[185] An Elisen

Stammte der Geist, Elise!
Den ein Gedanke der Liebe schuf,
Nicht vom Himmel, wären Paradiese
Nicht sein künftiger Beruf:
Sollt' ihm keine neue Sonne glänzen;
Hielt' ein niedriges Geschick
Ihn auf ewig in den Grenzen
Dieser Sterblichkeit zurück;
Müßt' er durch die weite Schöpfung wandeln,
Die Natur beleben überall;
Jetzt im Weisen, wie die Götter, handeln;
Jetzt ein Liedchen singen in der Nachtigall;
Um die grüne Quelle schweben,
In der hohen Linde blühn,
Oder aus gestorbnen Reben
In den Keim der Veilchen ziehn.
[186]
Ach! Elise, wäre dann ein Schimmer
Süßer Angedenken mein;
In der weiten Schöpfung sollte nimmer
Dein Geist für mich verlohren seyn.
Ich wollte neben dir im Rosenhaine sprießen,
Als Mirthe dir zur Seite stehn,
Im Bache dir entgegen fließen,
Mit dir im leisen Weste wehn.
Und holde Mädchen giengen
Im Rosenhaine dann;
Elise! wir empfiengen
Den müden Wandersmann,
Beschatteten gelinde
Sein armes, kleines Mahl,
Und lispelten im Winde
Durch ein beblümtes Thal,
Wo Hirtenknaben spielten;
Verdoppelten den Flug
Zum Schnitter hin, und kühlten
Ihm seinen Wasserkrug.
[187]
Wir eilten in dem Flusse,
Verkündigten den May,
Und murmelten sanfter bey dem Kusse
Zärtlicher Bräute vorbey.
Aber o! ich fühl es: Paradiese
Warten auf uns; göttlich ist unser Beruf:
Dein Lächeln sagt es mir, Elise!
Daß uns die Liebe schuf.
Dein Lächeln soll, in schönern Welten,
Zur Seligkeit die Geister weihn,
Und Engeln Tugenden vergelten,
Und mir ein Lohn der Unschuld seyn.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Jacobi, Johann Georg. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. An Elisen. An Elisen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-8B49-2