Papst Clemens II.
Svidigerus Meinsdorpe, nobilis Cimber, Henrici II. Imperatoris Cancellarius, Episcopus et tandem Pontifex, sub nomine: Clementis II. Obiit. A. Chr. 1048.
(Heinrich Rantzau 1594.)
In Meinstorf
1 reiten aus dem Turm
Zwei Jäger frisch wie Frühlingssturm.
Kein Juchen der Piqueure schallt,
Und keine Doppelbüchse knallt.
Es jagt kein Feld von roten Röcken,
Kein Treiber lärmt mit Ruf und Stöcken,
Hell nur im Wald giebt Hals die Meute,
Und bricht durch Dickicht und Gereute.
Und hinterher in scharfer Pace,
Den Zügel fest, fest im Gesäß,
Die beiden blonden Sachsenknaben.
Hep Hussah über Zaun und Graben,
Durch Brombeerstrauch und Dorngeflecht,
Der Edelinge und sein Knecht.
Wo blieb der Keiler?
Klageton?
Hat ihn gedeckt die Meute schon?
Neun Packer hat er abgeschlagen,
Und immer weiter geht das Jagen.
[86]Zuletzt verliert sich das Geläut
In Bruch und Moor und Schilfgestäud.
Der Keiler nahm das Wasser an,
Svidger und Burvin sind heran.
Und nun ein köstlich Bild zum Malen:
Voran der Keiler, hinterher
Die Rüdenhunde, dann mit Speer
Und Pfeilen Burvin, Svidiger,
Das Alles kreuzt die stille Flut
Zur Mittagstund in Sonnenglut.
Und voll Entsetzen schwimmt der Keiler,
Ein prächtig schöner Wellenteiler,
Voll Gier und Mordsucht dann die Rüden,
Die Hengste dann, die schon ermüden.
So schaufelt emsig fort die Hetze,
Es jauchzen Svidger und Burvin,
Bis endlich unsichtbare Netze
Die Pferde in die Tiefe ziehn.
Nun schwimmen selbst die Jagdgenossen,
Die gelben Locken seeumflossen.
Doch auch die stärkste Reckenkraft
Erlahmt am Ende und erschlafft,
Und gerade war es Zeit zum Landen,
Eh' Sinn und Armkraft ihnen schwanden.
Nun ruhn sie matt auf weißem Sand
In König Buthus Heidenland,
Wo unbarmherzig jeder Christ
Dem Götzengott verfallen ist.
Der Priester steht am Steinaltar,
Das Tamtam dröhnt, die Menge schreit,
Den beiden Christen fällt das Haar,
Das Opfermesser ist bereit.
Auf scharlachrotem Thron schaut zu
Die schöne Tochter von Buthu.
[87]Die braunen Augen sehen schmerzlich
Auf Svidiger, den blonden Sachsen,
Und Siva liebt ihn, liebt ihn herzlich,
Und ihre Liebe ist im Wachsen.
Auf Knieen fleht sie schluchzend an
Den König, bis er sich besann,
Und beiden Freiheit hat und Leben
Und sicheres Geleit gegeben.
Bekannt ist ja die Urgeschichte,
Auf die füglich ich hier verzichte,
Die wir in Märchen, Chronik, Sagen
Oft schon gelesen mit Behagen.
Genug – auf einem Einbaum fahren
Svidger und Burvin jede Nacht
In Sternenglanz und Mondespracht
Entgegen tötlichen Gefahren.
Burvin hält Wache, und Svidger
Säumt an des holden Mädchens Brust,
Und es vollzieht sich unbewußt
Des Rätsels stete Wiederkehr. –
Ganz leise dröhnt das Tamtam her,
Im Schloßhof flammen Opferfeuer
Grell um das Götzenungeheuer,
Und werfen Lichter weit umher.
Doch süß und sanft umrauscht der Wald
Sivas und Svidgers stille Laube,
Wo sich die weiße Slaventaube
Schmiegt an die deutsche Kraftgestalt. –
Doch bald entdeckte das Cziliester,
Des grausen Götzen Oberpriester.
Und weiter folgt die Urgeschichte,
Auf die füglich ich hier verzichte,
Die wir in Märchen, Chronik, Sagen
Oft schon gelesen mit Behagen.
Genug – als Svidger und Burvin
[88]Jüngst wieder durch die Fluten ziehn,
Beim Christengott, wen finden sie,
Beschützt von Schilf und Wasserlilien?
Sein Mädchen, das die Wellen wiegen,
Und Svidgers junges Herze schrie.
Ein Priester kniet im alten Bremen
Im Dome vor der Jungfrau rein,
Es flicht ein Kranz von Diademen
Um ihre Stirn den Heiligenschein.
Wie kühl der Priester, ein Ascet,
Der vor ihr liegt im Bußgebet.
Ernst blieb er auch, und finster, tief,
Als Kaiser Heinrich ihn berief
Zu seinem Kanzler, seinem Rat,
Zum Herzog gut, zu mancher That.
Zum Bischof macht der Kaiser ihn
Von Bamberg, mit ihm zog Burvin,
Der immer brav an seiner Seite
Im Leben gab ihm das Geleite.
Und endlich ist er Papst geworden,
Der Sachse aus dem Nebelnorden.
Doch liebten ihn die Welschen nicht,
Zu deutsch und ernst war sein Gesicht.
Sie haßten ihn, sein blondes Haar,
Sein treues, blaues Augenpaar.
Und gaben endlich dann ihm Gift,
Wie Pergament erzählt und Schrift.
Und als der Todesengel kam,
Und Svidigerus Abschied nahm,
Da sieht er noch den großen See,
Und fühlt ein letztes tiefes Weh:
[89]Ganz leise dröhnt das Tamtam her,
Im Schloßhof flackern Opferfeuer
Grell um das Götzenungeheuer –
Doch heimlich rauscht das Gipfelmeer.
Wie Jedem, schließt die letzte Stunde
Liebreich auch ihm die letzte Wunde.
Und im Verklingen des Geläuts
Schlägt Burvin über ihm das Kreuz.