[Georg Philipp Harsdörffer]
Der Grosse Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte
Bestehend in CC. traurigen Begebenheiten
Mit vielen merkwürdigen Erzehlungen / neu üblichen Gedichten / Lehrreichen Sprüchen /scharffsinnigen / artigen / Schertzfragen und Antworten / etc.
Verdolmetscht und mit einem Bericht von den Sinnbildern wie auch hundert Exempeln derselben als einer neuen Zugabe / auß den berühmsten Autoribus, durch
Ein Mitglied der Hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschafft

Widmung

Dem

Hoch- und Wolgebornen Herrn

Hn. Johann Wilhelm Herrn von Stubenberg auf Kapfenberg / Erbschencken in Steyer / Herrn zu Schallenburg Suchtenburg und Neustatt an der Mettau


unter


Den Hochlöblichen Fruchtbringenden dem Unglückseligen /

Seinem gnädigen Herrn / und Hochwehrten Gesellschafter

Zuschrifft

Hoch- und Wol-Geborner Gnädiger Herr /Hochwehrter Gesellschafter.

Die Römer haben zu ihren offentlichen Schauspielen besonder grosse Häuser / mit vielen erhobenen Staffeln erbauet / in welchen viel tausend Personen zugleich auf den mitlern Sandplatz sehen können. Diese haben erstlich die Gestalt einer halben Rundung gehabt / Circi genennt / nachmals aber wie eine Ablange gantze Rundung erbauet / und Amphitheatra geheissen worden.

In diesen Spielhäusern habē sie nicht allein ihre vielerley Arten Fechter / welche meistentheils leibeigne Knechte / und zu solchem Lust erkaufft gewesen; sondern auch Weiber / Zwerge / seltzame Wunderthiere / und was nur dem Volke angenehm zu sehen /kostbarlich vor gewiesen / wie hiervon zu lesen J. Lipsius in Saturnalibus, und in seinem Buch De Amphitheatris.

In diesem gegenwertigen Schau-Platz finden sich fast dergleichen jämmerliche Lustspiele und Mordfechter (Secutores) in Beschreibung vieler Rauffhändel: Etliche derselben sechten mit verblenden Augen (Audabatæ) wie die von bösen Liebsbegierden erblindete. Etliche streiten mit Garnen / (retiatii) welchen der Ehr- und Geltbegierd zu einem Netze wor den. Etliche streiten mit Stücken vnd Würffseilen (laquearii) wie die listigen Frevler vnd Leutbetrüger: Etliche fechten auff Wägen vnd Rossen (Essedarii) wie die Tyranen und Gewaltigen.

Der Meister dieser Mordspiele (Editor) ist der Mörder vnd Lügner von Anfang / der leidige Satan /welcher die Jugend mit Wollüsten / das männliche Alter mit Ehrgeitz / die bejahrten mit der leidigen Geltgeitz auf den Schauplatz dieser Welt führet / vnd verführet.

Hierzu bedienet er sich so wol Manns- als Weibspersonen / grosser vnd kleiner / reicher und armer mit wunderseltnen Fügnissen / vnd gebrauchet sich darzu der Sünden-Knechte / die er in seinen Fesseln vielmals wider die Frommen die stetig im Streit zu leben pflegen / anreitzet.

Es werden aber solche hoch ümmauerte viererley Arten der Schauplätze Spielhäuser genennet / weil man erstlich darinnen allerhand Ritterspiele zu Roß vnd Fuß / wie bey uns auf den Fechschulen / und Vorzeiten bey den Olympischen Spiele vergeübet / darvon der Apostel sagt; So jemand kämpfet / wird er doch nicht gekrönt / er kämpfe dann recht / und an einem andern Ort sagt Gott: wer überwindet (die Welt und den Satan mit seinen Rotten) dem wil ich die Kron des Lebens geben. Welches beedes abgesehen von den Fechten / deren Obsieg durch einen Krantz von Lorbeern geehret worden. Besihe hiervon die Vorrede in dem Gewissens-Recht Amesii.

Nach und nach sind die Gemüter / sonderlich aber der Römer / gegen einander so ergrimmet / daß erstbesagter Schertz Ernst worden. Gewisse Hauffen Fechter / haben Schutzherren gefunden / die sie vnterhalten / und mit Peitschen und brennenden Fackeln zu den Streit antreiben lassen / den Zusehern ein Lustspiel zu machen: Anderwarts sind auch solche Blutfechter bey den Todtengräbern ümb Leib und Leben zu fechten gezwungen worden / weil sie die Seelen der Verstorbnen bey Plutone mit Menschenblut außzusöhnen vermeint.

Diesem nach gegenwertiges Werklein mit Fug der grosse Schauplatz oder Spielhauß genennet worden /weil in demselben viel jämmerliche Mordgeschichte /so sich theils zu unsrer Väter / theils zu unsren Zeiten begeben / vorgestellet / und mit lehrreichen Sprüchen und Anmerkung außgeführet werden.

Solches Spielhauß unglückseliger Geschichte / hat der Spielende / theils aus dem Frantzösischen / zu übertragen unternommen / theils aus eigner Erfahrung beygefügt / welche so hohe Beliebung wider verhoffen gefunden / daß sie nun zum drittenmahl der Presse untergeben worden: darauß ungezweiffelt zu schlüssen /daß solche vormals absonderliche / und nun zusammen gedruckte Büchlein / von vielen nicht ohne nutzliche Gefälligkeit durchlesen worden.

Demnach aber der Unglückselige unter den hochlöblichen Fruchtbringenden die Zahl deß fünfhundertsten erfüllet / und das Gewächs Graßkohl mit dem Beywort von Jugentauf angenommen / hat er so bald den Spielenden seiner hohen Kundschafft durch beliebten Briefwechsel gewürdiget / vnd mit einem Sinnreichen Gedicht / zu den viij. Theil seiner Gesprächspiele gnädig beschencket / eben zu der Zeit /als er Hand angeleget diese Unglückselige Trauergeschichte zu Papier zu setzen: Daher er dann / aus obliegender Dankbarkeit bewogen worden / selbe aus dienstl. Vertrauen mit des Unglückseligen Namen zu beglückseligen / und dieses geringe Werklein als ein Pfand jüngstgeschlossener Freundschaft / welche jederzeit die süsse Frucht unsrer Gesellschaft / wiewol auf gantz ungleichen Stämmern erzielet gewesen /wolmeinend einzuhändigen. E.G. geruhen solches gnädig anzunehmen / und sich zu versichern / daß nechst Empfehlung des Höchsten Väterlicher Beschirmung / jederzeit seyn und verbleiben wird.


E.G.

Deß Unglückseligen

Dienstbegieriger Knecht

G.P.H.

der Spielende.


Ad Insignia

Illustrissimi Domini, Domini

JOANNIS WILHELMI

STVBENBERG, etc.

inter Illustriss. Carpophoros.

INFELICIS nomen

sibi eligentis

Emblemate expressa.


casibus

erigitur

In clypeo proavum quæ denotat anchora firma,
STUBENBERGI ADÆ gloria priscadomus
Cum decertantes, adverso turbine, venti
bella movent nautis, & vada falsa fremunt,
anchora spumantis sistit discriminaponti,
nexa fide rectâ, casibus erigitur.
Nunquam fixa magis, quàm cum gravi impetus illam
mergit, arenosum mordet adunca solum.
Spes demissa Fide (notat anchora utrumque sub undis)
perstat in adversis certa, tenaxque loco.
Fluctuat INFELIX, teneris jactatus ab annis;
Exilio patriæ perdidit omne bonum:
Ast animum Spes atque Fides obfirmat amore
Cœli, dum terræ casibus erigitur.
Observantiæ ergò facieb.
Autor.

über den Namen
des Unglückseligen.
Klingreimen.

Unglůck nehrt die Tugend Frucht /
Unglůck wehrt der Laster sucht.
Die in grossem Glůcke schweben /
mancher Laster Seuch ergeben /
sind entnommen aller Zucht /
und vielmals von Gott verflucht.
Gott beschneitet seine Reben /
und lässt uns in Freuden leben /
Wann er uns zu rechter Zeit
rettet aus der Dienstbarkeit /
Dem Ægypten dieser Welt.
Die / als Knechte seyn gefangen
glücket endlich ihr verlangen /
in dem freyen Himmelsfeld.

Erklärung des Titels
Die Tragædia / oder das Traurgeschicht redet:

Der bejahrten grauen Zeit
flügelschnelle Flüchtigkeit
Halt ich auf
in dem Lauf.
Auf des Ungelücks Geschicke /
schau ich wiederumb zu rücke /
mache sehen
was geschehen.
Mein bestraltes Angesicht
Zeigt der Warheit helles Liecht.
Schand und Ehre
weist die Lehre /
als in einem zarten Spiegel.
Es gräbt meines Dolchens Siegel:
Wie der Kiel
schreibet viel /
und erhärtet mit der Spitz
die vertieften Marmolritz.

Nothwendige Vorrede an den Neugierigen Leser

Nothwendige Vorrede an den Neugierigen Leser.

Welche bisanhero in Beschreibung der Geschichte bemühet gewesen / haben der Könige / Fůrsten und Herren Kriege / Frieden Gesandschafften / Handlungen und dergleichen Begebenheiten zu Papier gebracht; darauß Weltweise Leute / und welchen Gott das schwert der Obrigkeit anvertrauet / kluge Rahtschläge und bedachtsame Fürsichtigkeit erlernen und aus den vergangenen das Zukünfftige überlegen können.

2. Daß aber der privat Personen merkwůrdige Geschichte selten mit eingeführet / und von besagten Geschichtschreibern nicht beobachtet werden / ist daher leichtlich abzunehmen / weil solcher gestalt ihre Wercke gar zu weitläufftig / und ihnen das Absehen zu erstbesagtem Zwecke / durch so vielfältige Begegnissen verrůcket und zu ferne gestecket werden würde.

3. Weil aber vielmehr gemeine Leute zu finden als hohe Standspersonen / (welche sich jener Geschichte allein zu glückseliger Regierung ihrer untergebenen wie gesagt / bedienen) zu einem ehrlichen Wandel der Tugendexempel nicht weniger von nöthen haben / ist von dem sinnreichen Verulamio, hochverständig erinnert worden / daß man alle und jede merkwürdige Fügnissen / so sich unter geringen Leuten mehrmahls begeben / zu Papier setzen / und der Nachwelt zu ihrer Belernung hinterlassen solte l. 6. de Augmentis scient. f. 101. und f. 391.

4. Wann die Alten durch die klugen Fabel gute Lehren haben außbilden wollen / in dem sie die Steine / Thiere / Bäumen und andere stumme Geschöpfe redend eingeführet: Wie viel zulässiger und erbaulicher wird doch seyn / die Geschichte zu betrachten / welche warhafftig und würklich geschehen und uns fast täglich für Augen schweben / aber ja durch derselben Lesung behäglich vorgestellet werden. Was haben wir viel ferne Gleichnissen herzuholen / wann wir solche in den Thun der jenigen finden / welche in unsrer Gesellschafft leben / oder ja zu unsrer Vätter Zeiten gelebet haben / Warum sollen wir unsre Artzneyen in den Ost- und West-Indien suchen / wann sie uns für der Haußthüre wachsen? Warum sol ein Mahler die Gestalt des Menschen von einem entfernten Bilde absehen / wann er viel lebendige Personen in der nähe hat. Daher sagt auch der übertreffliche Marggraff Malvezzi in politico privato, daß wir sehr fehlē / indem unsre Jugend in Lateinischen und Griechischen Geschichten unterrichtet wird / von den Zustand aber ihres Vaterlands und desselben Beschaffenheit von Alters her / fast niemals reden gehöret.

5. Dieser Meinung mahlet der weltberühmte Spanier Diego Saavedera in seinem Politischen Sinnbildern f. 92. zwey Stůcke Scharlach und schreibt darzuPurpura juxta purpuram: bedeutend / daß der Purpurrock seines Königs / könne nicht erkenner werden / als neben dem Purpur-Mantel seiner Lobwürdigen Vorfahren / und erweiset / daß ein König genug studiret / wann er nur die Geschichte deß ihm von Gott anvertrauten Königreichs gelesen habe.

6. Dahin zielten auch der Alten Trauerspiele / welche sie zu grosser Herren Unterrichtung angestellet /darbey aber nicht vergessen etliche Geschichte deß gemeinen Lebens in den Freudenspielen auf den Schau-Platz zu führen / daraus sich geringer Leute spiegeln / die Laster hassen und die Tugend deren Lehrmeister die Historien lieben lernen solten / und zwar mit einer Belustigung / solcher lebendigen Gemähle / welche dem Gedächtnis so leichtlich nicht zu entsinken pflegen.

7. Unter den Spaniern ist Diego Agrada, Eslava Cervantes, und Obregon welche solche Lehrgeschichte (novelas morales) verfasst / unter welchen der erste mit vielen můssigen ümständen / der zweyte mit unnöhtiger Weitläufftigkeit / der dritte aber / (den eine gute Feder Frantzösisch gedolmetscht) ist mit etlichen ärgerlichen Possen angefüllet / daß er nicht viel / höher zu achten / als Gusmann, Lazarillo oder diePicara Iustina deß Vbeda.

8. Die Italiäner habē eine grosse Anzahl allerhand Erzehlung außgedichtet / daraus mehr böses als gutes zuerlernen / und zu folge ihrer Neigung viel Liebshandel beschrieben wie in Boccacio, Bisaccioni Nave, und den nouvellen der Venetianischen Academie, welche sich die Einstimmigen (unisuoni) nennen / zu ersehen / deren wir etliche leswůrdige in unsern Gesprächspielen übersetzet. Solche Erfindungen sind nicht viel schätzbarer / als die Liebs- und Helden Geschichte / welche man Roman nennet / weil sie von Spanier Romance, oder der Römer Sprache der man sich zur Wolredenheit beflissen / herkommen. Pasquier aux Recherches f. 940.

9. Den Frantzosen mangelt es auch nicht an dergleichen Büchern / deren bereit viel übersetzet worden / und hat unsre Meinung mit vorbesagten Lehrgeschichten absonderlich getroffen Belleforest Rosset; und welches letzten Dolmetschung den Teutschen so lieb / daß sie schwerlich mehr zu bekommen / und nun zum vierdten oder fünfftenmahl wider aufgeleget werden.

10. Solchen Fußstapfen hat Iean Pierre Camus Bischoff zu Belley den Fuß rühmlich nachgesetzet / und in unterschiedenen Büchern allerhand denkwürdige Geschichte / so sich zu unsrer Zeit hin und wider begeben / zusammen getragen / der Hoffnung / daß solche die bösen Bücher unterdrucken / und die Tugend an statt der Laster / der neugierigen Welt einstössen solten.

11. Unter dieses wolgedachten Bischoffs schönen Schrifften / habē wir außgewehlt den grossen Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte / weil deß Menschen Sinn also beschaffen / daß er durch Bestraffung der Bösen mehr beweget wird / als durch Belohnung der Frommen / jener Anzahl auch viel grösser / als dieser; daß also deß Unglücks und die traurigen Fügnissen im mehrerer Anzahl zu begegnen / als der glücklichen und erfreulichen Geschichte.

12. Zu dolmetschen dieser und andrer erstgerühmten Schrifften deß H. Bischofs von Belley hat uns absonderlich veranlasset / daß wir gesehen / wie in den Gespräch spielen die Gesichte und nach der Spielart angeführte Erzehlung / (deren keine geringe Anzahl auß diesem Belley genommen /) fast jederman gefällig / unn mit grosser Gewogenheit beliebet worden / daß wir dir Arbeit der Dolmetschung / an diesem sehr nützlichen / und allen / wes Stands und Lebens sie auch seyn mögen / erbaulichen Buch wol anzulegen ungezweiffelt vermeinen / ob zwar nicht alle Geschichte gleichwol gefällig seyn möchten.

13. Der Titel in dem Frantzösischen ist: L' Amphiteatre Sanglant, ou sont representeés plusieurs actions tragiques de nostre temps. Wir nennen es: Den grossen Schauplatz blutiger oder jämmerlicher Mordgeschichte / welche sich zu unsren Zeiten begeben. Von Wort zu Wort könte man sagen: Der blutige Schauplatz / in welchem / die traurigen Geschichte unsrer Zeit vorgestellet werden.

14. Was nun aus einer jeden Erzehlung zu ersehē und zu lernen ist theils Anfangs / theils zu Ende derselben bemeldet; jedoch sind wir hierinnen dem Frantzösischen selten nachgegangen / weil H. Velley an vielen Orten erwiesen / daß er ein Eifrer / der alles gerne auf seine Religion ziehen wollen / mehrmals mit nachtheil anderer frommen Christen. Also haben wir auch zu Zeiten überflüssige ümbstände in den Erzehlungen untergelassen / den Leser / welcher deß Außgangs begierig ist / nicht verdrüßlich aufzuhalten. Wie wir nun in diesem davon also haben wir in den Lehren aus unsrem Vorraht fast aller Orten darzu gethan.

15. Gleich wie zu diesen unsren Zeit der berühmte Adam Wiele von Harlingen erfunden die Berge zu versetzen / (allermassen die erste Prob zu Dantzig beschehen) und die Erden andrer Orten nach belieben zu gebrauchen macht hat: Also ist es auch einem Ubersetzer frey / den Inhalt eines andren Buchs in seine Sprache zu übertragen / und ihm selben nach gutdünken dienen machen; wann er gleich allem und jeden so genau nicht nachgeher / von den eigentlichē Wort verstand abtritt / und nur den Verlauff der Sachen richtig behält / wie allhier besten Vermögens geschehen.

16. Hierbey ist auch zu gedenken / daß etliche schlechte Historien / mit anderen traurigen Erzehlungen außgewechselt worden / und obwol in den Frantzösischen mehr nicht / als XVII. in dem ersten und XVIII. in dem zweyten Theil zu lesen / so haben wir doch die Zahl biß auf L. nachgehends auch auf CC. denen frölichen unter dem Titul deß Grossen Schauplatzes Lust- und Lehrreicher Geschichte an der Zahl und Format gleichständig erhöhen wollen / theils auß eigner Erfahrung / theils auß andren Scribenten.

17. Ferners was für Personen unter diesen Namen verborgen / ist dem Leser nicht viel daran gelegen /weil er versichert / daß es alle wahre Geschichte / zu welchē / oder von welchen haubtsachlich nichts gethan wordē: allermassen die Zeit und der Ort / wo dieses oder jenes beschehen / gemeldet / und nichts ungläubiges / das nicht geschehen könte / in dem gantzen Buch befindlich.

18. Betreffend schließlich diese Art der Geschichtschreibung / weil solche keine außgesuchte Worte der grossen Wolredenheit leidē / sondern aus einer gleichgeschnittnen Feder herfliessen / daß der Verstand ohne viel mühsames nachsinnen zu Gedechtniß gesasset werden kan / dessen wir uns auch beflissen / und verhoffentlich so unvermengt Teutsch geschrieben /daß man gar wenig Orten bemercken wird / daß dieses auß einer andren Sprache in die unsrige gebracht wordē. Zu mehrern Belusten sind auch zu Ende in jeder Erzehlung kurtze darzu schickliche Reimlein beygesetzet worden / und ist die Rechtschreibung in Abwesenheit des Verfassers dem Verleger und seinen Bedienten freygelassen worden.

19. Ferners ist dieser dritte Druck mit 100. ein-zwey-drey-vier-fünff- und sechsständigē Sinnbildern /wie auch einem Vorbericht von derselben kunstrichtigen Verfassung / und allen Rednern / Poeten / Mahlern / Bildhauern / Glasschneidern / Goldschmieden /etc. zu Behuf / gemehret worden / sich nach belieben solcher Erfindungen zu bedienen / oder nach derselben Veranlassung andre zu ersinnen.

20. Der günstige Leser / welcher neue Sachen zu wissēbegierig / wolle diese unsre Arbeit / wie sie gemeint wol an- und aufnehmen / und sich versichern daß wir ihm zu dienen / und auf alle Begebenheit eussersten Vermögens zu willfahren / begierig sind / und die Zeit unsers Lebens verbleiben werden.


Gott mit uns.

[1] Sendschreiben
Den grossen Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte betreffend.

Wol Edler und Vester / insonders Großgünst. Junker /E.V. vielgeliebtes ist mir / sambt dem Beyschluß /den 17. dieses wol geliefert worden: deßwegen dann /auch gegen E.V. Ich mich gantz dienstl. bedanken thu. Bin vorhin deroselbē grosser Schuldner / und vermehren E.V. hiedurch die Schuld noch mehr. Ich habe das liebe Buch albereit vorhero durchlesen gehabt /auch anderer Beurtheilung darüber vernommen /denen dann solches gar wol gefält / benebens aber /neben mir wünschten weiln E.V. zu dero hohen Ruhm / weit und breit bekant / und gute Mittel an Fürstlichen Höffen / und sonsten allenthalben haben / daß dieselbe die Mühe auff sich nehmen / und die jenige wunderliche Geschichten / so sich bey diesem noch weren dem Krieg in Teutschland begeben / beschreiben wolten / so / sonders zweifel / treflich abgehen würden. Es hat sonsten unlängsten ein vornehmer Churfürstlicher Rath in seinen Schreiben an mich desBlondels Historien gelobt / die ich aber nie gesehen; sollen / wie er berichtet / gar schön Französisch geben seyn / so deß verdolmetschens würdig weren. Von keinem der absonderlich Historiam Privatorum [1] verabfast hette / kan ich mich nicht besinnē. Es gedenkē E.V. in der 24. Erzehlung §. 2. und p. 198. deß Orts Hirshan nechst Heydelberg / so sonders zweifels verdruckt / Hirschhorn sein wird / welches Stättleins / so jetzt Churmentzisch / Herr / Nahmens Friderich von Hirschhorn / An. 1632. unn mit ihme dieses weyland vornehme Geschlecht abgestorben ist / und seine Fr. Wittib / ein geborne von Helmstat / sich hernach an den H. Obrist. Hans Wachtmeister ehlichen verheuratet. Man hat mich damaln wollen berichten / daß selbiger Fridericus eben der gewesen / so deß Ludwigen von Hirschhorn hinterlassene schwangere Wittib An. 1584. zehen Wochen nach der ersten Geburt eines todten Knäbleins / auff diese Welt gebracht. Wolfius tom. 2. lect. memorabil. fol. 988. hat diese Geschicht auch beschrieben. Ende hiemit / und thue E.V. dem Gnaden Schutz Gottes zu allem gesegneten Wolstand: deroselben beharrlichen großg. aber mich / bester massen / und gantz dienstl. befehlen. Ulm den 22. Augstmonats 1648.


E.V.

Dienstergebener

Martin Zeiller.

Der Erste Theil

Register I. Theils
Register
I. Theils.
I. Der unglückselige Geitzhals.
II. Bestraffung der Untreue.
III. Die verwundte Keuschheit.
IV. Die unbedachtsamen Eltern.
V. Das elende End.
VI. Die unschuldige Zügeinerin.
VII. Die eröffnete Beicht.
VIII. Der falsche Freund.
IX. Der ungefähre Vatermörder.
X. Der stinckende Hurenhengst.
XI. Die spate Reue.
XII. Die Schramen.
XIII. Die rechtmässige Rache.
XIV. Straf der Unbeständigkeit.
XV. Die beraubten Räuber.
XVI. Der verzweiffelte Buler.
XVII. Die entdeckte Verrähterey.
XVIII. Die schädliche Ruhmrähtigkeit.
XIX. Der Freyer in allen Gassen.
XX. Der undanckbare Jungfrauē Rauber.
XXI. Die eifrende Fürstin.
XXII. Die unglückliche Hinterlist.
XXIII. Die großmütige Rach.
XXIV. Das Zeugnis deß Geblüts.
XXV. Die blinde Unkeuschheit.
1. Der ungluckselige Geitzhalß
[3] (I.)
Der unglůckselige Geitzhalß.

Unter den schönen und schiffreichen Flüssen deß Königreichs Franckreich / ist fast der vornemste die Garonne / welcher Anfang und zwo grosse Stätte / Tholose / und Bourdeaux schliessen / jhren Lauff aber viel Fleken und Dörffer zu beeden Seiten belustigen. In dieses berühmten Flusses lustigen Thälern sihet man hin und wieder viel adeliche Schlösser / und werden darinnen die Soldaten gleichsam gewaffnet (wie jener von Thracia schreibet) geboren.

2. In dieser Gegend hatte seine Geburtstat ein unglückseliger geitziger von Adel / welcher diesen grossen Schauplatz jämmerlichen Mordgeschichte eröffnen sol. Seinen Namen wollen wir nennen Bergold /(Crispian) weil darunter sein anerbter Stamm gleichsam verborgen wird. Sein Vater hatte jhn / als einen eintzigen Sohn / zu einem Erben eines sehr reichen Vermögens hinterlassen / und jeder von seinen beeden Töchtern / zehen tausend Kronen / zu jhrer Aussteur /in seinen letzten Willen verordnet.

3. Bergold lässet sich mit so reichem Haab nicht vergnügen / sondern lüstert auch seiner Schwestern Antheil zu besitzen: massen deß Geitzes Eigenschafft ist niemals genug haben / und täglich ein mehrers zu wünschen. Er verheuratet sich an Eugeniam / eine reiche und vornehme Rahts Herrn Tochter / und beschwetzet seine Jüngere Schwester Martham / daß sie aus der Welt / und aus jhrer Angebühr väterlicher Verlassenschafft / den Fuß in das Kloster setzet /jhres Bruders Grausamkeit zu entfliehen. Bergold bedinget mit der Abbttesin 1500. Kronen / und verhofft die übermaß für sich zu behalten. Bevor sich aber Martha zu dem Nonnen Gelübd verpflichtet / lässet sie jhren letzten Willen zu Papier setzen / und [4] verschaffet jhren Antheil der Außsteur Spinellä jhrer ältern Schwester / weil sie jhren Bruder und ärgsten Feind mit allen ůberfluß und grossen Gütern wol versehen wuste.

4. Spinella heischte eine Zeit hernach solche Gelder / welche Bergold für die seinen gehalten / und wolte das unverhoffte Testament / als unbindig und von unkräfften ümstossen / erwartet auch keinen andern Richter / als seinen Zorn / welcher den trotzigen und ehrerührigen Außspruch mit der Faust vollzogen / und seine Schwester mit vielen Schlägen / aus dem Hause gestossen / daß sie gezwungen worden / sich bey jhrer Befreundin einer aufzuhalten / und die Sache Oberherrlicher Erkäntniß zu untergeben.

5. Spinella gewinnt den Obsieg Rechtens / jedoch mit Beding / daß der Bruder beeder Schwestern vermögen / biß zu jhrer Verheuratung inhändig behalten solte / darüber sich dann Bergold / welcher vermeint auch sich / durch übel halten in das Kloster zu zwingen / schmertzlich betrübet.

6. Als sich nun unterschiedliche Buler bey Spinella angegeben / hat doch Bergold mit allerley List jhre Werbungen unterkommen / und theils mit Lügen /theils mit Betrauung / theils durch bitten abgeschrecket. Wie aber sehr schwer ist alle Můcken aus einer vollen Kůchen zu jagen: als haben sich auch nicht alle Liebhaber von dieser reichen Jungfrauen wendig machen lassen / und ist unter vielen eine beharrt / welchen wir Sidonium nennen wollen / der jüngste Sohn eines armen Edelmanns in Gasconien / der mehr Hertz im Leib / als bahres Geld in dem Beutel gehabt. Dieser liesse sich noch bitten noch drauen abschrecken /weil er Spinella Gegenlieb versichert war / und beedertheils zu ehlicher Verlöbnis zu schreiten verhofften.

7. Bergold setzet sich mit grossem Eifer wieder solches Beginnen: sagend / daß er keinem solchen Bettelbuben seine Schwester lassen könne / brings auch bey dem Ehgericht / durch Bemittlung seines Schwer-Vaters ein Verbot aus / daß sie beede einander [5] müssig gehen solten. Dieses Verbot war den zweyen Verliebten ein Gebot / und gleichsam deß Schmidswasser / welches jhre glüende Liebe je mehr unn mehr erhitzte / durch absonderliche Vergůnstigung der Befreunden / bey welcher Spinella sich auffhielte.

8. Nach dem nun die Zeit kein Enderung / an Bergold gefasstem Vorsatz bringen wolte / entschliessete sich dieses blind-verliebte Paar mit der Flucht jhr Verlangen durch ordentliche Verehligung zu vollziehen: wähnende Bergold würde dann zu geschehenen Sachen das beste reden und willigen / was er nicht zu hindern vermöchte. Aber weit gefehlt.

9. Sie haben sich so bald nicht aus dem Staub gemacht / da ergreifft Bergold die erwünschte Gelegenheit / und beklagt Sidonium / als einen Jungfrau Rauber / und bittet die Ehe für unbindig / Sidonii Bildnis an den Galgen / und seine Schwester durch Ritterlichen Spruch in ein Kloster zu verschaffen / welches er auch beedes / und vermittelst solches Urtheils ihr Vermögen / erhalten.

10. Kein Vergleich / welchen die Flüchtigen inständig gesuchet / wolte bey so beschaffenen Sachen stat finden: sondern das Urtheil wird dergestalt vollzogen / daß das Bildnis Sidonii an den Galgen in der Stadt auffgehangen / und weil seine Schwester nicht zu betretten / erfreute er sich / daß auch die Unkosten / so er in dem Kloster herschiessen müssen / ersparet würden.

11. Bey Nacht wird das Bildnis Sidonii von seinen Freunden abgenommen: Bergold lässet ein anders machen / und bestellt eine Wacht darzu / damit es nicht mehr solte weggenommen werden. Sidonii Freunde bitten für solche Schande und trachten diesen Drachen zu besänfftigen: aber ümsonst. Deßwegen versamlen sie sich / und als sie die Wacht verjagen wollen / und das Bildnis / so zur Schande jhres Geschlechts aufgehangen worden / abnehmen / wird einer von den Schergen / durch Eleazar Sidonii vertrauten Freund erstochen.

[6] 12. Bergold bringt durch seinen Schwer-Vatter zu wegen / daß Eleazar / welcher sich mit der Flucht retten muste / in gleicher Straffe / als Sidonius verurtheilt wird. Eleazar befedet Bergold und fodert ihn auff eine halbe Meil von der Statt / den Degen mit ihm zu messen. Bergold erscheint / lässet aber die Schergen in den Busch liegen / welche Eleazar handfest machen solten.

13. Als nun solches der verrahtne Eleazar erwitterte / und ihm den Paß abgeschnitten sahe / ergrimmt er so sehr / daß er seinen Verrähter Bergold den Degen durch die Rippen jagte / und sich selbsten in seines Gegners Degen verwundete. Bergold fiel todt zur Erden / und Eleazar muste sich gefangen geben / deß Bergolds Schwervater hat die Sache so ferne getrieben / daß dem Eleazar das Haubt durch den Hencker für die Füsse geleget worden.

14. Bergold hinterliesse einen Sohn / und seine Frau auff schwerem Fuß / welche als sie die traurige Zeitung / wie ihr Mann in allen seinen Sünden ermordet worden vernommen / eines todten Kinds zehen Wochen zu frühe genesen / und hat hernach auch die Welt gesegnet. Wenige Wochen darnach verstirbt auch Bergolds einiger hinterlassener Sohn.

15. Sidonius und Spinella fliehen nach solche Begebenheit zum König Henrich den Vierten dieses Namens / hochlöblichen Angedenckens / und erlangen gnädige Verzeihung ihres Verbrechens / benebens Widerstattung aller ihnen erblich angefallenen Güter deß verstorbenen Bergolds / welche in zwischen ihres Abwesens / sein Schwervater zu sich gerafft.

16. Hieraus erhellt / daß der Geitz ein Wurtzel deß Neids / Mords / unversehnlicher Feindschafft der Unbarmhertzigkeit / und wird endlich mit einem jämmerlichen Ende von dem gerechten Gott / zur Warnung aller Geitzhälse abgestrafft. Ein Poet setzte diesem Bergold eine Grabschrifft folgendes Inhalts.


[7]
Allhier sein Begräbniß hat
Der nie war deß Geltes satt.
Bergold / (Bergold) war sein Name.
Wilst du Leser nicht entweichen
Wird er aus dem Graben reichen /
Zu dir / nach deß Beutels Same.
Der gewuchert fort und fort /
Ohne Scheue / Maß und Ziel
Bettelt / hörst dus? an dem Ort;
Dann dem Geitz ist nichts zu viel.
Tag und Nacht nach Wuchern trachten /
Arme hassen und verachten /
Seinen Nechsten Freund betrügen
In verkauffen / schinden / schaben
Niemals satt zu leben haben /
Wieder sein Gewissen lügen /
Solcher Leute letzter Lohn /
Ist deß Teuffels Marter-Kron.
2. Bestraffung der Untreue
(II.)
Bestraffung der Untreue.

Famosus ein trefflicher Rittersmann zu Zeiten König Heinrichs deß Dritten / war ein Mars der stetig eine Venus im Sinn hatte / biß er endlich zu wachsenden Jahren die Flügel bald dar / bald dort / gleich den wärmliebenden Schnaken verbrennet / und sich endlich fangen lassen von Magdalis einer unter den schönsten Jungfrauen / zu derselbigen Zeit.

2. Famosus wartete dieser irrdischen Göttin beharrlich auf / und gewonne endlich ihre Gunst / unter der Hofnung Ehlicher Verbindnis / daß sie seinen Eidlichen Versprechen / daß nicht einer redlichen Bejahung wehrt war / Glauben zustellete / ihm nach und nach / mehr unziemliche Vertrauligkeit gestattete /und seine gute Wort mit dem bösen Werck der Finsternis belohnte.

[8] 3. Magdalis hatte ihr kaum rauben lassen / was sie die Zeit ihres Lebens nicht wieder erlangen kunte /sihe / so bald ist dieser ihr getreuer Knecht ein gantz untreuer Herr: ihr so / hoch verpflichter Freund / ein entwichter Ehrvergeßner Feind; die Liebe ein Haß: die Flammen eisenkaltes Eiß und Schnee. Wie dieser unglükseligen Schönen zu Sinne gewesen / ist leichtlich zu erachten.

4. Famosus / als ein Wetterhaan / wendet sich von der / welche er zuvor mit grosser Ehrerbietung gleichsam angebettet / und wann er ihre Gegenwart nicht vermeiden mögen / hat er mit falscher Hoffnung ihre leichtglaubige Gedancken bethöret.

5. Es fügte sich aber daß ein grosser Herr sich von Hofbegabe / wegen eines empfindlichen Widerwillens / so er gegen sich von dem König verspühret / dieser begehret Famosum / als einen lustigen und unruhigen Kopf in seine Dienste zu ziehen / und schlägt ihm zu solchen Ende eine Heyrat vor / mit seiner Basen einer / benebens versprechen / ihn vor allen andren zu befördern und groß zu machen. Dieser Hofmann / der von Zeit seines blühenden Verstands nach Ehren gestrebt / ergreifft die vermeinte gute Gelegenheit mit zweyen Händen / verlässet den Hof und seine Magdalis / welche bald hernach ein junger Sohn zu einer traurigen Mutter machte.

6. Famosus kommet mit Almansor seinem Herrn nach Hauß / und lässt ihm Thriphile seine Base trauen / bevor Magdalis einige Nachrichtung darvon erlangen können. Der neue Ehman lebt in vollen Lüsten /und denket nicht einmal zurücke an die Verlassene /welche von seinen Augen und Angedencken weit entfernet war.

7. Almansor trachtet sich an dem König zu rächen /und das gantze Land wieder ihn zu erregen / welches frevle Vorhaben dem König / der so wol offne Ohren /als lange Hände hatte / nicht verborgen seyn konte. Dem übel nun zeitlich zu steuren und die Funken in den Aschen außzuleschen / sendete der König einen Theil seines Heers dahin / dessen Almansor [9] nicht erwartet / sondern seine Zuflucht zu dem damaligen König in Navarram genommen.

8. Dem Famoso würde ein fester Ort anvertraut /darinnen hält er sich ein zeitlang / biß die Soldaten wider jhren König nicht mehr fechten wolten / und er sich auf deß Königs Gnad ergeben muste / verspürte aber vielmehr Ungnade / in dem niemand für ihn bitten / oder sich seiner annehmen wollen: aus Furcht wegen der Auffruhr in bösen Verdacht zu kommen /so gar daß Famosus das Leben / andern zum Beyspiel verlieren solte.

9. Magdalis hielte sich damals bey einer Fürstin in Diensten / welche Macht hatte / ein Wort mit dem König zureden: Diese flehet sie inständig an / sie solte ümb deß Famost Leben bitten / wie dann auch beschehen. Der König hatte diese Magdalis mehrmals gesehen / und begehret von jhr selbsten mündlich anzuhören / was Ursach sie doch bewegt für diesen undankbaren / Eh- und Ehrvergessnen Gesellen so eiferige Vorbitte einzuwenden. Nach dem er aber verstanden / daß die grosse Trůbsal und treulose Falschheit ihre Liebe nicht gehindert oder vermindert / hat ihm der König Gnade erwiesen / jedoch mit der Bescheidenheit / daß er der Magdalis Sohn für den seinen halten / und gleich den andern Kindern von Triphile mit erbenlassen solte.

10. Es ist nicht zu schreiben / mit was Verwunderung Famosus solche Freundschafft von seiner Feindin / die er umb Ehr und alles zeitliche Glück bringen wollen / angehört / und hat daraus ihre getreue Liebe in der That erkennet: die er hingegen mit keiner Danckbarkeit erwiedern mögen.

11. Das Parlament betrachtete das grosse Unheil /welches aus besagter Auffruhr entstanden / und unterlässet nicht Famosum / sampt noch 2. andern zum Tod zu verurtheilen: und wůrde also Famosus hingerichtet / bevor die Königliche Begnädigung in der Gefängnis angezeiget worden / da er dann vor seinem Ende bekennt / daß seine Untreue solche abscheuliche Straffe verdienet / und weil er kein ander [10] Mittel / seiner erstgepflichten Magdalis einige Wiedergeltung zu leisten / hat er ihren und seinen Sohn / als den erstgebornen zu einem Erben aller seiner Verlassenschafft eingesetzet: sie aber für sein rechtes Ehweib erkennet. Dieses hat nachmals der König bestättiget / und ist der Magdalis Sohn seines Vatern Namen-Schild- und Helmträger / nach erbrichtiger folge verblieben.

12. Hieraus ist zu sehen / daß das Sprichwort war /welches sagt: Untreu bringt Reu: und wie die Schrifft sagt / daß das Unglück von dem Hause deß Undanckbaren nicht weichen werde. Gott bringet die Werke der Finsternis an deß Tages Liecht / gleich wie er die Wolthat / welche verborgen geschiehet / offentlich belohnet.

13. Ein Jungfer wird nicht leicht beständig hassen /
Den sie erst hat das Kräntzlein rauben lassen:
Solt er nochmals ihr vergessen / sonder Scheu /
Wird doch bleiben ihre Treue täglich neu.
Weiber-Volk pflegt ins gemein
Ersten Bulen hold zu seyn.
3. Die verwundte Keuschheit
(III.)
Die verwundte Keuschheit.

Die fruchtbare Insel Sicilia / welche fast halb Welschland ernehret / hat unter vielen Lastern auch ein Wunderwerck der Keuschheit hervor gebracht / welches den alten Exempeln dieser Tugend gleich geachtet /wo nicht vorgezogen werden kan.

2. Sylvester zeugte mit seinem Eh-Weib etliche Töchter und einen Sohn. Nach dem er durch den Tod seiner Frauen in den Wittibstand gesetzet / stosset er seine Töchter in das Kloster / und bedient sich bald dieser / bald jener leichtfertigen Dirne / entschlossen /sich nimmermehr in die Dienstbarkeit eines Ehebetts zu begeben. Sein Sohn ein Jůngling welcher von der Natur schamhafftig / und aller Unreinigkeit [11] feind war / hassete seines Vaters Lasters / welches jhn und alle seine Bekanten / zu grosser ärgernis hätte verleiten sollen. Er war gleich einer Perlenmutter / die ihren Glantz und Liecht / mitten in dem trůben Saltzwasser beharrlich erhält. Kurtz zu sagen: er war ein frommes Kind eines bösen Vatters.

3. Sylvester suchte seinen Sohn mit sich in das Verderben zu stürtzen / GOtt aber rühret sein Hertz die Welt zu verlassen / und in der Mönichs-Kappen den Sünden zu entfliehen. Dieses Vorsatzes gehet er in unterschiedliche Klöster in bedenken / welchen Orden er sich zu schlagen solte. Der Vater hatte seinen Sohn gerne in dem Ehestand / und ihn die Vermehrung seines Geschlechts gesehen / bemühet sich deßwegen ihn darvon wendig zu machen. Der Sohn schämet sich seines Vorhabens nicht / sondern bekennet frey heraus / daß er gewillet der weltlichen Eitelkeit gute Nacht zu sagen / und daß er spůhre / Gott habe ihn zu solchen einsamen Leben / aus sondren Gnaden beruffen.

4. Als nun der Vater mit weltsichtigen Ursachen nichts außrichten / und seinen Geist nicht zu widerstehen mögen / hat er seinen Väterlichen Gewalt anführen / und den Kindlichen Gehorsam erzwingen wollen. Er fängt deßwegen an zu fluchen / zu schreyen /zu drauen / und giebt ihm kurtze Bedenkzeit.

5. Nach dem er aber merket / daß Cadrat beständig auff seiner Meinung verharrt / und ein Chartäuser werden wil / schleust er ihn in eine Kammer / darinnen er / als in einem Gefängnis verbleiben solte / biß ihm dieser Einfall vergangen / und er zu gehorsamen versprechen wůrde.

6. Cadrat wiedersetzet sich nicht in Verhafft zu seyn / fastet und betet / und ob ihm gleich gute Speisen auff getragen wurden / wolte er sich doch vielmehr sättigen mit dem Brod der Trübsal / und tränken mit dem Wasser vieler Threnen / damit der Leib nicht geil / und zur Ungebühr veranlasst wůrde.

7. Weil Sylvester auff solche Weise nichts außrichten konte / ersinnet er eine andre List / und dinget [12] eine Metz / die wie eine Wolffin nach Menschen Fleisch hungerte. Diese wird zu Nacht gantz entblösst zu ihm eingelassen / als er zu Bette gelegen / und sie fügte /sich ihm ein Verlangen nach Ehlicher Beywohnung zu erwekken / an seine Seiten / mit ungebürlichen reitzen. Cadrat wolte sich aus ihren Armen winden / als ob er mit einer Schlangen ümgeben were / und ringte endlich so lang mit diesem Balg / biß er ihr entkommen. Zum Fenster konte er nicht hinaus springen /denn sie waren vergittert: durch die Thüre konte er nicht entfliehen / dann sie war von aussen verrigelt. Die unzüchtige Feindin verfolget den Jůngling / und er kan jhr nicht entkommen / biß er endlich sich erinnert / daß ein Federmesser auff den Tisch / das ergreifft er und verwundet darmit seinen Leib / an Armen und Beinen / biß er in eine Ohnmacht dahin sinket / und die Dirne ümb Hůlff schreyen muste.

8. Der Vater laufft so bald zu / und sihet dar den Sohn in seinem Blut ligen: beschicket die Wundärtzte / welche etliche Wunden für sehr gefehrlich / und wegen verlohrnen Kräfften für fast tödtlich halten: sonderlich aber an den rechten Arm / an welchem das Geäder alles verletzt / und zerschnitten war: wie dann auch bald hernach der kalte Brand darzu geschlagen /daß man ihm den Arm abnehmen müssen.

9. Ob er nun solche Schmertzen mit grosser Gedult außgestanden / so hat er doch nicht sein Leben sondern ein seliges Sterbstündelein erwünschet / welches ihm auch wiederfahren. Der Vater fiel darüber in eine grosse Betrübnis / und wird endlich zu raht / an stat seines verstorbenen Sohns / die Mönichskappen anzuziehen / und seine begangene Sünde hertzlich zu bereuen.

10. Hierauß fliesset die Lehre / daß man die Kinder nicht wieder ihren Willen zu dem Ehestand nöthigen /oder von dem ledigen Stande abhalten sol / und daß dergleichen Zwang einen grausamen Außbruch gewinnen muß: Daher sagt jener weise Heyd / daß die Kinder gleich sind den Metallen / deren ein jedes an seinem gewissen Ort dienlich und nützlich / [13] wann man aber das Gold oder Silber zu einer Pflugschar /das Eisen hingegen zu Trinkgeschirren gebrauchet /so verliere beedes seine Nutzbarkeit. Also sagt auch jener Spanier / daß die Rähte der Könige und Fürsten Augen wären / welche nicht nutzen könten / wann man sie nicht in dem Haubt / sondern auff den Füssen tragen wolte.

11. Wer beschämet
Zwingt und zämet
in der Brust
Seine Lust /
Der mag haben
Engels Gaben /
Und wird seyn
ewig rein.
4. Die unbedachtsamen Eltern
(IV.)
Die unbedachtsamen Eltern.

Wir wollen noch dergleichen Exempel beybringen / in welchem die Eltern ihrer Macht mißbrauchen / und ihren Sohn von seinen guten Neigungen abhalten.

2. In der Statt Meiland / einer von den grösten und schönsten Stätten in Welschland / lebte ein vornemer Bůrger / welchen wir Eutropium nennen wollen / mit Honorata / seiner Ehewirtin / in friedlicher und glückseliger Liebe / deren eintziges Pfand war Theophorus welchen der Tod zu sich nehmen / mit vielen Schwachheiten / bedrauet.

3. Diese beede Eltern hielten täglichs bey Gott mit ihren Gebet an / er wolte doch ihren einigen Sohn mit Stärckung seines schwachen Lebens begnädigen / und würden auch dergestalt erhöret / daß Theophorus das sechtzende Jahr erreichte / aus innerlicher Neigung aber / wolte er lieber ausser / als in der Welt leben: ich wil sagen / lieber Geistlich werden / als weltlich bleiben.

[14] 4. In seiner Kindheit war er andächtiger als ein Kind: in seiner Jünglingschafft beliebte er der Geistlichen Gespräche / und nach dem er mit zuwachsenden Jahren zu reiffem Verstand gelangt / offenbaret er sei nen lieben Eltern / wie er gewillt were / sich in ein Kloster zu begeben. Sein Vater hingegen unterliesse nichts was zu Verhinderung solches Vorhabens dienen kunte / und führte ihm umständig zu Gemüt / daß er der eintzige Sohn / auf welchen alle Hoffnung ihres Namens und Geschlechts stünde. Hierauff antwortet der Jůngling / daß sie ihm versprechen solten / wann er noch einen Bruder von Gott erbitten wůrde / sie ihm in das Kloster zu tretten verlauben wolten.

5. Dieses kam der Mutter so lächerlich vor / als dorten der alten Sara / und versprachen so viel lieber /was sie solches zu erleben niemals hoffen kunte / weil sie beede wol bejahrt.

6. Was geschicht? Theophorus flehet fůr Gott / und erbittet von ihm einen Bruder / welcher dem Ansehen nach gesunder und stärker / als er war. Die Eltern lassen Theophorum unter der Auffsicht eines verständigen Hoffmeisters in ferne Lande raisen / damit er sein Gemüt ändern / und der Weltfreude gewohnen solte /aber ein Gefäß verleurt seinen ersten »Geschmack nicht leichtlich.«

7. Nach dem nun die Eltern ihren Versprechen keine Folge leisten / und beede Söhne gern weltlich sehen wolten / schreibt Theophorus seinem Vater /daß er doch seine Person Gott nicht berauben / und ihm von seinem Gelůbd ferners abhalten solte: dann er bey Beharrung solcher Sünde Gottes Straff ungezweiffelt zu erfahren haben würde.

8. Eutropius beschüldigt seinen Sohn grosses Ungehorsams / wird aber bald darauff mit seiner Kutschen / als er nach Bergamo raisen wollen / ümgeworffen / und fället mit dem Haubt auff einen Stein /daß er / wenig Tage hernach / zu Grab getragen wurde.

9. Nach diesem vermahnte Theophorus seine [15] Mutter / sie solte ihn doch ihres Gewalts erlassen / und kehrte auch selbsten nach Hauß / seine Befreyung auß zu würken und zu den Theatinern (welche fast deß Ignatii Regel halten) zu tretten.

10. Die Mutter fällt in ein hitziges Fieber / und verlangte aus dieser Welt zu scheiden / wann nur jhr lieber Sohn in derselben verbleiben wůrde.

11. Nach dem Tod seiner Eltern hatte Theophorus keine Hinternis mehr seinen lang verlangten Vorsatz in das Werk zu setzen / ůberlässt deßwegen alles Haab seinen Jüngern Bruder / und bringt ein mehrers nicht in das Kloster / als jhm zu Antrettung solches Ordens von nöhten war.

12. Hieraus ist zu ersehen daß die Eltern unbedachtsam verfahren / wann sie ihre Kinder mehr zu ihren / als Gottes Ehren aufferziehen. Sie sind Väter und haben Macht über ihre Söhne: sollen aber gedenken / daß Gott ihr Vater und sie seine Söhne / dessen Willen sie / zu gehorsamen pflichtig / als so wol ihnen ihre Söhne verbunden sind. »Daher sagt jener Rabbi: Fürchte Gott deinen himmlischen Vater / so werden deine Kinder dich fürchten: Lässest du solche Gebühr auß deinen Hertzen / so werden deine Kinder dergleichen auch gegen dich thun.« Gewißlich sind ungeratne Kinder eine grosse Straffe ruchloser Eltern.


13. Sinnbild.


Ein jeder


sperrt.

Erklärung.

Ein jeder Schlüssel sperrt / zu dem er ist gemacht;
Nimmst du den rechten nicht / wirst du das Schloß verdrehen:
[16]
So nimm zu rechter Zeit deß Knabens Sin in acht /
Worzu jhm die Natur / nicht deine Chur versehen.
5. Das elende End
(V.)
Das elende End.

Wer stehet der sehe daß er nicht falle. Die Jäger erkennen das Wild an der Spuhr / und ihren Fuß tritten: und das Leben muß man aus dem Tod / oder desselben Außtritt erlernen. Die schöne Tage muß man Abents loben / und die heitere Zeit / ist auff dem Meer ein Vorbott deß Ungewitters. Hier werden wir finden ein elendes End / eines erfreulichen Anfangs.

2. Parmenon / ein Kind von geringer Ankunfft /aber hohen Verstands / hatte theils durch Wolthätigkeit frommer Leute / theils durch seine gelaiste Dienste / seine Geschickligkeit so weit gebracht / daß er Hofmeister bey eines vornemen HErrns Sohn / welchem eine Landschafft / oder Provintz in Franckreich anvertraut war. Sein untergebener solte ein Geistlicher werden / und weil er sehr fähig / fassete er Parmenonis Anweisung so glücklich / daß der Herr Vater über seinen jungen Hern grosse Freude hatte / und mit den Lehrmeister wol zu frieden.

3. Nach diesem wird in der Provintz eine Abbtey ledig / und Parmeno damit versehen / welcher auch sich in allen verhalten / wie einem Geistlichen wol anstehet / und war der junge Herr seiner Zucht damals entwachsen.

4. Wie aber ein schwaches Hirn den Wein nicht wol vertragen kan / also kan ein geringer Gesell kein grosses Glück lange behalten. Parmeno vergisset seiner außgestandnen Armut / und aller empfangen Wolthaten / ja seiner selbsten / und beschweret das Hertz mit fressen und sauffen / welches ihm verleitete in Kammern und Unzucht.

5. Den Kirchenthurn sihet man in einer »Statt von ferne / wann er auffrecht stehet: Den [17] Prediger muß ein jeder in seinem Leben und Wandel erkennen / wann er nicht aus seiner Ambtsgebühr entfället / und den Sturmwinden seiner bösen Begierden Widerstand thut.«

6. Was Parmeno den Hugenotten / welche in selber Abbtey gewonet / für Ergernis gegeben / ist nicht außzusprechen / und weil ihm niemand Einhalt gethan /fuhr er fort / als einer der mit Blindheit geschlagen in allerhand Sünden und Lastern / ohne Scham und Scheue.

7. Unter vielen gefällt ihm eine Jungfrau / benamt Sara / die in ihm so eine brünstige Liebe erweckte /daß er vermeint er könte ohne sie nicht leben. Die Jungfrau hingegen wil von ihm ein Ehliches Verlöbnis (welches seinen Würden ohne Verlust des fetten Kirchendiensts unthunlich) nichts wissen oder hören. Sie suchte ihn zu betriegen: er suchte sie zu betrGeistlichben / vorgebend / daß die Menschensatzung den Geistlichen die Ehe verbieten / welche auch in Griechenland beweibt wären.

8. Parmeno verspricht dieser Sara die Ehe / jedoch mit der Bescheidenheit / daß sie solches die Zeit ihres Lebens nicht offenbaren solte / weil er sonsten in Schand und grosse Armut gesetzet werden würde /und setzt hinzu / daß dergleichen bey ihnen gebräuchlich / und heimlich Ehweiber zu haben von dem Papst zugelassen werde.

9. Sara / welche wol wuste daß die Kirchendiener verheuratet / und von keiner andern Religion / als der ihrigen jemals reden hören / stellet dem Herrn Abbt vollen Glauben zu. Berichtet solches ihre Mutter und Schwester / welche dieses wegen ihrer Armut / für eine anständige Gelegenheit hielten / und wird also eine Heurats Abred von einem vertrauten Notario zu Papier gesetzt / und war der Sara Außsteuer ihre Schönheit / und die Reue die Morgengab.

10. Die Warheit ist eine Tochter der Zeit / und wird auch nach und nach aus dem tieffsten Brunnen geschöpfet. Sara wird schwanger / und [18] vermeint daß alles ehrlich und wol zu gegangen / in dem sie etliche schertzweiß die Frau Abbtisin genennet / und sie ihr solches für eine grosse Ehre gehalten. Nach dem sie vermerkt / daß man ihrer gespott / und weiters nachgefragt / hat sie sich mit grosser Verwunderung betrogen gefunden.

