Die I. Abhandlung.
Der Schau-Platz stehet gantz leer / über selbigen öffnet sich der Himmel / aus welchem die Ewigkeit herunter kömmt / und auff dem Schau-Platz stehen bleibt.
Die Ewigkeit als Vorreder.
Ihr die Ihr Euch groß zumachen
Über andre / meistens tracht!
Ihr die Ihr deß Pösels Sachen
(Lachens würdige) verlacht!
[13] Was bemüh't Ihr Euch zu sitzen
Bey den Sternen Wolcken an /
Daß vielleicht auff euch mehr blitzen
Der erzörnte Himmel kan /
Wißt ihr nicht daß auff die Klippen /
Wo deß Adlers hohes Nest /
Als auff niedrige Gestrüppe /
Mehr der starcke Sturmwind bläst?
Schaut die Fackel / derer Strahlen
Ob sie noch so helle blinckt /
Frembde Sachen nur bemahlen /
Wie sie stirbt und niedersinckt
Auff den Wiesen / die sonst zieren /
Was den schönsten Tulpen weicht /
Kan ein Irrwisch uns verführen.
Zwar ihr Albern meint vielleicht /
Es gilt nur die Hose-Diener;
Nein! was hier das Glücke thut /
Macht mich umb so viel noch kühner /
Das gantz Königliche Blut /
So ihr schaut in kurtzen fliessen /
Macht daß ich die Scepter nicht
Noch die Cronen kan ausschliessen.
Zwar die so man pflegt aus Pflicht
Auff die Throne zuerheben /
(Wie es niemand läugnen kan /)
Mögen etwas fester stehen:
Der dem von der Wiegen an
Hat deß Kerckers Last umbfangen /
Trägt nicht nach der Freyheits Pracht
Ein so sehnliches Verlangen /
Die der Cimmerischen Nacht
[14] Schon bißhero angewehnet /
Achten nicht der Sonnen Schein /
Nach dem sich ein andrer sehnet.
Und gesetzt auch / daß sie seyn
Etwas sich'rer noch zuschätzen /
Und daß sie nicht also fort
Kan ein harter Fall verletzen /
Sind sie doch wie jene dort /
Die die hohen Alpen decken /
Die von jeden Donnerblick
Nicht sogar geschwind erschrecken.
Doch hat auch das blinde Glück
Oeffters die wohl selbst betrogen /
Die auch mitten in der Schoß
Grosser Herrschafft sind erzogen.
Offtmahls schlug ein harter Stoß
Ihnen Scepter / Thron und Reiche /
Und den göldnen Königs-Crantz
Auß der Hand mit einem Streiche.
Denn was ist deß Scepters Glantz?
Als ein Rohr / das Spiel der Winde
Das / so wie es prächtig steht /
Und hervor ragt / so geschwinde
Und noch plötzlicher vergeht.
Was sind Cronen? Güldne Schaalen /
Die von aussen Gold und Kunst /
Uber schön und herzlich mahlen /
Und doch nur kaum leere Dunst /
Ja wohl bittre Wermuth-Säffte /
Mehr als etwa süsser Wein /
Und vermeinte Honig Kräffte /
Innen kan verborgen seyn.
[15] Denn wie offt muß ein Printz drincken
Seinen unvermeinten Tod
Aus den Schaalen / die zwar blincken /
Und von Gold und Steinen roth;
Wie offt lassen selbst die Hauffen /
Die auff seinen Leib bestellt /
Sich zu seinem Tod erkauffen /
Kaum umb eine Hand voll Geld
Wie offt decken seine Kleider /
Die zwar reich von Perlen seyn /
Ach! ach! leyder! leyder! leyder!
Innre Mängel / Noth und Pein.
Ja er ists / auff den stets blitzet
Glück und Unglück / und ein Ziel /
Da geschaffte Pfeile spitzet /
Fast ein jeder / wie er wil.
