.
Die siegt' oft / wo kein Heil nicht mehr zu hoffen war.
QUINCTIANUS.
Und durch Gefahr schwingt sich die Kühnheit aus Gefahr. 109
NATALIS.
Sie stürtzt / wenn sie beim Sturm nicht wil die Segel streichen.
SULPITIUS ASPER.
Man siht durch Kleinmuth mehr / als Tapferkeit erbleichen.
PISO.
Was meinstu wo dein Muth was fruchtbars stiften kan?
SULPITIUS ASPER.
Dringt mit mir in die Burg / und greifft den Blutthund an.
NATALIS.
Wo Argwohn ihn verschleust / das Heer ihn rings umbgiebet?
LUCANUS.
Glaubt: Daß der Hunderste nicht den Tyrannen liebet.
[206]
SULPITIUS ASPER.
Sie werden bey uns stehn / so bald ein Haupt sich zeigt.
PISO.
Wo ist ein Haupt / dem Volck und Läger ist geneigt?
LATERANUS.
Du selbst bist Haupts genung den Schluß ins Werck zu setzen.
PISO.
Der warnt nur / der greift an / nicht aber kan verletzen.
QUINCTIANUS.
Versuch obs Heer durch Geld wol zu gewinnen sey?
PISO.
Scevin und wir sind hin / eh als mans schafft herbey.
SULPITIUS ASPER.
Nimms Rathhaus ein / 110 und laß dich als ein Haupt dar schauen.
PISO.
Sol ich mein schimpflich Grab für aller Augen bauen?
LUCANUS.
Oft / was unmöglich scheint wird leichte / wenn mans wagt. 111
Die Edlen sind zu klug / der Pöfel zu verzagt.
LATERANUS.
Der Pöfel rast wie Flamm und Glutt bey neuen Sachen.
NATALIS.
Wer wird der Neuerung hoch nöthgen Anfang machen.
QUINCTIANUS.
Wir und die sich mit uns ins Bindnüs ließen ein.
PISO.
Schloß / Rathhaus / Burg und Platz wird itzt besetzt schon seyn.
LATERANUS.
Schlag solche Zagheit aus / gib denen doch Gehöre /
Die für der Römer Heil / für deines Nahmens Ehre
Nebst dir Gutt / Hertz und Blutt zu wagen schlüßig sind.
Wer ist der / der dich schreckt? ein Gauckler und ein Kind.
Perdiccas Kühnheit sigt auch in des Löwen Hole / 112
Des Brutus Dolch durchdrang des großen Cæsars Seele /
Verwegenheit rieb auf den Cajus durch den Stahl /
Den Claudius durch Gifft. Und unser Donner-Stral
Sol den Salmoneus nicht seyn mächtig zu erdrücken?
Der für der Mutter Grimm und den erzürnten Blicken
Verzweifelnd schier vergieng / als seine rechte Hand /
Der Seneca / gleich noch und Burrhus bey ihm stand.
Der Ancker ist versänckt / und jener reißt den Nachen
Des Blutthunds selbst in Grund. Was wird für große Sachen
Der Sänger nun führn aus / nachdem nur Tigillin
Der Boßheit ärgster Schaum und Huren sind umb ihn?
Entsetzt sich doch ein Held bey unversehnen Fällen.
Wie ängstig wird sich nicht der feige Reiger stellen /
Wenn er wird über ihm so frische Falcken sehn?
PISO.
Dis möchte thulich seyn / war es zur Zeit geschehn /
Eh als der Käyser noch den Anschlag hat erfahren.
[207]
NATALIS.
Für Pfeilen / die er siht / kan er sich leicht verwahren.
QUINCTIANUS.
Gesätzt / er wiße schon: Daß die verschworne Schaar
Entschloßen sey gewest ihn auf dem Rach-Altar
Zum Opfer abzuthun / auf ihn den Stahl zu schärffen
So hat: Daß Piso sich zum Käyser aufzuwerffen
Behertzt sey / Nero doch sich nimmermehr befahrt /
Noch wider diesen Schlag vorsichtig sich verwahrt.
Du wirst / wenn sieben nur Pisonisch sich erklären /
Wenn drey des grossen Raths aufs Piso Nahmen schweren
Und der vergällten Stadt ein Leitstern werden seyn /
Erfahren: Daß halb Rom den Stahl zu tauchen ein
In des Ertz-Mörders Blutt / sein Bild in Koth zu treten /
Den Piso für ihr Haupt und Käyser anzubethen
Mehr als begirig sey.
PISO.
Ich suche nicht durch Blutt
Und Auffruhr Thron und Reich. Nicht einer hat noch gutt
Und ohne Schimpf geherscht / 113 der sich durch böse Thaten
Hat in den Thron gespielt.
LUCANUS.
Wilstu der Welt nicht rathen
So hilf doch dir / und gib der Freinde Warnung Raum
Und deiner Tugend Platz. Es ist ein süßer Traum
Und deine Hofnung wird sich mit sambt dir verspielen
Wo du Verschwiegenheit und Treue bey so vielen /
Die dir gleich hold sind / suchst. Man schleust durch Gab und Pein 114
Jedwede Schlößer auf. Auch bilde dir nicht ein:
Daß du durch Zagheit wirst des Nero Sinn entsteinern.
Furcht kan den großen Ruhm der Tugend zwar verkleinern /
Doch windet sie das Schwerd der Grausamkeit nicht aus /
Ja Kefer kehret sie in einen kühnen Straus /
Die Schlang in Basilisk. Und Nero / der erzittern
Für unserm Dreuen muß / wird hertzhaft sich erbittern
Aufs Piso Kopf / und uns außschütten Tod und Schmach /
Wo sein verzagter Geist uns ihm siht geben nach.
PISO.
Gelück und Zeit macht oft ein Schiffbruchs-Brett zum Nachen.
Wer aber / wenn es stürmt / die Segel auf wil machen /
Begegnen der Gefahr / den fällt nicht Glück und Wind /
Er stürtzt sich selbst in Grund.
SULPITIUS ASPER.
Ist Piso so sehr blind /
[208] Daß er beym Nero Gnad / Erbarmung in der Hellen /
Beym Pantherthiere Gunst / ihm in Charybdis Wellen
Einbildet einen Port? Es ist ein thörchter Wahn /
Alsbald ertrincken wolln / weil man noch schwimmen kan.
Ja / wenn gleich Nero dich zu tödten nicht begehrte /
Den Wolstand und den Ruhm schätz ich von gleichem Werthe. 115
Auch geht ein rühmlich Tod beschimpftem Leben für.
Was Ehre nicht erwirbt / das bilde / Piso / dir
Auch nicht als sicher ein. 116 Muß endlich sein gestorben /
So werd auch durch den Tod zum minsten Ehr erworben.
Der Tugend Asch ist ja der Nachwelt Heyligthum /
Und Tapferkeit verdient auch bey dem Feinde Ruhm.
Kein großer Baum / den gleich der Blitz rührt / fällt zur Erden /
Daß tausend Aeste nicht von ihm zerschmettert werden;
Die Glutt / wenn sie verlescht / verdoppelt Strahl und Licht /
Und Piso fällt / und läßt kein Lob / kein Merckmal nicht
Der Tugend hinter sich / der Nachwelt zu durchlesen.
Umbarme Volck / und Reich / und das gemeine Wesen /
Spring der ohnmächtgen Stadt / die für der Tiranney
Nunmehr den Geist ausbläßt / der schwachen Freyheit bey!
So wird / wenn Heer und Volck gleich nicht die Hand dir bitten /
Und dir dein Lebens-Drat vom Nero wird zerschnitten /
Die güldne Freyheit selbst dein holder Priester sein /
Und dein Gedächtnüs-Bild der Ewigkeit weihn ein.
Geräth der Anschlag denn: daß Nero muß erkalten /
Daß durch den Piso wird die Bürgerschafft erhalten / 117
Wird Rom dich und dein Haupt mit Bürger-Kräntzen ziern.
Ja iedes Marmel wird des Piso Nahmen führn.
Kurtz! Der verstöst gar sehr in zweifelhafften Dingen 118
Wer Anfangs etwas wagt / hernach nichts wil vollbringen
Und in dem Mittel irrt. Es ist nicht Säumens Zeit /
Wo Ruhe mehr verspielt 119 als die Verwegenheit.
PISO.
Der Unverstand wagts so. Ich kenne Meer und Glücke.
Die Klugheit aber hält hier ihren Mast zurücke.
QUINCTIANUS.
So grabe dir denn Rom in Stahl und Diamant:
Des Piso Furcht verzehrt mehr Blutt / als Syllens Brand.

[209] Der Schauplatz verwandelt sich in des Käysers Gemach.
Nero. Scevinus. Tigillinus. Fenius Rufus. Milichus. Corinna. Natalis. Statius Proximus. Epaphroditus. Granius Sylvanus. Etliche Soldaten.
NERO.
Hat Nero diesen Wurm in seiner Schoos erzogen?
Hat diese Natter Milch von seiner Gunst gesogen /
Die sie in Gift itzt kehrt? Ertz-Mörder gib an Tag /
Was zur Verrätherey dir Uhrfach geben mag!
SCEVINUS.
Großmächtger Herr und Fürst / mein redliches Gewißen
Weiß: Daß Verläumbdung mich ließ in die Feßel schlüßen /
Den Käyser in Verdacht. Die Unschuld aber liegt /
Wenn der verdammte Leib gleich auf der Folter ligt.
Sie ist das Kraut / das Pein und Wermuth süße machet /
Die Schwermuth kehrt in Schertz. Ein gut Gemütte lachet /
Wenn Häuchler es vergälln / und ihnen Mißgunst-Jäscht
Auf reine Lilgen sprien. In reinen Seelen läscht
Ein falsches Laster aus / wie Flammen in dem naßen.
TIGILLINUS.
Mordstifter! Darfstu dir noch wol das Hertze faßen
Durch umbstehn deiner Schuld zu schärffen Straff und Pein?
SCEVINUS.
Fährt man so Rathsherrn an? So rede Sclaven ein!
Steht gleich dem Fürsten frey sich Dreuens zu bedienen /
So darf kein Knecht sich doch auf Rathsherrn nicht erkühnen
Zu schütten Schmach und Fluch.
TIGILLINUS.
Schaut mir den Rathsherrn an!
SCEVINUS.
Ja / deßen Tugend nicht der Knechte Knecht seyn kan.
NERO.
Schaut! Wie so giftig noch der Fürsten-Mörder schäumet!
SCEVINUS.
Mir hat bis auf den Tag nie Fürsten-Mord geträumet.
TIGILLINUS.
Verräther / wilstu seyn des Lasters überzeugt?
SCEVINUS.
Kein Mensch kan zeugen dis / der nicht den Göttern leugt.
NERO.
Stracks schafft den Milichus hervor mit samt Corinnan.
SCEVINUS.
Aus derer Boßheit läßt sich mir kein Netze spinnen.
TIGILLINUS.
Entdeckt / was hat Scevin aufs Käysers Wolfarth für?
SCEVINUS.
Meyneydige! seyd ihrs / die ihr so lästert mir?
[210]
MILICHUS.
Ich wil / so viel ich weiß / doch ohne Meyneyd sagen.
SCEVINUS.
Man kan aufs Herren Kopf nicht Freygelaßne fragen. 120
NERO.
Wol / wo man Laster klagt verletzter Majestät.
SCEVINUS.
Boßhafter / stocke nicht / sags / was dein Gift-Maul schmäht.
MILICHUS.
Bekenn es / Fürsten kehrn auch Laster zu Genaden.
SCEVINUS.
Hört! Der Ertz-Heuchler weiß mit nichts mich zu beladen.
MILICHUS.
Nicht leugne: Daß du hast des Käysers Tod begehrt.
SCEVINUS.
Ihr Götter! Ist kein Blitz der auf den Lügner fährt!
MILICHUS.
Solt ich nicht einen Stahl aufs Fürsten Nacken schärffen.
SCEVINUS.
Verläumbdung kan mehr zeihn / als Unschuld kan verwerffen.
TIGILLINUS.
Kein Witz den Schlangen-Gang des Meyneyds nehmen wahr
SCEVINUS.
Noch / was die Boßheit spinnt der Unschuld für Gefahr.
NERO.
Kennstu den Dolch? Weil dich die Boßheit so verblendet?
SCEVINUS.
Den hat der Bößewicht Verräthrisch mir entwendet. 121
MILICHUS.
Zu was für Heyligthumb hastu ihn denn verwahrt?
SCEVINUS.
Was für verdächtig Ding hab ich darmit gebahrt?
TIGILLINUS.
Er wird ihm den Verdacht nicht aus dem Finger saugen.
SCEVINUS.
Und gleichwol sagt der Hund mir wenig unter Augen.
Zu dem die Boßheit schänckt ihr selbst das Gift-glaß ein 122 /
Wenn sie die Unschuld wil verdammte Laster zeihn?
Die Spinne webt ein Garn aus eignen Eingeweiden /
Verläumbder Schmach und Fluch. Dis Eisen solte schneiden
Durchs Fürsten heilgen Hals? das selbst den Göttern ward
Als heylig eingeweyht. Meld auch / auf was für Arth
Mit wem / und wo / und wenn ich diesen Mord zu stiften
Entschloßen sey gewest?
TIGILLINUS.
So pflegt man zu vergiften
Was man den Göttern weiht?
SCEVINUS.
Verfluchte Missethat!
Verteufelt-böser Mensch! Glaubt: der Verläumbder hat
Den mir gestohlnen Dolch mit Gifte selbst beflecket.
TIGILLINUS.
Dis ist der Boßheit Arth. Des Kindes / das erstecket
In erster Blüthe wird / wil Niemand Mutter seyn.
SCEVINUS.
Sagt selbst: Ob / was er klagt hab einen Wahrheits-Schein?
MILICHUS.
Er leugne / wie er wil / er wird / woraus man schlüßen
Leicht seinen Vorsatz kan / doch noch gestehen müßen.
Hastu nicht Tag und Nacht schwermüttig zugebracht?
Zum Tode dich geschickt? Das Testament gemacht
[211] Bey noch gesundem Leib und blühend-frischen Jahren?
SCEVINUS.
Hat von Verläumbdern man was alberers erfahren?
Die Rose / die früh prangt / fällt Abends welck ins Graß;
Das Leben blüht und welckt und bricht oft eh als Glaß:
Welch Richter wird nun wol zum Laster machen können /
Was aller Völcker Recht' jedwedem stets vergönnen?
Zu sinnen auf den Tod? Es ist nicht's erstemal:
Daß ich mein Testament ohn einger Tage Wahl
Versiegelt.
MILICHUS.
Hat Scevin beim Testament abfaßen
Je aber so viel Knecht / als dißmal / freygelaßen?
Ja über dieses noch mit Gelde sie beschenckt?
SCEVINUS.
Ist mit dem Meinigen / Verruchter / mir verschrenckt
Willkührlich zu gebahrn? Ein Sclave sätzt mir Schrancken /
Der meiner Gutthat doch die Freyheit hat zu dancken?
Und für mich zeugen muß: Daß ich auch vormals Geld
Und Freyheit außgetheilt. Und der Verläumbder hält
Für Sünde: Daß ich die / von derer Treu ich habe
Mehr Nutz und Dienst erlangt / was reichlicher begabe?
Zumal ich nunmehr nicht aufs Testament viel trau /
Nun ich die Gläubiger mir auf dem Halse schau
Und mein Vermögen Fall und Schiffbruch hat gelitten.
MILICHUS.
Zu was denn hießestu dir so viel Gäste bitten?
Das Nachtmal richten an mit kostbar-reicher Tracht?
SCEVINUS.
Was schafft für Argwohn dis? Die Einfalt selber lacht
Des Bubens Wahn-witz aus. Ich hab ein süßes Leben /
Dem strenge Richter leicht ein böses Urtheil geben /
Von Jugend auf geliebt und meine Taffel steht
Stets jedem Freinde frey.
TIGILLINUS.
Verrätherey begeht
Ein Gastmahl ins gemein mit ihrem Mord-gesinde:
Daß sie durch Speiß und Wein den Bluttdurft mehr entzünde /
Der nach dem Purperschaum erblaßter Fürsten lächst.
SCEVINUS.
Sol dis die Wurtzel seyn aus dem solch Argwohn wächst /
Muß Nero neben mir noch tausend Römer fällen.
Der Meyneyd läßt sich nicht der Wollust zugesellen;
Und Schwermuth drückt den Geist / der ein groß Werck beginnt /
Für welche Stirn und Mund zu plumpe Larven sind.
[212]
TIGILLINUS.
Man siht die Dünste nicht / die aus der Schoos der Erden
Die Sonne zeucht empor / bis sie zu Wolcken werden /
Die Flamm und Blitz gebehrn; nicht anders kennt man nicht
Den Meyneyd / als bis er den Hals dem Fürsten bricht.
MILICHUS.
Was wird Scevin auf dis zu seinem Schirm anführen:
Daß er mir anbefahl Wund-Pflaster ihm zu schmieren /
Und Zeug zu schaffen her / dardurch man stillt das Blutt.
SCEVINUS.
Daß sich der Abgrund nicht für diser Lüg aufthut!
Daß sich die Sternen nicht für diesem Greuel schwärtzen!
Fühlstu nicht Rach und Pein und Hencker in dem Hertzen?
Die durch Gewißens-Angst erschrecklich mahlen für /
Was schon Tisiphone mit Schlangen-Peitschen dir
Für grause Marter dreut? Empfindstu's nicht Verräther?
Schaut wie das Hertze bebt dem schlimmsten Ubelthäter!
Er zittert / er verstummt! Sein Angst-schweiß gibt an Tag:
Daß kein Verläumbdungs-Pfeil der Unschuld schaden mag.
CORINNA.
Nicht laße den Scevin dich in Verwirrung bringen.
Der Crocodil / wenn er jemanden wil verschlingen /
Stellt sich barmhertzig an. Ich aber wil ans Licht
Mit höchstem Ruhme stelln: Daß falsche Wahre nicht
Geruch und Farben hält / ja wil der Fürst mich hören /
So wil ich / wenn Scevin abtreten müste / lehren:
Daß dieser und Natal den ärgsten Meyneyd spinnt.
NERO.
Schafft den Verräther weg.
CORINNA.
Mein Fürst / die beyde sind
Die / denen Piso pflegt sein gantzes Hertz zu trauen /
Und die / die auch auf ihn so große Schlößer bauen /
Auch ohne Zweifel ihn ihr Schoßkind / auf den Thron
Zu heben sich bemühn; Ja die für längsten schon
Aufs Käysers Untergang Bluttdürftig umbgegangen.
Wolln ihre Majestät nun beyde Füchße fangen /
Den Blutt-Rath forschen aus / so faßen sie den Schluß:
Daß / was ihr Reden sey gewesen / jeder muß
Gesondert offenbarn. Ihr Anschkg böser Thaten
Wird durch zwey-züngicht seyn unfehlbar sie verrathen.
NERO.
Wol! Fordert den Natal alsbald ins Vorgemach.
CORINNA.
Der Käyser forsche nur wol auf den Piso nach.
NERO.
Befehlet: Daß Scevin hier wieder sol erscheinen.
[213]
TIGILLINUS.
Das Blatt scheint ihm zu falln.
NERO.
Kanstu Scevin verneinen:
Daß gestern hat Natal mit dir bis in die Nacht
Den Tag mit viel Gespräch und Schwermuth zugebracht.
SCEVINUS.
Wie kommt Natal hieher?
NERO.
Antwort' / auf was ich frage.
SCEVINUS.
Besprech ich mich mit ihm doch meistens alle Tage?
NERO.
Von was besprachtet ihr euch Gestern so viel Zeit?
SCEVINUS.
Wer schreibt die Reden auf von keiner Wichtigkeit?
NERO.
Wir wolln durchaus von dir der Wortte Wechßel wißen!
SCEVINUS.
Ein Freund vertreibt die Zeit mit Schertz-Gespräch und Grüßen.
NERO.
Sags: ward nichts Ernstliches von euch gemischet ein.
SCEVINUS.
Nichts.
NERO.
Ward des Piso nicht gedacht?
SCEVINUS.
Es mag wol seyn:
Daß einer ungefähr den Nahmen hat genennet.
TIGILLINUS.
Schau: Daß die Neßel dich nicht in die Finger brennet.
SCEVINUS.
Gesätzt / wir hetten gleich des Piso viel gedacht /
Mag dis wol strafbar seyn?
NERO.
Nimm dich gar wol in Acht
Und leugne nicht: Daß ihr viel habt von ihm gesprochen.
TIGILLINUS.
Wer heimlich Feuer hält / scheint schädlich Gift zu kochen.
SCEVINUS.
Wenns ihre Majestät zu wißen denn begehrt;
Wir lobten seinen Stand: Daß ihn der Käyser werth /
Das Volck in Ehren hält / weil er durch holde Sitten
Durch seine milde Hand hat aller Hertz bestritten /
Durch sein Beredsam-seyn den Ruhm ihm beygelegt:
Daß ihn den Unschulds-schild gantz Rom zu nennen pflegt.
NERO.
Sehr wol! Fiel nicht der Schluß zum Käyser ihn zu machen?
SCEVINUS.
Weil noch die Sonne scheint / kan kein neu Stern erwachen.
TIGILLINUS.
Durch Neben-Sonnen stiehlt Verrätherey das Licht
Dem Auge dieser Welt. Der Fürst darf ferner nicht
Auf des Verräthers Kopf das strenge Rachschwerd sparen.
NERO.
Weg mit dem Hunde! Laßt ihn unweit wol verwahren.
MILICHUS.
Selbst das Verhängnüs wird mein Zeugnüs machen wahr.
CORINNA.
Der Himmel uns stehn bey.
EPAPHRODITUS.
Itzt ist Natal gleich dar.
NERO.
Laß ihn ein.
TIGILLINUS.
Meyneyd muß nicht stracks bestürmet werden.
Der Käyser brauche Ich erst glimpflicher Gebehrden.
[214]
NERO.
Natal / wenn hastu dich mit dem Scevin ersehn?
NATALIS.
Ich weiß nicht so genau wenn's letztemal geschehn.
NERO.
Nicht Gestern?
NATALIS.
Gestern? Ja. Halt ichs doch schier vergeßen.
NERO.
Ward nicht von euch gedacht des Piso / oder weßen?
NATALIS.
Des Piso gar gewiß mit keinem Wortte nicht.
TIGILLINUS.
Es ist nichts strafbares: Das man von Piso spricht.
NERO.
Habt ihr die Tugenden des Piso nicht gerühmet?
NATALIS.
Ich meine / Piso thu oft / was sich nicht gezühmet.
NERO.
Schau: Daß dein Leugnen dich nicht ins Verterben stürtzt.
NATALIS.
Ists anders / werde mir mein Lebens-Drat verkürtzt.
NERO.
Du fällst dir's Urthel selbst. Bringt den Scevin zur Stelle.
TIGILLINUS.
Mag nun was klärer seyn / daraus die Gigt erhelle
Der zweyen Mordgeselln? Die unsern Käyser hat
Zu Grunde richten solln.
NATALIS.
Ich weiß so schlimmer That
Mich reiner / als du dich.
TIGILLINUS.
Du solst bald linder pfeiffen.
NATALIS.
Wil auf unschuldig Blutt man Henckers-Klingen schleiffen?
NERO.
Scevin / hat gestern der vom Piso nichts mit dir
Geredet?
SCEVINUS.
Ja. Doch nichts verfänglichs ihm und mir.
NATALIS.
Träumt dir / Scevin? Ich kan aufs minste mich besinnen.
TIGILLINUS.
Aus solchen Netzen kan auch nicht ein Fuchs entrinnen.
SCEVINUS.
Was für ein Garn sols seyn / in das Natal verfiel?
TIGILLINUS.
Daß er vom Piso nichts geredet haben wil.
NATALIS.
Dis macht noch lange nicht die Unschuld zum Verräther.
NERO.
Hört den verdammten Hund! Den schlimsten Ubelthäter /
Den sein Verrennen schlägt / den so viel Zeugnüs fällt!
Der ist so frech und kühn: Daß er für Unschuld hält /
Was sichtbar Meyneyd ist. Braucht Schwefel / Folter / Zangen /
Ist ihr Bekäntnüs nicht in Gütten zu erlangen.
NATALIS.
Weistu? Daß man durch Pein auch was erpreßen kan /
Wo gleich kein Laster steckt.
NERO.
Greift die Verstockten an.
SCEVINUS.
Die Tugend wird den Geist auch in der Marter laben.
NATALIS.
Was wil der Käyser denn für ein Bekäntnüs haben?
TIGILLINUS.
Was du / und wer mit dir gehandelt wider ihn.
NERO.
Der erste / der bekennt / dem sey die Schuld verzihn. 123
NATALIS.
Genad! ich gebe mich / Großmächtger Fürst / Genade!
[215]
NERO.
Wol! so entdecke stracks / was dich für Schuld belade.
NATALIS.
Wahr ists: es hat mein Rath ins Käysers Fall gestimmt.
NERO.
Entdeck in weßen Brust mehr dieser Meyneyd glimmt.
NATALIS.
Scevin und Piso sind nebst mir auf dich verbunden.
SCEVINUS.
Wird kein verschloßen Mund bey Freinden mehr gefunden!
NERO.
Eröfne deine Schuld und wen sie mehr flicht ein.
SCEVINUS.
Sol ich Verräther denn vertrautster Freinde seyn!
NERO.
Wil dein hartneckicht Sinn die Straffund Marter schärffen.
NATALIS.
Am heften sich der Hand des Käysers unterwerffen.
TIGILLINUS.
Stracks melde / die du weist.
SCEVINUS.
Es ist der Lateran /
Lucan / Senecio / nebst diesen Quinctian.
NERO.
Vermaledeyte Schaar! Wem mag ein Fürst mehr trauen.
Daß wir des Piso Kopf stracks für den Füßen schauen!
Daß man den Lateran hinricht / Epaphrodith /
Eh als zu später Rath uns im Verterben siht!
EPAPHRODITUS.
Ich nebst dem Statius wil außführn was befohlen.
NERO.
Laß auch die ändern drey stracks für den Richtplatz holen.
Indeßen fällt mir ein: Daß auch Epicharis
In Band und Argwohn steckt. Was gilt? sie ist gewiß
Ein Mitglied dieses Schwarms / ein Kopf von diesem Drachen /
Holt sie. Könnt aber ihr sonst keinen nahmhaft machen /
Der unsre Baare sucht?
NATALIS.
Ich habe dis / was wir
Geschloßen / Senecen wol auch getragen für;
Ihm / daß er keinmahl nicht den Piso für sich ließe /
Der fürs gemeine Heil sich doch so sehr befließe /
Für Mängel außgestellt.
NERO.
Verteufelt falsche That.
Und Seneca 124 / der uns mehr als zum Vater hat /
Den wir aus Staub und Graus fast bis an Thron erhoben
Verschwieg 125 / verhieng / was auch mein Todsfeind nicht kan loben?
NATALIS.
Zwar pflichtet' er uns nicht so gar außdrücklich bey;
Doch lies er sich heraus: Des Piso Wolfarth sey
Der Pfeiler seines Heils / der Ancker seines Lebens.
Daß er so einsam sey / geschehe nicht vergebens;
Zu ofteres Gespräch erweckte nur Verdacht;
Der sey der Hurtigste / der wenig Wortte macht.
NERO.
Wer suchte Wolck und Blitz in solchen Sonnen-Strahlen?
[216] Der Laster stinckend Asch' in güldnen Tugends-Schalen?
Nennt diesen Heuchler mehr den Heyligsten der Welt /
Den Weisesten in Rom! Der dis für Klugheit hält /
Vermumter Laster Schaum für Tugend anzuwehren.
Wenn bloße Schwachheit pflegt Verbrechen zu gebehren
Und wo die offne Wund entdeckt der Schlange Stich
Hats nicht so viel Gefahr / als wo die Boßheit sich
Mit Tugend-Larven schmückt / 126 und unter Schein-Artzneyen
Uns tödtend Gift bringt bey. Laß uns den Hund außspeyen /
Der Meyneyd auf uns haucht / Verläumbdung auf uns schäumt;
Sylvan / daß Seneca stracks werde weggeräumt!
Jedoch verzih. Er mag noch disen Ruhm erwerben;
Daß eh er hat gedörft / hat von sich selbst wolln sterben.
Geh und befrag ihn nur: ob ihm noch wißend sey;
Was ihm Natal entdeckt / und was nechsthin sie zwey
Zusammen überlegt? Zu schaun: Ob sein Gewißen
Ihn eygenhändgen Tod wird zwingen zu entschlüßen.