11. Es war aber ein vornemer Mann in selbiger Gegend wonhafft / der seinen Sohn gerne diese Abbtey zugeschantzt hätte / und bedient sich dieser Unthat den Frembdling und Einkömmling außzustossen: zu diesem Ende lässet er den gantzen Handel schrifftlich / in glaubwirdiger Form verabfassen / und bringt seine Klage / im Namen der gantzen Gemeine bey den Bischoff vor / der den Abbt darüber vernimmt / und nach etlichen nichtigen Entschuldigung / in das Gefängnis setzen lässt / in welcher er sich zu der Reformirten Religion bekennet / und nach dem er aus solchem Grab der Lebendigen entkommen / lässet er ihm Saram trauen / weil er sahe / daß er nunmehr aller seiner Einkommen beraubt und ein Frommerer an seine Stelle verordnet worden.

12. Wie armselig er sich hierdurch gemacht / ist unschwer zu ermessen: Die feiste Küchen war versperrt / Weib und Kind wolte zu essen haben: Graben wolt er nicht / so schämte er sich zu bettelen. Er verbarge sich und hasset die Evam / welche ihn in das Elend gestürtzet / und erweisset sich wie ein Löw /mit fluchen / rauffen und schlagen / daß Sara nie vermeint / daß das Joch deß Ehestands so gar schwer seyn solte.

13. Portian der Sara Bruder ein wehrhaffter Soldat der neulich aus dem Krieg wiederkommen / nimmt sich seiner Schwester an / und bedraut den Schwager /daß er ihm wolle die Hand aufflegen / und einen weltlich geistlichen aus ihm machen / wann er seiner Schwester mehr ein unschönes Wort geben würde. Parmeno unterlässt nicht sein Weib übel zu halten /wird aber von Portian jämmerlich gebrügelt / daß er die Denkmahle lange Zeit auff den Rücken tragen müssen.

[19] 14. Parmeno gedenket sich zu rächen / und erscheusst seinen Schwager mit einem Pistoll / bey der Nacht / als er sich keiner Feindseligkeit versehen /darüber er gefangen / und / und zum Strang verurtheilt worden / nimmet also ein elendes End mit Schrecken / wie von dem Gottlosen die Schrifft redet.

15. Hieraus folgt eine Lehre / wie alle Laster gleichsam in einer Ketten an einander hangen / und durch den überfluß verursachet werden. Das erste Glied an solcher Ketten war ein unordentliches Leben / das zweyte Hurerey / das dritte der Betrug / das vierte Verlaugnung seiner Religion aus Furcht der Straffe / das fůnffte der Zorn / das sechste der Todschlag: »Daher Bernhardus Gott gebetten er sol ihm seine erste Sünde zu erkennen geben / damit er sich vor den andern hüten könne / und nicht als ein Blinder darinnen fortfahre.«


16. Laster wird von Last genennt /
Deren Bürde spat erkennt /
Und wann man sie mit behagen lang getragen /
Kan sie niemand werffen ab /
Biß sie letzt mit Schen und Reu
Ihres Trägers Rucken drucken in das Grab.
6. Die unschuldige Zugeinerin
(VI.)
Die unschuldige Zůgeinerin.

Selten findet man die Tugend unter den Lastern und die Unschuld bey den Ubelthätern. Das Lumpen Gesind / welches unter dem Namen der Zůgeiner die Welt durchwandert / sind solche Leute / daß man leichter einen weissen Raben / oder einen schwartzen Schwanen finden solte / als unter ihnen einen Frommen. Diesem nach ist folgende Begebenheit [20] billich unter die seltenē zu rechnen und deßwegen mehr als andre zu verwundern.

2. In Champagne ist eine Gesellschafft besagter Egyptier oder Zügener in einem Marcktflecken angelangt / unn alldar Herberg gesucht / unter welchen eine Schwangere so kurtz zuvor ihren Mann verlohren hatte / darnieder kommen / und von den andern /wegen ihrer Schwachheit zu rucke gelassen worden.

3. Die edle Frau / welcher der Marcktflecken eigenthumlich zustunde / erbarmete sich über diese verlassene / und leistete ihr allen Beystand: als sie aber vermerckte / daß es der Kindbetterin das Leben kosten möchte / in dem die Kranckheit von Tage zu Tage überhand nahme / liesse sie die Krancke durch den Geistlichen deß Orts besuchen / und zu Rettung ihrer Seelen beweglichst vermahnen: massen sie auch die kurtze Zeit ihres übrigen Lebens zu einem seeligen Tod wol angewendet.

4. Bevor nun die letzte Stund herbey nahte / bedancket sich die Zůgeinerin gegen ihre Wolthäterin / und gab ihr zu vernehmen / wie sie in der Jugend ihren Eltern entführet / sich mit einem flůchtigen Edelmann /der einen ermordet / und wegen Sicherheit sich unter die Zügeiner begeben hatte / verelichet / auch mit ihm diese Tochter Oliviam erzeuget / welche sie ihr befohlen / und einen Beutel mit hundert Kronen / zu ihrer getreuen Hand anvertrauen wolte / mit Bitt ihr solches Geld vorzutragen / biß sie erwachsen / und solches zu einer Außsteuer von nöthen haben möchte.

5. Avoye / also nennete sich diese Edle / hörte mitleidig zu / und verspricht ihr auch alle möglichste Willfahrung / dieses Mägdlein von so böser Gesellschafft ab und zu allen guten in ihren Diensten auffzuziehen / verhoffend ein Werck der Christlichen Liebsschuldigkeit darinnen zu leisten: empfangt also den Beutel mit dem Geld / und nimmt Oliviam auff / unter ihren andern Dienerinnen / nach Tamaris / der [21] Zügeinerin bald drauff erfolgten Tod / ehrlich und wol zu unterhalten.

6. Olivia erzeiget sich wol / ist fleissig und getreu /daß jhr Frau keine Klage über sie haben können /sondern vielmehr wegen ihrer Bescheidenheit und guten Sitten ihr mehr / als andern ihren Bedienten mit gunsten gewogen worden.

7. Hieraus entstunde nun Haß und Neyd / so die andern Mägde wieder diese Zügeinerin / wie sie sie nennten und würde ihr alles Unheil / so sich in dem gantzen Dorff begabe / meuchellistig beygemessen /und zu Beglaubung solcher Verleumbdung / mischten sie vielerley Wurtzel / Kräuter / Pergament Zettel /mit unbekanten Buchstaben unter ihr Gerätlein / und was verlohren wurde / muste alles die Zügeinerin entzucket haben.

8. Die Frau wil diesem Verdacht keinen Glauben geben / und entschuldigte ihre Unschuld mit der Anklägere verweiß / darüber sich denn die Feindschafft vermehrte.

9. Was begibt sich? Leon der Sohn in dem Hauß /verliebt sich in Oliviam / und ob er wol vermeinet / es were dieses Schloß leichtlich zu erobern / hat er doch mehr Widerstand gefunden / als er überwältigen mögen: in dem er nicht nur mehrmahls abschlägige Antwort erlangt / sondern sie hat sein unziemliches beginnen seiner Frau Mutter angesagt / welche ihm das Haubt mit einer scharffen Laugen gezwagen.

10. Nach diesem wandelt Leon seine Liebe in Haß und Feindschafft / und weil ihm nach Paris zu raisen anbefohlen / wil er nicht ohne zuvor verübte Sache scheiden: massen er die Gelegenheit erkundschaffet /unvermerckter weise aus seiner Frau Mutter Schatz /der Olivia hundert Goldstücke zu entwenden / und hundert Blätlein Eichenlaub an die stelle einzulegen.

11. Damit scheidet er und verzehret das Geltlein zu Paris in vollen Freuden. Avoye giebt bald hernach der Olivia Urlaub / ihrem Sohn alle Veranlassung [22] zum bösen aus dem wege zu raumen; weil er bald wieder nach Hause kommen / und endliche Strittigkeiten in der Nachbarschafft vertragen solte. In dem sie nun ihr das anvertraute Geld einhändigen wil / findet sie den mit Blättern angefůllten Beutel viel zu leicht / und schleusst aus diesem Betrug / daß die Olivia von ihrer Mutter die Zauberkunst ererbet / und die vorgemelten Aufflagen / ausser allem zweiffel / wahr seyn müsten.

12. Hierüber wird ein Geschrey in dem Schloß /Olivia hinaus gestossen / und von den rasenden Bedienten und Bauren mit Steinen verfolgt / daß sie in ihrer Unschuld zu boden geworffen und also jämmerlich ümb ihr Lebenkommen müssen.

13. Leon kehrt wiederumb nach Hause / und fällt in ein hitziges Fieber / daß die Aertzte ihn verlassen /und der Beichtiger seine Seele zu heilen beschicket wird. Es kunte ihm nicht unwissend seyn der Olivia jämmerlicher Tod / und daß er desselben Ursacher /sagte ihm sein Gewissen: Dieses zu entladen eröffnet er dem Beichtvater und seiner Frau Mutter den hinterlistigen Diebstall / durch welchen er Olivia verächtliches / und / wie er es nennte / verrähtliches Verfahren gegen ihn / zu rächen vermeint: nichtwähnend / daß es zu einem solchen Ende ausschlagen solte / und daß diese unschuldige umb das Leben kommen würde.

14. Hierüber betrübte sich die alte Mutter / daß sie ihr den blutigen Leichnam der Olivia nicht aus dem Sinne schlagen könte / und bedunckte sie / daß solche That ümb Rache gen Himmel schreye / wie das Blut deß Gerechten Abbels. Weil sie nun dieses verfahren nicht sattsam bereuen kunte / verschafft sie die 100. Kronen benebenst noch anderen gewissen Einkunfften für Tamaris und Oliviam jährlichen Seelmessen zu lesen / und gehet kurtze Zeit hernach den Weg aller Welt.

15. Leon steht von seiner gefährlichen Kranckheit auff / richtet aber seiner Mutter letzten Willen keines weges aus / und verlachet die Widerstattung [23] deß entwendten Geldes. Es ruhete aber die Straffe für der Thür / denn er von einem andern von Adel der ihn wegen Ehbruchs in verdacht hatte / unversehens in allen seinen Sünden ermordet worden.

16. Diese wahre und merckwürdige Geschichte lehret daß Gott keine Sůnd unbestrafft lässet / es stehe gleich kurtz oder lang an: wie wir an Leon sehen / der sich durch seine Kranckheit nicht wollen bekehren lassen. »Hiervon sagt der übertreffliche Marggraff Malvezzi / daß Gott nicht alles in dieser Welt unbestrafft hingehen lasse / damit die Bösen nicht wähnen / es sey kein Gerechter GOtt in dem Himmel / der auff das niedrige sehe: Hingegen straffe Gott auch nicht alles / damit die Frommen nicht vermeinen / es sey kein ewige Belohnung in jener Welt.«


Echo.
Echo sag / was bringt Unschuld?
E. Huld.
Sag / was bringt die Unschuld mehr?
E. Ehr.
Was hilfft wider Ungedult?
E. Geduld.
Also kan ein guts Gewissen /
Böse Tage wol versüssen.
7. Die eröffnte Beicht
(VII.)
Die eröffnte Beicht.

Es ist die Verschwiegenheit ein köstlicher Schatzkasten / und das in dem Munde erfaulte Geheimnis ein lieblicher Geruch / wie Boccalini redet. Fürsten und Herrn Geheimnis sol man verschweigen / und sonderlich ist der Geistliche pflichtig / was ihm in der Beicht vertraut wird / in höchster Verschwiegenheit mit sich sterben zulassen: im fall aber ja die Beicht verschwetzet wird / kan solches Verbrechen von der Obrigkeit nicht an dem Thäter gestrafft [24] werden / sondern an den Beichtvater / weil solche Fälle der Göttlichen Allwissenheit und Gerechtigkeit überlassen werden / wie aus folgenden Ausspruch deß Parlaments zu Tholuse mit mehrern erhellen wird.

2. Ein Burger in erstbenanter Stadt Namens Adrian kauffte von Nabor einem Wirt ein Faß Wein / welches er ihm aus einem grossen Stück abziehen liesse. Als es beschehen / und Adrian der Wein nicht mehr schmecken wolte / wie in dem Keller / fügte er sich zu Nabor und bespricht ihn darüber. Nabor führt ihn wiederumb in den Keller unn läst ihn aus dem grossen Stůck eben den Trunck kosten / er wil aber Adrian nicht munden / sondern beschuldiget den Wirt er hette einen geringen Wein in das Faß gezogen und ihn betrogen. Der Wirt bejahet / daß es der erste Trunk den er ihn verkaufft / und von dem Gewächs und kein andrer.

3. Hierüber wechslen sie das ja und nein / biß Adrian ergrimmet / und den Nabor / weil er ihn widersprechend / Lügen straffte / einen starcken Backenstreich versetzte. Der Wirt war solcher Müntze nicht gewohnet / und gabe wieder was er empfangen / daß sie mit einander ringend zu boden fallen und sich mehrmals überwerffen. Adrian ist dem Nabor zu starck / und weil sie beede nur mit Fäusten handelnten / ergreifft Nabor das Bidnermesser und schlägt es dem Adrian auf das Haubt / daß er plötzlich zur Erden gefallen und den Geist auffgegeben.

4. Nabor ist der Mord von Hertzen leid / und ob er wol eine von Natur und allen Rechten zugelassene Noht- und Schutzwehr gethan / fürchtet er sich doch die That zu offenbaren / und ziehet den todten Leichnam in ein kleines Kellerlein / wirfft ihn in eine Gruben / vnd verscharret ihn / sampt den Kleidern / stellt auch alte Fässer darauff / daß niemand / als er ümb die That wissen können.

5. Adrians Weib und Kinder fragen nach Adrian /und erfahren / daß er bey Nabor gewesen / besprechen jhn auch wegen ihres Vaters / und Nabor [25] antwortet mit bebenden Hertzen / daß er wieder von ihm weggegangen / und daß er nicht könne Rechenschafft geben / von denen die bey ihm / als in einem offnen Wirtshause aus und eingehen.

6. In zwischen nun Adrian nirgendwoh zu betretten / nahet die österliche Zeit herbey in welcher Nabor sein Gewissen zu entlasten / sich in den Beichtstuel einfindet / und den Geistlichen / welchen wir Celsum nennen wollen / diese erzehlte Mordthat ümständig beichtet.

7. Celsus war ein verständiger Mann / konte aber übel schweigen / und weil er mit Adrians Wittib bekant / sagt er / sie solte ihres Manns nicht ferner warten / dann er wüste / daß er nimmer wiederkommen könte. Als er nun bittlich angelangt wurde / seinen Aufenthalt anzuzeigen / läst er sich vernehmen / daß er solches noch thun könte / noch tragenden Amts wegen thun dörffte.

8. Adrians älster Sohn fasset dieses zu Ohren / und blendet Celsum in geheim mit Goldpulver / verspricht ihm endlich höchste Verschwiegenheit / und noch eine anzehliche Summa / wann er Gewißheit / wegen seines Vaters erlangen würde. Hierdurch verblendet er Celsum / daß er heraus bricht / und die Beicht / so ihm vertrauet / eröffnet.

9. Der Sohn beklagt Nabor / es wird der Leichnam befunden / und die That von dem Wirt nicht abgeleugnet / mit dem Anhang / daß es niemand / als Gott und sein Beichtvater wüste. Diese Aussage giebt den Schöpfen Ursach / den Sohn auch in Verhafft zu bringen / und zu vernehmen / wer ihm von seines Vatern Tod die Zeitung gebracht? Der Sohn sperrt sich / und wil mit der Sprache nicht heraus / bis er mit der Volter bedrauet wird / daß er aus Furcht bekennet Celsus / Adrians Beichtvater / hette jhm solche Nachricht ertheilt.

10. Celsus hörte von ferne daß Adrian in Verhafft kommen / und wil den Fuß weiter setzen / wird aber in der Flucht ergrieffen und handfest gemacht. Er kan nicht abläugnen daß dieser Mord durch ihn [26] außkommen / und entschuldiget sich so gut er mochte: setzte auch darzu Adrians Sohn hätte ihn den Dolch an die Gurgel gesetzet / und ihn bekennen machen / was er nicht hette sagen sollen.

11. Das Parlament / für welchem diese Sache vorgangen / verdamt Celsum / an statt Nabors / zum Strang / und daß sein Leichnam mit Feuer zu Aschen solte verbrennet werden / wie dann auch geschehen. Nabor aber ist aller Straffe erlassen / wieder auf freyen Fuß gestellt worden / weil er von solcher Sünde entbunden / und fernere Bestraffung verborgener Fehler dem Allwissenden GOtt ůberlassen werden sollen.

12. Hieraus ist zu mercken / daß wie in dem Ehestand der Mensch nicht scheiden kan / was GOtt zusammen gefüget / also in der Beicht der Beichtiger nicht eröffnen kan / was Gott verborgen haben wollen / und daß die Priester / welche das Siegel der Beicht erbrechen / das Leben verlohren haben: massen in dergleichem Fall aus dem Geistlichen Recht zu Venedig auch geurtheilet worden.


13. Wol reden ist die schönste Kunst /
So bey den Fürsten bringet Gunst /
Doch muß die Kunst dem Schweigen weichen /
Das kan verborgnem Golde gleichen.
Uns lehret beeds zu rechter Zeit

Bescheidenheit.

8. Der falsche Freund
(VIII.)
Der falsche Freund.

Die Falschheit ist für Gott und den Menschen ein Greuel und mit vielen Lastern verknüpffet. Daher sagt David im 54. Psalm von Achitophel / wann mich mein Feind schändete / wolt ichs leiden / und wann mich mein Hasser pochet / wolt ich mich für ihm verbergen / du aber (Achitophel) [27] bist mein Gesell / mein Pfleger und mein Verwandter / die wir freundlich mit einander warē etc. und bald hernach folget: Aber GOtt du wirst sie hinunter stossen in die tieffe Gruben / die Blutgierigen und Falschen werden ihr Leben nicht zur helffte bringen / massen auch an Achitophel erfolgt /daß er sein Leben ihm selbst mit dem Strang abgekürtzet. Von so meůchellistiger Falschheit handelt auch folgende Geschichte.

2. Cratis und Politian / Frantzösische von Adel waren zween mit Kundschafft genau verbundne Freunde / biß das blinde Liebeskind mit seinem Brand beeder Hertzen zertheilete / und die Treue in Untreu und Falschheit verwandelt. Sie waren beede in blůhender Jugend / und in solchem Alter in welchem man die Dienstbarkeit deß Ehstands zu freyen pfleget.

3. Politian wirfft seine Augen auf Phebe eine Jung frau / die mitgrossen Reichthum / und noch grösserer Schönheit begabet / welches beedes zur Liebneigung die Jugend zu vermögen mehr als genugsam ist. Ihr Vormund hatte Verlangen sich dieser Pflegtochter zu entschlagen / und schaffte zu gleich auch etlicher mühsamer Rechtfertigung / welche er in ihren Namen führen musste / abzukommen.

4. Die Jungfrau anderseits wolte lieber einen Mann / als einen Vormund haben / und sahe Polician / dem es an Höfligkeit / und schönen Worten nicht mangelte / gerne in ihrer Gesellschafft / und wartete seinem Gesprächen fleissig ab / aus welchen die Gewogenheit /Vertrauligkeit / Freundschafft / Liebe und Ehliche Verbündnis folgen solte. Als nun Politian umb Phebe anwerben liesse / weil sie / ohne ihrer Befreunden Einwilligung / nichts versprechen wolte / waren selbe gantz strittiger Meinung / und in dem Gedancken Politian suchte mehr das Gut als die Person zu besitzen.

5. Politian hielte sich der Jungfrau beständiger [28] Gegenliebe versichert / wenn man sich einer Sache versichern kan / die so beweglich ist / als das Laub an den Bäumen. Die Freunde nun auf seine seiten zu bringen / gebrauchte er sich seines treuvermeinten Freundes Cratis / welcher ihm anfangs aufrichtig gedienet.

6. Nach dem ihm aber die Liebe die Augen eröffnet / betrachtet er Phebe / als eine reiche Jungfrau / die ihm auch nicht ůbel solte anstehen / und daß er ihm die nechste Treu schuldig: mit diesen Gedancken behandelt er seines Freundes Werbung dergestalt / daß der Jungfrauen Verwandte mehr und mehr in ihrem nein gestärckt wurden. Inzwischen bittet er seine Dienste der Phebe an / und führet ihr zu Gemüte / was für ein langer Kauff were wann man Männer wolte einkramen / die niemand / als der Tod / wieder nehmen könte: daß darbey viel zu bedenken / und daß Politian eine alte unleidliche und zankische Mutter hette / die keiner Schnur das Hauß Regiment lassen würde.

7. Phebe lässet sich beschwätzen / und betrachtet daß dieses die Warheit / und Politian mit guten Ursachen / wiewol sie beede viel einander versprochen / zu rucke zu weisen. Nun hatte Cratis halb gewonnen /und weil er seinem Freund den Vorkauff abgeloffen /war die Waar mehr als halb sein. Kurtz zu sagen / der Werber führet die Braut heim. Cratis wuste auf der andern seiten / wie ein zweyschneidiges Messer / dem Politian so viel ungleiche nachtheilige Sachen von der Phebe vorzutragen / daß er mit guten Willen alle Hoffnung fahren lassen.

8. »Es ist aber mit dem Betrug wie mit Weiberschminke beschaffen / beedes dauret kurtze Zeit / und giebt ein böses End.« Nach dem Cratis eine Zeitlang in dem Ehestand / verhält er seinem Weib nicht / mit was List er sie erworben / und vermeinet wegen sei nes klugen Verstandes Lob und Ehr davon zu haben. Aber weit gefehlt. Klüglich heist nicht glücklich handeln.

9. Kurtze Zeit hernach begiebt sich unter beeden[29] ein kleiner Haußstreit. Phebe ruckt ihren Mann für /daß er sie betrogen / und nicht mit Ehren / ihren Freunden und Politian abgeschwetzet. Dieses verdreusst Cratis so sehr / daß er ihr im Zorn einen harten Backenstreich versetzet / und Phebe bedacht ist /sich an ihren Mann zu rächen: Suchet deßwegen Politian und erneuert die alte Liebe durch einen schändlichen Ehebruch.

10. »Die Sünde hat diese Eigenschafft / daß sie sie nur anfangs mit Furcht / nachmals aber mit Frevel begangen wird / und gleichsam den Namen ohne Scheue verleurt.« Als nun die Phebe diesen Freunden gemein war / ergreifft Cratis Politian auf handfester ehebrecherischer That / und Politian gewinnt so viel Zeit /daß er einen Dolchen / welchen er auf solchen Fall unter dem Hauptküß hatte / seinem gewesenen Freund in die Brust stösset. Politian und Phebe werden von den Schergen / die Crates mit sich genommen ergriffen / und musten beede eines schmählichen Todes sterben.

11. Die Tugendfreundschafft / sagt Villeroy / »sol seyn gleich einem Wasser / welches die ungestalten Flecken in dem Angesicht weiset / und die Mittel er theilt solche abzuwischen: wann aber dieses Wasser trüb ist / wird es vielmehr Unflat anschmitzen / als abnehmen. Der Soldaten Freundschafft bestehet in der Gefahr. Der Rauff- und Handelsleute Freundschafft in dem Gewinn. Der Hoffleute Freundschafft in Fressen und Sauffen und andrer üppigkeit. Die Tugend-Freundschafft aber hat kein anders absehen / als die Christliche Liebe / welche Gott und Menschen gefällig ist.«

12. Buchstabwechsel.

Freunde: Freuden.
Wie sind die Freunde wol nennen?
Ein Freudenschatz / den Gott beschert.
Ein solcher Hertzens Freund ist wehrt /
Der sich macht in der Noht erkennen.
9. Der ungefähre Vatermörder
[30] (IX.)
Der ungefähre Vatermörder.

Seneca saget / daß die Freundschafft / welche sich endiget / nie keine wahre Freundschafft / gewesen sey. Es finden sich aber zu zeiten solche Fälle / daß sich die Freunde mit einander entzweyen müssen / und daß der Tod nicht allezeit solches Freundschafftband mit seiner Sichel entzweyet / oder andre Fügnissen verhindern / daß die Freundschafft nicht auf die Nachkommen erblich beharren kan / wie aus folgenden Geschichte ůmständig erhellen wird.

2. Fidele und Honorius Edelleute aus einem Lande / wurden mit einander in Diensten König Henrichs deß Dritten in Franckreich auferzogen / und hernach Spießgesellen in Flandern / da sie einander mit Leib und Leben beystunden / in so vollkommener Treue / als etwan von wahrer Freundschafft zu erwarten.

3. Als diese beede nach Hauß kommen / und sich mit zweyen Schwestern verehlichet / unter welchen ein Hertz und ein Sinn / wie unter besagten Freunden / haben sie etliche Jahr ein stilles und ruhiges Leben geführet / außgenommen / daß eine Rechtfertigung / welche sie erheuratet / ihnen grosse Ungelegenheit verursachet.

4. Fidele setzt sein vermögen mit zu / jedoch ohne Frucht / und muste erfahren / daß der verzug deß richterlichen Endurtheils / nicht der geringste Theil / der Ungerechtigkeit seye / und daß besser solche Strittigkeiten mit dem Wůrffel zu entscheiden / als viel Unkosten auff eine Sache wenden / welche der Richter / der Sachwalter / falsche Zeugen / Ermanglung deß Beweises und dergleichen verlustigen können / sie sey so gut sie wolle.

5. Nach dem nun Fidele nichts erhalten / sein und auch theils seines Freundes vermögen verrechtet /[31] entschläfft seine Haußfrau / und hinterläst ihme eine eintzige Tochter Namens Urbania / im zwölfften oder dreyzehenden Jahre. Diese vertraut er seinem Freund Honorio / und begiebt sich in das Kriegswesen / damit er nicht zu Hause an dem Hungertuch nagen dorffte.

6. Honorius nimmt das Jungfraulein willig auf / und verspricht sie mit seinem ältsten Sohn zuvermählen / wann beede mannbar / allermassen hierdurch ihre gepflogene treue Freundschafft erblich gemacht und verewiget werden könte.

7. Discorius / deß Honorii Sohn liebte Urbaniam von ersten Kinderjahren / und hatte es das ansehen / als ob eine Seele in beeden Leibern wohnte. Nach dem aber diese Urbania mit fast mehr als irrdischer Schönheit hervorleuchtete / und deß Honorii Ehefrau verstorben / ändert Honorius seinen Sinn / und wehlet Urbaniam zu ander weiter Verlöbnis / welche er seinem Sohne zugedacht hatte.

8. Die Jungfrau / welche nicht weniger Liebe zu dem Sohn / als er gegen sie in dem Hertzen hatte / wolte lieber die aufgehende / als niedergehende Sonne anbeten / und gabe Honorio zuverstehen / daß sie ihm alle Ehr und Gehorsam / als ihrem Vater schuldig / ein mehrers aber werde er von ihr / als seiner Pfleg Tochter / mit unfug / und hindansetzung seines Gewissens / nicht erheischen können / noch wollen: allermassen sie seinem Sohn / mit ihres Herren Vatern Einwilligung versprochen / und er sein Wort nicht mehr zu rucke nehmen würde:

9. Honorius sendet seinen Sohn nach Paris / zu Erlernung aller ritterlichen ůbungen / und schreibt an seinen alten Freund Fidele / wie er seinen Wittibstand zu ändern / und sich mit Urbania zu vermählen vorhabens / wann er solches Verlöbnis willigen / und die gepflogne Freundschafft dadurch fort zu setzen geruhen wolte.

10. Fidele erfreut sich über solcher Zeitung / und setzet sein versprechen gegen Dioscore ferne aus den Augen / daß also der Vater vermeint er habe[32] schon gewonnen / und müsse Urbania seinem und ihres Vatern Willen gehorsamen. Aber weit gefehlt.

11. Urbania hatte sich aus Honorii Hause begeben und hielte sich auf bey einer von ihren Basen / damit sie allen Argwahn / und der Gelegenheit zu bösen Beginnen entfliehen möchte. Bevor aber Dioscore verreist / haben sie ihre Liebe mit betreurlichen versprechen bekräfftiget / auch selbe mit beharrlichem Briefwechsel nach und nach erhalten / und Urbania / wie sie von Honorio verfolgt / und von ihrem Vater / denselben zu lieben befehlt / nachrichtlich geschrieben: mit angeheffter Bitt / er solte wiederkommen / und sie retten.

12. Dioscore eilte nach Hause / und bittet mit aller Demut Honorium / er wolte ihm doch Urbaniam / als die von langen Jahren her die seinige sey / überlassen. Der Vater hält solches bittliches flehen für Maß / Ziel und Ordnung die ihm sein eigner Sohn fürschreiben wolte / und ergrimmt darüber / daß er den Degen entblösst / und aus vergallter Eifersucht Dioscore durch die Rieben stossen wil. Dioscore entweicht / schlägt die Thüren zu / und wil sich seinem Vater nicht widersetzen: als er ihm aber nachjaget / und ihm fernere Flucht benommen / zieht er gleichfals von Leder / und bietet Honorio die Spitzen / der Meinung ihn zu rucke zu halten / und sich ohne Beleidigung zu vertheidigen.

13. Honorius wird hierüber gantz rasend / und laufft aus blindem unbedacht in seines Gegners Spitzen / daß er starr todt zur Erden niederfällt. Was Threnen hierüber Dioscore vergossen / ist nicht außzusagen: doch tröstet ihn / daß er nunmehr durch dieses Unglück das Glück haben würde Urbaniam ohn Verhinderung zu lieben / und zu erlangen. Urbania aber sahe ihn nicht mehr als ihren Bräutigam / sondern als einen Vatermörder an / wolte auch nicht mehr von ihm wissen oder hören.

14. Diostore nimmt seinen weg zu Fidele / und erzehlet ihm / was sich mit Honorio und Urbania begeben / [33] thut auch seine Anwerbung selbsten / der ungezweiffelten Hoffnung / vormals gethane versprechen gewirig außzuwürken.

15. Fidele / hatte über diesen ungefähren Vatermord / so ein grosses Abscheuen / daß er ihm seine Tochter abschlägt / weil er ihr unglückliches ergehen leichtlicht bevorsehen kunte. Diese Antwort setzte Dioscore in solche Traurigkeit / daß er von Fidele geschieden / und niemand weiß / wo er hinkommen: ausser etlicher Erwähnung daß er sich in einen Fluß sol gestürtzt / und selbst ersäufft haben: ob ihm also / ist Gott wissend: zu Urbania und seiner Freundschafft ist er nicht wieder zurücke kommen.

16. Ach / unseliger Sohn / der du getödtet den / der dir das Leben nechst Gott gegeben. Ihr habt beede verlohren / was ihr beede gewůnschet. »Wol dem der seine Begierden durch den Verstand regieren kan: Weh dem der seinen Zorn raum lässet / und sich vorsetzlich alles Verstand beraubt / daher mahlet der vortreffliche Spanier Diego Saavedra ein Einhorn / seinem Fürsten zu bedeuten / er sol das Horn seiner Stärcke zwischen den Augen haben / massen auß der Obschrifft zu verstehen / wann er beygesetzt: Præ Oculis ira. Und David sag: Zürnet ihr so sündiget nicht.«

17. Zorn ist der Reuepfand.
Zorn blendet das Gemůt.
Zorn bringet Unverstand.
Zorn hitzet das Geblüt.
10. Der stinckende Hurenhengst
(X.)
Der stinckende Hurenhengst.

Leichter ist einen Mohren weiß waschen / und deß Leoparts flecken vertreiben / als zur Tugend vermögen den jenigen / welcher der Laster gewohnet. Was David dort in einem andern Verstand sagt / [34] ist auch war von denen / welche der Unzucht ergeben: »Ihre Wunden stincken und eitern vor ihrer Thorheit / und Daniel sagt zu den Richtern / welche der Susanna Unzucht zugemutet / daß sie alte Schälke die in bösen Tagen begraben / und gleichsam lebendig todt sind /wie Paulus von den Weltlingen / und lustrenden Wittiben redet. Unser Erlöser weint über Lazarum / der drey Tag im Grab gelegen / und zu stinken angefangen: Zum Borbild eines in Sünden liegenden schweren Sünders / welcher ohn sonderliche Gnade GOttes nicht wieder kan auferwecket werden / wie aus folgenden Geschichte zu ersehen seyn wird.«

2. In einem kleinen Stättlein deß Königreichs Franckreich / hat ein Lehrmeister der freyen Künste /welchen wir Epaphroditum nennen wollen / seinen Dienst mit grossem fleiß und trefflicher Geschickligkeit / seiner Seelen Wolfahrt aber lässig abgewartet: massen mehrmahls eine grosse Wissenschafft son der ein gutes Gewissen / und im Gegensatz ein gutes Gewissen ohne Wissenschafft zufinden. Er war dem Trunck und Wolleben ergeben / und ein rechter alter zerrissener Weinschlauch / ein Spieler und Hurenknecht. Alle seine Weißheit hat dieses letzte Laster verschlungen. Er lebte 30. Jahre / mit Weibern und ledigen Dirnen / in unehlicher Befleckung / daß nunmehr die Gewonheit bey ihm keine Sünde mehr. Was ärgernis er der Jugend gegeben / und was er fůr einen Fluch auf sich geladen ist unschwer zu gedenken / gestalt er sich seiner Unthaten freventlich zu rühmen /und auch andere zu verleiten keinen Scheu getragen.

3. In seinem Alter hielt er eine junge Metze bey sich / und eiferte mit allen die sie ansahen / so sehr /daß wann jhr eine Muke auf dem Wangen gesessen /er gefragt ob es ein Männlein / oder Fräulein / und wann es ein Männlein / hat es sterben müssen. Sieben Jahre hat er in solcher Unreinigkeit zugebracht / und nach dem er deß gerechten GOttes Langmuth [35] zur Sünde schändlichst mißbraucht / und durch die zuvor überwundene Neapolitanische Kranckheit endlich zu sterben ermahnet würde / ist er von viel Geistlichen besucht / und zu Bereuung seiner Sünde / wie auch zu Abschaffung seiner Beyschläfferin ermahnet worden.

4. Solche gute Vermahnungen wolte dieser alte Listling keine stat finden lassen / mit Vorwand / daß er nun wäre bejahret / und erkrankt / einer guten Wart vonnöhten hette. Zu dem wolte sich diese Dirne mit leerer Hand nicht abweisen lassen / und der alte die Pfenning vor seinem Tod nicht abgeben / versprach ihr güldne Berge / wann er seines Guts nicht mehr gebrauchen könte.

5. Der Beichtvater wil diesen sterbenden ohne besagte würckliche Buß / von Sünden nicht entbinden /biß er verspricht von seinem Gottlosen Leben abzulassen / und das übel weg zu thun / wie dann auch geschehen müssen / weil er den heiligen Zehrpfennig der sterbenden zu empfahen begehrte.

6. Nach gethaner Beicht kommt die Dirne wiederumb in sein Hauß / mit vielen Threnen urlaub zu nehmen / und tröstet ihn mit noch lang und frölichen Leben / und andrer Schmeichlerey / welcher hier nicht zu gedenken / daß er dardurch erhitzt ihr verspricht sie nicht zu lassen / ob er es gleich seinen Beichtvater versprechen müssen / jedoch bedunke ihn / daß er bald genesen wolte / wann sie ihn nur noch einmal entblosst umfahen / und erwärmen würde.

7. Die Närrin thut was der stinckende Bock begehret / und in dem er sich mit seinen schwachen Armen an dieses Schandbild bindet / und alle übrige Kräfften versammelt / wird seine auf den Lippen sitzende Seele von ihm genommen / und erstarret entweder durch allzu grosse Bewegung / oder durch ohnmächtige Bemůhung / oder durch herannahende Sterbestunde / in der unzüchtigen Beküssung.

8. Wo seine Seele hingefahren / ist leichtlich zu errahten: der Leib aber hat also bald einen solchen [36] Gestanck von sich gedufftet / daß niemand in der Kammer / und dem gantzen Hause bleiben können / und schwerlich Leute zu finden gewesen / die ihn begraben wollen / biß sich endlich die Firmer / welche sonsten (mit urlaub zu schreiben) die heimliche örter säubern / wo man (wie Opitz redet) mit dem blossen Rucken die Wand ansihet / darzu gebrauchen lassen.

9. Diesen Stänker hat man in die Kirchen / sechs Schuhe tief in die Erden begraben / wegen unleidigen Gestanks aber wieder außscharren / und auf den Kirchhof bringen müssen / da er den Lufft wiederumb so sehr verunreint / daß man ihn in das Wasser geworffen / in welchen auch hernach viel todte Fische gefangen worden.

10. Was Epaphroditus seiner Vettel verschafft / ist ihr von seinen Freunden strittig gemacht / und rechtlich aberhalten worden / daß sie in Elend und Armut jämmerlich an der Schwindsucht gestorben / welche sie von ihres Anhangs Odem (nach der Artzney kündigen meinung) in sich gesogen haben sol.

11. »Also ist die Unkeuschheit ein Laster aller Laster / welches Seel und Leib / Gut unn Blut / Ehr und Freud zugleich zu Grund richtet. Wann nichts unreines in das Reich Gottes eingehet / und die Hunde draussen bleiben můssen / ist leichtlich die Rechnung zu machen / was dieser und alle seines gleichen zu erwarten: Daher sagt der alten Teutschen Sprichwort: Schleyer (Weiber die Schleyer tragen) un Stöppel /Geitz der das Geld zusammen stoppt) versperren vielen den Himmel.«


12. Die geilen Böcke sonder Zucht /
Sind von dem Höchsten Gott verflucht /
Sie müssen auch in diesem Leben /
Der Höllen Rauchwerck von sich geben.
11. Die zuspate Reue
[37] (XI.)
Die zuspate Reue.

Ob wol die vorhergehende Geschicht keinen blutigen und mörderischen Außgang gewonnen / und deßwegen in diesem Schauplatz keine Stelle haben solte: so ist doch solche daher zu zehlen / weil vermutlich der ärgerliche Hurnmann dem Seelenmörder zu theil worden ist. In solcher Betrachtung kan auch nachgehende folgen.

2. Ein Vornemer Geistlicher unter den Bettelmönichen / hat seiner Schwester Sohn zu den studiren /und allem Guten angehalten / daß er wol zugenommen / und zu Erwerbung hoher Dienste grosse Hoffnung gemachet.

3. Valfroy / also war dieses Mönichen Nam / fande daß das Joch deß Klosterlebens seinen Nacken eine gantz unerträgliche Last were / und suchte er / unter einen gutē Schein / böses Gespräch mit Weibspersonen / und dardurch der Werke der Finsternis theilhafftig zu werden. Diese Thiere sind nie gefährlicher / als wann sie zam werden: für den wilden hat man sich nicht zu fürchten.

4. Kurtz / er verfährt so ärgerlich / daß jedermann übel von ihn / und allen seinen Mitbrüdern / die solches verstatten müssen / redete / massen sie auch darüber ein so böses Gerücht erlangt / daß ihnen fast niemand mehr einig Almosen steuren wollen.

5. Fernerem übel vorzukommen / wird Valfroy in eine andre Statt verschickt die Fasten-predigten aldar zu verrichten / weil er beredt und in den Streitfragen wol beschlagen / und in selben Ort viel Hugenoten sich auffhielten.

6. Ruth eine schöne Hugonottin kommt mit diesen Prediger in Kundschafft / daß er von etlichen Sachen mit ihr zu disputiren beginnt / welche nicht in [38] dem Bellarmino zu finden / und sie wie Boas mit seinen Flůgeln bedecket / und ehlichet.

7. Dieser Mönich ändert die Religion / und prediget für die / wieder welche er zuvor das Wort geführet / weil er ein sehr beredter und gelehrter Mann / der alle Sachen zu seinen vorhaben ziehen können.

8. Ein Abbt / welcher nicht weit davon wonhafft /besuchte Valfroy / und vermerckte wol / daß ihm Fleisch und Blut solche Religion geoffenbahret / und daß er für seine vier Kinder / welche ihm Ruth geboren / Sorge trüge / wann er wieder in das Kloster gehen solte / verspricht ihm deßwegen / solchen allen reiche Unterhaltung zu schaffen / und von Rom vollen Ablaß / zu erhalten wann er wieder in das Kloster gehen würde.

9. In dem nun Valfroy diese Verkehrung oder Bekehrung verzögert / überfällt ihn ein hitziges Fieber /daß er gantz von Sinnen kommet. So bald solches der Abbt einträchtig wird / kommt er den Krancken zu besuchen / bemühet ihn genommene Abred vollziehen zu machen: aber viel zu spat / dann er in seiner beharrlichen Schwachheit auf alle fragen zur Antwort gabe / die Wort so unser Seligmacher zu den Thörichten Jungfrauen gesprochen: (Nescio vos) Ich kenne euer nicht / ich kenne euer nicht. Ist also in allen seinen Sünden ohn allen Verstand Reu und Busse dahin gefahren.

10. »Ob wol die Ehe ein GOtt wolgefälliger Stand /so kan er doch auch bey solchen Weltkindern / und ungeistlichen Geistlichen dem Höchsten mißfallen. Je besser eine Sache / je schädlicher ist derselben Mißbrauch / wie wir sehen / daß das Korn / deß Menschen beste Nahrung zu Gifft / und das süsse Honig zur Gallen wird.« Der Ehestand hat drey Ursachen. I. Die Fortsetzung Menschliches Geschlechts. II. Beyhülffe mit Gut und Blut. III. Die Außlöschung fleischlicher Begierden. Wer dieses letzte allein suchet / ist fast viehisch gesinnet.


[39]
11. Das zeitliche lieben
macht ewig betrůben:
Das fleischliche suchen
macht endlich verfluchen.
Die Gottes vergessen /
vergisset Gott wieder:
Weil jhre Gelieder
der Teuffel besessen.
12. Die Schrammen
(XII.)
Die Schrammen.

Die Rache ist die Freude der Traurigen / wann sie zu vollziehen und die Traurigkeit der Frölichen / wann sie vollzogen. »Jener hat sie gebildet durch einen Igel den die Natur mit vielen Spitzen gewaffnet / und eine Hand / die mit aller Gewalt darauf schlägt / zu bedeuten / daß der sich selbst rächen wil ihm den grösten Schaden thut.« Cardanus hält für eine grosse Thorheit / wann man einige Feindschafft lässet verspüren / in dem man keine Gelegenheit hat sich zu rächen. Man sol niemand / auch nicht den geringsten / beleidigen /dann es ist keiner der sich nicht solte rächen können /wie aus nach gehender Erzehlung ein denckwůrdiges Exempel zu vernehmen.

2. Flodoard ein von Geburt armer von Adel an den Grentzen von Lotringen wonhafft / verliebte sich in Cedrinam / eine Jungfrau geringern Stands / doch trefflicher Schonheit / welche sich erstlich wild gestellet / auf einraten aber ihrer Freunde / sich zu ehlichen Verlöbnis / mit besagtem vom Adel / erhandlen lassen.

3. Artaban ein Herr Gräflichen Standes / mit grosser Ehre und nicht wenigen Reichthum begabt / verliebt sich gleichfals in Cedrinam / und weil ihm dieser Jungfrauen Tugend / allen Zutritt seiner Liebe zu geniessen abschnitten / entschleusst er sich durch die Thür der Christlichen Kirchen zu jhr einzugehen / und sie zu heuraten.

[40] 4. Cedrine war leicht / aus ihren Hertzen zu lassen den / der kaum in ihre Gedächtnis geschrieben / und welchen sie / auf einraten ihrer Befreunden / sonders eigene Liebsneigung / vertrauet werden solte. Wann der Tag anbricht gehet die Nacht zurücke / und die kleinen Sternen Liechtlein / müssen dem gůldenen Sonnen glantz weichen. Cedrine stoltziret in solchen Gedanken / und vermeinet / daß sie als eine gnädige Gräfin / ursach hab Flodoard / einen schlechten vom Adel ungnädig zu seyn / ihn auch nicht anzusehen schuldig / als mit Verachtung.

5. Flodoard verfüget sich zu Artaban / ihm mit Bescheidenheit zu Gemüt zu führen / wie grosses Unrecht er von ihm leide / mit Bitt ihm seine versprochne Hochzeiterin wiederum zu geben.

6. Artoban antwortet mit einem hohen Ton / und verachtete diesen vom Adel / mit fast höhnischen Worten. Flodoard versetzet / daß er ein Soldat / welcher die Ehre hette einen Degen zu tragen / der solche Wort nicht erdulden könte / dann ob er zwar wüste was Ehrerbietung er Artaban schuldig / were ihm doch auch nicht unbekant / was zu Rettung seiner Ehr ihm obliege / etc.

7. Diese / und dergleichen Reden nahme Artoban für eine Befedung an / und gabe ihm zu verstehen /daß er mit so schlechten Gesellen nicht zu fechten gesinnet: und wann er nicht wolte für eine Gnade achten / daß er ihn in Frieden von sich gehen lasse / so wolle er seinen Diener befehlen / daß sie ihn zu dem Fenster hinaus werffen solten.

8. Hierüber betrübte sich Flodoart / und gedenket diese hochmütige Wort / mit einer hohen Rache zu erwiedern. Wie aber? Artaban / war mit vielen Dienern ümgeben / daß ihm nicht beyzukommen / und nach vielen Vorschlägen entschleusst er sich / der stoltzen Cedrina einen Tůck zu beweisen: solches willens /kaufft er ein neues Schermesser / und füget sich zu jhr / unter den Schein Urlaub zu nehmen / welches Cedrine / als er sich anmelden liesse / gerne höret / massen sie [41] hierdurch von jhm loßgesprochen werden würde /und empfäht ihn deßwegen mit grosser Freundligkeit.

9. Flodoard fänget an seine Höfligkeit abzulegen /und wie höchlich er sich über ihren Ehrenstand erfreue / ob gleich selber zu seinem Nachtheil außschlüge. Cedrine liesse es an dergleichen Beantwortung nicht ermanglen / doch möchte sie ihren stoltz nicht bergen / und liesse sich bedunken / als ob sie mit dem Haubt an den Himmel stiesse / und auf so geringe Leute / wie Flodoard were / nicht mehr absehen könte. In dem sie nun fernern Gesprächs nicht abwarten wil / wischet Flodoard mit dem Scheermesser hervor / und schneidet ihr ein Schrammen über das gantze Angesicht / daß ihr das rechte Aug dardurch verletzet wurd / sie halb todt zur Erden fiele / er aber setzte sich auf das bestellte Postpferd und fliehet in Lothringen / weil er wüste / daß Artoban mit demselbigen Hertzog ůbel stünde / und er unter seinem Schirm eine Freystad finden würde / wie auch geschehen.

10. Artaban unterlässet zwar nicht was zu Cedrine Heilung dienstlich ist / sihet aber wol / daß die Ursach seiner Liebe / die zuvor hochgepriesne Schönheit / durchstrichen / durchschnitten / und eine solche Schrammen gewonnen / daß sie einaugig / und mehr abscheulich / als angenehm seyn würde / und ist hierdurch auch alle seine Neigung gegen jhr verwundet worden. Was thut er aber? Kurtz zu sagen: er bietet Flodoard an / mit ihm zu rauffen / welches er erstlich mit so grossen Worten von sich geworffen / und darzu reitzte ihn / die noch stoltze / aber nicht mehr schöne Cedrine.

11. Flodoard erscheint auf den verglichnen Platz /und hatte das Glück / oder vielmehr die Behändigkeit der Jugend / gegen einem Alten / daß er Artaban durch die Gurgel stösset / und hierdurch seine Hochmütige Worte / würcklich unterbricht / ist aber auch verwundet worden / daß er bald hernach das Leben eingebüsset.

12. Hier wil ich keine andre Lehre beyfügen / als die Wort deß Königlichen Propheten Davids im 37.[42] Psalm: GOtt stürtzet die Stoltzen und Rachgierigen /Er setzet sie auf das Schlipfrige / und stürtzet sie zu Boden / wie werden sie so plötzlich zu nichte? Sie gehen unter und nehmen ein Ende mit schrecken.


13. Weil die Rache Gott gebührt /
Der deß Menschen Hertz regiert /
Sollen wir in allen Sachen
Ihn vertrauen /
Seine Rechte lassen machen /
Umb zu schauen /
Unsren Lust zu rechter Zeit
An der Feinde Hertzenleid.
13. Die rechtmässige Rache
(XIII.)
Die rechtmässige Rache.

Die Verzweifflung führet jhr ergebene oben aus und nirgend an / wie wir zu reden pflegen / daß sie mehr leisten / als in ihren Vermögen ist. Brasidas der treffliche Soldat / wolte eine Mauß tödten / welche in einem Feigenkorb verborgen lage / und wurde von ihr in den Finger gebissen / daß er zu seinen Spießgesellen gesagt: Schaut doch / kein Thierlein ist so gering /wann es ihm an das Leben gehet / so wehret es sich. Was sollen dann wir thun / die wir Helden sind? Man sagt aber daß der Weiber Zorn / wie alle andre ihre Neigungen viel hefftiger / als der Männer / welche sich eh besinnen / und dem Verstand raum geben /wie dessen ein Exempel folget.

2. An den Fluß Dordogena wohnte in einer Handelstatt eine von Angesicht sehr schöne / von vermögen aber sehr arme Jungfrau / mit jhrer Mutter / welche eine betagte Wittib. Ihre Gestalt hat ihr zwar unterschiedene Buler erworben / ihre Armut aber / hat selbe wiederum zu rucke gehen machen.

3. Hellonius ein reicher Edelmann in der [43] Nachbarschafft hielte allein stand / und alle ihre Befreunde rahten ihr nach der güldnen Regel / sie solte dieses Glůck nicht aus handen lassen.

4. Valeria leistete diesem Einrahten willige folge /und gabe dem Edelmann nicht geringe Anzeigen /ihrer Gegenliebe / und einen offnen Zutritt / mit vor wissen jhrer Mutter / welche sich über einen so stattlichen Tochterman höchlich erfreuete. Dieses aber war nichts anders / als den Brand mit öhl leschen / und begnügte sie Valeria mit einem Eheversprechen / in dem Winckel / welches sie hernach offentlich zu bereuē ursach hatte; in dem sie nemlich schwanger worden / und verlohren was sie die Zeit ihres Lebens nicht wiederumb finden können.

5. Hellonius wolte dieser Sachen Außbruch nicht erwarten / eines theils / weil er dieser Dirne satt / und anders theils / weil er seiner Freunde Zorn befürchtete: machte sich deßwegen aus dem Staub / und entkame in eine andre grosse Statt / da er ein Fremdling /und verborgen leben konte.

6. Valeria zeigt ihre Beschaffenheit ihrer Mutter an / welche es in grosser geheim zu halten befillt / und nach dem die Zeit herbey kommt / bringt sie einen Sohn zu der Welt / und verduscht alles so wol / daß es niemand / als ihre Magd inträgtig worden.

7. Hellonius konte so verborgen nicht leben / daß er sich aus mangel der mittel seinen Eltern nicht offenbahren müssen / und ůmb verlaub seiner Reise anzuhalten / welche er / wegen bewuster Liebsneigung leichtlich erlanget / und mit aller Nohtturfft versehen war. Dieser gestalt wird durch seine Verwandte ruchbar / der Ort seines Aufenthalts und Valeria schreibt ihm / daß er kommen solte und sie ehlichen / oder sie werde benöhtiget / seine That zu offenbaren.

8. Hellonius knöpfet einen Verzug nach dem andern / und speiset Valeriam mit leeren Worten / aus Furcht / daß er deßwegen mochte enterbet werden. Inzwischen hengt er sich an Phazelam eine Jungfrau die nicht höhern Stands war / als Valeria / und sich nach gethanen Winkel versprechen sich ehlich an [44] ihn ergeben / daß er also zwey Weiber / und doch keine offentlich hatte.

9. Die Zeit / welche alle solche verborgne Rähtsel auflöset / entdecket seiner Freundschafft und der Valeria / die Unbeständigkeit dieses Edelmanns / senden deßwegen einen absonderlich aus ihren Gesippten /eigentlichen Bericht zu erlangen. Als dieses geschehen / kommt Valeria mit ihrer Eheverlöbnis hervor /und bezeugt derselben Bekräfftigung durch den jungen Titium / der den Vater gantz ähnlich.

10. Phazela Anherr / war der älteste Schöpf in dem Ehegericht / und brachte die Sache dahin / daß das letztere Verlöbnis für bindig / das erste aber ungiltig erkant / und aufgehoben wurde. Hierüber hat sich nun Valeria rechtmässig betrübet / in dem sie umb ihre Ehre kommen / und durch Urtheil und unrechtes Recht in Schanden ihr Leben zubringen můste. Was kan ein ergrimmtes Weib nicht?

11. Sie nimmt ein kleines Pistol zu sich / und lädt es mit einem Schusser / oder runden Steinlein / verfügt sich zu ihren undanckbaren Hellonio: verweist ihm erstlich seine Ungebühr / und bittet / wann er sie nicht ehelichen könne / so wolle er doch seinen Sohn nothwendige Unterhaltung verschaffen. Hierauff antwortet der Edelman: Jungfrau Mutter / ihr könt so schöne Knaben in die Welt bringen / daß jhr billich ein Handwerck daraus machen solt / und euch darmit nehren. Auff diese Wort ziehet sie ihr Pistol herfür /und schiesset Hellonium durch und durch / wolte sich auch selbst erwürgen / wann nicht Leute darzu gekommen / welche den Schuß gehört / und sie in Verhafft gebracht.

12. Nach Erforschung der Sachen findet sich / daß das ungerechte Urtheil / und Hellonii Leichtfertigkeit; als rechtmässige Ursachen das betrübte Weib solcher Rache veranlasst / und wird zu recht erkannt / das übel geurtheilt / und das erste Eheversprechen statt haben / Hellonii Sohn seinen Anherrn heimgeschickt /und Valeria in ein Kloster / [45] die Zeit ihres Lebens versperret seyn solte / wie dann auch geschehen.