Welche er denn abzutreiben /
Muß bemüh't seyn viel und offt.
Biß ihn endlich selbst ableiben
Todes Pfeile unverhofft.
Ihr / den'n euch die Welt zu enge /
Kommt und schaut Mariam an /
Die euch eures Grabes Länge
Nach dem ihren messen kan /
Die euch wird gar sanffte kühlen
Durch ihr jetzt bald fliessend Blut /
Euer lechtzend Ehr erzielen /
Und den Ruhm-entbrannten Muth.
Dieses Spiel das soll euch rauben
Den so hoch getrotzten Geist /
Und mehr als zu viel beglauben /
Was ich jetzund angeweist.
[16] Drumb lasst Cron und Scepter stehen /
Flieht die eingebildte Zier /
Ich wil euch weit mehr erhöhen /
Wann ihr folget einig mir.
Wolt ihr euren Purpur hassen /
Das erborgte Ehren-Kleid /
Und den eitlen Thron verlassen /
Der mehr qvälet als erfreut /
Wil ich euch mit schönern Cronen /
Als die irrdnen sind / belohnen.
Elisabeth auff dem Throne / Bacon der Englische Cantzler / Patritius Gray der Schottische Abgesandte / Hattan, Burghley, Beal, Walsingham, Leycester, Warwik, und die andern Englischen Königlichen Räthe stehend umb sie her.
ELISABETH.
Wir / die uns durch uns der Sterbligkeit entrissen /
Wir / die die grosse Welt auch todt wird rühmen müssen /
Wir / die wir dargethan durch unser Tugend Schein /
2Daß auch ein leichtes Weib kan Cronen wichtig seyn /
Wir / die wir wunderns werth / auch dieses übertroffen /
Was man von einer Frau kan ungewöhnlich hoffen /
Wir / die wir unsern Thron vor andern hoch erhöht /
Wir / der der Amphitrit stets zu Gebothe steht /
Wir / sag ich / die wir nun von so viel langen Jahren
In unserm Reiche nichts als Fried und Ruh erfahren /
Sind durch ein eintzig Weib / durch ein gefangen Weib
Nunmehr so weit gebracht / daß wir vor unsern Leib
Fast selbsten furchtsam seyn / weil wir auch keine Stunde /
Ja keinen Augenblick / vor der Verräther Bunde
[17] Und finstern Meuchellist recht frey und sicher seyn /
Welch Eris nimmt uns doch mit solchem Schrecken ein!
Was nützt der Scepter mir? was nutzt mir diese Crone
Wann ich in lauter Furcht und lauter Hoffnung wohne /
Wann ich mich für und für deß Lebens mit Verdruß
Vor dem verdeckten Stahl und Gifft befürchten muß.
Entblöst den schärfssten Dolch / gebt klaren Gifft zusauffen /
3Ich lieg entweder ob / entweder kan entlauffen;
Nur ein verborgen Schwerdt und ein vermischter Gifft
Ist / so man nirgend kennt / so unvermeidlich trifft.
Ach was ist alles Thun! ach was sind alle Sachen /
Die Fürsten hier berühmt / die Fürsten herrlich machen /
Was is doch ihre Lust als eine leere Pracht;
Man gibt auff ihren Glantz / nicht auff die Bürden acht /
Man sieht auff ihr Gesicht / nicht auff verdeckte Schmertzen /
Nicht auff die rauhe Qvaal / durch Angst bestürmter Hertzen /
Man preiset unsre Ruh; Wir finden nichts denn Streit
Und Argwohn und Gefahr und den verhassten Neyd.
BACON.
Durchlauchtigste Princess! wofern ein Knecht darff wagen /
Rath bey so schwerer Sach der Fürstin vorzutragen /
So sieht es / bitt ich frey / was uns Ihr werthes Heyl
Und aller Wohlfahrt heist. Uns ist das Leben feil
Vor Englands Haupt und Reich / uns die es aufferzogen /
Uns die wir die Gefahr schon längsten überwogen.