Nero. Epicharis. Tigillinus. Fenius Rufus. Scevinus. Natalis. Milichus. Corinna. Etliche Soldaten und Hencker.
NERO.
Stellt sich das Ebenbild so reiner Unschuld ein?
EPICHARIS.
Der Himmel selber muß der Wahrheit Schutz-Bild seyn.
NERO.
Die überzeugte meint noch Unschuld vorzuschützen!
EPICHARIS.
Wen sein Gewißen schützt / höhnt der Verläumbder Blitzen.
NERO.
Zeucht die Verrätherin noch ihr Gewißen an?
EPICHARIS.
Weil Niemand beßer nicht der Unschuld zeugen kan.
NERO.
Umbstehstu / was Scevin / was schon Natal bekennet?
EPICHARIS.
Ich kenne beyde nicht die mir der Käyser nennet.
NERO.
Sag ob dich Piso nicht mit in sein Bindnüs nahm.
EPICHARIS.
Ich bin dem Piso mehr als Hund und Nattern gram.
NERO.
Wilstu von keinem nicht / die sich verschworen / wissen?
EPICHARIS.
Ich habe niemals nicht auf Kundschafft mich beflißen.
NERO.
Verstockte! Wir wolln bald des Pochens Ende schaun.
EPICHARIS.
Die sterben sol und wil / 127 läßt ihr für nichts nicht graun.
NERO.
Des Todes Näherung lehrt beßer Wortte geben.
EPICHARIS.
Du must / wo du wilst dreun / mir dreuen mit dem Leben.
[217]
NERO.
Auch bey dem Stummen würckt die Pein Beredsamkeit.
EPICHARIS.
Nicht / wenn Tyrannen man die Zung ins Antlitz speit. 128
NERO.
Stracks Hencker spannt den Wurm bis sie zerbirst / von sammen.
EPICHARIS.
Braucht siedend Oel und Hartzt / Strang / Schwefel / Pech und Flammen.
NATALIS.
Nicht stürtz / Epicharis / dich in so graule Pein.
EPICHARIS.
Die Marter sol mein Ruhm / der Tod mein Siegs-Krantz seyn.
NATALIS.
Der Anschlag unsers Wercks ist doch schon gantz verrathen.
EPICHARIS.
Was mischestu mich ein in deine Mißethaten?
TIGILLINUS.
Hörstu's was der bekennt? und du bleibst so verstockt.
EPICHARIS.
Glaubt: daß kein falscher Zeug aus mir nichts falsches lockt.
SCEVINUS.
Hab ich doch auch gemüßt mich zum Bekäntnüs finden.
EPICHARIS.
Die Furcht der Kwal bekennt oft nie begangne Sünden.
NATALIS.
Wie viel mehr wird die Kwal außpreßen deine Schuld.
EPICHARIS.
Behertzte Seelen fühln noch mehrers mit Geduld.
SCEVINUS.
Der Leib ist Fleisch / ist gleich das Hertz aus Diamanten.
EPICHARIS.
Des Zeno Hertze siegt / als Fleisch und Glider brandten. 129
NERO.
Ziht an / und tröpft ihr Pech und Schwefel auf die Brust.
EPICHARIS.
Den Blutthund martert Grim / mir ist die Folter Lust.
NERO.
Fahrt fort! Die Zauberin muß endlich doch was fühlen.
EPICHARIS.
Tyrannen suchen sich durch Blutt umbsonst zu kühlen.
TIGILLINUS.
Die Bösen schelten meist den der am besten herscht.
EPICHARIS.
Wünsch ich mir doch den Tod / sucht nicht Verbrechen erst.
NERO.
Wer nicht bekennen wil / gehört auf scharffe Fragen.
EPICHARIS.
Ich wil bekennen.
NERO.
Wol! Loß!
EPICHARIS.
Sags / was ich sol sagen? 130
NERO.
Setzt der Verzweifelten entflammte Zangen an.
EPICHARIS.
Was sol die offenbarn / die kaum mehr athmen kan.
NERO.
Laßt der Halb-todten Luft: Daß sie noch einmal sterbe.
EPICHARIS.
Es thut dem Geiste wol / schmeckts gleich dem Cörper herbe.
NERO.
Bringt her ein glüend Pferd / zieht / bis sie berst entzwey.
EPICHARIS.
Halt Hencker! ich gestehs: Daß ich dein Todfeind sey.
NERO.
Fahrt mit dem Foltern fort.
EPICHARIS.
Was sol ich mehr entdecken?
NERO.
Die alle / die mit dir in gleichem Meyneyd stecken.
EPICHARIS.
Nicht einen / wären auch gleich Tausend mir bekand.
NERO.
Die Noth hat größre Kraft als aller Freindschaft Band.
[218]
EPICHARIS.
Du Blutthund / sichre dich: Du magst so scharff es meinen:
Daß den zerspannten Leib die Sonne kan durchscheinen /
So solstu / Hencker / doch mir nicht ins Hertze sehn /
Und / was du wilst / erfahrn. Laß meine Därmer drehn
Umb einen heißen Pfal / laß mich an Felsen schlüßen /
Auf die die Furien stets sidend Oel angißen;
Verscharre lebend mich tief in ein Ameiß-Nest /
Verschaffe: Daß man's Marck mir aus den Beinen prest /
Du rasend-toller Hund wirst doch nichts anders machen;
Als daß Epicharis wird deiner Marter lachen.
NERO.
Stopft ihr das Lästermaul mit trocknen Schwämmen voll. 131
EPICHARIS.
Wil man das Reden wehrn der / die itzt sterben sol?
TIGILLINUS.
Man läßt die Majestät Verläumbder nicht versehren.
EPICHARIS.
Tyrannen müßen nicht mit eckeln Ohren hören.
NERO.
Sind keine Schwämme dar? So reißt ihr Kleid entzwey. 132
EPICHARIS.
Den Sterbenden steht ja / was wahr / zu reden frey.
NERO.
Hört / was für Gift außspeyt die schon verdammte Seele! 133
EPICHARIS.
Kein Mörder stopft ihr zu die Fahrt aus ihrer Hole.
NERO.
Braucht ärgster Martern Arth / bis man den Sinn ihr bricht.
NACHRICHT.
Man hat im Foltern nun mehr keine Staffeln nicht.
NACHRICHT.
Sie fällt in Ohnmacht.
TIGILLINUS.
Fühlt: Ob ihr die Pülse schlagen.
NACHRICHT.
Pulß / Athem / Geist ist weg.
NERO.
Laßt sie in Kercker tragen.

Nero. Lucanus. Quinctianus. Senecio. Scevinus. Natalis. Milichus. Corinna. Etliche Soldaten.
NERO.
Ihr kommt gleich recht / zu sehn: Das schöne Trauer-Spiel
Derselben / die die Schuld halßstarrig leugnen wil.
Sagt: Selten wir nicht auch durch eure Faust erblaßen?
LUCANUS.
Wir haben niemals uns solch Mordstück träumen laßen.
NERO.
Macht euch so frembde nicht die Ertz-Verrätherey.
QUINCTIANUS.
Der gutte Nahme spricht uns aller Laster frey.
NERO.
Das Leugnen pflegt oft eh als Schuld den Hals zu brechen. 134
SENECIO.
Oft wird der / den das Recht wol würde ledig sprechen /
[219] Aus Rach und Zorn verdammt. 135
NERO.
Wolt ihr das Recht außführn?
LUCANUS.
Im Fall der Unschuld wil Verteidigung gebührn.
NERO.
Wie / wenns die Zeugen euch stracks unter Augen sagen?
QUINCTIANUS.
Was sind für Zeugen dar / die man auf uns wil fragen?
TIGILLINUS.
Verwerft ihr den Natal / und kennt ihr den Scevin?
SENECIO.
Die mühn sich uns umbsonft mit in ihr Garn zu zihn.
NATALIS.
Ihr könnt / wenn ihr bekennt ein strenges Urtheil beugen.
LUCANUS.
Ein Ubelthäter kan nicht wider andre zeugen.
TIGILLINUS.
So weit: Daß man durch Pein die Ubelthat erpräßt.
QUINCTIANUS.
Sagt: ob der Römer Recht die Edlen martern läßt?
TIGILLINUS.
Die Außflucht solcher Arth / wird euch ein Garn abgeben.
Wo das gemeine Heil / des Fürsten Thron und Leben
Scheint in Gefahr zu stehn; ist ieder Zeuge gutt /
Der sonst verwerflich ist. Die Tugend lacht der Glutt /
Wenn gleich die Unglücks-Flamm ihr eignes Hauß bestürmet.
Wo aber Stadt und Haupt des Reiches sol beschirmet /
Wo Io sol bewahrt / der Zepter sicher seyn /
Sind hundert Augen auch nicht schwer zu schläffen ein.
Man muß auf solchen Fall auch / was unglaublich / glauben 136
Und Fabeln halten wahr / den Rechtsweg nicht auf Schrauben
Und langsam Zweifeln stelln. Die allgemeine Ruh
Gewinnt und richtet viel durch diesen Ab-weg zu.
Die Ordnung weicht der Noth / der Nütz / wird schon verstoßen /
Ersetzt die Fehler leicht.
SENECA.
Die Unschuld muß bey Großen
Doch auch kein Laster seyn. Sol / wenn ein Feind mir flucht /
Der seines Glückes Grund auf meiner Leiche sucht /
Sol / wenn Verläumbder Zung und Boßheit auf mich schärffen?
Sol / wenn ein Zeuge leugt / den Stadt und Recht verwerffen /
Das Reden unvergönnt / Vertheidigung verwehrt /
Sich schützen strafbar sein? So wird der Rache Schwerd
Der Boßheit nutzbar Pflug / der Tugend Sichel werden.
Die Zeugnüße der Zwey sind feindliche Beschwerden /
Die wider Wahrheit uns solch Laster richten an.
TIGILLINUS.
Weistu? Daß der / der gleich sonst nichts verbrechen kan /
Hierdurch verdamlich sey / 137 und euer klar Verbrechen
Macht sich so Schwanen-rein / wagt sich so groß zu sprechen?
[220]
LUCANUS.
Wen sein Gewißen schützt / der schöpffet Hertz und Muth
Und Hofnung ihm daraus / wenn schon der Lügner Flutt /
Der Ertzt-Verräther Sturm der Wahrheit seichten Nachen
In Grund zu stürtzen sucht.
TIGILLINUS.
Wenn man zum Lügner machen
Jedweden Zeugen darf / wird Sonnen-helle Schuld
Stets ungestraft außgehn. Mißbrauchet der Geduld
Des güttgen Käysers nicht! Kein Mensch ist / der enthenget /
Daß diese zwey aus Haß was Falsches außgesprenget /
Die ihre Willkühr nicht / nein / sondern das Geboth
Des Käysers Zeugen hieß. Ja! Nero ist mit Noth
Durch Dreuung ärgster Pein auf ihr Bekäntnüs kommen.
QUINCTIANUS.
Betrug hat mehrmals selbst den scharffen Stahl genommen /
Ja Nas' und Ohr verkürtzt / wenn ein Zopyrus 138 hat
Wolln andrer Fallbrett seyn / wenn Sinon hat die Stadt
Des Dardans stürtzen wolln. Was kommt; Daß sich die Rache
Umb andren weh zu thun / selbst zum Verbrecher mache /
Euch so sehr frembde für? Der Boßheit Antlitz schickt
In tausend Larven sich. Die Krähe / die bestrickt.
Schon an dem Pflocke ligt / 139 ist durch Geschrey bemühet /
Daß sie noch andre mehr ins Stellers Fäßel zihet.
NATALIS.
Von Freunden bilde dir ja keinen Fall-strick ein.
LUCANUS.
Der ist ein plumper Feind / wer nicht weiß Freund zu seyn.
NERO.
Was nützt dis Wortt-Gezänck als Lastern Luft zu laßen?
Sind keine Ketten dar die Trotzigen zu faßen?
Schraubt Stock und Folter an / zu schaun ob Pein und Schmertz
Den Hochmuth ändern wird.
SCEVINUS.
Ein Kiesel-steinern Hertz
Kan die Empfindligkeit den Gliedern nicht benehmen.
Ihr werdet nach der Pein euch endlich doch bekwämen /
Und lernen: Daß es itzt nicht ferner Leugnens gilt.
SENECIO.
Uns weist Epicharis der Unschuld Ebenbild:
Daß / eh ein großer Geist bekenne falsche Sünde /
Man auf der Folter Lust / in Flammen Freud empfinde;
Die Tugend sterbe nie der Körper nur ein mal.
TIGILLINUS.
Sie ist noch lange nicht loß ihrer Angst und Kwal.
Man sinnt auf neue Pein; sie sol noch zehnmal sterben.
Und euch / im Fall ihr euch den Käyser zu erherben
Durch Leugnen mehr erkühnt / sol nicht ein glüend Pferd
[221] Ein roth-entflammter Pfal zur Straffe seyn gewehrt;
Man wird was ärgers euch solch einen Tod erdencken /
Der immer in euch lebt.
NERO.
Itzt ists noch Zeit zu lencken
Den Mast an Gnaden-Port. Die Schuld sey euch verzihn
Wo ihr nur stracks bekennt.
NATALIS.
Laßt Freinde / den Gewien
Umb Frembder willen nicht verächtlich aus den Händen.
QUINCTIANUS.
Wahr ists: Wir ließen uns der Thorheit Wahn verbländen
Auf ihre Majestät ein Bündnüs einzugehn.
Wir suchen Gnad und Hold fußfällig / und gestehn:
Wo Gnad und Gütte sich des Käysers wil entfernen /
Daß wir den Tod verwürgt.
LUCANUS.
Dis ist der Weg zun Sternen /
Das Mittel / durch das sich ein Fürst vergöttern kan / 140
Wenn er Verbrechen siht mit Gnaden-Augen an;
Das Leben denen schenckt die ihre Schuld verdammet.
SENECIO.
Wir wißen: Daß der Fürst von dem Augustus stammet /
Der / als ihm Patavin gleich dreute Dolch und Tod / 141
Dem Schuldigen nur Rom auf wenig Zeit verboth.
Wir hoffen solche Gnad auch in Augustus Zweigen.
NERO.
Nun ihr müßt keinen nicht / der euch verknüpft / verschweigen.
Im Laster / daß das Bild der Majestät verletzt /
Muß auch der Vater nicht als Vater sein geschätzt / 142
Die Mutter muß den Sohn / das Kind die Eltern straffen.
Man rühmt des Fulvius 143 großmütgen Geist und Waffen /
An denen man das Blutt des Sohnes kleben siht /
Weil er das Vaterland sich zu bekämpffen müht.
LUCANUS.
Die That ist Lobens werth / und ich muß nur Atillen
Die Mutter offenbarn.
QUINCTIANUS.
Ich wider meinen Willen
Den Gallus geben an / den ältsten Hertzens-Freund.
NERO.
Aus was für Uhrfach ist der Hund dem Käyser feind?
SENECA.
Ich kan den Pollio dem Käyser nicht verhölen.
NERO.
Vermaledeyte Schaar! Verteufelt-falsche Seelen!
Wißt ihr sonst keinen mehr?
LUCANUS.
Ich noch den Tugurin.
SENECIO.
Und ich den Pollio.
NERO.
Was gilts! es wird Vestin
Auch ein Verräther seyn.
SENECA.
Von dem kan ich nichts sagen /
Nur vom Araricus.
NERO.
Wil nicht der Blitz einschlagen /
Der Fürsten-Mörder Macht in Asch und Staub verkehrn /
[222] So wird der Käyser sich der Mänge nicht erwehrn.
Hilf Himmel! Wir sind hin! Wer / leider! Wird uns schützen?
Wil sich nunmehr gantz Rom selbst auf sein Haupt erhitzen?
Wir sind verlohren / ach! Wir müßen selber schaun
Wie Stadt und Burg besätzt. Doch wem ist mehr zu traun?
Laß / Tigillin / das Schloß mit Teutschen rings umbsätzen /
Weil wir bey Römern uns nicht dörffen sicher schätzen.
Verwahret die indes / und die auf die bekennt /
Schafft eylends auf die Burg / eh als die Glutt entbrennt /
Die nicht zu leschen ist. Die Treusten mustu schicken:
Daß sie mit dem Vestin 144 der Nattern Haupt erdrücken.

Reyen.

Der Tyber und der sieben Berge in Rom.
DIE TYBER.
So muß ich ewig bluttig flüßen?
Hat Rom sein sieben-Bergicht Haupt
Sonst nirgends hin zu legen wißen?
Euch andern Strömen sey erlaubt
Das Haupt der Welt euch zu vermählen.
Ich wünsch ein Ufer / wo die Flutt
Nicht wandelt ihr Chrystall in Blutt /
Mit meinen Nimphen zu erwählen.
DIE BERGE.
Fleuch / edler Fluß / bis an des Taurus Klüffte /
Fleuch hin / bis wo der Nil entspringt /
Verbirg dich gar in Calpens finstre Grüffte /
Und wo der Anas sich verschlingt /
Du wirst doch nur dein silbern Kleid beflecken /
Weil alle Klippen in der Welt /
Seit Nero Schwerdt und Zepter hält /
Geronnen Blutt und blaße Leichen decken.
DIE TYBER.
Der Bluttbrunn muß nach Rom gesätzet
Durch das Verhängnüs worden sein.
[223] Eh es auf Frembde Stahl gewetzet /
Weicht es durch Bruders-Blutt sich ein /
Ja wo hat sonst sich dis begeben /
Was Tullie dem Vater thut? 145
Vom Nero treust der Mutter Blutt /
Der Priester bleibt an Tempeln kleben.
DIE BERGE.
Ihr Schutzherrn ihr / ihr lieben Irr-gestirne /
Schlagt ihr so sehr uns aus der Acht?
Eröffnet doch: Daß euer Eyfer zürne
Wenn uns der Blutt-Fürst fleckicht macht.
Laßt lieber uns die Adern gar verseugen /
Als daß aus ihnen Blutt-schaum kwillt.
Wenn gleich kein Purper uns umbhüllt
So wolln wir euch doch sattsam Ehr erzeugen.
DIE TYBER.
Diane / Mutter alles Feuchten /
Nicht flöße deinen Thau mir ein!
Laß mir nicht mehr dein Antlitz leuchten /
Weil selbst durch meinen Wiederschein
Die weißen Ochßen sich beflecken.
Wo nicht so regne Tag und Nacht:
Daß meiner stürmen Wellen Macht
Den Blutthund möge gar erstecken.
DIE BERGE.
Stopff immer auf die Alabaster-Röhren
Du heilger Vater Apennin;
Und laße sich der Tyber Wellen mehren:
Daß sie den Blutthund reißen hin /
Den unsre Schultern kaum mehr können tragen.
Denn / wo verspielt der Menschen Witz /
Da müßen Berge / Flüße / Blitz /
Ja Sternen selbst Tirannen niderschlagen. 146

4. Akt

[224] Die Vierdte Abhandlung.

Der Schauplatz stellet für einen Kercker.
Epicharis. Subrius Flavius. Sulpitius Asper. Martius Festus. Maximus Scaurus. Venetus Paulus.

EPICHARIS.
Wo bin ich? Himmel hilf! Wo bin ich? Leb ich noch?
Hat mein zergliedert Leib das Demant-feste Joch
Der strengen Tiranney noch nicht gantz abgeschmißen?
Hat mein durchmartert Geist noch nicht den Strick zerrißen
Des Lebens und der Pein? Wo bin ich? halten mich
Die Hencker noch umbringt? Wie? hat der Blutthund sich
Mit meiner Leiche Kwal noch nicht genung ergätzet?
Wird itzt die Folterbanck für Zeit-Vertrieb geschätzet / 147
Durch die man vormals hat die Wahrheit außgepreßt?
Sagt Hencker / ob ein Wurm sich euch vergleichen läßt?
Mein außgeädert Leib / die abgefleischten Beine /
Mein halb-gebraten Fleisch erweicht die Kiesel-steine /
Euch Hencker aber nicht; Die gleich wol Menschen sind /
Ja Römer!
SUBRIUS FLAVIUS.
Freilich / ach! Epicharis mein Kind
Die Marmel möchten selbst in Thränen-Thau zerrinnen /
Der Panther rasend Hertz Erbarmungs-trieb gewinnen
Für deiner Marter Arth. Ja! ob gleich wir die Hand /
Nicht legen selbst an dich / so kanstu mit Bestand
Des Rechtens / dennoch uns höchstbillich Hencker heißen;
Weil wir dem Löwen nicht aus Klau und Rachen reißen
Die Hinde / die er frißt. Der zündet selber an /
Der nicht den Brand außläscht / im Fall er retten kan.
EPICHARIS.
Wie? Träumt mir? Oder bin ich schon im ändern Leben?
Hat statt der Hencker mich der Freinde Schaar umbgeben?
War dis des Flavius beliebte Stimme nicht?
SULPITIUS ASPER.
Blick auf / Epicharis / wilstu dein holdes Licht /
O Heldin / noch einmal uns Freinden nicht verstatten?
EPICHARIS.
Sinds Menschen / oder sinds erblaßter Freinde Schatten /
Hat dich / Sulpitz / und die des Blutthunds Hencker-Schwerd
Schon Geistern zugesellt / in Asch und Staub verkehrt?
[225]
SULPITIUS ASPER.
Nein! Liebstes Kind / du irrft.
EPICHARIS.
Komm laß mich dich umbfangen?
Sulpitz komm! Aber Ach! Die morschen Glieder hangen
Zerkwetscht von Schraub und Stock / von Marck und Kräften leer
Kommt zu der Sterbenden / hertzliebste Geister her!
Drückt mir die Augen zu! Empfanget meine Seele!
Führt sie aus dieser Gruft / aus ihres Kärckers Höle!
Das Saltz der Thränen bricht für Wehmuth bey mir für.
MARTIUS FESTUS.
Epicharis / mein Licht / versichre dich: Daß wir
Lebendig deinen Mund / der Martern Brandmal küßen.
EPICHARIS.
Wer hat mich aus der Gruft der Tyger denn gerißen /
Und wie kommt ihr hieher?
MAXIMUS SCAURUS.
Als grauser Schmertzen Macht
In Ohnmacht sich verzog / ward sie in Kercker bracht.
Wir folgten / so bald wir / daß sie entseelt / vernommen.
EPICHARIS.
Der Freinde Gegenwart läßt mich zu Kräften kommen;
Ich fühle / wie in mir ein neuer Geist sich regt.
Jedweder Schlag / damit das Hertze sich bewegt /
Ist hertzhaft und bemüht den Blutthund zu erdrücken.
VENETUS PAULUS.
Mag sich ein Sterblicher wol ins Verhängnüs schicken?
Die Boßheit spinnet Seid und Tugend leidet Kwal /
Das Glück hebt jen' ans Brett / die aber auf den Pfal.
Wir sämtlich müßen nicht von Göttern seyn geachtet /
Weil / itzt / da Nero blüht / Epicharis verschmachtet.
EPICHARIS.
Vergreif durch Ungeduld dich an den Göttern nicht.
Sie thun der Tugend wol und helfen ihr ans Licht /
Wenn in Alcidens Wieg' ihr Eyfer Schlangen schicket.
Die Rose reucht nie mehr / als wenn sie wird zerdrücket /
Der Mantel schwartzer Nacht gibt den Gestirnen Schein.
Ein Eichbaum wurtzelt sich durch steten Sturm-Wind ein /
Weicht keinem Wetter nicht / das morsche Pappeln fället
Die in den Thälern stehn. Ein kluger Hauptmann stellet
Den schlimmsten Kriegsknecht nicht dahin / wo die Gefahr
Am heftigsten sich zeugt. Ja Tugend schlägt sich gar
Im Kampff umb Vorzugs-Recht / und hält für ärgste Schande
Im Rennen Letzter seyn; Itzt geht dem Vaterlande
Das Waßer biß in Mund / und du hältst dich verlätzt:
[226] Daß das Verhängnüs uns hier an die Spitze sätzt?
VENETUS PAULUS.
Die Boßheit aber siegt / und Unschuld geht zu Grunde.
EPICHARIS.
Ein Kriegs-Knecht rühmt sich nicht nur Siegens und der Wunde /
Auch derer Lob siht man beym Sonnen-Zirckel stehn /
Die in Gefahr und Noth gleich bluttig untergehn.
Eilt doch die Tugend selbst dem Ungelück entgegen.
Wie / aber / sagt: ob wir wol Unglück nennen mögen:
Daß Cato durch sein Schwerd die Freyheit ihm erwirbt?
Daß Socrates durch Sast vergifter Kräuter stirbt?
Lacht Mucius nicht nur / als er die Hand siht brennen?
Ja sein verbrandter Strumpf treibt ab von Rom Porsennen /
Dem aller Römer Arm die Wage nicht nur hielt.
Wer zweifelt unter euch: Daß Regulus ein Bild
Wahrhaften Glückes sey? er wacht auch mehr vergnüget
Als kein Mecenas nicht / der auf Damasten lieget 148
Wenn Wollust-Nattern ihm verstören Schlaf und Ruh /
Ob jener gleich kein Aug am Creutze nicht thut zu.
Ich selber rechne mir mein Leid für ein Geschencke
Der Götter / ja wenn ich die bluttgen Glieder schrencke
Umb Pfal und Folterbanck / empfind ich größer Lust /
Als Acte / die gleich ruht dem Käyser auf der Brust.
MAXIMUS SCAURUS.
O Himmel-hoher Geist! Der große Kreiß der Erden /
Gantz Rom erstarrt für dir. Wir müßen Schamroth werden /
Daß deiner Tugend Glantz der Römer Thaten dämpft /
Wenn Witz und Muth bey dir umb Krantz und Vorzug kämpft /
Und uns schon sterbend lehrt; wie wir erblaßen sollen /
Wo wir mit guttem Recht uns Helden rühmen wollen.
Der Anfang werd an mir durch eignen Stahl gemacht:
Der lehre: Daß wer stirbt nur der Tyrannen lacht!
EPICHARIS.
Wo reißt dein Wahn dich hin? Was meinstu zu vollbringen?
Nicht Porcia kan nur umbflammte Kohlen schlingen / 149
Auch Arrie kan nicht den warmen Dolch allein 150
Aus eigner Wunde zihn / und ändern liefern ein
Umb ihres Vorbilds Thun großmüttig nach zu machen.
Es würd Epicharis mit unversehrtem Lachen
Durch Flammen / Gift und Ertzt auf-opfern Geist und Blutt /
[227] Indem nur Furchtsamen das Sterben bange thut;
Alleine noch zur Zeit ists gar nicht Zeit zu sterben /
Wilstu dein hitzig Schwerd im kalten Blutte färben
So floß dem Blutthund es / dem Löwen in die Brust!
Ist unsrer Freinde Noth euch Helden nicht bewust?
Aus Freinden werden sie Verräther werden müßen /
Wo ihre Feßel ihr euch nicht müht aufzuschlüßen.
Erbrecht des Kerckers Loch / und treibt den Stahl durch ihn.
Eh als mein Hertze wird den letzten Athem zihn /
Hoff ich die Schlange noch zerstückt und kalt zu sehen.
SUBRIUS FLAVIUS.
Gerechte Götter / laßt dis heilge Werck geschehen;
So leb ich hochbeglückt / und sterbe wol vergnügt.
EPICHARIS.
Glaubt sicher: Daß es nur an euch / ihr Helden / ligt.
Ein Sclave / deßen Geist nur kan nach Freyheit dürsten /
Ist Halßherr seines Herrn / und Richter seines Fürsten.
Was bildet ihr solch Werck euch denn unmöglich ein /
Da doch nichts furchtsamers kan / als Tyrannen seyn.
Erbrecht Burg und Gemach! Ein kühner Arm und Degen
Schleust alle Schlößer auf / kan Felß und Ertzt bewegen.
Ihr seyd die Pforten selbst / durch die ein Frembder muß
Ins Käysers Zimmer gehn.
MAXIMUS SCAURUS.
Ja! hetten wir den Schluß
Eh als ein vierdtes Theil des Tages war verschwunden
Behertzt ins Werck gesätzt; So könten hundert Wunden
Die Seele dieses Wurms und Drachens blutten aus.
Itzt hat die raue Schaar der Teutschen Burg und Hauß
Des Käysers rings umbsetzt / weil sein verletzt Gewißen
Mehr keinem Römer traut. Jedwede Römer müßen
Vom schlimsten Tigillin versehn mit Päßen seyn /
Die die geharnschte Schaar ins Schloß sol laßen ein.
EPICHARIS.
Ist dieser Weg verschränckt muß man auf Mittel sinnen /
Wie Piso möge Rath / und Volck und Heer gewinnen.
MARTIUS FESTUS.
Der Piso ist hierzu zu alber und verzagt.
Nachdem ihn nichts bewegt / was ihm Sulpitz gesagt /
Läßt sich aufs Piso Furcht und Wahnwitz wenig bauen.
EPICHARIS.
Ha! Was taug unversucht? Laßt uns noch einmahl schauen /
Ob denn kein Hertze mehr in Pisons Hertze sey.
[228] Nicht nur ein Löwe bricht des Jägers Spiß entzwey.
Wenn er zum Sterben kommt / braucht auch ein Wurm die Zähne /
Wünscht: Daß des Feindes Blutt den Weg zum Tode bähne;
Und Piso / wenn man wird den Ernst ihm mahlen für /
Wil Weib- und Knechtisch falln? Gebt Feder und Papier
Daß / wo mein schwacher Arm noch einen Kiel kan regen /
Wo eine Ader sich noch hertzhaft kan bewegen /
Die halb verweste Faust dem Piso schreibe zu:
Daß er / was ihm gebühr / und was uns helffe / thu.
MARTIUS FESTUS.
Hat iemals hier / wo Furcht und Nacht den Kärcker / schwärtzen /
Die Tugend einen Geist / solch Feuer zarte Hertzen.
Mit mehrer Krafft beseelt? Der müste steinern seyn /
Dem solch ein Helden-Strahl nicht flöste Flammen ein
Zu reger Tapferkeit!
VENETUS PAULUS.
Wil sie den Brieff verschlißen?
EPICHARIS.
Dis darf Verschlißens nicht / was alle mögen wißen.
Jedoch reicht Wachß und Licht und einen Ring mir her.
SULPITIUS ASPER.
Noch einer könte wol was fruchten?
EPICHARIS.
Melde: wer.
SULPITIUS ASPER.
Wenn Seneca das Werck dem Piso hülffe treiben.
EPICHARIS.
Wol! Laßt dem Seneca mich auch zwey Zeilen schreiben.
SUBRIUS FLAVIUS.
Gerechte Götter helfft: Daß dis die Grabe-Schrifft
Des schwartzen Blutthunds sey; Daß diese Tinte Gift
In des Tyrannen Brust / den Richtern schwartzer Hölen
Erboßte Grausamkeit / in unsrer Freinde Seelen
Behertzte Kraft flöß ein.
MAXIMUS SCAURUS.
Wie bringt man ihnen zu
Die Schreiben?
MARTIUS FESTUS.
Sorge nicht. Zum Piso gehe du.
Ich wil beym Seneca Befehl und Brief ablegen.
EPICHARIS.
Schöpft Muth! Die Sonne scheint nach Sturm und Donnerschlägen.