13. Die Lehre ist leichtlich zu fassen / daß junge Leute / mit den Winckel Ehen unverworren / und ihre Befreunde Vorwissen und Einwilligung zuvor erhalten sollen: massen fast kein Exempel daß solche Händel einen guten Außgang genommen / und können dergleichen Ehen Gott nicht wolgefällig seyn. Ich setze hierbey der Rabbinen Meinung / welche sagen /»daß Gott geschaffen ein Mann und Weib / und hieß es Mensch / daß also ein Mann allein kein Mensch /und ein Weib allein auch kein Mensch / sondern Mann und Weib sey ein Mensch / und zwey in einem Fleisch. Die Spanier sagen: den Tag / welchen du dich heurast / heilst du dich / oder tödtest dich / und die alten Teutschen nennen das Weiber nehmen / Unglückshosen anziehen.«

14. Folgverßlein.

Heurat jemand sonder Raht /
Kommt die Reue nach der That /
Ach sie ist dann viel zu spat.
Du trittst auf das Glückes Rad /
Welches manche Wendung hat /
Da sich mehrmals findet Schad.
Fährest du mit gutem Raht /
So folgt nicht bereute That /
Du lachst frölich frü und spat /
Und knarrt nicht dein Wagenrad:
Wann dein Hauß ein Unglück hat /
Ist deins Weibs der halbe Schad.
14. Straf der Unbeständigkeit
(XIV.)
Straf der Unbeständigkeit.

Ein Schiff / welches vielmals von den Wellen geschlagen / und oftmals über Meer gesegelt scheidert endlich an einen Felsen / oder zerdrümmert auf einer Sandbank. Wer viel betrügt / wird endlich [46] betrogen /und wie der Angel nicht fängt / er werde dann gefangen / also ist es auch Hircan / einen Frantzösischen Edelmann wiederfahren / der mit fug ein blindes Bild der Unbeständigkeit hette können genennet werden. Kein Spiegel konte so mancherley Angesichter durch seine Gegenstralen weisen / als dieser Hircan Liebste angestellet / deren wir nur der vornemsten gedenken wollen.

2. Die Asterie war die erste / welcher Joch er seine Freyheit unterwürffig gemacht / weil aber diese Jungfrau Tugend ihm die verhoffte Belohnung nicht ertheilen wolte / als unter dem Sigel deß Ehestands / hat er den Kopf zeitlich zu rücke gezogen / und seinen Weg in Welschland genommen / da er die weissen Marmolsteinerne Felsen gefunden / an welchen er Schiffbrüchig worden.

3. Zu Siena / einer von den reinsten Stätten / die Sprache und die Sitten betreffend / in gantz Welsch land / hielte er sich auf / und kame so bald in Kundschafft mit Porcia einer jungen Wittib / welche das Quecksilber seines flüchtigen Sinns eine zeitlang aufgehalten: und gewiß / wann die Gutthaten die Ketten sind / mit welchen die Hertzen verbunden werden: so ist Hircan mit so vielen kostbaren Beschenckungen /durch diese Italiänerin befesselt worden / daß er ursach gehabt hette / die Zeit seines Lebens nicht von ihr zu lassen. Bey dieser Porcia hält er sich ein gantzes Jahr auf / ohne Unkosten / mit völliger Gewalt über sie / und all jhr Vermögen.

4. Die Welschen haben dieses / daß sie ohne Maß lieben / und hassen / und wann sie zu Vergnügung ihrer Neigung alles was sie haben anwenden / so vermeinen sie doch / sie haben zu wenig oder nichts gethan. Dieser Meinung stürtzte sich Porcia wegen dieses Undankbaren in verderben / und achtet es für die geringste Schuldigkeit ihrer Liebe.

5. Nach verlauff eines Jahrs / wie gesagt / hatte Hircan dieser Wittib genug / und ziehet wieder in Franckreich / seinen Sachen / wie er vorgeben / nach zu stehen / und als dann wieder zu kommen / und sie zu [47] Kirchen und Strassen zu führen. Ob ihn nun Porcia mit vielen bitten aufhielte / hat er sich doch mit vielen verschweren (welches alles in die Lufft geschrieben) loß gewürket / und ihm gar eine kurtze Zeit zu der Wiederkunft genommen.

6. Porcia verehrt ihn stattlich / ristet ihn aus auf die Reise / und thut alles was eine treue Liebhaberin thun könte: Aber aus den Augen / aus dem Sinn: Alles ist bey Hircan vergessen / welches Seneca die schändlichste Undankbarkeit genennet.

7. Hircan kommet nach Hauß und sihet Asterien an / als eine Person welche er die Zeit seines Lebens nie gekannt / fället aber bald bey Zamaris einer andern armen Jungfrauen in die Garn / daß er dem Ansehen nach nicht wieder heraus kommen mochte / als durch das Eheband.

8. Ein alter von Adel / Eucer benamt / sahe diese Jungfrau mit Liebsaugen gleichfals an / welcher so wilkomm nicht / als Hircan: sie wurde aber durch ihren Freund genöhtiget / daß sie den Jungen lassen /und den Alten nehmen müste.

9. Turianne eine betagte reiche Wittib / wolte ihre Tochter Hircan vermählen / welche so vollkommen heßlich / daß Hircan befürchtet / er würde Mißgeburten von ihr zu erwarten haben. Diese Wittib war in dem Früling ihrer Jugend schon gewesen / und hatte in dem Herbst ihrer Jahre noch etwas übrig / daß Hircan benebenst dem Reichthum / sich an stat der Tochter / mit der Mutter trauen liesse.

10. Hircan war kein Mann für eine alte Frau / sondern liesse sich hier und dar mit vielen Jungen ein /darůber Turiana mit solchem Grimm eiferte / daß sie sich von ihm zu Tisch und Bette scheiden liesse.

11. Porcia machte sich nach drey jähriger Geduld /auf und ziehet in Franckreich / trifft Hircan an / und weiset fůr ihre schrifftliche Eheversprechung. Hircan spottet ihrer / und laugnet daß es seine Hand / bringt auch für Gericht zu wegen daß Porcia abgewiesen wurde. Porcia schreiet die Göttliche Gerechtigkeit [48] an /weil ihr die irrdische nicht helffen wolte / und sahe ihren Lust / wie es dem Gottlosen / undankbahren und unbeständigen Hircan vergolten wurde.

12. Zamaris hatte den alten Eucer wieder ihren Willen genommen / wie gesagt / und locket Hircan wider an sich / der sich nun nicht lang bitten lassen /sondern den Mann seiner gebührlichen Arbeit überhebt / und wurde also bey Nachts / in einem Garten bey der Ehebrecherin erwischt / und beede Eucer mit einem Karbiner Rohr durchschossen.

13. Also wurde der unbeständige und undankbare Hircan gestrafft: zu Beglaubung der Wort Syrachs /welcher sagt / daß das Unglück von dem Hause deß undanckbaren nicht weichen werde. Von diesem Hircan hat man zu sagen pflegen / der Wetterhan sey beständiger als er / ob er gleich von dem Wind hin und her gewendet werde / und daß er gewesen ein Weltkind / das mit dem Glücksrad auf und ab fähret /steigt und fällt. Solchen Leuten kan man so wenig ein rechtes Kleid machen / als dem Mondschein.


14. Die den schwachen Krebsen gleichen
und bald vor / bald ruckwarts weichen
kommen selten weit
der die Hand legt an den Pflug /
und der Arbeit hat genug
siht zurück sein Gleid.
15. Die beraubten Rauber
(XV.)
Die beraubten Rauber.

Nach der Ordnung folget in dem Frantzösischen eine schlechte Erzehlung unter dem Titul: Deß Vaters Fluch. Wie nemlich sich eine Jungfrau wieder ihres Vaters Willen verheuratet / und in dem Ehestand ein todtes Kind zur Welt geboren / etc. An dessen statt wollen wir eine andre wahre Geschicht setzen / welche sich vor kurtzen Jahren begeben.

[49] 2. Pullin und Gellican / (also wollen wir dieser Edelleute Namen verhüllen) Holsteinische Herren vornehmes Geschlechts / reisen nach Gewonheit deß Landes in Franckreich / aldar die Sprachen und Ritterlichen übungen / beneben Höfligkeit / und allen anständigen Sitten zu erlernen / von dar in Spanien /und fahren nach verrichter Reise von Barcelona nach Genua / willens ihren Weg durch Mailand auf Rom zu nehmen.

3. Weil sie aber zu Genua verstehen / daß die Pestin in dem Mailandischen überhand genommen / und die Pässe gesperret: warten sie aldar auf Gelegenheit nach Liborno abzufahren.

4. In dem Wirtshauß / wo sie zu Genua gelegen /waren etliche Frantzosen / unter welchen sich einer für einen Freyherrn außgegeben / und weil sie erkůndiget / daß diese Teutsche viel baares Gelts bey einem Genuesischen Kauffmann durch wechsel empfangen /machen sie einen Anschlag darauf / und begeben sich in ihre Gesellschafft / dingen ein kleines Schiff / und fahren nach Genua ab auf Liborno.

5. So bald sie nun von dem Lande entfernet /schiessen / stechen und schlagen sie diese beede Teutsche halb todt / und besuchen sie aller Orten / damit sie ja nichts zurucke liessen / und werffen sie / alsdann / nach dem sie das Gelt alles gefunden / in das Meer. Der Schiffer einer wolte solche Mordthat hintern / wurde aber also bald von dem einen erschossen / und die andern betraut / daß keiner Hand anzulegen sich gelůsten lassen solte.

6. Pullin / ist noch so starck / als sie ihn über Port werffen / daß er sich anhält / und fast das gantze Schiff umgestürtzt hette / wann nicht einer ihn mit dem Degen auf die Hand gehaut / und der ander ihn mit dem Ruder auf das Haubt geschlagen / daß er gleich Gallican untersincken und tödlich verwundet unschuldiger weise ersauffen müssen.

7. Nach dieser Mordthat nöhten die Frantzosen die Schiffer / daß sie unfern Pisa / an einem unbekanten Ufer anfahren / und sie samt der Beut außsetzen [50] müssen / welches auch geschehen. Die Schiffer setzen so bald ihre Reise fort / und melden zu Liborno an / wie es ergangen / wo und welcher gestalt diese Gesellen zu betreten.

8. In Welschland ist zu Versicherung der Strassen gute Anstellung / und sonderlich in den Florentinischen / daß also nach eingelangtem Bericht der Schiffer ein Postillion nach Pisa / und andre ümliegende Ort / ab gefertiget wird / den Mördern aller Orten nachzustellen / wie dann auch eiligst erfolget.

9. Ablatius einer unter den räuberischen Frantzosen war deß Lands und Sprache wol kündig / der befůrchtet sich / daß sie wůrden verraten und außgekundschaffet werden. Als sie nun auf einem Dorf übernachten / beraubt er die Rauber / stiehlet ihnen das Geld / welches sie den Teutschen abgenommen / und gehet damit durch. Was geschicht?

10. Die außgesandten Schergen treffen diesen an /und wollen ihn / als eine verdächtige Person / nach Pisa senden: Er aber bekennet also balden daß er der rechten einer seye / und das Gelt alles seinen Gesellen entwendet / welches er mit ihnen gerne theilen wolle /wann sie ihn loß lassen / und seine Gesellen / welche nechst darbey in einem Dorffe anzutreffen / an seine stat zu verhafft bringen.

11. Die Schergen / weil sie ihr Gelt an den andern verdienen konten / und sonsten an den Raub keinen Theil hatten / lassen Ablatium von dannen / nach dem er ihnen von 500. Cronen 300. eingehändiget / und finden seine Gesellen verratner massen an welchen sie das Fang gelt absonderlich verdienen.

12. In dem nun Ablatius sein Leben / als eine Außbeute darvon bringt / und sich nach Venedig begiebt /werden die andren Mörder wegen der schändlichen That gerädert / und empfahen also ihren wolverdienten Lohn.

13. Diese Geschicht hab ich von Ablatio auf der Fahrt nach Padua solcher Gestalt erzehlen hören / und die Edelleute zu Orleans gekant: dann ob er [51] zwar nicht sagte / daß er die Rauber beraubt / so hab ich es doch leichtlich aus allen Umbständen / welche er sonst nicht wissen können / abgemercket / und ist dieser mörderische Raub / zu meiner Zeit 1627. Statt und Landkündig gewesen.

14. Was für eine traurige Zeitung der beeden Adelichen Freundschafft in Holstein hinterbracht worden /ist unschwer zu ermessen / und hieraus eines theils zu ersehen / was grosser Gefahr die Reisenden unterworffen: anders theils auch / wie Gott das böse nicht ungestrafft lässet / sondern zu solchem Ende der Obrigkeit das Schwert in die Hand gegeben / daß sie die Frommen darmit sichern / und die Bösen züchtigen soll.


15. Wer in der Welt kein Richter hat /
Büsst in der Höll die Missethat.
Doch besser ist in diesem Leben /
Als sich der Höllen Straff ergeben.
16. Der verzweiffelte Buler
(XVI.)
Der verzweiffelte Buler.

Die Armut wird mit dem Recht der Tugend beschwerliche Schwester genennet / und einem Stein verglichen der den Himmel anfliegenden Sinn auf der Erden anhält: dessen ist ein Exempel gewesen Nicanor / welches höfliche Sitten / Verstand und Tapferkeit eines gleichmässigen Reichthums wehrt gewesen / und sonderlich der schönen Calepode / welche ihn auch liebte / und wol wüste / daß besser were ein Mann ohne Reichthum / als Reichthum ohne Mann und ohne Verstand denselben zu handhaben.

2. Ihre Freund aber waren anders Sinnes / und wolten ihr zu diesen armen Gesellen nicht rahten / ihre Eltern aber gantz und gar nicht darein willigen / deßwegen sie zu rucke halten / und die Sache verzögern müste.

3. Callepode tröstete Nicanor / daß ihre Beständigkeit [52] endlich ihrer Eltern Willen überwinden würd / er hingegen vermahnte sie zu treuer Liebe / und versprache ihr gleichfals / daß er sie / biß in den Tod / lieben wolte. »Buler versprechen schreibt man in den Sand /und wird solches das weibliche Geschlecht beschuldiget / welche sich mehrmals auch bey den Mannspersonen befindet.«

4. Nicanor fällt die Nachwart zu lang und kan er die Liebste noch zu heimlicher Verehlichung / noch zur Flucht bereden: entschleusst sich deßwegen die Welt zu besehen / und weil er keine Mittel grosse Reisen zu verrichten / ziehet er an einen Einsidels Rock / und der Freyheit / aller Orten das Brod zu betteln. In dieser Bekleidung kommt er in Welschland nach Genua / die schöne Statt / wo der Winter verjagt / und da die drey Jahrszeiten einen Frůling machen. Alldar findet er zween Einsidel in der Graffschafft Leon / dem Hertzog Daria zuständig / und wird von ihnen zu einem Gesellschaffter angenommen / und zwar nicht reichlich / doch ersättlich bewirtet. Sein Beruff kame nicht von der Höhe / das Ungewitter hatte ihn in diesen Hafen geworffen / und nicht ein heiliger Vorsatz.

5. Nach verlauff zweyer Jahre verlangt ihn zu wissen wie es zu Hause stunde / und ob Calipode Eltern ihr Leben geendet / oder ihren Willen geändert. Er begegnet einem Landsmann aus Langendak / der ihn versichert / daß Calipode etliche gute Heuraten abgeschlagen / wiewol sie nicht wissen können / ob er todt / oder im Leben. Diese Zeitung erneurte seine Flammen / und verursachte ihn / ein Brieflein an Calipode abzugeben / welche sich darüber höchlich erfreuet /und in Gegenwart ihre stets beharrliche Treue vergewissert / mit Bitte / daß er wiederkommen / und sie darvon führen solte / wie er mehrmals vorgeschlagen zu thun. Dieses alles lase Nicanor mit erkalten Hertzen / und liese sich noch Jahr und Tage bey den Einsidlen aufhalten.

6. Endlich verstirbt Cerill Calipode Vater / [53] Alphea aber die Mutter / wolte dem Nicanor ihre Tochter nicht lassen / daß sich endlich Calipode entschleusst lieber in ein Kloster zu gehen / als einen andern zu heuraten / und weil Nicanor wieder zukommen verzeucht / geht sie ohn vorwissen und Einwilligung ihrer Mutter zu den Nonnen ihren Gespielen / und bringt mit ihr ein ehrliches Heuratgut / welches einer ihrer Brüder voraus bezahlte.

7. Alphea verspricht in ihrer Verheyratung zu willigen wann Nicanor wiederkäme / sie solte nur aus dem Kloster wieder zu ihr kehren. Sie aber bittet ihre Mutter / sie wolle sie ausser der Welt / welcher sie gute Nacht gesagt / verbleiben lassen.

8. Dieser Verlauff wird dem Nicanor durch seiner Freunde einen wissend gemacht: er kehret wieder /findet aber der Calipode Wort und Briefe so ungleich / als Tag und Nacht. Er beklagt Calipode / und grůndet sich auf seine Briefe / welche so viel Ehe versprechen waren / wird aber mit seinem begehren abgewiesen / und Calipode freyes Willens gelassen.

9. Nicanor gehet mit seinen Freunden mehrmals umb das Kloster / und Calipode Brüder bestellen die Wacht / ihn todt oder lebendig in das Gefängnis zu bringen. Als sie solchem Befehl nach zu kommen bereit / setzet sich Nicanor mit den seinen zur Gegenwehr / und wird verwundet / einer auch von den seinen erschossen. Nicanars Wunden waren zwar ohne Gefahr / er wolte aber kein Pflaster oder Gebände darüber leiden / und verkürtzte ihm also selbst das Leben / daß er verzweiffelt dahin gestorben.

10. Elende Leute / welche ihre Begierden nicht beherrschen können. Zwisen Niederland und Engelland /werden Fische gefangen / welche man Petermännigen nennet / wer sie anrühret / der kommt von Sinnen: Diese Fische vergleichen sich mit bösen Begierden /und wer sie heget der verlieret seinen Verstand / von dem er den Namen eines Menschen hat.


[54] 11. Tritreimen.


Die Augenlust: die Lieb: stets müssig Zeit vertreiben
Verblende: fůhle nicht: laß niemals von dir schreiben
Die Faulheit: Völlerey: sich halten als ein Schwein:
Vermeide: hüte dich: sol ferne von dir seyn.
17. Die entdeckte Verrätherey
(XVII.)
Die entdeckte Verrätherey.

Zu den betrübten Zeiten König Karls des IX. in Franckreich / war das Spiel so verwirrt / daß offt die nechsten Befreunden / wegen Irrung in der Religion die ärgsten Feinde waren: wie dann das Reich / welches mit ihm selbst uneins wird wůst werden / und ein Hauß über das andre fallen muß.

2. Zu besagter Zeit lebten Hernippe und Vivande zu Poitiers zwey verliebte / welche ein Hertz und ein Sinn waren. Nechst dieser Statt / welche dem König getreu verbliebe / war ein Edelmann (den wir Urbin nennen wollen) in einem Stättlein Gebietiger / welches sich wieder den König empöret hatte. Die Verwandschafft zwischen Urbin und Hernippe ware zwar nicht gar nahe / ihre Freundschaft aber / wegen Petronia deß Urbins Haußfrauen war genauer verstricket /weil sie Hernippe heuraten solte / und seine Mutter hatte in der zweyten Ehe / Urbins Vater gehabt. Daher nennet Hernippe die Petroniam seine Schwägerin und sie ihn ihren Schwager.

3. Urbin muste damals eine Belägerung außstehen /und wurde die Statt / in welcher er zu gebieten hatte /von deß Königs Volck ümgeben: deßwegen er seiner Freunde Hülff und Rath anruffet / und ist Hernippe der ersten einer gewesen / der ihm den Krieg angelegner seyn lassen / als seine Ehe mit Vivanda / hielte sich auch in allen Gelegenheiten so tapffer / daß ihn Urbin zu seinem Leutenamt machet. Als [55] sie einmals ausfallen / wird Urbin geschossen daß man ihn drey Tage hernach zu Grab tragen muste.

4. Hernippe tritt an seine Stelle und unternimmt das Regiment / welches ihn durch den Fürsten nachgehends bestettiget worden. Petronia verliesse sich auf niemand mehr / als auf Hernippe / welcher ihren Mann möglichsten Beystand geleistet und seinem hinterlassnen Sohn als ein Vormund vorstehen solte. Inzwischen aber zünden sich bey dieser Wittib die alten Liebsflammen wiederum an / und gabe sie ihres Hertzens Verlangen mit den stummen Worten der Augen und Geberden satsam zu verstehen. Hernippe stellet sich / als ob er der Sprache nicht kündig / in welcher er Vivanda zu antworten gesinnet war. Endlich bricht Petronia heraus und wird mit mehr Ehrerbietung / als Liebsneigung beantwortet: als sie aber anhielte entschuldigte er sich mit den Pflichten / welche ihn gegen Vivandam verbunden machten.

5. Dieses alles möchte so heimlich nicht gehalten werden / daß es der Vivanda solte verborgen bleiben /welche darůber eiferig ergrimmet / und Hernippe gebitt / er solte zu ihr verreisen / ungeachtet sie wuste /daß ihm der Ort anvertrauet / für welchem nemlich deß Königs Volck abgezogen / und daß sie auf Verweigerung müste für wahr halten / was von ihm und Petronia die Leute sagten.

6. Als sich nun Hernippe mit erheblichen Ursachen entschuldigte / und die höchste Unmögligkeit vorschützte / vermeint sie daß sie verraten / und die alte Liebe zwischen ihm und Petronia wider neu worden wer. Daher sucht sie sich mit gleicher Unbeständigkeit zu rächen / vnd erzeugte sie Beroso / der ihr benebenst Hernippe lange Zeit aufgewartet / günstiger und gewogner als vorhin / so gar daß ihre Verlöbnis angestellt / und zu werke gerichtet wird. Wie diese Zeitung Hernippe so frembd vorkommen / ist unschwer zu gedenken.

7. Inzwischen vergleicht sich der Fürst / welcher diese Empörung verursacht / mit dem König / und[56] Hernippe wird seiner Dienste erlassen / daß er nach Hause kommet / und der Vivanda ihre Unbeständigkeit persönlich verweist / mit wůrklicher Beglaubung / daß er Petroniam nicht begehre / und daß sie ein falscher Wahn / sonder Ursachen eifern machte.

8. Vivanda reuete ihr unbedachtsames verfahren /und beiammerte ihren gegenwertigen Zustand mehr als zu sagen ist. Als nun Petronia diese Hinternis ihrer Liebe aus dem Wege geraumet sahe / machet sie ihr neue Hoffnung / und bringt auch / (kurtz zu sagen) Hernippe darvon / daß sie beede eine recht glückseelige Ehe / in gleich verbundner Liebe besessen.

9. In dem brennet Vivanda von neuen / mit brünstiger Liebsneigung gegen Hernippe / und suchte böse mittel Berosum von ihr / und Petronium von ihm zu sondern: schreibet deßwegen vielfältig an Hernippe /ihn wieder gegen ihr zu bewegen / er wil aber diesen allen nicht nach gelehen / und seinem Weibe keinen Gifft beybringen / wie sie ihm an die Hand gegeben /und auch ihrem Mann zu thun versprochen.

10. Hernippe mahnet sie von so erschrecklichen Beginnen ab / und draut der Obrigkeit ihren Vorsatz anzuzeigen / wann sie dergleichen mit einem Wort mehr gedencken würde. Diese Antwort entrüstete Vivandam der massen / daß sie sich wegen solcher Verachtung zu rächen hoch geschworen. Welcher gestalt aber?

11. Sie lässet ihren Mann sehen / einen Bindel Briefe / welche ihr Hernippe geschrieben / bevor er mit Petronia verehlichet wird / und gibt für / daß sie solche in Neuligkeit empfangen / und bittet solche Schmache mit gewehrter Hand zu rächen. Berosus ein zorniger Mann / glaubet dieser Betrügerin / und fodert Hernippe auf den Platz / sich mit jhm zu balgen. Hernippe erscheint / und nach dem sie ohne fernern Wortwechsel zusammen gegangen / sieget Hernippe ob /daß Berosus das Leben von jhm bitten müsste / welches er ihm schenckte / und die Ursache solcher Befedung fragte.

12. Berosus vermeinte er habe eine gerechte [57] Sache / und weiset die Briefe / welche er mit eigner Hand an Vivandam seine Fraue geschrieben / als ihm er aber das Jahr und der Tag / welchen er zuvor nicht beobachtet / gewiesen wurde / benebens den Schreiben in welchem ihm seine Frau Gift beyzubringen versprochen / wurd er deß Betrugs überzeugt / die Verrätherey entdecket / und lässet er sein treuloses Weib in ein Gefängnis sperren / in welcher sie ihr Leben kurtze Zeit hernach elendiglich geendet.

13. Hierbey erinnere ich mich deß Sprichworts: Untreu trift seinen eignen Herrn / und daß der / so die Gruben fällt am ersten darinnen gefangen wird: Sonders zweiffel aus Göttlicher Verhängnis / der die Weißheit der Weisen / und die Klugheit der Ruchlosen zu schanden zu machen pfleget.

14. Falschheit hinckt auf zweyen Füssen:
Stützet sie sich kurtze Zeit
Wird sie doch bald fallen müssen /
Mit deß Trügers Spott und Leid.
18. Die schädliche Ruhmräthigkeit
(XVIII.)
Die schädliche Ruhmräthigkeit.

Zu Zeiten König Heinrichs deß IV. dieses Namens ist etliche Jahre ein so friedlicher Wollstand gewesen /daß gleichsam die Liebe und Wollüste aller Orten genistet und neue Zuchten gehäget hatten. Deß Adels thun war aller Orten der Müssiggang / spielen / bulen und die Zeit in Wolleben vertreiben: massen die Sünde zu Friedens Zeiten fast mehr überhand nehmen / als in den Kriegen welche mit Ordnung geführet werden. »Wann man sich aber bey schönen Tagen deß Ungewitters erinnern sol / wird nicht ausser dem wege seyn / zu Kriegszeiten zu gedencken / was sich zu Friedenszeiten begeben.«

2. Triphon ein tapferer und zu Hof wolbenamter Edelmann / wohnte auf seinem Schloß / mit seinen Freunden und Nachbaren den Herbst in Fröligkeit zu[58] zubringen. Als er nun gleich einem Bien über unterschiedlichen Blumen deß Frauenvolcks seine Augen schweben lässet / setzet er selbe endlich auf Stocktram. Eine andre Feder / so weniger zu schreiben /mag den Anfang und Fortgang dieser Liebe erzehlen /hier ist genug zu meldē / daß niemand solche schänden können / weil sie auf einen zulässigen Ehestand gezielt / und mit gleicher Gegenneigung verbunden gewesen / welche auch von allerseits Freundschafft beliebt und angenehm gehalten worden.

3. Triphon hatte etliche Forderungen zu Hof / und wolte bevor er sich zu Ruhe begebe / solche Dienstgelder einbringen / damit er also durch das gůldne Thor in den Ehestand tretten / und so viel reichlicher leben möchte. Zu dem hoffte er einen solchen Ehrendienst / welcher ihn über den Adelstand erhöhen / und zu grossem Ansehen bringen solte.

4. Diesem nach macht er sich auf den Weg nach Hof / auf einrahten seiner Liebsten (massen bey den schwachen Werckzeugen der Ehrgeitz starck ist /) und mit vorwissen seiner Befreunden / welche dieses alles außzuwürken für leicht hielten / und nicht zweiffelten / der König werde Triphons wolgeleiste Dienste gedachter massen belohnen.

5. Solchem zu wieder findet Triphon mehr Hinternis als er aus dem Wege raumen mögen / und ob er wol ein tapferer Hofmann / hat er sich doch in »seinem eignen Handel nicht finden können / und erfahren / daß solche Geschäffte gleich sind den Fischreisen /deren Eingang weit / und leicht / der Außgang aber schwer und fast niemals zu finden.« Hierüber verfleusst ein Jährlein / und ie weiter Triphon seine Sachen zu bringen vermeinte / ie weniger kan er zu ende kommen / und ie mehr Unkosten er auffwendet.

6. Stacktea wartete mit grosser Ungedult / und ruffte Triphon mit vielen schreiben zu rucke / hörte aber zur Antwort Verzug und Entschuldigungen / welche auch keine gewisse Zeit seiner Wiederkunfft ansetzen / daß sie ihn für mehr ehrgeitzig / als verliebt gescholten / daß doch von ihr wahr gewesen wie folget.

[59] 7. Philostratus ein junger Herr / viel höhers Standes als Triphon / verliebte sich in Stackteam / welche wegen seines langen Verzugs / allerley Gedanken schöpfte / und ihn zu Hof für eingewurtzelt hielte /liesse sich gar leichtlich von der alten Liebe zu der neuen wendig machen / und begnügte sich mit einem Ehversprechen / welches nach seines Herrn Vatern Tod sol vollzogen werden / in zwischen aber fienge er an Stackteam auf Rechnung zu seinen Willen zu bringen.

8. Dieses wird Triphon durch seine Freunde berichtet / daß vermuhtlich ein heimlicher Ehehandel zwischen Philostrat und Stacktea vorgehe / und diese Zeitung machet ihn nach Hause eilen / dem Abfall seiner Liebsten vorzukommen. Aber zu spat / dann er so bald verspüret / daß er hinaus gestossen / und Philostrat angenommen worden.

9. Der listige Eifer leget ihm viel Schmeichel Mort in den Mund / und locket er von der Stacktea heraus /daß sie Philostrat ehlich verhafftet / und das ůbrige konte er leichtlich errahten: daß also jhre Entschuldigungen sie der Untreue und deß Ehrgeitzes angeklagt. Dieses verhüllt Triphon mit euserlichen Schein / und weil Stacktea / mit Verlaub ihres Herrn / das Spiel bergen wolte / erzeigte sie sich aller Orten gegen Triphon / als ob es noch zwischen ihnen in altem Vertrauen stunde: so gar daß sie Nachts mit einander zu sprechen nicht unterliesse / welches Triphon alles zu seinem Vortheil gesucht.

10. Hierdurch trutzte er den jungen Herrn / und weil er anfieng darüber zu eifern / hatte er grosse Lust daran / und rühmte sich / daß er solche würckliche Gunst und Gegenliebn von Stacktea erhielte / welche Philostratus nicht zu hoffen. Ob nun solche Ruhmrähtigkeit falsch / so war sie doch Triphon höchstschädlich / und vermeinte er dadurch seinen Nebenbulen abzuschrecken.

11. Nach der Frantzosen Gebrauch wolte ihm Philostratus mit dem Degen recht schaffen / und forderte Triphon auf den Platz / welcher erscheint / seinen[60] Gegner durch den Arm stösset / und das Leben zu bitten nöthiget. In dem nun die Diener Philostrati ihren Herrn verwundet sehen / wollen sie Triphon den sie beschädigt nieder machen / werden aber von ihren Herrn / und andern Beyständen abgetrieben / daß er mit dem Leben davon kommen.

12. Mit diesem ist Stacktea nicht vergnüget / und vermeinte Philostratum durch Triphons Tod / ihrer Liebe zu versichern. Dieses nun stellete sie an / durch eben die jenigen / welche ihn verwundet hatten / und deßwegen von ihrem Herrn abgeschaffet worden: diese Gesellenversprechen Triphon zu ermorden / und gehen ihm lange Zeit nach / weil sie ihn allein nicht konten antreffen.

13. In dem dringet Stacktea Philostratum / daß er sie ehlichen solte. Er aber wendet nicht mehr seinen H. Vater vor / sondern daß Triphon sie beschlaffen /wie er selbsten / nach dem sie wieder Freunde worden / beständig aussage / der diese Unbeständige / aus Rachgier / auf allerley weise verhasst zu machen / bemühet war.

14. Diese Verleumbdung ursachte / daß Stacktea die Meuchelmörder mit Gaben und versprechen anfrischte den Streich zu vollziehen / wie dann auch erfolgt / und ist also Triphon in seinem Bette jämmerlich erwürget worden. Der Thäter einer wird in verhafft gebracht / und bekennt / daß Stacktea die Stiffterin dieses Todes: und gebrauchte sich Philostratus dieser Begebenheit von ihr loß zu kommen / in dem er benebens Triphons Freunden angehalten / daß sie enthaubtet worden.

15. Hieraus ist zu sehen / was für Früchte die Unbeständigkeit bringet: sie verursachet Ehrgeitz / diesem folgen Eifer / Ruhmrähtigkeit / Verleumbdung /Rach / Trug / Undanckbarkeit / Blindheit / Zorn und ein erbärmliches End. Daher die Alten gesagt: Hüte dich vor der That / der Lügen wird wol raht / und Gott der HErr sagt: Mein ist die Rache. Er allein kan Gutes und Böses vergelten / und die sich [61] selbsten rächen fallen Gott in sein Ambt / welches er nicht ungestrafft lässet hingehen.

16. Einen Ruhmrähtigen kan man also beschreiben:


Er hat nicht (würcklich) was er hat (nach seinem Wahn) und ist nicht der er ist:
Man glaubt nicht was er glaubt / man hört nicht was er saget:
Sein Nachbar ist schon tod / deß Zeugnis er befraget /
Sag doch wer ist der Mann / wann du ein Rahtmann bist?
19. Der Freyer in allen Gassen
(XIX.)
Der Freyer in allen Gassen.

Den Fluß welchen der König in Persien außtrocknen wollen / hat er in viel kleine Armen zertheilet: bedeutend / daß ein Verstand / welcher vielen zugleich obliegt / seine Kräfften auf nichts gewisses wenden kan. Wer nach zween Hasen zugleich jaget wird keinen fangen.

2. Zween grosse Herren wollen ihre vertraute Freundschafft durch Verehlichung ihrer Kinder fortsetzen.

Gorgias Agatharcide Sohn solte Mongine Cremons Töchter freyen. Diese junge Kinder spielten mehrmals mit einander: die Liebe aber kunte bey ihnen nicht statt finden / weil das Holtz noch grůn / daß es nicht brennen mochte.

3. Gorgias wird in zuwachsenden Jünglings Jahren nach Paris gesendet / zu Erlernung der ritterlichen übungen. Sein Sinn war sehr flüchtig / fande zwar eine Begierde zu lieben / aber ja nicht eine Person allein: sondern viel zu gleich / daß er ihrer dreyen einmahl aufgewartet / wegen dreyen unterschiedlichen Ursachen / der Ehre / Gelt und Wollustswegen / nach welchen alle Menschen ihr thun und lassen zu richten pflegen.

[62] 4. Sibylla eine Base einer Fürstin diente er Ehren wegen / und vermeinte daß sein grosse Glückseeligkeit seyn würde / wann er in eine so hohe Freundschafft würde heuraten. Juliana eine reiche Wittib von zwantzig Jahren / welcher ein alter Mann grosses Gut hinterlassen / war die zweyte / welche seine Dienste wol belohnen solte und könte. Die dritte war Charlotte / eine von den schönsten Jungfrauen in gantz Paris /aber von geringer Ankunfft und noch viel geringerem vermögen. Diese liebte er / weil er auch wieder von ihr geliebet wurde: Die andren aber gaben ihme Anlaß seine Höfligkeit zu mustern.

5. Sibylla hoffte eine bessere Heurat / als mit Gorgia zu treffen. Juliana wolte keinen Frembden / und hatte keine Neigung zu diesem Edelmann. Er aber besuchte bald eine bald die andre / mit solchen Worten /als ober alle drey zu gleich freyen solte. Seine Eltern schreiben ihm / daß sie ihn mit Mongine verloben wolten er solte nach Hause eilen: weil sie verstanden /daß er sonsten anderweit verfänglich handlen möchte. Er aber antwortet nicht weil ihm die Gegenwertigen mehr beliebten / als die Abwesende.

6. Man sendet ihm der Mongine Bildnis / welches er gegen der Charlotte für abscheulich achtet. Man führt ihm zu Gemůt ihr vermögen / und die reiche Erbschafft / welche sie zu erwarten / diese hielte er für einen Thand / gegen den Gütern seiner Juliana. Man schreibt ihm von dem Ehrenstand der Mongine Eltern / darauf sagte er / daß sie doch nicht auß Fürstlichen Geblüt / wie Sibylla. Solchem nach stellete er sein Vaterland in Vergessenheit / als ob er von der Frucht Lotes gekostet hette.

7. Gorgias Eltern verfahren in zwischen / und schliessen die Heurat / der Hoffnung / es werde ihr Sohn ihnen gehorsamen / und so bald er verrast /ihnen darumb danken. Als ihm nun die Heurats Nottul zu vnterschreiben zugesendet wird / antwortet so verächtlich / daß der Jungfrau Eltern / ihr Wort zu rucke [63] nehmen / und verschworen diesem undanckbaren Gast ihre Tochter nimmermehr zugeben.

8. Dieses gute Bißlein bliebe nicht in der Schüssel / sondern es melden sich / so bald solcher Verlauff ruchbar wird / unterschiedliche an / und wird Lisimachus heraus gewehlt / welcher mit Mongine solte vermählet werden.

9. In dem dieses vorgehet spottet Sibylla dieses Freyers in allen Gassen und weil er den Schertz nicht verstehen wolte / gabe sie ihm mit gar deutlichen Worten Urlaub. Juliana hatte eine ihr anstädigere Gelegenheit angetroffen / und verehlichte sich / wieder seinen Willen. Charlotte wolte zwar mit ihm kauffen /sie war aber ihren Verwandten nicht feil ümb das Geld: welche ihn baten / er solte dieser Jungfrauen müssig gehen / damit sie nicht etwan in ein böses Geschrey komme.

10. Als er nun besagter massen bekorbisiret / und seine Eltern den verlag zu seinem Wolleben nicht mehr herschiessen wolten / kehret er nach Hauß / als eben Listmachus mit der Mongine Hochzeit machen solte / und liesse sich bedunken / daß er in erst ermelter Hochzeiterin finde / was er bey allen dreyen zu Paris hinterlassen / und bereuet / daß er diese Gelegenheit unbedachtsam verachtet. Es war die Sache zu weit gekommen / und wust er kein Mittel / als daß er den Bräutigam forderte durch ein Fedbriefflein (Cartel.) Listmachus spottete seiner / und wolte diesen Jüngling nicht würdigen / daß er mit ihm fechten solte.

11. Ein Gascon war einem Picart eine Summa Gelds schuldig / als er solche fordert / wil er ihm mit dem Degen bezahlen. Der Gascon schickt jhm die Schergen über den Halß / welche ihn in das Gefängnis setzten / und ließ ihm sagen: Wann du mich bezahlt hast / so wollen wir hernach vom rauffen reden. Also sagt Listmachus auch: Wann ich mein Liebste habe nach Hauß geführet / wil ich deinen Frevel straffen /ietzund ist nicht Zeit / daß ich meine Hände in deinem Blute wasche.

[64] 12. Also wurde die Hochzeit volzogen / und weil die Obrigkeit von deß Gorgia Ausfodern vernommen /stellet man ihm nach / daß er flüchtig gehen muste. Er kommt wieder nach Paris / und findet Charlotte auch verheuratet / an einen sehr reichen Edelmann. Als er nun flehet daß er aller Orten zu kurtz kommet ziehet er in Flandern / und giebt einen Soldaten / in welchem Stand er bald hernach sein Leben eingebüsset.

13. Der Ungehorsam der Kinder gegen die Eltern bleibt nicht ungestrafft / und vermeinen diese Frischling / sie verstehen und wissen besser / was ihnen nutzet: sehen aber endlich zu spat daß sie weit gefehlet haben. Es erhellet auch eine grosse Thorheit in dem man die Liebe / welche einen freyen Willen haben wil / zu erzwingen vermeinet / welches aus falscher selbst Liebe entstehet / so bey der Jugend ein gar gemeines Laster ist.


14. Die Jugend brůstet sich / mit unbedachten Wortē:
Sie drenget sich herfür wil nechst den Ersten seyn:
Man höret ihr Gespräch' und Wort an allen Orten /
Ein Alter lacht unn schaut der dollen Narren Schein.
20. Der Undanckbare Jungfrauen Rauber
(XX.)
Der Undanckbare Jungfrauen Rauber.

Ein Kauffmann in Provantz Eupelome / hatte einen Pflegsohn Arcesilas benamt / welchen er mit Väterlicher Vorsorge auferzogen / und ihm fast seinen gantzen Handel anvertrauet. Sein Gewerb erstreckte sich in Hispanien und sonderlich nach Barcelona / da sein Mann war Philonde / ein Kauffmann von guten Mitteln in besagter Statt.

2. Eupelome sahe seinen Vettern bey dem Verstand / seinem vermögen selbsten vorzustehen / und suchte ihm eine feine Heurat / nemlich Marinam / auch [65] eines Handelsmanns Tochter / welcher ihm mit einer ehrlichen Aussteur an die Handzugehen versprochen.

3. Zu Valentz in Hispanien hatte Arcesilas auch zu verrichten / und kehret ein bey Inigo seines Vettern Mann / da er sich verliebt in Crateam seine Tochter /welcher dieser weise Frantzoß baß gefiel als die Morenfarbe Hispanier. Er hatte in willens ůmb sie anzuwerben / fande aber zwo hinternissen: erstlich daß er nicht reich genug und zum andern / daß sich Idelphonso / ein andrer aus selber Statt bürdig / angemeldet / welchem sie der Vater halb und halb versprochen.

4. Cratea war den Frembden viel geneigter / als dem Einheimischen / suchte deßwegen die Sache zu verzögern / und der Zeit zu befehlen was sie nicht vermitteln kunte: bliebe also beständig / in dem Arcesilas wieder nach Hause verreiset. Ja als Arcesilas Urlaub genommen / hat sie jhm geschworen getreu zu verbleiben / biß in den Todt / dergleichen er sich auch gegen ihr verlobt.

5. Als er heimkommet lässet er sich bereden zu einem Verlöbnis mit Marina / und weil er Zeitung von der Cratea hatte / daß sie seiner warten wolte / verzögert er seine Verheuratung mit Marina und reisete /wie er jährlich zu thun pflegte in Hispanien: verhoffte also die reiche Crateam / oder wann es nicht seyn wolte / als dann die schöne Marinam zu nehmen.

6. Als er nun wieder nach Valentz kommet / und die beharrliche Liebe der Cratea verspüret / erkühnt er sich sie von ihrem Vater zu begehren / und sie eröffnet ihres Hertzens Gedancken / daß sie keinen oder diesen zu einem Mann haben wolte. Der Vater war ein kluger Kopff / muhtmasste daß die Sache schon weit kommen und wolte sich mit dem Nein Wort nit also bald wiedersetzen: sondern sagte allein / wie ihm leid were / daß er seine Tochter versprochen / und wüsste er nicht von solchen loß zukommen / wann aber Idelphone so abstehen solte / so were den Sachen noch zu helffen.

[66] 7. Diese Antwort war gleichsam ein öhl durch welches der beeden verliebten Flammen erhitzt wurden /daß sie verhofften sie wolten leichtlich Verzeihung erlangen / wann sie durch die Flucht / oder heimliches Verlöbnis einen Fehler begehen wurden. In diesem vertrauen nimmt Cratea ihren kostbaren Schmuck zu sich / und fähret auf einem darzu gedingtem Schif davon. Sie vollziehen auf dem Wasser gelobtes Eheversprechen / nicht sonder Deutung der Unbeständigkeit. Der Wind aber ist ihnen entgegen / und wirfft sie wiederum zu rucke.

8. Der Vater sendet zu Wasser und Land den flüchtigen nach: so bald er solches erfahrē / werden sie beede durch die Schergen ergriffen / und als man sie wil zu rucke bringen / erkaufft sie die Schergen / daß sie Arcesilas loß lassen / und sie verhoffte bey ihrem Vatern leichtlich Gnad zu erlangen.

9. Arcesilas der leichtfertige Ehr- und Dankvergessene Gesell / hatte so viel Lieb und Treue von Cratea empfangen / als einer der jemals geliebet worden: vergisset aber seines gethanen versprechens / und eilet in Franckreich Marinam zu heuraten. Doch mochte dieses so schnell nicht geschehen / daß nicht Eupoleme zuvor deß gantzen Handels Bericht von Inigo / durch schreiben erlanget.

10. Eupoleme hatte hierob ein schmertzliches mißfallen / und wil / benebens der Marina Freunden nicht geschehen lassen / daß dieser leichtsinnige Gesell zwey Weiber ehlichte. Hingegen bietet ihm Zeiger ein grosses Heuratgut an / wann er wieder kommen und seine geschände Tochter zu Ehren bringen würde /welches er auch zu thun gewillt / und den verborgnen Angel nicht vermerket.

11. Cratea hatte ursach diesen undankbaren von sich zu stossen / weil er sie geschwächt / und eine andre zu ehlichen begehret. Aber die Liebe bedecket alle Fehler / und eilet sie diesen zu empfahen / als einen verlornen und wiedergefundnen Schatz. Der Vater lässet auch geschehen / daß Arcesilas seine Tochter freyet / zur Kirchen führt / und giebt er zu[67] diesen fahrenden Haab noch eine stattliche Summa Gelds.

12. Eine böse That hat doch keinen guten Außgang. Zu Abends / als er sich zu Bette zu gehen freuete / wurde er in eine Gefangnis geführet / und ist daraus nicht entkommen / biß ihm ein Rechtstag angesetzet / und das Haubt herab geschlagen worden.

13. Cratea konte solches daß es von Idelphonso herkommen / nicht unwissend seyn / welcher sie als eine Wittib deß enthaubten heuraten wolte. Sie bejahte was ihr Hertz beneinte / und suchte hierdurch Gelegenheit an diesem Eindringling Rache zu üben / welches auch geschehen in dem sie ein Brod der gestalt vergifftet / und auch darvon gekostet / daß ihr Braut Bett zu einem Grabstein worden.

14. Was verwundern wir alhier mehr die grosse Untreue und Undankbarkeit Arcesilas / oder die treue Liebe der Cratea. Die alzu brünstige Liebe ist ein Strick deß Satans / der zur Verzweiflung reitzet. »Daher nennt Epictetus den Todt der Verliebten Abgott / welchen diese blinde anruffen / und in allen Nöthen anschreien.« »Die Alten pflegen zusagen / daß der glückseelig welcher seines Muts ein Herr« / und seine Begierden regire: Wer es aber nicht kan / der wird in seinen Sünden fortfahren / biß er endlich nach diesem Leben in die ewige Hölle stürtzet.


14. Undank. Haue den Fleiß zur Bank.
Giebt aus Lethefluß Getrank.
Gleicht dem Schweffel Mordgestank.
Macht der Diener Treue krank.
Und erlocket manchen Zank.
21. Die eiferige Fürstin
(XXI.)
Die eiferige Fürstin.

Der weise König Salomon vergleichet deß mächtigen Zorn mit dem brüllen deß Löwen / [68] dessen Stimme alle erschrecket so es hören. Noch viel erschrecklicher Wůrkung hat die Eifersucht / welche stärcker ist als der Tod / und brennet gleich der Hölle auf Erden. Amalor ein Teutscher Fürst kan dessen ein glaubwürdiger Zeug seyn / als welcher erfahren / wie weit sich der Eifer eines ergrimmten Weibes erstrecket.

2. Er hatte ihm eine Fürstliche Princessin vermählet / welche wir Georgiam nennen wollen: weil sie aber bejahrt / und eine Dienerin / Villehade genannt /mit nach Hof gebracht / die jünger und schöner / verliebte sich der Fürst in solchen ümmstand / wie jener redet / weil die Mägde ůmb ihre Frauen zustehen pflegen. Also kan ein Körnlein Wermut / ein grosses Gefäß voll Honigs bitter machen / und ein solcher Gedanck eine friedliche Ehe verunruhen.

3. Kurtz zusagen: Der Fürst liebet die Dienerin /und hasset seine Gemählin: welche auch als die Sara /von ihrer Magd Agar / gehönet nicht ruhte biß sie hinaus gestossen wurde: welches auch fast wieder deß Fürsten Willen geschehen müssen.

4. Amelor machte durch einen seiner Hoffschrantzen die Anstellung / daß sie in einem Dorf unterhalten wurde / und sich stellete / als ob sie krank / ja gar gestorben were / massen ein Bild mit einem wachsern Angesicht / das dem ihren sehr gleich / begraben worden / und diese Zeitung wurde der Fürstin mit allen ümständen zu Ohren gebracht / welche sich darüber höchlich erfreuet / weil ihr alles abgegangen / was der andern zu gegangen.

5. Villehade wurde auf ein Jagthauß deß Fürsten gebracht / und alldar wol unterhaltē / von dem Fürsten auch so vielmals besucht / daß er zween Söhne mit ihr gezeuget / und ob so verborgenen Betrug grosses Belieben truge.

6. Georgia wird dieses wieder vorgetragen / wie sich denn zu Hofe allzeit Leut finden / welche durch dergleichen Zeitungen Gnade suchen: Hierüber wird die Fürstin von neuem rasend / und beobachtet die Zeit / als ihr Herr wegen Kriegsgeschäffte [69] ůber Land verreist: nimmet mit ihr einen Henker / und kommt unversehens in das Schloß / findet ihre gewesene Dienerin mit zweyen Söhnen in guter Gesundheit / welche sie längsten für todt gehalten.

7. Der grosse Eifer lehrte diese Fürstin eine neue Art deß Todes ersinnen / erstlich lässet sie die zwey unschuldige Kinder für der Mutter Augen erdrosseln: hernach lässt sie ihre Hände und Füsse binden in einen Sarg / und neben sie ihre Kinder legen / und also lebendig samt den Todten begraben.

8. Uber dieser grausamen That hat der Fürst ein solches abscheu getragen / daß sich seine Gemählin die Zeit ihres Lebens nicht mehr für ihm dörffen sehen lassen / und sie bedraut / er wolle sie zu dergleichen Tod als sie seiner Liebsten angethan / übergeben / deßwegen sie zu ihrer Freundschafft fliehen můssen / und nicht mehr nach Hofe kommen mögen.

9. Nichts ist rasender / als ein mit Eifer durchgalltes Hertz / daher sagt Speron Speroni, daß der Eifer gleich sey einem Essig der von starken Wein gemachet worden: je stärker die Liebe / je stärker ist der Eifer. Wie die Kranckheit eine Anzeigung deß Lebens / so ist der Eifer ein anzeigen der Liebe / entweder er hilfft nicht / oder er ist unvonnöhten.


10. Räthel.


Ich bin ein bunter Haan /
Voll Augen und voll Ohren /
Sitz auf der Dörner Sporen
Und wache wo ich kan:

Das ist die Eifersucht. Der Haan eifert sehr ümb die Hennen / durch die Augen und Ohren wird die Sorgfalt / durch die Dörner die Betrübnis verstanden.

22. Die ungluckliche Hinterlist
[70] (XXII.)
Die unglůckliche Hinterlist.

Daß war sey / wann der Apostel sagt: Die Weißheit deß Fleisches würket den Tod / wird aus nachgehender Geschicht zu erlernen seyn.

2. Policrates ein Landsherr in Aquitania sahe seinen Sohn Almain mit Liebe verhafftet gegen Aristeam / eine Jungfrau von armen Adel / und hette ihn gerne andrer Orten vermählt gesehen. Dieser Aristea hat zuvor Cyrus ein Edelman in ihrer Nachbarschaft aufgewartet / und ist auch von ihr geliebet worden / daß man sie für Heuratsleute gehalten / biß sich Almain angemeldet / und diesen schlechten Gesellen aus dem Sattel gehoben.

3. Dieses verdreusst Cyrum aus der massen / daß sich Aristea durch Ehrgeitz verblenden / und von seiner Liebe wendig machen lassen. Aber was wil er thun. Er beschuldigt eine Weibsperson daß sie eine »Weibsperson / das ist / unbeständig / und wankelbar« ist. Seine klägliche Seufftzer führet der Wind hinweg / und Aristea achtete sich für eine irrdische Göttin / weil ihr ein so grosser Herr diente / stoltziret auch in solcher Hoheit daher / daß sie geringe Leute /wie Cyrus / nicht anzusehen würdigte.

4. Almain hette sich mit dieser hochmütigen Aristea trauen lassen / wann solches sein H. Vater nicht listig unterkommen / und die Sache einen gantz unerwarten Ausschlag gewonnen hette. Er führet seinen Sohn mit sich nach Hofe / lässet ihn die Welt sehen /und hoffet es solten seine Gedanken geändert / und auf eine höhere Person gerichtet werden. Aber umsonst. Sein Hertz wendete sich wie der Magnet / nur zu einem Stern. Der Vater hatte zu Hofe zu verrichten / der Sohn eilte wieder nach Hause / und wolte sich nicht halten lassen.

5. Der Vater entsinnet diese List. Seines [71] Sohns Schrifft lässet er durch einen dieser Sachen wol erfahrnen eigentlich nachmahlen / und einen Brief an Aristeam schreiben / deß Inhalts / daß er gezwungen worden / wieder seinen Willen eine seinem Stand gemässe Jungfrau zu heuraten / und daß er ümb Verzeihung bitte / daß er ihr gelobte Treu nicht halten können / wolle sie aber ehren die Zeit seines Lebens / etc.

6. Diesen Brief bringt Cyrus der Aristea angestellter massen / und wurde Vorsehung gethan / daß Almain / noch an sie / noch Aristea an ihn etwas abgeben kunte / welches nicht dem Vater in die Hand kommen müssen. Dieses wuste ihm Cyrus dergestalt zu nutz zu machen / daß ihm Aristea von ihren Eltern versprochen wurde / und er vermeinet gewonnē zu haben.

7. Aristea aber als sie vermeint sie were von dem Glücksrad hoch abgefallen / wolte an diesen geringen Stab nicht wieder aufstehen / und Almain / oder keinen Mann haben / und als man sie zu dieser Heurat zwingen wollen / ist sie in ein Kloster der Benedictinerin entflohen / deß Vorsatzes / ihr Leben darinnen zuzubringen.

8. Almain kommet dieses zu Ohren / und er nimmt so bald Post umb die Warheit zu erfahren. Als er nun in das Kloster kommt wird der Betrug eröffnet / und Cyrus / welcher den Brieff gebracht desselben beschuldiget. Nun solche Schandflecken wollen sich nicht anderst als mit Blut abwaschen lassen: er fordert Cyrum und wird von ihm zweymal durchstochen / daß er nach dreyen Tagen seinen Geist aufgeben müssen /und Cyrus flüchtig gehen.

9. Also sind der Menschen Anschläge / sonder Gott eine eitele Thorheit / und gehet das wolgemeinte mehrmals übel aus / wie hier diesem Vater / der vermeint seinen Sohn von seiner unbedachtsamen Liebe wendig zu machen / und hat dadurch wiewol ohne Schuld / verursachet / daß er üm das Leben gebracht worden. Job saget zu seinen Freunden: Ihr richtet mich wie GOtt / daß ist ihr wolt mir in das Hertze sehen / und wissen wie ich es meine / [72] welches allein Gott zustehet. Der Ausgang und eusserliche Schein ist sehr betrüglich / und haben deß Holoferni Soldaten ein solches falsches Urtheil von der Judith gefället /wie die Gottlosen von den Frommen / welche in Buch der Weißheit am 5. und 3. sagen: Das ist die / welche wir für ein Spott hatten / und für ein hönisches Beyspiel: darumb so haben wir deß rechten Wegs (in unserm Urtheil) verfehlet / und das Liecht der Gerechtigkeit hat uns nicht geschienen.