Und Mittel ausgedacht.
ELISABETH.
Wir kennen eure Treu /
Erklährt uns / was euch dünck't ohn' alle Furcht und Scheu
BACON.
Princesse / Sie verzeih / wir sind etwas zulinde /
Wir sehn die nahe Gluth und Sturm der stoltzen Winde /
Und steuren gleichwohl nicht / und da wir doch den Brannt /
Der unser Reich ansteckt / in unsrer Macht und Hand.
ELISABETH.
Wie kan man sich dann nun / sagts nur / der Frau befreyen /
Die uns scheint unsern Todt und Untergang zudräuen.
[18]PATRITIUS GRAY.
Man scheide Kopff und Leib.
ELISABETH.
Ach allzuherber Schluß.
PATRITIUS GRAY.
Den Sie doch / wenn Sie selbst wil leben / schliessen muß.
ELISABETH.
Man kan gleichwohl uns Ruh durch lindre Mittel werben.
PATRITIUS GRAY.
Das beste Mittel scheint zuseyn en kurtzes sterben.
ELISABETH.
Sie schlägt durch Raum uns gar sich're Mittel vor.
HATTAN.
Wer ihren Reden traut / halt ich vor einen Thor.
ELISABETH.
Man muß nicht so auff sie als auff den Bürgen schauen.
BACON.
Ja wohl / der Schotte wird uns seinen König trauen.
ELISABETH.
Zu dem: Sie ist gleichwohl nicht gäntzlich überführ't.
BURGHLAY.
Genung wenn man daraus so sacken Argwohn spühr't.
ELISABETH.
Und wird sie sich auch wohl nach unserm Schluß beqvemen /
BEAL.
Ein eingekärckert Weib ist leichtlich zubezähmen.
ELISABETH.
Der Kärcker schleust den Leib / nicht das Gemüthe ein.
BEAL.
Der Sinnen Trotz benimm't der harten Straffen Pein.
ELISABETH.
Ein höchstgekröhntes Haupt darff keine Straffe leiden.
LEYCESTER.
Und dennoch muß man auch die Häupter unterscheiden.
ELISABETH.
Maria trug so wohl deß Scepters Glantz / als Wir.
LEYCESTER.
Sie hat sich längst beraubt der Königlichen Zier /
[19]ELISABETH.
Durch was?
LEYCESTER.
Durch allzuschwer und vielerley Verbrechen.
ELISABETH.
Man kan von ihr zwar viel / doch nichts gewisses / sprechen.
WALSINGHAM.
Wer lobt / daß sie so bald mit Stuard Heyrath schloß?
ELISABETH.
Weil Stuard Edel / war der Fehler nicht so groß!
WARWIK.
Wer lobt / daß sie so groß den Lautenisten ehrte?
ELISABETH.
Mit dessen klugen Kopff sie Murrays Tücken wehrte.
BEAL.
Wie daß sie mit Gewalt die Schott'sche Kirche höhn't?
ELISABETH.
Mit dem hat Murray nur die Mäuterey beschön't /
BACON.
Wie daß sie dann die Macht deß Königs selbst vermindert?
ELISABETH.
Weil dessen Trägheit nur deß Reiches Heyl verhindert.
BACON.
Ja weil sie seiner schon gantz überdrüssig war:
Der drauff erfolgte Mord macht dieses allzuklar;
Diß einz'ge Stücke dient statt tausenden Verbrechen /
ELISABETH.
Er ist das frevle Stück dem Bothwel zuzurechnen /
HATTAN.
Dem Bottwel, und auch Ihr / die diese That gab an /
ELISABETH.
Man hielt es gleichwohl nur damahls für einen Wahn.
BURGHLEY.
Das treffliche Gepräng / so seine Leiche zierte /
Das schlechte Klagen / so sie umb den Todten führte /
Der Thränen Sparsamkeit / die zeug'ten genungsam an /
Daß dieses nicht so fast ein eicht gefasster Wahn.