Der Schauplatz stellet für des Käysers Gemach.
Nero. Sabina Poppæa. Tigillinus. Fenius Rufus. Subrius Flavius. Sulpitius Asper. Lucanus. Quinctianus. Scevinus. Cervarius Proculus. Senecio.
Natalis. Atilla. Julius Tugurinus. Venetus Paulus. Annius Pollio. Munatius Gratus. Vulcatius Araricus. Die Teutsche Leibwache. Cassius. Vejanus Niger.
[229]
NERO.
Willkommen holde Schaar! 151 Habt Danck: Daß ihr so gern
Euch habt für uns gestellt! Schaut mir der Helden Kern
Der Römer Außbund an! Hats euch noch wol ergangen?
Kommt / laßt mit Kuß und Hold die Treusten uns empfangen?
Wie? seht ihr unsre Gunst mit blöden Augen an?
Schaut / wie die Einfalt sich so alber stellen kan!
Theils sehn einander an / theils schaun nur auf die Erden!
Für wem mag euer Treu erschreckt und Schamroth werden?
Die Redligkeit erblaßt für keinem Richter nicht.
Kommt / Liebste / nähert euch / die Boßheit scheut das Licht /
Die bey euch Frembdling ist.
SABINA POPPÆA.
Sind umb uns zu bedienen
Sie sämtlich für sich selbst in den Palast erschienen?
So last uns ihnen doch mit Ehrerbittungs-Pflicht
Alsbald entgegen gehn!
SCEVINUS.
Wenn man Verdammung spricht
Auf Unschuld / lässet sich das Unrecht noch verschmertzen.
Wenn aber Rach und Grimm noch mit Verdammten schertzen
Ein Richter Kurtzweil treibt / reißt die Geduld entzwey.
SABINA POPPÆA.
Hört / wie der Boßheit Ohr so sehr empfindlich sey!
Vermaledeyte Schaar / verteufelt-falschen Hunde /
Ist Boßheit eurer Seel / ist Lästern eurem Munde
Kein unverdaulicht Gift? Wie / daß ihr euren Ruhm
Zu hörn / so eckel seit?
TIGILLINUS.
Der Nattern Eigenthum
Ist: Daß sie pflegen den Beschwerer anzuzischen /
Der Boßheit Arth: Verläumbd- und Dreuung zu vermischen /
Und ihren Schlangen-Jescht zu geifern auf die Hand
Die Recht und Rach-schwerd hält.
JULIUS TUGURINUS.
Mir ist noch unbekand
Was die Verläumbdung mir für Boßheit angelogen.
ATILLA.
Auch ich weiß nicht warumb man mich in Haft gezogen.
VENETUS PAULUS.
Man hat mir nie gesagt / was mein Verbrechen sey.
ANNIUS POLLIO.
Ich weiß für allen mich von allen Lästern frey.
NERO.
Wer muß der Thorheit nicht auch in dem Grimme lachen?
Daß die / die überzeugt / noch ihnen frembde machen
Was jedes Kind schon lallt. Laßt hörn? wüßt aber ihr /
Warumb ihr Fäßel tragt?
ANNIUS POLLIO.
Diß weiß ich: daß an mir
Der Römschen Bürger Recht höchst unrecht wird versehret.
MUNATIUS GRATUS.
Ich bin beschimpft / umb nichts / verurtheilt / nie gehöret
[230]
CERVARIUS PROCULUS.
Es scheint: Daß Unschuld man für mein Verbrechen hält.
VULCATIUS ARARICUS.
Im Fall der Tugend sol ein Blutt-Spruch seyn gefällt /
Wil ich Verbrecher seyn.
TIGILLINUS.
Verstockte Mißethäter!
Verruchte Bestien! Verzweifelte Verräther!
Sol / sich aufs Fürsten Halß verschwern / noch Tugend seyn?
ANNIUS POLLIO.
Dis Schelmstück ist mir nie im Traume kommen ein.
SABINA POPPÆA.
Hört: Dieser wird uns was von süßen Träumen sagen.
TUGURINUS.
Es thut der Unschuld weh sie umb solch Laster fragen.
FENIUS RUFUS.
Die Martern werden dir bald etwas weher thun.
VENETUS PAULUS.
Ein wolgeanckert Schiff kan auch beym Sturme ruhn.
NERO.
Stracks! Hencker! Greift sie an / weil sie noch pochen wollen.
ATILLA.
Wenn das Verhängnüs wil: Daß wir so leiden sollen /
So find ich mich geschickt und schöpffe diesen Trost:
Daß Blitz und Hagel sich oft auf Altar erbost
Und Tempel äschert ein und Hurenhäuser schonet /
Daß man oft Tugend straft und Ertz-Verräthern lohnet.
Jedoch / der Peitschen Drat / die gleich ein Hencker flicht /
Macht auf der Unschuld Haut kein striemicht Brandmal nicht.
TIGILLINUS.
Sie fällt ihrs Urtheil selbst / sie sol durch Rutten sterben.
SABINA POPPÆA.
Laßt schaun: Wie ihren Halß die Staupenschläge färben.
Wie schön der Kuplerin die Purper-Striemen stehn.
ATILLA.
Der Wellen bittre Flutt macht edle Perlen schön /
Des Meeres Schaum und Saltz muß die Korallen röthen.
Wie soll denn Tugend nicht mehr gläntzen in den Nöthen /
Der Ruhm in Kerckern blühn? Ein Stern gläntzt in der Nacht /
Das Gold der Berge Marck gebührt ein finster Schacht;
Chrystall und Silber muß durch Flamm und Stahl vergehen /
Eh es der Glantz bewehrt.
NERO.
Die solstu stracks außstehen.
Reißt ihr die Kleider ab; Streicht bis das Blutt geh nach.
MUNATIUS GRATUS.
Atille / nur behertzt. Der Wunden warme Bach
Wird der Zinober seyn / der in das Buch der Zeiten
Dein Bildnüs mahlen sol.
SABINA POPPÆA.
Solln die Hartneckigkeiten
Durch Schwefel / Brand und Pfal nicht werden mirb und weich /
So ists umb uns geschehn.
NERO.
Ertz-Mörder! Dir sol gleich
Auf den verstockten Kopf der Rache Donner schlagen.
[231]
LUCANUS.
Frau Mutter / ach! wil sie nicht ihr Verbrechen sagen /
Das schon der Sohn bekennt?
ATILLA.
Wer selbst gesündigt hat /
Kan gar nicht Zeuge seyn von frembder Mißethat.
LUCANUS.
Sie wird nach so viel Kwal sich doch entsteinern müßen.
ATILLA.
Das Blutt / das du hier siehst aus Rück und Adern flißen,
Schreibt deine Schmach in Koth / mein Lob in Marmel ein
Nun du Verräther wilst / doch falsch der Mutter seyn.
LUCANUS.
Sind ihre Majestät unmöglich zu erbitten?
Wahr ists: Sie hat gefehlt: Doch wenn man also wütten
Auf ieden Fehler wil / so wird der Erdkreiß leer
Und Rom bald Volck-arm seyn.
TIGILLINUS.
Die Straff ist nicht so schwer
Als ihr Verbrechen ist. Es werden schlechte Wunden
Mit Oele von Jaßmin und Rosen nicht verbunden /
Der Leib muß dulden Seg' / und Meßer / Pfrim und Brand
Wenn nur ein Glied erkranckt / von wenig Körnern Sand /
Wenn drey vier Tropften Blutt mehr als Natürlich brennen
Und dieser Seuche Pest / die Haupt und Glider trennen /
Der Seele schlimmster Krebs / der gantze Länder frißt /
Sol linder seyn geheilt.
QUINCTIANUS.
Wer frembde Fehler mißt /
Aus Schatten kleiner Schuld mehr als Coloßen machet /
Des Fürsten güttig Hertz zu Grimme veruhrsachet
Ist ärgster Marter werth.
TIGILLINUS.
Schaut mir den Häuchler an!
MUNATIUS GRATUS.
Was henckert man mehr die / die nicht mehr recheln kan?
NERO.
Sie mag / weil du der Pein begierig bist / verblasen.
MUNATIUS GRATUS.
Die Rechnung ist gemacht: Daß strenger Hencker Rasen
Nicht meiner schonen wird
SABINA POPPÆA.
Wie / wird die Zauberin
Ohnmächtig?
NERO.
Lebt sie noch / so laßt sie gehen hin.
TIGILLINUS.
Sie hat verdient: Daß sie nebst Aaß und Koth verfaule.
NERO.
Dem Gratus reißt die Zung aus dem vergiften Maule.
MUNATIUS GRATUS.
Sie wird die Tyranney erst / wenn sie kalt wird seyn /
Recht deutlich sprechen aus; Der stumme Marmelstein
Wird eure Mordthat euch stets in die Ohren schreyen /
Den Augen bilden für.
NERO.
Laßt uns den Hund anspeyen /
Der nichts als Lästern kan.
SUBRIUS FLAVIUS.
Nun kan ich länger nicht
[232] Mehr zusehn. Rufus / sol ich durch den Dolch das Licht
Dem Löwen leschen aus? 152
FENIUS RUFUS.
Halt! bistu Sinnloß worden?
Verrath dich selber nicht.
TUGURINUS.
Macht solch erschrecklich Morde
Doch harte Steine weich / nur eure Herzen nicht.
FENIUS RUFUS.
Kommt dir dis seltzam vor: Daß man den Stock zerbricht
Das sich nicht beugen läßt. Verstockte Demant-Hertzen
Enthärtet nichts als Blutt. Durch Eßig / Pech und Kertzen
Zermalmt man Berg und Fels und härtsten Kiesel-Stein.
Ihr sämtlich werdet stracks des Gratus Beyspiel seyn /
Wo ihr euch selbst nicht gebt.
SCEVINUS.
Was solln wir mehr bekennen?
FENIUS RUFUS.
Den Meyneyd speien aus / die Mit-Verräther nennen.
SCEVINUS.
Auf wen ist nicht bekennt?
FENIUS RUFUS.
Da frage dich / nicht mich.
SCEVINUS.
So weiß ich keinen nicht / der mehr was weiß / als dich. 153
FENIUS RUFUS.
Was sagstu? Was? sol ich / nein / wie sol ich was wißen?
SCEVINUS.
Ja / Rufus / ja du wirst dich schuldig geben müßen.
FENIUS RUFUS.
Mich wundert / was für Wahn dir dein Gehirn einnimmt
SCEVINUS.
Daß du aufs Käysers Tod so wol als ich gestimmt /
Dich rein zu brennen meinst durch Schwefel scharffer Fragen
Wird die verklagte Schaar dir ins Gesichte sagen.
Ja dein Gewißen muß dich selber geben an.
FENIUS RUFUS.
Wer sagt dis sonst.
CERVARIUS PROCULUS.
Auch ich. Der ich nicht leugnen kan:
Nun ich durch Langsamkeit und Kleinmuth bin entdecket /
Daß ich und Rufus hab im Bündnüße gestecket
Was itzt verrathen ist.
FENIUS RUFUS.
Hört / wie die Boßheit mag
Die Unschuld wickeln ein.
JULIUS TUGURINUS.
Dein Stammeln gibt an Tag /
Dein blaßes Antlitz lehrt / dein Zittern ist Verräther
Des Anschlags / der dich nur darumb zum Ubelthäter
Und uns zu Weibern macht; Weil wir den edlen Schluß
So knechtisch außgeführt. Ich Furchtsamer selbst muß
Mich für die Richtbanck stelln / und mich verurtheiln laßen /
Weil ich was tapferers kan ins Gemütte faßen
Als mit der Faust vollzihn. Kommt Hencker strafft mich ab
Weil ich den ersten Stich nicht dem Tyrannen gab.
Du Rufus aber must nicht eines Todes sterben /
Weil du durchs Nero Blutt den scharffen Stahl zu färben
Mehr Nachdruck / seine Brust entblößet / das Gemach
[233] Stets offen hast gehabt: Ja noch zu ärgster Schmach
Dich itzt des Anschlags schämst / den alle rühmen müßen /
Die nicht der Tiranney verzagt zu heucheln wißen.
FENIUS RUFUS.
Hört des Verzweifelten unsinnig Lästern an.
Sagt aber ob ein Mensch vernünftig glauben kan
Daß / der durchs Käysers Gunst zum höchsten Gipfel kommen
Nicht höher steigen kan / solch Schelmstück fürgenommen /
Sich auf des Fürsten Halß verschworen haben sol?
Sagt den Bewegungs-Grund! Wißt ihr auch einen wol?
CERVARIUS PROCULUS.
Dis / daß dir Tigillin der Knecht ward fürgezogen;
Daß Nero dir so sehr als ihm nicht war bewogen;
Hat dich mit uns verknüpft. Drumb gib dich mit Geduld /
Wie ich mich geben muß; und wetze deine Schuld
Durch frey Bekäntnüs aus bey dem so guten Fürsten.
FENIUS RUFUS.
Verräther / wilstu auch nach meinem Blutte dürsten /
Nun nach des Käysers dich umbsonst gelüstet hat.
CERVARIUS PROCULUS.
Du stehst zu langsam umb die Sonnen-klare That /
Und schärfft dir Straf und Pein. Sags ob dir das Geblütte
Von der Epicharis / das du nebst uns tranckst mitte /
Nicht noch im Gaumen klebt und auf der Zunge schwimmt.
VULCATIUS ARARICUS.
Was leugnestu mehr viel? itzt sind wir überstimmt.
TIGILLINUS.
Wolln ihre Majestät mehr Zeugnüs auf ihn haben?
NERO.
Vermaledeyter Hund! Hat unser Strom der Gaben
In dein Gemütte Gall / ins Hertze Gift geflößt?
Schaut / wie der Hund sein Heil mit Füßen von sich stößt!
Was hat / Verräther / dich zum Meyneyd veranlaßet?
Was stammelstu du Hund? Schaut ihrs? Wie er erblaßet?
Reiß ihm den Gürtel ab; nimm ihm das heilge Schwerd /
Das er Verräthrisch hat auf unsre Brust gekehrt;
Auf unsern Halß geschärft.
FENIUS RUFUS.
Ich wil guttwillig geben
Das Kleinod / das mich stürtzt weil andre darnach streben;
Weil / wenn bey Hofe schon der Ehrgeitz Netze spinnt /
Die Ehren-Aempter Schuld / die Würden Sünden sind.
NERO.
Stracks / mache Cassius den Ertzt-Verräther feste.
FENIUS RUFUS.
Lernt / die ihr Fürsten dient: Daß schneller Fall das beste
Von ihren Ubeln ist / des Glückes Rad sey rund
[234] Bey Hof / und Trübsand sey des Anckers bester Grund;
Die Unschuld.
NERO.
Schafft ihn fort. Ihr aber solt entdecken /
Was für Verräther mehr in eurem Bunde stecken;
Eh als mein Gnädig-seyn in Blitz und Grimm sich kehrt.
CERVARIUS PROCULUS.
Hier steht noch Flavius der Nerons Tod begehrt. 154
SUBRIUS FLAVIUS.
Was leugt der Ehrendieb / der Sinn und Scham verlohren?
Der kalte Stahl hier sol des Heuchlers Hertz durchbohren /
Der sich an Treu ein Haar mir überlegen rühmt.
Wahrhafter Meyneyd wird durch keine Kunst verblümt /
Das Werck entdeckt den Geist. Schaut / urtheilt Narb und Wunden /
Hab ich die nicht behertzt ins Käysers Dienst empfunden?
Mein Blutt geopffert auf für seines Reiches Heil?
Warumb denn solt ich itzt am Meineyd haben Theil?
Wie dieser Lästerer Verläumbdrisch wil verrathen.
TIGILLINUS.
Der Anfang lobt ein Werck / das Ende krönt die Thaten /
Wenn Tugend schläget umb wird ihr gesunder Klee
Viel giftger / als Napel. Man tilgt auch Mandeln eh
Wenn sie verwildern / aus / als wildes Schlee-Gestrittig.
So bald als Manlius 155 wird falsch und übermüttig
Stürtzt man vom Capitol / das vor sein Arm erhielt /
Den Römer-Schutzherrn ab.
SUBRIUS FLAVIUS.
Ich leugne: daß ich wild
Und untreu worden sey. Wer kan die Uhrsach sagen /
Warumb mein Redlich-seyn so schlimm sey umbgeschlagen?
CERVARIUS PROCULUS.
Es ist nicht Grübelns noth / wo sich die That selbst zeigt.
SUBRIUS FLAVIUS.
Der Kampf mag Richter seyn / wer von uns zweyen leugt;
Der Käyser gebe nach: Daß mein unschuldig Degen 156
Die Ertz-Verläumbdung mag dem Häuchler wiederlegen.
CERVARIUS PROCULUS.
Nicht fürchte: Daß Cervar verzagt zum Schlagen sey.
SABINA POPPÆA.
Der Sieg im Ringen steht nicht stets der Wahrheit bey /
Und Boßheit steht oft aus die Flutt und glüend Eisen. 157
SUBRIUS FLAVIUS.
So muß der Kläger sonst mir meine Schuld erweisen!
NATALIS.
Du hast den Pfad für dir: daß unser keiner sich
Durch Umbstehn weiß gebrennt.
SUBRIUS FLAVIUS.
Bescheide / Lügner dich /
Daß / wer selbst boßhaft ist / kan keinen Boßheit zeihen.

[235] Vulcatius Araricus. Der Käyser wird für Recht uns Gnad und Hold verleihen /

Bekenn es / so wie ich fußfällig nunmehr thu.
SUBRIUS FLAVIUS.
Könt ihr / ihr Buben / euch nicht beßer lieben zu;
Als: Daß ihr Redligkeit in euer Garn wolt flechten?
Nein sicher Nero kennt für Falschen die Gerechten;
So bald er Unterscheid in beyder Sitten macht.
Denn; Hette mein Gemütt auf solch ein Werck gedacht /
So bildet euch nicht ein / ihr furchtsamsten der Knechte /
Die man mehr Römer nicht / nicht Männer heißt mit Rechte
Daß Flavius sich hett euch Weibern beygesellt;
Euch die ein rauschend Blatt / ein hartes Wort gefällt;
Weil Lüchse keinen Bund mit feigen Gemsen machen.
JULIUS TUGURINUS.
Ich muß des speten Muths / der armen Hoffarth lachen.
Zwar ja / wir sind kaum noch des Weiber-Nahmens werth /
Wo uns die edle Magd Epicharis begehrt /
Die große Tapferkeit ihr Warnen aufzurücken:
Daß unser Aufschub uns im Dampfe läst ersticken /
Den unser Furcht gebahr: Daß aber du allein
Wilst frey von unser Schmach / und Held und Riese seyn /
Ist Hochmuths-voller Wahn / der itzt in Rauch vergehet /
Nun auch der Furchtsamste das große Werck gestehet /
Das du verzagt verneinst. Kennst aber du die Hand?
Hastu und Asper nicht mir diesen Brieff gesand?
Aus diesem kan der Fürst ihr Mitverständnüs lesen.
SULPITIUS ASPER.
Jetzt lind wir hin! Wahr ists: ich / ich bin der gewesen /
Der durch die schöne Schrifft die Hafen angefrischt
Die ich für Löwen hielt: Daß ärgstes Gift gemischt /
Daß Dolch und Schwerd gezückt auf dich Tirannen werde /
Auf dich des Himmels Haß / dich Greuel-Thier der Erde.
SUBRIUS FLAVIUS.
Verstelle / Blutthund / dich aus Eyfer nicht so sehr;
Daß der nicht häucheln kan; und dein verwehnt Gehör
Mit scharffer Wahrheit heilt! Du soltest schon erdrücket
Und kalt seyn / hette mir nicht Fenius verrücket
Den schon gezückten Dolch.
NERO.
Verdammte Raserey!
Sagt: ob dis ärgste Paar gesunder Sinnen sey?
[236] Ob nicht die Furien in ihrer Seele wütten?
Was hält uns? Daß wir nicht Blitz / Rach und Schwefel schütten
Auf dieser Nattern Kopf? Elender Fürsten-Stand!
Wir küßen unsern Freind / und waffen seine Hand /
Wir laßen einen Wurm in unserm Purper nisten /
Wir säugen eine Schlang an unsern Mutter-Brüsten /
Die keine Wolthats-Milch nicht zahm und sanfte macht /
Noch ihren Bluttdurst füllt. Hett auch ein Mensch gedacht:
Daß / die wir so geliebt / ja noch mehr lieben wolten /
Auf uns solch Meyneyds-Gift verräthrisch schäumen solten?
Wo und wem mag ein Fürst mehr Hals und Leben traun?
Wenn wir die Flügel selbst zu Mordpfeiln werden schaun /
Die uns beschirmen solln. Wir loben Masinißen:
Daß er ließ sein Gezelt mit Hunden rings umbschlüßen / 158
Weil ja der Menschen Hertz nur Gall und Untreu hegt.
Ertzt-Mörder aber sags: Was hat dich Hund bewegt
Solch Schelmstück anzuzieln / den teuren Eyd zu brechen?
SUBRIUS FLAVIUS.
Du kanst an Fingern dir der Sache Grund außrechen
Weil deine Wißenschafft mir selber Zeugnüs gibt /
Daß kein Soldat als ich / so redlich dich geliebt
Als du es würdig warst. Nun aber du durch Morden
Zum Bruder-Hencker bist / zum Mutter-Mörder worden /
Nun du zum Gauckler dich / zum Sänger hast gemacht /
Der Hure zu Gefalln dein Ehweib umbgebracht /
Nun du Mordbrenner / Rom vorsätzlich angezündet /
Man eh in deiner Hand die Fuhrmans-Geißel findet /
Als du den Zepter brauchst / so bilde dir auch ein /
Daß keine Spinne dir / kein Wurm kan Grämer seyn
Als Flavius dich haßt.
NERO.
Schlag Donner her / brich Erde!
Daß dieser Teufel stracks des Abgrunds Bürger werde!
Pfui! schleppt den Hund hinweg / wo ihn kein Tag scheint an!
Weil Fürst und Sonne nicht den Unmensch sehen kan!
Stracks / Niger / schaff ihn fort zu ärgster Pein und Straffen /
Was aber / Hund / zwang dich: Daß du die reinen Waffen /
Durch heilig Fürsten-Blutt nebst dieser Mörder-Schaar
Dich zu beflecken mühst.
SULPITIUS ASPER.
Weil sonst kein Mittel war 159
[237] So vieler Laster Meer am Nero zu erschöpffen.
NERO.
Ziht dieser Buben-Schaum nicht selber seinen Köpffen
Kwal und Verdammung zu?
SULPITIUS ASPER.
Ich wust es ja wol vor
Daß nichts nicht zarter sey als ein Tyrannen-Ohr;
Daß der / der ieden Tag schier tausend Laster stifftet /
Nicht eines hören kan.
SABINA POPPÆA.
Kein Drach ist so vergiftet /
Als böse Zungen sind.
TIGILLINUS.
Was ein Verläumbder schäumt /
Macht kein schwartz Brandmal nicht. Alcides hat enträumt:
Daß ihn der Wahnwitz mag bey seinen Opfern schmehen. 160
Der Lästerer ihr Pfeil pflegt sich stracks umbzudrehen
Und macht die eigne Hand / die ihn geflügelt / wund.
SULPITIUS ASPER.
Wo er auf Unschuld zielt.
NERO.
Stracks / Hencker / köpft den Hund.
SULPITIUS ASPER.
Ein Wermuth-bitter Tod ist ewig Ruhm zu schätzen / 161
Wo das Gedächtnüs sich nicht in Vergäßen setzen
Der alten Thaten läßt:
NERO.
So fället Kopf und Wahn.
TIGILLINUS.
Bell itzt du todter Hund mehr Mond und Käyser an.
SABINA POPPÆA.
Das kalte Laster-Maul läßt noch die Zähne blecken.
NERO.
Den Kopf laßt auf den Pfal / die noch im Kercker stecken.

Nero. Granius Silvanus. Tigillinus. Sabina Poppæa.
NERO.
Bringstu von Senecen uns einigen Bericht?
GRANIUS SILVANUS.
Er stehet wenig zu und sagt: Er pflege nicht
Mit Häuchlern umbzugehn / 162 und denen beyzulegen /
Die mit sich selbst nicht ruhn. Ja was solt ihn bewegen
So eines Bürgers Heil dem Seinen vorzuzihn.
Es kenne sonst kein Mensch so wie der Käyser / ihn /
Der seine Redligkeit aus allzeit-freyen Sitten /
Und wie sein Geist niemals nichts knechtisches gelitten /
Zum öftern selbst erkennt.
NERO.
War er noch so gar frey?
GRANIUS SILVANUS.
Er sprach: Daß Nero selbst sein bester Zeuge sey.
NERO.
Wie aber sahstu ihn sich nicht zum Tode schicken?
GRANIUS SILVANUS.
Sein groß Gemütte ließ kein Sterbens-Zeichen blicken.
NERO.
So geh und meld ihm an dis; daß er sterben muß.
GRANIUS SILVANUS.
Zwar freye Seelen fühln vom Sterben nicht Verdruß /
Weil sie den Leib selbst Koth / die Glieder Fäßel schelten:
[238] Wie aber mag der Fürst so Senecen vergelten
Sein rühmlich Auf-erzihn? Darf ich mich unterstehn
Zu bitten / laße man fürs Recht Genade gehn.
TIGILLINUS.
Wer Nattern liebkoost / macht auch Schlangen Muth zu stechen.
GRANIUS SILVANUS.
Ist bloße Wißenschaft 163 ein Sterbens-werth Verbrechen?
SABINA POPPÆA.
Wenn man Verrätherey weiß / aber sie verschweigt.
GRANIUS SILVANUS.
Wie? aber müßen Freind auch werden angezeigt? 164
TIGILLINUS.
Des Fürsten Wolstand ist für ieden Freund zu sätzen.
GRANIUS SILVANUS.
Dem muß man bleiben treu / und jenen nicht verletzen. 165
SABINA POPPÆA.
Pausanias brach so Themistoclen den Hals.
GRANIUS SILVANUS.
Nicht alle Richter sind Rechtsprecher selbten Falls.
TIGILLINUS.
Umb so viel Schuld hat auch Philotas sterben müßen.
GRANIUS SILVANUS.
Des Senecen Verdienst heißt uns was milders schlüßen.
SABINA POPPÆA.
Der hat für Frembden Schuld / wer / was er baut / reißt ein. 166
GRANIUS SILVANUS.
Sol lang- und treuer Dienst mehr Nach- als Vortheil seyn?
TIGILLINUS.
Der Außgang macht ein Werck zu Wol- und Ubelthaten.
GRANIUS SILVANUS.
Wie bald kan nicht bey Hof ein glatter Tritt mißrathen.
SABINA POPPÆA.
Wer bleibt zu straffn / wenn ein Ancker gleiten mag.
GRANIUS SILVANUS.
Doch / wenn man straft / kommt ja Verdienst in Uberschlag.
TIGILLINUS.
Wer / was er sol / nur thut / darf kein Verdienst anziehen. 167
GRANIUS SILVANUS.
Die Tugend / wenn der Preiß entfällt / wird nicht mehr blühen.
SABINA POPPÆA.
Sie selbst / wo man nicht strafft / wird sich in Laster kehrn.
GRANIUS SILVANUS.
Zu scharffes Straffen pflegt mehr Ubel zu gebehrn.
TIGILLINUS.
Kein Ubel kan entstehn / wenn man thut nach Gesetzen.
GRANIUS SILVANUS.
Man mag für Senecen zwölf neue Taffeln setzen.
SABINA POPPÆA.
Gewinnt dem Manlius wol Seneca was ab?
GRANIUS SILVANUS.
Daß jener Rom erhielt / der uns den Käyser gab.
TIGILLINUS.
Doch hat ihn seine Schuld vom Capitol gestürtzet.
GRANIUS SILVANUS.
Es war dem Richter dort die Gnaden-Hand verkürtzet.
SABINA POPPÆA.
Die Straff und Schuld sind auch bey uns noch Zwillinge. 168
GRANIUS SILVANUS.
Glaubt: Daß den Fürsten nichts so wol als Gnad ansteh?
TIGILLINUS.
Wenn sich das Meer erzürnt / ists schöner anzuschauen. 169
GRANIUS SILVANUS.
Doch für dem Himmel muß / wenn er sich schwärtzt / uns grauen.
[239]
SABINA POPPÆA.
Wenn er die Boßheit trifft / lacht auch sein Blitz uns an.
GRANIUS SILVANUS.
Ists möglich: Daß der Fürst den Lehrer straffen kan?
TIGILLINUS.
Das Gift des Meyneyds läßt auch Vater-Lieb erkalten.
Wenn freche Kinder es mit Catilinen halten /
Mag Fulvius durchbohrn des eignen Sohnes Brust. 170
GRANIUS SILVANUS.
Des weisen Römers Tod wär allzu groß Verlust.
SABINA POPPÆA.
Der fällt so hoch nicht ab / der schon so tief geglitten.
NERO.
Es sterbe Seneca. Spar also Rath und Bitten.