10. Lügen gleichet einem Feuer von Stroh /
Welches brennet kurtze Zeite hohe loh:
Wann der Lügen Flammen hoch gestiegen /
Müssen sie in einem schnellen nun erliegen.
23. Die Großmüthige Rache
(XXIII.)
Die Großmüthige Rache.

Wann das angezündte Pulver keinen Lufft hat / so ist es gleich dem Winden / welche in den in den Erdenhölen eingefangen ein grosses Erdböben verursachen /aller massen zu ersehen / an den eingesetzten Pulver in den Sprenggrufften (mines) dardurch grosse Mauren niedergerissen werden.

Nichts ist feiger als ein Bauer / wann er allein ist /wann sich aber ihrer viel zusammen rotten / so machen sie ihnen Lufft / und rasen gleich dem Erdbeben / daß ohn unterscheid alles zu Grund richtet / daher die alten Teutschen gesagt: laß den Bauren ihre Kirchwey: gemach ins Dorff die Drescher haben getruncken.

2. Dieses hetten sollen beobachten die Soldaten deß Hertzogen von Alanzon / als sie aus Flandern nicht mit so guter Ordnung / als sie dahin gezogen /zu rucke kommen / und sich in der Piccardie bald dar / bald dorten eingeleget / »sondern Gehorsam und Kriegszucht / (discipline milita ire) ohne welche ein Herr [73] mit einem rasenden Menschen / der ein spitziges Messer in den Händen hat / von Vegetio verglichen wird.«

3. Unter vorbesagten war ein Haubtmann genannt Le Pont / der legte sich mit seinem Fahnen Fußvolck in das Dorf Brecourtin Picardie / und hauste auf gut Soldatisch / das ist / so übel als möglich. Von fressen und sauffen / ist nichts zu sagen / noch von Gelt erpressen und die Leute beschädigen / welche sie schützen solten: sondern von den Jungfrauen schwächen /und Weiber schänden / welches Laster mit der Füllerey pfleget verbunden zu seyn.

4. Der Haubtmann Le Pont hatte seine Einkehr in dem höchsten Hause / bey Albain einen Bauersmann /der ihm aufsetzte / was das Hauß vermochte: weil ihm bekant / daß diese art Teuffel / mit fasten nicht außzutreiben. Le Pont war ein viehischer Mensch / welcher seine Rede mit vielen Gottslästerungen zu zieren pflegte / und für eine Ehre achtete / alle Sünden und Laster ungescheut zu begehen. Alle Fülle an Speiß und Tranck war diesen Unmenschen zu wenig / und beklagt er sich ohn unterlaß.

5. Als er einsten wolgeessen / und nicht übel getrunken hatte / läst er sich gelüsten Mariam seines Wirts Tochter zu beschlaffen / und fängt mit ihr an zu handlen. Die Jungfer weiset ihn mit bescheidnen Worten ab / und entweichet / er eilt ihr mit seinen Rottgesellen nach / und als er das Wildpret gefangen /und mit guten Worten nichts von ihr erhalten kunte /verbringt er seinen bösen Willen mit Gewalt / und Beyhůlff seiner Soldaten / in Gegenwart ihrer Eltern /welche mit Bitten und Flehen vergeblich Widerstand zu thun vermeint.

6. Er lässet es auch bey dieser Barbarischen Schandthat nicht bewenden sondern weil sein Leutenamt und Fendrich auch Lust zum Handel / übergibt er sie ihren Willen: und Maria mit vielen Threnen sich beklagte / draut er / daß er sie allen seinen Soldaten wolle Vogelfrey machen / wann sie nicht schweigen würde.

[74] 7. Maria wolte den Verlust ihrer Ehre nicht überleben / (wiewol sie die Jungfrauschafft deß Gemůts unverletzt erhalten) und als dieser Ehrendieb ein grosses Glaß an den Mund setzte / und heraus ziehen wolte /stosset sie ihm ein langes Messer in den Wanst / daß seine verfluchte Seele mit Wein und Blut heraus geflossen / und verübt also die keusche Maria eine großmüthige Rache.

8. Die Soldaten zerhauen diese Amazonin in Stücken / Albain entflieht / rufft die Nachbarschafft zusammen / und erzehlet ihnen die jämmerliche Begegnis seiner Tochter / mit ermahnen / daß ieder seinen Gast / welche meisten theils schlaffend mit Wein begraben waren / niedermachen solte. Welches dann auch erfolgt / und sind die meinsten mit den Mist- und Heugabeln gespisst / mit Flegeln erschlagen / und sonsten wie sie kunten getödtet worden.

9. Etliche welche sie gefangen / und mit ihren Lunden an Händen und Füssen gebunden / müsten folgenden Tag noch viel eines grausamern Todes sterben. Die Rache machte diese Rülpen sinnreich in Erfindung neuer Marter. Etliche wurden ertränkt / etliche von den Felsen gestürtzt / etliche lebendig begraben /etliche erschossen / gehengt / verbrennt / geschunden /geradbrecht / geviertelt / mit Zangen gerissen / und war keine Art zu sterben / welche diese Bauren an ihren Gefangenen nicht solten probiret haben.

10. Weh dir der du raubest / denn du wirst wiederumb beraubet werden. »Man wird dir messen mit der Maß / mit welcher du andern gemessen.« Daher gehört auch die von unserm Erlöser / der Natur eingeschaffne Regel: Was jhr nicht wollt daß euch die Leute thun / das thut ihnen auch nicht. Wer diese Geschicht mit den alten vergleichen wolte / solte die Mariam mit fug eine Jael und Judith nennen können. Albain hat gethan / was dorten der Virginia Vater bey den Römern / der aus dergleichen Ursachen der König Tarquin verjagt.


[75]
11. Weiber sind nicht ausgeschlossen /
Von der Tugend Lobgenossen /
Manche hat ihr Blut vergossen /
Daß daraus viel Ruhms ersprossen.
Ihre Thaten sol man schreiben /
Daß sie bey der Nachwelt bleiben
Und dergleichen Heldin treiben.
24. Das Zeugnis deß Gebluts
(XXIV.)
Das Zeugnis deß Geblůts.

Was von baarrecht zuhalten / haben wir in unsren CCXXVI. Gesprächspiel par. 44. ümständig angeführet. Hier folget ein Exempel / zu welchem wir uns sonder Eingang wenden wollen / weil wir die kurtze lieben / und Geschichte schreiben / nachdenkliche Fragen in unsren Trauerspiegel erörtert / und noch ferners zu behandlen gedenken.

2. Auf einer Hohen Schul in Flandern hat ein junger Student / von Geldern würdig / die Gesetze studiren / und ein Rechtsgelehrter werden sollen / in dem Alter welches den Gesetzen nicht wil unterworffen seyn / und keinem Recht statt geben. Dieser Apion verliebte sich in Amee / seiner Wirtin Tochter / und weil er der Jungfrauen Willen nach und nach gewonnen / sich auch mit einem Ehe versprochen / daß künfftig zu vollziehen / vernehmen lassen / hat er gegenwertig erhalten / was beede lang hernach zu spat bereuet. Es war ihnen leicht ihrer Mutter Augen zu blenden / welche ihrer Tochter getrauet / und ihrem Haußhalten abgewartet. Beede waren unter einer Bedachung / und machten es wie die Karten / wann sie bey Tags lang mit einander gestritten / deß Nachts beysammen liegen.

3. Corride ihre Magd verweist der Amee ihre ungebůhr / mit bedrauen sie zu verrahten. Was kan aber das Silber nicht? Apion verehrte sie so reichlich [76] / daß sie ihnen zu ihrem bößlichen Leben hůlffliche Hand bietet / so stark sie ist.

4. Dieses Gewerb liesse sich nicht lange ohne Gewinn treiben / und gabe Apion der Amee so viel zu trinken / daß sie die Jungfräuliche Wassersucht bekommet / und swanger wurde. O du Närrin / die du dich auf deines Bulen schweren verlassen / und vermeinest da eine glückliche Heurat zu suchen / wo du den Tod mit Schand und Spott finden wirst.

6. Apion / so bald er vermerckt daß diese Sache einen gefährlichen Außbruch nehmen möchte / zieht er heimlich darvon / und vergisset alles gethanen versprechens / welches gleich gewesen einen »Steinmetzens Gerist / daß er wieder abbricht wann die Schwinbogen außgemauret ist.« Apion kommt nach Hause und lesset es mit Amee gehen wie es kan.

7. Was diese verlassne Ariadna für Klagen geführet / ist leichtlich zu erachten. Sie hette sich ihren Augen gerne verborgen / Gifft genommen / und sich in einen Brunnen gestürtzet / wann ihre Magd Caride solches nicht verhůtet hette / welche sich getröstet daß Apion wiederkommen / und sie nicht in Schanden lassen würde.

8. Die Mutter konte ihr aus Apions Flucht / und ihrer Mutter Traurigkeit leichtlich die Rechnung machen / wie es unter ihnen zugegangen / und kommet in Erfahrung / daß ihre Beysorge leyder wahr / und viel zu spat eingewendet. Caride verspricht sie wolle Apion sein Kind bringen / man sol es nur verschwiegen halten / welches wieder ein kleiner Trost fůr Amee.

9. Sie kommt darnieder / bringet eine Tochter in die Welt / und hatte Amee und Caride die Abrede genommen / daß Kind zu erstecken / und in dem Garten / unter einen Baum ein zu graben / wie dann auch geschehen. Die Mutter wuste nicht anderst / als daß Apion das Kind ziehen liesse / und wieder kommen würde / die Geschwächte zu freyen. Apion aber war in Teutschland verreiset.

10. Nach zwey gantzen Jahren / ziehet diese [77] Mutter mit ihrer Tochter aus dem Hause / und ein andrer bestehet es / der den Garten lässet umb arbeiten / und wird der Amee Kind gefunden / so frisch und unverwesen / als wann es vor zweyen oder dreyen Tagen begraben worden were. Es wird Amee mit ihrer Tochter in das Hauß beruffen / und so bald sie deß Kindleins ansichtig wird / fängt sie an zu plassen / ihr Hertz zu beben und alle Glieder zu zittern; der kleine Leichnam aber / durch die Nasen / Augen und dem Munde zu bluten.

11. Der Obrigkeit konte dieses nicht verborgen seyn / und war die gantze Nachbarschafft bey nicht angestelltem baarrecht zu gegen. Hierüber wird die Mutter und Tochter in verhafft genommen / und nach entdeckung dieses Meuchel- und Kindermords die Caride auch eingezogen / und diesen beeden die Häubter für die Füsse gelegt / die Mutter aber / weil sie ihrer Tochter nicht besser gehütet / der Statt verwiesen.

12. »Es ist nichts so klein gesponnen / es kommet doch endlich an die Sonnen. Wer ist der Frevler der die Göttliche Gerechtigkeit zu betriegen verhofft? Die Sünde und die Straffe / sind wie der Schatten und der Leib: der in der Sonne stehet. Fliehestu die Straffe /so folgt sie dir nach / und kan solche der Ort und die Zeit verzögern / aber nicht aufheben. Wol dem der reines Hertzen ist / und nicht wandelt auf dem Wege der Sünder: Dann gewißlich Gottes Hand ist nicht verkürtzt / und wann gleich unsre Missethat für den Menschen bedecket ist / so ist uns darumb die Sünde noch nicht vergeben. Wolte Gott daß junge Leute durch dergleichen Exempel weiß würden / und das Ende bedächten / so würden sie nimmermehr sůndigen.«


13. Das Gewissen.


Dein Zeug und Kläger ruht in dir:
Dein Richter ist dem selbst Gewissen:
Er schläffet / doch nicht für und für /
Er wachet auch zu deim verdrüssen.
[78]
Wer wil und kan sein Hertz betrügen?
Wer eine böse That gethan /
Dem zeuget sein Gewissen an /
Daß sich Gott niemals lässt belügen.
25. Die blinde Unkeuschheit
(XXV.)
Die blinde Unkeuschheit.

Der Zorn und die Liebe zeuget blinde Jungen / wie der Hund und die Hündin. Die Begierden sind blind und übereilen sich allezeit / »wie jener gesagt daß die Sünde sey eine übereilung / dann wann sich der Sünder genugsam bedächte / so solte er die Zeit seines Lebens nicht darein willigen / wie aus folgenden Geschichte zu erlernen.«

2. Hermione ein Wunderwerk der Schönheit / erweckte vielen einen Lust / aber wenigen eine Hoffnung solchen zu bůssen. Sie war gleich auf einer Seiten wie der schwartze Magnet der das Eisen an sich ziehet / und auf der andern Seiten / wie der weisse Magnet welcher es von sich stösset.

3. Unter ihren Aufwartern war Pacian und Lancelas vorneme Edelleute. Nichts war kälter / als die Ursache ihrer Liebsflammen. Alle Mannsbilder waren ihr gleich so viel / als ob sie ihres Geschlechts were / und so ein unbewegliches Bild / als deß Pigmaleons / und aller Liebe unfähig. Sie verachtet vielmehr diese beede / als daß sie ihnen gleiche Bewogenheit erzeigen solte: doch beharten sie / mehr aus Neid / in dem keiner den andern weichen wollen / als aus Hoffnung viel auszurichten.

4. In dieser Bedienung lässet sich Lancelas bedunken / Hermione sey Pacian mehr geneigt als ihm / und warte seinen Gesprächen länger ab. Nach vieler Besprächung mit seinen Gedanken / entschleusst er sich an seiner Verächterin zu rächen / und zwar mit der Weiber Schwert / der Zungen / welches die Ehre tödtet / so dem Leben gleich schatzbar gehalten wird.

[79] 5. Also erdichtet Lancelas böse Sachen von Hermione und bringt es in der Statt aus / sie wiederumb in Verachtung zu bringen. Die Verläumbdung ist so viel ärger / als das Affterreden / weil jenes die Unwarheit / diese wie Warheit zu ungebührlicher Zeit und Ort / mit Verachtung heraus stösset. Hermione kommet solches zu Ohren / und weil sie stoltz / wie die Schönen zu seyn pflegen / gedachte sie sich an diesen Verläumbder mit ernst zu rächen.

6. Die erste Gelegenheit die beste. Pacian sprache mit jhr von seiner Schuldigkeit ihr zu dienen / und wann es ihm auch das Leben kosten solte. Wie sagt ihr / antwortete sie / daß ihr mich liebet / in dem ihr mit stillweigen anhöret / wie Lancelas mit seiner Otter-Zungen meinen ehrlichen Nahmen beflecket? Lancelas / antwortete Pacian / redet übel von Hermione an einem solchen Ort / da man sie und auch ihn kennet. Ich halte daß solcher Frevel mit Verachtung zu bestraffen / massen jederman wissend ist / daß seine Verleumbdung falsch / Hermione versetzte / daß eben diese Falschheit zu bestraffen / und durch die Straffe zu hintertreibē / und verspricht benebens / daß sie sich mit ihm ehlich verloben wolle / wann er diesen ihren Feind niedermachen würde.

7. Hieraus er sahe Pacian / daß jenes Haß seine Liebe verursachte / und hette er nicht ein / sondern tausend Leben in die Schantze geschlagen / Hermione zu erlangen. Lässet deßwegen Lancelas auf den Platz fordern / Hermione Ehre zu retten / allermassen auch bey den Alten dergleichen gebräuchlich gewesen / und eine angeklagte Jungfer einen Ritter gewehlt / welcher für sie zu Turnieren unternommen.

8. Lancelas findet sich an benamten Ort / und wird von Pacian durchstochen / und genöthiget / daß er bekennen müssen er habe von Hermione ausgesprängtes böses Gerücht erdichtet / und wisse in der Warheit nichts / als Ehr und Zucht von jhr zu sagen. Dieser Sieg wurde Pacian theur verkaufft / dann er mit dreyen Wunden kaumlich davon kommen: deren zwo fast tödtlich / und von den Wundärtzten mit [80] grossem fleiß gewartet worden / mit Hoffnung daß er davon kommen könte / wann er sich darnach halten würde.

9. Hermione ist mit dieser Rache völlig vergnüget /und fänget an Pacian eiferigst zu lieben. Sie eilet ihn zu besuchen / empfängt ihren siegenden Ritter mit einem Dankkuß / und weinet für Freuden an seinem Halß: sie verspricht ihm die Ehe / kommet nicht von seinem Bette / bleibet Tag und Nacht bey diesen Kranken / der sich als ein Bräutigam zu erzeugen begehret / und sich stärker zu machen beginnet / als er wegen seiner Wunden nicht war.

10. Was thust du Pacian? Was unterstehest du dich? Deine blinde und unbedachtsame Unkeuschheit wird dir das Brautbett zu einer Todtengruben machen / und die Wunden deines Hertzens werden die Wunden deines Leibs erneuren. Das ehliche Werck wird mit der hinfallenden Kranckheit verglichen / alle Geisterlein deß gantzen Leibs werden dieser starken Bewegung durch die Hemmung deß Verstands theilhaftig / daher die Naturkündiger zweiflen: ob bey der Frucht in Mutterleibe / die Bildungskräften / welche in solchen Werke am schwächsten sind / etwas würken können / wie hiervon zu lesen Garzzon. nel. Seraglio de 1. Stupori. Stantz. 5. f. 23.

11. Damit wir aber nicht weiter abtretten / ist kürtzlich zu gedenken / daß Pacian in den Armen seiner Liebsten den Geist aufgegeben / weil alle Wunden sich unter dem Gebände eröffnet / und ihm alle Kräfften zugleich entgangen. Ob Hermione über diesen Blutbräutigam muß erschrocken seyn / ist leichtlich zu gedenken / und wurde sie für eine Mörderin Pacians außgeschrien. Was ihr zuvor mit Unwarheit nach gesagt worden / hat sie aus blinder Unkeuschheit Statkündig gemachet / daß sie aus grosser Betrübnis in ein Kloster gegangen / und darinnen ihr Leben geendet.

12. Hieraus ist unter andern zu erlernen daß die Mahler den Liebsschützen mit guten Ursachen blind und als ein einfältiges Kind gemahlt: Die [81] Jugend weiß nicht was zu ihrem Frieden dienet / und lässet sich durch viehische Begierden bethören / und von dem Stiffter aller Sünde in Leibs und der Seelen Gefahr setzen / daher der alte Tobias seinem Sohn diese schöne Lehre gegeben: Dem Lebenlang hab Gott für Augen und im Hertzen / und hüte dich / daß du in keine Sünde willigest / und thust wieder Gottes Gebot. Hüte dich für allerley Hurerey / und laß die Hoffart / noch in deinem Hertzen / noch in deinen Worten herrschen.


13. Letter Wechsel. Furcht: Frucht.
Gottes furcht / bringt Frucht zu rechter Zeit
Gleich der Palm der an einem Bach gesetzt /
Den der Wind und der Winter nicht verletzt /
Fleisches Lieb hegt hingegen Hertzenleid.

Ende deß ersten Theils.

Der Zweyte Theil

Register deß II. Theils
Register deß II. Theils.
XXVI. Der Liebs- und Todskampf.
XXVII. Der Frantzösische Frantzos.
XXVIII. Der unverschämte Ehbrecher.
XXIX. Die verblente Unbedachtsamkeit.
XXX. Der listige Ehebrecher.
XXXI. Der Liebsbissen.
XXXII. Das unglückselige Glück.
XXXIII. Der Leichtglaubige.
XXXIV. Die Nohtzüchtigung.
XXXV. Die traurige Verwirrung.
XXXVI. Die Zauberlieb.
XXXVII. Der Aberglaubische Schwer-Vater.
XXXVIII. Der unglükselige Balger.
XXXIX. Der verzagte Fechter.
XL. Der Frantzosen Leichtsinnigkeit.
XLI. Der verrähterische Schwager.
XLII. Der doppelte Brudermord.
XLIII. Der doppelte Jungfrauraub.
XLIV. Die Amatzonin.
XLV. Der Alraun.
XLVI. Die unbeständige Ehre.
XLVII. Der bestraffte Flucher.
XLVIII. Der thörichte Ruhm.
XLIX. Die erkauffte Meß.
L. Das Gespenst.
26. Der Liebs- und Tods-Kampf
[84] (XXVI.)
Der Liebs- und Tods-Kampf.

In folgender Geschichte wird zu ersehen seyn / daß der Tod und die Liebe ihre Pfeile verwechselt / wie die gemeine Fabel lehret. Welcher ehrlich liebet sol nicht nur sein Haab und Gut der Liebsten zu Dienst aufsetzen / und willigst anwenden: sondern auch sein Leben lassen / wann der geliebten Leben dardurch kan erhalten werden: dann die Liebe / sagt Salomon /ist stark wie der Tod / welcher sich nicht lasse zu ruke halten.

2. Florian und Scauro waren zween gute Freunde /ehe sie Aureliam / eine Jungfrau zu Palermo angefangen zu loben und zu lieben: gestalt die Liebe und das Regiment keinen Geselschaffter leiden wil. Florian war von Parlemo bürdig / Scauro aber von Catan /und in Diensten deß Königlichen Stadhalters / welcher zu Palermo Hof hält: daß also beede sich daselbst befanden / keiner aber dem andren seine Geheimnis vertraute / nach der Italianer Gebrauch / welche in allen Sachen höchst verschwiegen zu seyn pflegen.

3. Wer den Landsgebrauch weiß / wird leichtlich glauben / daß diese Buler zu Nachts ümb der Aurelia Hauß spatziret. Florian hatte von Aurelia Freundschafft Verlaub ihr auf zu warten / Scauro aber hatte mehr Gunst bey der Jungfer / welchen das fremde allezeit daß gefällt / als das einheimische / daß sie mit ihm zu Nachts zuspechen / belieben [85] trüge / und sich zu brünstiger Gegenliebe bewegen liesse.

4. Florian muste diesen seinen Freund antreffen /und als er einst verborgen / beeder Wort verstehen können / daß er allein Haan im Korb / und daß sie ihren Freunden zu willfahren / ihme Wort / und jenem das Hertz gegeben.

5. Florian wil sich dieses Seitenbulers entladen /und dinget einen Braven / oder Mörderknecht / der Scauro niedermachen solte. Diese Beede treffen Florian Nachts wiederüm an / und eilen auf ihn zu mit emtblösten Gewehr / als er in einem Ecke / entwichen / die Verzweifflung seines Lebens / zum Beystand nehmen musste / vermittelst welcher er Florian durchrennt / daß er starr todt zur Erden gefallen / und seinen Gefehrten / nach dem er von ihm zwischen den Waffen / weil er wol verpantzert gewesen / verletzet worden / in die Flucht gebracht.

6. Scauro wird wegen dieses Ableibs in verdacht gehalten / und nach dem er seine Wunden nicht verbergen können / in verhafft genommen. Als solches Aurelia erfährt / giebt sie sich für die Mordstiffterin deß Florians an / und stellet sich in der Gefängnis ein / mit bitte / man sol Scauro / weil er unschuldig an diesem Tod / loß lassen.

7. Jederman verwundert sich über diese Großmütigkeit / und stunde darauf / daß sie zum Tod hat sollen verurtheilet werden / als Scauro sich selbsten bey der Obrigkeit anklagte / und wie er solchen Ableib aus einer Nothwehr begangen / erzehlt. Der Zeug dieses handels war entloffen / aller Beweiß ermangelte /und weil Scauro auch verwundet / war glaubiger er hette Florian der auf dem Platz todt geblieben / am ersten angegriffen: daß also das Urtheil wieder ihn ergieng.

8. Aurelia schreyet ůber die Ungerechgkeit / welche dem verzweifelten Scauro Glauben zustellte / und seine Klage / wieder sich selbsten für schließlich halten wolte. Sie habe Florian durch eine fremde Hand ermorden lassen. Alle Freunde dieser streitenden [86] Partheyen hielten umb Gnade an / Florians Verwandte hingegen baten umb Gerechtigkeit.

9. Der Königliche Statthalter wil sich keinem Theil zu Feinde machen / und weil Scauro sein bedienter /daß er sich seiner auch hette annehmen sollen: lässet er die gantze Sache nach Madrid an den Spanischen Hof gelangen / und schreibt darbey für Scauro. Wie es nun aldar zugegangen / und ob Florians Verwandte die Sache eiferiger getrieben / und viel kostbare Beschenkungen abgeschicket / kan man nicht wissen. Einmal ist der Bescheid von Hofe kommen / daß Scauro solte das Haubt abgeschlagen werden / wie dann auch erfolgt.

10. Aurelia bliebe die gantze Zeit beständig / daß sie für ihn / oder ja mit ihm sterben wolte / weil ihr aber solches nicht verstattet wurde / ist sie in ein Kloster gegangen / und hat für den natürlichen Tod das weltliche Leben verlassen.

11. Hieher gehört die Frage: Ob ein Freund für den andern das Leben lassen sol / und solches mit gutem Gewissen für Gott verantworten könne? Hiervon ist zu lesen in dem CCLCXIII. Gesprächspiele §. 11. biß 17. Kurtz. Es ist zu unterscheiden die Gefahr in welcher sich zween getreue Freunde finden: betrifft solche sie beede / so kan sich der eine mit gutem Gewissem / nicht entziehen sein Leben zu retten / und den andren im Stiche lassen. So aber einer sonder wichtige Ursache die Gefahr suchet / und sich nicht wil davon abmahnen lassen / so ist der andre nicht schuldig bey ihm aus zuhalten. Aurelia That ist die Bezeugung einer blinden Liebe / zu welcher sie keines weges verbunden / und hat hierinnen nachgeahmt den Moscovitischen Weibern / die sich mit ihren Männern verbrennen lassen / welche es aber nicht thun wollen /die hält man für Ehebrecherinne. Eheleute sind einander zu treuer Liebsleistung verbunden / biß der Tod /mit seiner Sichel solches Band zerschneidet / und dar durch aufflöset ihr Gelübd / welches länger nicht / als beede leben / giltig ist.


[87]
12. Die Freundschafft schaffet Freud / an allen Orten /
Mit Werck und Worten.
Wer kan von Jugend auf der Hülffe missen?
Je grösser einer ist in seinem Stand
Je mehr hat er von thun der Freundschafft Band /
Deß Menschen Lebenszeit
in mancher Bitterkeit
Kan nichtes mehr als Freundes Huld versüssen.
27. Der Frantzösische Frantzos
(XLVII.)
Der Frantzösische Frantzos.

»Das helle Feuer giebt einen tunklen Rauch von sich /und ein frommer Vater zeuget mehrmals einen unartigen bösen Sohn. Im Gegensatz bringet ein wilder Baum / wann er ab gepeltzt wird / gute und niedliche Frucht: wie mancher böser Vater einen frommen Sohn ziehet. Weil aber die Welt täglich ärger wird / begiebt sich das erste viel öffter / als das letzte / wie auß folgender Geschichte zu ersehen seyn wird.«

2. Victorius / einer von den ältsten und Adelichsten Geschlechten in gantz Aquitania / hatte mit seiner Gemahlin drey Söhne erzeugt. Zu Erhaltung der Geschlechte ist der Gebrauch fast in gantz Franckreich /daß der ältste Sohn alles allein erbt / oder doch die liegenden Güter besitzet / der zweyte ein Geistlicher /der dritte ein Soldat wird.

3. Zu diesen wird nun ein jeder von Jugend auf angewehnet / und hat Victorius seine 3. Söhne besagter massen versehen / und den ältsten zu den Haußwesen / den zweyten zum studiren / den dritten ader zum Soldatenleben auferzogen. Der ältste stirbt / und Procopius verlässet seine Geistliche Einkunfften / oder ůberlässt sie vielmehr seinem jüngern Bruder / welcher bereit den Malteser Orden getragen / und sein weises Kreutz willig wiederumb fahren lassen.

[88] 4. Wie aber die Jungfrauen / welche gar zu streng auferzogen werden / leichtlich in die Schnorr geraten /wann sie die Freyheit erlangen: also war es auch mit Procopio beschaffen / als man ihn den Zaum auf den Halß gelassen / und in Italiam gesendet / fremde Sprachen und Sitten zu erlernen / befihlt man ihn einem Hofmeister / welcher ein junger und unerfahrner Mann war Namens Baldomann / der solcher Orten nie gewesen / noch selbsten eines Zuchtmeisters von nöthen gehabt hette / und sich mit einem ärgerlichen Leben verächtlich gemacht / hierinne hat Victorius keinen geringen Fehler begangen.

5. Procopius kommt nach Naples / begiebt sich zu einem Bereiter in die Kost / alle Ritterliche ůbungen zu erlernen. Horatins der Bereiter hatte eine junge schöne Frau / und er war ein alter Mann / deßwegen sehr eifersüchtig / welches nicht der Italiäner Laster /sondern ihre Natur und Eigenschafft ist? dieses sperrt er in sein Zimmer / daß sie kaumlich die Sonnenstralen ersehen kunten. Solches wusten die andern Italiänischen von Adel / und wunderten sich nicht darüber /weil es der Gebrauch / und sie ihre Zeit sonsten bey andern wol vertreiben kunten.

6. Der Frantzos allein hatte verlangen diese schöne Gefangene zu sehen / und als er die Gelegenheit er langt / und sie erblicket / gelüstet ihn der verbottnen Fruch / und ob er zwar wol sahe / daß die Sache sehr schwer / und sie von einem Drachen verwahret wurde / ließ er sich doch nicht abschrecken / sondern gedachte daß der jungen Buler List der alten Hanreyen Wachtsamkeit weit übertreffen könne.

7. Er stellet seine Sachen so klüglich an / daß er seiner Liebe würcklich geneusst / treibt es aber so lang / daß es der Alte mit seinem Eifer Aug / als ein andrer Lux ersihet / massen der junge und freye Frantzos die Kunst seine Neigung zu verbergen / noch nicht studiret hatte. Deßwegen bedenckt sich Horatius auf eine sondre Art / eine hohe Rache an diesen Helffer zu verüben. Vielmals gedachte er sie zu [89] erwischen / und zu ermorden / befande aber daß solches sonder Verletzung seiner Ehre / und grosse Gefahr nicht geschehen kunte / ersinnet deßwegen ein andres Mietel.

8. Er hatte unter andern in seinem Stall einen Schweißfuchsen / einen Teuffel von einem bösen Pferd / welches man blenden muste / und nur zwischen zweyen Seulen in Sprung und Streichen zu üben pflegte. Auf dieses setzte er Procopium / richtet aber zuvor das Naßband und die Stangen also zu /daß jenes zerrissen / und dieses zerstucken muste /und vermeinet Procopius solte den Hals drauf brechen. Horatius bindet das Roß nicht wie sonsten zwischen die Seulen / so hatte es auch keinen Sprungriemen / welches der Gaul so bald fühlet / mit den Frantzosen ausreisset / und nach dem die Stangen verbrochen / sich baumet und stürtzet / daß Procopius sich kaumlich aus dem Sattel schwingen kan / und doch in dem fall an dem lincken Schenckel beschädiget wurde / daß er drey Tage deßwegen zu Bette gelegen.

9. Die Italiäner argwähnen warumb dieses geschehen seyn möchte / und einer unter ihnen sagt es Baldomann / welcher dieselbige Stund ein andre Kost und Wohnung bestellet / grösseres Unheil zu vermeiden. Horatius betrauret / das seine Rache nicht vollzogen worden / muß es aber geschehen lassen / und tröstet sich / daß der Gast auß dem Hause / und er sich wegen seiner nichts mehr zu besorgen.

10. Procopius machet Kundschafft mit einem Edelmann von Capua / dessen Eltern zu Napoli wohnten. Dieser führt ihn mit sich nach Hauß / und lässet unter andern auch zu Gesicht kommen seine Schwester /eine von den schönsten Jungfrauen in der gantzen Statt. Procopius begehret mit der Jungfrauen ehrliche Kundschafft zumachen / und verspricht mit ihr ehlich zu werden / wann sie mit ihm in Franckreich ziehen wolte / welches die Jungfrau leichtlich willigte.

[90] 11. Procopius wird auf so gethane Verlöbnis / von der gantzen Freundschafft wol empfangen / und sonderlich von der Schwieger / welche sich in diesen Frantzosen verliebte / und mehrmals der Tochter Stelle zu vertretteu suchte / da hingegen der Vater sich seiner Tochter / an statt der Mutter zu gebrauchen gelüsten liesse. Verfluchte Blutschand / und Blutschuld / welches der Natur / Göttlichen und Weltlichen Rechten zu wieder / und Gott ohne Straffe nicht kunte hingehen.

12. Procopius eiferte mit seinem Schwer wegen seiner vermeinten Hochzeiterin: Der Schwer-Vater eiferte mit dem Tochtermann / wegen seiner Frauen. Der Bruder gedacht sich an diesen Fremdling zu rächen /und erkauft vier Meuchelmörder / die Procopium verwarten / und aus dem wege raumen solten / welche aber verfehlt / und weil ihm seine Diener zu Hülffe kamen / entlauffen müssen. Nach solchem enthielte er sich dieser Behausung und gedachte an die Gefahr /welcher er entgangē / gleich den Schiffleuten / die nach außgestandnen Schiffbruch das Meer verschweren: so bald sie aber drey Tage zu Lande sind / lange weile haben / und nach gutem Winde fragen.

13. Einsten gehet er an einem Fest in die Kirchen /und höret aus einem Schleyr eine Stimme / welche ihm saget / daß sie eine Spanierin in seiner Nachbarschafft / und Verlangen trüge mit ihm zu reden / hette solches niemand vertrauen / sondern ihm selbsten diese Nachricht geben wollen / etc. Dieser Frauenzimmer Ritter hält solche Abenteur für gefährlich / und antwortet mit aller Höfligkeit / daß er bedenken trag sich so grosser Ehre fähig zu machen / er verbleibe aber einen Weg als den andern ihr Diener. etce.

14. Die Spanierin thut mit einer weißen Hand den Schleyer von dem Angesicht / und lässet den Frantzosen sehen / daß sie nicht alle Morenfarbe sind / welche gegen der Sonnen Niedergang geboren werden. Dieses Muster machet den fremden sicher [91] und bezaubert ihn dergestalt / daß er keine Hinterlist mehr befahret / und seinen Hoffmeister diese Begegnis erzehlet. Baldamann solte ihn abmahnen / so vermahnet er jhn dazu / und ob wol diese zwey Völker die Frantzosen und Hispanier eine natürliche Feindschafft gegen einander haben / so gabe es doch unter diesen zweyen eine heimliche Verständnis / und mehr Vertrauligkeit als zu lässig.

15. Dem Spanier so in dem Castel seine Wachten verrichtet / in dem der Frantzos bey der Frauen schlieffe / wird solches verraten / welcher mit seinen Soldaten sich zu rächen verhoffte / und ungefehr den Hofmeister / so Procopium abholen wollen / begegnet / und nach dem er in die Hand verwundet worden /verjaget. Daß ihn dieser Haubtmann solte nachlauffen / war Spanischer Hoheit zu wieder. Procopius aber nahme diese Lehre / daß das Hauß für ihn nicht sicher / und wolte nicht wiederkommen.

16. Eine Wittib in der Nachbarschafft macht auch mit Procopio Freundschafft / und wil sich mit ihm verehlichen / ungeacht sie erwachsene Kinder / welche ihr die Keuschheit hetten vorpredigen sollen. Ihre Schönheit war gleich den alten Gebäuen / deren Grundseulen noch zierlich / ob man ihnen gleich das Alter ansihet. Baldamann warnt ihn vor einigen versprechen / doch unterliesse er nicht seinen Lust alldar zu suchen / biß ihm die Kinder / aus einrahten ihres Vormunds Gifft beygebracht / den die Aertzte nicht sonder Lebens gefahr von ihm getrieben.

17. Nach dem er kaumlich genesen / fande sich bey ihm / und seinen Hofmeister die Neapolitanische Krankheit / in welcher er zwar nicht das Leben / aber Haare lassen müssen / und hat diese Krankheit solche Beschaffenheit / daß sie einen Anstand / aber niemals Frieden erhandlen lässet / und ist das angedenken eine Straffe / der in der Jugend begangenen Sünden. Nach dem nun dieser Frantzösische Frantzoß / zwey Jahr lang zu Neapoli zu gebracht / wird er wiederrumb nach Hauß erfordert / und reiste also oder entrisse sich aus der Furcht / welche er vor seinen Feinden[92] hatte / deren keiner so viel Hertz in dem Leib / daß er Mann für Mann mit ihm fechten wolte.

18. So bald er nach Hause kommet / wird er mit eines vornehmen Herren Tochter vermählet / Namens Tyranio / und Cerealis die Hochzeiterin / kauffte die Katz in dem Sack / (wie man zu reden pflegt) und wuste nicht / daß dieser kein Kauffmanns Gut / und mit solcher Unreinigkeit beflecket ware / biß sie erfahren / daß ihr durch ehliche Beywohnung das ůbel zugebracht / und daß sie unverschulder weise / mit der Geissel der Unkeuschheit gesteupet worden. Sie ergrimmet sich über ihren Mann / und speihet ihn mit dem Unflat viel Schmäh- und Schandwort in das Angesicht / eröffnet die Sache ihrem Herrn Vatern / der Procopium wil todt haben / und ihn aus dem Hause verjaget.

19. Nach dem eine geraume Zeit vorüber / stellen die Freunde beyderseits eine Gastung an / Tyronio mit seinen Tochtermann zu versöhnen / und als durch den Trunck die Fröligkeit in den Gemütern erwecket wurde / kommt Procopius fällt seinem Schwer-Vater zu füssen / und bittet umb Verzeihung. Tyronio von Wein und Zorn erhitzt / er grimmt dergestalt / daß er das Messer ergreifft und seinen Aidam in die Brust stösset / daß er nach dreyen Stunden den Geist aufgiebet / und Tyronio aus Betrübnis über begangne That von Sinnen kommet. Cerealis liesse sich leichtlich trösten / dann sie ihren Mann sonder abscheuen nicht ansehen oder anrůhren können.

20. Dergleichen Ende haben alle Hurer zu erwarten / deren Lohn hier Motten und Würmer / dorten aber in der ewigen Finsternis / heulen und Zähnklappern /deren Vorbild sie anbesagter Frantzösischen Krankheit haben. Die Warnung sol junge Leute betreffen /welche in fremden Landen / bey vielen Gelegenheiten zu sündigen sich dieses Procopii erinnern sollen / und versichert seyn / daß wie Gott die Keuschheit mit zeitlichen wolergehen begnadet / als an Josepho und Pineas zu sehen / also lässet er auch die Unreinigkeit nicht unbestrafft / und müssen solche Hunde haussen[93] haussen bleiben/ weil nichts unreines in das Himmelreich eingehen wird / wie die Schrift redet.

21. Es schauen die Menschen auf liebliche Zier /
Gott schauet auf Hertzen- und Seelen-begierr
Es schauen die Menschen auf fleischliche Lust
Gott aber sind Hertzen und Nieren bewust:
Es schauen die Menschen auf flüchtigen Schein /
Gott pfleget von bösen entfernet zu seyn.
Es schauen die Menschen auf Hoffart und Pracht /
Gott aber ist selbe zu straffen bedacht.
28. Der unverschämte Ehebrecher
(XXVIII.)
Der unverschämte Ehebrecher.

Es finden sich viel ruchlose und Ehrvergessne Leute /welche das Laster für eine Tugend halten / und sich derselben rühmen / wie jener Edelmann seinen Bauren gestrafft / daß er sich vol getruncken / welches dem vom Adlen allein zustehe / und sie dergleichen Eingriffen an ihren habenden Rechten nicht leiden können / und dieses heist Ehre auß der Schande suchen.

2. Macrobius ein Handelsmann in Burgund / war ein solcher Gesell. Er hielte sein Weib mit Worten und Schlägen sehr übel / welches sie alles / als eine ehrliche Frau mit mehr als weiblicher Gedult geschehen lassen / daß er auch das Holtz aus ihrer Küchen getragen / und solche Unthaten verübt / welche sie Gott zu straffen anbefohlen / sich aber an ihm auf keinerley weise zu rächen begehret: wolwissend daß ein Laster das andre nicht rechtfertiget.

3. Anfangs als Gondena ihres Mannes Freygebigkeit ausser Hause vermercket / und aus seiner Kargheit in dem Ehbette verspüren muste / war sie zwar mit Eifer entzündet / als sie ihr aber seinen Zorn dardurch auf den Halß gezogen / und von ihm übel zerschlagen wurde / hat sie ihr fürgenommen kein Wort mehr deßwegen zu verlieren / sondern alles mit [94] stillschweigen gedultig zu ertragen / dardurch sie auch etlicher massen den Haußfrieden erlangt.

4. Dieser seltnen Gedult mißbrauchte Macrobius /und nimmet zu sich in das Hauß seinen Anhang / eine lecihtfertige frevle Dirne / und lebte mit ihr in ärgerlichen Ehebruch / seinem Weibe zu trutz. Hier hatte der Vorraht aller Gedult / welcher Gondena gesammet /ein ende / weil die Belagerung zu lang daurte. Was wir nicht sehen beweget uns so sehr nicht / was aber in unsrer Gegenwart beschiht / das gehet viel tieffer zu Hertzen.

5. Gondena murret wieder ihren unverschämten Ehebrecher / und bedrauet ihn / wann er diese Metze nicht aus dem Hause schaffen wolte / so wolte sie solches der Obrigkeit klagen / welche ihr die Hand bieten würde / weil die ihren zu schwach solchem übel zu steuren. Macrobius aber lässet sich solche Wort nicht hindern / sondern befihlt der Silvana / seine Dirne / sie solte doch seiner Frauen alles zu wieder thun / was sie könte: er wolte ihr wol Schutz halten.

6. Dieser Befehl war der leichtfertigen Schleppen gröste Freude. Sie liesse es nicht bey Scheltworten verbleiben / sondern setzte ihren Hochmuth fort mit Lügen straffen und Backenstreichen / und solches alles war bey dem Mann recht und wol gethan / weil er es befohlen.

7. »Dem gedultigen Job hat Gott seine Kinder genommen / aber die böse Frau / als deß Teuffels Werckzeug gelassen / welche ihn auch zur Ungedult bewogen: wie solte dann ein Weib so frevles verfahren mit stillschweigen vorbey gehen lassen?« wir wollen hier nicht vermelden / was Macrobius mit Silvana in Gegenwart seines Eheweibs begangen / welcher das Hertz darüber in tausend Stücke zerspringen mögen. Dieser Agar muste die Sara über dieses alles /noch dienen und aufwarten / ja ihr das Ehebette raumen / und wurde zu zeiten genöthiget / sich zu Macrobio / auf die andre Seiten zu legen / welches sie thun müssen / wann sie nicht hat wollen mit dem [95] Dolgen ermordet / oder mit dem Pistol durchschossen werde.

8. Als sie nun einsten diesen Ehbrächers Händlen zusehen musste / springt sie aus dem Bette / ergreifft das geladne und gespannte Pistol auf dem Tisch / und durchschiest sie beede / (wie dorten Pineas dergleichen Personen mit seinem Spiese durchstochen) daß sie in wenig Stunden dahin gestorben.

9. Dieser Amazonin were leicht gewesen sich mit der Flucht zu retten / oder ihr selbsten das Leben abzukürtzen: sie wurde aber anders Sinnes / und stellet sich für die Obrigkeit / erzehlet die begangne That und derselben Ursachen / man befragt die Nachbaren und Verwandten / und wird ihr Vorhaben wahr befunden.

10. Die Richter hielten diese rechtmässige Rache vielmehr der Verzeihung / als Bestraffung würdig /weil auch einem Mann / in dergleichen Verbrechen Rache auf handhaffter That zu üben verlaubt / und gienge sie also gerechtfertiget in ihr Hause. Wie aber diese Ehebrecherische art gefahren / ist leichtlich zu erachten.

11. Erstbesagte That wurde Statt und Landkündig /der Ausspruch von allen verständigen gelobt / und wann dergleichen bey Mann und Weib vorgienge /pflegte man zu sagen / es wird ihr gehen / wie Macrobio / oder wie Silvana / daß also viel böses dadurch verhütet worden.

12. Der H. Apostel Paulus zehlet den Ehbruch durch die offenbaren Wercke deß Fleisches / welche wider das Gewissen begangen werden / und sagt / daß wer solches thue / das Reich Gottes nicht ererben könne. Hiervon wollen wir die Geistlichen ein mehrers reden lassen.


13. Das Bildnis deß Ehbruchs.


Was deut das fette Bild dort auf den Federsäcken:
In seiner linken Hand hat es nechst einer Schlangen
Den Meer-Aal / welcher sich schlingt selbe zu umbfangen /
Und den gebrochnen Ring kan es hier nicht verstecken /
[96]
Sein Kleid ist schön geziert / und weist der Müssiggang /
Daß böse Fleisches Lust heist recht ein Höllenstrang.
29. Die verblendte Unbedachtsamkeit
(XXIX.)
Die verblendte Unbedachtsamkeit.

Welchen man die Augen blendet / die stossen aller Orten an: Wer unbedachtsam verfähret / der kan nicht recht thun. Die Bescheidenheit / oder der Verstand eines von dem andern zu unterscheiden / gleichet dem Liecht / welches die klugen Jungfrauen in ihren Lampen getragen / und dardurch den rechten Weg gefunden. Paternus und Camerine werden uns lehren / daß wo die Bescheidenheit den Zorn nicht zu rücke hält /ein reuiger Ausgang zu erfolgen pflege.

2. In einer Gegend welche der Fluß Saone durchschwemmet / wurden vorbesagte verliebte mit gůldnen und seidnen Banden angenehmer Vertreuligkeit gebunden. Ob nun wol die Theile an vermögen nicht gar gleich / wie dem Stand und herkommen nach / so hat doch die Liebe solche Eigenschafft daß sie eine Gleichheit machet / oder findet / und konte deß Paterni Tapferkeit den abgang deß Reichthums ersetzē /daß beederseits Freundschafft darmit wol zu frieden.

3. In dem sie nun das Feuer ihrer Liebe mit dem öhl der Hoffnung erhalten / und mit dem Holtz böser Begierden nehren / kommt ein Wind der Eifersucht /welcher es außzuleschen beginnet / und sie in feindliches Mißtrauen setzet.

4. Luxor ein alter abscheulicher Edelmann / der auch in der Blüte seiner Jahre ein ungestaltes Angesicht gehabt / welches das Alter nicht beschönet / erkühnet sich diese Camarinam zu heuraten / und weil einem Esel mit Gold beladē alle Festungē offen stehen / trauete er durch seinen Reichthum diesen wie er vermeinte noch nicht besetzten Ort leichtlich zu erobern.

[97] 5. Der Camarina Befreunde geben das Ja Wort von sich / und fragten nicht einmal ob ihr Will darbey oder nicht. Dieses Schlachtschaff sol dem alten zu Liebe aufgeopfert werden / weil es Luxor mit seinem Geld und Ehrenstand darzu erkaufft / oder ja wol bezahlen wolte. Camarina erblast über dieser Zeitung /und fühlet in ihrem Hertzen die Liebe mit dem Ehr und Geltgeitz streiten: sie kan die Sache nicht verabschieden / in dem sie nicht gerne wolte unbeständig gegen Paternum seyn / weil es zu weit mit ihnen kommen: im gegentheil auch ihr Glücke nicht mit den Füssen wegstossen / und im geringen Stand bleiben /da sie durch Luxor eine grosse Frau werden könte.

6. Inzwischen lässet Luxor deß Paterni Freunde ersuchen / sie solten ihn der Camarina machen müssig gehen / dann sie ihme nunmehr versprochen worden. Welches auch geschehen / und wurde Paterno ein andre Jungfrau seines Standes angetragen / welche er aus keiner Neigung / sonden andern zu gefallen besuchet / nicht ohne Hertzens zwang / daß er sich von Camarina solte scheide lassen.

7. Camarina aber lässet sich deßwegen nicht irren und entschleusst sich den Luxor abzuweisen / es erfolge auch sein Zorn und Feindschaft oder nicht / weil sie so viel Abscheu gegen diesen / als Liebe gegen jenen in dem Hertzen truge. Je freundlicher sich Luxor stellte / je feindseliger erweiset sich Camarina /und wenn Paternus sich nicht hette abschrecken lassen / solte er noch wol zu recht kommen seyn: So bald sie aber höret / daß er sie verlassen / und der Narsetta aufwartet / entschleusst sie sich ihn mit gleicher Müntz zu bezahlen / sich dem Luxor geneigter zuerweisen / und ihm zu folge ihrer Befreunden einrahten zu ehlichen.

8. In dem nun dieses vorgehet und der Hochzeit Tag verschoben wird / verstehet sie / daß Paternus in der alten Lieb beharret / und der Narsetta / auß Höfligkeit seinen Freunden zu willfahren / aufdienet. Diese verblendte Unbedachtsamkeit wischet ihr die[98] Schuppen von den Augen / daß sie den begangenen Fehler sihet / und betrauret / daß sie leider ihre junge Tage mit einem alten Mann zubringen werde müssen /welcher ihr zwar Gelt / aber keine Freude geben könne.

9. Als nun der Hochzeit Tag herbey kame / und alles bereitet war / bricht Camarina heraus / daß sie dem Luxor noch nehmen wolle / noch könne / und von dieser abschlägigen Antwort wil sie sich noch durch bitten / noch drauen / noch andren zu reden treiben lassen. Nachgehends hat sie alle Mittel dem Alten zu entkommen gesucht / und Paternum gebeten / er solte sie darvon führen / welches er aber nicht thun wollen / weil er bedacht / daß es ein böses Ende gewinnen müsse.

10. Hierüber wird Camarina unwillig wieder Paternum / und beschuldigt ihn geringer Liebe gegen sie /daß sie endlich dem Luxor zu theil werden müsse /wie dann auch geschehen. Paternus erkennet seine Unbedachtsamkeit / daß er nicht zugefahren und Camarinam entweder erstlich / als sich Luxor noch nicht angemeldt / oder zum andernmal / als sie mit ihm fliehen wollen / aus den Händen gelassen. In solcher Betrübnis tritt er in ein Kloster / und machet also der Narsetta Hoffnung in den Brunnen fallen.

11. Camarina hat ihres Alten bald genug / und entsetzte sich fůr seiner Freundligkeit / welche sie gegen den Missethaten ihrer Jugend für nichts hielte / und deßwegen die alte Liebe in ihrem Hertzen wieder anflammte / der Hoffnung dem Paterno die Mönchs-Kappen wieder abzuziehen.

12. Die bösen Engel haben wegen der Menschen Boßheit mehr Macht als die Guten / weil mehr böse /als fromme Menschen. Camarina treibt Paternum aus dem Kloster / in eine andere Statt zu seinen Ordens-Brüdern / und sie verfolget ihn / wie ein verwundter Hirsch / der seine Artzney / ohne Rast und Ruhe suchet / daß der Prior solches Luxor wissen machet /und umb Vermittlung bittet.

[99] 13. Luxor lässet sie zurücke bringen / muß aber von ihr hören / daß nicht er sondern Paternus ihr rechter Mann / dem sie die Ehe erst versprochen / etc. Damit sie nun keine Thorheit begienge / lässet sie Luxor in ein Zimmer sperren / in welchen sie ihr Leben / mit rasen / wüten und toben geendet: darüber Luxor in verdacht kommen / er habe ihr ein Süpplein bey gebracht / dardurch ihr der Marter und ihm eines bösen Weibes abgeholffen worden.

14. Hieraus ist zu ersehen / wie blind und unbedachtsam die Jugend zu verfahren pfleget / und wie leichtlich sie sich in den Irrgarten böser Begierden vergehen / wann sie nicht durch den Verstand / als der Ariadnä Faden / den rechten Weg treffen wollen.


15. Vorgethan und nachbetracht /
Hat viel umb die Ehr gebracht.
30. Der listige Ehebrecher
(XXX.)
Der listige Ehebrecher.

Der Schönheit schöner Tod / welchen H. Belleus hieher gesetzt / ist zu lesen in dem grossen Schauplatz der Lust- und Lehrreichen Geschichte: Ist aber hier ausgelassen worden / weil derselben Ausgang frölich. Daß die Liebe kein einfältiges Kind / sondern ein listiger Schalcksknecht / hat erwiesen Alfonso ein reicher von Adel zu Lißbona in Portugal wie aus nachgesetzter Geschicht zu ersehen.

2. Gonsalva eine Jungfer vornehmen Stands und treflichen Verstands hatte wegen ihrer Schönheit viel Buler / unter welchen vorernanter Alfonso der verliebtsten einer: endlich aber zu einem Freyer Roderico einen von den trefflichsten Rittersleuten in gantz Portugal. Nach den sie nun in friedlicher Ehe mit einander leben / unterlässet Alfonso nicht der Gonsalva wie zuvor / aufzuwarten / und deßwegen Freundschafft zu Roderico zu suchen.

[100] 3. Gonsalva vermerckte wol was Alfonso in dem Sinn / und sagte ihm auf eine Zeit mit deutlichen Worten / daß sie nunmehr einem vertrauet / und deßwegen Ursach habe allen andern Mannspersonen zu mißtrauen: Sie sey Roderico verbunden / und möge er freyen die noch mit dergleichen ehlichen Pflichten nicht verhafftet / etc. Hieraus konte Alfonso leichtlich den Schluß machen / daß mit gutem Willen nichts zu erlangen / bedencket sich deßwegen auf folgende List sein Ehebrecherisches Vorhaben in das Werck zusetzen.

4. Roderico hatte viel und sehr schöne Spanische Pferde / theils zu seinem Lust / theils auch mit Gewinn dieselben von seiner Stüderey zu verkauffen. Alfonso bittet den Stallknecht / er solte ihn eine Nacht in seinem Stall / im Heu liegen lassen / er wolle ihm ein par Ducaten verehren. Der Stalknecht weiß nichts von seinem Anschlag / nimmt das Geld / und lässt es geschehen. Zu Nachts macht Alfonso die Pferde ledig / welche einander schlagen und ein solches Getümmel anrichten / daß Roderico erwacht / aus dem Bett springet und die Pferde wiederumb in die Halfftern zu bringen bemühet ist.

