Der Nachruhm

Mich reizet nicht des Ruhmes Schall,
Der aus Posaunen tönt,
Den jeder leise Widerhall
Im stillen Thal verhöhnt.
Ein Ruhm, der wie der Sturmwind braust,
Ist selbst ein Sturm, der bald versaust.
Mich reizet mehr der Silberton,
Der unbelauschet klingt
Und meiner Muse schönsten Lohn,
Den Dank des Herzens, singt,
Die Thräne, die dem Aug' entfließt
Und mich mit Bruderliebe grüßt.
Nicht Allen gönnte die Natur
Das allgepriesne Glück,
Zu bilden auf des Schöpfers Spur
Ein ew'ges Meisterstück,
Das, ein Vollkommnes seiner Art,
Der Nachwelt stetes Muster ward,
An dem, im Anblick noch entzückt,
Der späte Schüler steht
Und in des Meisters Seele blickt
Und stumm von dannen geht,
Indeß sein Herz den seltnen Geist
Mit lautem Puls glückselig preist.
Wir schwimmen in dem Strom der Zeit
Auf Welle Welle fort;
Das Meer der Allvergessenheit
Ist unser letzter Ort.
Genug, wenn Welle Welle trieb
Und ohne Namen Wirkung blieb;
Wenn dann auch in der Zeiten Bau
Mich bald ihr Schutt begräbt,
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Und meine Kraft auf Gottes Au
In andern Blumen lebt,
Und mein Gedanke mit zum Geist
Vollendender Gedanken fleußt.
Schön ist's, von Allen anerkannt,
Sich allgelobt zu sehn;
Doch schöner noch, auch ungenannt,
Wohlthätig fest zu stehn.
Verdienst ist meines Stolzes Neid
Und bei Verdienst Unsichtbarkeit.
So nennet Gottes Creatur
Nur schweigend seinen Ruhm;
Sie blüht in wirkender Natur,
Ihr selbst ein Eigenthum.
Der Schöpfer zeigt sich nicht, und kühn
Verkennt der Thor und leugnet ihn.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Gedichte. Gedichte. Erstes Buch. Der Nachruhm. Der Nachruhm. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-59AA-A