Wie eine greuliche Geschichte
durch einen gemeinen Metzgerhund
ist an das Tageslicht gebracht worden

Zwei Metzger gehen miteinander aufs Gäu, kommen in ein Dorf, teilen sich, einer links an der Schwanen vorbei, einer rechts, sagen: »In der Schwanen kommen wir wieder zusammen.« Sind nimmer zusammenkommen. Denn einer von ihnen geht mit einem Bauer in den Stall, die Frau, so zwar eine Wasche in der Küche hatte, geht auch mit, so lauft das Kind für sich selber auch nach. Stoßt der Teufel die Frau an den Ellenbogen: »Sieh was dem Metzger eine Gurt voll Geld unter dem Brusttuch hervorschaut!« Die Frau winkt dem Mann, der Mann winkt der Frau, schlagen im Stall den armen Metzger tot und bedecken den Leichnam in der Geschwindigkeit mit Stroh. Stoßt der Teufel die Frau noch einmal an Ellenbogen: »Sieh, wer zuschaut!« Wie sie umblickt, sieht sie das Kind. So gehn sie miteinander im Schrecken und Wahnsinn ins Haus zurück und schließen die Türe zu, als wenn sie im Feld wären. Da sagt die Frau, die kein Rabenherz, nein ein höllisches Drachenherz im Busen hatte: »Kind«, sagte sie, »wie siehst du wieder aus? Komm in die Küche, ich will dich waschen.« In der Küche steckt sie dem Kind den Kopf in die heiße Lauge, und brüht es zu Tod. Jetzt meint sie sei alles geschweigt, und denkt nicht an den Hund des ermordeten Metzgers. Der Hund des ermordeten Metzgers, der noch eine Zeitlang mit dem Kameraden gelaufen war, witterte, während das Kind gebrüht und geschwind in den Backofen gesteckt wurde, die Spur seines Herrn wieder auf, schnauft an der Stalltüre, scharrt an der Haustüre und merkt, hier sei etwas Ungerades vorgefallen. Plötzlich springt er ins Dorf zurück und sucht den Kameraden. Kurz der Hund winselt und heult, zerrt den andern Metzger am Rock, und der Metzger merkt auch etwas. Also begleitet er den Hund an das Haus, und zweifelt nicht, daß[220] hier etwas Erschreckliches vorgefallen sei. Also winkt er zwei Männern, die von ferne vorbeigingen. Als aber die Mordleute inwendig das Winseln des Hundes und das Rufen des Metzgers hörten, kam's vor ihre Augen wie lauter Hochgericht, und in ihre Herzen wie lauter Hölle. Der Mann wollte zum hintern Fenster hinaus entspringen, die Frau hielt ihn am Rock und sagte: »Bleib da!« Der Mann sagte: »Komm mit!« Die Frau antwortete: »Ich kann nicht, ich habe Blei an den Füßen. Siehst du nicht die erschreckliche Gestalt vor dem Fenster, mit blitzenden Augen und glühendem Otem?« Unterdessen wurde die Türe eingebrochen. Man fand bald die Leichname der Ermordeten. Die Missetäter wurden handfest gemacht und dem Richter übergeben. Sechs Wochen darauf wurden sie gerädert, und ihre verruchten Leichname auf das Rad geflochten, und die Raben sagen jetzt: »Das Fleisch schmeckt gut.«

[1810]

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TextGrid Repository (2012). Hebel, Johann Peter. Prosa. Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Wie eine greuliche Geschichte. Wie eine greuliche Geschichte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-437D-E