[20]ELISABETH.
Was kunte sie davor / daß jene aussen blieben /
Umb blos durch solche List den Mord auff sie zu schieben /
BEAL.
Gesetzt es sey / doch wie / daß sie sich nicht gescheut
Und sich dem Mörder selbst nach diesem angetraut.
ELISABETH.
Sie wurd' zu solchem Bund von Fürsten fast gezwungen.
WALSINGHAM.
Die gleichwohl kurtz hernach den Mörder selbst besprungen.
ELISABETH.
Es war kein rechter Ernst / man wieß Ihm nur das Thor /
Damit so nicht durch ihn die Warheit stieg' empor /
Man hat ihm nicht aus Rach / aus Falschheit nur vertrieben.
LEYCESTER.
Die Meinung stösset ümb / was Buchanan geschrieben /
Und das / was zwischen ihr und Murray einst vorlief /
Und was er damahls wies'.
ELISABETH.
Ein leichter Vers und Brieff /
4Und falsch gemachtes Buch / die können nichts beweisen.
5WARWIK.
Doch war Maria nicht so engelrein zupreisen.
Ein Fürste muß so wohl von blossem Wahn und Schein /
Als von der bösen That selbst / auch befreyet seyn.
Wer billigts / daß sie dem / dem noch sein Weib am Leben /
Sie ihre Huld und Gunst und selbst das Hertz gegeben /
Drumb wurd' ihr auch zuletzt / zum wohlverdienten Lohn /
Von ihren Leuthen selbst der ärgste Spott und Hohn.
ELISABETH.
Und was geht uns das an / von dem mag Schottland klagen /
BACON.
Man kan / was sie gestifft in Britten / noch mehr sagen /
Sie hat ja unsre Ruh beym ersten tritt versehrt /
Und Norfolck zum Gemahl doch mehr das Reich begehr't.
[21]ELISABETH.
Er that es nicht vor sich.
PATRITIUS GRAY.
Und gleichwohl mag sie glauben /
Daß er und sie gezielt' / Ihr Ihren Thron zurauben.
ELISABETH.
Der Ehr-Geitz ist gebüst / der ihn damals betrog.
HATTAN.
Man sah' gleichwohl / was es vor Früchte nach sich zog.
Wann unsre tapffre Faust den Auffstand nicht vertrieben /
Und die gesuchte Macht deß Spaniers aussenblieben /
So hätt' Maria schon ihr längst getrotztes Recht
Und diesen Thron behaupt. Sie sahe ja wie schlecht
Ihr angebohrnes Reich / das vorhin mit ihr prangte /
Sie / als wir damahls sie antrugen / mehr verlangte /
Sie sahe wie / je mehr ihr ihre Hoffnung sang /
Je mehr sie immer noch nach Mord und Auffruhr rang.
ELISABETH.
Sie suchte sich / und recht / zureissen aus den Banden /
BURGHLAY.
Und zwar durch ihren Todt.
ELISABETH.
Das hat sie nie gestanden /
BEAL.
Sie läugne wie sie wil / was aller Welt bekannt /
Man weiß / warumb das Reich sich selbst mit sich verband /
Man weiß / wer Franckreich / Rom und Spanien auffgehetzet /
Man weiß / wer ihr den Dolch schon an die Brust gesetzet /
Man weiß / – – –
ELISABETH.
Schlug Wadi nicht noch ziemlich Mittel vor.
WALSINGHAM.
Man wasche wie man wil / man ändert doch den Mohr
An seiner Farbe nicht. Der Himmel selber schickte /
Daß man den Anschlag erst nach diesem recht erblickte.
ELISABETH.
Doch hat sie sich nachdem zum Zweck noch mehr gelegt.
[22]LEYCESTER.
Nicht so durch eignen Trieb / als Englands Bund / bewegt.