Der Schauplatz stellet für des Piso Gemach.
Maximus Scaurus. C. Piso. Plautius Lateranus. Epaphroditus. Statius Proximus. Etliche Soldaten von der Käyserlichen Leibwache. Ein Diener des Piso.
MAXIMUS SCAURUS.
Nun Piso / nunmehr ists nicht mehr Bedenckens Zeit.
Wir sämtlich sind entdeckt / und Nero schickt bereit
Die Hencker auf uns aus. Ein Theil ligt schon in Ketten /
Ich bin mit höchster Noth durch dich auch uns zu retten
Entronnen aus der Burg. Jedoch hier dis Pappier
Wird unsern schweren Stand dir beßer mahlen für.
C. PISO.
Ich kenn es. Dieses hat Epicharis geschrieben.
SCAURUS.
Mit Tinte / die aus ihr die Folter hat getrieben.
LATERANUS.
Was schreibt die Heldin noch?
PISO.
»Lebt in dir Piso noch
Ein Tropffen Römisch Blutt / so wirf das Zentner-Joch
Des grimmsten Blutthunds ab. Gantz Rom wird Beyfall geben /
Dich als ihr Haupt in Thron / ihn auf den Schandkarn heben.
Nimm nur das Rathhaus ein / und zeige dich der Schaar /
Die nach dir säuftzend wünscht. Ein Held wird durch Gefahr
Bewehrt. Ja wo du's wagst; Wil ich die Luft noch schmecken:
Daß Nerons Zunge wird mein bluttig Feßel lecken.«
SCAURUS.
Flößt nicht die Helden-Schrift auch Marmeln Seelen ein?
PISO.
Man sucht vergebens Rath nun wir vertorben seyn.
LATERANUS.
Wir können / mißlingts gleich / doch ärger nicht verterben.
PISO.
Es ist mehr Schimpf / mit Schimpf in allen Augen sterben.
SCAURUS.
Kein Mensch stirbt rühmlicher als den Tyrannen fälln.
PISO.
Wer wird nach unserm Tod uns eine Schutz-schrift stelln?
[240]
LATERANUS.
Die Rautte gutten Ruhms kan keine Schmach vergiften.
PISO.
Man tilgt der Tugend Lob und ehrt der Häuchler Schriften.
SCAURUS.
Das Denckmal künftger Zeit läscht kein Tyrann nicht aus. 171
DIENER.
Geharnschte Männer / Herr / erbrechen Pfort und Hauß.
LATERANUS.
Nun mag dein schmelich Tod / Furcht und Versäumnüs büssen.
PISO.
Gedult steht willig aus was Gott und Himmel schlüßen.
SCAURUS.
Miß dem Verhängnüße nicht eigne Fehler bey.
PISO.
Wen Tod und Feind nicht schreckt / ist Sorg und Fehlers frey.
EPAPHRODITUS.
Steckstu Verräther / hier nebst deinen Mord-Gesellen?
PISO.
Was wil / ich bin bereit / der Fürst für Urtheil fällen?
EPAPHRODITUS.
Sags: Was für Anlaß dich zum Meyneyds-Stifter macht.
PISO.
Natal hat mich hierzu durch Zauberey gebracht. 172
EPAPHRODITUS.
Wie mag ein Zauberer verfälschen reine Seelen?
PISO.
Der Himmel läßt viel zu den Geistern schwartzer Hölen. 173
Kont er ein wächsern Bild begeistern: Daß es hat
Mir fälschlich wahrgesagt: Der großen Götter Rath
Woll in des Abgrunds Kluft den falschen Käyser stürtzen:
Wie sol er die Vernunft durch Kräuter schlimmster Zirzen
Und Hochmuth anzufülln / und Wahnwitz zu verirrn
Nicht mächtig seyn gewest?
EPAPHRODITUS.
So pflegt sich zu verwirrn
Die Boßheit in ihr Garn. Du woltest Käyser werden.
Der Götz hat nicht geirrt. Nunmehr sinckt zu der Erden
Dein falsches Käyserthumb / und dein geträumtes Reich.
PISO.
Erkenn ich doch die Schuld; auch werd ich mir itzt gleich
Der Adern Drat zertheiln und ohne Zwang erblaßen /
Doch wird der gutte Fürst mir diesen Trost ja laßen:
Mein letzter Wille werd aus Gnaden giltig seyn /
Des Käysers Anwalt nicht die Gütter ziehen ein /
Mein Schatz Antonie nicht meiner Schuld entgelten.
EPAPHRODITUS.
Des Meyneyds Aufsatz kommt in ein Geschlechte selten /
Daß nicht sein freßend Gift in alle Zweige stammt.
Drumb strafft man Weib und Knecht' und Kinder ingesammt.
PISO.
Dis Laster ist bey mir nicht recht zu Kräfften kommen.
Ich habe was gedacht / nichts aber fürgenommen
Aufs Käysers Haupt und Hauß.
EPAPHRODITUS.
Dis Laster ist so groß
Daß schlechter Vorsatz sich nicht würckt der Straffe loß.
[241]
PISO.
Der Will ist weit entfernt von würcklichem Verbrechen.
EPAPHROD.
Man tödtet Schlang und Spinn eh als sie uns wolln stechen.
PISO.
Hab ich doch bald verflucht/ was ich zu erst erwehlt.
EPAPHROD.
Die Reue folgt der Schuld/ wenn ihr der Außschlag fehlt;
Wenn Recht und Hencker schon so Klag als Straff anstrengen.
Doch wird der Fürst vielleicht den Urtheln was enthengen/
Weil du die Schuld erkennst/ und durch geschwinden Tod
Dich langer Kwal entzeuchst.
PISO.
Ich folge dem Geboth.
Schau wie die Adern Blutt aus beyden Armen spritzen!
MAX.
SCAUR.
Laß/ Lateran/ uns auch den Lebens-Brunn aufritzen
Eh als ein Henckers-Bub in ihm die Hände wäscht.
Weil der Tyranne doch nicht eh den Bluttdurst läscht/
Als bis er Rom zur Gruft/ die Welt zur Wüsten machet.
EPAPHROD.
Wol! Biß dein Hencker selbst. Die Schlange wird verlachet/
Die sterbende noch zischt.
LATERAN.
Ich wil eh alle Kwal
Des Wütterichs stehn aus/ eh ich dis schwartze Mahl
Verzagter Kleinmuth mir verzweifelnd an wil brennen.
Du Piso bist ein Knecht kein Römer nicht zu nennen
Nun dich der Tod/ der sonst die Feßel bricht entzwey
Der strengsten Dienstbarkeit/ durch Furcht und Heucheley
Mehr als zum Sclaven macht.
PISO.
Ich wil geduldig büßen/
Nun ich zu späth erkennt: Daß beste Fürsten müßen
Ehrsüchtgen Hencker seyn. Sonst aber schelt ich nicht:
Daß euren Händen Kraft/ dem Hertzen Muth gebricht
Durch eigenhändgen Tod unsterblich euch zu machen.
MAX.
SCAUR.
Rom wird dich Häuchler schmehn/ die Nach-Welt dich verlachen:
Weil auch ein Purpern Tod durch Falschheit wird verstellt;
Denn auch ein Knecht/ der nicht den Tod für schrecklich hält
Ist Halßherr seines Herrn und Richter des Tyrannen.
Mit solcher Freyheit muß man Furcht und Wahn verbannen;
Wenn man/ wie ich itzt thu/ kerbt Flachs' und Arm entzwey.
LATERAN.
Auch solcher Eygen-Mord legt Schimpf/ nicht Ehre bey.
MAX.
SCAUR.
Dis ist des Körpers Wahn/ der Muth und Geist drückt nieder.
LATER.
Kein Mensch auf Erden ist Herr über seine Glieder. 174
[242]
MAX.
SEAUR.
Mag über seinen Leib doch wüten auch ein Knecht. 175
LATER.
Ihn strafft/ wenn er sich nur verstimmelt/ Herr und Recht. 176
MAX.
SCAUR.
Man muß die Edlen nicht in knechtsche Fäßel sperren.
LATER.
Du bist ein Knecht und ich der Götter unser Herren.
MAX.
SCAUR.
Sie sperrn zum Sterben uns ja tausend Thüren auf. 177
LATERAN.
Sie wehrn der Boßheit selbst nicht allzeit ihren Lauf.
MAX.
SCAUR.
Man hemmt durch freyen Tod der Boßheit Lust und Wercke.
LATERAN.
Ein glüend Pferd außstehn ist größrer Seelen Stärcke.
MAX.
SCAUR.
Wenn des Tyrannen Brand kommt Tod und Meßern für.
LATER.
Verhaltner Athem dient zum Mordgewehre dir.
MAX.
SCAUR.
Dein Leben wird zur Kwal/ mein Sterben nun zum Schlaffe.
LATERAN.
Zeucht das Verhengnüs nicht den Eigen-Mord zur Straffe?
MAX.
SCAUR.
Sich selber Tödten rührt selbst vom Verhängnüß her. 178
LATERAN.
Wol! ich ergreiffe gleich dein bluttiges Gewehr
Die Lebens-Fädeme der Adern zu zerschneiden.
STAT.
PROX.
Halt.
LATER.
Ist der Tod verwehrt?
STAT.
PROX.
Du solt ihn anders leiden.
LATER.
Was Bürgern ist vergönnt/ steht Bürgermeistern frey.
EPAPHROD.
Weistu? Daß gleiche Schuld bey Großen größer sey?
LATERAN.
Ihr Götter!
STAT.
PROX.
Immer fort!
LATER.
Wo werd ich hingerißen?
STAT.
PROX.
Dahin/ wo Sclav und Knecht verdammte Laster bißen.
LATER.
Laßt meinen Kindern mich noch reichen einen Kuß.
STAT.
PROX.
Der ist kein Vater mehr der schimpflich sterben muß.
LATERAN.
Wo bleibt Natur und Recht?
STAT.
PROX.
Sie stehn auf Fall und Schrauben.
LATERAN.
Geduld! Wer stirbt/ sol auch dem Hencker halten Glauben.

Reyen.

Europa. Asia. Africa. Die Sibylla von Cuma.
EUROPA.
ASIA. AFRICA.
Große Götter/ wie viel Jahre
Sol der Welt-Kreiß eine Baare
[243] Rom der Völcker Zuchthauß seyn?
Jeder Abgott tritt mit Füßen
Uns / die wir ihm opffern müßen /
Schleust in Stahl und Stein uns ein.
Schickt demnach gerechter Sache /
Große Götter / Rache / Rache!
ROM.
Ihr Sclavinnen / wolt ihr das Joch abwerffen
Das doch ich selbst ich Mutter tragen muß.
Wenn auf mein Haupt die Kinder Dolche schärffen /
So zins' ich Blutt / ihr bloß den Uberfluß /
Ja / wenn ihr nur von ferne Donnern höret /
Wird durch den Blitz mein Hertze selbst versehret.
SIBYLLA.
Der Ungeduld ist iedes Reich zu schwer;
Ein böses Kind flucht seiner Mutter Rutte.
Gott strafft mit Fug mit Drangsal und mit Blutte
Die / die nicht sind von eigner Bluttschuld leer.
Ja wißt: Daß euer Meer verdammter Missethat
Die Tyranney noch nicht halb außgemäßen hat.
ROM.
Verhängnüs nimm mir Kron und Zepter wieder!
Ich mag nicht mehr der Völcker Göttin seyn.
Der Erden Haupt legt für euch willig nieder
Mit so viel Kwal des Purpers falschen Schein!
Jedoch laßt mich noch mein Verhängnis wißen /
Weil Götter doch nichts enderliches schlüßen.
SIBYLLA.
Verlangstu nun Wahrsagung erst von mir?
Sie war umb Geld ja dem Tarquin zu theuer. 179
Geh scharre Buch und Weißheit aus dem Feuer;
[244] Die Asche wird noch Zeichen weisen dir;
Geh lis bey Cumens Klufft die Palmen-Bletter auf / 180
Auf selbten steht vermerckt der künftgen Jahre Lauf.
EUROPA.
ASIA. AFRICA.
Bletter streut der Wind vonsammen
Und wer liset / was in Flammen
Für Geheimnüs ist versteckt?
Vorschmack künftger Angst und Schmertzen
Flößt dem Feinde Trost zum Hertzen /
Wo uns demnach wird entdeckt /
Was den Abgott Rom sol preßen /
Wolln wir Sorg und Angst vergeßen.
SIBYLLA.
Eh als der Glantz der Weißheit krönte mich /
Ward schon ihr Heil gewiedmet Rom zu dienen.
Was kommen sol / und was schon ist erschienen
Sol / ewigs Rom / mein Spiegel lehren dich. 181
Denn das Verhängnüs schleußt nichts so geheimes nicht /
Es bringt die Weißheit es / eh es geschicht / ans Licht.
ROM.
Itzt tritt ein Löw ein güldnes Bild zu Grunde;
Ulyßes schläft bey der Siren itzt ein.
Nun beißt ein Fuchß dem Bilde Narb und Wunde;
Die Natter sticht itzt bis auf Marck und Bein.
Itzt wil ein Äff erst mit ihr Kurtzweil treiben /
Nun wil es gar ein Basilißk aufreiben.
SIBYLLA.
Rom ist das Bild / die Freyheit war das Gold /
Itzt aber ist in Eisen es gewandelt;
Nun Tiranney so schlimm mit dir gehandelt /
Verstehstu nun; Was dis Gemälde wolt?
[245] Jedwedes grimme Thier / das an dem Bilde nagt /
Mahlt einen Fürsten ab / der dich zeither geplagt.
ROM.
Wahr / leider ists. Des Cæsars Löwen-Klauen
Zermalmeten der Freyheit güldnes Bild.
Augusten sehn hieß recht Sirenen schauen /
Sein Glimpff stahl / was für Grimm ich noch behielt.
Kein schlimmer Fuchs kan als Tiber nicht leben /
Er konte Gift in güldnen Pillen geben.
Der Cajus war zur Natter mir gebohren / 182
Und außerwehlt zum Phaeton der Welt.
Hat Claudius der Affe seiner Thoren
Der Knechte Knecht mehr Römer nicht gefällt /
Als Tiranney. Ja meine Seel empfindet:
Daß Nero Basilißken überwindet.
EUROPA.
ASIA. AFRICA.
Basilißken / Nattern / Affen /
Fuchß / Sirene / Löwen schaffen
Nicht so große Kwal und Pein;
Als bis itzt auf diese Stunde
Rom die Wölfin unserm Munde
Gift und Schmertzen flößet ein.
Demnach wollt ihr Götter schlüßen:
Daß Rom beßer müße büßen.
SIBYLLA.
Rom büsset ja! Kommt schaut die Thier umbdrehn.
Schaut Basilißk und Äff und Nattern kommen;
Der Fuchs folgt / die Sirene komt geschwommen
Und endlich läßt sich auch der Löwe sehn.
Doch wil ich dir / Rom / klärer stelln für Augen
Die / die dir noch solln Marck und Bein aussaugen.
[246]
ROM.
Ich sehe sich itzt einen Beer aufsetzen /
Nun kratzt mich eine Katze bis aufs Blutt /
Itzt wil ein Schwein auf mich die Zähne wetzen /
Nun saugt mir aus die Aegel Milch und Gutt.
Itzt liebkoßt mir ein Hund / der doch auch beißet;
Nun seh ich / wie ein Tiger mich zerreißet.
SIBYLLA.
Der Beer wird seyn des Galbe strenger Wahn /
Die Katze wird am Otho seyn zu schauen.
Das Schwein Vitell wird rasend umb sich hauen /
Die Aegel ist der Geitz Vespasian /
Wenn Titus leckt und kost / siht doch ein Hund herfür;
Dem folgt Domitian das grimmste Tygerthier.
ROM.
Ach! ward ich denn darumb die Sonn auf Erden:
Daß ich durch diesen Thier-Kreiß müße gehn /
Wo nur Irrlichter glimm- und brennend werden
Und solche zwölf erboßte Thiere stehn /
Die zwar im Thron als holde Sternen lachen /
Doch würckende sich zu Cometen machen.
EUROPA.
ASIA. AFRICA.
Wol! wol! Die gerechte Rache
Nimmt sich unser gutten Sache
Mit gewünschtem Nachdruck an.
Ja nun Rom nur muß erfahren:
Daß kein Wolf geraubte Wahren
Ohne Schmertz verdeihen kan;
Haben unsre Schmertz- und Wunden
Rache / Salb und Pflaster funden.

5. Akt

[247] Die Fünffte Abhandlung.

Der Schauplatz bildet ab des Senece Gemach.
Seneca. Martius Festus. Paulina.

MARTIUS FESTUS.
So läßt uns Seneca in Noth / sich in Gefahr.
SENECA.
Natal hat euch entdeckt was zu entschlüßen war.
MARTIUS FESTUS.
Wie wird Epicharis nicht diesen Schlag empfinden.
SENECA.
Die alles überwand darf nichts mehr überwinden.
MARTIUS FESTUS.
Der Blutthund blüht / da ihr doch Krafft und Geist gebricht.
SENECA.
Die Tiranney wiech ihr / sie dem Tyrannen nicht.
MARTIUS FESTUS.
Daß Grimm und Hencker könn aufs neue mit ihr spielen.
SENECA.
Sie und ein Weiser kan die minsten Schmertzen fühlen /
Schleuß ihn schon Phalaris in glimmen Ochßen ein.
MARTIUS FESTUS.
Des Zeno Glieder sind auch fleischern / nicht von Stein.
SENECA.
Brennt aber gleich sein Leib / so sigt doch sein Gemütte.
MARTIUS FESTUS.
Dis alles lehnt nicht ab die so gerechte Bitte.
SENECA.
Was euch vergünftigt ist / ist Senecen nicht recht.
MARTIUS FESTUS.
Wie reimt sichs Weise seyn / und ein Tyrannen-Knecht?
SENECA.
Ein Weiser bleibt auch frey in Feßeln des Tyrannen.
MARTIUS FESTUS.
Doch freyer / der ins Joch die Tyranney hilft spannen.
SENECA.
Der dient Begierden schon / wer die nicht dulden kan.
MARTIUS FESTUS.
Der Himmel nimmt sich selbst gerechter Rächer an.
SENECA.
Kein Recht vergönnt mir mich am Nero zu vergreiffen.
MARTIUS FESTUS.
Läßt die Natur nicht zu auf Mörder Mordwehrn schleiffen?
SENECA.
Wie daß die Furcht den Hirsch / die Flucht die Taube schützt? 183
MARTIUS FESTUS.
Wie daß dem Löwen sie so Zahn als Klauen spitzt?
SENECA.
Am Menschen aber ist nicht Klau und Zahn zu schauen.
MARTIUS FESTUS.
Die Waffen der Vernunft bezwingen Löw und Klauen.
SENECA.
Der hat Vernunft / der Mord und Unheil nicht spinnt an.
MARTIUS FESTUS.
Noch mehr der welcher sich erhält / im Fall er kan.
SENECA.
Wir sollen ohne Mord uns der Gefahr entziehen.
MARTIUS FESTUS.
Es schafft mehr Ruhm der Noth begegnen / als sie fliehen.
SENECA.
Verscharrn auch Thiere doch den Fuß-Pfad umb ihr Nest. 184
MARTIUS FESTUS.
Doch ist den Furchtsamen dis oft ihr Grab gewest.
SENECA.
Kein beßer Schild ist nicht als seiner Unschuld trauen.
[248]
MARTIUS FESTUS.
Kommt nicht das Reh ins Wolf- die Taub ins Habichts Klauen?
SENECA.
Meist schafft der Vorwitz Noth / und Sicherheit Gefahr.
MARTIUS FESTUS.
Wie? Daß selbst Seneca für ihm nicht sicher war.
SENECA.
Was hat der Fürst erpreßt / und was ist mir genommen?
MARTIUS FESTUS.
Du bist von Hof und Gunst nach Hauß in Ungunst kommen.
SENECA.
Der Fall ist mir ein Glück und der Verlust Gewien.
MARTIUS FESTUS.
Was aber muß für Schmertz solch Undanck nach sich zihn?
SENECA.
Auch dem Vertheidigten reckt Cicero den Nacken. 185
MARTIUS FESTUS.
Es wird auch ein Popil dir noch den Kopf abhacken.
SENECA.
Nichts ist so herb / aus dem ein Weiser nicht schöpft Trost. 186
MARTIUS FESTUS.
Auch wenn der Undanck sich auf die Verdienst' erbost?
SENECA.
Auch / wenn dem Socrates Athen schon Gift einschäncket.
MARTIUS FESTUS.
Es ist Natürlich: Daß uns Leid und Unrecht kräncket.
SENECA.
Man kan dem Weisen Leid und Unrecht nicht thun an. 187
MARTIUS FESTUS.
Der Blutthund Nero lehrt / was Boßheit wagen kan.
SENECA.
Sie wagt viel / sonder Frucht; ja wenn der Abgrund stürmet /
So bleibt ein Himmlisch Geist doch durch sich selbst beschirmet.
Der Demant machet stumpf den Stahl / der Felß die Flutt /
Und Salamandern ist noch viel zu kalt die Glutt.
Laß jenen Wütterich den Tag mit Pfeilen schwärtzen / 188
Nicht einer trifft den Zweck der güldnen Himmels-Kertzen;
Und Xerxes / deßen Wahn das Meer mit Rutten streicht /
In Abgrund Ketten wirft / lernt: Daß sein Arm nicht reicht /
Dem Waßer weh zu thun / und den Neptun zu binden.
Ja / wie die Götter selbst nichts schmertzliches empfinden /
Wenn man ihr Bild zerbricht / die Tempel äschert ein:
So / weil die Weisen ja auf Erden Götter seyn
Und Geister über Sonn und Sternen in sich nehren /
Kan Unfall zwar den Leib ihr bloßes Bild verzehren /
Nichts aber Irrdisches dem Geiste Schaden thun.
Weil in nicht außer ihm so Schatz als Wesen ruhn.
Das Glück ist ihm ein Weib / das nichts hat zuzubringen /
Und / wenn es mit ihm kämpft / ihm nichts weiß abzuringen;
Weil Flamm und Schiffbruch nicht sein unbeschadet Gutt
[249] Die Tugend rauben kan. Als Megara durch Glutt /
Des Stilpons Hauß durch Brand / 189 sein Geld durch Raub vergangen
Er samt den Töchtern selbst vom Feinde war gefangen /
Ja selbst der Tempel Last auf ihre Götter fiel /
Rief er: Poliorcet erhebe wie er wil
Des armen Siegs Gewien / und daß itzt sein Gelücke
Auf meine Meister spielt und tausend andre drücke:
Daß Ehrgeitz dort sein Ampt / der Geitz sein Geld beweint;
Ich habe nichts verlohrn. So / da es nunmehr scheint:
Daß Nero mir nicht mehr die armen Gütter gönne /
Hat er: Daß Seneca den Tand verrathen könne /
Und das geschenckte Nichts ihm wieder bitten 190 an /
Fürlängst von mir gelernt. Weil ja kein Glücks-Gutt kan
Besitzthumbs würdig seyn / nach dem das Hertz uns henget /
Das Ruh und Schlaff uns stört / so bald man es empfänget
Und das man für Verlust / wenn mans verlohrn hat / schätzt.
Wird unter den Vatin auch Cato gleich gesätzt /
Vom Pöfel angespien / sein Rock ihm abgerißen /
Hat er vom Richterstul und Ampte steigen müßen;
So tritt ihm Cæsar doch den Thron der Tugend ab /
Ja mit ihm leget sich die Freyheit in sein Grab.
So / und noch minder darf ein Seneca sich schämen /
Wenn Tigillin für mir den Vorsitz ihm darf nehmen.
Solch Schimmer / durch den sich der Ehrgeitz bländen läßt /
Gleicht Blasen / die ein Kind aus Seif und Waßer blaßt.
Läßt denn ein Wütterich uns gar das Liecht außblasen /
Und durch sinnreiche Pein auf Hals und Glieder rasen /
Wenn Hencker und Tyrann am schärfsten wil gebahrn /
So läßt der Seele Kern des Leibes Schale fahrn /
Entschlippt der Folterbanck / so wie die Luft den Streichen;
Ja / wenn / was irrdisch lebt und Knecht ist / muß erbleichen
So blüht das Himmlische / der Geist wird Feßel-frey
Und Tod und Todfeind legt uns Ruhm und Siegs-Krantz bey.
MARTIUS FESTUS.
Pröxaspes heuchelt dir / 191 und liebkoost dem Tyrannen /
Wenn er mit Lachen sith Cambysens Bogen spannen
Auf seines Sohnes Hertz / und der scheint dir befleckt /
[250] Dem an des Königs Tisch der Kinder Fleisch gut schmeckt; 192
Und du gibst Lachen drein / darfst recht und weis' es loben /
Mit starrem Auge sehn auf Recht und Unschuld toben /
Gewiß: Wer's Vaterland nicht rettet wenn er kan /
Steckt Furien ein Licht /Tyrannen Weyrauch an;
Stürtzt Völcker in Verterb / hilft Freinden auf die Baare
Und baut mehr als Busir den Göttern Mord-Altare.
SENECA.
Es scheint nichts Neues mir: Daß Unschuld Schuld muß seyn.
Kan Cleonicus mir kein Gift-Glaß bringen ein /
So schäumt Suillius auf mein unschuldig Leben 193
Verläumbdungs-Gifft und Jäscht. Am Seneca muß kleben
Mehr Boßheit / als er nie verdammt in Schriften hat
Und andern fürgerückt. Bald sol er haben Rath
Zum Bruder-Mord ertheilt / bald sich mit Agrippinen
Durch geile Brunst befleckt.
MARTIUS FESTUS.
Dis alles kan dir dienen
Zur Warnung: Daß wer nur Tyrannen Pflaumen streicht /
Bey ihnen keinen Danck / bey andern Spott erreicht.
Die Nachwelt / sichre dich / wird noch den Nero rühmen / 194
Und seiner Laster Schmach durch deine Schuld verblümen /
Des Mutter-Mörders Dolch dir mahlen in die Hand.
SENECA.
Nichts Wunder / weil Busir auch eine Lob-schrift fand / 195
Daß meine Unschuld muß auch Nerons Schuld weiß brennen.
Doch kan kein frembder Wahn den Glantz von Tugend trennen /
Ob blöden Augen schon ihr Schön-seyn nicht gefällt.
Bey uns stehts / was wir sind / nicht was man von uns hält.
Gesätzt: Daß andre nun uns wiedrig urtheiln mögen /
Der Lauf der Sternen kehrt sich auch der Welt entgegen / 196
So / was der Pöfel schilt / hält meist ein Weiser werth;
Und lacht des Lästerers. Auch Socrates verkehrt
In Lachen 197 und in Schertz / so / wenn Xantipp ihm fluchet /
Als wenn in offnem Spiel ein Narr ein Gauckler suchet
Ihn stachlicht aufzuzihn. Kurtz / wie die Welt bewand
Ist über Mond / und Luft / 198 so ist des Weisen Stand /
Gesätzt / daß Wolck und Feind sonst Blitz und Kwal außschütte /
Ihm scheinet Sonn und Luft doch immer im Gemütte.
PAULINA.
Mein Licht! ach nun wirds wol umb uns geschehen seyn!
[251]
SENECA.
Was sicht / mein Schatz / dich an?
PAULINA.
Ins Hauß dringt Kriegs-Volck ein.
MARTIUS FESTUS.
Was ich dir wahrgesagt / ist leider! gegenwärtig.
SENECA.
Ein Weiser hält sich stets auf ieden Zufall fertig.

