[189] Das Liedlein vom Kirschbaum
Der lieb Gott het zum Früehlig gseit:
»Gang, deck im Würmli au si Tisch!«
Druf het der Chriesbaum Blätter treit,
vil tausig Blätter grün und frisch.
Und 's Würmli us em Ei verwacht's,
s het gschlofen in sim Winterhus.
Es streckt si, und sperrt 's Müüli uf
und ribt die blöden Augen us.
Und druf se het's mit stillem Zahn
am Blättli gnagt enanderno
und gseit: »Wie isch das Gmües so guet!
Me chunnt schier nimme weg dervo.«
Und wieder het der lieb Gott gseit:
»Deck jez im Immli au si Tisch.«
Druf het der Chriesbaum Blüte treit,
viel tausig Blüte wiiß und frisch.
Und 's Immli sieht's und fliegt druf los,
früeih in der Sunne Morgeschin.
Er denkt: »Das wird mi Caffi si;
si henn doch chosper Porzelin.
Wie sufer sin die Chächeli gschwenkt«
Es streckt si troche Züngli dri.
Es trinkt und seit: »Wie schmeckt's so süß,
do muß der Zucker wohlfel si.«
Der lieb Gott het zum Summer gseit:
»Gang, deck im Spätzli au si Tisch!«
Druf het der Chriesbaum Früchte treit,
viel tausig Chriesi rot und frisch.
Und 's Spätzli seit: »Isch das der Bricht?
Do sitzt me zu, und frogt nit lang.
Das git mer Chraft in Mark und Bei
und stärcht mer d'Stimm zum neue Gsang.«
Der lieb Gott het zum Spötlig gseit:
»Ruum ab, sie hen jez alli gha!«
[190]Druf het e chüele Bergluft gweiht,
und 's het scho chleini Rife gha.
Und d'Blättli werde gel und rot
und fallen eis im andere no,
und was vom Boden obsi chunnt,
mueß au zum Bode nidsi go.
Der lieb Gott het zum Winter gseit:
»Deck weidli zu, was übrig ist.«
Druf het der Winter Flocke gstreut –