Doch hat auch Schottland selbst dies alles umbgestossen.
Sie dencke wie viel Blut ob diese Frau vergossen:
Sie denck' wie Babington in vollem Anschlag stund /
Zustürtzen Sie und uns / als den Verräther-Bund
Der Himmel noch entdeckt / die Mörder eingezogen /
Die sonder Pein bekenn't / wer sie hierzu bewogen:
Sie denck' was Ballart that / was Ravi uns entdeck't /
Was Curlus ausgesagt / wie offt uns nun erschreck't /
Was dieser Schadenfroh bald hier bald dort gestifftet /
Und unsre Stadt und Land auch Kirch und Haus vergiftet:
Sie denck / daß sie sich selbst in alles Unglück senckt /
Wann sie Marien / wie sie wil / das Leben schenckt.
Sie laß sich do deß Reichs und selbst ihr Heyl bewegen /
Ist ihr der Mörd'rin Todt denn allzusehr entgegen?
Der irrt und laufft gefehr / der auch nur einen Tag
Dem nachsieht / dem er stracks den Nacken brechen mag.
ELISABETH.
Man muß in der Gefahr auff Gottes Hülffe bauen.
PATRITIUS GRAY.
Der trotzt den Himmel mehr / als daß er solt' vertrauen /
Der / wenn er die Gefahr verhüten kan / entsteht /
Und / da er stehen kan / mit ihr zu Grunde geht.
ELISABETH.
Wo bleibt die Freundschafft dann / und die versproch'ne Treue?
PATRITIUS GRAY.
Das ist ein blosser Wahn und ja der Welt nicht neue.
Wie offt sucht sich ein Printz durch andrer Sterben Ruh?
Das heil'ge Recht / die Schrifft und Priester gebens zu.
Wurd' / als der Span'sche Printz in gleichem Fall verbrochen /
Nicht gleichfals durch den Tod die frevle That gerochen?
Und vielleicht schreckt sie ab die Gleichheit von Geschlecht;
Man hat von ihr schon längst geschwächt der Throne Recht /
Da als Johanna must' den zarten Geist auffgeben
Durch der Marien Schluß / da doch ihr heilig Leben
[23] Bey weiten nicht dem Staat so überschädlich war /
Und Sie wil nicht / da doch viel größere Gefahr
Anjetzt verhanden ist / dem nahen Sturme wehren /
Und noch die Schlange selbst in ihrem Busen nähren /
Die sich auff ihren Tod und Reich und Erbschafft spitzt /
Und unser Land mit Blut und Röm'schen Gifft besprützt.
Es spring der tolle Kopff / der sich nicht kan bezähmen;
Alsdann so wird Gefahr und Furcht ein Ende nehmen.
Ein Todter beist nicht mehr.
6ELISABETH.
Es geht zwar schwerlich ein;
Doch kan es anders nicht / so mag es endlich seyn.
Elisabeth alleine.
Soll dann der eigne Nutz selbst die Natur vertreiben /
Soll ich mein eigen Blut die Königin entleiben /
Die Königin / die mir und meinem Reiche traut?
Hat wohl die grosse Welt was grausamers geschaut /
Als diese That wird seyn? soll ich mit Blutvergiessen
Bestützen Thron und Reich? O grausames entschliessen!
Ja grausam / doch gerecht: Ich führe ja das Schwerdt
Nicht blos zum Scheine nur vor Staat / vor Kirch und Heerd.
Doch wie? soll dieses mir auch wider Fürsten nützen?
Warumb nicht? wann man sich nicht anders kan beschützen.
Mein Land ist ja verkauft / ich selbst steh in Gefahr:
Man bringt / wo heute nicht / mich morgen auff die Bahr.
So lang die Königin der Schotten noch am Leben /
Wird Brittens Haupt und Reich in lauter Furchten schwebē.
Und wenn ich länger noch dem Rasen solt zusehn /
So wär' es ümb die Kirch' / ümb Mich und Reich geschehn.
