Der Wolf und das Schaf

Der Durst trieb ein Schaf an den Fluß; eine gleiche Ursache führte auf der andern Seite einen Wolf herzu. Durch die Drennung des Wassers gesichert und durch die Sicherheit höhnisch gemacht, rief das Schaf dem Räuber hinüber: »ich mache dir doch das Wasser nicht trübe, Herr Wolf? Sieh mich recht an; habe ich dir nicht etwa vor sechs Wochen nachgeschimpft? Wenigstens wird es mein Vater gewesen sein.« Der Wolf verstand die Spötterei; er betrachtete die Breite des Flusses und knirschte mit den Zähnen. Es ist dein Glück, antwortete er, daß wir Wölfe gewohnt sind, mit euch Schafen Geduld zu haben; und ging mit stolzen Schritten weiter.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Lessing, Gotthold Ephraim. Fabeln. Fabeln (Nachlese). Der Wolf und das Schaf. Der Wolf und das Schaf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E6B8-A