Cotuald ein deutscher Hauptmann. Seneca. Paulina. Statius Annæus. Martius Festus. Etliche deutsche Soldaten von der Käyserlichen Leib-Wache. Dyphax und etliche andere Knechte des Seneca.
COTUALD.
Der Fürst wil Senecen nicht lebend wißen mehr.
SENECA.
Vollbringe was er schafft. Ich sehne mich so sehr
Nach Angst und Leben nicht / und wenig Kummer-Jahren.
COTUALD.
Der Käyser läßt dir noch die Gnade wiederfahren
Daß du dir einen Tod willkührlich magst erwehln.
PAULINA.
Muß man den Sterbens-Zwang noch unter Gnaden zehln?
COTUALD.
Nur sags: Ob du nicht selbst dein Urtheil wilst erfüllen?
SENECA.
Nicet gib mir den Dolch / Palur den letzten Willen. 199
COTUALD.
Den letzten Willen ist zu schlüßen es nicht Zeit.
SENECA.
Dis ist der letzte Wunsch und Trost der Sterbligkeit.
COTUALD.
Die Gütter sind verfalln / die du meinst zu vermachen.
STATIUS ANNÆUS.
Man nimmt mit Schimpfe weg vorhin geschenckte Sachen.
COTUALD.
Der Käyser lernt an dir: Daß kleine Wolthat Gunst /
Zu große Feinde macht.
SENECA.
Durch diesen blauen Dunst
Wird Nero aller Welt Gesichte nicht verbländen.
COTUALD.
Viel minder du durch Schein verdiente Straff abwenden.
SENECA.
Dem Weisen ist der Tod auch Armuth keine Pein.
STATIUS ANNÆUS.
So gehts / Tyrannen muß ihr Wol-thun Wucher seyn /
Die Diener nur ein Schwamm / dem sie Vermögen gönnen:
Daß sie aus ihm zur Zeit auf einmal drücken können /
Was Sorgen und Verdienst und Zeit gesamlet hat.
MARTIUS FESTUS.
Was ist des Senece so große Mißethat?
Die Leib und Gutt verwirckt? Den Opfern / die man schlachtet /
Nimmt man den Schmuck sonst nicht.
SENECA.
Hier wird für Recht geachtet:
Daß des Erwürgten Kleid dem Hencker stehe zu.
Glaubt aber: Daß solch Raub am minsten weh mir thu.
[252] Des Lebens Reif' ist aus / was ist der Vorrath nütze?
Die Bürde drückt nur mehr. Ja / weil ich was besitze /
Was einen Tigillin vielleicht ins Auge sticht /
Geschicht es: Daß man mir so bald den Hals abspricht.
Doch hett ich ohne Zwang ihm wieder heim gegeben /
Was seine Aegeln reitzt. Gold / an dem Seelen kleben /
Ist schon nicht sein / weil es das Kupfer schnöder Luft
Als schlimmen Beysatz hat. Der Weißheit ist bewust:
Daß dieser nur sey reich / der Reichthum weiß zu haßen /
Und / wenn es Unlust schafft / kan wieder fahren laßen.
Weil ich / ihr Freinde / denn euch sonst nichts laßen kan /
So nehmt mein Ebenbild des Lebens von mir an /
Das / ist es anders nicht zur Tugend Gipffel kommen /
Sein Absehn doch stets hat auf diesen Zweck genommen.
Jedoch das Wollen ist in großen Sachen viel /
Ja die Begierd allein zu kommen an ihr Ziel /
Hat schon der Eitelkeit den Vorthel abgerennet.
Die Buhlerin hab ich vom Nahmen nur gekennet;
Der Weißheit grösten Theils gewiedmet meine Zeit /
Zu welcher ihr mir selbst ein Licht gewesen seidt.
Und / wolte Gott / daß ich verwiesen blieben wehre /
In Cyrnos Einsamkeit umbringt von Felß und Meere /
Doch Meister des Gelücks und im Gemütte frey /
Entfernt von Hof und Neid und strenger Tiranney;
Daß Agrippine mich nicht mehr geschätzet hette
Als Cajus / was ich schrieb / 200 daß ich niemals am Brette
Gewest beym Käyser war. Ich hette nie verspürt /
Was der so süße Hoff für Wermuth bey sich führt;
Noch was die Ehrfucht kan in einer Agrippine;
Auch nie den Halß verdient der geilen Meßaline.
Ja Nero hat die Zucht so sauer mir gemacht /
Als den / der Tyger zähmt / ein Drachen-Nest bewacht /
Nicht seine Müh kommt an. Noch wil der Argwohn schlüßen:
Ich hett ihm allzu sehr den Zügel laßen schießen;
Wenn ich: Umb daß er nicht Rom preßte Thränen aus
[253] Ihn ließ die Harffe spieln. Itzt nun Poppe' sein Hauß
Und Tigillin bestellt / ist Unzucht / Brand und Morden
Des Käysers Zeit-Vertrieb / der Römer Schauspiel worden.
Sein Raub lehrt auch den Neid / der mir mein Gutt wirst für:
Er hab es nicht geschenckt nur eingesätzt bey mir /
Umb selbtes zu verwahrn für seinen Pflaumen-Streichern
Und durch Freygebigkeit sich selber zu bereichern.
PAULINA.
Itzt gibt sein Grausam-seyn der Wolthat ihren Danck /
Und Unschuld fühlet Straff und Tugend Noth und Zwang.
SENECA.
Der Tugend Frühlings-Lust ist Hagel / Sturm und Flamme.
Sie hat zur Mutter Schweiß / und Elend zu der Amme
Das Unglück handelt sie wie Phidias Porphier
Und macht durch Feil und Brand erst ein schön Bild aus Ihr;
Ja all ihr Schmuck besteht in Thränen / Blutt und Aschen.
So wird die Perle schön durch scharffe Flutt gewaschen /
Der Wellen Saltz-Schaum gibt Korallen ihren Schein
Und Stahl und Feuer macht so Gold als Demant rein;
Und unser Sonnenschein besteht in Blitz und Wettern.
Der Wollust Nattern spieln in sanften Rosenbettern /
Sie findt auf Seide kaum / wir auch auf Disteln Ruh;
Wir heiln die Wunden uns mit Myrrh und Eßig zu /
Sie kan Jaßminen-Oel kaum auf dem Schaden leiden.
Wir laßen Lung und Brust uns aus den Brüsten schneiden
Und fühlen minder Pein als Hencker / die vollzihn
Was Rach und Blutt-Durst heist. Die zwey / glaubt / henckern ihn
Viel ärger / als er mich / der / wenn ers gnädig meinet /
Spricht Halß und Leben ab.
COTUALD.
Der Käyser selbst beweinet
Daß er den / den er liebt / muß sünd- und strafbar schaun.
STATIUS ANNÆUS.
Die Thränen die ein Feind läßt aus den Augen thaun
Ist Waßer / wie ein Bild aus Marmel von sich spritzet /
Und das bey Hitz und Brand aus feuchtem Holtze schwitzet.
Ist ein bluttgierig Hertz nicht von Empfinden frey /
So glaubt: Daß / wenn es weint / es voller Feuer sey
Und Mord und Rache koch.
SENECA.
Ich wünsche zu erblaßen /
Weil es der Käyser heißt / die Götter es zulaßen /
[254] Und das Verhängnüs rufft. Hat doch mein Schatten mir
Im Leben ieden Tag den Tod gebildet für;
Und iede Nacht gelehrt: Daß alles muß erkalten.
Ich hab auch bey der Luft Egyptisch Tisch gehalten /
Ein abgefleischt Geripp in letzter Tracht gesätzt
Zum Schaugerichte für; mit Töpffen mich ergetzt
Von Todten-Asch erfüllt. Wer / was ich schrieb / wird lesen /
Wird urtheiln: Daß der Tod mein Mittel-Punct gewesen /
In dem Gedanck und Schrift als Striche sich verlohrn /
Die aus dem Zirckel warn der Eitelkeit gebohrn.
Mein Licht der Wißenschafft ward dieser Nacht geweihet /
Und alle Blumen hab auf Gräber ich gestreuet /
Wormit die Weißheit prangt. Nun sol das Werck thun dar /
Ob sichs so muttig stirbt so keck die Rede war.
Gewis wer nur begreift: Daß wir durch Tod und Sterben
Des Lebens Unlust fliehn / wo nicht mehr Luft erwerben /
Daß man die Seele nicht sätzt mit dem Leibe bey / 201
Der weiß schon: Daß sonst nichts am Tode schrecklich sey /
Als nur die Furcht für ihm; Daß / was man nicht kan meiden /
Nicht fürchten / sondern nur erwarten sol zu leiden.
Zu dem / wir sterben ja schon vom Geburthstag an /
Wie daß der letzte Tropf' 202 uns erst so lieb seyn kan?
Da doch das minste Theil der Sand-Uhr unsers Lebens
Lauft nun empfindlich aus. Wir flihn den Schluß vergebens /
Den das Geburts-Licht uns ins Himmels-Buch schreibt ein /
Mit Ziffern / welche selbst Chaldeern frembde seyn /
Die Gott nur lesen kan / und Weise nur verstehen.
PAULINA.
Wie daß Tyrannen es nicht pflegt so arg zu gehen?.
Und mag ein Tod von Schimpf und Wehmuth bleiben frey /
Wenn Todten man ins Grab legt grause Laster bey?
SENECA.
Pauline / Nero wird so froh wie wir nicht sterben.
Er fühlt die Furien ihm schon den Tod erherben /
Der Freinde Thrän und Wunsch dient zur Ergetzung mir /
Ihm stellt der Mutter Geist sich zur Erinnys für /
Und ieder Schatten wil sich seinem Hencker gleichen.
Ja ein gewaltsam Tod ist itzt der Unschuld Zeichen.
[255] Was schmertzt mein Tod euch denn? Wir leben in der Pest
Der Zeit / da wer sich nicht zum Werckzeug brauchen läßt
Der Boßheit / wird ihr Ziel; Da / gleich als Wölff- und Beeren
Die Bürger in der Welt / die Tyger Fürsten wären /
Da säufzend Angst-Geschrey gemeines Athemhohln /
Mordthaten Kurtzweil sind. Bleibt also Gott befohln /
Ihr Freinde / die ich nun zu gutter Nacht gesegne;
Der helffe: Daß euch nicht was Schmertzlichers begegne.
Pauline / mäßige / mein Schatz / mein Licht / dein Leid /
Beginne mit Vernunft / was andre mit der Zeit.
Ob deine Thränenbach zwar dein Geschlecht entschuldigt /
So weise doch: Daß du der Weißheit hast gehuldigt /
Die nichts Empfindlichs hat / daß du die Seule bist /
Die doch gerade bleibt / wenn sie gesenckt gleich ist;
Daß / wie behertzt ich sterb / auch du den Schlag empfindest /
Und mitten in der See des Unglücks / Hafen findest.
Daß / wenn man Senecen gleich tödtet und begräbt /
Sein Ebenbild doch noch in der Pauline lebt.
PAULINA.
Was für Gesätze wil mein Schatz Paulinen schreiben?
Sol Seneca vergehn / Pauline lebend bleiben?
Sol / die in Glück und Lust sein halbes Theil sich prieß
Im Hause Senecens / das Stoa war und hieß /
Aus seinen Lehren / nichts als Furcht gelernet haben?
Und sol sein Todten-Topf die Asche nicht begraben
Derselben / die in ihm gelebt hat / nicht in ihr?
Mahlt sein Exempel uns nicht / was zu thun sey / für?
Die Würmer können nur halb sterben und halb leben /
Solln die nun unsrer Seel ein falsches Vorbild geben?
Der Rath ist Senecen nicht ernst- auch ähnlich nicht.
Denn / wer das Leben rühmt / mahlt mit der Kohl ein Licht;
Und den der Tod erschreckt / der fürchtet sich für Schatten.
Wil mir nun Seneca zu sterben nicht verstatten /
Der mir dis Thor selbst hat zur Freyheit aufgethan?
Verschrenckt man mir mit Fug die selbst erwehlte Bahn?
Nein! Nein! Paulin entschleust was Senecen gebührte.
Ja da die Zagheit auch uns auf den Irrweg führte /
[256] Würd uns der Wütterich / der die / die ihn gebahr
Zur Welt und auf den Thron / und zweymal Mutter war /
So wie den Lehrer itzt bluttdürstig aufgerieben /
Den Mord-Spruch über uns drey Tage wol verschieben?
SENECA.
Was hetzt auf sie ihn an?
PAULINA.
Es ist der Boßheit Brauch:
Verletzten Feind zu seyn. Gesätzt / daß Nero auch
Das Leben möchte mir so wie ein Gunst-Recht gönnen /
Würd ich die bluttge Faust als gnädig küßen können /
Die durch des Bruders Hertz / der Mutter Därmer fährt?
Des Silla Wirth wil nicht des Lebens seyn gewehrt
Von ihm / umb daß er so auf andre Bürger wüttet:
Und ich soll / nun er Rach und Mord hat außgeschüttet /
Auf dich mein halbes Ich / umbs Leben ihn flehn an;
Die / wenn mein Seneca stirbt / nicht mehr leben kan?
SENECA.
Das Leben zeugt ich dir / sein Wermuth nur zu schmecken /
Wie Mütter / die die Brust zwar ihren Kindern recken /
Die Wartzen aber schmiern mit bittren Säften ein
Wenn sie der Mutter-Milch nunmehr entwehnt solln seyn.
Wiß auch: Daß ich den Tod darumb nicht rathen wolte /
Daß sie ihn von sich selbst so keck erwehlen solte.
Gewiß Pauline stirbt so rühmlicher als ich.
Sie fleucht das Leben recht / das Leben aber mich;
Sie kiest freywillig aus / ich nur aus Zwang die Baare:
Sie opfert Blüth und Kern / ich nur den Schaum der Jahre.
Pauline / nun ists Zeit zu sterben. Dyphax schneid
Uns Flachs' und Adern auf.
DYPHAX.
Herr / solch ein Hertzeleid
Kan nicht mein Auge sehn / nicht meine Faust beginnen.
SENECA.
Du wirst so Ruhm als Danck durch diesen Dienst gewinnen.
Kom schneid der Adern Drat / der Seele Kett entzwey /
Und schaffe daß dein Herr dein Freygelaßner sey.
DYPHAX.
Ich wolt eh selbst den Dolch in meinem Blutte färben.
SENECA.
Dein Kleinmuth lehret mich: Daß / wer begehrt zu sterben
Zu Glück und Tode nicht geborgter Armen darf.
Gib mir dein Meßer her. Ists spitzig auch und scharf?
Mir und dem Cato ists nicht schimpflicher / 203 das Leben
Zu bitten / als den Tod. Zorn und Begierde geben
Den Stahl sonst in die Hand / mir reicht die Tugend ihn.
[257] Die Adern sind zerkerbt. Nun brauch ihn auch Paulin.
PAULINA.
Laß uns den edlen Dolch in seinem Purper küßen!
Nun ist der Lebens-Drat mein Feßel auch zerrißen /
Das Thor zur Ewigkeit geöfnet durch die Wund.
SENECA.
Erwünschter Freyheits-Tag! Verlangte Freuden-Stund!
An welchem Tiranney und Tugend wird vergnüget.
Danckt / ihr Soldaten uns: Daß ihr ein Mittel kriget
Den schlimsten Hencker-Dienst von euch zu lehnen ab.
Mich / denckt die Zeit: Daß Rom euch aufzuheben gab
Den Fürsten und sein Heil / itzt / nun die Hofe-Raben
Die Adler unter lieh / die Welt zum Aaße haben /
Nachdem des Burrhus Ampt ein Tigillin nimmt ein /
Müst ihr der Lader Schirm / des Blutthunds Schergen seyn;
Poppeens geilen Mund / den andrer Scham beschämet / 204
Das Wort euch geben hörn.
COTUALD.
Wer sich der Zeit bekwemet /
Der Fürsten Rath nicht forscht / ist frey von Mißethat.
Du mache / daß es einst mit dir ein Ende hat.
STATIUS ANNÆUS.
Meinstu: Daß Angst und Furcht der Adern Röhr verstopffen?
Sein fast versiegen Kwäll des Bluttes rinnt mit Tropffen /
Weil Sorgen Kräfte fehln / dem Alter Blutt gebricht.
SENECA.
Der Fürst läscht durch mich aus ein schon verglommen Licht /
Versänckt ein morsches Schiff / das schon fing an zu sicken.
PAULINA.
Gewiß / weil Nero nichts als Blutt gewohnt zu trincken /
Wird sein gefüllter Wanst ein reicher Spring-Brunn seyn /
Wenn er sein Hencker ihm den Dolch wird stoßen ein.
SENECA.
Der Tod pflegt Furchtsame nur zeitlich zu bestricken /
Wer ihms Gesichte kehrt / dem weiset er den Rücken;
Mein Wunsch zu sterben preßt vergebens Seel und Blutt.
Wie oder fehlet Luft: Daß die versperrte Flutt
Nicht sein Behältnüs läßt? Laßt uns mehr Luft ihr machen.
Den Dolch her!
COTUALD.
Wer wil nicht der zarten Wunden lachen?
Habt ihr / wie ihr euch rühmt / so sehr zu sterben Luft
So stost den kalten Stahl ins Hertze durch die Brust /
Und kürtzt euch Schmertz und Tod.
SENECA.
Wer Wermuth nicht verdeuen
[258] Und Schmertz verschmertzen kan / verschlingt nur ohne Keuen
Die Artzney herber Pein. Mir schmeckt nichts bitter nicht.
Denn / wenn die Marter gleich den Leib den Knecht ansicht /
So sith die Seele doch so froh die Glieder zittern /
Als wenn ein Sieger hört der Sclaven Feßel schüttern /
Singt / wenn der dürre Leib am Schwefel-Pfale glüht /
Wie Nero / wenn Rom brennt / ein lustig Sieges-Lied.
Nur diesen Schmertz fühl ich / den du / Pauline / leidest;
Weil du die Seele mir mehr als dein Fleisch durchschneidest /
Ja mein so langsam Tod die Pein dir größer macht.
Du schweigst! Sie werde bald ins andre Zimmer bracht.
Ihr Götter / aber was ist Senecens Verkerben:
Daß / wenn ein Wütterich ihm nicht verwehrt zu sterben /
Ihr ihm den Tod mißgönnt? Der nur von hinten zu
Ist schrecklich / wenn er fleucht. Mein Freind Anneus / thu
Uns doch den Libes-Dienst / hilf ab so schwerem Leben
Durch Gift / weil du mir nicht kanst beßer Artzney geben /
Die auch dem Geiste dient.
STATIUS ANNÆUS.
Ach! mutte mir nicht an /
Was Henckern kaum gebührt / kein Freind beginnen kan.
SENECA.
Die Liebe zückt zur Zeit so wol als Zorn den Degen /
Egnatz entschleust sich Stahl und Hand an Sohn zu legen / 205
Der stößt den Vater durch / eh als der Feind sich sol
Mit ihrem Blutte kühln. Wer Arrien spricht wol:
Daß sie den bluttgen Dolch 206 aus Wund und Brüsten reißet /
Dem Ehman ihn stellt zu / ihn ihr es nachthun heißet
Wer Senecen traut zu: Daß er Paulinen libt /
Wenn er den Stahl ihr schon zum Aderlaßen gibt /
Der wird als einen Artzt dich erst in Himmel heben /
Wenn du durch Gift mir wirst das wahre Heil eingeben /
Was nimmermehr erkranckt.
STATIUS ANNÆUS.
Ich folge doch aus Zwang!
SENECA.
Willkommen! süser Saft! Wahrhafter Götter-Tranck!
Ich sehe Socraten mir diesen Kelch zutrincken /
Ja aus den Sternen mir den großen Geist zuwincken.
Da auch mein Schatten nicht so einer Sonne gleicht /
Genung: Daß Seneca wie Socrates erbleicht.
[259]
STATIUS ANNÆUS.
Verlangstu schnellen Tod und Linderung der Schmertzen /
Begib / weil sonst das Gift nicht dringen wird zum Hertzen
In die mit heißer Flutt gefüllte Wanne dich / 207
Daß das erstarrte Blutt in Adern rege sich.
SENECA.
Viel / die den Riesen sich an Muth und Kraft verglichen /
Sind oft durch einen Ball in Schertz und Spiel erblichen. 208
Des Aeschilus sein Haupt erschellt ein Schnecken-haus /
Mit dem Anacreon machts eine Weinbeer aus;
Speusippus find den Sarch in geilen Weiber-Hüften;
Und Flutt / Gift / Meßer kan nicht meiner Seele lüften
Die Außfahrt aus der Kwal.
STATIUS ANNÆUS.
Der Sturm-Wind zwingt oft nicht
Den Nachen / wenn der West ein Orlog-Schiff zerbricht:
Doch muß zuletzt ein Kahn auch seinen Wirbel finden.
SENECA.
Es scheint: Daß mir nunmehr so Aug als Licht verschwinden /
Die Welt-voll Menschen dünckt ein Ameiß-Hauffen mich /
Die Häuser baun aus Staub / und umb ein Senfkorn sich
In Schlachten laßen ein / ins Waßer Furchen graben /
Und weil sie Wind aus-feen; nur Rauch zu erndten haben.
Mein Geist legt nunmehr Schal und Leib und Feßel hin /
Und freut sich; Daß ich frey von Eitelkeiten bin /
Und aus der See der Welt in Sterbens Hafen lende.
Ihr Freinde gutte Nacht! Mein Leben hat ein Ende.
Erlöser Jupiter nimm dis mein Opffer an / 209
Die Hand voll Blutt / weil ich dir sonst nichts opffern kan.

Der Schauplatz stellet der Verurtheilten Mord-Platz für.
Vejanus Niger. Subrius Flavius. Fenius Rufus. Etliche Soldaten und Hencker.
FENIUS RUFUS.
Ach! ist der Schimpf-Platz uns zum Leich-Stein außgestecket?
SUBRIUS FLAVIUS.
Die Tugend wird durch Schimpf und Hencker nicht beflecket.
VEJANUS NIGER.
Stehts schön: Wenn man den Leib ins Grab zu Aeßern legt?
[260]
SUBRIUS FLAVIUS.
Ja / wenn ein Adler nur den Geist in Himmel trägt /
Der Tugend güldne Schrift nicht schwartz wird außgestrichen;
Mag Kröt und Fleder-Mauß der Glider Staub bekrichen
Die Asch in Strom gestreut / der Kopf gepfälet seyn.
FENIUS RUFUS.
Die Sterbens-Arth jagt auch Behertzten Schrecken ein.
SUBRIUS FLAVIUS.
Das Gold verzuckert nicht die Wermuths-bittern Pillen;
Laß deines Todes Bild in Perl und Sammet hüllen /
Den Sarch mit Wurm-Gespünst und Purper überzihn /
Du wirst umbsonst die Furcht dich zu verbannen mühn /
Wenn einst schon deinen Geist des Todes Schatten schrecket.
Wo aber Redligkeit und Hertz im Hertzen stecket /
Macht ihr die Tyranney durch keine Hencker nicht /
Durch grauser Larven Kunst kein schrecklicher Gesicht.
VEJANUS NIGER.
Ihr werdet unverlängt ihr schönes Antlitz sehen.
FENIUS RUFUS.
Sol meiner kleinen Schuld so viel als dem geschehen?
Natal hat mich ins Garn durch Zauberey gefällt /
Ein wächsern redend Bild zum Engel fürgestellt /
Das mir viel großes Ding hat fälschlich fürgelogen /
Ja mir Vernunft und Blutt aus Seel und Ohr gesogen 210
Durch einen schlimmen Biß / und itzo sol ich mehr
Als jener strafbar seyn! Wie? sind ich kein Gehör? 211
Ihr Götter! Die ihr selbst müßt meiner Unschuld zeugen.
VEJANUS NIGER.
Nur fort! Das Recht läßt sich nicht durch das Winseln beugen.
FENIUS RUFUS.
Ja; nur den Schuldigsten gehts ungenoßen aus;
Verfluchtes Recht! Der Blitz verschont ein Huren-Hauß
Und schlägt in Tempel ein; Der Mehltau trifft die Saaten
Der Frommen; Wenn man sith der Bösen Frucht gerathen.
An Felßen berstet offt der Unschuld Kahn entzwey /
Bey dem ein Raubschiff sich macht Feind- und Schiffbruchs frey.
Der / der vom Kirchen-Raub Augusten gab zu eßen / 212
Höhnt noch die Götter aus. Ein ander lacht vermeßen:
Daß sein beladen Schiff mit Eßculapens Barth
Und Jupiters Gewand / hat selbst gewünschte Fahrt.
SUBRIUS FLAVIUS.
Hört mir dis feige Weib den kurtzen Tod beklagen!
Du bist nicht werth gewest das güldne Schwerd zu tragen /
[261] Die Hauptmanschafft zu führn / nun du dein Leichentuch
Mit Thränen fleckicht machst.
FENIUS RUFUS.
Solln Sterbende durch Fluch
Und Pochen noch mehr Leid auf ihr Geschlechte ziehen?
SUBRIUS FLAVIUS.
Solln Sterbende noch viel für ihren Henckern knien?
VEJANUS NIGER.
Fort fort! es ist nunmehr hier nicht mehr Zanckens Zeit.
Faßt die Verdammten an.
FENIUS RUFUS.
Bin ich doch schon bereit
Zum Sterben. Aber / ach! darf ich den Trost noch faßen:
Daß man mein Testament wird giltig bleiben laßen!
Verbitte / Niger / mich beym Käyser noch so viel.
VEJANUS NIGER.
Stirb / und versichre dich: Daß ichs erbitten wil.
Der Meyneyd lägt den Kopf zu seiner Knechte Füßen.
Und wir betreten ihn / den wir vor ehren müßen.
Thut nun dem Subrius durch gleichen Tod sein Recht.
SUBRIUS FLAVIUS.
Wilstu nicht selber sein des Blutthunds Hencker-Knecht?
VEJANUS NIGER.
Man muß die Lästerung verdammten Buben gönnen.
SUBRIUS FLAVIUS.
Habt ihr die Grube nicht geräumer machen können? 213
VEJANUS NIGER.
Macht ihr ihm noch nichts recht; nun er gleich über euch
Nichts mehr zu schaffen hat?
SUBRIUS FLAVIUS.
Steht Henckern schon ein Streich
Auf Halß und Unschuld frey / so hat ihr strenges Wütten
Auf freye Geistern doch kein Haar breit zu gebitten.
VEJANUS NIGER.
Erdulde nun behertzt vom Niger Tod und Schlag.
SUBRIUS FLAVIUS.
Ich wünsche: Daß er nicht verzagter schlagen mag.
VEJANUS NIGER.
Des Meyneyds zehes Gift ist unschwer zu erkennen /
Weil anderthalber Streich 214 kaum kan die Schlange trennen.

