9.

Gesanglos war ich und beklommen
So lange Zeit – nun dicht ich wieder!
Wie Tränen, die uns plötzlich kommen,
So kommen plötzlich auch die Lieder.
Melodisch kann ich wieder klagen
Von großem Lieben, größerm Leiden,
[276]
Von Herzen, die sich schlecht vertragen
Und dennoch brechen, wenn sie scheiden.
Manchmal ist mir, als fühlt' ich wehen
Über dem Haupt die deutschen Eichen –
Sie flüstern gar von Wiedersehen –
Das sind nur Träume – sie verbleichen.
Manchmal ist mir, als hört' ich singen
Die alten, deutschen Nachtigallen –
Wie mich die Töne sanft umschlingen! –
Das sind nur Träume – sie verhallen.
Wo sind die Rosen, deren Liebe
Mich einst beglückt? – All ihre Blüte
Ist längst verwelkt! – Gespenstisch trübe
Spukt noch ihr Duft mir im Gemüte.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Heine, Heinrich. Gedichte. Neue Gedichte. Verschiedene. Katharina. 9. [Gesanglos war ich und beklommen]. 9. [Gesanglos war ich und beklommen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-4567-C