5. Inzwischen hatte sich Alfonso verborgen / und so bald er hörete daß Roderico aus dem Nest / macht er sich stillschweigend zu der halbschlaffenden Gonsalva / und vollbringt mit ihr seinen sündlichen Willen. Als er nun wieder aus dem Bette eilet / sagt die unwissende Ehebrecherin: Mein Schatz / ihr habt euch erhitzt / und werdet nun erkalten. Alfonso aber beantwortet diese Erinnerung nicht / sondern stellet sich als ob er wegen der Pferde / die eben wiederumb zu schreyen und zu rasen anfingen / auffstünde.

6. Nach dem Roderico mit seinen Knechten die Pferde wieder in ihren Ort gebracht / kehret er auff sein Lager / findet Gonsalva schlaffen / und Alfonso gehet morgens seinen Weg. Wie die Pferde loß kommen kan man nicht wissen. Roderico glaubt daß sie verzaubert worden: der Knecht hatte wol den [101] Argwohn daß Alphonso Schuld an dieser Unruhe gewesen / dorffte aber nichts sagen / daß er ihn eingelassen.

7. Dieser Meuchellistige Ehebruch were verschwiegen geblieben / wann Alfonso schweigen können /und ihme selbsten / vielleicht auß Gottes sonderbarer Schickung / die Straffe nicht auf dem Hals gezogen. Gonsalva stehet morgens auf / und antet weiß nicht was: sie erblast für ihren Spiegel / und wil ihr Traurigkeit aus dem Sinn schlagen / kan es aber nicht thun / weil ihr ein fast unbekanter Traum in den Gedancken schwebt / der ihr die Thränen aus den Augen presset.

8. Dieses Sinnes gehet sie ihrer Gewonheit nach zu der Kirchen / Messe zu hören. Alfonso giebt ihr nach Gebrauch das Weywasser / mit den Worten: Mein Schatz / ihr habt euch erhitzet / und werdet nun erkalten: spottet also mit lachendem Munde der betrognen Gonsalva. Ob sie sich über diese Wort / deren sie noch eingedenck / entsetzet / ist unschwer zu ermessen. Sie bildet ihr vor welcher gestalt es verwichene Nacht müsse hergegangen seyn / und fragt ihren Eheherren so bald sie nach Hause kommen / ob er zweymal aufgestanden die Pferde zu stillen / etc. Als er nun mit nein geantwortet / wird sie in ihrem Argwohn versichert und gedencket Rache zu üben / an den Meuchelmörderischen Ehrenschänder Alfonso.

9. Es fügte sich daß Alfonso Gonsalvam begegnet /und sie ihn mit freundlichen Worten in ihre Behausung ruffte / mit ihm in geheim zu reden. Alfonso vermeint / daß er künfftig bey Gonsalva / wegen geleister Probe / werde angenehmer seyn / und findet sich bey ihr ein. Als sie ihm nun ob vorerzehlter That zugesprochen / hat er sich damit gerühmt / und solche keines weges abgeleugnet.

10. Hierüber ergrimmet Gonsalva aus rechtmässigem Zorn / und stösset Alfonso mit einem Stillet /welchen sie zu solchem ende bey sich hatte / durch[102] das Hertz / daß er also bald zu boden fället / und von ihr weg getragen werden müste: ja so lang ein leben an ihm zu verspüren / hat sie nicht unterlassen die Stiche zu häuffen.

11. Roderico kommet zu dieser Rache und höret an die Ursache solches Grimms / bringet die Sache für die Obrigkeit / der Knecht wird abgehört / das verbrechen durch deß ermordten unzeitiges rühmen von andern auch bezeuget / und Gonsalva von aller Straffe frey und ledig gesprochen.

12. Diese Heldin lässet sich etlicher massen mit der Judith vergleichen / ist zwar zu keiner Nachfolge zu ziehen: aber doch zu Vergewisserung anzuführen /daß Gott das übel so im verborgen geschiehet / offentlich zu straffen pfleget: und wann es auch hier zeitlich nicht geschihet / bleibet doch ein böses Gewissen /welches zu der Todesstunde auffwachet und den Ubelthäter verdammet.


13. Gonsalva Grabschrifft.


Der mich schändlich hat betrogen hab ich aus gerechtem Grimm
Durchgestochen: mich gerochen /
Daß er nun mit allen Todten harrt deß letzten Richters Stimm.
Nach dem Leben wird man geben
Meinem Grab die Lilien Blum /
Mir der Keuschheit Ehren Ruhm.
31. Der Liebsbissen
(XXXI.)
Der Liebsbissen.

Nachgehende Geschichte hat wenig ümstände / und handelt von einem Italiäner / welcher seiner Frauen aus Eifersucht mit Gifft vergeben / und als sie es vermerckt / hat sie ihm dergleichen beygebracht / daß sie beede jämmerlich gestorben. Wir wollen ein andre Geschichte an die stelle setzen / welche sich begeben /als ich mich zu Neapoli aufgehalten.

[103] 2. Ein Teutscher vom Adel hat sich lange zeit in der schönen Stadt Neapoli aufgehalten / und mit einer Hof Dirne / derer Thür allen offen gestanden / brünstiger Liebe gepflogen: so gar / daß sie geraume Zeit über sich aller andrer Gesellschafft enthalten / und allein dieses Teutschen abgewartet. Wer Welschland durchreist / weiß wie diese Syrenen beschaffen sind /und daß der ihren Gesang zuhöret kein Geld in dem Beutel behält / und mehrmals kein gesundes Glied an seinem Leib darvon bringt.

3. Dieser Teutscher / welchen wir Bringreur nennen wollen / muste Doriclea Liebeslust theur bezahlen /und erfahren / daß er einer unersättlichen Menschenfresserin zu theil wordē / wie wol die Liebe so verblendet / daß er sich willig zu aller Mögligkeit verstanden / und an stat der Ritterübung / so er lernen sollen / hat er alle seine Gelter bey Doriclea verfochten.

4. Nach geraumer Zeit / wird er nach Hause entbotten / und von diesem Goldziehenden Demant lang über bestimmte Frist angehalten Endlich als es muste geschieden seyn / bittet Doriclea diesen Fremden zur Malzeit / und setzet ihm zur Collation allerhand Zuckerwerck / und schleckerbißlein / unter welchen eine Zelten / die sie ihm mit auf den Weg giebt / weil er aus Traurigkeit / oder sonsten gefasten Unlust nicht essen wollen. Damit nimmet er seinen Abschied /nicht sonder vielfaltige Thränen / weil sie sich (wie er geglaubt) seiner / als ein Eheweib / gehalten.

5. Als er nun auf halben Weg nach Capua gekommen / fällt das Pferd unter ihm zu Boden / und wil nicht wiederum auffstehen. Er steigt ab / gürtet den Sattel auf / und zaumt den Gaul ab / er bleibt aber /als halb todt liegen. In Ermanglung aller Labung giebt er dem Pferd die Liebs-Zelten / welche er von Doriclea auf die Reise empfangen / zu essen. So bald das Pferd solche in dem Leib / steht es wiederum auf und laufft wieder zurucke nach Neapoli / für der Doriclea Thür / und zwar [104] so schnell / daß es unterwegs niemand aufhalten können.

6. Der Teutsche gehet hernach so geschwind er konte / fraget wo das ledige Pferd hingelauffen / und wird dahin gewiesen / wo er sein Pferd gantz rasend an die Thür schlagend gefunden / und als Doriclea herunter kommen / auf sie springen wollen: dadurch sich dann eröffnet / daß ihm vermeint gewesen / was dem Pferd beygebracht worden.

7. Als Bringreur solches gesehen / hat er ein ander Pferd gemidet / und Gott gedankt / daß er ihn für solchen Spühlfleck behütet / weil er nicht allein seine Reise unterlassen / und Doriclea nachgelauffen: sondern auch gewißlich rasend worden / und von Sinnen kommen were / allermassen dergleichen Liebsgetränke und Bulerspeisen solche Würkung zu haben pflegen.

8. Wie es zugehet / ist aus natürlichen Ursachen gar leichtlich zuergründen. Ein Hund welcher ein Brod isset / das unter meinen Ychsen erwarmet / wird mir nachlauffen / weil er der Geisterlein / so darinnen enthalten / theilhafftig worden. Wo ein Dieb hingetretten / hinterlässet er in seinen Fußtritten so viel /daß man ihn kan dadurch wiederkommen machen. Warumb solte dann nicht ein Weib etwas von ihrem Leib (ich wil nicht sagen was /) einem Mann beybringen könnē / daß er ihrer begehren muß. Welche de transplantatione morborum oder Verpflantzung der Kranckheiten geschrieben / halten diese Erfahrung benebenst andern / für einen ungezweiffelten Grund /und hangen auch den Thieren oder den Baumen der Menschen Kranckheiten an.

9. Die Lehre kan seyn / daß man sich für böser Gesellschafft hüten sol / »und sonderlich für Weibspersonen in fremden Landen / da alle Haußarbeit den Männern anbefohlen / weil den Weibsbildern nicht zu trauen / und niemand von ihren Gerüchten essen würde. Hüte dich vor der Sängerin / sagt Salomon /auf daß sie dein Hertz nicht an sich [105] locke.« Viel haben die Weiber verführet / und in zeitliche und ewige Seelen Gefahr gestürtzet.


10. Warnung.


Wer wil seyn der Sünd befreyt /
Fliehe die Gelegenheit.
Wer mit Mehl umbgehen wil /
Der bestaubet leicht die Hand:
Also sind in fremden Land
Aller Orten Beutel Mühl' /
Und ist besser ferne stehen /
Als dem Rad zu nahe gehen.
32. Das unglückselige Glück
(XXXII.)
Das unglückselige Glück.

Wir sagen in dem Sprichwort. Es müssen gute Beine seyn / die starcke Tage ertragen können / »und zu allen / welche nach grossen Ehren und Reichthum trachten« / möchte man sagen die Wort unsers Heylandes: Ihr wisset nicht was ihr bittet. Das Geld wird mit Fug sorgenreich genennet / und haben solche Leute am wenigsten guter Tage darbey: Die Ehre aber bestehet in dem daß man durch Gefahr / zu grösserer Gefahr gelanget / wie Guevarra vom Hofleben redet. Dergleichen unglückseliges Glück werden wir sehen an Nivian / in folgender Geschichte.

2. In Champagnien pflügte Privat ein Bauer seinen Acker / als ein Rittersmann über Zwergfeld auf ihn zuriete / und ein kleines Kind benebens einem Beutel voll Goldes vorwiese / mit bitte er solte beedes annehmen / und mit diesem das andre auferziehen.

3. Den Bauren blendete das leuchtende Metall /und übernahme beedes sonder weitere Nachfrage: ließ auch das Kind von seiner Schnur / deren Sohn deren Sohn gestorben / seugen und auferziehen. Das Angesicht dieses Knäbleins gabe zu [106] erkennen / daß er von adelichem Geblüt gebohren / und wolte er mit zu wachsenden Jahren / unter seinen Spielgesellen allezeit der oberste seyn / und den andern in allen Sachen befehlen.

4. Macrin ein Landherr daherumb reiste durch das Dorff / und sahe diesen hurtigen Knaben / befragte sich wegen seiner Eltern / mochte aber ein mehrers nicht / als wir erzehlet / in Erfahrung bringen: deßwegen wird er Macrin / auf sein Begehren verabfolget /welcher ihn seiner Gemahlin / zu einem Edelknaben überlässet.

5. Abondate seine Frau liebte Nivian / wegen seiner schönen Gestalt / guten Sitten / und anständigen Höfligkeit / als er damals ungefehr das 14. Jahr erlangt. Macrin bereuete fast mit Eifer / daß er seiner jungen Gemählin so einen wolgestalten Diener gegeben.

6. Nach dem Macrin ungefehr erstochen worden /vermehret Abondate ihre Liebesflammen / und hette ihn geheuratet / wann sie nicht befürchtet die Abnutzung von ihrer Kinder vermögen zu verlieren / und verhofft an ihm ein Diener zu haben / da sie sonsten andrer Männer Dienerin seyn müste. Inzwischen reitzet sie den unbedachtsamen Jüngling zu ihren unziemlichen willen / wolte sich aber mit ihm aus vielen Ursachen nicht trauen lassen / unter welchen auch der übelstand ihrer beeder grosser Ungleichheit an Jahren / herkommen und vermögen nicht die geringste war.

7. Nivian aber war Lamberts eines vornehmen Herren Sohn / der in seiner Jugend eine schlechte Dirne geheuratet / und von ihr diesen Sohn erzeuget / so ihn durch einen seiner von Adel Privat genant anbefohlen. Lambert nahme nach seines Vatern Tod Rogellam eine Fräulein seines Stands / und hatte von ihr zwo Töchter / welche seine Mannslehen nicht ererben konten. Als er aber lange Zeit mit den Steinschmertzen geplaget wurde / entschloß er sich der Marter durch den Schnitt abzukommen / und als er zuvor sein Hauß beschicken wil / erinnert er sich nach zwantzig Jahren / dieses Sohns / und findet ihn nach [107] fleissigen Nachfragen noch im Leben und in der Abondante Diensten. Hierüber erfreuet er sich als ein Vater / und setzet ihn ein zu seinem Erben.

8. Als nun der alte Mann die Schmertzen nicht außstehen mochte / ist er deß Steins / und zugleich deß Lebens abgekommen. Seines Vaters Söhne haben diesen Einkömling sehr geneidet / und nach dem er Abondante zu heuraten verweigert / weil er sich zu hoch geachtet / wie sie ihn zuvor zu gering / und von den ihrigen keinen Beystand hatte / lassen ihn seine Vettern auf den Platz fordern / und weil er besser mit Frauenvolck / als mit dem Degen ümgehen können /ist er von den einem durchstochen worden / daß er also in seinem glücklichen vermeinten Zustande ohne Bereuung seiner Sünden / jämmerlich dahin gestorben. Abondante erkrancket über solcher Zeitung / und legte sich zu Bette / von dar man sie zu Grabe getragen.

9. Also hat Nivian mit dem Leben das Erbe verlohren / welches er bereit im Besitz hatte / und gehört hieher die Fabel von der Schwalbe und der Nachteule welche ihre jungen sollen zusammen heuraten. Weil aber das eine hitziger / und das ander kalter Natur /hat die alt Eule ihre jungen der Schwalben nicht trauen lassen wollen. So kan auch die hitzige Jugend kein grosses Glück vertragen / weil zu solchem mehr Verstand von nöhten / als sie bey so unreiffen Jahren noch nicht erlanget. Die Hauptlehre ist Eingangs bemeldet.

10. Reichthum pfleget zu verblenden /
Wie ein Spiegel der zerbricht /
Messer in deß Kindes Händen
Machen / daß das Kind sich sticht:
Wer sich stätig lässt verlangen
Groß zu seyn in dieser Welt /
Findet sich mit Angst umfangen /
Ob dem Sorgenreichen Gelt:
Besser ist es daß ein Christ /
Suche das was droben ist.
33. Der Leichtglaubige
[108] (XXXIII.)
Der Leichtglaubige.

Wer leichtlich glaubet / wird leichtlich betrogen / und wird es mit grosser Beschwernis zu spate bereuen. Der Zorn und die unerwarten Fälle übereilen manchen / der hernach Zeit gewinnet seinen Fehler zu erkennen. Dieses wird aus folgender Geschichte mit mehrem erhellen.

2. Peregrin aus dem Saltzburgischen bürdig / von ehrlichen Eltern geboren / und eines guten Wandels /richtete seine Gedanken auf Euphrasiam / eine Jungfrau von duppelter Schönheit / nemlich deß Angesichts und deß Vermögens. Diese Hertz- und Gegenliebe hat er nach und nach gewonnen / das beyde nicht von einander leben kunten / wie sich bedunken liessen.

3. Als sie nun ihr Feuer nicht mehr verbergen kunten / haben die Eltern solches gäntzlich auszuleschen keine Mittel unterlassen. Euphrasia war eine Adeliche Jungfrau / Peregrin hingegen ein Kauffmanns Sohn: diese Ungleichheit wurde der Jungfrau verwiesen /und ihr ein andrer Namens Domnole gleiches Adels angetragen / welchen sie aber noch wissen noch hören wollen.

4. Nach dem Domnole der Eltern Ja Wort / wil er sich nicht lassen abweisen / und bringet die Sache dahin / daß der Hochzeit-Tag benennet / und alle gehörige Nohtturfft darzu beygeschaffet wird: der beständigen Hoffnung / sie werde den Eltern schuldigen Gehorsam leisten müssen / sie wolle / oder wolle nicht.

5. Euphrasia stellet sich kranck: man lässet ihr eine Ader öffnen / welche sie etliche stunde hernach wieder auffreisset: begierig durch verlust ihres Geblüts den Geist auffzugeben. Es fügte sich aber daß ihre Mutter ungefeh zu dem Bette gienge / und sie in einer Ohmacht / in ihrem Blut als todt gefunden.

[109] 6. Man laufft nach den Artzten / und erschallet das Geschrey in der gantzen Statt / diese Hochzeiterin sey eiligen Todes gestorben. Peregrin kommet diese Zeitung auch für Ohren / und er ist so leichtgläubig / daß er / sonder ferners befragen / seinen Weg in Welschland und bey Messina in eine Mönichs-Kutten nimmet / sein Leben aus Traurigkeit / in solchen Stande zu verschliessen.

7. Nach dem nun Euphrasia wiederumb zu recht gebracht worden / und Gewißheit erlangt daß Peregrin nicht wiederzukommen gedencket / betrachtet sie ihre Thorheit / daß sie sich vorsetzlich umb das zeitliche und ewige Leben bringen wollen / und solches aus Ungehorsam wider ihre Eltern: Entschleust sich endlich Damnole Beständigkeit zu erkennen / und sich an ihn zu ergeben.

8. Als nun Peregrin von einem seiner Freunde verständiget worden / welcher gestalt Euphrasia noch lebte / und eine Hochzeiterin / eilet er nach Saltzburg diesen Handel zu unterkommen / und Damnole vorzukommen. Aber vergebens.

9. Peregrin gelanget zu Saltzburg an / als eben der Hochzeit-Tag / mit gewönlichem Gepränge begangen wurde / und hatte unter wegens lange Zeit / seine Leichtglaubigkeit zu bereuen. Die Jungfrau Braut sihet diesen entkappten Mönich / und hat einen Abscheu vor ihm / weil sie gezweiffelt / ob er seines Kloster Gelübts entbundenr lässet ihm deßwegen sagen: er sey zu spat kommen / und habe sie ihm als einen Weltlichen / nicht aber als einem Geistlichen ihre Treue gegeben.

10. Mit diesem muste der leichtgläubige Peregrin wieder abziehen / und weil ihm alle Hoffnung entsuncken / unterstehet er sich Damnole / als einen Rauber seiner Vertrauten / das Leben zu nehmen / wird aber von seinen Dienern / welche ihren Herrn Beystand leisteten / unterschiedlich mal durchstochen /daß er todt zur Erden gefallen.

11. Man sol noch zu wenig / noch zu viel glauben /sondern in diesem / wie in allen andern Stücken [110] das güldene Mittel-Maß halten. Dieses ist in Kriegs- und Liebshändlen eine nothwendige Erinnerung: gestalt der so den einkommenen Kundschafften zu wenig Glauben zustellet / gar zu sicher ist: welcher aber alles glaubet / reitet auff dem rückgängigen Krebs nach seinem Glück / wie Peregrin in vorgehender Geschichte.

12. Wird Gott in der letzten Zeit
Glauben finden?
Vieler Menschen Eitelkeit
Denckt nicht an der Seelen leid.
Die sich gründen
auf der Erdenehand Gefehr /
als ob keine Hölle wer.
34. Die Genothzüchtigte
(XXXIV.)
Die Genothzüchtigte.

Wir nennen / nach gemeiner Art zu reden / die Neigung zwischen den Mannspersonē Freundschafft: zwischen Mann- und Weibspersonen aber / Liebe. Diese ist viel stärker als jene / weil sie das Freundschafft-Band zerstücket / und wie einen Faden in den Flammen verbrennet / und zernichtet.

2. So lang Straton und Antonian Knaben waren /verblieben sie in ihrer Unschuld vertraute Freunde /massen ihnen aller Eigennutz unbewust / biß die Liebe / bey reifern Jahren sie zu dem ruhigen Ehstand angetrieben.

3. Straton mehlte ihm Menodore / eine von Tugend und Verstand schöne Jungfrau / und brachte sein Wort so wol an / daß er mit ihr verehlichet worden /und beeder Glück gleichsam auf lieblichen Rosen herein getretten were / wann nicht Antonian blutritzende Dörner darunter gestreuet hette.

4. Die Freundschafft / sie sey so vertreulich sie wolle / erstrecket sie sich doch nicht biß in das Ehebett. Antonian gienge bey Straton aus und ein /[111] schertzte mit höflichen Worten mit diesen jungen Eheleuten / und sihet endlich Menedore mit Ehebrecherischen Augen an / daß unziemliche Begierden bey ihm aufsteigen / welche er zu ersättigen getrachtet.

5. Menodore / ein Ehrenweib / sahe / daß jhr Mann Antonian für seinen vertrautsten Freund hielte / und begegnet ihm mit aller verantwortlichen Höfligkeit /welche Antonian nach seinem verlangen / für eine absonderliche Begünstigung außrechnete / gestalt ein jeder leichtlich glaubet / was er wünschet und verhofft.

6. Nach vielen Lieb- und Lobsprüchen / welche hieher zu schreiben nicht nöhtig / eröffnet er dieser Frauen das Liebs-Geschwer / mit kurtzen aber spitzigen Worten. Wann Menodore eine Schlange begegnet hette / solte sie sich darob nicht so sehr entsetzet haben / sie hielte die Frage keiner Antwort würdig /und nach Antonian in seinem frevlen beginnen anhielte / sagte sie ihm solche Wort / die einem Weib / welche ihre Ehre höher achtet / als ihr Leben / wol anstehen / mit Bedrauung / daß sie solches ihrem Eh-Herrn anmelden wolte / wann er noch einst mit dergleichen Ungebühr / ihre Ohren belästigen würde.

7. Der listige Schalck bittet umb Verzeihung und sagte daß er solches aus ihres Mannes Geheiß gethan / welcher sie hierdurch auf die Prob setzen wollen. Die einfältige Frau glaubt diesem Lügner / und lässet den gefassten Haß wieder Antonian fahren / ist aber wieder jhren Mann unwillig / daß er ohne einige darzu gegebene Ursach einen Zweiffel in sie gesetzet. Doch bedencket sie / daß ihr Mann ein Mensch / der sich betrügen kan / und sie ein Weib / die er für einen schwachen Werckzeug gehalten.

8. Von der Zeit an / hielte sich Antonian bescheidner / und gabe ihr zuverstehen / daß er keine böse Gedancken in dem Sinn / und daß ihr Mann / die Sache gegen sie / ablaugnen würde / sie solte alle Mißhelligkeit zu vermeiden / lieber stillschweigen. Er aber /weil er sihet / daß mit dem Fuchsbalg nichts zu richten / trachtet nach der Löwenhaut.

[112] 9. Er wuste / daß Straton / wegen seiner Rechtfertigung nach Paris verreisen musste / und vertraute diesem seinen Freund sein Hauß / welches nicht geschehen were / wann Menodore ein Wort / von dem / was vergangen / gesagt hette / und hat sie also eine seltne Weiber-Tugend in der Verschwiegenheit erwiesen /dardurch sie als ein Schaf / deß Wolffs Aufsicht befohlen worden.

10. Als er nun auf eine Zeit sich stellte / als ob er von der Jagt gekommen / und von dem Abend übereilet worden / daß er auff Menodore Schloß die Einkehr nehmen müssen / wird er mit seinen zweyen Dienern / Pferden und Hunden wol empfangen / und hat sich seine Wirtin nichts arges versehen / weil er lange Zeit kein unziemliches Wort gegen sie über die Zungen hatte springen lassen: wird deßwegen wol gehalten / und nach der Mahlzeit zu Bette gewiesen.

11. Er wuste in dem Schloß alle Gelegenheit / und als die halbe Nacht vorüber / stehet er auf / nimmet seine beede Knechte zu sich / und gehet in der Menedore Kammer / heischet erstlich mit guten Worten /was er zuvor begehrt / und als sie solches verweigert /nothzüchtiget er seines Freundes Weib / mit Hülffleistung seiner zweyen Diener.

12. Nach verübter That / eilt er mit seinem Jägerzeug aus dem Schloß / und weil er wol wuste daß er nicht ungestrafft bleiben würde / entflieht er in Niederland / alda er sich unterhalten lässet. Menodore aber schreibt so bald ihren Mann / wie sie durch seinen vertrautsten Freund wer verunehret und geschändet worden.

13. Straton wil solches nicht glauben / und muß doch aus seiner Flucht schliessen / daß ihm also. Er lässt die Sache ersitzen / und begehrt nicht einmahl deßwegen bey der Obrigkeit klagbar zu werden /damit er nicht die Schande seines Hauses aufdeckte /und sich selbsten zu Spotte machte.

14. Menedore klaget solches ihren Freunden / unter welchen Ligor zu wegen brachte / daß Antonians Güter eingezogen / und er zum Schwert [113] verurtheilt wird. Nach dem Straton wieder nach Hause kommet /hält er Menedore verächtlich / und als eine geschändte Ehebrächerin / welche ihren Willen darzu gegeben haben müsse. Dieses verdreusst das unschuldige Weib / daß sie von ihrem Mann entlaufft / und bey ihren Freunden Schutz und Auffenthalt suchte.

15. Ligor und Straton kommen hierüber zu Wort /und so bald zum Wercke / daß sie beede von Leder ziehen / und Ligor den Straton erwürget / daß er wegen solcher Mordthat entfliehen müssen: massen das rauffen durch gantz Franckreich scharff verbotten / und kommt so wol der lebendige / wann er sich betretten lässet / als der entleibte / an den Galgen.

16. Antonian wird diese Zeitung wissend / welcher so bald an Menodore schreibet / und damit er zu seinen und Stratons Gütern wieder gelangen möcht / begehret die begangene That durch den Ehestand außzusöhnen / und Menodore / welche ein Abscheu / für diesem Ehrenrauber / antwortet / daß er kommen und seine Werbung persönlich ablegen solte. Dieses geschahe ümb den Vogel in das Netz zu bringen / wie erfolget.

17. So bald Antonian wieder in dem Frantzösischen Gebiet / hat er die Schergen zu Aufwartern /welchen er unterwegs / in einem Wirtshauß / in deß Knechts Kleidern entkommet / und wiederumb in Holland entfliehet / da er in einem treffen erschossen worden. Der Menodore aber wurde zu Erstattung ihrer Ehre deß Antonians Verlassenschafft / durch Urtheil und Recht zuerkannt / die sie zu erbauung eines Spitals / und das ihrige zu Erhaltung in selben der armen und preßhafften Leute / in ihren letzten Willen gestifftet.

18. Ein Mann kan keine Weibsperson leichtlich wieder ihren Willen nothzüchtigen / und hat man kein Exempel / daß dergleichen Verbrecher nicht mit ernstlichen Straffen hetten sollen von Gott seyn heimgesuchet worden. Das alte Sprichwort sagt: Wer darff eine Jungfrau schwechen / darff auch in [114] die Kirchen brechen: dann wie Gott heilig gehalten haben wil / daß man zu seinem Dienst gewidmet hat: also will er auch der Menschen Hertzen und ihren freyen Willen / welche Gefässe sind der Gerechtigkeit / ihm nicht rauben oder entheiligen lassen.


19. Gieb jederman das sein /
Und schad dem Nechsten nicht:
Leb erbar / halt dich rein /
Fürcht Gottes Angesicht /
Er sihet / hört und weiß
Die Wercke / Wort und Sinne /
Ein jeder tracht mit fleiß /
Daß er der Straff entrinne.
35. Die traurige Verwirrung
(XXXV.)
Die traurige Verwirrung.

Wie die Ordnung alles gutes mit sich bringet / daher auch Gott / das höchste Gut / ein Gott der Ordnung genennet wird: also ist hingegen die Unordnung und Verwirrung ein Anfang und Werckzeug alles bösen /das von dem Satan herkommet. Hierauf zielet folgende Geschichte / in welcher ein Unheil in das andre durch sonderliche Verwirrung geflochten worden.

2. Vor gar kurtzen Jahren hat ein Reichs-Fürst /dessen Namen wir billich verschweigen / seine Gemählin durch den zeitlichen Tod verlohren / welche ihm etliche junge Herren / und nur ein Fräulein hinterlassen / die er anvertrauet Milburgin einer verständigen Hofmeisterin / die von ihrem verstorbnen Mann /seinem Hofmeister Victorin / einen Sohn und eine Tochter / Namens Juliana / hatte / so mit besagtem Fürstl. Fräulein / zu allen Tugenden aufferzogen worden.

3. Juliana war in ihren frischten und schönsten Jahren / als sich Aristian ein junger Graf / welcher [115] sich bey Hof aufhielte / in sie verliebte / und ihr in allen begebenen Gelegenheiten aufwartete. Man wolte sagen / daß er sie freyen solte / weil er sie andrer gestalt nicht erlangen würde können / massen sie ihre Frau Mutter verwahrte / wie die Drachen die güldnen Aepffel. Die Befreunde deß alten Fürsten langten an /er solte doch diesen verliebten Gn. einhalt thun / welches er zwar versprochen / jedoch mit diesem Beyrahten / man solte Aristian Edelbert / eine Princessin seines Stands / beylegen / so würde er der Juliana leichtlich vergessen.

4. Aristian lässet sich von Juliana ab / und / zu Edelbert wenden / weil er von dieser mehr / als von jener zu erhalten verhoffte / von Edelbert auch freundlich empfangen wurde. Juliana beklagte sich hierüber bey ihrer Mutter / daß sie ihr Glück / aus ihrem Geheiß verabsaumt / etc. Milburgin war lang zu Hofe gewest / und wuste alle Ränke / tröstete deßwegen ihre Tochter / sie solte dem Fürsten nur keine verächtliche Wort geben / sich höflich gegen ihm erweisen /und sich stellen / als ob ihr von seiner Liebe gegen Edelbert nicht wissend were / sie wolte ihn schon wiedrumb zu rucke führen.

5. Dieser Rath der Menschlichen Witz war der Juliana verderben / wie folgen wird. Milburgin wuste daß Polycarpus mit Edelbert in grossem vertrauen gestanden / wiewol er mit Aristan nicht zu vergleichen /doch erregte sie seine Eifersucht / und reitzet ihn / daß er Edelbert einer unbeständigen Untreue beschuldiget / und sie ihm entgegen verspricht / Aristan abzuschaffen / welches sie auch mit solcher Unbescheidenheit gethan / daß er sich wieder zu Juliana gewendet.

6. Die gantze Sache aber besser zu gründen / hat /aus Rath der listigen Milburgin / die Juliana dem Policarpo gute Wort geben / und er ihr in Gegenwart der Edelbert / aufwarten müssen / weil die Eifersucht die Liebe erhitzet und anflammet / hingegen verhinderten deß Aristans Befreundte die Vertrauligkeit mit Juliana so viel sie kunten / und hetten [116] seine Verheuratung mit Edelbert gerne befordert wissen wollen. Es verfahren aber diese Mütter sehr unbedachtsam / welche ihre Tochter gerne in Feuer / aber nicht breunen sehen wollen.

7. Damit nun Juliana Aristian nicht noch einmal verlieren möchte / ergiebt sie sich ihm mehr / als sie sol / und verleurt ihre Ehre die Ehe vermeintlich zu erhalten. Aristian hette sie gerne gefreyet / wann seine Freunde und sonderlich der Fürst solches nicht unternommen / und ihn mit Gewalt abgehalten hetten: massen er ihr heimlich ein ehliches versprechen gethan /und sie dadurch zu seinem Willen beschwätzet.

8. Milburgin ist diese gar zu gnaue Freundschafft unwissend / und verhoffte durch ihr Fräulein zu erhalten / daß der Fürst endlich in diese Heurat willigen solte. Aber an den Früchten erkennte man den bösen Baumen / welche reif werden / und außfallen wolten /wie die Mutter leichtlich errahten müsste.

9. Die Princessin verjagte Julianam von Hof so bald sie nur dieses Handels einträgtig wurde. Aristian muß sie freyen / bey verlust seines Lebens / und in aller Dürfftigkeit Hochzeit machen. Victorin der Milburgin Sohn / der Fürsten Stallmeister / wird unschuldiger weise / wegen seiner Schwester verbrechen /von seinen Diensten gestossen.

10. Nach dem der Graff Aristian seine Flammen /durch die Freyheit deß Ehestands außgeleschet / sahe seine Julianam scheel an / als einen Stein deß Anstosses / und sie ihn wiederumb / als eine Ursach ihres Falls und Verachtung. Ob es eine gute Ehe gegeben /ist leichtlich zu erachten. Er verlässt sie / kehret wieder nach Hof / und dencket nicht mehr einmahl an seine Gemählin.

11. In dem muß er sehen / daß Polycarpus und Edelbert ihrer hochzeitliche Ehrenbegängnis / ihrem Stande gemäß / mit einem grossen Freudenfeste halten / dadurch er dann Ursach nimmet / wieder [117] diesen seiten Buler zu eifern / wiewol er siehet / daß nunmehr sich das Spiel geendet / und für ihn nichts zugewinnen.

12. Polycarpus war einer von den schönsten und höflichsten Rittersleuten an dem gantzen Hof / daß er also bey dem Frauen-Volck sehr angenehm / und sich ungeacht seiner ehrlichen Verbündnis zu Ungebühr /mit andern verleiten liesse. Dieses beobachtet Edelbert / und eiferte darob nicht ohn Ursach / und Aristian hatte bereit die Festung halb gewonnen / und erbote sich diese Untreue an Polycarpo zu rächen /wann sie ihn mit gleicher Müntze bezahlen würde.

13. Aristian erspähete / daß Polycarpus an einem Eheweib hienge / deren Mann sagte er es an: der dann ihn mit der Ehebrecherin in dem Winckel erwürget /und Aristian leistete ihm darzu möglichsten Beystand. Edelbert betrübte sich so wenig über ihres Ehe Vogts Tod / daß sie verdächtig gehalten wurde / sie habe solchen stifften helffen.

14. Damit nun Aristian freyen könte / vergiebt er seiner Juliana mit Gifft / und ob wol Milburgin wieder ihren Tochter-Mann klagte / wolte man ihr doch nicht recht schaffen / und wurde der Beweiß aus dem hergenommen / weil Aristian die verwittibte Edelbert fleissig besuchte / und wie der Ruff gienge / freyen würde.

15. Victorin gedenket seiner Schwester Tod zu rächen / und nimmet etliche von seinen Gesellen zu sich / überfält Aristian in seinem Hauß / und ermordet ihn / dieweil auch er sein Geschlecht verunehret / und ihn von seinem Dienste gebracht. So bald der Streich geschehen / entflieht er in eine andre Herrschafft / wird aber abwesend zum Strang verdammet / und alles sein Vermögen eingezogen / darüber sich Milburgin dermassen bekümmert / daß sie erkranckt / und also ihrer Kinder beraubt / mit grossem Hertzenleid dahin gestorben.

16. Die Lehre kan seyn / daß die Liebe zwischen[118] Eheleuten / ein theil Göttliches Segens / ohne welchen solcher Stand deß Satans Trauerspiel heisst / mit Sünden angefangen / mit Verdruß fort gesetzet / und mit zeitlicher und ewiger Straffe geendet wird: allermassen sonders zweiffel / wo nicht bey allen / jedoch bey etlichen in erzehlter Geschichte beschehen.


17. Verzögert Gott die Straff darffst du dir nicht gedenken
O Sünder / daß er dir werd deine Sünde schenken:
Wann er dir nach und nach auf Besserung gewart /
So folgt die Straffe spat / wird aber doppel hart.
Anmerkung.

So viel Geschichte beschreibet Herr von Belley in seinem Blutbetrifften Schauplatz: nachfolgende aber haben wir theils aus eigner Erfahrung beybringen wollen / damit die Zahl der L. zu erfüllen.

36. Die Zauberlieb
[119] (XXXVI.)
Die Zauberlieb.

Man pflegt in dem Sprichwort zu sagen: Ein gutes Land nehrt böse Leute: da hingegen ein unfruchtbares schlechtes Land arbeitsame und sinnreiche Leute trägt / welche durch ihrē fleiß ersetzē / was dem Erdboden ermangelt: massen der Hunger ein Erfinder gewesen ist vieler Künste / so vielleicht sonsten zurücke geblieben weren.

2. Dieses Sprichwort erhellet sonderlich in dem Königreich oder vielmehr der Landschafft Valentz /da der Winter fast unbekannt / und deß Sommers Hitze / von den Meer- oder Seewinden gemässiget und gelindert wird: daß gleichsam der Früling und der Herbst in Hervorbringung aller Liebligkeiten / mit einander streiten / ob wol sonsten niemand von streiteen reden höret / und fast unbewust was die Soldaten für Menschen sind. Solcher gestalt leben die Leute in lustrendem Müssiggang / ich wil sagen in Beschefftung derer / welche nichts zu thun / als zu lieben / und Frauenzimmer auf zu dienen: so gar daß es fast eines ist / von Valentz bürdig / und verliebet seyn.

3. Die Bulerey stehet sonderlich den alten Narren übel an / welche mit den Jahren die Flammen außleschen und nicht unter der Aschen schwache Kräfften erhalten solten. Verständig und verliebt seyn sagen die Frantzosen / sey auch den Göttern nicht zugelassen / und die Italiäner sagen:


Kein Kranker seine Schmertzen liebt /
Als dero sich dem Weib ergibt.

Ja die Liebe machte diese verliehten so sinnloß / daß sie wegen einer schnellflüchtigen Wollust / sich in ewigwerenden Unlust und in den Abgrund der Höllen stürtzen / und auch aus verzweiffelter Boßheit deß Satans Hülffe gebrauchen.

[120] 4. Solche unbesonnene Thorheit haben begangen Cardenio ein Edelmann von Valentz / welcher die schöne Hyoldam / verzweiffelter weise geliebet / von ihr aber beharrlich gehasset worden: weil sie sich mit Einwilligung ihrer Eltern / Lucian / einem andern Edelmann ergeben. Cardenio unterliesse nicht dieser Jungfer mit Musicbringen / mit Lobgedichten / mit Gesprächen und andren Höfligkeiten zu dienen /fande aber keinen Mangel an dieser schönen / als die Danckbarkeit / der Platz ihres Hertzen war so wol besetzet / daß er jedes mal mit Schanden abziehen muste.

5. Febronia eine andre Jungfer in besagter Statt /darvon solches Königreich den Namen hat / war anfangs von Cardenio geliebet / aber nachmals als sie vermeint sich durch ehliche Trauung mit jhme zu verbinden / verlassen worden. Diese Febronia liebte Cardenio so sehr / als er die Hyoldam / und konte ihr seinen Namen nicht aus dem Gedächtnis entfallen lassen. Sie flehte / schriebe / klagte / ruffte und wolte Cardenio wieder zu ihr ziehen / er war aber auf der andern seiten gar zu tief eingesessen. Die Schamhafftigkeit / welche bey dem Weiblichen Geschlecht das stärckste Tugendband ist / oder seyn sol / war durch solche Brunst entzweyet / daß sie Cardenio nachlaufft / und nachschicket / wie die verlassne Dido ihrem Ænea.

6. Nach dem nun Febronia alles was sie gewust /vergeblich versuchet / fragte sie ihn zu raht eine alte Hex / Affra genant: welche sich rühmte / daß sie alle Liebskrankheiten / durch gantz geheime Mittel heilen könte. Diese Affra versprache nun / sie wolte ihr einen Trunck der Vergessenheit beybringen / daß sie an den Unbeständigen Cardenium nicht mehr solt gedencken / oder ihre Liebe in gleich eifrigen Haß verwandlen. Ach nein / nein antwortete Febronia / ich liebe ihn auch in seiner Unbeständigkeit / und wann ihr mich bey Leben erhalten wolt / so macht daß er mir zu theil werde.

7. Die Zauberin bekennte / daß ihre Kunst den [121] Willen nicht zu bezwingen vermöchte / noch weniger aber zu dem Ehestand (welcher von ihrem Meister gehasst und gehindert wird) einige Beförderung thun könte: das wolte sie aber wol zu wegen bringen / daß Cardenio sie solte für die Hyoldam halten / gegen welche er mit so starcken Liebsflammen entzündet. Febronia wolte dieses Mittel aus Eifer / nicht gerne zulassen / doch endlich hat sie darein gewilliget / und die alte Hexe gebeten / solches in das Werck zu richten.

8. In dem nun Affra hierunter bemühet ist / hat Cardenio bey Capor einem Zauberer / und dieser Affre Sabbatsgenossen / gleichsfals Rath gesuchet die Hyoldam zu seinem Willen zu bewogen. Capor hat ihm wollen ein altes Aaß in der Hyolda gestalt untergebē / damit er umb sein Gelt verblendet / und seinen Luft büssen möcht: als er aber von Affra der Febronia Ansinnen erfahren / haben sie beederseits wol dienen und Cardenio seine verlassene unter der Hyolda gestalt leichtlich zukoppeln können.

9. Dieser verfluchte Handel machte die Druten Leute viel Ducaten verdienen / weil sie der arme Teuffel sonst nicht bereichern könte / und das Gold / welches in der Vorhelle aus der untersten Erden gegraben wird / bey diesen Höllenleuten auch seine Wirckung nicht verleurt. Es war aber die Zeit verhanden / daß solcher Betrug solte offenbaret / und die Verbrecher zu gebührlicher Straffe gezogen werden: massen aller Wandel und Handel der Finsternis / zu rechter Zeit an deß Tages Liecht gebracht wird / ob gleich der Sündenmaß groß / und so bald nicht zugefüllet.

10. Cardenio fande die falsche Hyoldam bey Nachts sehr erhitzt / bey Tage aber eißkalt und voller Verachtung / und wann er ihr von der Ehe und außgehändigter Verlöbnis für schwatzet / daß solche allein ihre Ehre wiederstatten könne etc. wil sie darvon noch hören / noch von dem was vorgegangen seyn sol /wissen. Hierüber beklagte Cardenio bey Caper / welcher antwortet / daß seine Kunst die äusserlichen aber [122] nicht die innerlichen Sinne bewegen könne / darunter auch das Gedächtnis gezehlet wird: Er solte nur stillschweigen / und ferneren Erfolg der Zeit anbefehlen.

11. Inzwischen nun wird Hyolda Lucian versprochen und der Hochzeit-Tag bestimmt. Hier kunte Cardenio nicht länger schweigen / sondern weiset eine Heuratsabrede / welche unter Hyolda und ihme schrifftlich auffgerichtet worden / der Hoffnung sie solcher gestalt davon zu bringen. Als nun Hyolda hiervon nichts wissen wollen / sondern diesem versprechen mit grossem Zorn wiedersprochen / hat er ungescheut sich gerühmt / daß er sie auch zum offternmal beschlaffen / und das Verlöbnis durch das Ehliche Werck vollzogen / etc. und sagte auch unbedachtsam / daß er solches durch Caper den Zauberer zu wege gebracht.

12. Lucian wolte ferners nicht verfahren / und gaben die Befreunden alle den Rath / man solte dem Cardenio die Hyoldam trauen lassen / die Zauberey seiner grossen Liebe zuschreibend / und die gantze Freundschafft fernerer Schande entnehmen. Hyolda aber hatte ein gutes Gewissen / und wolte darein nicht willigen / weil sie unschuldig / und mit Cardenio / der sie mit solcher falscher Verleumbdung beleidiget / in mehren nicht zu schaffen gehabt / wolte sich auch von Matronen besichtigen lassen / und beglauben / daß sie noch eine reine Jungfrau / etc. Lucian aber wil auch solchen Beweiß / der in Weiber Worten bestehet /nicht für genugsam halten.

13. In dem nun Cardenio vermeint Hyoldam darvon zubringen / kommt Febronia in das mittel / und wiedersetzet sich solcher Verlöbnis / weil sie sich von ihme schwanger befunden / und wird die Zauberey dieser beeden eröffnet / darüber Affra und Caper flüchtig werden / Cardenio aber und Febronia in das Gefängnis kommen. Hyolda wird unschuldig befunden / Febronia von jedermann verlacht / und als eine geschändte Dirne veracht / Cardenio [123] von dem falschen und Febronia nicht vermeinten Eheverlöbnis freygesprochen / der sich dann in Welschland begeben / daß er Hyoldam mit Lucian nicht Hochzeit machen sehen dörffen. Nach verlauff etlicher Jahre ist so wol er als Febronia in ein Kloster gangen / Caper und Affra aber sind lebendig verbrennet worden.

14. Hieraus ist zu sehen / was Unheil eine blinde Liebes-Brunst mit sich bringet / und wie betrüglich der böse Feind mit den seinen zu verfahren pfleget: Wer ihm dienet hat einen bösen Herren / und giebt er solchen Sündenknecht die höllische Flamme zu Lohn. Es ist auch hierbey zu betrachten / wie weit Gott dem Satan zulasse / nemlich nur das fleischliche zu beherrschen / und das zeitliche zu verderben: die Frommen aber haben sich für diesem listigen Seelen-Feind nichts zu befahren / ob er sich gleich in ihre Gestalt /ja in einen Engel deß Liechts verstellen kan.


15. Der Teuffel hat der Kirchwey Kram.
Er reist mit Puppen auf die Meß /
(Betrüger ist sein alter Nam)
Der Leib / der Seelen Werck gefäß /
Wagt alles hin ob einer Pfeiffen /
So mehrmals nicht drey Heller werth /
Wann man sich dann bey Gott beschwert /
Wird man gewiß fehl müssen greiffen.
37. Der aberglaubische Schwervater
(XXXVII.)
Der aberglaubische Schwervater.

Cariton ein Edelmann zu Urbino hatte sich von Jugend auf mit zulässigen Wissenschafften nicht vergnügen lassen / und allezeit gelehrter als als Gottsfürchtiger seyn wollen. Der Lateinische Poet sagt hier sehr wol:


Ach! miser est sapiens, qui sapit absque Deo.

[124]
Wer weiß ist / ohne Gott /
Hat Elend / Noth und Spott.

Sonderlich aber liesse sich dieser Edelmann gelüsten /das zukünfftige zuwissen / und hatte ihm der Satan durch die Sterne Kunst mit einer ungefehr eingetroffnen Warheit viel Lügen verkaufft.

2. Er hatte der Planeten Lauff in seiner Geburtsstunde zu Papier gebracht / und auch andre erfahrne in der Kunst darvon urtheilen lassen / welche alle einmüthig geschlossen / er werde keines natürlichen Todes sterben / sondern von seinen Tochtermann ermordet werden. Dieses schwebte ihm unablässig in den Gedancken / und wie die bösen Zeitungen mehr eintreffen als die guten / ist ihm diese Furcht gleichsam zu einem Henker wordē / daß sie wie das Schwert Democles ob dem Haubt geschwebt.

3. Er hatte drey Töchter / die nöthigte er alle drey in das Kloster / damit er ja keinen Tochtermann für seinen Augen sehen solte. Die zwo ältsten willigen gerne in so einsames Leben: die jüngste und frischte aber Eugesta genannt / nahme ihr eine Bedenck-Zeit /welche sie nach und nach verlängerte / und endlich ungescheut sagte / sie hette kein Nonnenfleisch / und fühlte / daß ihr diese Art zu leben unerträglich / und ihr Gemüt von GOtt nicht darzu gewidmet.

4. Nach dem nun mit drauen und straffen nichts außzurichten / sperrt sie ihr Vater in ein Gefängnis /auf seinem Landgut / da sie noch Sonne noch Mond bescheinen konte / der Hoffnung sie solte noch froh seyn / von daraus in das Kloster zu gehen. Der Verwalter solches Landguts hatte nicht wenig mitleiden mit dieser unschuldig gefangenen / und erzehlte Marso einem Edelmann / der in der Statt Urbinio sich wegen begangner Ableibung nicht dörffen sehen lassen / und auf dieses Schloß in Bauren Kleidern geflohen war / daß sie wegen ihres Vaters Aberglauben gefangen lege.

5. Dieser Marso verliebte sich von hören [125] sagen /und begiebt sich unbekanter weise in deß Verwalters Dienst / daß er in wenig Tagen Gelegenheit bekommt diese Eugestam zu sehen / zu lieben / und von ihr geliebt zu werden / daß der alte Cariton in ihre Verlöbnis nicht willigen würde / aus vorbesagten Ursachen wissten die beede Verliebten wol / und entschlossen sich deßwegen die Flucht zu nehmen und nach Liburno zu entweichen / welches auch mit Gelegenheit beschehen.

6. Cariton wird also bald einträgtig / daß seine Tochter entkommen / und mit einem Baurenknecht Sylvio genannt (diesen Namen hatte Marso angenommen) nach Livorno gereiset: hierüber betrübt sich Cariton Tag und Nacht / weil er nicht kente den / so sein Tochtermann bereit ohne zweiffel worden / und so viel er unbekante ansahe / vermeinte er bey jedem /dieser oder jener werde ihn umbringen.

7. Es fügte sich daß Cariton den Hertzog von Urbino mit einer bösen Rede beleidigte / und deßwegen nach Livorno fliehen muste / weilen etliche hundert Kronen auf seinen Kopff gebotten worden. Also kame Cariton auch nach Livorno / willens in Spanien abzusegeln. Marso erkennt ihn also bald / weil er ihn zuvor bey Hof gesehen: Cariton aber kennet Marso nicht / und wil ihn Eugesta mit einem Fußfall benebens ihrem Mann ihr verbrechen ab und umb Gnade bitten.

8. Als eines Tages Marso mit zweyen von seinen Freunden sich bey Cariton umb verhör anmelden lässet / bildet er ihm ein / es weren Leute die ihn greiffen und zu verhafft bringen wollen / nimmt deßwegen sein Pistol und seinen Degen / tritt für die Thür / und in dem sich Marso neiget / scheusst er ob seinem Haupt hinweg: deßwegen dann Marso vermeint sein Schwärvater wolle ihn ermorden / entblösst den Degen / sich zuvertheidigen / und durchrennt sich Cariton selbsten / daß er tödtlich verwundet zu boden sanke / Marso auch anfangs in den Arm verletzet worden.

9. Cariton lebte noch biß auf den Abend / und [126] erzehlte den Mißverstand / welcher unter beeden vorgegangen / und hatte noch Zeit seinen Aberglauben zu bereuen / und so wol schrifftlich seinen Fürsten / als mündlich seinen Tochtermann umb Verzeihung zu bitten: massen auch selber für Gericht freygesprochen / und nachmals bey dem Hertzog gnädige Landshuldigung erhalten hat.

10. Wie der Gerechte seines Glaubens leben sol /also muß der Ungerechte seines Aberglaubens sterben. Wer das zukünfftige wissen wil / daß Gott seiner Allmacht vorbehalten / wird gewißlich nicht ungestrafft bleiben. Ein gutes Gewissen ist die beste Propheceyhung / und ein böses Gewissen der böse Prophet.

17. Der welcher seinen Wahn gantz übermässig liebet
Sich umb das Erden-Gut mehr als umb GOtt betrübet:
Der irrt sich überweit: er bild ihm sicher ein /
Gedanken unsers Fleischs sind Gergesener Schwein.
38. Der unglückselige Balger
(XXXVIII.)
Der unglückselige Balger.

Das Wort balgen sol von den Bälgen der Thier herkommen / mit welchen sich die alten Teutschen bedecket / und wann sie sich entzweyet / und zu Striechen kommen / hat einer den andern seinen Balg ausgezogen / daher die ihren Namen Belgæ erhalten / wie Cluver von dem Althum Teutschlandes beglaubet. Wir nennen heut zu Tage rauffen und balgen / wann ihrer zween umb Leib und Leben fechten / wie in etlichen Erzehlungen denkwehrte Fügnissen hiervon folgen werden / massen diese Fechter ihre Stelle in diesem Schauplatz billich erheischen.

2. Leonce der jüngste Sohn eines vornehmen Herren altes Geschlechts aus Gasconien / hatte nicht[127] wenig von dem Hispanischen Lusst in dem Kopf /sagte daß sein Gebrechen bestände / in dem seine Tapfferkeit zu übermässig / und die Gelegenheiten solche zu erweisen / gar zu wenig und gering. Das erstmal als er ein Beystand eines andern zu fechten kommen / hatte er guten Kauff / dann sein Begegner mit dem viertägigen Fieber behafftet / schwachen Wiederstand thun mögen / und die Krankheit mit dem Leben verlohren hatte.

3. Hierüber wurde Leonce hochmütig / und suchte Ursach mit einem andern anzubinden / und fügte sich daß er verwundet wurde / jedoch weil seinem Gegentheil der Degen zersprungen / hat er nicht unterlassen / ihn also entwehrt nieder zu stossen. Hierüber fället viel ungleiches Urtheil: etliche entschuldigten / etliche lobten / etliche redeten übel von dieser That. Seine Freunde erlangten bey dem König / daß er ungestrafft verblieben.

4. Er war kaum wiederumb heil / da hielt er sich für unsterblich / und vermeinte sein Haubt were mit dem Siegeskrantz bekrönet / da er mit solchen zu der Schlachtbanck hat sollen geführt werden. GOtt wiederstehet den Hoffärtigen / und wer sich selbst erhöhet / der sol erniedriget werden.

5. Als er einst in dem Louvre auf und abtritt / begegnet er einem von deß Königs Dienern / welchen seine Tapferkeit mehrmals in Schlachten für den Feind erwiesen / Nahmens Thersandre. Dieser sahe Leonce unter das Gesicht / und betrachtete ihn als einen Freund / das konte Leonce nicht leiden / und sagte / mit trotzigen Worten: Was sieht der Herr an mir? Th. Ich sehe an dem Herrn seine Kleider / wie auch er an mir die meinen. Leonce: Warumb schaut er mir unter das Angesicht? Thers. weil ich Augen in dem Kopf habe / und wann ich sie eröffne / muß ich sehen was für denselben schwebet: Ich schaue umb mich biß ich schlaffen gehe / und schlage die Augen für keinem Menschen unter. Leonce: Mich beduncket aber / ihr sehet mich absonderlich. Thers. Wann ich einen ansehe / so sehe ich ihn an / und sihe ich täglich den [128] König / und viel schönes Frauenzimmer: Euch aber sehe ich an / als einen Edelmann / der ein gutes Ansehen hat. Leonc. Ich habe noch ein bessers Ansehen / wann ich den blossen Degen in der Hand habe etc. Thersandre: Das glaube ich / wann ich es nicht sehe / und würde es nicht glauben / wann ich es sehe.

