10. Liebe
Deutsch

Es ist kein lieber Ding auf Erden,

Als Frauenlieb wem sie mag werden.

Luther.


Nichts bessers ist auf dieser Erd',
Das köstlicher geschäzet werd',
Als Liebe, denn es ist bewährt,
Daß Lieb' zusamm'n vereinigt bald
Sinn, Herz, Gemüth mit ganz'r Gewalt,
Ob zwei nur hätten Ein' Gestalt.
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Drum, was man sagt, ich all's vernein;
Recht' Lieb' zu haben, bringt nicht Pein,
Wann beid' Herz Eines seyn.
Des Menschen Seel' ist tausendmal
Köstlicher ganz überall,
Als der sterblich' Mensch zumal.
Noch hat die Lieb' mit ihrer Macht
Sie unt'r ihr süsses Joch gebracht;
Nehm' jed'r es wohl in Acht.
Drum, was man sagt, ist Schimpf und Scherz.
Recht' Lieb' zu haben, bringt nicht Schmerz,
Wer liebt ein treues Herz.
All' andre Freud' und Kurzweil gut,
Eh' eins damit erfrischt den Muth,
Vergehn, verschwinden thut.
Aber die Freud', so Lieb' mitbringt,
Bleibt viel Jahr', stets neu entspringt,
Von neuem ins Herz 'nein dringt.
Drum, was man sagt, ist all's ein Spott.
Recht' Lieb' zu haben, bringt kein' Noth,
Erfreuet bis in Tod.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Liedsammlung. Volkslieder. Erster Theil. Drittes Buch. 10. Liebe. 10. Liebe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5E98-8