Die Laster soll man mit verdienter Straff' belohnen /
Man soll nicht Weib / nichts Mann / nicht Sohn / nicht Tochter schonen.
Wie offt hat Himmels Zorn das nähste Blut versöhnt?
Wie offt hat Wahn den Tod / vielmehr die That / verdient?
Drumb waffne dich / mein Hertz! wilt du nicht selber schneiden /
7Must du in kurtzem selbst deß andern schneiden leiden.
[24] Sie sterbe denn: Es sey! Ich schliesse ihren Todt:
Weil es erheischt deß Reichs / deß Leibs und Seelen Noth.
Der Schau-Platz verändert sich in den Königlichen Verhör-Saal.
Elisabeth, Mons. Bellivre der Gesandte auß Franckreich.
GESANDTE.
Ich frage / mit was Recht kan man die Bitt' ausschlagen?
ELISABETH.
Deß Reiches Wohlfahrt zwingt uns dieses zuversagen.
GESANDTE.
Hängt dann deß Reiches Heil an einer Frauen Tod?
ELISABETH.
Der Engelland und Uns befreyt von Tod und Noth.
GESANDTE.
Der sie vielmehr in Tod und grössre Noth verteiffet.
Sie dencke / daß der Groll noch weiter umb sich greiffet.
ELISABETH.
Er greiffe wie er wil; Wir leben durch ihr Grab.
GESANDTE.
Sie und ein jeder Printz
8 stirbt durch Marien ab.
ELISABETH.
Wer recht und redlich thut / darff sich vor nichts nicht scheuen.
GESANDTE.
Auch die Gefang'ne that / was niemahls zubereuen.
ELISABETH.
Hat sie nicht eben das / was Babington erkühn't.
GESANDTE.
Man schiebe nicht auff sie / was andere verdien't.
ELISABETH.
Es hat es Babington ja sterbend ausgesaget.
GESANDTE.
Und sonder ihr bewust vielleicht das Stück gewaget.
[25]ELISABETH.
Nein! Ihre Hand ists selbst / aus der die Warheit strahlt.
GESANDT.
Die wohl deß Feindes List vielleicht hat nachgemahlt.
ELISABETH.
Hat sie den Anschlag nicht auff England selbst gestanden?
GESANDT.
Und dieses blos umb sich zuretten aus den Banden.
ELISABETH.
Die Sie durch meinen Tod zulösen unterwandt.
GESANDT.
Sie hat die Mörder selbst ja niemahls nicht erkannt.
ELISABETH.
Kannt sie den Morgan nicht / der mich gesucht zutödten /
Und dem sie Geld versprach.
GESANDT.
Sie halff ihm nur aus Nöthen /
In die ihn bloß umb sie sein treuer Dienst gebracht.
Wird ihre Majestät dann dieses auch verdacht.
Was Sie der Schotten Printz dem Gray und andren schencken /
ELISABETH.
Das kömmt aus andrer Grund und höheren bedencken.
Der Printz ist mir verwandt / und Schottland gantz verarmt.
So daß als Freundin Uns sein Zustand fast erbarmt.
Hat sie ihr Erbrecht nicht an Spanien wollen schencken?
GESANDT.
Gesetzt / kan man sie wohl in diesem Stück verdencken /
Sie / die gleichwohl noch Macht zuschencken wie sie wil?
ELISABETH.
Daß Sie mein Reich verschenckt / ist dieses nicht zuviel?
GESANDT.
Dieß ist mir unbewust.
ELISABETH.
Und gleichwohl zeugens Schreiben /
Die man so leichtlich nicht wird wider hintertreiben /
[26] Indem man Sie / die sich vor Hochmuth selbst nicht kennt /
Sie Englands Königin und Höchst-Durchlauchtig nennt /
So gar / daß Frembde auch ihr diesen Stoltz gemehret.
GESANDT.