Der Schauplatz stellet für den Kercker.
Nero. Epicharis. Lucanus. Tigillinus. Sabina Poppæa. Scevinus. Quinctianus. Senecio. Natalis. Cervarius Proculus. Soldaten von der Leibwache. Etliche Hencker.
NERO.
Ist hier der Nattern Hauß / der Basilisken Nest /
Der Drachen Aufenthalt / das Sonn und Käyser bläßt
Mit Gift und Meyneyd an? Ihr solt nun stracks empfinden:
Daß Boßheit sich der Straff umbsonst müht außzuwinden.
Sind Hencker / Flamm und Stahl für die Verdammten dar?
[262] Welch herrlich Opfer wird Rom auf das Rach-Altar
Der heilgen Nemesis durch dis ihr Schand-blutt liefern.
Stracks / Hencker / nähert euch den giftgen Ungeziefern
Mit Schwefel / Strang und Mord.
EPICHARIS.
Blutt-ägel / Hund /Tyrann /
Ertz-Mörder / Wütterich / sags was für Kwal noch kan
Uns frembd und übrig seyn? nach was dich mehr kan dürsten /
Nun uns kein Blutt mehr regt? Schaut mir den Kern der Fürsten /
Der Käyser Außbund an; den bis in Kerckers Nacht
Die Mord-Begierde treibt / der als ein Sclave wacht
Umb der Gefangnen Band' und der Verdammten Ketten.
NERO.
Kanstu / vergifter Wurm / dem schon der Kopf zertretten
Der jedes Bein zermalmt / dem jedes Glied zerfleischt /
Der von der Pein der Geist / von Glutt das Fleisch gekreischt /
Noch von der schwartzen Zung auf uns Verläumbdung schäumen?
Laß schaun: ob kein Gebieß das freche Maul kan zäumen
Ob ihr kein Brandmal kan Erkäntnüs drücken ein /
Bekäntnüs preßen aus! Stracks schraubt den Kieselstein
Auf Stul und Folterbanck / bis sie wird Angst-schweiß schwitzen /
Bis ihre Beine Marck / die Adern Blutt außspritzen;
Bis daß ihr Hertze Gift / ihr Leib die Seel außspeit.
EPICHARIS.
Versichre / Blutthund / dich: Daß deiner Grausamkeit /
Die mir nur süsse schmeckt / Epicharis wird lachen;
Daß meine Unschuld nicht dein Fluch zur Schuld kan machen;
Die als ein ärtzten Bild bey Glutt / Flutt / Stahl bleibt stehn
Das Feilen machen glatt / Brand gläntzend / Regen schön.
So viel der Schaum der Perl / die Stürme Palmen schaden /
Das Saltz Korallen nimmt / die stets in Wellen baden;
Der Hammer Diamant / ein Amboß Gold abnützt:
So viel kan Marter dem / den sein Gewißen schützt /
Den Tugend warnet aus / den große Thaten krönen /
Ohnmächtgen Abbruch thun. Laß auch den Pöfel höhnen
Den / den der Hencker schimpft / den Sclav und Bub anbelln.
Der Wahnwitz kan den Glantz der Sternen nicht verstelln /
Wenn sie die Einfalt schon als Beeren / Hund / und Drachen
Ans Himmels Abriß mahlt.
TIGILLINUS.
Wilstu zur Tugend machen /
Du Außwurff der Natur / du Schaum der Dienstbarkeit /
[263] Was Weißheit Laster heißt. Die Fürsten sind geweiht
Zu Göttern dieser Welt / für die die Sternen kämpffen;
Und dich dünckts Heyligthumb so große Sonnen dämpfen /
Für derer Strahlen dir solt Aug und Licht vergehn?
Gibt nicht ein einig Blick des Käysers zu verstehn
Des Fürsten Majestät / der Julier Geblütte?
EPICHARIS.
In wie viel Fürsten steckt ein knechtisches Gemütte?
Hof-Heuchler / Henckers-knecht; Ja tausend Sclaven sind
Viel edler / als ihr Herr. Er bleib ein Helden-Kind
Ich eines Grichen Magd! Ist minder Weg verschrencket
Zur Tugend: ihm zur Schmach? Die Kraft des Stammes sencket
Sich in den Propffern ab. Wer Thal und Berg anschaut /
Siht dort mehr Zedern blühn / hier wächst kaum Farren-Kraut.
SABINA POPPÆA.
Laßt uns die Mißgeburth die Heßlichste der Erden /
Den garstgen Wurm anspein; die Stand / Gestalt / Gebehrden
Verrathen: Daß in ihr nur Schand und Greuel steckt.
EPICHARIS.
Schaut mir die Sonne stehn / die nirgends ist befleckt /
Die gar kein Waßer trübt! Solln deiner Schönheit Strahlen
Den Schandfleck des Gemütts / der dich verstellt / schön mahlen?
Nein / sicher! Purper-Farb ist Ros' und Mah gemein;
Krönt Disteln / Kraut und Klee: Der Schwantz-Gestirne Schein
Sticht rechte Sternen weg / nichts minder muß man schauen:
Daß oft ein Hurenbalg / wie du bist / keuscher Frauen
Gestalt und Trieb beschämt. Zu dem / so glaube fest:
Es sey Epicharis so schön als du gewest /
Eh als der Sorgen-Brand die Blumen so versänget /
Die Hencker sie vertilgt.
SABINA POPPÆA.
Wie? Daß der Fürst enthenget /
Durch Aufschub ihres Tods: Daß sie des Käysers Ohr
So keck verletzen mag?
NERO.
Die Schlange muß zuvor
In ihrer Freinde Tod ihr herbes Sterben schmecken.
Fahrt fort mit Schraub und Stock mit Stricken sie zu recken;
Doch / wenn die Ohnmacht kommt / kühlt sie zu neuer Kwal.
Lucan / dir laßen wir im Sterben noch die Wahl;
Daß man des Käysers Gnad auch in der Straff erblicke.
LUCANUS.
Wen das Verhängnüs preßt / dem ist solch Tod ein Glücke.
Die Adern zu zertheiln reicht mir ein Meßer her.
[264]
EPICHARIS.
Recht so / Lucan / der Tod ist Furchtsamen nur schwer.
Behertzte Seelen denckts nur Kurtzweil so zu sterben /
Weil solche Schnitte nur uns Haut und Fleisch zerkerben /
Den Henckern aber's Hertz. Versichre dich: Es beißt
Dein unverzagter Stoß mehr des Tyrannen Geist
Als deiner Glieder Eiß der Wunden Kitzel fühlet.
LUCANUS.
So ists Epicharis / die Tyranney verspielet /
(Weil Asche keinen Brand / Stein keinen Schmertz nimmt an /
Der Leib / der Moder ist / nichts schlechters werden kan /
Was Hencker nicht versehrn / doch Faul und Würmer freßen)
Zeit / Arbeit / Kosten / Zeug; wenn sie den Leib wil preßen.
Ja unsre Todten-Asch ein Schaum der Sterbligkeit /
Der Winde Gauckelspiel / wird heylig eingeweiht /
Mit Narden angenetzt / in Helffenbein verwahret /
Wenn Rache / Feind und Grim aufs schrecklichste gebahret
Auf unsre Tugend hat. Dis Blutt mahlt eine Schrifft /
Die meines Bürger-Kriegs Abbildung übertrifft;
Ja die in Sand und Staub verspritzte Purper-Tinte
Wird / wenn Euterpe nicht auf mein Gedächtnüs sinnte /
Ins Buch der Ewigkeit doch schreiben den Lucan.
Ich sterb! und seh itzt gleich des Kriegs-Knechts Bildnüs an / 215
Den meine Feder hat so-sterbend abgerißen.
Der Adern Brunn müht sich des Lebens Oel zu gißen
Durch hundert Röhren aus; die Seele macht sich frey
Und reißt der Sinnen Band / der Glieder Joch entzwey /
Der Leib wird Eiß / und auf der Zung erstirbt das letzte
Wort.
EPICHARIS.
Thut dirs / Blutthund weh? Daß der kein Auge netzte /
Ja ohne Zucken starb: und dir träumt / leider / schon:
Tyrannen vergesellt auf / in / und von dem Thron
Angst / Zittern / Marter / Furcht / ja in den Todten-Hölen
Plagt ander' ihr Gespenst / die Teufel ihre Seelen;
Die mehr als Furien im Leben sind gewest.
TIGILLINUS.
Ein Molch speits Gift vor weg / eh er den Geist außbläßt /
So meint auch dieser Wurm geschwinder zu erkalten /
Weil er nichts giftiges im Hertzen wil behalten.
NERO.
Nein! Wo ihr Fluch den Tod sol fördern / irrt ihr Wahn.
[265] Sie sol durch Augenschmertz zu sterben fangen an.
Daß dem Senecio der Kopf werd abgeschlagen.
SENECA.
Was nicht zu endern ist muß man behertzt ertragen.
Wie aber hebt der Fürst dis / was er uns versprach /
Der Straffen Nachlaß auf
TIGILLINUS.
Kein Fürst kan laßen nach
Das Urthel / das Gesätz und Recht auf Laster sprechen.
SCEVINUS.
Der selbst Gesätze macht und sagt: Dis ist Verbrechen /
Dis Tugend / hat Gewalt / zu straffen / wenn er wil.
TIGILLINUS.
Ja / eh als dis und das zu sätzen ihm gefiel.
SENECA.
Auch nach gesätztem Recht ist ihm kein Arm gebunden. 216
TIGILLINUS.
So sind die Rechte nur zum Gauckelspiel erfunden.
SCEVINUS.
Was Richtern ist verschrenckt / ist Käysern doch erlaubt.
TIGILLINUS.
Sie sind ein Glied der Stadt.
SENECA.
Doch auch der Bürger Haupt.
TIGILLINUS.
Ein Weiser sol die Schuld auch schuldig bleiben laßen.
SCEVINUS.
Genade darf nicht bald der Boßheit Schutzschwerd saßen.
TIGILLINUS.
Wer Unkraut nicht reißt aus / von dem wirds selbst gebaut.
SENECA.
Viel Bäume wachßen mehr / je mehr man sie behaut. 217
So pflegt ein Fürst ihm meist mehr Feindschaft nur zu sämen
Durch viel verspritztes Blutt. Ein Käyser muß sich schämen
Nichts minder als ein Artzt / dem man viel Schnitt' und Brand
Und Leichen zehlet nach. Mehr als erbärmlich Stand!
Wo / daß man uns nicht würgt / man muß so viel erwürgen
TIGILLINUS.
Der Ertzt-Verräther Köpf auf Pfälen sind die Bürgen
Für großer Fürsten Heil; Erblaßter Mißethat
Ein recht Medusen-Haupt; Das Kraft und Würckung hat /
Der Boßheit schnelle Faust in starren Stein zu wandeln.
EPICHARIS.
Der Hund schreibt Lehren für / nach der Tyrannen handeln.
TIGILLINUS.
Dis ist Verläumbdungs-Arth. Doch schmeht der Straffe Knecht
Den Richter ohne Frucht. Der Minos heißt gerecht /
Und Appius wird viel bey rechten Bürgern gelten 218
Wenn den gleich Wucherer / und jenen Räuber schelten.
Von Nerons Gütte wird die Nachwelt ein gantz Buch 219
Durchlesen.
QUINCTIANUS.
Das der schrieb / der endlich Schmach und Fluch
Auf dich / du Blutthund / warf / nachdem die schönen Blüthen
Der Jugend und sein Fleiß so schändlich mißgeriethen.
SABINA POPPÆA.
Solln wir den Lästerern für Straffe Gnad außtheiln?
[266]
TIGILLINUS.
Ein Artzt muß Seuch und Krebs mit Seg' und Schwefel heiln
Weist er gleich Anfangs Oel und Balsame dem Krancken.
Das allgemeine Heil sätzt schon gewiße Schrancken
Dem / was ein Fürst sagt zu / 220 wo dis kommt in Gefahr
Der Fürst sich übereilt / ist kein Verbindnüs dar.
Zu dem stehts Richtern frey / umb hinter die Verbrechen
Zu kommen / 221 auf den Schein Genade zu versprechen.
QUINCTIANUS.
Vermaledeyter Rath / der Galg und Raht zum Port /
Betrug zum Ancker hat!
NERO.
Macht mit den Hunden fort!
SABINA POPPÆA.
Ein linder Herscher heißt dem Volck ein alber Götze.
NERO.
Daß man dem Quinctian zu erst das Beil ansetze.
EPICHARIS.
Schau / was die Heucheley bey Menschen-Henckern nützt.
QUINCTIANUS.
Versichre dich / das Blutt / was Quinctian verspritzt /
Wird ins Tyrannen Kleid viel schwärtzre Flecke machen
Als auf das Hencker-Klotz.
TIGILLINUS.
Ich muß der Thorheit lachen:
Daß ein Verdammter wil von Richtern Urthel fälln.
SABINA POPPÆA.
Itzt wird der todte Hund mehr nicht den Mond anbelln.
NERO.
Laßt dem Senecio nun auch sein Recht geschehen.
EPICHARIS.
Ja Recht! Das rechtes Recht verfluchen muß und schmehen.
SENECA.
Ein freyer Geist erblaßt für Tod und Hencker nicht.
Dis ist das einige / was meinen Geist ansicht /
Mein Antlitz schamroth macht: Daß ich vermocht zu glauben:
Der Blutthund würde nicht uns Halß und Gütter rauben;
Und daß dem Wolfe man noch sanffte Pflaumen striech.
EPICHARIS.
Senecio / nun lieb / und rühm und schätz ich dich.
SABINA POPPÆA.
Itzt nun sein bloßer Kopf die giftgen Zähne blecket.
EPICHARIS.
Ja euers Dreuens lacht / und seine Hencker schrecket.
SABINA POPPÆA.
Und dich als Buhlerin liebreitzend lächelt an!
EPICHARIS.
Wol! reicht das schöne Haupt mir / daß ichs küßen kan;
Daß sein wolriechend Blutt mit meinem sich vermische;
Daß meine Freuden-Thrän ihm Koth und Sand abwische!
NERO.
Reichts hin der Rasenden zu sehn / was Wahnwitz thut.
EPICHARIS.
Mein lächsend Mund erkwickt sich durch so kräftig Blutt.
NERO.
Wir wolln solch Labsal dir bald mehr zu kosten geben.
Haut den Scevin auch ab.
SCEVINUS.
Ich halte Leib und Leben
[267] Für wenigsten Verlust / die Baare für Gewien.
TIGILLINUS.
Man wird Meyneydiger dir Baar und Gruft entziehn.
SCEVINUS.
Beerdigt mich kein Mensch / wird mich die Zeit begraben. 222
EPICHARIS.
Die Sternen aber wird der Geist zur Wohnung haben.
SCEVINUS.
Ist kein bequemer Klotz für einen Rathsherrn dar?
SABINA POPPÆA.
Dem Zärtlinge taug nicht / was andern tauglich war?
EPICHARIS.
Er wird nichts schmertzlicher darumb den Geist außblasen.
Man stirbt auf Teppichten nichts linder als auf Rasen;
Ein Seid' und Hanffen Strick / ein güld- und rostern Schwerdt / 223
Gift in Schmarragd und Thon / ist eines Tittels werth /
Hat eine Würckungen.
NERO.
Daß man's Klotz näher rücke.
EPICHARIS.
Daß sein behertztes End Epicharis erblicke.
SABINA POPPÆA.
Daß das vergifte Blutt ihr ins Gesichte spritz.
EPICHARIS.
Itzt wandelt Tyranney sich erst in Aberwitz.
SCEVINUS.
Mein Freind Natal / hilf mich zum letzten mal entkleiden.
TIGILLINUS.
Darzu sind Schergen dar.
SCEVINUS.
Sol dis ein Rathsherr leiden!
Mich sol ein Scherg anrührn / dem Luft und Stadt verschrenckt. 224
EPICHARIS.
Sey sicher: Daß sein Arm dem keinen Fleck anhenckt /
In deßen Brüsten gläntzt ein Schwanenrein Gewißen.
SABINA POPPÆA.
Habt schwartzen Meyneyd ihr nicht selbst gestehen müßen?
EPICHARIS.
Den Vorsatz zu vollziehn ein Werck / das Göttern Lust /
Den Menschen Wohlfahrt schafft.
TIGILLINUS.
Den Göttern ist bewust /
Den Sterblichen bekand des frommen Fürsten Gnade.
SCEVINUS.
Wol! wiße: Daß ich ihn für Minos Richtstul lade. 225
EPICHARIS.
Versichre dich: Es sol nicht Jahr und Tag vergehn /
Wird sein verzweifelt Geist mit Zittern dir gestehn /
Und fühln: Daß seine Seel auch dort noch Hencker finde /
Ob sein Gewißen sie schon itzt in sich empfinde.
TIGILLINUS.
Man lacht ohnmächtgen Dreuns / verdammter Ungeduld.
NERO.
Cervar / und dir Natal erlaßen wir die Schuld.
NATALIS.
CERVARIUS.
Es müße Glück und Heil stets unsern Käyser krönen!
EPICHARIS.
Du suchst hierdurch umbsonst die Götter zu versöhnen!
SABINA POPPÆA.
Schaut wie die Natter-Zucht des Käysers Gütte kränckt.
NERO.
Du Milichus solst sein recht Käyserlich beschenckt. 226
Daß man ihm / Tigillin / zehn tausend Pfund außzähle.
[268] Hier aber diesen Wurm aufs allerlängste kwäle.
EPICHARIS.
Kanstu du Blutthund nicht dem Foltern mehr sehn zu?
Er gibt nun selber nach: Daß es ihm weher thu
Auf Pfal und Folterbanck sehn meine Tugend siegen:
TIGILLINUS.
Ja Boßheit / welche Fluch von aller Welt wird kriegen.
EPICHARIS.
Ein Weib hat zu Athen: 227 Daß dem Tyrannen sie
Nach außgelachter Kwal die Zung ins Antlitz spie /
Ein ertzten Ehrenbild im Tempel ihr erworben:
So / wenn Epicharis schon längst wird seyn gestorben /
Wird sich die Nachwelt ihr zu einem Tempel weihn
Und ihr Gedächtnüs-Bild ein ewig Nahme seyn /
Und wenn man mich und dich wird auf den Schauplatz heben /
Wird Nero nur durch Schmach / ich durch die Tugend leben.
Ja deine Tyranney sol auch noch hier verspieln /
Die sich noch lange meint durch meine Pein zu kühln.
Schau aber Blutthund her / hier in der Folter-binden 228
Wird itzt Epicharis des Sterbens Hafen finden.
NERO.
Verwehrt es / sie wil sich erwürgen.
HENCKER.
Sie ist fort.
NERO.
Der Meyneyd fällt in Grund / der Käyser hat den Port /
Die Götter haben selbst den wilden Schwarm zertrennet.
Fortan sol Milichus Erhalter seyn genennet. 229
Des Tigillinus Bild 230 setzt für des Käysers Hauß.
Dem Heere theilet Geld / dem Volcke Weitzen aus.
Hinfort sol der April des Nero Monath heißen / 231
Scevinus Wohnung muß man bis in Grund abreißen;
In eine Marmel-Seul 232 ihr Schelmstück graben ein.
Dem Rächer Jupitern Scevinens Dolch hier weihn /
Dahin / wo er ihn stahl / dem Heile Tempel bauen /
Auf Ceres Fest hinfort mehr Pferde-rennen schauen /
Der Sonne Gottheit ehrn / die uns erfreut entdeckt /
Was in der schwartzen Nacht vergister Hertzen steckt.
Erkwicket Welt und Rom mit tausend Freuden-Zeichen /
Den Göttern opfert Vieh / der Tyber diese Leichen.
[269]

Anmerkungen

Anmerckungen.

1 Besiehe hiervon Monsieur de Balsac au Entretien XXX. aus dem ich die hieher fürnemlich dienende Wortte allein anziehe. Les habitans de Medoc en cherchent une (ville) dans un Lac, & une autre, sous des montaignes, etc. Welcher Gestalt im 1619. Jahre die Stadt Plurs in Schweitzerland von einem darüber fallenden Berge begraben worden / gedencket viel noch Lebende. Brachel. Hist. nostr. tempor. lib. 1. p.m. 10. 11.


2 Die ersten zwey Obeliscos hat Keyser Augustus nach Rom geführet; Derer einen König Psammirteus in Egypten zu Heliopolis der Sonnen zu Ehren aufgerichtet / Augustus zu Rom in Campo Martio / endlich Bapst Sixtus V. den 25. Martii, im Jahr 1589. in Campo Flaminio wieder aufgesetzet / und dem heiligen Kreutze gewiedmet. Kircher. Oedip. Ægypt. tom. 3. Syntagm. 3. den andern hat König Sothis zu Heliopolis auffgerichtet / Augustus aber zu Rom in Campo Martio der Sonnen gewiedmet; wie die zu Zeiten Bapsts Julii II. an dessen Fuße befindliche Inscription lehret.


Cæsar. Divi. J.F.
Augustus.
Pontifex Maximus
Imp. XII. Coss. XI. Trib. Pot. XIV.
Ægypto in Potestatem Populi
Romani Redacta, Soli
Donum Dedit.

Von diesem Obelisco meldet Plin. lib. 36. c. 10. daßAugustus, den Manilium Mathematicum durch den Sonnen-Schatten die Tag- und Nachtlängen / daran künstlich abgebildet habe; Alleine / es habe schon zuPlinii Zeiten 30. Jahr solche Weis-Uhr nicht eingetroffen. Dessen Urtheile nach / entweder der Sonnen Lauff / oder des Himmels Beschaffenheit müsse verendert / oder die Erde von ihrem Mittel-Punct verrückt / oder auch der Stadt Rom Grund durch Erdbeben verwendet sein müste. Einen noch, größern hatCajus Caligula / welchen hernach Sixtus V. in Vaticano aufgerichtet / darvon Sveton. in Vitâ Claudii c. 20. meldet / einen andern / welcher itzt Obeliscus Salustius, oder Ludovisius heisset / Keyser Claudius, ferner Keyser Caracalla einen / welchen Bapst Innocentius X. aufgerichtet / und itzt Obeliscus Pamphilius heißt; [270] den allergrösten aber Keyser Constantius nach Rom geführet / welchen König Ramesses zu Thebe im Tempel der Sonnen mit 20000. Menschen auffgerichtet gehabt / und Sixtus V. in Campo Lateranensi wieder erhoben. Darvon Kircher. in Oedip. tom. 3. Syntagm. 2. 4. und folgend ausführlich handelt.


3 Hoc Incendium Nero è turri Mæcenatiana prospectans lætusque flammæ, ut ajebat, pulchritudine ἅλωσιν Ilii in illo suo scenico habitu decantavit. Sveton. in Neron. c. 38. Tacit. Annal. 15. c. 39.


4 Cloelia, worvon Florus lib. 1. cap. 10.


5 Wegen Nothzüchtigung der Lucretia. Flor. lib. 1. c. 7. von dergleichen mehr besiehe Hieronymum sub fin. lib. 1. adversus Jovianum.


6 Des Tyrannen Arth. Tacit. 1. Hist. 2. Nobilitas, opes, omissi gestique honores pro crimine, & ob virtutes certissimum exitium. Senec. lib. 2. de Benefic. c. 21. Græcinum Julium C. Cæsar occidit ob hoc unum, quod melior vir erat, quam esse quenquam Tyranno expediret. Dessen Ursache erleutert Salustius Catilin. 7. 2. Regibus enim semper boni, quam mali suspectiores sunt, semperque his aliena virtus formidolosa est.


7 Besiehe hievon Vellejum Paterculum lib. 2. c. 22. in fin. & ibi Thysium.


8 Quem vitâ famaque laudatum per sævitiam Impudicitiamque Tigillinus in animo Principis anteibat. Tac. 15. Ann. c. 50.


9 Chiliarchus in ea classe Volusius Proculus, occidendæ matris Neronis inter Ministros non ex magnitudine sceleris provectus, ut rebatur. Tacit. 15. Ann. 51.


10 Sonst hat Nero diesen Brand auf die Christen geleget / und aufs grausamste auf sie gewüttet. Tacit. 15. Ann. 44.


11 Chiliarchus in ea classe Volusius Proculus, occidendæ matris Neronis inter Ministros non ex magnitudine sceleris provectus, ut rebatur. Tacit. 15. Ann. 51.


12 Tradidere quidam, venenum Senecæ per Libertum ipsius, cui nomen Cleonicus, paratum jussu Neronis: vitatumque à Senecâ proditione Liberti, seu propriâ formidine, dum persimplici victu & agrestibus pomis ac, si sitis admoneret, profluente aqua vitam tolerat. Tac. 15. Ann. 45.


13 Also beschreibet den Piso Tacitus 15. Annal. 48.


14 Pluribus probabatur, qui in tantâ vitiorum dulcedine summum Imperium non restrictum nec perseverum volunt. Tac. 15. Ann. c. 48. in fin. & lib. 1. Hist. 5. haud minus vitia Principum amarent, quam olim virtutes verebantur.


15 Fürsten-Mörder sind auch denen von ihnen erhobenen Fürsten verhaßt. Principis occisi ultor enim est, quisquis successit. Tacit. 1. [271] Hist. 40. Daß Claudius den Chärea / welcher den Keyser Cajus ermordet / unter dem Vorwand: Er habe auch ihm nachgestellt / tödten laßen; erzehlet Xiphilin. lib. 60. p.m. 145. 146. Vitellius die Mörder des Galbæ getödtet /tradito Principibus more munimentum ad præsens, in posterum ultionem, lehrt Tac. 1. H. 44.


16 Dieses berichtet von Augusto; Xiphilin. in libr. Dion. 53. p.m. 66. wiewol es nur zum Schein geschehen. Von Caroli V. Ablegung seiner Reiche ist würdig zu lesen Strada de Bello Belgico lib. 1. Die Abdanckung der Königin Christina in Schweden hat unserer Zeit auch viel Reden und Urtheil verursachet.


17 Hieher gehöret das denckwürdige Exempel desPhilip Strozzi, welcher sich wider die Herrschafft der Mediceer zu Florentz euserst gesätzt / und / als er bey Marone geschlagen und gefangen ward / umb einem schimpflichen Todt zu entfliehen / sich selbst getödtet / in seinem zuvorhergemachten Testamente aber seinen Kindern befohlen hat: Daß sie seine Gebeine zu Florentz nach seinem Begräbnüße ausgraben / und: damit sie in Friede und Freyheit ruhen könten / nach Venedig führen solten. Ja / er hat mit dem Dolche /damit er sich getödtet / noch diesen Vers des Virgilii gekratzet:


Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor.


Dieses erzehlet M. Balsac. in seinem XXXIV. Entretien. im 6. Capitel p.m. 345. seqq. allwo er zugleich meldet: Er habe zu Rom das Original solchen Testaments unter des Pompeji Frangipane Schrifften selbst gesehen.


18 Il Sen delle delitie è feretro alla virtù d'un animo grande; si come la rosa è culla alla morte di quel serpe, che privo di piaceri lascivi, per non haver femine nella sua specie, collocato era dagli Egittii nelle Statue d'huomini forti & de' più insigni heroi. Ferrant. Pallavicin. nel libr. 3. di Sanson. p.m. 125.


19 Tacit. 1. Hist. 15. Secundæ res acrioribus stimulis animos explorant: quia miseriæ tolerantur, felicitate corrumpimur.


20 Nicht nur Nero / hat es Anfangs gutt / und hernach schlimm gemacht; sondern dis ist die gemeine Arth:Initia Magistratuum nostrorum meliora ferme. Tac. 15. Ann. 21. solusque omnium ante se Principum Vespasianus in melius mutatus est. Tac. 1. Hist. 50.


21 Besiehe hiervon des Saavedra LII. Symbolum.


22 Also redet Seneca l. 5. de benefic. c. 16. Ingratus L. Sylla, qui patriam durioribus remediis, quam pericula erant, sanavit. Tac. 3. Ann. 28. Cn. Pompejus corrigendis moribus delectus & gravior remediis, quam delicta erant. Und Florus lib. 3. cap. 23. Expediebat ergò quasi ægræ sauciæque Reip. requiescere quomodocunque, ne vulnera curatione ipsâ rescinderentur.


[272] 23 Diese des Subrii Flavii Wortte und Anschlag hatTac. 15. Ann. c. 65.


24 Magnum Imperii corpus magnâ animandum est mente, multis tuendum est manibus. Famian. Strada de B.B. dec. 1.


25 Plinius in Panegyr. Libertate discordi servientibus est utilius, unum esse, cui serviant.


26 Florus. l. 3. c. 14. Diesem giebet Seneca in Consol. ad Marciam c. 19. dieses Zeugnüs: quos, qui bonos viros negaverit, magnos fatebitur.


27 Florus l. 3. c. 21. Octavii Consulis caput pro rostris exponitur. Cujus necem præcessit prodigium. Val. Maxim. lib. 1. c. 16. n. 10.


28 Daß er dis vorgehabt / weil sie ihm nicht göttliche Ehre erzeigt / lehret Xiphilin. in Caligul. l. 59. p. 139.


29 Florus. l. 3. cap. 21. Marius juvenis & Carbo Coss. quasi desperatâ victoriâ, ne inulti perirent, in antecessum sangvine Senatûs sibi parentabant. Vellej. Patercul. lib. 2. cap. 26. schreibts alleine demDamasippo zu.


30 Seneca l. 3. de Irâ c. 19. Et hoc loco respondebitur, magnam rem, si tres Senatores, quasi nequam mancipia inter verbera & flammas divisit, homo, qui de toto Senatu trucidando cogitabat, qui optabat, ut Populus Rom. unam cervicem haberet, ut scelera sua tot locis, & temporibus distincta in unum ictum, & unum diem cogeret. Eben diesen Wunsch: εἴϑε ἕνα αὐχένα εἴχετε, erzehlet von ihm Xiphil. in lib. 59. Dion. p.m. 134.


31 Florus lib. 3. c. 21. Antonii Consularis caput exponitur in Marii ipsius mensis. Vellejus. lib. 2. c. 22. Val. Max. l. 9. c. 2.


32 Florus. l. 3. c. 21. Catulus se ignis haustu ludibrio hostium exemit.


33 Also hat Nero auf die Christen gewüttet. Tacit. l. 15. Ann. c. 44. Et pereuntibus addita ludibria, ut ferarum tergis contecti, laniatu interirent, aut crucibus affixi, aut flammandi, atque ubi defecisset dies, in usum nocturni luminis urerentur. Hierauf zieletJuvenalis:


Pone Tigellinum: tædâ lucebis in illâ,

quæ stantes ardent, qui fixo gutture fumant.


34 Flor. 3. c. 21. Merula Flamen Dialis in Capitolio Jovis ipsius oculos venarum cruore respersit. Et Vellej. Paterc. lib. 3. c. 22.


35 Daß Cajus sich erstlich selbst hernach sein Pferd zum Priester gemacht / und ihm alle Tage [273] köstliche Vögel geopffert habe / erzehlet Xiphilin. in Dion. lib. 59. p.m. 142.


36 Flor. l. 3. c. 21. Crassi Pater & Filius in mutuo alter alterius aspectu trucidantur. Appian. p. 394. refert. Filium, ne veniret in potestatem persequentium, à Patre occisum.


37 Dieses / und daß Cajus Darium und Xerxem, weil er eine viel größere Brücke über die See gemacht /verlachet habe / meldet Xiphilin lib. 59. p.m. 136.


38 Florus l. 3. c. 21. Scævola Pontifex Vestales amplexus aras, tantum non eodem igne sepelitur.


39 Daß Cajus sich gerühmet: Er beschlaffe den Mohnden / werde von dem Siege gekrönet; seye Jupiter, und deßwegen vermische er sich meist mit den Schwestern / wie auch / daß er sich oft in die Juno /Diana / und Venus verkleidet / beschreibet Xiphilin. in Dion. l. 59. p.m. 140. und pag. 141. meldet er: Es habe Cajus einmal L. Vitellium gefragt: Ob er nicht gesehen / wie er dem Mohnden beygeschlaffen habe? Darauf habe Vitellius zitternde unter sich gesehen /und gesagt: ὑμῖν τοῖς θεοῖς μόνοις ἀλλήλοις ὁρᾶν ἔξεστι. Götter sehen einander nur. Worzu dienet / was Tacitus de morib. German. c. 34. meldet: Satius ac reverentius visum de actis Deorum credere, quam scire.


40 Plinius in Panegyr. Libertate discordi servientibus est utilius, unum esse, cui serviant.


41 Tac. 1. Ann. 9. non aliud discordantis patriæ remedium fuisse, quam ut ab uno regeretur.


42 Daß nach dem Nero auch Piso ermordet / und Seneca zum Keyser gemacht werden sollen / lehret Tac. 15. Ann. 65.


43 l. 15. ff. de condit. Institut.


44 Hiervon streitet Miltonius pro Popul. Anglican, c. 5. p.m. 126. 127.


45 Milton. alleg. loc. pag. m. 124. Æthiopes Regem à Deo electum ut credunt, quasi Deum quendam adorant: quoties tamen eum Sacerdotes damnant, ipse mortem sibi consciscit.


46 Besiehe hiervon Ciceron. Philipp. 1. und Milton. alleg. loc. p.m. 128. da er meldet: daß der Tyrannen-Tödter Bildnüße in die Tempel gesetzt worden.


47 Milton. d.c. 5. p.m. 130. 131.


48 Milton. p. 135. seqq.


49 Sveton. in Jul. Cæsar. c. ult.


50 Fürsten-Mörder sind auch denen von ihnen erhobenen Fürsten verhaßt. Principis occisi ultor enim est, quisquis successit. Tacit. 1. Hist. 40. Daß Claudius den Chärea / welcher den Keyser Cajus ermordet / unter dem Vorwand: Er habe auch ihm nachgestellt / tödten laßen; erzehlet Xiphilin. lib. 60. p.m. 145. 146. Vitellius die Mörder des Galbæ getödtet /tradito Principibus more munimentum ad præsens, in posterum ultionem, lehrt Tac. 1. H. 44.


51 Senec. Herc. furent. – –

Victima haud ulla amplior

potest, magisve opima mactari Jovi

quam Rex iniqvus.


[274] 52 Tac. 4. Hist. 8. meminisse temporum, quibus natus sit, bonos Imperatores voto expetere, qualescunque tolerare. & 4. Hist. 74. quomodo sterilitatem & nimios imbres, & cætera naturæ mala; ita luxum vel avaritiam dominantium tolerate.


53 Lege Regiâ §. 6. Instit. de Jur. Nat. Gent.


54 Indigna digna habenda sunt, Rex quæ facit, Plautus.


55 Tac. 6. Ann. 8. Tibi summum rerum Judicium dedére: nobis obsequii gloria relicta est.


56 Arist. Polit. lib. 5. c. 10.


57 Trajanus, als er dem Suburano den Dolch / als das Kennzeichen des Præfecti Prætorio reichte /sagte wider ihn: Accipe hunc gladium pro me, si rectè agam, sin aliter in me magis; quod moderatorem omnium, vel errare minus fas sit. Xiphilin. in Trajan. p.m. 248.


58 Flor. lib. 1. c. 1.


59 τὸ παρὸν ἀεὶ βαρὺ τοῖς ὐπηκόοις. – Thucid. lib. 1.


60 Vitia erunt donec homines: sed neque hac continua & meliorum Interventu pensantur. Tac. 4. Hist. 74.


61 Tac. 4. Hist. 8. meminisse temporum, quibus natus sit, bonos Imperatores voto expetere, qualescunque tolerare. & 4. Hist. 74. quomodo sterilitatem & nimios imbres, & cætera naturæ mala; ita luxum vel avaritiam dominantium tolerate.


62 Cicer. 1. de Offic. moriendum potius, quam vultus aspiciendus Tyranni.


63 Tac. 16. Ann. Contumaciâ Inferiorum lenitatem Imperitantis deminui. & lib. 4. Hist. ne contumaciam cum pernicie, obsequium cum securitate malis.


64 Egesippus lib. 2. cap. 9. Nihil tàm exasperat fervorem vulneris, quàm ferendi Impatientia. In ipsis agrestibus feris arctissima vincula, si se excitent, imprimuntur, si quiescant, relaxantur.


65 Liv. lib. 3. Scutum tibi magis, quàm gladium, commendo.


66 Was Natal mit dem Seneca gehandelt / beschreibtTac. 15. Ann. c. 60.


67 Ferebatur Seneca, quo Invidiam sacrilegii à se averteret, longinqui ruris secessum oravisse: & postquam non concedebatur, fictâ valetudine quasi æger nervis, cubiculum non egressus. Tac. 15. Ann. 45.


68 Besiehe den Saavedra Symbol. 85.


69 Tac. 15. Ann. c. 37.


[275] 70 Und in Weiber-Kleidern sich einem Buben Pythagoræ vermählen laßen. Beschreibet Tac. 15. Ann. 37.