6. Dieses konte Leonce nicht verstehen / ob es wol recht geredet: dann was wir sehen / das wissen wir /und dörffen es nicht glauben / was wir aber nicht sehen das glauben wir. Hierüber lässet Leonce den Thersandre durch ein Fedebriflein auf den Platz fordern / ihn und seinen Beystand für der Klinge zusehen. Thersander kommet allein an den bemelten Ort /und als sich der Beystand beklagte / daß er solcher gestalt / nichts dienen könte / hat ihm Thersander versprochen / er wolle ihm auch zu thun schaffen / wann er mit Leonce fertig / welcher ihn ohn Ursach gefordert / und habe er den zum Beystand / der die gerechten Sachen schütze / und die Frevler straffe. Kurtz.

7. Leonce muß das Leben bitten / als er an dreyen Orten verwundet / den Degen von sich geben. Als solches der Beystand gesehen / hat er sich nicht an Thersandre richten wollen / sondern hat Leonce zu verbinden / auf seinem Pferde weggeführet. Thersandre aber nahm mit dieser Frage Abschied: ob er ein gutes Ansehen wann er den Degen an der Seiten / und deß Gegners seinen ihm abgenommen in der rechten hette?

8. Die Begebenheit gabe Leonce den Namen / daß man ihn den Edelman mit dem guten Ansehen nennte / und als er wieder geheilet worden / schertzt ihn ein junger Graff mit diesen Worten / darüber er mit ihm wiederumb zu Worten / und von den Worten zu Streichen kame / weil der Graff Lust zu solchen Spiele hatte. Sie hatten beede ihre Beystände / und muste Leonce das Leben bitten / und das Gewehr niederlegen / doch verbliebe ihm der Stoltz / nach dieser doppelten Schande.

9. Als er sich einsten auf den Fecht-boden mit einem Soldaten übte / wurde er von ihm etlichmals[129] auf die Brust gestossen / welches er nicht vertragen können / und ihn gefodert / daß er der gleichen in scharff fechten auch thun solte / wann er so viel Hertz als Stärcke hette. Der Soldat gewehret ihn seiner Bitte / und stösset ihn zu Boden / daß er also / sonder anruffen Gottes Barmhertzigkeit dahin gefahren.

10. Dieser Krieg in Friedenszeit ist von allen Geistlichen und Weltlichen Rechten verboten / und kommet daher von den alten Francken / welche in ihren Strittigkeiten / wann der Beweiß ermangelt / zu Bekräfftigung der Warheit zu turniren / oder zu Fuß umb Leib und Leben zu fechten pflegten. Wer sein Leben nicht vertheidiget / ist deß Lebens nicht werth /wer aber ohne Ursach / die Gefahr suchet / wird darinnen umbkommen. Hieher gehöret unsrer alten Teutschen Lehre: »Wegen eines unglückseeligen Tages trägt man den Degen alle Tage: man sol ihn aber nicht ohne genugsame Ursach / aus der Scheiden ziehen /und nicht ohne Ehre wieder einstecken.«


11. Vermessenheit bringt grosses Leid /
Unglück giebt offt / was niemand hofft:
Der Sonnen folgt der Regen.
Wer sucht Gefahr viel lange Jahr /
Hält sich auf bösen Wegen:
Fällt auf der Schwell gar in die Höll.
Gedenk allzeit der Ewigkeit /
So hast du Glück und Segen.
39. Der verzagte Fechter
(XXXIX.)
Der verzagte Fechter

»Wie grosser Herrn Wercke die fittigen verkündigen /also können auch ihre Wort nicht verschwiegen bleiben« / und hat solche Diego Saavedra wol verglichen mit einer grossen Glocken / deren [130] Klang / er sey recht oder mißlautend / so müssen es die Leute in und ausser der Statt wissen und hören. Deßwegen ist der Könige Gebrauch / daß sie wenig / aber alles mit gutem Bedacht reden / wie solches Lob König Heinrich der Vierte dieses Namens in Franckreich gehabt /doch hat er zu Zeiten / aus unbedacht ein Wort schiessen lassen / das er gerne wieder zu rück genommen /wann es möglich gewesen / wie dessen ein Exempel in folgender Geschichte.

2. An dem Hofe erstbesagten Königs / hielte sich auf ein Schottländer / Namens Erich / welcher unter andern Ritterübung / auch seinen Degen meisterlich verstanden / und für der trefflichsten Fechter einen so zu derselben Zeit gelebet / gehalten worden. Dieser war dem König wol bekant / und truge S.M. gnädiges belieben ob seinen Diensten / so gar / daß er von vielen Frantzosen geneidet wurde: massen der Neid zu Hofe täglich in der Ritterstuben auf und ab spatzieret.

3. Nach dem nun Erich von dem König Urlaub erlangt / auf eine zeitlang nach Hause zu reisen / trifft er zu Londen einen berühmtē Fechter an / gegen welchen er Ehre einzulegen verhoffet / und ihm durch seine Bekanten anbietē lässet / ob er sich mit ihm wolte wagen / zu sehen / welcher deß andern Meister seyn möchte.

4. Der Fechter nimmet das erbieten an / und wird der Zeit und Ort bestimmet / daß sie beede in Gegenwart eines grossen Adels erscheinen / die Wames außziehen / und dem Gebranch nach / pallen der Fechtdegen / welche von Eisen waren / mit Kolen schwertzen / auf daß man leichtlich sehen könte / welcher den andern getroffen. Wol / sie gehen zusammen / und der Fechter führet einen starcken Stoß / daß er Erich das rechte Aug aus dem Kopff stösset.

5. Ob er sich nun hierüber erzörnet / musste er es doch darbey bleiben / und sich verbinden lassen. Als er nun den Wundartzt fragte / ob er das Aug verlieren würd / sagte er / nein / dann er es in der Hand / und ihm solches zustellen wolte. Diesen unzeitigen[131] Schertz hat er mit einem par Backenstreichen belohnet / als er wieder heil worden. Der Fechter aber entschuldigte sich daß es nicht mit willen geschehen /daß er auch dergleichen hätte erwarten müssen / und darzu von ihm sey ausgefordert worden.

6. Erich war übel zu frieden / musste doch die Sache / auf zusprechen seiner Freunde / ersitzen lassen / und also einäugig nach Hause kehren / und seine Sachen verrichten: hette auch diesen kleinen schaden /ohne Rache verschmertzet / wann er nicht darzu angereitzet worden / wie zu vernehmen folgen wird.

7. Nach geraumet Zeit kommt Erich wiederumb an den Königlichen Hof in Franckreich / und küsset ihr Königliche Maiestät die Hand. Als ihn der König anschauet / daß er nur ein Aug / fraget er welcher gestalt er umb das Aug kommen? Er antwortet daß er im fechten darumb kommen. Der König fragte: und ihr habt den Fechter nicht erwürget? Erich antwortet mit nein: Der König versetzet: were es mir geschehen / er hette mir sterben müssen.

8. Ob nun dieses Wort nicht böß gemeinet / und keinen Befehl in sich gehabt / so ist es doch ein Wort deß Todes gewesen / und von dem König nachmals bereuet worden / dann Erich so bald die Post genommen / nach Cales und von dar nach Dovern über gefahren / nach dem Fechtmeister gefragt / aber doch das Hertz nicht gehabt / daß er ihn heraus gefordert und vor der Faust seine Sache mit ihm außgetragen hätte. Vielleicht hat ihn sein Gewissen zag gemacht /in dem er ihm einmal verziehen / und seine Entschuldigung für giltig angenommen.

9. Damit er sich aber rächen möchte sonder Gefahr / erkaufft er seinen Diener mit etlich Pfund Sterlin / er solte den Fechter zu Nacht ermorden. Der Diener setzt es in das Werck / nimmt ein Pistol / steigt auf eine Leiter in die Kammer / und erschiesset den Fechter. Als er aber wieder zurucke herab wil / verfehlt er eines Sprissels / oder es weichet die [132] Leiter / daß er herab fällt und einen Schenckel bricht darüber er in das Gefängnis kommet / und den Stiffter solcher Mordthat aussaget. Erich wird so bald ergriffen / und mit seinem Knecht zum Strang verurtheilt / allermassen solcher Tod bey den Engelländern gar gemein ist /und mehr für eine Schand / als für eine Straff / gehalten wird.

10. Etliche wollen behaubten / daß hertzhafft seyn /eine sondre Gabe Gottes sey / und lieset man in Geistlichen und Weltlichen Geschichten / daß offt ein gantzes Heer / ohne Ursach / geflohen / und daß die allertapffersten zu Zeiten zaghafft und furchtsam / welche doch zu andern Zeiten in vieler Gefahr den Tod nicht gescheuet. Wer eine gute Sache und ein gutes Gewissen hat / wird thun was er sol: Wer solches nicht hat /dem kan leichtlich zu Sinne kommen: »jetzt ist die Stund daß dich Gott straffen wird.«


11. Der es vielmal blind gewagt /
Ist verzagt.
Feige Memme trau auf Gott-
Der dich mehrmals aus der Noth
Hat gerissen.
Du weichst weil auch weicht in dir
Dein Gewissen.
Daß du kränkest für und für.
40. Der Frantzosen Leichtsinnigkeit
(XXXX.)
Der Frantzosen Leichtsinnigkeit.

Ob die Frantzosen mit Fug leichtsinnig zu nennen /wie sie ins gemein gehalten werden / haben wir ümständig betrachtet in dem CCLXVI Gespräch spiele §. 16. Als ich zu Rom war / hat sich innerhalb 14. Tagen ein Exempel begeben / welches die Italiäner nicht genugsam verwundern können / und weil ich es / wie viel andre Sachen bemercket / wil ich [133] es hieher setzen / und dem Leser darüber zu urtheilen frey lassen.

2. Bey deß Hertzogs von Bethune / damaligen Frantzösischen Gesandten zu Rom / Hofstat / haben sich zween von Adel auffgehalten / welche Landsleute / Verwandte / und als Brüder mit einander in einer Behausung / in einer Kammer / und über einem Tische gelebt. Sie hatten einen Beutel / einerley Diener und einerley Kurtzweil / ja ein Bett.

3. Als sie nun wegen Frauenzimmer etliche Schertzreden wechselten / ergrimmet der eine / und versetzet dem andern einen Backenstreich: der geschlagene antwortet mit der Faust: sie waltzen sich aus den Federn / und schlagen einander mit Fäusten. Als sie deß Handels fast satt / sagt einer / was schlagen wir einander wie Bernheuter / laß uns die Degen nehmen / und als Edelleuten gebühret die Sache außtragen. Der ander verwilligte also bald darein / und hat diese letzte Rede / einer von ihren Dienern / gehöret / welcher so bald hingelauffen / und ihr vorhaben den H. Gesanden angemeldet.

4. In dem nun diese beede unterwegens / kommen ihnen die andren Frantzosen entgegen / bieten ihnen wegen ihres Herrn Friede / und führen sie zu rucke nach Hof / aldar sie der Herr Gesande vereiniget / und zu vorgepflogener Freundschafft vermögt. Wol die Sache ist verglichen / und sie sind in vorigem vertrauen / als ob sie niemals einiger Unwill entzweyet hette. Dieses ist ein versöhnliches Gemüt / welch es bey Italiänern und Spaniern selten zu finden / bey den Teutschen und Frantzosen nichts neues ist.

5. Wenig Tage hernach hat einer von ihnen einen andern Streit mit auch einem Frantzosen / und spricht den andern zu einem Beystand an / welcher also bald willig darzu. Nach dem sie nun die Post genommen /und sich in dem Farnesischen Gebiete schmeissen wollen / werden diese beede unter dem Thor zu Rom aufgehalten / weil ihr Anschlag [134] verkundschaffet / und die andren wieder zu rucke gebracht. Dieser Zwist wird durch den H. Gesanden nochmals beygeleget. Hierüber machten die Italiäner abermals ihr Gespräch / und verwunderten / daß der seinen itzigen Freunde zu gefallen sein Leben aufsetzen wollen / welcher neulichst sein Feind / und es ihm zu nehmen getrachtet.

6. Noch viel grösser Wunder erweckte der dritte Handel. Zween Frantzösische Edelleute werden über den Spielen strittig / einer unter den zweyen von welchen wir reden / ist darbey / und bittet sich an zu einem Beystand dessen / welcher nach seiner Meinung recht hatte. Der andre nimmet seinen Hauß- und Tischgenossen zum Gegenbeystand auf seiner Seiten. Diese vier reisen nach Caparolle und rauffen mit einander. Nach dem sie aber alle vier sehr verwundet /kehren sie zu ruke in die Statt / und lassen sich verbinden / als ob sie mit vier andern zu fechten gehabt /und keiner jemals deß andern Feind gewesen were.

7. Die Italiäner haben der Frantzosen Eifer mit einem Donnerschlag verglichen / der schnell darnieder fället / und keinen Schaden verursachet / ins gemein aber haben sie dieses der Frantzösischen Leichtsinnigkeit zugeschrieben / welche ihr Leben so gering schätzig mache: da hingegen die Italiäner und Spanier in ihren lieben und hassen beständig verharren / und selten ihren Feinden unter Augen verkündigen / sondern der Gelegenheit erwarten / ihnen mit ihrer Sicherheit zu schaden.

8. Der Mensch hat Leib und Seele / und ist schuldig GOTT von beeden Rechenschafft zu geben. Er kan seinem Leibe durch übermässiges essen und trincken so wol / als durch unnöhtige Gefahr und Wagnis / Schaden zu fügen / und sein Selbstmörder werden /was nun solche für eine Straffe auff sich laden / ist bewust. Bleib in deinem Beruff / »so hast du ein gutes Gewissen / und kanst dich in dem Nohtfall desselben getrösten.«


[135] 9. Buchstab-Wechsel.

Ehr: Reh.

So schnell der Rehbock fleugt
Wann er gejaget wird:
So sehr sich selbst betreugt
Und in der Rechnung irrt /
Der durch viel schlagen
Wil Ehr erjagen.
41. Der verrähterische Schwager
(XLI.)
Der verrähterische Schwager.

»Das Eisen schafft viel Nutzen / und das Gold bringt viel Schaden. Die Chymisten behaubten mit guten Ursachen / daß dieses Sonnen-Metall von Gott nicht zu dem Ende erschaffen / daß man darmit stoltzieren /oder wuchern sol / welches beydes Gott zu wieder: sondern daß man Hertzstärckungen und Lahungen nach der Apotecker Kunst darvon bereiten sol. Doch hält diese Lasterzeit das Gold in so hohen werth / daß es gleichsam das fünffte Element / ohn welches nichts bestehen kan.« Der Apostel sagt recht: Die nach grossem Reichthum trachten / fallen in viel Versuchungen / welche ihnen der Satan / als Fallstricke geleget hat: und unser Erlöser vergleichet die Sorge der Nahrung / und den Reichthum dieser Welt mit den Dörnern: wer damit umbgehet / kan sich leichtlich verletzen / die Sorgen bleiben / in dem die Freude so man darob trägt / mit den baldwelcken Rosen dahin fället.

2. Dieses hat auch erfahren Tygris / ein Soldat / der sein Glück durch Tapferkeit suchen müssen / und als der jüngste von seinen Brüdern / seinen Unterhalt ausser väterlicher Verlassenschafft werbē? hat es auch so weit gebracht / daß er eine Haubmannschafft unter deß Königs Leibregiment erlangt / und bey jedermann ein gutes Lob hatte: sonderlich aber / war er ein guter Jäger / und liebte diesen Krieg wieder die wilden Thier über alles.

[136] 3. Zur Friedenszeit / unter König Heinrich dem Vierten dieses Namens in Franckreich / lage sein Fahnen in dem Lyonischen / und er machte Kundschafft mit Nilamann einem vom Adel / in der nähe / welcher ihn wegen der Jägerey / als seinen Bruder liebte / mit auf seine Wildfuhr führte / und vielmals in sein Schloß zu sich nahme: daß die Vertreuligkeit unter ihnen sehr groß / und fast keiner ohn den andern seyn konte.

4. Dieser Nilaman hatte eine schöne Schwester Namens Crispina / welche sich belustiget diesen freundlichen Jäger / mit ihren Augen zu bestricken: Tygris hingegen verhoffte grossen Reichthum / welcher ihm ein Wildbret ware / mit dieser Jungfrau zu fangen. Eutrope ihre Mutter / und Nilomann der Bruder liessen ihnen dieses Gestell nicht zu wieder seyn / und werden sie beede ehlich getrauet / ob sich wol andre umb Crispinam angemeldet.

5. Tygris erhält zu einem Heuratgut ein Stück von Eutrope Landgütern / und lebt mit allen vergnügen /in friedlicher Liebe / und mit grossen Ehesegen / ich wil sagen vielen Kindern bereichert / oder vielmehr verarmet: daher er seines Schwagern Güter und Einkunfft mit lustrenden Geitzaugen anschauet / und nach Mittlen trachtet / solche an sich und seine Erben zu bringen: unbetracht / daß dorten Salomon sagt /unrecht Gut hilfft nicht / und der Segen deß HErrn machet reich ohne Mühe / in seinen Sprüchen am 10. Cap.

6. Er wuste wol daß Niloman mit dem Degen noch mit dem Gifft / ohne seinen eignen Schaden nicht schaden kunte / musste deßwegen auf sichre Mittel gedenken diesen seinen Schwager aus dem Wege zu raumen. Es bulte Maximus ein Edelmann in der nähe umb eine adeliche reiche Wittib: Tygris räht Niloman er solte sich darumb bewerben / bringet aber auf der andern Seiten zu wegen / daß Maximus ihn fordern ließ / auf welchem Fall Tygris verhoffte halb gewonnen zu haben / dann Nilomann obsiegte seinem Gegner / und musste in Welschland [137] entfliehen / daher die Verwaltung aller Güter der Eutrope / auf Nilomann gewaltzet.

7. Nach Verfliessung etlicher Jahre wird Nilomann mit Maximi Freunden versöhnet / daß er wieder nach Hause kommen darf / und weil er sich in Schulden gestecket / und seine Güter verpfändet / trachtet er eine reiche Heurath zu thun / welche Tygris listig verhindert / in dem er sich solche zu fördern bemühet scheinen wolte / weil er wol wuste / daß seine Kinder keinen Antheil bey Nilomans Gütern zu hoffen / wann er heuraten / und selbsten Erben haben würde.

Unter andern Nilomans Gläubigern / welche ihm abwesend Gelder zugewechselt / war auch Apollin ein reicher Handelsmann / welcher wiederumb bezahlet seyn wolte / und bey Gericht angehalten / man solte ihm sein Unterpfand Nilomans Güter zu urtheilen. Tygris reitzete seinen Schwager / daß er den Kauffmann ausfordern und ihm mit den Degen abrechnen und Recht schaffen solte / wie auch erfolget.

9. Apollin verstunde den Wucher besser / als den Degen / und liesse Niloman sagen / er solte ihn zahlen mit Gold / und nicht mit dem Eisen / und lasse er mit solchen Wechselbrieffen keine Schuld abführen. Hierüber ergrimmet Niloman / und draut Apollin zu erwürgen / wo er ihn antreffen würde / und gelobt ihm Tygris getreuen Beystand: lässet aber Apollin für seinem Schwager warnen / damit er desto leichter solte ermordet werden. Den falschen Mund der Gottlosen /wird ihr Frevel überfallen / wie Salomon redet in dem vorangezognen Capitel seiner Sprüche.

10. Einsten als sie beede auf der Jagt / kommt Apollin daher geritten / und Nilomann wil mit seinem Schwager und seinem Knecht auf sie zu / vermeinend / daß Apollins Geferden so verzagt / als er / wird aber von Tygris verlassen / umringt / und von Apollin zu boden geschossen: aller massen alles von Tygris verkundschafftet / und mit Apollin [138] gegen Nachlassung der halben Schuld abgeredet worden.

11. Nach dem Tygris Eutrope Güter / welcher inzwischen verstorben / an sich gebracht / vertraut er seine Verrätherey seiner Frauen Crispina / die darob ein grosses Mißfallen / und ihren Bruder sehr geliebet hatte. Als sich aber kurtz hernach / ein Haußstreit unter ihnen ereignet / wirfft sie in ermanglung andrer Rache ihm vor / daß er ihres Brudern Tod verursachet habe / ihn Apollin verrahten / und zeiget auch solches ihrer gantzen Freundschafft unbedachtsam an.

12. Kein Unglück kommt allein / sagt man in dem Sprichwort. Dieses geschahe auch hier / und wurde eben zu selbiger Zeit einer der Apollin Nilomann ermorden helffen / wegen andrer Verbrechen eingezogen / der bekennet / daß er Tygris und Apollin zu erstbesagtem Mord geholffen. Als Tygris Nachrichtung wegen solcher Beschuldigung / raumt er das Land /kan aber sein böses Gewissen nicht raumen / sondern lässet sich beduncken / daß er aller Orten das Blut seines Schwagers / wie Cain das Blut Abels / von der Erden gen Himmel schreyen hörte: entfliehet deßwegen in Teutschland / und ist nachmals in den Kriegswesen geblieben.

13. Also gehet eine böse That nicht wol hinaus /und verliert der alles / so alles durch die List zu erlangen verhofft. »Seine Anschläge sind wie leichte Spreur / so der Wind zerstreuet / ob sie gleich vollen Körnern gleich scheinen.« Hingegen aber ist der / so seines Beruffs abwartet / auf dem Wege der Gerechten / ein Palmbaum / an den Bach gepflantzet / dessen Bläter nicht verwelcken / und der seine Früchte bringet zu seiner Zeit. Hieher zu Tygris Geschichte schicket sich auch der Spruch Malachi: Vertraue dich nicht der / die in deinen Armen schläffet / und wie Salomon saget: Wer seinen Mund bewahret / der bewahret sein Leben. Die Spanier sagen / daß der sein Geheimnis eröffnet / seine Freyheit [139] »verkauffe / und gleichsam eines andern Verschwiegenheit dienstbar seyn müsse.«

14. Gott ist allein getreu /
Dessen Güte täglich neu /
Untreu ist der Welte Gott /
Mit der bösn und grossen Rott.
Hieraus ist leicht zu erkennen /
Wer deß Höchsten Kind zu nennen /
Und wer dort wird ewig brennen.
42. Der doppelte Brudermord
(XLII.)
Der doppelte Brudermord.

Wie in vorhergehender Erzehlung der Geitz einen Todschlag angerichtet / also wird in folgenden zu ersehen seyn / wie die Lustseuche dergleichen übel stifftet. Augenlust an Gelt und Gut / fleischeslust in unziemlicher Vermischung / und ein hoffertiges Leben /in grossem Ehrenstand machet daß die Welt im argen lieget / und deß Satans Schand-Braut heist.

2. Die Witweiber sind viel verführerische Lockvögel / weil sie mehr in diß Garn fallen machen / als die einfältigen Jungfrauen / so das erstemal richten. Dieses sage ich / wegen Parmena einer jungen Wittib von 20. Jahren / welcher ein alter Mann grossen Reichthum hinterlassen / daher sie der Buler und Freyer nicht ermangelte / die solches Honig als die Immen herbey lockte.

3. Unter vielen war Prilidian / ein Edelmann von 30. Jahren / der das seine zu Gewalt / und so wol seine Schwester / als seinen Bruder weggerichtet hatte. Dieser wolte der Haan in dem Korb seyn / und bey Parmena die andren abstechen. Diese Wittib /hatte bey ihrer ersten Verheuratung ihren Freunden gefolget / und wolte nun ihren Augennach hangen /und selben die Wahl lassen / welche unter so vielen fast schwer fallen wolte. Was ihr morgens beliebte[140] mißfiele ihr abends / und was ihr heute schetzbar war / achtete sie deß andern Tages für verwerfflich / und war ihr Hertz so wandelbar als der Mondschein.

4. Prilidian wuste ihr zu Gemüthe zu führen / daß über alle maß an Ehr und Reichthum unbeständig /und wuste dardurch so wol höhere / als geringere aus dem Sattel zu heben / sich aber hingegen / weil er einen Mittelstand führte / hinein zu schwingen. Er wurde von Parmena angehört und fast erhöret / daß er die Hoffnung schöpffte / diese Wittib darvon zu bringen / in dem Babylas sein jüngerer Bruder / aus dem Krieg wiederkommet / und dieser bald künfftigen Hochzeiterin / als seiner Schwägerin / aus Höfligkeit zuspricht / und ihr aufwartet.

5. Parmena lässet ihr den jüngern Bruder besser gefallen / als den ältern / und giebt ihm ihre Neigung erstlich mit verblümten / nachmals mit gantz deutlichen Worten zu verstehen. Babylas entschuldigte sich / daß er ihr / seinem leiblichen Brüdern zu Nachtheil /hierinnen nicht gehorsamen könne: ohne selben aber würde er solches Glück / wiewol unwürdig / mit danckbarlicher Dienstleistung annehmen.

6. Parmena schaffet so bald Prilidian mit ungehaltnen Worten ab / daß er aus Traurigkeit in ein Kloster gehet / und darinnen sein Leben zu enden gedencket. Babylas setzet seine Gegenliebe auf Parmenam / und verhoffet durch diese Heurat ein reicher Herr zu werden / iedoch fähret er bedachtsam.

7. Nach dem nun Prilidian in dem Probjahr seines Ordens lebet / spielte Babylas in den hinterlassenen Gütern den Meister / wil sich aber mit Parmena nicht versprechen / biß sein Bruder das Kloster-Gelübd gethan / und geistlich zu bleiben versichert. Parmena nimmet diesen Verzug Babylas für eine Verachtung auf / und schreibet an Prilidian ein so freundliches Brieflein / daß er wieder in die Welt kehret / und das strenge Leben / welches ihm verdrießlich vorkommen / verlässt: ungeachtet er von seinen Mitbrüdern zu der Beharrligkeit vermahnet wurde.

8. Die unbeständige Parmena hatte nun [141] wider die Wahl unter dem gewesnen Mönche / und Soldaten /nach genommenen Bedacht erkieset sie den Jungen vor den Alten. Hierüber eiferte nun Prilidian billich /und beklagt seinen Bruder der Untreue und Falschheit. Babylas verantwortet sich / daß er unschuldig /sich bißanhero mit Parmena zu verloben geweigert /und sey er darüber aus dem Kloster beruffen worden: nun aber könne er dieser Wittib Sinn nicht ändern /noch sein Glück mit Füssen wegstossen: Er aber hette doppelt Unrecht / daß er ihm verbieten wolte / was er nicht erlangen könte / und daß er ihn / als einen leibeignen Knecht / tyrannisiren wolte.

9. Mit diesem allen wolte sich Prilidian nicht vergnügen / weil ihn der Eifer verblendet / daß er so wol gegründte Ursach nicht ersehen möchte: sondern befihlt seinem jüngern Bruder nochmals / er solte wieder in den Krieg ziehen / und dieser Wittib müssig stehen / würde er ihn aber noch einmal bey ihr antreffen / so wolte er ihm weisen / was ein jüngerer Bruder dem ältern für Gehorsam zuleisten schuldig.

10. Babylas antwortet der gestalt / daß Prilidian leichtlich konte abnehmen / er fürchte sich noch für seinen Worten / noch für seinen Wercken / so lang er einen Degen an der Seiten. Hierüber scheiden sie /und Babylas gehet bey einem seiner Freunde zu wohnen / und spricht bey Parmena täglichs ein / welche ihm auch die Ehe gelobt / daß sie niemand als der Tod / scheiden solte: Prilidian wird hingegen Parmena Hauß verbotten / bey und umb welches er mehrmals Schildwacht zu halten pflegte.

11. Als nun diese beede Brüder / auf einen Abend /einander bey Parmena Hause begegnen / ergrimmet Prilidian in erkrankter Liebe / ich wil sagen aus rasendem Eifer / und ziehet von Leder / welches imgleichen auch Babylas that / gehen also feindlich zusammen /und stossen einander dergestalt / daß Prilidan alsobald / Babylas aber den folgenden morgen verschieden.

[142] 12. Jederman gabe der Wanckelsinnigen Parmena die Schuld dieses Brudermords / und weil sie Gott eine Seele durch ihren Bulbrief entführet / hat sie solche mit der ihren erstatten wollen / und sich in ein Kloster begeben / darinnen sie ihr Leben verschlossen.

13. Die Lehre ist von der Weibspersonen Unbeständigkeit / und hat deßwegen jener recht gesagt /»wann alles bey verliebtē Hochzeiterin nach Wunsch bestellet / so könne doch niemand Bürgschafft leisten / daß alles beederseits also verbleiben werde. Der Männer Sinn ist mit dem Alter gleich so wandelbar /und im Ende ist nichts beständig in der Welt: Alle Menschen sind Rohre / die der Wind hin und her wehet.«


14. Es ist die runde Welt eim Glückstopf zuvergleichen
Ob dessen Dockenkram sich freut der Povel-Hauff /
Und waget ihre Seel / lässt manche Zettel reichen /
Find aber nur ein o / und lauter nichts darauf /
So weiset die Figur
Der schnöden Welt Natur.
43. Der doppelte Jungfrauraub
(XLIII.)
Der doppelte Jungfrauraub.

Weil die Welt gestanden ist / sind die Frommen mit den Bösen vermengt gewesen: »und weil sie stehen wird / werden der Bösen mehr als der Frommen zu finden seyn: massen wir Menschen uns leichter auf dem Laster durch ärgernis / verleiten / als durch gute Exempel zu dem Tugend-Steig geleiten lassen.« Von beeden folget in nachgehender Geschichte / die solche Vermengung sonderlich außfürlich machet.

2. In der Normandia hat sich aufgehalten ein armer von Adel / Namens Martel / welches Tapfferkeit mehren Gelts würdig gewesen / als er [143] dardurch erlangen können. Dieser erkühnet sich eines vornemen Landsherren Tochter Aldegonde aufzuwarten / und hatte einen Zutrit bey ihrem Herrn Vatern / Philippin / dem er in etlichen gefährlichen Begebenheiten / treuen Beystand geleistet.

3. Martels Demut / Höfligkeit und Bescheidenheit machten ihn bey der Jungfrau angenehm / daß er ihre Gunste verhoffte: seine Armut aber hielte der Tugend Gegengewicht / daß er so hoch anzukommen fast verzweifelte. Doch erlangte er nach und nach Adelgonde Gewogenheit / daß sie keinem andern in ihrem Hertzen Platz zu geben bey sich beschlossen. Beede musten hierinnen behutsam verfahren / damit Philippin nicht Ursach hette diesen Martel seine Güter zu verbieten / und ihn seines Liebsten Angesicht zuberauben / welcher ihm wehrter als deß Tages Liecht.

4. In dem nun diese ihre Liebesflammen mit seufftzen und Thränen an- und auffeuren / kam Epolan ein alter unruhiger Herr wiederumb aus Flandern / dem Schauplatz der Heldentugenden / und weil er ein Wittber / und der Einsamkeit nicht gewohnt / bewarb er sich umb Barsimenam / ein junge Wittib / welche er vor etlichen auch geliebet / und deren Mann in Neuligkeit verstorben / daß sie das Trauerjahr zuvor außwarten / ihm aber in zwischen nichts abgeschlagen haben wolte.

5. Epolan wolte die Zeit zu lang fallen / und nach dem er auch ihr freyen willen zulassen / berahtschlagt / finden sie beede dieses Mittel / daß sie eine Heurat abreden / und nach solcher Verbindnis vollziehen /die offentliche Hochzeit-Begängnis aber / biß nach verwichnen Trauerjahr außgestellet wolten seyn lassen. Nach dem solches geschehen / hat Epolan dieser verlobten (vielleicht zur Straffe ihrer Gebühr) genug /und nimmet seinen Weg wiederumb in das Kriegswesen.

6. Nach geraumer Zeit kehrt er wieder nach Hause /und ersihet in einer Gesellschafft Aldegonde / wie selbe von Tharste einem reichen Edelmann in der[144] Nachbarschafft bedienet wird / welchem Victor der Aldegonde Bruder möglichste Beförderung thete. Wie aber der Mond und die Sterne weichen / wann die Sonne auffsteiget / also musten alle andre Buler zu rucke treten / so bald Epolan erschienen / und hat Philippini diese Heurat noch der guldenen Regel bald außgerechnet / und seine Tochter Epolan versprochen.

7. Als nun Philippin Aldegonde über dieser Heurat bespricht / und Epolons Alter entschuldigen wil /sagte sie daß ihr der junge Tharsie und der alte Epolan gleich viel gielte / sie wolte es seinem willen heim gegeben haben. Der Vater lobte diesen kindlichen Gehorsam / und vermetnet / daß er gewonnen / und seine Tochter deß Alten vergulte Pillulen gerne schlucken würde.

8. Tharsie klaget seinem Freunde Victor / wie ihre Schwägerschafft in den Brunnen fallen wolle / und berathschlagen daß Tharsie Aldegonde entführen solte / er wolte sie bey seinem Herrn Vatern schon wieder außsöhnen.

9. Inzwischen dieser Handel schwebet / kommt Barsimena zu Aldegonda / und erzehlet ihr in vertrauen / was zwischen Epolon und ihr vorgangen / und welcher gestalt er ihr ehlich verbunden / krafft vorgewiesenen schrifftlichen versprechens / an welches Epolon so wenig gedacht / als an die Sünden seiner Kindheit. Aldegonde wünschte nichts mehr / als diese beede abzuweisen / und ihren Martel zu erwarten /bittet deßwegen Barsimena solte Epolon einen Einspruch thun: weil sie aber dieser Rechtfertigung Weitläufftigkeit befürchtet / bittet sie Aldegonde / sie solte sie an dem Hochzeit-Tag an ihre Stelle tretten lassen /da sie ihr Ehversprechen für allen geladnen vorweisen / und Epolon zu solcher Vollziehung anhalten wolte.

10. Die Kirchen war von dem Schloß entfernet /und solte die Trauung bey Nachts geschehen / daß also Barsimena / welche etliche Tage zu vor sich in der Aldegonde Zimmer verborgen sich an der [145] Braut stat leichtlich einschleichen mögen / wie dann auch beschehen / aber mit gantz ungleicher erfolge.

11. Tharsie und Victor hatten den Anschlag gemacht Aldegondam darvon zu führen / und legten es mit dem Knechte an / daß er gegen einer Beliebung /still halten und die Braut solte rauben lassen. Wol /der Abend kommt herbey: Barsimena zieht die Brautkleider an / und vermasquert das Angesicht / der Braut Vater / Bräutigam / und die gantze Freundschafft fahren fort in die Kirchen: Als Barsimena die vermeinte Braut folgen sol / wird sie von Tharsie aus der Kutschen genommen / auf ein Pferd gesetzt / und entführet.

12. Das Geschrey kommt in die Kirchen / jederman eilt den Raubern nach / und als sie endlich gegen morgens ergriffen worden / finden sie sich allerseits betrogen. Epolon muß seine Hand und Petschafft erkennen / wil aber entbunden seyn / weil Parsimena eine gantze Nacht sich bey Tharsie aufgehalten. Tharsie verantwortet ihre Ehre / und als Epolon solcher wiedersprochen / kommen sie darüber zu streichen / und konte Philippin und Victor beede so geschwind nicht von einander bringen / daß Epolon nicht einen tödtlichen Stoß an die Seiten darvon getragen / an welchem er drey Tage hernach / als er zuvor Barsimenam gefreyet / verschieden / Tharsie aber muste flüchten gehen.

13. Aldegonda hatte inzwischen mit Martel die Abrede genommen / das Land zu raumen / und sich in Flandern zu begeben / aldar er sie / Christlöblichen Gebrauch nach / zu Kirchen und Strassen geführet. Nach dem aber Philippin aus Bestürtzug unn Traurigkeit an einem Schlag gestorben / hat Martel die Mutter und Vatter versöhnet / daß er wieder kommen und seines Weibs Erbtheil in Ruhe und friedlichen Wolergehen besitzen dörffen.

14. Der gerechte Gott straffet mehrmals die Ungerechten auf nie erwarte weise / und ist hier zubetrachten der Barsimena Thorheit / daß sie einem schlechten Papier ihre Ehre vertrauet: deß Epolans [146] Untreue / daß er sich entblödet zwey Weiber zu nehmen: Martels und der Aldegonde Beständigkeit / und Vermessenheit / welche zwar noch wol außgeschlagen / aber doch sehr gefährlich angegangen worden: deßwegen ihnen hierinnen niemand folgen sol. Ein Weiser fürchtet sich / sagt Salomon / und meidet das Arge / ein Narr aber fähret hindurch dürstiglich. Es gefällt manchem ein Weg wol / aber endlich bringt er ihn zum Tode.


15. Der honig-süsse Gifft / bringt nicht beliebten Tod /
Deß Artztes Wermut Trunk / hilfft manchen aus der Noht /
Wer alles was er schaut läst seinen Sinn belieben /
Der sucht aus Unverstand / das / was ihn wird betrüben.
44. Die Amazonin
(XLIV.)
Die Amazonin.

Zu Zeiten als der Hertzog von Parma Alexander Farnesius die Niederlande regieret / hat der Spanische Marggraff Varambon / Ritter deß güldnen Flusses /Bilemberg / eine kleine / aber feste Statt / nechst Reinberg / belägert / und nach langem Gefecht / und grossem Wiederstand mit stürmender Hand erobert. Die Soldaten unterliessen keinen Hochmuth / welchen sie / als Sieger / erdencken / und ungestrafft verüben kunten.

2. Unter andern wurde die Todten zu begraben gebetten / damit der üble Gestanck nicht die Lufft vergifften / und dardurch eine Pestin entstehen möchte /und fande man zween Soldaten einander ümarmend auff der nieder geschossnen Mauren liegen: Als sie von einander gerissen und außgezogen [147] worden / findet sich / daß der ein eine schöne Weibsperson / und als dem Marggraffen diese Geschichte zu Ohren kommen / hat er wissen wollen / was sich mit diesem Marmelstein-Bilde begeben.

3. Ein halb todter Soldat erbote sich die gantze Geschichte / welche ihm nur allein bekannt / zu erzehlen / und alsdann willig zu sterben / weil er spürte / daß seine Wunden tödtlich. Der Marggraff verfügte sich /mit vielen andern hohen Befehlhabern zu ihn / und hörte von den sterbenden Soldaten nach abgelegter kurtzer Höfligkeit / in Teutscher Sprache / welche sie alle wol verstunden / nachgehende Erzehlung.

4. Ich dancke Gott / sagte er / daß ich noch so viel Kräfften / daß ich meiner getreuen Liebe / und Freundschafft dieses Ehren-Gedächtnis / in beywesen so vieler tapfren Helden stifften kan. Man nennet mich Arelan / ich bin von Hessen bürtig / und ist meine Geburtstat gewesen Melsingen / unfern von Cassel. Ich habe von Kindesbeinen an ein treuverknüpffte Freundschafft gepflogen mit Inemar / einem Edelmann von Rottenburg / welcher bey meinem Lands-Fürsten / als ein Edelknab auferzogen worden. Man hat uns beede genannt die unzertrennlichen /weil keiner ohn den andern leben mögen.

5. Zu Melsingen verliebte sich mein getreuer Hertzens Freund in Jolandin eine Jungfrau / welche mir mit weiter Freundschafft zu gethan / da ich ihm dann gute Dienste zu leisten / eusersten vermögens bemühet gewesen / dann ob er wol bey der Jungfrau alle Gegenlieb verspüret / so ware sie doch etlicher massen von Gratiana ihrer Stiffmutter Hugolin Räuls ihres Mannes Sohn von seiner ersten Frauen versprochen / für welchen Jolandin ein stetiges Abscheu haben muste / dann er ein unmensch / sein Ruck und Brust waren zween Berge in deren Thal sein Magen vertieffet / und mit seinem Haubt bedecket war. Er war eine kleine Person / in dem Angesicht hatte er die Farb eines krancken Spaniers / und wendeten alle schwangere Weibspersonen die Augen von diesem Krüppel / welcher ihm doch keine [148] kleine Vollkommenheit eingebildet mit seinem hohen Rücken.

6. Als nun nach langem Verzug die Hochzeit angestellet wird / findet Jolandin keine Thür diesem abentheurlichen Hochzeiter zu entgehen / als die Flucht /und damit solche so viel sicherer zu wercke gerichtet werden möchte / hat sie meine Kleider angezogen /und ist mit mir und Incmarin gefolget / welcher / auf anhalten Räuls / von den Fürsten Melsingen zu meiden / gebotten worden.

7. Hier muß ich nicht vergessen zu melden / daß ich diese Jolandin auch brünstiglich geliebet / meinen Freund aber nicht zu beleidigen / hab ich sein vergnügen / dem meinen / weit vorgezogen / und hierinnen vielmehr ihm / als mir selbsten behülfflich seyn wollen / massen ich sie ihm besagter weise / in Manneskleidern zugeführet / und bin ihrer ehlichen Verlöbnis Zeuge gewesen. Damit wir nun nicht außgekundschafftet und wegen dieser That von unserm Lands Fürsten durch seine Sachwalter alhier in Niederland angehalten würden / haben wir für sicher befunden /Jolandin in dieser Kleidung verbleiben zu lassen / und weil wir keine Narungs mittel hatten / haben wir Dienste genommen / und Jolandin in allen Kriegsübungen unterrichtet / damit sie auf keine weise unter andern Soldaten erkäntlich seyn möchte: gestalt dann diese Amazonin mehr Mannheit erwiesen / als von ihrem Geschlecht glaublich ist.

8. Jüngsthin / als wir in dieser Statt Bilenberg angegriffen wurden / ist Incmar / auf der niedergeworffnen Mauren durch einen Mußqueten Schuß gefället worden / welches todten Leichnam Jolandin aus brünstiger Liebe / umarmet / und darüber von den anleuffenden Stürmern zertretten / und getödet worden /deßwegen ich dann nach besagten meines Freundes Tod / zu leben nicht mehr erwünscht / sondern allein diese Gnade bitte / daß ich zu ihnen beeden begraben werden möge.

9. Mit dergleichen Worten endete Arelan seine Rede / und hat ihn der Marggraff seiner Bitte [149] gewehrt / ihn samt Incmar und der tapfern Jolandin ehrlichen zur Erden bestatten lassen / und ihnen auch ein Grabmahl mit nachgesetzter Überschrifft aufrichten lassen.


Drey / so stets treu in ihrem Leben
Der Lieb und Freundschafft sich ergeben
Liegen hier
Der Tod / der alles pflegt zu scheiden
Muß sie hier ungescheiden leiden.
Für und für.

10. Die Lehre ist / daß die Eltern ihre Kinder nicht zuverhasster Personen Heurat / wann sich die Gemüter nicht gleichen wollen / nöhtigen sollen / dann wann die Liebe in freyen Willen bestehet / sol solcher nicht wieder alle Vernunfft gezwungen werden. Im fall aber dergleichen geschiehet / sihet man einen bösen Außgang / und viel Hertzenleid daraus erfolgen. Es ist auch bey diesem Arelan ein Exempel getreuer Freundschafft zu erlernen / wiewol er hierinnen gefehlt / daß er seinen Freund vielmehr von seiner Liebe abmahnen / als darzu beförderlich seyn sollen.


11. Der Tod / der starcke Rieß hat alles überwunden /
Doch führt die Lieb allein den Goliad gebunden /
Daß mehrmals auf dem Grab wann dieser Leib Zerstaubt
Die Lieb / aus Todes Hand / ihr Angedencken raubt.
45. Der Alraun
(XLV.)
Der Alraun.

Unter den Erdgewächsen ist keines das einen gantzen Menschen bildet / ausser der Wurtzel welche man Mandragel / Mandragora / oder Alraun [150] nennet. Von dieser Wurtzel sollen deß Labens Haußgötzen gemacht gewesen seyn / wie die Rabinen wollen. J.B. Porta schreibt daß ein Italiänischer Zahnbrecher solche Wurtzel als einen Menschen geschnitten / und in die Scham ein Hanffkörnlein gestecket / selbe darmit eingegraben / und dardurch zu wegen gebracht / daß der Alraun mit dem Haubt auf alle Fragen geantwortet. Dergleichen sol die Jungfrau zu Orleans gehabt haben / welche die Frantzosen wieder die Engelländer vertheidiget. Josephus nennet diese Wurtzel Baaras /von dem Thal wo sie häuffig wächset / und saget /daß sie zu Nachts leuchte wie eine Glut / und sol durch einen hungerigen Hund heraus gerissen werden / darvon zu lesen Plinius im 25. Buch am 12. Capitel. Zu Hamburg hat man drey Weiber welche mit diesen Wurtzeln gehandelt / mit Rutten außhauen lassen / im Jahr 1630.

2. Etliche wollen daß diese Wurtzel unter den Hochgerichten gefunden werde / weil der Saamen von den erhenckten Dieben herunter triefe / und solche Mandragoram wachsen mache / welches Wort auch Teutsch / und von Mann tragen der Wurtzel Namen gegeben. Alraun aber werde sie genennet / von dem Wort all und raun / raunen / weil es allen heimlich in die Ohren raune / was sie thun sollen / umb reich zu werden. Es sind aber etliche Erdgewächse / so diesen Namen tragen / und alle in dem Schatten stehen wollen. Der Safft dieser Wurtzel machet starck schlaffen.

3. Ob nun wol diese Wurtzel / ohne Sünde seinen natürlichen Gebrauch haben mag / so hat der böse Feind sein Spiel hierbey / und machet derselben übernatürliche Tugend zuschreibē / wie jener Schwab / der seine Freunde gebetten sie solten ihm ein Hauß-Geist(Spiritum familiarem) von der Messe mit bringen. Diese haben ihm zu schertz eine Mücken in einem Glaß verkaufft für 2. Thaler / und das vertruncken /durch welche so bald der Satan geredet / weil nemlich der Kauffer sein vertrauen von Gott ab- und zu dem Teuffel gesetzet hatte / davon der Höchste alle Christen behüten wolle.

[151] 4. In einer vornehmen Handelstatt in Franckenland / hat sich eine merckwehrte Geschicht von einem Alraun begeben / darauß zu ersehen seyn wird / wie der böse Feind die einfältigen so meisterlich zu betriegen weiß / und ihnen hernach mit ewiger Verdamnis zu lohnen pflegt. Wir wollen den gantzen Verlauff kürtzlich erzehlen: jedoch unter verblümten Namen / damit niemand erkand werden möchte / dann theils deroselben Befreunde noch im Leben.

5. Magdalon ein Handwercks-Weib / hinterläst unter andern einen Alraun / oder eine solche Wurtz /wie wir vor beschrieben haben. Als sie sterben wil: befihlt sie der ältsten Tochter / sie solte dieses schwartze Männlein in ein fliessendes Wasser werffen / welches sie auch nach der Mutter Tod gethan / und nicht gewust was es gewesen: aber doch gesehen / daß ihr Vater einsten dieses Kästlein hinter die Thür geworffen / und deßwegen / wie die Leute abergläubig /verdorben seyn solle.

6. Die jüngere Tochter hatte vielmals hören sagen /daß wer ein Alraun hette / bey jedermann angenehm und niemals mangel liede / fragte deßwegen darnach /weil sie wuste / daß einer unter mütterlichen Verlassenschafft vorhanden gewesen. Marian die ältste Tochter / wil nicht sagen / daß sie solchen in das Wasser geworffen / Uneinigkeit und Zwist zu vermeiden. Man suchet alle Winckel aus / die Wurtzel ist nicht zufinden.

7. Nach dem die Abtheilung geendet / und Hedwig die jüngere Schwester beharrlich nach dieser Wurtzel verlangen getragen / findet sie unter ihren Geretlein in einer Truen / den Alraun verborgen / und erfreuet sich darüber nicht wenig. Ob nun der böse Geist dardurch mit ihr geredet / und ihr Rath und That gegeben / kan man nicht wissen. So viel aber hat man ersehen / dz es ihr / dem eusserlichen Schein nach / wol ergangen. Sie hat einen Beckenknecht geheuratet / ihn zu Bürger und Meister gemachet / ja das erste Jahr ein schönes Hauß gekaufft / und Gelts gnug [152] gehabt / da ihre Schwester hingegen verdorben und in eusserste Armut geraten. Hieher gehören die Wort deß Predigers am 8. Capitel. Es sind Gerechte denen gehet es / als hetten sie Wercke der Gottlosen: und sind Gottlose / denen gehet es / als hetten sie Wercke der Gerechten.

8. Nach wenig Jahren fället diese Hetwig in eine tödtliche Kranckheit / und schreibt man solt ihren Mann eiligst holen / dann sie wol spürte daß sie nun plötzlich sterben müste. Man spricht ihr zu / sie solte sich zu einem Christlichen Abschied gefast machen /ihre Sünde erkennen / und auf Gottes Barmhertzigkeit ihr vertrauen setzen. Sie wil von diesem nichts hören /sondern schreyet nur nach ihrem Mann.

9. Endlich als der Mann zu der Thür hinein tritt /wil sie anfangen von den Alraun zu reden / er aber schlägt sie auf das Maul / daß sie also bald in die Züge fällt / und stirbt dahin. Wiewol sie verfahren /wird jhre Seel erfahren haben. Nach dem man sie zur Erden bestattet / ist sie mit vielen heulen und schreyen in dem Hause wiederumb erschienen / wie man sie in den Sarg geleget / daß ihr hinterlassener Wittber außziehen und in einer andern Behausung wohnen / nachgehends aber die seine anders bauen müssen.

10. Hieraus erhellet / was Salomon sagt / Es ist besser arm / »und niedriges Gemüts seyn mit den Elenden / dann Raub außtheilen mit den Hoffertigen /und kargen mit den Geitzigen.« An einem andern Ort sagt er: Es ist besser wenig mit Gerechtigkeit / denn viel Einkommen mit unrecht. Ach was hilfft es den Menschen / wenn er auch die gantze Welt gewinnet /und leidet Schaden an seiner Seele?


11. Buchstabwechsel

Gelt: legt.
Das Gelt legt manchen in das Grab /
Das Geld ist ein gefährtes Haab /
[153]
Wer Tag und Nacht nach Reichthumb tracht /
Der ist schon in deß Satans Macht.
46. Die unbeständige Ehr
(XLVI.)
Die unbeständige Ehr.

Welche auf diesem Welt-Meer / mit dem Glücks-Wind / nach hohen Ehren ausschiffen / leiden unterwegs / oder in dem Hafen Schiffbruch. Ob sie gleich ein zeitlang gutes Wetter oder Windstille haben / so folget doch bald darauf ein Sturm-Wetter / daß sie in Gefahr aus der Gefahr umb das Leben kommen / und ihre Unbedachtsamkeit zu spat erkennen. Solchen Ehrsüchtigen möchte man sagen / was dort unser Erlöser zu den Kindern Zebedei: Ihr wisset nicht was ihr bittet.

2. Dieses hat auch erfahren die verliebte und von Leopart geliebte Arduina / und mit ihrem Beyspiel gelehrt / daß man durch böse Mittel zu keiner beständigen Ehre gelangen kan / sondern vielmehr in solchen beginnen zu schanden werden muß. Sie ware bürtig aus Westphalen / und liesse in ihrer Kindheit den Auffgang einer vortreflichen Schönheit blicken / dessen Vollkommenheit mit zuwachsenden Jahren nicht ohne Verwunderung erfolget.

3. Leopart einer vom Adel in ihrer Nachbarschafft /betete so bald diese Sonne an / und wurde nicht allein von ihr / sondern auch von der gantzen Freundschafft erhöret / und seine Beständigkeit mit ehlichem versprechen belohnet. Aber es sagt der Poet nicht unrecht:


Wer weiß was noch heut spat der Abend mit sich bringt?


4. Adelart ein vornehmer Herr / verliebet sich in diese Hochzeiterin / und weil er weit eine andre Person / als Leopart / wird er von den Freunden mit grosser Ehrerbietung empfangen / und Arduina jhm versprochen / [154] verhoffend / dieser schlechte Gesell /werde ihre Tochter in einem solchen Glück nicht hindern / sondern sich leichtlich wieder abweisen lassen. Arduina wolte hierinnen ihre Beständigkeit zeigen /weil Leopart imgleichen auch bey ihr zu halten versprochen / und muste also ihre Verheuratung den Fortgang gewinnen / es sagten die Befreunden und Adelart darzu was sie wolten.

5. Wann der Ehestand mit gar zu brünstiger Liebe angefangen wird / ist solches selten lang beständig /und hat man in diesem langen Kauff auf mehr Umstände / als nur die begierige Zuneigung zu sehen. Adelart sahe daß ihm Arduina nicht günstig / und deßwegen ließ er geschehen / daß Leopart die Braut heimführete / welcher er doch zu höffeln und zur ungebühr zu reitzen / nicht unterlassen.

6. Arduina hatte ihres Mannes genug und hebte ihre Augen auf zu den Bergen / welche den Donnerkeulen unterworffen / und von welchen man leichtlich herunter stürtzen kan. Sie betrachtet / daß sie eine grosse Frau seyn hette können / wann sie Adelart genommen / ich / sagte sie bey ihr selbst / were allen meinen Gespielen obgegangen / prächtiger gekleidet worden / und hette mehr Freude bey Adelard / als bey meinen jetzigen Mann haben können: und ich Närrin habe mich in der Wahl wisslich und vorsetzlich betrogen.

7. Mit diesen Gedancken wendet sie ihre Liebe von Leopart / auf Adelart / und wünschte ihres Mannes Tod / und diesen zu einem Mann: doch bezeugte sie sich keusch und züchtig / und wuste wol / daß der Ehebruch sie mehr verhasst / als geliebt machen würde. Kurtz. Diese Undanckbare vergibt Leopart mit Gifft / und liesse die Erden solche Sünde bedecken /welche der gerechte Gott zu rechter Zeit mit verdienter Straffe anzusehen nicht unterlassen.