Und was kan sie davor / daß se ein Frembder ehret /
Daß man Ihr / die zwar nie dergleichen Prangen liebet /
Aus wohlgemeinten Sinn / so hohe Titul giebet.
ELISABETH.
Vielleicht wohl nicht umbsonst.
GESANDT.
Man kan darauß nichts schliessen.
ELISABETH.
Doch was zum Handel dient / mehr als zuviel / draus wissen.
GESANDT.
Man wisse was man wil / so ist doch nichts nicht klar.
ELISABETH.
Genug wann man draus wähnt die drohende Gefahr.
GESANDT.
Man wird sie gleichwohl nicht nach blossem wähnen richten.
ELISABETH.
Was sie bey uns verdammt / ist nicht ein blosses dichten;
Man weiß was Nav entdeckt / was Curlus hat bezeug't.
GESANDT.
Die man vielleicht durch Geld und glatte Gunst gebeug't.
ELISABETH.
Die / was sie ausgesagt / mit theurem Eyd beschworen /
GESANDT.
Der Fürsten Majestät und Wohlfahrt geht verlohren /
Wann man der Diener Wort / nicht ihrem Munde traut.
Sie laß es zu / daß Sie das Parlament selbst schaut.
Daß man ausführlich kan / was sie einwendet / hören.
ELISABETH.
Man würde nur dadurch die vielen Klagen mehren.
GESANDT.
Doch würde man hier durch einst noch die Warheit hören.
[27]ELISABETH.
Der grosse Rath hat Ihr den Tod schon zuerkannt /
GESANDT.
Von solchem Urtheil-Schluß kan sie ihr Stand lossprechen /
Man hat ja nie gesehn den Thron durch Throne schwächen /
Gesetzt ich geb es noch / es sey so / wie sie spricht /
Sie habe dies / und das / und noch mehr angericht /
Sie habe Brittens Reich mit innerlichen Flammen
Gleich Troja angesteck / wer kan sie denn verdammen /
Sie / die sich Königin und zwar gebohren nenn't /
9Und niemand ausser Gott vor ihren Obern kenn't?
ELISABETH.
Gott und deß Siegers Schwerdt.
GESANDT.
Man hat sie nicht bestritten /
10Vielweniger besiegt.
ELISABETH.
Sie kam als Feind in Britten.
GESANDT.
Vielmehr als Freund / und die bey Ihr war angeklagt.
ELISABETH.
Nach dem doch wieder mich mehr als ein Feind gewagt /
Sie leyde was sie that. Der Himmel fordert Rache:
Man sieht je mehr und mehr / wie schlimm sey ihre Sache /
Die sie zwar klug beschönt / beschönt nur vor der Welt.
Doch nicht vor dem der jetzt vielleicht ihr Urtheil fällt /
Das sie schon längst verdient / verdient / doch auffgezogen /
Biß daß se noch in deß mit langer Reu erwogen /
Wie groß ihr Fehler sey / als die ihr fromm Gemahl
Ermord't / nicht nur durch Gifft / nicht etwa durch den Stahl /
Und was sonst ehrlich scheint / nein / durch / O Ungeheuer!
Den gantz verbuchten Strang und unterlegtes Feuer;
Und den so herben Fall nicht einmahl nur bethränt.
Was Wunder / daß sie sich nach meinem Tode sehnt.
Was Wunder / daß sie Uns und unser Reich verschencket /
Daß sie nur Tag und Nacht auff unsern Tod gedencket;
[28] Was Wunder / daß sie offt schon hat den Stahl gewetzt /
Und Freund und Feind auff Uns und unser Reich gehetzt;
Was Wunder / daß sie nicht durch so viel Bluth ermüdet /
Noch allzeit neue Ränck und Bluth-Anschläge schmiedet;
Was Wunder / daß durch Ihr auch Fürstlich Bluth verfiel /
Daß kurtz mein Tod und Fall ihr eintzig Zweck und Ziel.