71 Der Fluß in Africa / bey welchem Attilius Regulus einen / hundert und zwantzig Schuh lang getödtet.Plin. lib. 8. c. 14. Gellius. lib. 6. c. 3.


72 Besiehe des Saavedra. Symb. 59.


73 Diesen Anschlag hat Piso abgeschlagen / invidiam prætendens, si sacra mensæ, Diiqe hospitales cæde qualiscunque Principis cruentarentur. Tacit. 15. Ann. c. 52. Dieses aber nennet Forstner. ad h. 1. p.m. 295. intempestam Religionem. Si Neronem occidi fas erat, ubique occidi poterat. Param Armeniæ Regem Valens Imp. & Alberti Fridlandii focios commilitones Scoti, spontè an jussu? in Convivio obtruncarunt.


74 Senec. Herc. furent. – –

Victima haud ulla amplior

potest, magisve opima mactari Jovi

quam Rex iniqvus.


75 Tac. 15. Ann. 50.


76 Lucanum accendebat, quod famam Carminum ejus premebat Nero. Tac. 15. Ann. 49. Eine diesem zu wider lauffende Inscription hat Lipsius ad h.l. Taciti.


M. Annæo Lucano
Cordubensi Poetæ
Beneficio Neronis
Fama Servata.

77 Tac. 16. Ann. 5.


78 Dieses war der letzte Schluß / den Nero anzugreiffen / welchen beschreibet Tac. 15. Ann. 13.


79 Florus lib. 3. c. 4. litare Diis sangvinem humanum bibere in ossibus capitum. Und Livius. lib. 23. Boji purgato capite Posthumii, ut mos iis est, calicem auro cælavere, idque facrum vas iis erat, quo solennibus libarent, poculumque idem Sacerdoti esse, ac templi antistitibus. Silius. 13. 481. At Celtæ vacui, capitis circumdare gaudent ossa auro, & mensis ea pocula fervant. Gellius. lib. 30. apud Priscianum lib. 7. Calvariæque ejus ipsum ossum expurgaverunt inauraveruntque. Ein gleichmäßig Exempel erzehlt aus dem Sigonio Forstner. in l. 15. Ann. Tac. c. 49. p.m. 285. quod Alboinus primus in Italia Longobardorum Rex Rosmundam conjugem ex cranio patris à se occisi, bibere jussit.


80 Von dieser Arth die Bindnüße zu bestetigen / und der Vereinigten Blutt in Weine einander zuzutrincken / ist ein Exempel des Catilina beym Floro, lib. 4. c. 1. Mehr erzehlet Lipsius ad lib. 12. Ann. Taciti n. 110. p.m. 170. 171. welchen beyzusetzen Solinus, cap. 25. de Scythis. Haustu mutui Sangvinis fædus fanciunt, non suo tantum more, sed Medorum quoque usitata disciplina. Und [276] Saxo Grammaticus. Histor. Danic. lib. 1. p. 11. Spoliatum nutrice Hadingum grandævus fortè quidam altero orbus oculo solitarium miseratus Lisero cuidam piratæ, solemni pactionis jure conciliat. Si quidem icturi fœdus veteres, vestigia sua mutui sangvinis aspersione perfundere consveverant, amicitiarum pignus alterni cruoris commercio firmaturi. Eine andere Arth erzehletPlut. Poplicola c. 6. de Brutis Aquiliis & Vitelliis. Omnibus visum est, hominis jugulati sangvine libalo & visceribus tactis magnum, & dirum jus jurandum concipere. Hieher gehöret was Famian. Strad. lib. 5. de Bell. Belg. p.m. 189. Von der Niederländer Bindnüße berichtet: Tum universi sumtis majoribus poculis, Gheusio nomini salutique faustè, ac feliciter comprecati, Vivant Gheusii, plausu ingenti strepituque conclamare. Denique Brederodius sub finem Convivii, mantica ad colum more emendicantium suspensa, ligneoque poculo vini pleno manu elato, convivis simul omnibus propinat, etc.


81 Infamis Parricidarum Culeus. l. un. C. de his, qui parent, vel Liberos.


82 Diese Wunder-Zeichen alle erzehlet Tacitus. 15. Annal. 47.

Die andere Abhandlung.

83 Rosin. de Antiquit. Roman, lib. 5. c. 37. p.m. 954.


84 Justin. lib. 1.


85 Von dem Uhrsprung dieses großen Flußes ist iederzeit großer Streit gewest: Wie aber diesen allererst den 21. April, im 1618. Jahre nebst dem Könige der Abyßiner / ein Jesuit / Nahmens Petrus Pais, wahrhaftig erkundigt / beschreibet ausführlich Kircherus. in Oedip. Ægypt. tom. 1. Syntagm. 1. c. 7.


86 Von der Tapfferkeit dieses Britannischen Weibes schreibet Tac. 14. Ann. c. 35. Noch ausführlicher aber Xiphilin. in Neron. p.m. 169. seqq. welcher sie Bunduica nennet.


87 Quo plus virium ac roboris, è fiducia tarditas inerat. Tac. 2. Hist. 11. & ubi vires respexerant, securitate. 1. Hist. 51.


88 Barbaris cunctatio servilis: statim exequi, Regium videtur. Tac. 6. Ann. 32.


89 Nullus cunctationi locus est in eo consilio, quod non potest laudari, nisi peractum. Tac. 1. Hist. 38.


90 Diesen gantzen Innhalt beschreibt Tac. 15. Ann. 54.


91 Alexander Farnesius dicere solebat, ei, qui gladium contra Principem suum stringit, vaginam abjiciendam. Davila. 9. Hist. Besiehe Forstner. in l. 12. Ann. Tac. c. 66. p. 335. seqq.


[277] 92 Imminentium periculorum remedium ipsa pericula ratus. Tac. 11. Ann. 26. & 12. Ann. 67.


93 Tac. 2. Ann. 66. Rhescuporis inter metum & iram cunctatus maluit patrati quam incepti facinoris reus esse. & l. 6. Ann. c. 23. sævitiam, quam pœnitentiam maluit.


94 Rosin. de antiqu. Rom. lib. 1. c. 20.


95 Virgil. l. 6. Æn. v. 524. – Fidum capiti subduxerat ensem. Besiehe L. Ramirez. ad Martial. lib. 1. 43.


96 Novell. 115. c. 3. §. 3.


97 Wie Epicharis derogestalt des Proculus Klage zernichtet / beschreibt Tac. 115. Ann. c. 51.


98 En fait d'Estat les presumptions concluent & condemnent. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 4. p.m. 73. worzu er ein Exempel anziht / da der Rath zu Venedig einen Donati aus bloßem Verdacht: daß er mit den Spaniern Verständnüs habe / zum Tode verdammt.


99 l. 1. §. 28. l. 19. ff. de SC. Silanian.


100 Prudentiam magnam Deitatem vocat Agatho. Anchora statuum est, acus nautica Principis. Saavedra. Symbol. 28.


101 Lips. lib. 1. de Constant. c. 20. Stoici Deum Fato subjiciunt, nec Jupiter ipse apud Homerum, cum maximè vellet, Sarpedonem suum eripuit ejus vinclis: at nos Fatum Deo. Arnob. contra Gentes lib. 8. lacht darmit die Heyden artig aus: Jovem narrat (Homerus) Briareo liberatum, ne à Diis cæteris ligaretur: & Sarpedonem filium, quoniam morti non poterat eripere, cruentis imbribus flevisse & Cesto Veneris illectum, flagrantius, quàm in adulteras soleat cum Junone uxore concumbere. Alibi Hercules stercora egerit, & Apollo Admeto pecus pascit.


102 Hiervon handelt Virgil. l. 1. Æneid. v. 16. seqq. und Homerus in Iliade.


103 Von dem Trojanischen Palladio / daß / so lange selbtes in Troja geblieben / die Stadt nicht einzunehmen gewest / und dahero vom Ulyße und Diomede gestolen worden wäre / beschreibt Rosin. de antiqu. Rom. lib. 2. c. 12.


104 Sveton. in Neron. c. 6. Ausführlicher beschreibt dieses / und wie ein Sternseher / und des Nero eygener Vater bald böse von ihm wahrgesagt / Xiphilin. in Neron. p.m. 156. 157.


[278] 105 Manum injectantibus fatis solent hebetari sensus hominum & obtundi. Ammian. Marcellin. lib. 14. Besiehe Forstner. in l. 3. Ann. Tac. c. 18. p.m. 392. seqq.

Die dritte Abhandlung.

106 Hiervon handelt ausführlich Tac. 15. Ann. c. 55.


107 Von dessen Marterung handelt Curt. lib. 7. und gibt es ein Exempel ab: Cruciatu aut præmio cuncta pervia esse. Tac. 15. Ann. c. 59. besiehe Machiavell. 3. discurs. 6.


108 Saavedra. Symb. 9. Cum proprio suo damno trophæis & gloriæ Herculis sese opponit Invidia. Si præacutam ejus clavam morsibus impetat, quid efficiet aliud, quam ut proprias cruentet fauces? Nimirum sui ipsius vindex est. Ferro mihi videtur similis, quod à sangvine, quem fundit, rubiginem trahit, & ab eadem post exeditur.


109 Periculorum remedium ipsa pericula ratus. Tacit. 11. Ann. 26. Indeque traditur regula à Politicis doctioribus: quando eò quis redactus est, ut, seu quiescendo, seu agendo eadem illi supersint pericula, semper ea, quæ agunt, Consilia apprehendenda esse. Forstn. in lib. 6. Ann. Tac. p.m. 731.


110 Welcher Gestalt aber vergebens Piso bey entdeckter Sache ermahnet worden das Letzte zu wagen /beschreibt Tac. 15. Ann. c. 59.


111 Tacit. ibid. Multa experiendo confieri, quæ Segnibus ardua videantur. & 5. Histor. 20. multa ausis aliqua in parte fortunam affore.


112 Als er nemlich in Anwesenheit der Löwin ihr die Jungen geraubet. Ælian. de var. Hist.


113 Tac. 1. Histor. 30. Nemo unquam Imperium flagitio quæsitum bonis artibus exercuit. & cap. 83. non posse Principatum scelere quæsitum, subitâ modestia & prisca gravitate retineri.


114 Von dessen Marterung handelt Curt. lib. 7. und gibt es ein Exempel ab: Cruciatu aut præmio cuncta pervia esse. Tac. 15. Ann. c. 59. besiehe Machiavell. 3. discurs. 6.


115 Honesta mors turpi vita potior; & Incolumitas ac decus eodem loco sita sunt. Tac. in Agricol. c. 53.


116 Intuta, quæ indecora: vel si cadere necesse sit, occurrendum discrimini. Tacit. 1. Hist. 33. & in Agricol. c. 30. quæ fortibus honesta, eadem etiam ignavis tutissima sunt. Besiehe hieher des Saavedra 37. Symbolum.


117 Senec. lib. 1. de Clement. Nullum ornamentum Principis fastigio dignius pulchriusque est, quam, illa corona OB CIVES SERVATOS. Derogleichen Uberschrifft findet man in den alten Müntzen / und ich selbst habe eine güldene des Galba; da in einem Krantze stehet.


[279] S.P.Q.R.
OB
C.S.

118 Inter ancipitia Consilia deterrimum est, media sequi. Tac. 3. Hist. 40. Hiervon handelt fürtrefflichSaavedra. Symb. 85.


119 Tac. 1. Hist. 21. nec cunctatione opus, ubi perniciosior sit quies, quam temeritas. & c. 62. nibil in discordiis civilibus festinatione tutius, ubi facto magis, quam Consilio opus effet.


120 l. 12. C. de testib.


121 Die stattliche Verantwortung des Scevin beschreibt Tac. 15. Ann. c. 55.


122 Drusus Tribunus plebis traditur caprinum bibisse, cum pallore & Invidiâ veneni sibi dati insimulare Q. Cepionem Inimicum vellet. Plin. lib. 28. cap. 9.


123 Von dieser Arth hinter Geheimnüße zu kommen /bestehe Forstner. in 15. Ann. Tac. verb. præmia penes unum fore, qui Indicio pravenisset. p.m. 301.


124 Das bloße Verschweigen einer Verrätherey ist halßbrüchig. Dessentwegen Themistocles, Philotas, und unlängst Franciscus Thuanus Jacobi Augusti F. zum Tode verurtheilt worden. Diese und andere Exempel führet an Forstner. in 15. A. Tac. c. 60. p.m. 307. 308.


125 Das bloße Verschweigen einer Verrätherey ist halßbrüchig. Dessentwegen Themistocles, Philotas, und unlängst Franciscus Thuanus Jacobi Augusti F. zum Tode verurtheilt worden. Diese und andere Exempel führet an Forstner. in 15. A. Tac. c. 60. p.m. 307. 308.


126 In apertis vitiis fragilitati locus est; fictis Virtutibus dolus & fraus commisceri solent, neque hoc fortuitò solum & casu; sed ad malos plerumque fines, atque adeò magis noxiæ illæ sunt, quam ipsa vitia, quemadmodum in Sejano notavit Tacitus. (4. Annal, 1.) Extrema est perversitas, cum prorsus Justitiâ vaces, ad id niti, ut vir bonus esse videaris. Labi in apertum scelus imbecillitas quædam est; virtutes simulare, mera malitia; Saavedra Symb. 18. Hierentgegen ist es eine Arth großer Vernunfft / die Tugenden im Fall der Noth zu verstellen / dessen herrliches Exempel an C. Petronio fürstellet Tac. 16. Ann. c. 18. Dicta factaque ejus, quanto solutiora, & quandam sui negligentiam præferentia, tanto gratius in speciem simplicilatis accipiebantur, etc. & paulo post: dein revolutus ad vitia, servitiorum imitationem. Und von C. Salustio meldet er 3. Ann. 30. copia & affluentia luxu propior: Suberat tamen vigor animi, ingentibus negotiis par; eo acrior, quo somnum & inertiam magis ostentabat.


127 Seneca in Troad. v. 572.

Tuta est, perire quæ potest, debet, cupit.


Und Veget. l. 3. 21. Lubenter cupit commori, qui sine dubio scit se moriturum.


128 Ammian. Marcellin. lib. 14. p.m. 36. 37. meldet von Eusebio: ducebatur intrepidus temporum iniquitati insultans imitatus Zenonem illum veterem Stoicum, qui, ut mentiretur quædam, laceratus diutius, avulsam sedibus linguam suam cum cruento sputamine in oculos interrogantis Cyprii regis impegit.


[280] 129 Ammian. Marcellin. lib. 14. p.m. 36. 37. meldet von Eusebio: ducebatur intrepidus temporum iniquitati insultans imitatus Zenonem illum veterem Stoicum, qui, ut mentiretur quædam, laceratus diutius, avulsam sedibus linguam suam cum cruento sputamine in oculos interrogantis Cyprii regis impegit.


130 Also antwortete Philotas auff der Folter beymCurtio. lib. 7.


131 Nemo certè invenietur alius, qui imperaverit his, in quos animadverti jubebat, os inserta spongiâ includi, ne vocis emittendæ haberent facultatem. Cui unquam morituro non est relictum, quo gemeret? timuit, ne quam liberiorem vocem extremus dolor mitteret: ne quid, quod nollet, audiret. Sciebat autem innumerabilia esse, quæ objicere ei nemo nisi periturus auderet. Cum spongiæ non invenirentur, scindi vestimenta miserorum, & in os farciri pannos imperavit. Quæ ista sævitia est? liceat ultimum Spiritum trahere, liceat illum non per vulnus emittere.


132 Nemo certè invenietur alius, qui imperaverit his, in quos animadverti jubebat, os inserta spongiâ includi, ne vocis emittendæ haberent facultatem. Cui unquam morituro non est relictum, quo gemeret? timuit, ne quam liberiorem vocem extremus dolor mitteret: ne quid, quod nollet, audiret. Sciebat autem innumerabilia esse, quæ objicere ei nemo nisi periturus auderet. Cum spongiæ non invenirentur, scindi vestimenta miserorum, & in os farciri pannos imperavit. Quæ ista sævitia est? liceat ultimum Spiritum trahere, liceat illum non per vulnus emittere.


133 Nemo certè invenietur alius, qui imperaverit his, in quos animadverti jubebat, os inserta spongiâ includi, ne vocis emittendæ haberent facultatem. Cui unquam morituro non est relictum, quo gemeret? timuit, ne quam liberiorem vocem extremus dolor mitteret: ne quid, quod nollet, audiret. Sciebat autem innumerabilia esse, quæ objicere ei nemo nisi periturus auderet. Cum spongiæ non invenirentur, scindi vestimenta miserorum, & in os farciri pannos imperavit. Quæ ista sævitia est? liceat ultimum Spiritum trahere, liceat illum non per vulnus emittere.


134 Daß den Mareschal und Hertzog von Biron nicht seine mit Spanien und Savoyen wider den KönigHenricum IV. habende gefährliche Verständnüs sondern sein halsstarriges Leugnen gestürtzt / beschreibet Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narration 3. part. 9. Hardovin. de Perefixe à la part. 3. de l'Histoire d'Henry IV. p.m. 355. 356. Gleicher Gestalt brachte den Grafen von Essex umbs Leben / daß er nicht seine Schuld erkennen / und die Königin Elisabeth in Engelland umb Gnade bitten wolte. Pierr. Matthieu, tom. 2. lib. 4. Narration. 2.


135 Sen. 3. de Ira c. 229. Multos absolvemus, si cœperimus ante judicare, quam Irasci.


136 In suo quisque periculo magnum animum habere debet; vana quoque deferentes admittere. Pierre Matthieu, au tom. 2. livr. 5. narrat. 2. part. 7. p.m. 232. redet hiervon sehr schön: Il ne faut rien croire legerement, car la calomnie est si subtile, qu'elle se fourre parmy les plus innocentes actions. Mais ou il y va du falut de l'Estat, les choses les plus douteuses ne doivent estre ny rejettées ny mesprisées. On doit convertir les opinions en creance, les fables en verité, les apparences en asseurances. L'Incredulité aux choses indifferentes ne nuit qu'a l'incredule, mais en termes d'Estat pour ne croire, on avance la ruine, on favorise la continuation. Il n'est pas Incredulité, mais Infidelité de ne croire rien, chacun en son affaire doit f´soustenir sa creance ferme, & ne se laisser emporter à des opinions vaines. Mais quand il y va du salut, du Prince & de l'Estat, il faut croire tont, & escouter ceux là mesmes, qui rapportent des choses, qui semblent vaines, & que le temps decouvre fausses. Les advis d'un Serviteur contre son Maistre, de l'obligé contre son amy, du Sujet contre le Seigneur, sont odieux aux autres crimes, auxquels il faut plustost croire aux yeux qu'aux oreilles, & retrancher plustost que favoriser ny escouter ses sunestes rapports. Mais en crime de Majesté le fils peut accuser le Pere, le Pere n'est point excusé, si n' accuse son Fils.


137 Pierre Matthieu au mesme lieu narrat. 3. part. 8. p.m. 271. Le Crime de leze Majesté est comme une Libye deserte, pleine des monstres, il souffre au jugement des considerations fort esloignées du sens commun, & contraires a l'equité & [281] humanité naturelle: ce qui semble de plus desnaturé, il se punit en certaines nations sur la race & la posterité, & rend coulpables de crime ceux, qui ne sont capables de pescher.


138 Zopyrus hat ihm / als Darius Babylon belägert /Nase / Ohr und Lippen abgeschnitten / ist zu den Babyloniern übergelauffen / hernach aber hat er die Stadt dem Dario überliefert. Herodot. lib. 4. in fin. Fast derogleichen hat Synon zum Verderb der Stadt Troja gethan / welches weitläuftig beschreibt Virgil. 2. Æn. v. 57. seqq.


139 Besiehe des Saavedra Symb. 47.


140 Cicero pro Ligar. nec ulla re propius homines ad Deum accedunt, quam salute hominibus danda. Und Seneca in Octaviâ v. 66. 3.


Pulchrum eminere est inter illustres viros,

consulere Patriæ; parcere afflictis; fera

cæde abstinere; tempus atque iræ dare;

orbi quietem; Seculo pacem suo.

Hæc summa virtus: petitur hac cœlum viâ.


141 Sveton. in August. c. 51. Junium Novatum & Cassium Patavinum, è plebe homines, alterum pecuniâ, alterum levi exilio punire satius habuit: cum ille Agrippæ juvenis nomine, asperrimam de se Epistolam in vulgus edidisset: hic convivio pleno proclamasset: Neque votum sibi neque animum deesse confodiendi eum.


142 Biron hat wider seinen Vater / als der den Alexandrum Farnesium an einem vortheilhafften Orthe nicht angegriffen / diese Wortte ausgestossen: Wenn er 24. Stunden König wäre / wolte er dem Mareschall Biron den Kopf abschlagen laßen. Pierr. Matthieu. au tom. 2. lib. 5. narr. 2. part. 7. p.m. 233.


143 Daß A. Fulvius seinen Sohn / weil er in der Catilinischen Verrätherey mit gewesen / selbst getödtet /lehret Valer. Maxim. lib. 2. c. 8. §. 5. Welches allerdings Rechtens. l. 35. ff. de religios. & sumt. funer.


144 Ob wohl Vestinus nicht mit in dem Bindnüße war / ließ ihn gleichwol Nero unter diesem Vorwandt tödten. Tacit. 15. Ann. 68. 69.


145 Quæ ut virum Regem salutaret, super cruentum patrem vecta carpento, consternatos Equos egit. Florus. l. 1. c. 7. Ein gleichmäßiges Exempel hat Justin. l. 41. cap. 6. Eucratides à filio, quem Socium Regni fecerat, in itinere interficitur: qui non dissimulato Parricidio, velut hostem, non patrem occidisset, & per sangvinem ejus currum egit, & corpus abjici in sepultum jussit.


146 In heiliger Schrifft wird uns dises Judic. 5. v. 27. fürgehalten: Vom Himmel ward wider sie gestritten /die Sternen in ihren Läuften stritten wider Sissera.

[282] Die vierdte Abhandlung.

147 Senec. l. 3. de Ira c. 18. C. Cæsar Sextum Papinium, Bethenum Bassum aliosque Equites Romanos & Senatores uno die flagellis cæcidit, torsit, non quæstionis, sed animi causa.


148 Seneca urtheilt ziemlich schlecht vom Mecænas. lib. de Mundi gubernat, c. 3. Feliciorem ergò tu Mecœnatem putas, cui amoribus anxio & morosæ uxoris quotidiana repudia deflenti, somnus per Symphoniarum cantum ex longinquo lene resonantium quæritur? Mero se licet sopiat, & aquarum fragoribus avocet, & mille voluptatibus mentem anxiam fallat, tàm vigilavit in pluma, quàm ille in cruce. Hingegen lobt und verficht ihn wider den Seneca M. Balsac au discours nommé; Mecænas. p. 86. 87. Woraus hieher fürnemlich diese Wortte gehören. Il se jette sur ses mœurs avec tant de passion, qu'il est aisé à voir, que l'Esprit de sa Secte le possede, & qu'il a dessein de faire le Stoique reformé, aux depens du plus honneste Epicurien; qui fut jamais. Und kurtz darnach sticht er den Seneca an: Il descrioit la Volupté, à fin qu'elle fust pour luy, & que personne n'en eust d'envie. Endlich: comme il y a une Folie composée & melancholique, il peut y avoir une Sagesse libre & joyeuse. Und noch viel schärffer redet er für den Mecænas wider den Seneca au entretien XXI. p. 267.


149 Diese des Cato Tochter / des Brutus Ehweib /nachdem ihr Ehmann erlegt und ihre Freunde ihr alle Waffen sich zu tödten nahmen / verschlang sie feurige Kohlen / umb nicht in die Dienstbarkeit des Keysers zu kommen. Valer. Maxim. l. 4. c. 6.


150 Diese des Poeti Cæcinnæ Ehweib / welcher mit dem Scriboniano wider Keyser Claudium sich verbunden / und nach Rom geführet ward / fuhr ihm / als man sie nicht mitnehmen wolte / in einem Nachen nach / und / weil aus ihr Ermahnen Cæcinna nicht durch eigenen Dolch dem Hencker fürkommen wolte /stach sie ihr selbst einen Dolch in die Brust / zohe ihn heraus / reichte ihn ihrem Ehmanne / sagende: Nimm ihn Cæcinna, er hat mir nicht weh gethan. Diese stellet fürtreflich für: M. Pierre le Moine à la Gallerie des femmes fortes. p. 253. seqq. mit ihr des Antonii Perez Ehweib / Johannam Coëllo vergleichende; von welcher auch ausführlichen Bericht thut Forstner. ad l. 3. Ann. Tac. p.m. 385. seqq.


151 Besiehe Tac. 15. Ann. 58.


152 Fenius Subrio Flavio assistenti annuentique, an inter ipsam cognitionem distringeret gladium, cædemque patraret, renuit, infregitque impetum jam manum ad capulum referentis. Tac. ibid.


[283] 153 Wie Fenius Rufus, als er selbst auf seine Nebenverbundene starck gedrungen / entdecket worden / beschreibt Tac. 15. Ann. 66.


154 Dessen Offenbarung / Vertheidigung und endliches Bekäntnüs beschreibt Tacit. 15. Ann. 67. dessen Worte hieher zu setzen würdig: Oderam te, nec quisquam tibi fidelior militum fuit, dum amari meruisti, odisse cœpi postquam parricida matris & uxoris, auriga & histrio & incendiarius extitisti. Derogleichen freye Reden für dem Tode und Schmehung auf den Augustum erzehlt vom M. Favonio Sveton. in August. c. 13. Plutarch. in Bruto. c. 50. Von Hermolao wider Alexandrum M. Curt. 8. 7.


155 Ungeachtet seiner großen Verdienste / weil er in Verdacht kam: Daß er nach dem Regiment strebte /ward M. Manlius vom Capitolio gestürtzt / und daß kein Manlius mehr Marcus heißen solte / gesätzet.Livius lib. 2.


156 Das in allen Rechten verbothene Faust-Recht ist dennoch bey unterschiedenen Völckern / insonderheit den alten Sachsen bräuchlich gewest. Maßen unter dem Othone I. bey Trier Enckel und Vetter umb eine Erbschafft gefochten. Hiervon handelt weitläufftigBocer. de Duello c. 2.


157 Auch diese Arth des Beweises ist in Rechten verbothen. c. ex tuarum x. de purg. canon. c. dilecti. x. de purg. vulgar. c. consuluisti. cap. 2. q. 4. Sie ist aber gleichwol bey den Alten bräuchlich gewest /maßen Cranzius in Saxon. lib. 4. c. 26. erzehlet: Daß eines Edelmans Frau / welchen Maxia Othonis III. Gemahlin angemutheter Unzucht fälschlich beschuldigt / in vieler Anwesenheit ein glüend Eisen unbeschädigt gehalten habe. Und Theodor, lect. l. 2. schreibet: Es habe ein Bischof / welcher mit dem Ketzer Ario gestritten / ihme zugemuthet: Daß ein ieder die Wahrheit seiner Lehre in Feuer erhärten solle. Ungeachtet nun Arius solchen Vorschlag nicht annehmen wollen / so habe sich doch der Bischof ins Feuer begeben / und daraus seine Lehre ohne Versehrung vertheydigt.


158 Valer. Max. l. 9. c. 14. Masinissa Rex Numidarum Pop. Rom. amicissimus, parum fidei in pectoribus huminum reponens, salutem suam custodia Canum vallavit. Lipsius Centur. 1. ad Belgas Epist. 44. Garamantum Regem ducenti Canes ab Exilio reduxêre præliati contra resistentes. Hodie in eadem Africâ Regem Cæfalæ ducentos Canes stipatores habere, asserunt, qui viderunt, etc. Allwo er von der Hunde Eigenschafften viel seltzame und lesenswürdige Sachen erzehlet.


159 Sulpitius Asper, cur in cædem suam conspirasset, percunctanti Neroni respondit: Non aliter tot flagitiis ejus subveniri potuisse. Tac. 15. Ann. c. 68.


160 Daß die Rhodier dem Hercules Flüche und[284] Schmehwortte / als einen gar heiligen Gottes-Dienst geopfert / lehret Philost. lib. 2. de Imaginib. Lact. lib. 1. c. 21.


161 Hieronymus Olgiato, welcher nebst andern den Hertzog von Meyland ermorden wollen / hat / als der Hencker gleich die Hand an ihn gelegt / diese Worte ausgesprochen: Mors acerba, fama perpetua, stabit vetus memoria facti. Machiavell. lib. 7. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narrat. 4. n. 352.


162 Besiehe von diesem gantzen Inhalt. Tac. 15. Ann. 61.


163 Dieses handelt Forstn. 15. Ann. Tac. c. 60. p.m. 307. 308.


164 Dieses handelt Forstn. 15. Ann. Tac. c. 60. p.m. 307. 308.


165 Dieses handelt Forstn. 15. Ann. Tac. c. 60. p.m. 307. 308.


166 Von Aufhebung anfänglicher Wolthaten / wie selbte den Danck verlieren / lehret Seneca 6. de Benefic. c. 4.


167 Non est beneficium, sed officium facere, quod debes: Senec. de Contr.


168 Pierr. Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narrat. 4. pag. 321. La faute & la peine sont bessons: au mesme inflant qu'il a failly, il a attiré sur soy la rigveur de la peine.


169 Pierr. Matth. au mesme lieu. p. 320. La Justice rende esgalement redoutable & admirable l'autorité du Roy comme une mer plus admirée, quand les vagues & les flots s'elevent & se cachent dedans les nues, que quand elle est calme & paisible.


170 Daß A. Fulvius seinen Sohn / weil er in der Catilinischen Verrätherey mit gewesen / selbst getödtet /lehret Valer. Maxim. lib. 2. c. 8. §. 5. Welches allerdings Rechtens. l. 35. ff. de religios. & sumt. funer.