8. Eh das Trauer-Jahr verfliesset / freyet Adelard diese Wittib / und sie kommet also in den langverlangten Ehrenstand / in welchen sie sich stöltziglich verhalten / und ihrem Mann zu Mißtrauen Ursach [155] gegeben / daß er sich befürchtet / sie möchte ihm auch Gifft beybringen / wie Leopart ihrem ersten Ehgatten. Arduina siehet seine Lieb erkalten / und wil solche durch liebkosen erhitzen / vermehret aber dardurch den Argwahn / »weil Adelard wol wuste / daß diese Art Schlangen nicht gefährlicher / als wann sie sich umb den Leib schlingen.«

9. Adelard wird nach und nach dieser Arduina abhässig / daß er sie nicht mehr für seinen Augen sehen mag / sondern ferne von sich auf seiner Baurenhöfe einen schaffet / da sie Zeit genug ihre mörderische That / so sie aus Ehrgeitz an ihrem frommen Mann begangen / zu bereuen / und zu beweinen. Die Einsamkeit und Traurigkeit giebt dieser Verlassnen allerley Gedancken ein / unter welchen sie den vorträglichsten erwehlet / daß sie Adelbard eifern machen wolle /und dardurch wiederumb an sich bringen.

10. Hierzu gebrauchte sie Melin / einen vom Adel in der Nachbarschafft / welchen sie in ihr Netz locket / und mit vielen hertzbrechenden Worten anätzet / iedoch ohne Unehre / die allein in äusserlichem Schein /und nicht im Wercke selbsten befindlich. Dieses vermehrte Adelards zuvor gefassten Wahn / und hielte für ungezweiffelt / daß seine Frau eine Ehebrecherin /und an ihm untreu worden. Solchen nach lässt er sie /und Melin in das Gefängnis stecken / und wegen ihres verbrechens peinlich abhören.

11. Weil sie nichts böses begangen / wurden sie zwar unschuldig erfunden / Arduina aber führet auch unter andern Klagen wider ihren Ehmann diese / daß er sie beredet / sie solte ihren ersten Mann mit Gifft hinrichten / und nun wolte er sie auch gerne todt wissen. Hierüber wird sie ferners befragt / und findet sich / daß sie ohn einrahten und vorwissen Adelarts / Leopart vergeben und umbs Leben gebracht: deßwegen sie auch von dem Leben zum Tod verurtheilt / Melin aber der verhafft erlassen worden.

12. Der Ehrgeitz ist ein unbeständiges Blat / »welches der Wind leichtlich abreissen / und von den[156] höchsten Bäumen zur Erden werffen kan. Wer durch Sünde sich groß machet / der wird mit Schanden wieder klein werden. Die Ehrgeitzigen sind den Babelbauern gleich / die nach eignem Gutdünckel ihr Werck biß an die Wolcken erheben wollen: werden aber von Gott gestrafft / wann sie am sichersten / und müssen ihre eigene Verrähter seyn / wann sie sonst niemand haben / der sie in Unglück bringet.«


13. Es bleibet wahr /
Ehr hat Gefahr.
Ist böse Waar /
Daurt kurtze Jahr /
Ist wandelbar.
47. Der bestraffte Flucher
(XLVII.)
Der bestraffte Flucher.

Bey allen Lastern ist eine Belustigung der Sinne /außgenommen bey dem fluchen und Gotteslästern /welches so viel erschröcklicher / als kein anders / weil dadurch der wolthätige Himmels-HErr unmittelbar beleidiget wird / der seine Sonne lässet auffgehen über Fromme und Böse / dessen Langmuth uns zur Busse leitet. Dieses Laster wird aus böser Gewonheit unvermerckter weise angenommen / daß man für keine Sünde hält / was die grosse Sünde ist / und mehr aus Unbedacht / als aus bösem Vorsatz die Entheiligung deß Namens Gottes über die Zungen springen lässet: deßweges aber nicht zu entschuldigen /sondern so viel mehr zu beschuldigen ist / und gewißlich nicht unbestrafft hingehet.

2. Die Frantzosen haben diese böse Art an ihnen /daß sie abscheulich / wegen deß geringsten Mißfallens fluchen / ja schertzweiß bey S. Peters Pantuffel /und der Jungf. Maria Schlaffhauben dieses und jenes betheuren. Dieses schändliche Laster [157] hatte auch an sich Guy / ein Pariser Kind / welchem sein Vater Antonian zugeordnet war / daß sie zu Orleans dem studiren nachsetzen / und in ihrer Eltern Fußstapffen tretten solten. Dieser Antonian vermahnte Guy / er solte doch den höchsten Gott mit seinem fluchen nicht so vorsätzlich erzörnen / wann er nicht in grosses Unheil kommen wolte. Guy nimmet die Vermahnung in guten auf / entschuldiget sich aber mit der bösen / und bey ihm bereit eingewurtzelten Gewonheit / er meine es deßwegen so böß nicht / und ist die Sünde / welche eine Gewohnheit worden / schwerlich zu meiden.

3. Nach dem dieses Guy Vater gestorben / und ihm der Zaum länger gelassen worden / hat er seiner Freyheit in allerley üppigkeit mißbraucht / darunter das Spielen die geringste: der Treuhertzigen Vermahnung aber seines Vättern war ihm gantz entfallen / und so offt ihm das Maul aufgegangen / hat er alle Reden mit ärgerlichen fluchen abscheulich gemachet / und die Erinnerung seines Vättern übel aufgenommen.

4. Als dieser Guy auf eine Zeit in dem Pallhaus spielet / und mit seinem Gegner über einen Streich streitet / wird bey den Zusehern / wie gebräuchlich /herumb gefragt. Inzwischen das Urtheil ergehet / vermeint Guy seine Sache gut zu machen / und lässet sich grausamer Wörter vernehmen / wie er Gott verleugnen wolte / wann er den Streich nicht gewonnen etc. Gott sol ihn straffen / und also bald eines jehen Todes sterben lassen etc.

5. Bevor nun der Ausspruch zu seinem Nachtheil geschiehet / leget er sich über die Galarie / als ob er einen Pallen nehmen wolte / und ist so bald starr todt / daß man kein Leben mehr an ihn spüren kunte. Es wurde aber beobachtet / daß er die letzten Wort noch nicht völlig außgeredet / als er dahin zu fallen angefangen.

6. Etliche haben sagen wollen / daß er ein Taschmesser bey sich getragen / mit welchem er sich in den Leib gestossen / damit er auff den Kirchhoff begraben / [158] und nicht als ein von Gott augenscheinlich gestraffter Flucher auf dem Schindacker hinaus geworffen wurde / welches der gantzen Freundschafft / noch mehr Spott zugezogen hette. Glaublicher aber ist /daß ihn der Gewalt Gottes gerühret / weil wißlich /daß man von einer so geringen Wunden nicht also bald zusterben pfleget / und daß das Häutlein über dem Hertzen nicht ohne grossen Schmertzen zerreisset.

7. Hieher schicket sich Salomons Spruch: Tod und Leben stehet in der Zungen Gewalt. »Irret nicht / sagt der Apostel / Gott läst sich nicht spotten / als welcher zu Mose gesagt: Führr den Flucher hinaus für das Lager / und laß alle / die es gehört haben / ihre Hände auf sein Haubt legen / und laß ihn die Gemeine steinigen / und sag den Kindern Israel: Welcher deß HErrn Namen lästert der sol deß Todes sterben. Daher vermahnet auch Syrach: Gewehne deinen Mund nicht zum schweren / und Gottes Namen vergeblich zuführen: Dann gleich wie ein Knecht der oft gesteupt wird nicht ohne Striemen ist: also kan auch der nicht rein von Sünden seyn / der oft schweret.«


8. Widerkehr.


1. Wie viel verderbt der Zungen Wort?
2. Sie ursacht manchen Meuchelmord /
3. Sie fährt den Menschen hier und dort /
4. Sie bringet Schaden fort und fort /
5. Und bleibet doch an ihrem Ort.
6. Sie ist der Krämer höchster Hort /
7. Und wenn sie ihnen wer verdort /
8. So solten sie nie seyn im Port.
8. Gott stürtzet manchen über Port /
7. Daß ihm im Tod die Zung verdort /
6. Weil er flucht seinem höchsten Hort.
5. Was hilft es dich an deinen Ort /
4. Wann du Gott schändest fort und fort?
3. Setzt dich in Jammer hier und dort /
2. Ja bringst dir selbst der Seelen Mord /
1. Bedenck deßwegen deine Wort.
48. Der thörigte Ruhm
[159] (XLVIII.)
Der thörigte Ruhm.

Unter allen Eitelkeiten ist falscher Ruhm ohne Tugend Verdienst / der aller eitelste / welcher doch von uns Menschen so eiferig gesuchet wird. Wer sich selbsten rühmt / der schändet sich / und wird von andern für einen Narren gehalten / wann er nicht etwan solches zu Abwendung ihme aufgelegter Schande /und zu steuer der Warheit thut / in welchen fall auch eignes Lob statt findet / wie wir in dem CCXXXIX. Gespräch spiele weitläufftig gehandelt. Was solche Lobwurtz für eine böse Frucht bringet / wird unter andern aus folgender Geschichte zu erlernen seyn.

2. Berard ein Frantzösischer Herr / war von Angesicht schön / von Leib wol gestellet / hatte seine gröste Beschäfftigung seine Haar ordentlich zu krausen /und wolte lieber ein unreines Hertz / als ein befleckte Kleidung haben. Ob er der müssigen Bemüssigung /ich wil sagen der Liebe / und dem Frauenzimmer ab-und aufgewartet / ist leichtlich zu erachten. Wer sich in der Kleidung übermässig außzieret / thut solches dem holdseligen Weibervolck zugefallen: dann bey den Männern ist es unvonnöhten.

3. Sein Sinn war flüchtig und Spiegel art: er hatte so bald keine Gestalt in das Angesicht gebracht / so ware sie wieder vergessen / und erwartete einer andern Bildung. Stratonia war die erste / welche er zu lieben begunte / die schönste Jungfrau in dem alten Königreich Arles / da sich dann dieses alles begeben. Ihre Höfligkeit hielte er für brünstige Liebsneigung und streckte den Kopff weit über alle andre ihre Aufwarter hinaus. Nach dem er aber bey ihr nicht finden mögen / was er gesucht / hat er seine Liebe / welche an einem schwachen Faden gleichsam gehangen / zerreissen lassen / und sich von ihr abgewendet.

4. Dieses were nun etlicher massen hingegangen: [160] er hat es aber darbey nicht verbleiben lassen / sondern dieser ehrlichen Jungfrauen Namen mit schändlicher Verleumbdung und fälschlichen Affterreden beflecket / und sich berühmet / daß er von ihr erlangt / was ihr niemals zu verstatten in den Sinn gekommen. Jungfrauen Ehre ist gleich einer Blume / welche leichtlich durch scharffe Winde verwelcket.

5. Die andre welche Berard geliebet / war Sigismunda / ein verständige Jungfrau / welche die Mängel dieses Edelmanns wol wuste / wegen seines Reichthums aber nicht sehen wolte / weil das Geld / wie bewust / alle Fehler zudecket. Sie getrauete ihr diesem flüchtigen Quecksilber einhalt zu thun / und seine Zunge anderst zu zaumen. Liesse sich deßwegen / auf gutachten ihrer Freunde freundlich findē / und vermeinte ihn unter ihre eheliche Bottmässigkeit zu bringen. Dieses nimmt der stoltze auf für eine schuldige Bezeugung gegen seine hohe Verdienste / vnd wie der Rauch allzeit oben anfähret / also strebet auch die Hoffart aller Orten empor.

6. Endlich kam Sigismunda solchen übermütigen Worten nicht nachwarten / und wil sich ihm nicht mehr unterwürffig machen / sondern giebt ihm / nach langer Gedult Urlaub. Dieser hatte er auch alsobald vergessen / und trachtete andrer Orten / unter dem Namen eines Dieners den Meister zu spielen.

7. Macrina war die dritte Klippen / an welcher seine Freyheit Schiffbruch erlidten. Diese wuste wol daß sein Schwindelhirn hin und her zu schweben aber nirgendwo zu ankern pflegte / wiese ihn deßwegen zu seinen gewesenen Liebsten: damit sie von seinem Laster oder vielmehr Lästern nicht auch beschmützet würde. Accursinus ihr Bruder schickte diesen Freyer für eine anständige Person seiner Schwester weil er Zucker in dem Beutel / welcher alles Unglück zu übersüssen pfleget / und befahl ihr deßwegen / sie solte diesen Vogel nicht aus den Garnen lassen.

8. Als sich nun die Sache verzögert / und dieser[161] Buler keinen Freyer geben wil / sagt ihm Accursius in das Angesicht / er solte sich entschliessen / ob er seine Schwester heuraten wolte oder nicht. Berard erschracke hierüber / als ob man ihn in eine Gefängnis führen wolte / suchet deßwegen bedenckzeit / und weil er deßgleichen auch von Macrina verstanden /nimmt er Urlaub hinter der Thür / und giebt solche Sachen von ihr aus / daß alles was er von Stratonia und Sigismunda gesagt / Rosen gegen diesen Dörnern gewesen. Er beschreitet Macrinam für eine offentliche Dirne / welche Zucht und Ehre umb Gelt verkauffe /und wegen eines Gasts allein (wegen seiner) keinen Schild außgehencket etc.

9. Stratonia wurde von Eufrasio / Sigismunda von Servulo bedient / diese beede werden so wol als Accursius / Berards Verläumdung einträgtig / und lassen ihn mit zweyen Beyständen zu erscheinen fordern /dieser dreyen ehrlichen Jungfrauen guten Namen zu retten. Berard war gewont mehr in den Spiegel / als in streiten und fechten zu erscheinen / kunte aber das Spiel nicht ausschlagen / weil er befürchtet / daß er darüber möchte geprügelt werden / und wehlte also zween böse Buben / die den Ruhm hatten / daß sie den Degen wol verstünden / und verfügen sich diese sechse auf den benamten Platz.

10. Berards zween Beystände wurden von ihren Gegnern niedergestossen / und kamen diese beede Eufrasius und Servulus dem Accursio zu hülffe / welcher Berard bereit sehr verwundet / und weil er nicht bekennen wolte / daß er vorbesagten Jungfrauen fälschlich jhre Ehre abgeschnitten / ist er endlich von ihnen dreyen durchstochen / und umb das Leben gebracht worden. Ich sage von allen dreyen / weil die Seconden deßwegen Beystände genennet werden / weil sie ihrem Principal allen Beystand zu leisten / und nach Erlegung ihres Gegners auch ihm Hülff zuthun schuldig sind.

11. Also wird einem Mann vergolten / darnach sein Mund geredet hat / nach dem Ausspruch Salomons. Der Mund deß Narrens schadet ihm [162] selbst / und seine Lippen fahen seine eigne Seele. Die Wort deß Verleumbders sind Schläge / und gehen einem redlichen Mann durch das Hertz / sind Wort deß ersternanten Königs in seinen Sprüchen am 18. Cap. So lang die Teutschen sich der Redligkeit befliessen / und ein Wort ein Wort / ein Mann ein Mann verblieben / ist es wol gestanden. So bald aber die Falschheit und der Trug zu regieren angefangen / und Hertz und Mund nicht gleichstimmig gewesen / ist alles Unglück erfolget.


12. Wiedertritt.

1.
Was ist doch ein falscher Ruhm?
Eine bald verwelckte Blum.
Eine schnell verdorrte Blum /
Ist der falsch besagte Ruhm.
2.
Was ist doch der schmeuchel Ruhm?
Aller Narren Eigenthum /
Stoltzer Gauchen Eigenthum
Ist der nicht erwiesne Ruhm.
3.
Was ist selbsterhabner Ruhm?
Saltz das faulet und wird tumm.
Sol die Witz nicht werden tumm.
Muß man fliehen Ehr und Ruhm.
4.
Was ist selbst gesuchter Ruhm?
Eine Quelle welche glumm /
Weisend alles trüb und glumm /
Wie der falsch gerühmte Ruhm.
5.
Besser ist fast werden stumm /
Als mit den vernichten Ruhm /
Aller Narren Eigenthum /
Seine Reden machen krumm.
49. Die erkauffte Meß
(XLIX.)
Die erkauffte Meß.

Augustinus schreibet in seinem Buch von der Statt Gottes / dz der Höchste den Römern Glück [163] und Segen zu dem nach und nach erlangten Haubtreich gegeben /weil sie auch ihre falsche Götter geehret / und gefürchtet: Ob wol solcher Gottesdienst ihm nicht gefällig seyn können / sey doch der Vorsatz zu loben gewesen etc. Dieses lassen wir an seinem Ort beruhen /und die Beurtheilung solcher Meinung zu mehr verständiger erachten gestellet seyn: erzehlen aber hier eine Geschichte aus Ænea Sylvio / Sabellico und de Verdier / welcher vielleicht nicht wenig nachdencken verursachen möchte.

2. In Lothringen hat ein alter melancolischer Edelmann die Einbildung gehabt / er müsse sich erhangen: solchem vorzukommen / ist ihm gerahtē worden / er solte täglich eine Messe hörē / so werde er dieser bösen Gedancken vergessen. Als er nun auff eine Zeit Ehhafftē hatte / und die Meß versaumt / gehet er in grosser Traurigkeit spatzieren / und weiß nicht / welcher gestalt er diese Sünde wiederumb ersetzen und büssen solte: weil ihm das hencken stetig im Kopffe lage.

3. In dem begegnet im ein Bauer / der höret seinem Klagen und jammern lang zu: fraget hernach was ihm anliege / und zu so verzweiffelten reden Ursach gebe? Der Edelmann sagte / daß er die Messe verabsaumet /und deßwegen seines Leides kein Ende wisse. Der Bauer versetzte / daß dieses eine schlechte Sache /und hette er hingegen zwo Messen gehöret / wolte ihm eine verkauffen / etc.

4. Der Edelmann erfreute sich sehr über solchem erbietē / und weil er kein Gelt bey sich / giebt er ihm für die Messe seinen roten scharlacken Rock / welchen er also bald abziehet / und dem Bauern anleget: scheiden also beede frölich von einander / und vermeint der Bauer er habe seine Messe sehr theuer angebracht. Dieses begabe sich in dem Feld / nechst bey einem hohen Eigbaum.

5. Folgenden Tages fügte sich daß der Edelmann wiederumb an solchen Ort spatzierte / und mit grosser Verwunderung sahe / daß der Bauer / welcher ihm die Messe verkaufft / in dem scharlacken Rock an dem Baumen erhanckt war: darüber er mit furcht und[164] schrecken wieder nach Hauß kehret / unn diese Geschichte andern erzehlet / welche dahin gelauffen /und die Sache beschriebener massen gefunden / ihn auch dardurch von seiner Einbildung geholffen.

6. Ob dieses ein Gespenst in deß Bauren Gestalt /oder ob GOtt solches zu Bestraffung seiner Leichtfertigkeit beschehen / lassen wir dahin gestellet seyn. Wann alle / welche die Messen verkauffen / also sterben solten / würden Baumen zerrinnen. Eines andern gute Werke können mich nicht rechtfertigen / der Gerechte wird seines / und keines fremden Glaubens leben: daher jener recht gesagt: wir haben die für uns singen / beten / Meß lesen und fasten / aber niemand haben wir / der für uns in die Hölle fähret.

7. Daß die Meß in der H. Schrifft nicht befohlen /und unser Hoherpriester einmal in das Allerheiligste eingegangen / ist aus der Epistel an die Hebreer am 10. und 11. Capitel ümbständig zu lesen. Ob nun in der Meß das H. Abendmahl nach Christi Einsetzung gehalten werde / und ob fünff- in sechshundere Jahre /nach der Apostelzeit einige Anzeig von dem Opffer für Todte und Lebendige / zu finden / mögen die Schrifftgelehrte verfechten / und ist hiervon zu reden dieses Orts nicht.

8. Das Weib welches Johannes in 12. Capitel der Offenbarung gesehen / vergleichen etliche mit dem guten Vorsatz eines glaubigen Menschen / welcher in Gottes Huld und Gnade ist / daher ihm Sonn und Mond und alle Sterne dienen. Ein solcher Mensch erzeigt oder bringt an das Liecht gute Gedancken /Wort und Wercke / wie hingegen böse Lüste die Sünde gebehren / hier wartet aber und wachet der alte Drach / daß er solches gute und heil. verfahren unterbreche / und zu Grund richte. Deßwegen sol die gläubige Seele ihre Zuflucht nehmen zu der Einsamkeit /in ihr Kämmerlein gehen / und nicht für der Welt hochangesehen seyn wollen / dann GOtt erkennet die seinen / und liebet nicht das grosse Gepräge und das eusserliche Kirchen-Begängnis / in welchem sich leider heut zu Tage die innerliche Hertzens-Andacht[165] unser lieben Vorfahren verwandelt / wie Grotius in seinem Büchlein von der wahren Religion verständig urtheilt.


9. Unser Hertz ist oben offen /
Daß wir allen Erdenthand
Und der Höllen Unterpfand
Hassen / und dargegen hoffen
Auf deß Himmels Gnadenliecht /
So den Frommen nie gebricht.
50. Das Gespänst
(L.)
Das Gespänst.

Wir wollen auch auf diesen Schauplatz führen ein Gespenst / welches einen Frantzösischen Edelmann Robert genant / in Welschland bey Nacht / als er irr geritten / erschienen / und ihn in ein Wirtshauß gewiesen / in welchem der Wirt und Gäste Mördern und Strassenräubern gleich gesehen / deßwegen sich Robert zum Feuer gesetzet / seinen Degen in acht genommen / sein Pistol fertig gehalten / und in einem Buch gelesen.

2. Zu Mitternacht kommt das Gespänst wieder /und weiset ihm er solte folgen / welches er auch gethan / und in einem Garten zu einem Brunnen geführet worden / aldar das Gespänst verschwunden: Er wil nicht wieder zu rucke in das Hauß kehren / sondern erwartet mit grossem Verlangen / deß Tages / mit welches Morgenröte er wiederumb verreiset / und der Obrigkeit darbey anzeigt / was ihm begegnet: da dann so bald nachgeforschet und ein Kauffmann / der neulich ermordet / in dem Brunnen gefunden worden: deßwegen man etliche von den Thätern ergriffen / die ihre gebührende Straffe außstehen müssen.

3. Zween Tage hernach erscheint dieses Gespänst Robert wiederumb / und verspricht / ihm drey Tage für seinen Tod zu warnen / weil er gethan was recht gewesen. Verschwindet darauf und lässet ihn in düstern Gedancken nachsinnen / ob es ein guter oder böser Geist: massen er sich bestürtzt und ohne Trost /welchen sonsten die guten Geister hinter sich lassen /[166] wie auch ohne Furcht / so die bösen Geister mit sich bringen / befunden.

4. Nach dem er wieder in Franckreich gekehret /sich verheuratet und in allem wolergehn lebte kommet das Gespänst wiederumb / und sagt ihm er solte sein Hauß beschicken / und sich zum Tod bereiten / in dreyen Tagen werde er diese Welt verlassen müssen. Eine traurige Zeitung dem der gute Tage hatte / und fast zu vergleichen mit der Hand welche dem König Belzazar seinen Untergang verkündiget / oder mit Ezechiels Botschafft an den König Hißkiam.

5. Robert lässet diese Erinnerung nicht ausser der acht / und schicket sich zu dem letzten Abscheid / wie wol er nach und nach zweiffelte an der Erfolgung /weiln die drey Tage verflossen / und er sich bey guter Gesundheit und aller Sicherheit befande. Die Nacht zu ende der drey bestimten Tage fängt der Hund / welchen Robert in seiner Kammer schlaffen lassen an zu bellen: Er springt aus dem Bette ergreifft den Degen /eröffnet die Kammer / und wil das Gesind aufwecken / in dem wird er auf der Stiegen durch und durch gestochen / daß ihm der Degen in dem Leib stecken verbleibt / und der Thäter über seinem halbtodten Leichnam darvon springt.

6. Wer dieser Meuchelmörder gewesen / kunte niemand wissen / allein wurde der Degen erkannt / daß er Sarmont / einem seiner besten Freunde zuständig /der sich damals in Holland aufgehalten. Robert verzeihet seinem Mörder von Hertzen / und befihle man sol deßwegen keine Nachfrage halten / verstirbt also folgenden Tages sehr Christlich.

7. Sarmont / deß verstorbnen Freund / hatte umb Nerinam vor Robert gebulet / und war in dem Hause vor seinem verreisen in Niederland wol bekannt gewesen: daher nahme Falsia die Magd im Hause Ursach außzugeben / Sarmont hette ihren Herrn den Robert umgebracht / und hielte sich heimlich in der Gegend auf / wie der Degen beglaubt / oder hette ihn verrähterischer weise erwürgen lassen / durch einen andern / Nerinam die hinterlassne Wittib / zu freyen.

[167] 8. Diese Verleumbdung wurde hernach offenbar /als Falsia sich auf schwerem Fusse befande / und in Kinds- und Todesnöhten bekente / Morin Sarmonts Diener / welchen er wehrhafft gemacht / und mit seinem Degen beschencket / were Vater zu ihrem Kind /und Roberts Mörder: Aller massen auch besagter Morin solche Warheit durch seine Flucht bestettiget.

9. Hierbey könte man fragen: Ob und wie der Satan das zukünfftige wisse? Ob alle Gespänste Teuffels Wercke? Ob der ermordten Geister sich eine zeitlang sehen lassen? Ob auch die Frommen nach diesem Leben wieder erscheinen könnē? Viel dergleichē Fragen wollen wir zu andrer Gelegenheiten versparen.

10. In zwischen aber ist zu lernen / dz man die Vorsagung der Todesstunde nicht sol aus dem Sinn schlagē / wie Julius Cæsar und König Heinrich der vierdte dieses Namens gethan: sondern sich einen Tag zuvor zum Tode bereitet / wie jener Rabbi gesagt / als ihm aber der andre geantwortet / daß man eben solchen Tag nicht wissen könte / hat der Rabbi geantwortet: Darumb musse man sich alle Tage darzu gefasst machen / weil wir alle Tage dem Tode näher kommen: Und Sirach vermahnet deßgleichen / wann er saget: Mensch was du thust / so betrachte dz Ende.

Rähtsel.
An den Leser.

Sag kennest du das Hauß / so von Papier gebauet:
Hat einen grossen Platz / da man gebildet schauet
Mit schwartzer Dinten Farb / so manches Trauerspiel?
Der zarte Pinsel ist mein leichter Federkiel.

Ende deß andern Theils.

Der Dritte Theil

Register der Geschichte deß Dritten Theils
Jämmerlicher Mordgeschichte.
LI. Die übergrosse Untreue.
LII. Die verdiente Bestraffung.
LIII. Die jämmerliche Verzweifflung.
LIV. Der Ehrvergessne Gerhaber.
LV. Der Glück und Unglücks-fall.
LVI. Die gestrafften Balger.
LVII. Das gefallene Schoßkind.
LVIII. Das frevle Beginnen.
LIX. Die Gottsvergessne Eifersucht.
LX. Die unerwarte Straffe.
LXI. Die verwirrte Irrung.
LXII. Der gefährte Pfandmann.
LXIII. Die gefährliche Nachahmung.
LXIV. Der tödliche Schrecken.
LXV. Der ungetreue Bruder.
LXVI. Deß überwundnen Obsieg.
LXVII. Die ungleichen Schwestern.
LXVIII. Die entdeckte Verrähterey.
LXIX. Die feindlichen Beystände.
LXX. Die Festmacher.
LXXI. Der falsche Bruder.
LXXII. Die unkeusche Mutter.
LXXIII. Der leichfertige Hader.
LXXIV. Der verwegne Artzt.
LXXV. Das Gespänst.
51. Die übergrosse Untreu
[170] (LI.)
Die übergrosse Untreu.

Unser Erlöser fraget / (Luc. 18. v. 8. 4. Chr. 5. v. 1.) ob Er auch zu Zeiten seiner letzten Zukunfft Glauben finden werde? Dieses verstehen ihrer etliche von dem politischen Glauben / Treue und Festhaltung dessen /was man zugesagt / verbriefet und gelobet. Andre legen es aus von dem Seligmachenden Glauben / und hanget fest beedes an einander; massen ein frommer Christ niemals untreulich / ein ruchloser Mensch aber / niemals oder ja selten redlich handlen wird. Die Falscheit und der Trug ist Gott ein Greuel / weil es herrühret von dem Lügner von Anbegin / und bleibt nicht ungestrafft.

2. Ein Exempel dessen kan seyn Armilla eines Kauffmanns zu Arles Tochter / welcher übergrosse Untreue gegen ihren Mann / ein wolverdientes jämmerliches Ende genommen / und also in deß Verderbers Stricken / ausser allen Zweiffel in den Höllischen Abgrund hingeraffet worden / wie wir ümständig hören wollen.

3. Zu der Zeit als Franckreich mit einheimischen Kriegen gefähret war / lebten zu Arles zween Kauffherren Adalgar und Hornhold / welche mit Gewürtz Gewerb trieben / und Handelsgesellschaffter waren. Sie waren beede gleich reich / in diesem aber unterschieden / daß Adalgar viel Kinder und grosse Unkosten zu tragen: Hornhold aber war noch in ledigem Stande / und legte zu rucke / was der ander mehr [171] außgeben muste. Jener klagte über den grossen Aufgang seines Haußwesens; dieser über die Einsamkeit / und daß er nicht wüste / wem er das seine sparte: massen die Menschen so beschaffen / daß keiner mit seinem Zustande zufrieden / und in dem sie auch auf das künfftige sorgen / sich der gegenwertigen Ruhe berauben.

4. Adalgar hatte eine mannbare Tochter / Armilla genannt / welche Hornhold in seinem funfftzigsten Jahre / durch Unterhandlung guter Freunde / vertrauet wurde: Der Hoffnung es solte hierdurch ihr Gewerb unzertheilt in gutem Wolstand fortgesetzet werden: ohne Betrachtung daß so gar ungleiche Rinder / als Männer und Kinder / übel an einem Joche ziehen würden: massen Armilla kaum das siebenzehende Jahr angetretten hatte / und in diesen Alten so brünstig verliebet war / als ein gemahltes Feuer.

5. Adalgar hatte sein Absehen auf den Reichthum /wie gesagt / und nöhtigte seine Tochter / daß sie alle Entschuldigung fallen / und Hornhold nehmen muste. Sie war kaum in den Ehestand getretten / so muste ihr Hornhold schöne Kleider und allerhand neues Geretlein schaffen / welches der Alte / wiewol ungerne / jedoch aus Liebe fast überflüssig gethan daß er vielmehr ihr Diener und Verleger / als ihr Eh-Herr worden. Mit so wol außgeziertem Angesicht / suchte sie täglich gute / oder vielmehr böse Gesellschafften /und der fromme Alte liesse ihr eigenwillige Freyheit /daß nicht zu verwundern / daß dieses Schiff ohne Steuermann / auf so gefährlichem Meere von den Wellen und Winden getrieben / an den nechsten Felsen gescheidert und zerdrümmert.

6. Sie kunte leichtlich einen jungen finden der ihr lieber und angenemer / als ihr alter Mann / von welchem sie so verächtlich redete / daß man wol hören kunte / daß sie nach dem Wechsel gelüstet / den sie auch bald mit etlichen Jünglingen geschlossen. Jener Kirchenlehrer sagt recht / »daß es eine grosse Wolthat Gottts / die erste Sünde erkennen damit man nicht[172] blindlingsweis zu der andern und dritten schreite.« Hornhold wurde von guten Freunden berichtet / daß seine Frau auch andern wolgefalle und sich in bösen Verdacht setze. etc. Er wil es aber nicht glauben /sondern entschuldiget ihre Jugend / und sihet auch nicht einmal saur darzu / daß er also nicht geeifert /wie andre Alte Männer mit ihren jungen Weibern zu thun pflegen.

7. Unter den vielen Aufwartern dieser niekeuschen Penelope / war ein Soldat / ein frisches Glückskind /daß sich nicht weniger mit dem Degen als mit der Liebe berühmt zu machen bemühete; massen auch in dem Gestirn Mars und Venus offt in einem Hause gefunden werden. Dieser war der Armilla Liebster /deme sie auch seine Arbeit wol belohnte / wie dort vom Israel stehet / daß es / als eine Hure / noch Geld gebe ihrem Bulen / der ihr nachlauffe wie ein wierender Hengst dem Mutterpferde. Sie halten manchen Anschlag / sich mit einander zu verehlichen / wann sie nur vor ein Kind mit Hornhold erzeuget (dann ihn von dem Brod zuthun / Mittel nicht ermanglen solten /) der das Gütlein erben möchte. Gott aber / dem Gottloses wesen nicht gefället / hat Armilla Leib verschlossen / daß sie nicht gebehren kunte.

8. Eine halbe Meil von der Statt war ein Dorff /und in demselben eine berühmte Kirche. Dahin gange und fuhre Armilla mit ihrem Anhang / unter dem Schein sonderlicher Andacht / und war unferne darvon ein Hauß / welches ihnen der Goldregen zu ihren Sündengewerb eröffnet hatte. Wer Gott zu betrügen vermeinet / muß sich betrogen finden / wie Tetrade /(also nennte sich der Soldat) der in einem Scharmützel von dem Feinde gefangen / und in einem tiefen Thurn geworffen worden. Als er nun ein grosses Lösegeld zahlen sollen / und auf sein Wort / Treu und Glauben (von einem gemeinen Soldaten ein schlechtes Unterpfand) zu entkommen vermeint / hat ihn doch damals der Schloß-Haubtmann nicht lassen wollen. Diesem erzehlte nun der Gefangene / daß er so glückselig / und von der schönsten Frauen in [173] Arles geliebet werde; bittend ihn ein Brieflein an sie / durch einen Trommelschläger überbringen zu lassen / nicht zweifflend / daß sie ihn / als ihren wolverdienten Liebhaber / außlösen würde.

9. Damas hatte verlangen dieses schöne Weib auch zusehen / und als das Lösegeld dergestalt verglichen /daß Armilla selbes in vorbesagtes Dorff bringen solte / führet Damas den Gefangenen dargegen in Person hin / und so bald er der Armilla ansichtig worden /gewinnt er sie lieb / und führet sie / gegen Loßlassung deß Gefangenen / darvon. Tetrande wolte solches erstlich mit Worten / hernach mit gewehrter Hand verhindern / wird aber darüber von Damas Soldaten niedergeschossen / und Armilla darvon geführt / welche sich beklagt / daß Damas nicht Treue und Glauben halte; muß aber hören / daß sie gleichfals ihren Mann / welchen sie ihre Treu in Angesicht der Kirchen versprochen / nicht leiste. Er begehre deß Lößgeldes nicht für Tetrande / sondern habe ihn loßgelassen / und sie dargegen angehalten. etc.

10. Der Armilla Threnen / wegen Tetrande / wurde von Damas küssen getrucknet / und hat sie an diesem gefunden / was an jenem verlohren / daß ihr also ihre Gefängnis eine süsse Freyheit / die Freyheit aber / bey ihren Alten / eine harte Gefängschafft gewesen. Hornhold verstehet / daß Armilla / als sie jhrer Andacht nachgezogen / gefangen worden / und versichert sich ihrer Tugend / daß er nichts weniger als Betrug gefürchtet / sondern an Damas freundlichst geschrieben / 1000. Kronen Lößgeld / für seine Frau gebotten /frey geleit / solches zu überbringen / gebetten / und weil Damas der Armilla Liebe ermüdet / (wie bey solchen Schleppen zu geschehen pfleget) leichtlich erlangt.

11. So bald nun Hornhold in Damas Schloß ankommet / fället ihn dieses untreue Weib üm den Hals / hertzet und küsset ihn / lobt Damas / daß er ihre Ehre geschützet / und bedancket sich der grossen Liebe / welche er gegen sie unwürdige würklich verspühren lasse etc. Hornhold glaubte diesen falschen Worten / [174] und erweiset / daß er mit der That seinen Hörnern-Hold / weil er derselben ursache so teur erkauffen will. Ee zehlet die 1000. Kronen / und sagt seinem Weibe / daß er noch so viel bey sich / weil er nicht wissen können / ob nicht ein mehrers von nöthen seyn möchte. So bald Armilla dieses verstanden /findet sie sich zu Damas / und beklaget sich / daß er sie ihrem Alten unwissend verkaufft / und bittet ihn niederzumachen / und sie zu ehlichen. Damas sagt /daß er mit solcher Untreue seinen Namen nicht zu befleckten gedenke / weil er ihme sicheres Geleit versprochen / etc.

12. Wol / sagte die Treuvergessne / so will ich ihm Gifft beybringen / daß er die 1000. Kronen / so er noch bey sich / euch / und auch mich hinterlassen muß. Damas erstaunte über der grossen Undankbarkeit dieses Ehrvergessnen Weibs / und fürchtete / daß sie mit der Zeit ihme dergleichen Sůpplein auch beybringen möchte / oder das er ihr zu Gebotte würde stehen müssen / und sagte / daß sie so übel an ihren Mann nicht thun solte / und gedachte bey sich so teufflisches Beginnen zu rächen. Suchet deßwegen Gelegenheit von ihr zu kommen / und mit seiner Soldaten einem zu reden / befehlend / daß man Morgens ein Frühstück zurichten solte / wie auch geschehen.

13. Man setzte Hornhold mit an den Tisch / und hatte er kaum drey Bissen geessen / als Armilla ihme den vergifften Tranck überreichte / welches Damas ersehen / ihr das Geschirr aus den Handen genommen /und zu ihn in Gegenwart aller seiner Befelchshaber /also zu reden angefangen: Halt innen / guter Freund /und höre die übergrosse Untreue / deines treuvergessnen Eheweibs. Erzehlt darauf was sich mit Tetrande und ihme begeben / und wie sie jetzund ihn mit Gifft hinzurichten gewillet. Nach deme er nun gleichsam auf dem Dache gepredigt / was in verborgnem geschehen / setzt er der Armilla den Dolchen an die Gurgel /und nöhtigete diese verfluchte Ehebrecherin / daß sie ihren Gifftgetrank selbsten aussauffen müssen.

[175] 14. Nach deme sie das Gifft / in Hoffnung man werde ihr wieder eine Gegengifft beybringen / genommen / hatte sie kaum so viel Zeit / daß sie gebeichtet /und hat also Untreu seinen eignen Herrn getroffen /daß sie tod zur Erden gesuncken. Hornhold hat Gott gedanckt / daß er dieser Wölffin / welche brünstig nach Menschen Fleisch gehungert / ist erlediget worden. Nach dem er auch wieder sicher nach Arles kommen / und seine 2000. Kronen mitgebracht (weil Damas das Geld wegen der Gefangenen Tode aus Großmütigkeit / nicht behalten wollen /) hat er seine Lebenszeit in den Wittibstand geendet / und mit einer so betrüglichen Waar / als die Weiber / nicht mehr handlen wollen.

15. Also richtet GOttes Gerechtigkeit der Menschen Boßheit / und betrüget sich die Einfalt selbsten. Wie die Rosen / nechst dem Knobloch gepflantzt /stärcker riechen; also wird die Tugend durch der Laster Erkentnis befördert / und derselben gutes Gerücht erkannt. Die erste Staffel gutes zu thun ist / das Böse fliehen / welches nicht abscheulicher außgebildet werden kan / als neben der darauf erfolgten schweren Bestraffung.


Der den Armen recht verschaffet /
und die Sünde langsam straffet /
giebt zur Busse lange Zeit /
endlich nie geendtes Leid.
52. Die verdiente Bestraffung
(LII.)
Die verdiente Bestraffung.

Wann die Menschen glauben / daß Gott gerecht / und seine Gerichte gerecht / so würden sie auch glauben /daß Er das Böse nicht ungestrafft hingehen lasse; sondern hie zeitlich und dort ewig (wann nicht wahre Busse erfolgt) zorniglich räche. Wer böß ist bleibt nicht für Ihm / und hat jener recht gesagt / als er der Christen unchristliches Leben gesehē: [176] Entweder es ist nicht wahr was euch Christus befohlen / oder ihr seid keine Christen / weil ihr seinen Befehl nicht nachkommet / welcher ist / daß ihr Euch solt unter einander lieben / und darbey erkennen machen / daß ihr seine Jünger seyd. Wie man nun die Frommen an der Liebe deß Nechsten bemerket / also werden auch die Bösen an fleischlicher Brunst erkannt / die ein Werk ist deß Satans / und deß Wieder Christens / wie aus nachfolgender Geschichte / nicht sonder hermen zu vernehmen seyn wird.

2. Ein Spanischer Mönch und ein Rahtsherr bey 60. Jahren alt in Franckreich haben sich durch die Liebe einer Portugäsischen Dirne bethören lassen /welche ohne Geschwisterigt mit ihren Eltern dahin gekommen / und diese alte Stämmer wieder grünen ma chen. Beede nun haben sich ohne Eifer mit dieser Delila betragen / und ihr zu Morain / einen Sachwalter bey Gerichte / verholffen / damit / wann sie schwanger werden solte / gesichert / und ihrer so viel offter geniessen möchten.

3. Dieser Morain wohnte zu Montgi acht meilwegs von Sanctosage / da die Hochzeit gehalten / und die Braut von dem Mönichen und Rahtherrn reichlich außgesteuret worden. Er führet nun sein Weib nach Hause / und wil sich üm keine Dienste zu Sanctosage bewerben / eines Theils / weil er nicht gar viel studieret / und ihme nicht fortzukommen getraute / anders theils / weil ihme diese Freunde verdächtig waren. Der Rahtherr folget den jungen Eheleuten und wohnet ein Monat in Morains Behausung / und ob sie wol das Spiel gantz verdeckt führten / wolte doch die Rosella wieder Sanctosage / und verachtete ihren Mann / und seine Freundschafft.

4. Morain gebrauchte sich seines Rechtes / und brachte die Frau zu seinem Gehorsam / daß ein täglicher Haußkrieg zwischen diesen zweyen entstunde. Der Rahtherr nimmet seinen Weg wieder nach Hause / und beratschlagt mit dem Mönchen / wie [177] dieser Morain wieder aus dem wege zu raumen / und ihre Liebe unverhindert zutreiben? die Frau hatte bereit in ihres Mannes Tod gewilliget / und der Mönch 100. Kronen hergeschossen / die Meuchelmörder zu bestellen. Morain kommet wieder nach Sanctosage / wegen einer Rechtfertigung / und der Rahtherr nimmt ihn in sein Hauß / hält ihme zu ehren eine Gastung / darbey der Mönich und zween Studenten Dancolas und Dießbald benante / so ihn zu tödten andre erkaufft hatten.

5. Nach der Mahlzeit führet der Rahtherr Morain spatziren / und zwar an ein ödes Ort da die Meuchelmörder dieses Gastes warteten / und mit 17. Dolchenstichen ermordet: Der Rahtherr sagt daß solches etliche Beutelschneider gethan / welche ihme sein Geld nehmen wollen / und ihn weil er sich gewehret / getödtet hetten. Dießbald wird lauffend und schnauffend von der dazu ungefehr kommenden Wacht ergriffen /und in verhafft genommen. Als solches der Mönch verstanden / entflihet er mit Dancolas nach Notain /da es Hugenoten gabe / und er sich bey dem Pfarrer deß Orts befragte / ob er auch wol sicher / weil er zu ihrer Religion getretten / und ihme sonder zweiffel /deßwegen ein Ehebruch oder Todschlag werde aufgedichtet werden?

6. Der Prediger räht ihm er sol nach Malhiau / und von dar nach Misnes / wie er auch gethan. Die Flucht und Gemeinschafft welche der Monch mit deß ermordeten Weib gehabt / machet / daß der Bannrichter zu Sanctosage Befehl bekommet / nach dem Mönchen zu greiffen / wie dann auch erfolgt / und ist er nach Wiedersprechung der Bottmässigkeit von Misnes / nach Sanctosage geführet und mit Dancolas für Gericht gestellet worden. In der Gefängnis bekennet er den gantzen Handel und schiebt die Schuld auf den Rahtherren / der ihn darzu veranlasst.

7. Als er nun zum Tode verurtheilt / und auf den Richtplatz gekommen / hat er fleissig gebett / seine Ordensbrüder die Parfůsser Mönchen zu einem [178] bessern Leben vermanet / und sich zu dem sterben eiferigst gefast gemacht. Nach deme ihme nun das für die Füsse gelegt / hat man seinen Leib in vier theile zerstücket / und ümb den Galgen gesteckt.

8. Der Rahtherr hat die Marterschmertzen der Volter mit grosser Standhafftigkeit außgestanden / und die Warheit nicht bekennen wollen. Als man ihn aber seinen Sohn / welcher 18. Jahr alt war / für Augen geführet / und an die Volter spannen wollen / hat er alles bekennt / und ist gleichfals als der Mönch hingerichtet worden. Nach ihnen ist es auch an die Studenten kommen / welche die Mörder bestellet / und haben sie gleiches Todes sterben müssen / im Jahr unsers Seeligmachers 1609. den 5. 12. 13. und 14ten Hornung.

9. Den 16 Tag besagten Monats / ist der Reyen auch an die Portugesin gekommen / welche auch enthaubtet worden / bevor aber hat sie offentlich erzehlet / wie sie aus Stoltz die Frommen verachtet / und die Bösen an sich gezogen / wie nun ihr Reyen in reuen /ihr lachen in weinen / und ihr ärgerliches Leben in einen elenden Tod verwandelt. Dieses sagte sie / ist der Lohn meiner Eitelkeit: Ich sterbe in meinem 26. Jahre / und wünsche daß solches den ersten Augenblick meines Lebens geschehen were / so hette ich GOTT nicht so beharrlich erzörnet. Ihr Weibspersonen nehmet ein Beyspiel und lernet mit meinem Schaden klug werden. Verfluchte Freyheit! Ach hette ich meiner lieben Mutter gefolget / so würde ich itzund nicht diesen Schauplatz betretten / »und die Haubtperson in diesem Trauerspiel seyn / Ach hette ich meines lieben Vatern Vermahnungen / und nicht vielmehr meiner Thorheit gefolgt / so solte ich von diesen schmälichen Tod befreyet seyn! Lieben Kinder folget euren verständigen Eltern / wann ihr nicht gleich mir unverständigen dem Hencker wollet in die Hände kommen.« Nun / mein Gott / es muß gestorben seyn! sey mir barmhertzig nach deiner grossen [179] Barmhertzigkeit. Nach dergleichen Worten ist sie von dem Scharffrichter enthaubtet worden.


10. Wer kan von der Laster Ketten
sich erretten?
Der sich von dem guten Geist
läst regieren:
wann ihn in Versuchung führen
und probiren /
was der Sünden Reitzung weist.
53. Die jämmerliche Verzweifflung
(LIII.)
Die jämmerliche Verzweifflung.

Die Wollust wird füglich mit der Jael verglichen: Die durstiglich in ihr Zelt fliehen / denen gibt sie süsse Milch zu trincken / schläffet sie ein / und schläget ihnen den Nagel durch das Gehirn / daß sie allen Verstand / und mit demselben das Leben verlieren. Etliche geraten in Verzweifflung / und werden Mörder an ihrem Leibe / fallende in die ewige Straffe / in dem sie der zeitlichen zu entfliehen vermeinen. Also haben sich die Bürger zu Neu Carthago mit Weibern und Kindern verbrennet / des Asdrubals Weib hat ihre Kinder ermordet / und ist hernach in das Feuer gesprungen / und viel andre mehr.

2. Unter den Christen aber ist die Verzweifflung so viel verdammlicher / weil wir wissen daß Gottes Gebot / du solst nicht tödten / auch von eines jeden Person absonderlich zu verstehen: massen Gott der HErr allen Leib und Seele gegeben / und von beeden Rechenschafft fordern wird. Wer nun an des Höchsten Barmhertzigkeit verzweiffelt / die so groß / als er selbsten ist / der macht Gott zu einem Lügner / und ist aller Hoffnung und alles Trosts entnommen: ja viel ärger als ein dummes Thier / das keine unsterbliche Seele hat / wie er.

3. Ein schröckliches Exempel einer Verzweifflung[180] hat sich begeben in der Picardia mit einem Edelmann Valerian Mussard / und seinem Kebsweib Johanna Presse. Dieser hatte den Ruhm daß er ein guter Soldat und tapferer Edelmann / deßwegen traute er auf seinen Degen; und als ihm einer von seinen Nachbaren eine geringe Ursach gegeben / fordere er ihn für die Klingen / und erwürget ihn auf dem Platz.

4. Deß abgelebten Wittib fällt dem König zu Fusse / und schreyet Rach über ihres Mannes Mörder / daß sich der König von ihren Thränen und zu Handhabung der erneuten Verbote aller Rauffhändel / bewegen lassen; alsobald dem Herrn Morliere zu befehlen /Mussard in verhafft zu bringen / und wegen dieser That für Gericht zu stellen.

5. Als Mussard solches zu Ohren gekommen / fliehet er auf das feste Schloß Moyencourt / da er sich /als in einem sichern Ort verschleusst. Morliere heischet es / wegen Königl. Majestet auf. Er aber antwortet / Er sey Königl. Majestet unterthäniger Diener / gehe aber nicht aus dem Hauß / er sehe dann seine Gnad mit deß Königs Siegel in Schriften verfasset /oder daß man ihme sonsten versichere seines Lebens. Hierdurch wird Morliere bewogen / daß er aus den nechsten Besatzungen so viel Volkes / als zu Eroberung des Schlosses von nöhten entbietet.

6. Mussard siehet wol den Gewalt / und hat niemand als sein Kebsweib / das Kind so er mit ihr erzeuget / und dann einen Laquayen bey sich / wil sich aber nicht ergeben. Morliere schicket den Pfarrer deß Orts hinein / ihn zu bereden / daß er dem König sich nicht wiedersetzen / sondern desselben Befehl gehorsamlich folge leisten solte / weil er keine Kräfften einer solchen Menge Volcks zu wiederstehen. Mussard aber wil zu keiner übergabe verstehen. Nach diesem sendet er hinein die Mutter seines Kebsweibes /richtet aber gleichfals bey diesen Halßstarrigen Kopfe so wenig aus / als ihre Tochter / welche mit Liebe solten zu wegen bringen / was der zeit die [181] Gewalt nicht vermögte / weil sie sich entschlossen mit ihme zu sterben.

7. Als nun Morliere Mussard inständig ermahnet /er solte seinem König gehorsamen / und das Schloß aufgeben / hat er gebetten seinem Laquayen und sein Töchterlein / welche beede an Seulen in den Graben abgelassen worden / anzunehmen. Sein Kebsweib aber beharrte mit ihme zu sterben. Nach deme sie nun solcher Unterredung gepflogen / gehen sie zu rucke /und setzen sich auf einen Scheiderhauffen welchen sie von Stroh und Holtz bereitet und angezündet hatten: damit sie aber der Marter abkommen möchten /nimmt Mussard ein Pistol und scheusst seine Johannam / sie hingegen mit einem andern Pistol ihn abgeredter massen zu boden. Weil sie solche an das Hertz gesetzet / konten sie / wie leichtlich zu erachten /nicht fehlen.

8. Morliere hatte inzwischen den Petard oder Thürenbrecher angeschraubt und spielen lassen / welcher auch das Schloß eröffnet / daß er mit seinen Leuten hinein gehen konte. Der Rauch von dem Feuer war leichtlich zu sehen / daß sie alle hinzu lauffend diese beede in den Flammen verbrennend gefunden; und ob sie wol das Feur alsobald gelescht / haben sie doch an beeden kein Leben mehr gespühret und sind also diese / welche in unreiner Brunst gelebt in so verzweiffelter Glut dahin gestorben / welcherley ohne zweiffel ihre Seelen in dem ewigen Feuer zu empfinden haben werden. Nach dem Spruch Sirachs (cap. 28. v. 27.) Wer den HErrn verlässt / der wird darein fallen / und darinnen brennen / und es wird (die Höllen flamme) nicht außgeleschet werden.


9. Der sich seiner Lust vertrauet
und auf eigne Rettung schauet
ist entwicht:
[182]
Der an Gottes Gnade zweiffelt
ist in seinem Sinn verteuffelt
schon gericht;
Weil ihm seine Missethat
übergiebt des Satans Gnad /
dessen Liecht
ist der finstre Höllen Schrein /
und die nie geendte Pein.
54. Der Ehrvergessne Gerhaber
(LIV.)
Der Ehrvergessne Gerhaber.

Der Gewalt übet im Gericht / ist eben wie ein Hofmeister der eine Jungfrau schändet / die er bewahren solte / sagt Sirach am 20. v. 2. Wie nun GOtt den nicht ungestrafft lässet / der den Armen unterdrucket /den er aufhelffen solte / der ihme sein Stücklein Brod nimmet / und ein Mörder an denen wird den er ernehren solte: Also muß gewißlich auch ein solcher Gerhaber / so seine Pfleglinge / welcher Ehre ihm zu schützen oblieget / zu schanden bringet / nicht ohne Straffe ausgehen / wie nachgesetzte Erzehlung mit mehrerem beglauben wird.

2. Sarin ein Frantzösischer Edelmann hatte einen Bruder / welcher ein Geistlicher war / und eine einige Tochter 16. in 17. Jahre alt. Diese befihlt er nun auf seinem Todtbette seinem Bruder Masero / mit Bitte sie in seinen Schutz / Aufsicht und Vorsorge zu nehmen / und sie / nach Beschaffenheit zu verheuraten /weil er sahe / daß diese Dalia kein Nonnenfleisch hatte. Masero nahme diesen Befehl willig an / und versprache seinem sterbenden Bruder mit Mund und Hand / seiner hinterlassnen Tochter treulich vorzustehen.

3. Dieses aber hat er als ein ungetreuer Gerhaber gar zu vertreulich geleistet / und als Sarin kaum die Augen zugethan / mit dieser Pflegtochter sündlich [183] zugehalten: daß also dieser ungeistliche seine Base und Bruderstochter zu einer Beyschläfferin / und aus einer Jungfrauen eine Mutter ohne Mann / ja mit ihr einen Erben ohne Vater erzeuget.

4. Verflucht ist der Acker welches Früchte der Sämann nicht begehret: verflucht ist der Mann der wegen der Wollust / und nicht wegen Fortsetzung des menschlichen Geschlechts eine Jungfrau schwächet. Als nun Masero wuste / daß seine Base von ihme geschwängert worden / lässet er ihr eine Ader öffnen /der Barbier aber merket warůmm es zu thun / und verbindet sie wieder ohne viel Blut lassen. Daß also dieses erste vorhaben die Frucht abzutreiben nicht gelungen.