Drumb fort mit dieser Pest! Man soll entsceptert schauen
Die uns entsceptern wil / man soll / wie viel zu trauen
Auff Scepter / Cron und Reich / die alles Recht verschmähn /
Und ware Tugend-Bahn verfehlen / balde sehn.
Drumb fort mit dieser Pest! Die grosse Welt soll lernen /
Daß man / je mehr man sich dem Falle will entfernen /
Je mehr man sich ihm naht / daß jener offt verfällt
In Netz und Stricke / die er andern hat gestellt.
Drumb fort mit dieser Pest! Sie soll in kurtzem essen /
Was sie von langer Hand mir selber zugemessen.
GESANDT.
So ist dann nichts / das sie vom Tod' erretten kam
ELISABETH.
Das Urthel ist gestell't / verfast / noch nicht gethan.
Reyen.
Der Engländischen Hofe-Junckern der Königin Elisabethæ.
Ists war / was man sonst pflegt zusprechen:
11Ein Weib / ein Werckzeug der Gebrechen /
Die Meisterin von allen Trügen /
12Geschwind und hurtig in den Lügen /
Ein Bild der Unbeständigkeit /
Die Mutter von dem bloßen Neyd /
Ein überschwemmter Fels und ein verdecktes Feuer /
Und ein mit Bluhmen gantz umbhüll'tes Ungeheuer /
Deß Bösen nur Erfinderinne /
13Der Wohn-Platz aller wancklen Sinne /
14[29] Der Boßheit unerschöpffte Qvelle /
15 Der Eitelkeiten Sitz und Stelle /
Der Unvollkommenheiten Bild /
Die unauffhörlich keifft und schilt /
Und allzeit dicht und tracht / nur Unglück anzustifften /
Ein überdörnte Ros' und zuckersüsses gifften.
Ists war / daß ihnen das Regieren
16Als Unterthan nicht kan gebühren?
Daß sie vor sich und ihren Sachen
17Stets and're müssen lassen wachen /
Und daß man sie gantz ausgethan
Von dem / was uns erheben kan /
Daß auch ihr klügstes Thun nichts als den Rocken treibe /
Und ihr Spitzfindigkeit muß bey der Nadel bleiben.
Wie oder leydet diß Gesetze /
Daß man es nicht durchgehend schätze.
Wer weiß nicht der Amazoninnen
So Helden-müthiges Beginnen /
Wer kennt nicht / die den Helden zwang /
Der doch durch so viel Länder drang?
Hielt nicht Semiramis viel tausendmahl geringer /
Als den geringsten Sclav / den grossen Welt-Bezwinger.
So daß wir auch fast sagen müssen /
Daß wir die Weiber nur ausschliessen /
Umb ihnen nicht den Weg zuzeigen /
Daß sie uns können übersteigen.
Man seh' nur Brittens Pallas an /
Der auch so gar nichts abgewann
18Der Held / dem Junons Reich muß zu Gebothe stehen /
In dem man niemahls sieht die Sonne untergehen.
19Sie ist gefürcht bey ihren Feinden /
Beliebt bey Unterthan und Freunden:
Man muß vor Ihr sich fast entsetzen /
Und ihre Tugend göttlich schätzen.
[30] Und ob gleich Mißgunst ihr nachtracht;
Der Himmel ist / der vor sie wacht /
Den keine dunckle Schrifft noch Ziffer kan betriegen;
20Macht daß ihr tückscher Feind ihr muß zum Füssen liegen.
Drumb ist es nur ein blosses dichten /
Was wir von Weiber Schwachheit richten;
Offt hat der Himmel durch die Weiber
Und durch die allerschwächsten Leiber
Mehr ausgerichtet und gethan /
Als durch den allerstärcksten Mann.
»Ein Weib / wann sie sich kan und ihren Willen zähmen /
Ists / die die Faust und Witz der Männer kan beschäme.«