171 Tac. 4. Ann. 35. Socordiam eorum iuridere libet, qui præsenti potentiâ credunt extingvi posse etiam sequentis ævi memoriam. Nam contra punitis Ingeniis, gliscit autoritas, neque aliud externi Reges, aut qui eadem sævitiâ usi sunt, nisi dedecus sibi, atque illis gloriam peperere. Also ungeachtet die Ephesier aufs schärfste den Nahmen des Herostratus, welcher der Diane Tempel angezündet / zu nennen verboten / ist selber uns doch nicht verschwiegen blieben. Strabo lib. 14. Ein Exempel der ebenfalls vergebens gesuchten Unterdruckung eines Nahmens hatHardovin de Perefixe à la part. 3. d'Henry IV. p. 365. 366. le Baron de Fontanelles fut rompu sur la rue en Greve pour avoir trempé dans la conspiration de Biron, par un Arest du grand Conseil. Le Roy en consideration de sa maison, qui est fort illustre accorda aux parens, que dans l'Arest il ne feroit point appellé de son nome propre, mais l'historie ne l'a pu taire.


172 Wie verzagt und häuchlerisch Piso gestorben /beschreibt Tac. 15. Ann. 59. Hieher gehöret / was der Hertzog von Biron dem M. la Fin zugemessen beym Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 335. Il ne s'approchoit de moy sans enchantement, ne s'en esloignoit qu'il [285] ne m'eust enchanté, me mordait l'oreille, me faisoit boire des eaux famatiques, m'appelloit son Roy, son Prince, son Seigneur. Il ne dira pas, qu'il ne m'ait facit voir une image de cire parlante, & que disoit ces deux mots latins: Rex impiè peribis. Von andern des Biron Wahrsagereyen erzehlet M. Hardouin de Perefixe à la part. 3. de l'Histoire d'Henry IV. p. 363. 364.


173 Wie verzagt und häuchlerisch Piso gestorben /beschreibt Tac. 15. Ann. 59. Hieher gehöret / was der Hertzog von Biron dem M. la Fin zugemessen beymPierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 335. Il ne s'approchoit de moy sans enchantement, ne s'en esloignoit qu'il ne m'eust enchanté, me mordait l'oreille, me faisoit boire des eaux famatiques, m'appelloit son Roy, son Prince, son Seigneur. Il ne dira pas, qu'il ne m'ait facit voir une image de cire parlante, & que disoit ces deux mots latins: Rex impiè peribis. Von andern des Biron Wahrsagereyen erzehlet M. Hardouin de Perefixe à la part. 3. de l'Histoire d'Henry IV. p. 363. 364.


174 l. 13. pr. ff. ad L. Aquil.


175 l. 9. §. 7. ff. de pecul.


176 l. 23. §. 3. ff. de ædil. Edict. Etiam Stoici Castrationem improbarunt. Lucian. in Evnuch. Die Ausschneidung hat auch Keyser Domitianus scharff verbothen. Sueton. in Domitian. c. 7. und zwar zu Verächtligkeit seines Brüdern Titi, der sie geliebet.Xiphilin. in Domitian. besiehe Martial. l. 6. Epigr. 11. Hieher gehöret der artliche Orth Ulpiani L. 27. §. 28. ad L. Aquil. si puerum quis castraverit & pretiosiorem fecerit, Vivianus scribit, cessare Aquiliam sed Injuriarum erit agendum aut ex Edicto Ædilium.


177 Seneca Epist. 71. & 118. & lib. 3. de Irâ c. 15.


178 Fato adscribitur etiam mors voluntaria. Valer. lib. 19. c. 6. n. 8. & mortem voluntariam fatalem metam appellat Petron. in Satyr. horaque, qua quis se interficit dicitur fatalis. Sveton. in Neron. c. 49. & genus mortis voluntariæ via Fati, à Quintil. declam. 17.


179 Welcher gestalt Tarquinius Superbus einem alten Weibe drey Sibyllinische Bücher so hoch / als sie Anfangs ihrer neun gebothen / und biß aus drey verbrennet / beschreibt Gellius lib. 1. cap. 19.


180 Welcher Gestalt die Sibylla auf Oel- oder Palmen-Bletter ihre Weissagungen aufgeschrieben / erkläret Taubman. ad v. 444. lib. 3. Æneid. Virgil.


181 Dergleichen Sicht-Spiegel soll die Königin in Franckreich Catharina Medicea gehabt haben; von welchem Pierre Matthieu à l'Histoire de la mort d'Henry IV. p. 44. 45. Dieses erzehlet: On a oüy dire à la Mareschalle de Raiz, que la Royne Caterine desireuse de sçavoir, que deviendroient ses enfans, & qui leur succederoit, celuy qui entreprenoit de l'en assurer, luy fit voir en un miroir representant une salle, en la quelle chacun fit autant de tours, qu'il devoit regner années, & que le Roy Henry III. ayant fait les siens, le Duc de Guise le traversa comme un esclair, puis le Prince de Navarre se presenta en fit vingt-deux, & incontinent apres disparut.


182 Von diesem hat Tiberius wahrgesagt. Exilio suo omniumque Cajum vivere, & se natricem Pop. Rom.[286] Phäethontem orbi terrarum educare. Auf diese Arth nennet Plinius die zwey Agrippinen: faces generis humani. Die übrigen Bildnüsse derer ersten Zwölf Keyser sind von der Aehnligkeit ihres Lebens genommen. Zu dessen Auslegung dienet der Orth des Seneca. Epist. 104. Erras, si istorum tibi, qui occurrunt, vultibus credis: hominum effigies habent, animas ferarum: nisi quod illarum perniciosior est primus incursas, quos transire non quærunt. Und Boëtius de Consolat. lib. 4. Versi in malitiam, humanam quoque amisere naturam. Evenit igitur, ut quem transformatum vitiis videas, hominem æstimare non possis. Fürnehmlich aber erkläret dis der schöne und vollkommen hieher zu setzen würdige Orth des Marino, nella Pittura. part. 1. p. 31. 32. Prohibivasi ne' Simboli Pitagorici il portare impressa l'imagine di Dio nell' annello, accioche per la soverchia frequenza non si venisse ad auvilire. Mà quanta più si vuole haver riguardo à quella, ehe dentro l'anima nostra portiamo, perche nel fango del peccato & nelle Sozzure del senso non s'imbrutti, onde perda la divina somiglianza, tirando alla Somiglianza de' bruti. Questa è la trasformatione de' Compagni d'Ulisse in fiere. Questa è la metamorfosi degli Iddii in bestie; Jumentum factus sum apud te (Ps. 62.) misticamente intesa per coloro, che data totalmente in preda della Sensualità sottomettono al appetito la ragione. Questa è Palingenesia & la Metempsichosi Pitagorica & Platonica, cioè à dire il trapassamento dell' anime nostre alla natura bestiale: quandunque l'anima nostra da' vitii sovrapesa perde l'uso dell' Intelletto, & fatta serva degli affetti irragionevoli, in certo modo si dishumana & prende qualità ferina secondo la diversità delle malitiose inclinationi. Il superbo si trasforma in LIONE, il rabbioso in TIGRE, il rapace in LUPO, il mordace in CANE, l'insidioso in VOLPE, l'orgoglioso in TORO, il lascivo in PORCO, il ritroso in ASPIDO.

Die fünffte Abhandlung.

183 Senec. l. 2. de Ira c. 16. Animalia generosissima habentur, quibus multum inest Iræ. Errat, qui ea in exemplum hominis adducit, quibus pro ratione est impetus: homini pro impetu ratio est. Sed nec illis quidem omnibus idem prodest. Iracundia Leones adjuvat, pavor Cervos, Accipitrem impetus, Columbam fuga. Und lib. 4. de Benefic. c. 18. Cæteris animalibus in tutelam sui satis viriurn est: quæcunque vaga nascuntur & actura vitam segregem, armata sunt. Hominem imbecillitas cingit, non ungvium vis, non dentium, terribilem cæteris fecit. Nudum & infirmum Societas munit. Duas res dedit, quæ illum obnoxium cæteris, validissimum facerent, Rationem & Societatem, etc.


184 Seneca Epist. 69. Gloriari otio iners ambitio est. Animalia quædam, ne inveniri possint, vestigia sua circa cubile ipsum confundunt.


[287] 185 Senec. lib. 1. de tranquill, vitæ c. 15. Ut Socrates cogitur in carcere mori, Rutilius in exilio vivere, Pompejus & Cicero Clientibus suis præbere cervicem. Besiehe ihn lib. 7. Controvers. 2. Allda er dieses von dem Popilio ausleget.


186 Nihil tàm acerbum, in quo non æqvus animus solatium inveniat. Senec. l. 1. de tranq. vitæ. c. 10.


187 Hiervon hat Seneca lib. 2. ad Serenum: In Sapientem non cadere Injuriam, ein gantz Buch geschrieben.


188 Senec. alleg. libr. 2. ad Seren. c. 4. Quid tu putas, cum stolidus ille Rex multitudine telorum diem obscurasset, ullam sagittam in Solem incidisse? aut demissis in profundum catenis Neptunum potuisse contingi? ut cœlestia humanas manus effugiunt, & ab his, qui templa diruunt, aut simulacra constant, nihil Divinitati nocetur: ita quicquid fit in sapientem protervè, petulanter, superbe, frustra tentatur. Von diesem des Xerxes thörichtem Beginnen /und wie er dem Meere 300. Streiche mit Rutten habe geben / den Berg Athos: Daß man ihn durchschiffen können / durchgraben laßen / schreibet auch Herodot. lib. 7. und Justin. lib. 2.


189 Hiervon meldet Senec. d.l. 2. ad Seren. c. 5.


190 Die fürtreffliche Rede des Seneca, da er demNero die geschenckten Gütter wieder geben wollen /und die schöne Abschlagungs-Antwort des Nero hatTacit. 14. Ann. 53. 54.


191 Seneca erzehlet lib. 3. de. Irâ c. 14. die Geschicht also: Cambysen Regem nimis deditum vino, Præxaspes unus ex charissimis monebat, ut parcius biberet: turpem esse dicens ebrietatem in Rege, quem oculi omnium auresque sequerentur. Ad hoc ille: Ut scias, inquit, quemadmodum nunquam excidam mihi, approbabo jam & oculos post vinum in officio esse & manus. Bibit deinde liberalius, quam alias capacioribus cyphis: & jam gravis & vinolentus, objurgatoris sui filium procedere ultra limen jubet, allevataque super caput sinistrâ manu stare. Tunc intendit arcum, & ipsum cor adolescentis (id enim se se petere dixerat) figit, recisoque pectore hærens in ipso corde spiculum ostendit: ac respiciens patrem, an satis certam haberet manum interrogavit: At ille negavit: Apollinem certius potuisse dimittere. Dii illum malè perdant animo magis, quam conditione mancipium. Ejus rei laudator fuit, cujus nimis erat spectatorem fuisse.


192 Seneca. ibid. c. 15. Non dubito, quin Harpagus quoque tale aliquid Regi suo Persarumque svaserit, quo offensus, Liberos illi epulandos apposuit & subinde quæsiit, an placeret conditura. Deinde, ut satis illum plenum malis suis vidit, afferri capita [288] illorum jussit, & quomodo esset acceptus, interrogavit. Non defuerunt misero verba, non os concurrit. Apud Begem inquit, omnis cœna jucunda est.


193 Was für grausame Laster P. Suillius dem Seneca aufgebürdet / beschreibt Tacitus 13. Ann. c. 42. Noch ärger schmähet ihn Xiphilinus in Neron. p.m. 161. 162. Und was noch neulich von ihm geurtheilt worden / ist aus des Mascaron Vorrede à la mort & les dernieres paroles de Seneque zu sehen; Daselbst: Il est bien honteux à nos derniers siecles d'avoir encheri en mesdisance sur tous les autres, qui les ont precedés, & d'avoir produit un ENCOMIUM NERONIS, ou Cardan descharge sa bile contre Seneque, & loüe Neron avec tant de froideur & d'effronterie, qu'on peut dire de luy la mesme chose, qu'Isocrate de celuy, qui avait fait un Panegyre pour Busiris: que si Neron estoit encore en vie, il le recompenseroit comme il faut de sa peine, & le feroit bien, repentir de l'avoir si mal loüe. Aule-Gelle a attaqué l'esprit & les ouvrages de Seneque avec la mesme liberté, que Dion employe contre ses moeurs, car il va jusques à cet excès, que de l'appeller escrivain inepte, insipide & broüillon: quelque response pourtant, que merite cet insupportable mespris, je me contenteray de dire, qu'il s'en faut beaucoup qu' Aule-Gelle ne vaille celuy, qu'il injure plustost, qu'il ne le reprend. Und M. de Balsac au Entretien V. chap. 5. p. 141. Seneque arma la cruauté de Neron par ce, qu'il luy fournit des armes, pour la deffendre publiquement, & que les boucliers ne sont pas moins des armes, que les Espées.


194 Was für grausame Laster P. Suillius dem Seneca aufgebürdet / beschreibt Tacitus 13. Ann. c. 42. Noch ärger schmähet ihn Xiphilinus in Neron. p.m. 161. 162. Und was noch neulich von ihm geurtheilt worden / ist aus des Mascaron Vorrede à la mort & les dernieres paroles de Seneque zu sehen; Daselbst: Il est bien honteux à nos derniers siecles d'avoir encheri en mesdisance sur tous les autres, qui les ont precedés, & d'avoir produit un ENCOMIUM NERONIS, ou Cardan descharge sa bile contre Seneque, & loüe Neron avec tant de froideur & d'effronterie, qu'on peut dire de luy la mesme chose, qu'Isocrate de celuy, qui avait fait un Panegyre pour Busiris: que si Neron estoit encore en vie, il le recompenseroit comme il faut de sa peine, & le feroit bien, repentir de l'avoir si mal loüe. Aule-Gelle a attaqué l'esprit & les ouvrages de Seneque avec la mesme liberté, que Dion employe contre ses moeurs, car il va jusques à cet excès, que de l'appeller escrivain inepte, insipide & broüillon: quelque response pourtant, que merite cet insupportable mespris, je me contenteray de dire, qu'il s'en faut beaucoup qu' Aule-Gelle ne vaille celuy, qu'il injure plustost, qu'il ne le reprend. Und M. de Balsac au Entretien V. chap. 5. p. 141. Seneque arma la cruauté de Neron par ce, qu'il luy fournit des armes, pour la deffendre publiquement, & que les boucliers ne sont pas moins des armes, que les Espées.


195 Was für grausame Laster P. Suillius dem Seneca aufgebürdet / beschreibt Tacitus 13. Ann. c. 42. Noch ärger schmähet ihn Xiphilinus in Neron. p.m. 161. 162. Und was noch neulich von ihm geurtheilt worden / ist aus des Mascaron Vorrede à la mort & les dernieres paroles de Seneque zu sehen; Daselbst: Il est bien honteux à nos derniers siecles d'avoir encheri en mesdisance sur tous les autres, qui les ont precedés, & d'avoir produit un ENCOMIUM NERONIS, ou Cardan descharge sa bile contre Seneque, & loüe Neron avec tant de froideur & d'effronterie, qu'on peut dire de luy la mesme chose, qu'Isocrate de celuy, qui avait fait un Panegyre pour Busiris: que si Neron estoit encore en vie, il le recompenseroit comme il faut de sa peine, & le feroit bien, repentir de l'avoir si mal loüe. Aule-Gelle a attaqué l'esprit & les ouvrages de Seneque avec la mesme liberté, que Dion employe contre ses moeurs, car il va jusques à cet excès, que de l'appeller escrivain inepte, insipide & broüillon: quelque response pourtant, que merite cet insupportable mespris, je me contenteray de dire, qu'il s'en faut beaucoup qu' Aule-Gelle ne vaille celuy, qu'il injure plustost, qu'il ne le reprend. Und M. de Balsac au Entretien V. chap. 5. p. 141. Seneque arma la cruauté de Neron par ce, qu'il luy fournit des armes, pour la deffendre publiquement, & que les boucliers ne sont pas moins des armes, que les Espées.


196 Sen. d.l. 2. ad Seren. c. 14. Ut Sidera contrarium mundo iter intendunt, ita sapiens adversus opinionem omnium vadit.


197 Senec. ib. c. 18. Socrates comœdiarum publicatos in se, & spectatos sales in partem bonam accepit risitque non minus, quam cum ab uxore Xantippe immundâ aqua perfunderetur. At Iphicrates, cui mater barbara & Thressa objiciebatur, respondit, & Deorum matrem Idæam esse.


198 Senec. Epist. 60. in fin. Talis est Sapientis animus, qualis mundi status super Lunam. Semper illic serenum est.


199 Des Seneca Tod beschreibet ausführlich Tac. 15. Ann. c. 61. 62. 63. 64.


200 Caligula Senecam tùm maximè placentem, Commissiones meras componere & harenam esse sine calce dixit. Sveton. in Caligul. c. 53.


201 Die Unsterbligkeit der Seele lehret Senec. Epist. 36. ausdrücklich: veniet iterum, qui nos in lucem reponat, dies. Das ausdrückliche Widerspiel aber Epist. 55. Mors est, non esse. Id quale sit, jam scio: hoc erit post me, quod ante me fuit, etc. Und in Epist. 24. verlacht er die Hellen-Martern. Non sum tàm ineptus, ut Epicuream cantilenam hoc loco persequar, & dicam, vanos esse Inferorum metus, nec Ixionem[289] rota volvi, nec saxum humero Sisyphi trudi in adversum, nec ullius viscera renasci posse quotidiè & carpi. Nemo tam puer est, ut Cerberum timeat & tenebras, & Larvarum habitum nudis ossibus cohærentium.


202 Senec. ibid. Quemadmodum clepsydra non extremum stillicidium exhaurit, sed quicquid ante defluxit: sic ultima hora, qua desinimus, non sola mortem facit, sed illam consummat.


203 Tam turpe est Catoni mortem ab ullo petere, quam vitam. Senec. libr. de mund. gubern. c. 2.


204 Eine Magd der Octaviæ hat dem Tigillin in der Folter geantwortet: castiora esse muliebria Octaviæ, quam os ejus. Tacit. 14. Ann. 60.


205 Mascaron à la mort de Seneque pag. 80. Egnatius Pere, & fils durant le Triumvirat se voyant pour suivis prindrent chacun un espee, & se tuerent l'un l'autre.


206 Diese des Poeti Cæcinnæ Ehweib / welcher mit dem Scriboniano wider Keyser Claudium sich verbunden / und nach Rom geführet ward / fuhr ihm / als man sie nicht mitnehmen wolte / in einem Nachen nach / und / weil aus ihr Ermahnen Cæcinna nicht durch eigenen Dolch dem Hencker fürkommen wolte /stach sie ihr selbst einen Dolch in die Brust / zohe ihn heraus / reichte ihn ihrem Ehmanne / sagende: Nimm ihn Cæcinna, er hat mir nicht weh gethan. Diese stellet fürtreflich für: M. Pierre le Moine à la Gallerie des femmes fortes. p. 253. seqq. mit ihr des Antonii Perez Ehweib / Johannam Coëllo vergleichende; von welcher auch ausführlichen Bericht thut Forstner. ad l. 3. Ann. Tac. p.m. 385. seqq.


207 Derogestalt ist auch Seneca ins Kupfer bracht nach der in Borgesischen Palast bey Rom befindlichen Marmel-Seule. Diese beschreibt Jacobo Manilli nella Villa Borghese pag. 62. Nella Stanza del Seneca all' altra faccia del muro, trà le due finestre, si vede la statua antica di Seneca, che stà morendo nel Bagno. Il Seneca è di marmo nero con vna fascia d'alabastro cotognino, sotto la cintura. Il Bagno è di porfido, per meglio esprimere il colore, formata dall' aqua meschiata co'l sangue: e'l vaso che lo contiene, è opera moderna di pietra d'affricano. Il piedestallo, su'l quale posa questa Statua, è di marmo bianco à cartocci, con le facce, e co'l piano di sopra, di verde antico: & il zoccolo, che gli stà di sotto, è di porfido. Vien questa famosa statua messa in mezzo à due colonne antiche di marmo nero, alte dieci palmi; le quali han di sopra, in luogo di capitelli, due statuette di Gladiatori, di quattro palmi d'altezza.


208 Foppius ab Æzema lib. 1. dissert. jur. civil. 17. Æschilus cum effugeret casum domûs, occidebatur conchâ testudinis elabentis ab ungvibus Aquilæ in aëre. Æmilius Lepidus offensione pedis ad limen portæ, Aufidius ex contusione capitis ad januam concilii. Ex Regibus Galliæ olim quis pilâ inter ludendum. Alter quis Regum necabatur in cursu suis. Et quidem inter fœmora mulierum exspirarunt, Cornelius Gallus prætor, Tigillinus Magister Excubiarum Romæ, Speusippus Philosophus Platonicus, & olim aliquis ex Pontificibus pejori exemplo. Imperatorum aliquis, dum capillos poliret, ex frictione pectinis. Infelix Bebius Judex cum alteri parti in judicio dierum octo dilationem indulgeret, ne quidem boram suæ vitæ impetrabat, quam eodem momento exspirabat. Cajus Julius Medicus cum oculos ungeret ægroti, eodem momento suos claudebat moriens.


209 Mit gleichmäßigen Worten: Libemus Jovi Liberatori, hat auch Thrasea Pœtus sein Leben beschlossen. Tac. 16. Ann. 35. Besiehe Lips. in l. 15. Ann. n. 128.


210 Wie verzagt und häuchlerisch Piso gestorben /beschreibt Tac. 15. Ann. 59. Hieher gehöret / was der Hertzog von Biron dem M. la Fin zugemessen beym Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 335. Il ne s'approchoit de moy sans enchantement, ne s'en esloignoit qu'il ne m'eust enchanté, me mordait l'oreille, me faisoit boire des eaux famatiques, m'appelloit son Roy, son Prince, son Seigneur. Il ne dira pas, qu'il ne m'ait facit voir une image de cire parlante, & que disoit ces deux mots latins: Rex impiè peribis. Von andern des Biron Wahrsagereyen erzehlet M. Hardouin de Perefixe à la part. 3. de l'Histoire d'Henry IV. p. 363. 364.


211 Wie verzagt und häuchlerisch Piso gestorben /beschreibt Tac. 15. Ann. 59. Hieher gehöret / was der Hertzog von Biron dem M. la Fin zugemessen beymPierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 335. Il ne s'approchoit de moy sans enchantement, ne s'en esloignoit qu'il ne m'eust enchanté, me mordait l'oreille, me faisoit boire des eaux famatiques, m'appelloit son Roy, son Prince, son Seigneur. Il ne dira pas, qu'il ne m'ait facit voir une image de cire parlante, & que disoit ces deux mots latins: Rex impiè peribis. Von andern des Biron Wahrsagereyen erzehlet M. Hardouin de Perefixe à la part. 3. de l'Histoire d'Henry IV. p. 363. 364.


212 Augustus kehrte einmahl zu Bononien bey einem alten Kriegs-Haupt-Manne ein / welcher mit M. Antonio den Zug wider die Parthen [290] gethan hatte / und als er von ihm köstlich gespeiset ward / fragte ihn Augustus: Ob es denn wahr sey: daß derselbe / welcher damals ein güldenes Bild in einem geplünderten Tempel in Asien zu erst angerühret / blind- und schlagsüchtig worden sey. Dieser antwortete: Er selbst wäre eben der / der dis Bild geraubet / und er habe sich seit dem gar wohl befunden / und wenn er selbtes nicht überkommen hätte; würde er dem Keyser nichts haben zu essen geben können; denn ihre Mahlzeit wäre gleich ein Stücke von der Hüfte des güldenen Bildes. Diese /als eine sonst ungemeine Geschichte erzehlet M. de Balsac au Entretien XXIV. Chap. 3. Allwo er auch von dem Dionysio zu Syracuse anführt: nachdem erdem Jupiter einen güldenen Mantel / vorgebende: daß er ihm im Sommer zu schwer / im Winter zu kalt wäre / dem Æsculapio den güldenen Barth / mit Vorwand: daß sein Vater Apollo niemals keinen getragen / abgerissen / und darmit gar glückselig fortgeschiffet / er zu seinen Gefährten angefangen: Sehet die Kirchen-Diebe segeln so glückselig / als die Andächtigen.


213 Hiervon und welcher Gestalt ferner Subrius Flavius behertzt gestorben / beschreibet Tac. 15. Ann. c. 67. Sonst hat zu unser Zeit sich auch Carolus Stuardus König in Engelland auf gleichmäßige Arth über die Niedrigkeit seines ihm zur Enthauptung gesätzten Richt-Klotzes beschweret.


214 Auf diesen Zweck hat des Caligulæ Befehl gezielt: Ita fieri ut mori se sentiat. Lips. in l. 15. Ann. n. 134. besiehe Seneca. l. 2. de benefic. c. 5.


215 Wie Lucanus gestorben / und daß er etliche Verse / welche er von einem / eben auf seine Arth /sterbenden Kriegs-Knechte gemacht / zu letzte gesprochen / lehret Tac. 15. Ann. 70. Seine Verse aber sind vermuthlich diese gewesen:


Scinditur avulsus, nec sicut vulnere sangvis

emicuit lentus, ruptis cadit undique venis.

Discursusque animaæ diversa in membra meantis

interceptus aquis.


216 Ob einem Ober-Haupte die Straffe denen Verbrechern zu erlaßen frey stehe / führet statlich aus Hugo Grotius lib. 2. de jur. bell. & pac. cap. 20. num. 24. & in Notis.


217 Senec. l. 1. de Clem. ut arbores quædam recisæ pullulant: ita Regia crudelitas auget Inimicorum mimerum tollendo. Et: Principi non minus turpia multa supplicia, quam Medico funera. Non est tanti vita, si, ut tu non pereas, tàm multi perdendi sint.


218 Besiehe hiervon Henning Arnisæum de Rep. c. 3. sect. 2. n. 11. p. 520.


[291] 219 Eben Seneca hat seine Bücher de Clementia an den Nero geschrieben / und ihn darinnen fürtreflich heraus gestrichen.


220 Wie weit Fürsten verbunden sind ihrem Versprechen nachzuleben / erörtert Grot. lib. 2. c. 14. n. 1. 12.


221 Besiehe hiervon Carpz. Pract. Crim. p. 3. q. 149.


222 Ne guis insepultus esset, rerum natura prospexit. Quem sævitia projecerit, dies condet. Senec. Epist. 93.


223 Heliogabalus paraverat funes blatta, & serico, & cocco intortos, quibus, si necesse esset, laqueo vitam finiret. Paraverat, & gladios aureos, quibus se occideret, si aliqua vis urgeret. Paraverat, & in cerauneis, & hyacinthis, & in smaragdis venena, quibus se interimeret, si quid gravius immineret. Æl. Lamprid. in Anton. Heliogabalo.


224 Daß die Scharfrichter für dem Thore zu Rom nicht in der Stadt wohnen dörfen / erweiset Lipsius in Not. ad l. 2. Ann. Tacit. n. 62. verb. extra portam Esquilinam. Und Cicero pro Rabirio saget: Carnificem non modo foro, sed etiam cœlo, hoc ac spiritu censoriæ leges, atque urbis domicilio carere voluerunt. Daß aber auch das Anrühren des Henckers für höchst-schimpflich gehalten worden / bezeuget das Exempel beym C. Plinio. Epist. lib. 4. Cornelia Maximilla Vestalis, cum in illud subterraneum cubiculum demitteretur, hæsissetque descendenti stola, vertit se ac recollegit. Cumque ei Carnifex manum daret, aversata est, & resiluit: fœdumque contagium quasi planè à casto puroque corpore novissimâ sanctitate rejecit. Gleichmäßig verboth der Hertzog von Biron dem Hencker heftig: Er solte ihn nicht anrühren. Pierre Matthieu. au tom. 2. livr. 5. narr. 4. p. 348.


225 Von dem Biron und vielen andern / die ihre Richter fürs Jüngste Gerichte geladen / erzehlet P. Matthieu. p. 331.


226 Dieses / und daß ihme der Nahme eines Erhalters gegeben worden / lehret Tacit. 15. Ann. 71.


227 Leæna, eine Hure zu Athen / hat / ungeachtet aller Marter / des Harmodii und Aristogitonis Rath-Schläge wider den Tyrannen nicht verrathen wollen /sondern die abgebissene Zunge dem Tyrannen ins Gesichte gespien. Derer Bild / in Gestalt einer Löwin /iedoch ohne Zunge / die Athenienser zum Gedächtnüs in einen Tempel gesätzt / besiehe Tiraquell. ad L. Connub. gloss. 1. part. 9. n. 135. p. 163. 164.


228 Welcher Gestalt sich Epicharis auf dem Folter-Stule erwürgt / beschreibt Tac. 15. Ann. 57.


229 Tat. 15. Ann. 71.


230 Besiehe Tac. 15. Ann. 72.


[292] 231 Dieses alles beschreibet Tac. 15. Ann. 74. Hierzu ist von den Monaten ex libr. 16. Ann. c. 12. anzumercken. Et mensis, qui Aprilem eundemque Neroneum sequebatur, Majus Claudii, Junius Germanici, vocabulis mutantur, etc.


232 Dieses ist gewöhnlich bey schröcklichen Thaten. Also hat Ferdinand / Hertzog von Alba / des Grafen von Culemburg Haus / darinnen sich die Gheusii zusammen verbunden / abbrechen / und an eine dahin gesetzte Marmel-Seule in vier Sprachen schreiben laßen: Ea in Areâ ædes Florentii Palantii solo æquatas esse, ob execrandam memoriam repetitæ in illa Conjurationis adversus Religionem, Ecclesiam Catholicam Romanam, Regiam Majestatem ac patrias Regiones. Famian. Strada de Bell. Belg. dec. 1. lib. 7. Also ist in des König-Mörders / Francisci Ravalliac, Urtheil auch enthalten gewest: Daß sein Haus /darinnen er gebohren / abgerissen und zum Zeichen ewiger Verfluchung Saltz dahin gesäet werden solte.P. Matthieu à l'histoir. de la mort d' Henry IV. p. 172.


Finis.

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TextGrid Repository (2012). Lohenstein, Daniel Casper von. Dramen. Epicharis. Epicharis. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-1D50-C