5. Unter andern vielen Anschlägen / wehlet er den /welcher ihme an leichtsten zu gebührlicher Straffe bringen / und seiner verübten Missethat überführen können. Er klagt seine Pfleglinge an / daß sie verdächtig / als ob sie auf schweren Fuß gehe / und bittet sie deßwegen zu Rede zu setzen. Die Obrigkeit / welche in dergleichen Sachen durch gantz Franckreich nicht lässig ist / befihlt Daliam zu erfordern / und weil sie / genommener Abrede zu folge / gestanden /daß sie von einem Handwercksgesellen der in ihrem Hause gearbeitet / geschwängert worden / in verhafft setzen.

6. Der angegebene Vater zu ihrer Frucht / war ein armer / einfältiger und mit vielen Kindern beladner Gesell / welcher auch eingezogen / und erstlich absonderlich / nachmals mit ihr verhöret wird / da sich die Sache also befande / daß man wol sahe / daß dieser unschuldig / und ein andrer das Feuer eingelegt. Als solches der Geistliche Masero vernimmet / will er sich entschuldigen / und der Freyheit seines Standes begeben / selbsten für Gericht stellen / verhoffend sich / durch beständiges Ableugnen zu rechtfertigen.

7. Seine Abbtey / Benedictiner Ordens / war vier Meile von dar / und so bald er besagtes schrifftliches Erbieten eingegeben / setzet er sich auf sein Pferd /[184] und bittet seinen Abbt / er solle alle seine Gefälle /welcher er / wegen etlicher Aembter / viel hatte / einnehmen / ihn ausfertigen / und forthelffen / biß das Unglück / welches jhme bevorstehe / vorbey / und er wiederkommen / und seine Stelle betretten möchte. etc.

8. Der Abbt giebt ihm ein gutes Pferd / 300. Kronen in den Beutel und sendet von seinen Leuten ihrer vier mit ihme / welche Befehl hatten / ihn in dem nechstē Wald abzusetzen / auszuziehen / und also entblöset / und aller Menschen Hülffe entnommen / lauffen zu lassen. Wo er ferner hingekommen / hat man nicht erfahren können. Kurtz hernach ist der Abbt gestorben / und hat die Einkunfften Masero / welche er für sich zubehalten vermeint / auch dahinden lassen müssen.

9. Als nun die Zeit der Geburt herbey kame / fragten die Weiber in den grösten schmertzen / sie solte die Warheit sagen / und den Vater zu ihrem Kinde nahmhafft machen. Dalia beharret / daß es niemand als ihres Vatersbruder und Pflegvater. Das Kind so auf die Welt geboren worden / muste also den Namen seines Vaters Masero tragen / welcher zu dem Tod verurtheilt / und das Urtheil an seinem Bildnis / in Gegenwart der Geschwächten / vollzogen worden. Nach solchem hat Delia sie offentlich Gott / dem König und die Gemeine wegen gegebenen Ergernis /um Verzeihung bitten / und alsdenn auch ihr Urtheil /nachgehenden Inhalts anhören müssen.

10. Sie solte die Zeit ihres Lebens in einem Kloster zubringen / ihren Sohn in einem Spietal auferziehen lassen / 1000. Franken Straffe / und den unschuldig Angeklagten 20. Franken Abtrag bezahlen / welches sie auch alles vollzogen / und Gott gedanket / daß sie das Leben / so sie wegen der begangenen Blutschande verwürket / gegen einer sträfflichen Rede / erhalten. Lange Zeit hernach ist der ehrvergessne Gerhaber auf der Strassen ermordet gefunden worden.


11. Die Sünd' ist zucker süsss den unverstandnen Lippen /
Es dient zu dem Altar deß Honigs weiche Krippē.
[185]
Bald wird aus Honig Gall / das Wachs zerschmeltzt und brennt.
Wol deme der das End' in seinem Thun erkennt.
55. Der Glück- und Unglüks-fall
(LV.)
Der Glück- und Unglüks-fall.

Das Glück ist füglich mit einem Rad verglichen worden / welches die hinlauffende Zeit treibet / einen bald erhöhet / bald wiederum stürtzet / das also solche Veränderung / allein die Diamantinen Tugendketten hemmen und einhalten können. Wer nun solche nicht hat kan sich seiner Hoheit leichtlich mißbrauchen /und in eusserstes Verderben stürtzen / daß man auch hievon sagen kan / was man sonsten von den Regimenten lieset / daß nemlich das Glück bestehe in dreyen Seufftzern / 1. solches zu erlangen. 2. zu behalten / und 3. zu verliehren.

2. Solche Wendung deß Glückrads hat auch erfahren Roderic Calderon / von seinem Vatern Frantz Calderon / und Maria Sandelin in Unehren erzeuget /nachmals aber durch erfolgten Ehestand zu Antdorff zu einem ehlichen Kind gemachet / oder legitimiret worden. Sein Vater hatte bald nach dieses seines Sohns Geburt / seine Mutter durch den zeitlichen Tod verlohren / und sich nach Valladolid seine Geburtsstatt begeben / da er Gott gedankt / für so viel vermögens / daß er keinem dienen / und keines Dieners von nöthen hatte.

3. Nach deme sich nun Frantz Calderon wieder verheuratet / und seinē Sohn Roderic / von der Stiefmutter / übelgehalten sahe / hat er ihn für einen Edelknaben bey dem Cantzler von Arragonien / in Dienste gebracht / und weil er ein schöner Knab und hurtigen Verstands / ist er hernach zu dem Hertzog von Lerma / welcher als Affter König gantz Spanien regieret /kommen / und desselben obersten Kammerdiener worden.

[186] 4. Durch gnädig Handbietung dieses Hn. ist besagter Roderic in des König Dienste getretten / und weil er die Feder wol geführet Secretarius oder Geheimschreiber und zu den wichtigsten Beschäfftigungen der gantzen Regierung gezogen worden. Sein Gehirn war rein / sein Ansehen herrlich / in Berahtschlagung einer Sache bedachtsam / und mit vielen Hof-Tugenden begabt / daß man ihme nichts aufrücken können /als den Stoltz und Hochmut gegen seine Diener / welcher damals nicht wenig waren.

5. In so hoher Ehrenstelle freyte er die Gräfin von Oliva / und wird ein Ritter von S. Jacob / bald hernach Regent zu Ocana und Graf von Oliva (welchen Titel er auch seinem Erstgebornen Sohn hinterlassen.) Endlich bringet er es so weit / daß er Marggraf und Hauptmann über seines Kön. Teutsche Leibwachte wird. Er bringt auch seinen alten Vater bey Hofe an /daß ihn der König zu einem Johanniter Ritter machet / und eine kleine Grafschafft Suegro schencket.

6. Also blitzte dieses Roderico Glück durch gantz Hispanien / und wurde er durch deß Hertzogs von Lerma Behuf so groß / daß er alle andre neben sich für klein und verächtlich hielte / deßwegen er auch von allem Adel gehasset / und gefürchtet / ja von den meisten mit falschen Hertzen bedienet wurde. Was bey den Hertzogen / und bey dem Könige zu verrichten / musste durch Calderons Hand gehen / und verbliebe meinsten Theils bey seinem Ausspruch.

7. Nach dem der Hertzog von Lerma auf seine Güter verwiesen wurde / hatte Caldron keinen Auffenthalt; sondern wird von dem gemeinen Mann vieler heimlichen Todschläge / Falschheit / Zauberkünste /und sonderlich / daß er grosses Geld dem Königlichen Einkunfften entwendet / beschuldiget. Damit ihme nun kein Schimpf wiederfahren möchte / fordert er sich von Hofe ab / und begiebt sich nach Valadolid /der Hofnung sich für fernerem Unglück zu sichern.

[187] 8. Von der Zeit an hat ihn sein böses Gewisses bey guten Freunden verborgen gehalten / und hat er so wol seine Verrichtungen / als das meinste seines Reichthums zu Hofe gelassen / und dahin geschicket. Der König aber / als er vernommen / wie dieses sein Geschöpf aus der art geschlagen / und sich zu einem Gefäß der Unehren gemachet / hat er es zerbrechen /und in seine erste Nichtigkeit setzen wollen / welches er auch leichtlich gethan: »massen die Hofcreaturen /aus nichts erschaffen / und wieder zu nichts zu werden pflegen.«

9. Als er nun in Verhafft gebracht / und seine Register und Briefe durchsehen worden / hat sich grosser Betrug gefunden / daß er den König und die grossen zu Hofe fälschlich hintergangen / bezwackt und sich bereichert. Er wird an die peinliche Frage geworffen /stehet aber alles mit grosser Gedult aus / und sandte sich daß er Alonso de Caravaial und Augustin de Avila / wie auch Frantz Xuara ermorden lassen / und wegen seines Betrugs / in den Königl. Außschreiben /den Tod verdienet.

10. Also wurde er auf eingebrachte sattsame Kundschafft / aller Ehren entsetzet / für unedel erkannt /und weil 242. Missethaten auf ihn gebracht worden /ist er 125000. Ducaten / zu bezahlen verurtheilt worden / daß er sol auf einen Maul Esel / durch alle vornehme Gassen der Statt Valladolid reiten / und auf dem Richtplatz / nach Anhörung aller seiner Mißhandlungen erdrosselt werden. Das enthaupten ist in Hispanien der Verrähter Straffe.

11. Als ihme nun dieses Urtheil vorgelesen / und noch etliche Tage zu seiner Bekehrung verstattet worden / hat er den Schreiber / der solches verrichtet umfangen / ihm gedankt / und erfreuet / daß er aus diesem elenden Leben einmal scheiden solte. Darauf auch gebeichtet / ernstliche Neu- und Buß-Zeichen sehen lassen / und Gott brünstiglich ümb Vergebung seiner grossen und vielfaltigen Sünden angeruffen / ja gantze Nächte auf seinen Knien liegend gebetet.

[188] 12. Im Jahre 1621. den 12. des Weinmonats hat man eine Pinnen oder Schauprucken aufgerichtet /und den Verurtheilten / in einem Trauermantel / durch viel Mönchen auf besagtem Maulthier / durch etliche Gassen von dem Hencker geführet / dahin gebracht. Sein Angesicht war bedecket mit einem Flor / und neben ihme zween Schergen / vor ihme etliche Schüler von der Brüderschafft der H. Theresia. Sein Beichtvater sprache ihn zu / er solte sich ermannen /und dem Tod / unverzagt unter Augen tretten. Darauf er diese Wort gesagt: Ich sterbe eines schmählichen Todes / das ich wol verdienet / tröste mich aber meines lieben HErrn Christi / der unschuldig für meine Schuld und Sünde / eines noch schmählichern Todes gestorben. Hat auch das Crucifix zum offtern geküsset / seine Augen gen Himmel erhaben / und Gott angeruffen.

13. Als ihn der Scharffrichter ümb verzeihung gebetten / hat er ihn geküsst / und gesagt er halte ihn für seinen grössten Freund / hat ihme also Hände und Füsse binden / und sich mit einem seidnem Strang erdrosseln lassen / in dem die Geistlichen und alles Volck für seine Seele gebetten. Zu Abends ist er her nach / jedoch mit Verbott / daß niemand seinen Leichnam begleiten solte / in die Carmeliter Kirchen begraben worden.

14. Also wurde dieses Calideron welcher aus keinem Ehebett geborn / und deßwegen vielleicht von so viel bessrer Leibsbeschaffenheit gewesen (massen solche Liebesfrüchte fleissiger als in dem Ehstand gepflantzet werden) hingerichtet / als er von einem armen Gesellen / die höchste Ehre / und jährlich 183333. Frantzösische Kronen Einkunfften erlangt /solcher Königl. Gnade aber schändlichst mißbraucht /und Gott / seinem König / und fast alle so mit ihme zu schaffen gehabt / stöltziglich beleidiget.

15. Das Wörtlein Glük gibt mit verkehrten Buchstaben klüg / daher wir auf solche Gedanken kommen:


[189]
Sol dein Glück ein Glück verbleiben /
must du klug und wachsam seyn:
dann der Falschheit stoltzer Schein
wird dich sonst zu boden treiben.
56. Die gestrafften Balger
(LVI.)
Die gestrafften Balger.

Die Gesetze der Könige und Oberherren sind gleichsam Zweige und Sprossen Göttlicher Gesetze / welche die selbstrache einstimmig verbieten und die Gerechtigkeit für der Beleidigten Zuflucht gehalten haben wollen. Das Gebot du solt nicht tödten, ist dem natürlichen und allen Menschen eingebornen Rechten so gemäß / daß es auch alle Heiden erkannt / und solches übertrettung nicht ungestrafft gelassen. Es hat aber der Menschenfeind ein gantz wideriges Gebott / auf den Grund einer nichtigen Ehre gesetzet und giebt den Menschen wegen geringer Ursache ein: du solst tödten: Wie wir dieses bey unsren Kriegszeiten da das Christenblut vergossen wird wie Wasser / und auch sonsten in Befedung vieler Rachgierigen sehen.

2. Unter diesen letzten ist zu meiner Zeit der vornemste gewesen Bouteville / welcher 21. mahl seine Feinde vor der Klingen gesehen / und meinsten theils ümb so geringer Ursach willen / daß solche nicht eines Worts / zugeschweigen Leib- und Seelen gefahre wehrt seyn sollen: Ungeachtet solches ein Verbrechen dardurch der Adel (nach Inhalt der Kön. Verbote) verlohren / der Verbrecher Güter dem König verfallen / sie aller Ehren versetzet / durch den Hencker hingerichtet / und ihr Leichnam in keine gezweyte Oerter begraben werden.

3. Dieses alles hat Bouteville / als Landkündige Sachen / wol gewust / aber doch nicht unterlassen /den Grafen Pontgibault an dem H. Ostertag zu [190] nöthigen / daß er sich mit ihme rauffen müssen. Deßwegen das Parlement zu Paris nach ihnen greiffen lassen / sie sich aber mit der Flucht gerettet. Eben dieser Bouteville hat 1626. den Grafen Torigny in der Faßnacht für die Klingen gefordert und erstochen. Das folgende Jahr hat er sich und Freyherr Frete gerauft mit Poissy und S. Germein / da Frete deß Boutevills Beystand erstochen worden.

4. Weil nun bey so vielen Verbrechen wieder die Königlichen Gebotte / Bouteville in gantz Frankreich nicht sicher / hat er sich nach Brüssel begeben / benebens den Grafen von Chapelle seinem vertrauten Freund. Der Marggraf von Beuveren / willens deß Grafen von Torigny Tod zu rächen / ziehet mit seinem Breuter nach Brüssel / und weil der König solches in Erfahrung gebracht / lässet er an die Ertzhertzogin Isabella schreiben / daß sie diese seine Unterthanen /nicht solte zusammen lassen.

5. Die Ertzhertzogin erweiset dem Herren Bouteville grosse Ehre / wegen einer Fräulein von dem Hause Montmorency / welche sie an ihrem Hofe hatte / und ersucht den Marggrafen Spinola diese beede Herren zu vergleichen / welches er auch mit beederseits guten Vergnügen gethan. »Wie aber die geheilten Beinbrüche zu gewisser Monatszeits Schmertzen verursachen; also sind die verglichnen Feindschafften. Beede nehmen ihre Wege in Lothringen / weil Beuvern sich vernehmen lassen / er könne nicht zu frieden seyn / er habe denn Bouteville für der Klingen gesehen.«

6. Beuvron raiset nach Paris / und ob wol der König von der Ertzhertzogin eine Fürbitte wegen Bouteville eingelegt / hat sie doch anders nichts erhalten können; als daß er ausser Paris nicht nach ihme wolle greiffen lassen. Darüber er sich so ergrimmt /daß er unterschiedlich mahl gesagt / er wolte sich in Paris und auf den Königlichen Platz (à la place reyale) mit seinem Gegner fechten / wie er auch gethan / mit zweyen Beyständen beederseits / unter welchen auf jeder seiten einer todt [191] geblieben / und Beuveron sich in Engeland / Bouteville aber sich in Lothringen begeben wollen / da er unterwegs mit den Grafen von Chapelles angehalten worden.

7. Der König hat solches in Erfahrung gebracht /und alsobald den Margrafen Gordes mit Volck dahin gesendet / und sie nach Pariß bringen lassen. Als sie nun in verhafft und das Parlement ihnen einen Gerichts-Tag angesetzet / haben sie so wol von ihren Befreunden aus dem Hause Montmorency / als andern Fürsten Königl. Geblüts grosse Fürbitte gehabt / doch hat ihnen der König wegen so gar frevler That keine Gnade erzeigen wollen / daß sie also nach gethaner Beicht und Buß durch den Hencker enthaubtet worden / und zwar weil sie den Tod nie gescheuet / solchen mit unverbundnen Augen entgegen gekommen.

8. Ihre Leiber sind auf verdeckten Wägen von den Richtplatz / und von dar nach Montmorency geführet worden / zu dem Begräbnis ihrer Vorfahren. Diese That und strenge Gerechtigkeit deß Königs hat den Adel viel klüger und bedachtsamer gemachet / daß sie die ergangene und mehrmahls erneute Gebote besser beobachtet / und friedlicher gelebt.


9. Alle gleiche Thiere Zunfft /
lebet friedlich / ohn Vernunfft;
aber vieler Menschen Scharen
die begabet mit Verstand /
halten für der Ehre Pfand /
wann sie Feinden gleich verfahren.
Soll uns auch das wilde Thier
lehren was uns ziemet hier?
57. Das gefallne Schoßkind
(LVII.)
Das gefallne Schoßkind.

Aloysius Novarinus (de occultis DEI beneficiis c. 35.) zehlet unter die verborgne Wolthaten [192] Gottes /»wann ein Mensch im niederigen Stand mit allerhand Anfechtungen heimgesuchet wird; weil solche den weg zum Himmel bereiten / die Demut befördern /den Stoltz unterbrechē / unn der Probstein sind unsrer Christlichen Tugenden. Hingegen aber hat ein hoher Ehrenstand freyen Zaum zu sündigen / grosse verantwortung gegen Gott / grossen Neid und Feindschafft bey dem Nechsten / und scheinet / wie jener gesagt /Gott habe solche Leute vergessen / daß er sie von einer Sünde / blindlingsweis / in die andre fallen lässet / biß sie endlich ein Ende nehmen mit schrecken. «

2. Dessen ist unter vielen ein merkwürdiges Exempel der Hertzog von Bucquinkam / zweyer Könige in Engelland Schoßkind (mignon) nemlich König Jacobs deß VI. und jüngst regierenden König Carls deß I. dieses Namens. Ob ich nun wol mir vorgenommen der privatpersonen ihre Geschichte zuschreiben / und die Begebenheit mit Fürsten und Herren andern zu überlassen; habe ich doch nicht umgehen sollen dieses allein zu gedenken / weil sich sein Fall begeben /als ich mich in Engelland hab aufgehalten / und alle umstände so meines wissens in keinem Teutschen Buch zu finden / aus sicheren Bericht und theils Augenschein fleissigst beobachtet.

3. Dieser Hertzog von Bucquinkam ist von Ankunfft ein Edelmann / der in Franckreich die Sprachen / Ritterliche übungen / und sonderlich das Dantzen wol gelernet / daß er durch seine Höfligkeit / und wolständige Geberden deß Königs Gnade gewonnen / ja ihn gar / wie etliche gewolt / bezaubert / und zu unziemlichen Sachen gedienet haben sol. Nach und nach hat er es dahin gebracht / daß er Hertzog worden /und alle Regierungs Handel durch seine Hände gehen müssen.

4. Im Jahre 1623. hat er den alten König beschwätzet / daß er den Printzen von Galles seinen einigen Sohn / durch Frankreich in Hispanien mit ihm ziehen / und selbsten ümb die Spanische Jafantie [193] anwerben lassen / auf welcher Raise er über die dreymal hundert tausend Ducaten Beschenkung vergeudet / und ist so bald nicht wieder in Engeland angelanget / daß er verstehen müssen / wie alle Heuratshandlung sich wiederum zerschlagen / und hochbesagter Printz hernach das Frantzösische Fräulein Henrietta Maria jhme vermählen lassen.

5. Dieser Bucquinkam hasste von Jugend auf die Frantzosen / und schaffete in deß Königs Namen die Päbstischen Diener der Königin / zu raht gepflogner Heuratshandlugen / von Hof; brachte es auch dahin daß beede Kronen Franckreich und Engeland mit einander gebrochen und führet selbst ein mächtiges Schiff Heer / die Statt Rochelle / welche damals belägert / zu entsetzen / wurde aber auf der Insel de Ré spötlich geschlagen / mit verlust 6500. tapferer Soldaten. Dieser Schiffbruch kostete über 3. millionen Kronen / und wurde die Schuld alle diesem Admiral /oder Meer Herrn (wie man sagt Feld-Herrn) wegen Fahrlässigkeit beygemessen.

6. Das Parlament beklagte ferners diesen Hertzog bey dem König / daß er / wieder wolhergebrachte Freyheit das Volck mit Schatzungen beschwerte /Werbungen und Musterplätze anstellte / und fremde Besatzungen / oder ja derselben Befehlhabere / in die Schiffhäfen verordnete / und daß er so wol zu Friedens- als Kriegszeiten alles nach seinem Kopf richtete / ohne des Königs wissen und willen. Er wurde auch angeklagt wegen der begangenen groben Fehler für Rochella / dahin er allen Vorraht auß den Englischen Festungen bringen / und theils Pulver üm geringes Geld verkauffen lassen / welches hernach üm doppelten Wehrt wieder geschaffet werden müssen.

7. Uber daß wurde ihm die Schuld begemessen /daß er alle Handelschafft / durch die Meerrauber /welchen er Einhalt thun sollen / zu Grund richte / daß er die Edelleute von ihren Hofdiensten ab / und Unedle so ihme zu gethan / einsetze. Der Verlust der Schiffe / welche durch ihn verlohren / [194] und zu nicht worden / ist überhoch geschätzet / und für einen unwiderbringlichen Schaden gehalten worden; zu geschweigen deß Vorrahts / der Kauffmannschafften / Schiffer und Soldaten die darauf gewesen / und zwar in solcher Anzahl / daß Engeland von seiner tapfern Mannschafft grossen Abgang befunden.

8. Dessen allen unerachtet / hat der König in Engeland / unter diesem Hertzog einen neuen Entsatz nach Rochelle zu senden verwilliget / weil er hoch geschworen zu sterben oder in die belägerte Statt zu kommen. Als nun zu dieser Fahrt von neuem gerüstet / und eben die Gesandten von Rochelle von ihm angehöret wurden / ist ihme ein Leutenamt eines Schiffes entgegen gekommen / und hat ihn mit einem spitzigen Messer die Lungen und das Hertz durchstochen / daß er fallend geschrien: Der Hund (rock) bringt mich umb das Leben / da dann das Blut also bald aus der Wunden und dem Munde in so grosser Anzahl geschossen / daß es ihn erstöcket / und ist ein solches Geschrey entstanden / daß die Frantzosen / welche bey ihme waren / wegen dieses Mords verdächtig /fast alle von den Engeländern weren erschlagen worden.

9. Felton / der Thäter / inzwischen war durch das Gedräng entkommen / und gange in den Garten / welcher an dem Hause ware spatziren; als er aber höret /daß man die Frantzosen wegen dieses Mords angeklagt / gehet er in die Kuchen und schreyet überlaut: Es hat kein Frantzos / sondern ein Schottländer / den Bucquinkam ümgebracht / und der bin ich; das Messer hab ich besonder darzu machen lassen / und wird man in meinem Hut (welchen ich fallen lassen) einen Zettel finden / darauf mein Namen und die Ursache dieser That geschrieben. Wegen solcher Bekäntnis ist er gefänglich angenommen worden.

10. Dieser Todsfall ist von dem Volck nicht beweinet worden / sondern hat vielmehr in allen Städten /ausser Londen wo der König gewesen / Freuden-Feuere verursachet. Felton bekennet daß er [195] dieses gethan / weil der Hertzog zweymals andre zu der Haubtmanns Stelle / welche ihm gebühret / befördert / und wäre ihme 800. Pfund Sterlins schuldig. Dieses aber hette ihn nicht allein zu diesem Mord veranlasst; sondern die Antlage des Parlaments und deß gantzen Königreichs Nutzen / dessen Feind er gewesen / daß er seinen Landsleuten mit dieser Helden That / einen guten Dienst laisten und sein Leben gerne wieder für sein Vaterland aufopfern wollen.

11. Kurtz vor seinem Tod hatte dieser Hertzog in seiner Kutschen / einen Stoß mit einem Stecken bekommen / und als der Thäter deßwegen gefangen /und von dem König zum Tod verurtheilt worden / hat Bucquinkam für sein Leben gebetten. Er hatte auch mit dem König und etlichen andern Herrn gekugelt und gesagt / E. Majest. sehen / ich habe sehr wol geschossen. Darauf ihm der Narr den Hut vom Haubt genommen / etliche Haare außgerissen / und gesagt: solt du schlechter Gesell mit den König reden / und den Hut auf dem Haubte haben? Als er aber mit diesen Worten entloffen / hat ihme der Hertzog nach geeilet / biß ihm der König zu rucke gerufen / und gesagt: Er ist ein Narr / und ist truncken. Bald hernach ist dieser wiederkommen / sagend: ich bin jetzt noch närrisch noch voll / sondern ein Schottischer Edelmann / der nicht leiden kan daß Bucquinkam E.M. nicht schuldige Ehre erweiset. Hat also dieses Schoßkind für diesem Schotten zu fallen angefangen / wie Hamman fur Mardochai. Felton sol wegen des Volkes in der Gefängnis seyn hingerichtet worden.

12. Diesem Hertzog hat man folgende Grabschrifft gemacht.


SONNET.


Der Verstorbene redet.


Das wunderreiche Glück hat meiner Hand vertraut
mehr als ich nie gewünscht; in dem ich hab stoltziret
[196]
und zweyer König' Hertz nach meinem Sinn regieret /
ja mich an ihrer Stell' in höchster Macht geschaut
Auf Reich thum / Ehr und Ruhm / hab ich Gewalt gebaut /
Zu Wasser und zu Land hab ich den Krieg geführet /
und dieses Königreich auf manche weiß vexiret /
deß Glückes süsse Trifft hat auf mich fast getaut.
Damit ich aber auch was löblichs möchte richten /
hab ich der Frantzen Kron getrachtet zu vernichten /
da mir das Wiederspiel den Rucken zu gewendt /
daß meine Lorbeerkron verwandelt in Cypressen /
und meines Namens Schand verbleibet unvergessen.
Ein böser Lebens, Lauff giebt selten gutes End!
58. Das frevle Beginnen
(LVIII.)
Das frevle Beginnen.

Wann dorten Job sagt (15. v. 16.) Der Mensch lebt stetig im streit / ist solches absonderlich war von den Ehrsüchtigen Frantzosen / welche aus Mangel der Feinde / mit ihren Freunden zufechten haben müssen /und hat jener recht gesagt / »$daß in den Hörnern der Ehre kein Mark der Freuden wachse / welche die Jungen Leute herabstossen / in dem sie solche fast aufzusetzen vermeinen.«

2. Dieses hat auch erfahren Speusippus / als er vermeint er habe den Sieg und die Außbeute in Händen. Er war ein Edelmann aus Aquitania bürtig / und hatte mit Liberat einem seiner Landsleute und Spießgesellen so verträuliche Freundschafft gemachet / daß sie nur einander Brüder zu nennen pflegten. Nach deme nun durch König Heinrich den IV. dieses Namens /der Friede durch gantz Franreich wiederbracht / hat sich ein jeder wieder unter seinen Weinstock und Feigenbaum begeben / und die Degen in Pflugscharen verwandelt.

[197] 3. Diese beede hatten ihre Wohnungen nahe beyeinander / und kamen oft zusammen / als vertraute Nachbaren und einige Freunde. Liberat verheuratet sich mit Mela einer sehr schönen und Tugendreichen Jungfrauen. Speusippus bezeugte hierüber grosse Freude / und nennte Melam seine Schwester / weil ihr Mann sein Bruder / und sie hingegen ihn aus Höfligkeit ihren Bruder. Dieses war anfangs ungefärbter Schertz / endlich aber auf Speusippi seiten brünstige Meuchel Liebe.

4. Wie dort Jonathan von den verbottnen Honig gekostet sind seine Augen hell worden: Speusippi Augen aber wurden aufgethan weil er von dem verbottnen Honig nicht kosten können: und Mela seiner Thorheit mit verständiger Reuschheit begegnet. Sie führte ihme zu Gemüte / wie er seinen besten Freund durch so frevles Beginnen beleidigte: wie sie ein Hertz und einen Leib / den sie ihrem Liberat vertrauet / und nicht mehr in ihren Mächten hätte / daß ihre Schuldigkeit gegen GOTT und ihrem Mann seinem sündlichen Anmuten wiederstrebte / und als er nicht ablassen wolte / betraute sie / solches ihrem Manne anzuzeigen.

5. Wol / sagte der verliebte Speusippus: Euer Mann kan mir das Leben nehmen / so wol als auch ich ihn erwůrgen kan: aber doch kan er mich der Liebe gegen euch nicht berauben / und wird hierdurch uns beeden nicht geholffen seyn. Mela fürchtet einen traurigen Ausgang / und hatte grosse Gedult mit diesem beschwerlichen Aufwarter. Endlich als er nicht ablassen wil / sagte sie Liberat was ihr dieser Bruder unbrüderlich es zumutet / und bittet ihme das Hauß zuverbieten / welches er / wie wol mit viel zu gelinden Worten gethan.

6. Speusippum konte auch die Abwesenheit von Mela nicht heilen / sondern bedachte sich durch einen listigen Weg / zu seinem vorhaben zu kommen. Er verstellte sein Angesicht durch Abschneidung der Haare und des Barts / veränderte seine Kleider [198] und nimmt eine Schachtel mit schönen Spitzen zu sich /als er wuste daß Liberat verraiset / und füget sich also zu Mela / als ein Genuesischer Spitzen Krämer. Sie kauffet ihme unterschiedliche Stücke sehr wolfeil ab /und hält sich so lange bey ihme auf / daß er die Thür verrigelt / sich zu erkennen giebt / und noch eine andre Vergüngstigung für seine Spitzen erheischet. Auf beharrliche Verweigerung der Mela entblösset er den Dolchen / und bedrauet sie zu erwürgen / wann sie seinen viehischen Begierden nicht stat geben würde.

7. Was in dergleichen Zustand einer ehrlichen Weibspersonen zu thun obliegt / haben wir in der LXXXIII. Erzehlung §.12 deß grossen Schauplatzes Lust- und Lehrreicher Gedichte angemeldet. Mela hat in solcher Angst / zu Gott / und ihren Haußgenossen geschrien / daß zu allem Glück ihre Magd zu einer andern Thüre hinein geloffen / und ein solches Geschrey in dem gantzen Hause angefangen / daß die Stalknechte zugelauffen / den Speusippum von ihrer Frauen gerissen / sich seiner person / nach dem er einen von ihnen / mit dem Dolchen todt gestochen gehabt / bemächtiget / und in eine Kammer / biß zu ihres Herren Wiederkunfft verschlossen.

8. Liberat höret was dieser Frevler zum andernmahl beginnt / lässet ihn aber doch der alten Freundschafft geniessen / und gegen einen Verweis frey außgehen / der Hoffnung er werde nun von seiner Thorheit ablassen / und ihn und seine Gemahlin nicht ferners betrüben: weil er sonderlich in den Arm / wie wol nicht gefährlich verwundet worden. In diesem gleichte der gute Mann der Geise in der Fabel / welche den jungen Wolff ernehret / der sie als er groß worden / gefressen.

9. So bald Speusippus geheilet / befedete er Liberat / mit ihme ům Mela (welche doch sein Weib / daß er sich wol entschuldigen können) zu fechten: und nach den Gesetzen die Wittib ihres Mannes Mörder nicht freyen kan. Liberat aber wolte dieses Frevlers Undanckbarkeit endlich straffen / [199] und fande sich auf bestimten Platz / mit stinem Degen und Dolchen. Also gehen diese nach etlichen Scheltworten zusammen /und zersprang Lieberats Degen-Klingen / daß ihn sein alter Freund und neuer Feind nöhtigen wollen / ihme seine Melam zu überlassen / oder sich zu sterben entschliessen. Beedes war Lieberat nicht zu Sinn / sagend: daß er wol das Leben / aber nicht die Ehre sein und seines Weibes verlieren werde: begiebt sich also /in dem Speusippus auf ihn bringt / in die Flucht / und in dem ihme sein Gegner nach eilet / fället er / und Speisippus aus blinden Eifer über ihn / daß sie also beede zur Erden liegend / und weil dieser das Haubt hart aufgeschlagen / ermannet sich Lieberat / und stösset ihm seinen Dolchen durch den Wanst daß er die boßhaffte Seele aufgeben müsste.


10. Freundschafft ist deß Lebens Sonne /
Freundschafft macht in Nöthen Wonne /
Freundschafft ist das wehrtste Gut /
Freundschafft gibt in ängsten Mut.
Freundschafft bringt dem Hertzen Trost
Freundschafft gleicht dem süssen Most.
Freundschafft macht auf dieser Erden /
aus dem Himmel Hölle werden.
59. Die Gottesvergessne Eifersucht
(LIX.)
Die Gottesvergessne Eifersucht.

Alles was die Poeten von den Höllen Göttinen oder Furien gedichtet / findet sich würklich bey den Eifersüchtigen und rachgierigen Personen. Sie sind selbsten ihre Henker und Gewältiger / martern sich Tag und Nacht / entbrennen in ihrem Grimm und haben ein unruhiges Gewissen: daß von solchen wahr / was dorten Sirach am 21. v. 5. saget: Wann ein solcher des Nachts auf seinem Bette ruhet / fallen ihme mancherley Gedancken für: [200] wann er gleich ein wenig ruhet / so ists doch nichts / denn er erschrickt im Traum / als sehe er seinen Feind kommen. etc. Hierzu schlegt mehrmals falscher Wahn / daß solche Leute in deme / was nicht ist / Adlers Augen haben / und in der Warheit so blind sind als die Maulwürffe.

2. Solches hat mit seinem Exempel beglaubt Muson / ein vornemer Mann zu Ravenna / als er Lucretiam / eine arme und schöne Jungfrau / welche Germin einen jungen Edelmann geliebet / gefreyet hatte. Keine Metallen sind so vermischt / daß sie nicht durch das Scheidwasser gesondert / und aufgelöset solten werden können: »Also ist keine Verbindnis so wol geschlossen / welche nicht das Gold und der Eigennutz solte zertrennen können.« Dieser Alte vermeinte daß ihn sein Geld wieder jung / und der Jungfrauen so annehmlich / als ihme der Reichthum / machen würde: da er doch den Jahren nach ihr Vater seyn mögen / und erwachsne Kinder hatte / die ihme von der Keuschheit hetten predigen sollen.

3. Lucretia folgte zwar ihrer Freunde willen / welche allein dieses Bild hochachteten / weil es ein güldnes Fußgestell hatte / wünschte aber in ihrem Hertzen daß Germin dessen Stelle in Ehren vertretten möchte. Muson vermeinte er hette kein Weib / sondern eine leibeigne Knechtin gekauffet / die er in einer Gefängnis gleichsam verwahret daß er auch mit den Mucken / welche üm sie herflogen / geeifert / und gefragt: Ob sie Männlein oder Fräulein. Alle seine Haußgenossen solten seines Weibes heimliche Verrähter seyn / und unter selben Celestina eine alte Magd / so er zu Lucretia Diensten verordnet.

4. Diese Alte hatte zwar sondere Bestallung als eine Kundschafferin / sie war aber sehr gering / weil sie von einer sehr geißigen Hand herkommen musste: Hingegen stellte sich Germin freygebiger ein / und übersilberte dieser Celestina die Hände so reichlich /daß sie Brief und Bottschafften an Lucretiam zu überbringen / gewonnen war. Lucretia war in [201] diesem Zustande lebendig todt / und ihre Behausung gleich einem finstern Leichengrab. Die Briefe wolte sie von Germin erstlich nicht annehmen / in Hoffnung aber /daß ihr Alter sterben / und sie mit ihme noch verehlichet werden könte / lässet sie sich von der Alten zu Eröffnung solcher Schreiben bereden / beantwortet aber derselben keines.

5. Germin konte nicht unterlassen üm Mussons Hause zu spatziren / ob er etwan Lucretiam an den Fenstern sehen möchte / und dieses wird von dem aufgestelten Kundschafftern Muson also balden zugetragen / der ihm selbsten begegnet / und daher seine Lucretiam in verdacht deß Ehebruchs / ohne fernern Beweiß ziehet: setzet ihr deßwegen den Dolch an die Gurgel / und will sie sol den Ehebruch / welchen sie nicht begangen / bekennen. Sie bittet Zeit zu beichten und entschleusst sich hernach / in ihrer Unschuld /willig zu sterben.

6. Muson führet ihr einen alten Mönchen zu / der übel hörte / daß man gar laut schreiend mit ihme reden müssen und verbirgt sich in ein Kämmerlein an dem Zimmer / daß er alle Wörter der Beichte verstehen kunte / nicht zweifflend sich solcher massen in seinem Wahn zu sichern. Als nun Lucretia auf das sechste Gebot kommet / bekennet sie gegen Gott und diesem Beichtvater / als eine Person die sterben solte /daß sie Germin vor dessen / in gebührliche Keuschheit / geliebet: Er aber habe mit ihr in ihrem Ehestand nie geredet / als durch etliche Briefe / so sie Celestina / fast zu erbrechen genöthiget: welche alle dahin gehen / daß sie ihme ihre Gewogenheit / biß zu Mussons Absterben erhalten solte. Darauf habe sie sich aber niemals mit einiger Gegen Antwort vernehmen lassen.

7. Als dieses Muson hörte wendete er seinen Grimm von der Lucretia auf die betrügliche Celestinam / und stösset ihr den Stillet durch die Brust / deßwegen er von andern seinen Hanßgenossen / welche dergleichen befürchten mussten / verrahten / in das Gefängnis geworffen / und nach deme wegen [202] der Beicht die Sache eröffnet / zum Tode verurtheilet worden. Nach Mussons Tod hat Lucretia Germins nach wart mit ehlicher Trauung vergnüglich belohnet.

8. Fast dergleichen lieset man auch von einem Kauffmann in Calabrois / welcher zu Osterlicher Zeit / sich als ein Geistlicher verkappt und seines Weibs Beicht angehöret / dardurch er dann versichert worden daß sie mit andern zugehalten. Uber dieser Bekäntnis auch so sehr ergrimmt / daß er sie als sie aus der Kirchen gegangen / auf freyer Gassen / mit dem Dolchen erstochen / und deßwegen auch durch deß Henkers Hand sterben müssen.

9. Weil nun solche Eiferrach eine ungedultige Begierd / wollen wir diese Erzehlung mit lauffenden und springenden Versen beschlüssen.

Ohn ursach ergalte stets grimmige Rach
hört eiligst deß Gegenhalls klägliches Ach!
Die sothane schnelle Begierden erfreuen
erfahren im ende spat schmertzlich es reuen.
60. Die unerwarte Bestraffung
(LX.)
Die unerwarte Bestraffung.

Wer alles übel ungestrafft thun darff / der ist König /saget das Sprichwort / und sind die Könige vielleicht auch deßwegen Götter genennet / weil ihnen zu straffen frey stehet / von niemand aber gestraffet werden wollen. Solches ist nicht zu verstehen von frommen oder einfältigen Herren / welche solche Götter sind /die Ohren haben und hören nicht Augen haben und sehen nicht / aber doch Hände haben / die durch böse Rähte / nach ihrer Unterthanen Haab und Gütern greiffen.

2. Solches Gewalts massen sich auch an die Königlichen Leutenant oder Statthalter in Franckreich /unter welchen Frambald derselben einer so seine / mit bösen Lüsten angefüllte Augen / von Anatolia [203] schönen Angesicht verblenden lassen / welcher auch Lezin ein Edelmann mittelmässigen Zustands aufgewartet. Die Freunde sahen wol daß dieses bewegliche Gut schaden nehmen / und die reiffe Frucht faulen / oder von einem unrechten abgepflocket werden möchte /haben deßwegen Anatoliam / in der stille / mit Lezin trauen lassen.

3. Wie freundlich der Königliche Statthalter darein gesehen / ist leichtlich zu erachten. Er konte nicht in diese Festung kommen / als sie noch unbesetzet / ob er wol etliche mit Gold beladne Esel vorgesendet /und nun war die Besatzung eingezogen. Lezin sahe wol das seines Weibes Schönheit vielen / und sonderlich Frambald die Augen eingenommen: »wuste aber keinen Trost als Anatolia Tugend / wie wol auch solche in einem gebrechlichen Gefässe / das in einem Nuzerstossen werden möchte«.

4. Wie die Heyden ihre Schlachtopfer gekrönet /wann sie Solche aufopfern wollen: also suchte Frambald alle Vertrauligkeit mit Lezin zu pflegen / ihn mit hohen Diensten zu ehren / über seine Tafel zu bitten /und hierdurch ihm allen Argwahn zu benehmen / daß es wegen seines Weibs Schönheit geschehe. Lezin aber sahe wol / daß dieses zu Aufopferung seiner Ehre gemeint / und daß man den Mann wegen der Frauen besuchen wolte. Diese Beysorge durffte er niemand offenbaren / weil er sich selbst dardurch in Schanden / und sein Weib in ein böses Geschrey hette bringen können.

5. Anatolia hörte diesen Frambald so gerne reden /als ungern ihn Lezin in seinem Hause sahe / und ihn doch nicht hinaus weisen konte / ohne grosse Gefahr und sondere Unhöfligkeit / welcher in seiner Frauen Hertzen durch die Thür der Eitelkeit / eingegangen war. Sie gedachte daß der Oberste in der Statt / ihren Mann / als seinen Unterthanen weit vorzuziehen. Allem fernern Unheil vorzukommen / begiebt sich Lezin auf sein Landgut / sich aldar eine Zeit aufzuhalten / und die Thorheit beederseits zu unterbrechen.

[204] 6. Die Einsamkeit des Landlebens war der Anatolia gantz unerträglich / weil sie von Jugend auf in Gesellschaften erzogen worden / und lage ihrem Manne in den Ohren / er solte doch wieder in die Statt kehren. Dieser Lehrjung in der Hanreyschafft wil darzu nicht verstehen. Es fügte sich aber daß Frambald / unter dem Schein der Jagt Lezin verfolgte / und Abents seine Einkehr auf seinem Schlosse nahme. Ein willkommer Gast bey der Frauen / dem Herren aber ein Greuel.

7. Als er einsten von dem spatzieren gehen wiederkommet / findet er seiner Gemahlin Kammer verschlossen: er klopft / schlägt und draut die Thür aufzusprengen / wann sie nicht aufmachen wolte. Nach deme er hinein gekommen / sihet er Feder und Dinten auf dem Tische / fragte / was sie geschrieben? sie kan nichts vorweisen / als eine kale Entschuldigung / welche verursachet / daß er ihr in den Busem greifft / und Frambalds Brief / mit ihrer halb geschriebenen Antwort findet / daraus er sehen muste / daß er von ihr verrahten wurde.

8. Anatolia fället auf die Knie / lässet ihre Augen mit Threnen (der falschen Weiber Kauffmanns Waare) triefen / und entschuldiget sich mit vielen Unwarheiten / damit nur Lezin sich nicht an ihr vergessen solte. Er hatte den Degen schon entblösset / und wolte ihr das Leben nehmen: betrachtete aber daß der böse Wille noch nicht zu werke gesetzet worden / und mit solchem grimmigen Ernst nicht straffbar. Verzeihte deßwegen seinen reuigen und bußgelobendem Weibe: hat aber dadurch den Hass gegen ihn / und die Liebe gegen Frambald befördert / welches sie beedes mit zuträglicher Freundligkeit verhüllet. Diese Thiere sind auch gefährlich wann sie lachen.

9. Zu Nachts stellte sie sich / als ob sie kranck /grosses Grimmen in dem Leib spührete / offt aufstünde und Lezin nöhtigte / daß er in einer andern Kammer / ein andres Bett suchen muste / und so bald er entschlaffen / hat sie Frambald / durch eine vertraute[205] Magd zu ihr hinein führen lassen. Was geschihet? Folgende Nacht war zwar Lezin entschlaffen / wachet aber bald wieder auf / und bedecket sich mit seinem Nachtrock / zu sehen / ob seiner Frauen die schmertzen vergangen: die Thür findet er halb offen / und deßwegen war ihm die Sache verdächtig. Er tritt hin zu dem Bette: Anatolia vermeinte daß es Frambald /welcher seine Pferde unter einen Baumen warten lassen / und genommener Abrede zu folge / unterwegs war / neunte ihn deßwegen bey Nahmen / und fraget /wann er sie doch ihres Eifersichtigen Mannes erledigen würde? etc.

10. Als Lezin solche Untreue verstanden / holet er seinen Degen übet gantz unerwarte Bestraffung / und durchsticht diese Ehebrecherin zum offtermahl; in deme kommet Frambald mit zweyen seinen Dienern /und der Magd / so sie mit einer blend-Latern geführet / welche Lezin auch also bald ermordet / von Frambald aber und seinen Dienern wieder niedergestossen worden / darnach hat dieser Ehbrecher also bald den Rükweg genommen / und durch das Gerücht verstehen müssen / daß er als ein Todschläger dieser beeden Ehleute offentlich beschuldiget worden. Er wolte sich zwar solcher Auflage entschütten / vorgebend daß solches vertheidigungs weiß geschehen / würde aber von niemand für unschuldig gehalten / weil er zu Nachts der Orten keine ehrliche Verrichtung hatte.

11. Wiederkehr von den Frommen und bösen Weibern / nach dem Inhalt verfasset.


Weib.Weib.
ch. 1.r. 6.
d. 2.s. 7.
h. 4.ß. 8.
l. 4.t. 9.
n. 5.tz. 10.

[206] Erklärung.

Das selten fromme Weib gleicht einer weichen (1.)Weib (2.)
die zu deß Mannes Lust vom Höchsten ist geweiht (3.)
Sie kürtzet ihm die Weil (4.) erfreut ihn wie derWein: (5.)
Sie ist kleiner Weir / (6.) den einer fischt allein.
Weis (7.) ist sie an Berstand / weiß (8.) an dem zarten Leib /
nicht Weit (9.) von ihrem Mann verbleibt ein Ehren Weib.
Die Henne brütet wol / wann nur der Gockelhaan /
zu ihrer Küchlein Kost satt Weitzen (10.) schaffen kan.
Wiederkehr.

Der Weitzen (10.) nehret uns / versaulet / wird er Gifft:
das Weib hat alle Sünd in weiter (9.) Welt gestifft.
das weisse (8.) schwärtzet sich / die weisen (7.) werden alt:
wie sonder Sonnenschein der Schlamm im weir (6.) erkalt.
Der Wein (5.) kränkt Muth und Sinn / ursacht den Beutelschmertz:
so dauret kleine weil (4.) der Zuckersüsse Schertz.
Der ist zum Leid geweiht (3.) dem Wunneweid (2.) gebricht
Es weichet (1.) Lieb und Treu / an mangel mangelts nicht.
61. Die verwirrte Irrung
[207] (LXI.)
Die verwirrte Irrung.

Was ihr nicht wollet / daß euch die Leute thun / das thut ihnen auch nicht. Dieses in der Natur und vielen Heyden Büchern gegründte Gesetz / stimmet mit den Worten unsers Erlösers über ein: Ma den Maß da ihr messet / wird man euch wieder messen: verstehe es sey Gutes oder Böses / und befindet sich solches auch in nachgesetzten Exempel / da dessen Blut wieder ist vergossen worden / der zuvor Blut vergossen hatte /wie folgends zu vernehmen seyn wird.

2. Nicht ferne von dem Fluß Arar wurde geboren Orianda / eine Jungfrau von wundervoller Schönheit. Wie die Sonne die kleinen Stäublein an sich ziehet: also locket ein schönes Angesicht der Jünglinge Hertzen. Unter ihren viel Bulern waren die nächsten an dem Bret Tolam und Lizard / beede tapfere und von ihren Eltern wol angesehene Edelleute: doch war von ihnen Lizard / wegen mehrers Reichthums / von Orianda aber Tolam wegen mehrerer Freundligkeit dem andern vorgezogen.

3. Dieser Jungfrauen Neigungen waren so wetterwendisch / daß sie bald zu diesem bald zu jenem schwebten / und man billich sagen mögen daß sie dem Mondschein in dem Haubt / welcher den Zu- und Abfluß ihrer Gunsten regierte. Diese beede standen auf dem Scheidewege der Hoffnung und der Furcht /gewillt bald einen / bald den andern anzutretten.

4. Die Freunde begehren zu wissen / welchen sie einmahl wehlen wolte: sie giebt ihnen die Wahl wieder heim / und sie nehmen sie bey dem Wort / und erkiesen Lizard / deme Oriande nicht widerspricht und also Tolam in untröstliche Betrübnis setzet. Er will ihn lassen für die Kllingen fordern / betrachtete aber /daß wann er obsiegt / land flüchtig werde müsste /[208] und daß er gegen ihm nichts verbrochen / in dem er sein Glück mit Füssen nicht weg gestossen / welches auch er Tolam nicht gethan / wenn es ihme nur so gut werden mögen.

5. In diesen Gedanken wil er von Orianda Urlaub nehmen / und bringt sein Anliegen so holdselig und doch kläglich vor / daß Orianda ihre alte Gewogenheit verneurt / und ihn anzunehmen / Lozard hingegen abzuschaffen verspricht: jedoch mit zweifflenden Worten / und Betraurung daß die Jungfrauen ihrer Freunde und Gesippten willen unterworffen / welchen sie beugen / aber nicht brechen könten. In zwischen triebe Lizard sein Verlöbnis / die Auffsetzung deß Heuratsbriefs / und wurde der Hochzeitliche Ehrentag bestimmet.

6. Tolam sendete durch seinen Freund Gordian einen Abschied Brief an Oriandam / welcher so beweglich / daß sie die Nacht vor ihrer Hochzeit / zu Gordian in das Hauß kommet / und mit ihme in Mannskleidern / biß zu Tolams Schloß / (von dar er mit der Post schon auf Paris zu abgeloffen) folget. Als sie nun verstanden / daß er sich in solcher fast weltgrossen Statt etliche Tage aufhalten würde / nehmen sie beede Abwege dahin zu kommen / und Tolam zu sprechen / ob man sich wol an einem so volkreichen Ort / sonder Zauberey / unsichtbar machen kan /

7. Tolam hingegen befande sich auf der zweyten Post so übel / daß er sich auf sein Schloß in einer Senfften zu rücke muß tragen lassen. Was für eine Verwirrung und Irrung in Orianda Hause entstanden /ist leichtlich zu ermessen. Die Befreunden mutmassen alle / daß Tolam Oriandam müsste entführet haben /und weil sie hören / daß er auf seinem Schlosse / lassen sie ihn durch Oberherrliche Handbietung / in das Gefängnis bringen. Nach deme er aber glaubwürdig erwiesen / wie es mit seiner Raise von Tag zu Tage hergegangen / und daß er Oriandam nicht gesehen /ist er wieder erlassen / und alle Schuld auf Gordian geleget worden.

[209] 8. Tolam und Lizard hörten / daß Gordian und Orianda ihren Weg nach Paris genommen / folgen deßwegen / die Hochzeiterin wieder zurücke zu bringen. Tolam begegnet Gordian allein auf der Gassen /und lässet sich den blinden Zorn verblenden / daß er ihn also bald / als den Rauber seiner Liebsten / ermordet. Nach dem er nun Oriandam nicht erfragen kan / nimmt er den Weg wieder zu rücke und begegnet unfern von Hause in einem Gasthof Lizard / der ihn nun auch für den Entführer seiner Hochzeiterin gehalten / und ihn für der Faust niedergestossen / deßwegen er in verhafft gebracht worden / und durch den Henker eines schmälichen Todes sterben müssen.

9. Nach dem nun Orianda lang auf Gordian gewartet / muß sie / wie der verlohrne Sohn / nach Hause kehren / und üm Verzeihung ihrer Unbedachtsamkeit /mit einem flehendlichen Fußfall bitten: Ist aber zu einer gar gnädigen Straf in ein Kloster geschaffet worden: da sie / als eine Ursacher in dreyer Mordthaten /ihre Thorheit die Zeit ihres Lebens büssen müssen: Ob sie zwar den Vorsatz nicht gehabt einen von ihnen in Gefahr / und ümb das Leben zu bringen.

10. Weil hier von zweyen Zornigen gehandelt worden / wollen wir schliessen mit folgenden


Rähtsel.


Wie wird dieser Mann genennet /
der sich selbsten nicht erkennet /
der verhüllt sein Angesicht /
der liebt oh: Verstand zusterben
was er that das weiß er nicht /
und lässt seinen König erben.
will er sich der Sünde schenen /
kan er seine Schuld berenen.

Der Zornige kennt sich nicht wann er ergrimmt / verstellet sein Angesicht / setzet sein Leben auf die Spitze / und wann er seinen Gegner ermordet / oder ermordet wird / so fallen die Güter dem Könige heim: bereuet [210] er aber seine Sünde und ziehet zu rucke / so kan er bey Gott noch Gnade finden.

62. Der gefährte Pfandmann
(LXII.)
Der gefährte Pfandmann.

Die Treue / oder der Glauben ist das Pfand menschlicher Gemeinschaft und eine verborgene Wolthat Gottes / von deme gerühmet wird / daß er Glauben halte /und thue / was er verspreche. Der Satan hingegen wird ein Lügner genennet von Anfang / der ein Geist ist in dem Munde der falschen / und regieret die Zunge der Affterreder. Solche Treue nun zu versichern giebt man über die Handtreue Siegel und Briefe / ja auch Geißler oder Pfandmänner / wie wir aus nachgehender Erzehlung ein sonderliches Beyspiel zu ersehen haben werden.

2. Als zu Zeit Heinrich dieses Namens deß dritten Königs in Franckreich das Königreich durch Unfriede zerspalten und sich selbsten aufgefressen / haben sich zween Edelleute zweyer starken / und unfern von einander gelegner Plätze bemächtiget / deren einer an einem Haubtfluß gelegen / einer grossen Statt die Zufuhr gesperret: der andre aber auf einem Berghauß gelegen / und mit rauben und plündern grossen Schaden gethan.

3. Vor Jahren hat man unterschieden deß Feindes Haab / welches frey gewesen / und dessen Haab der sich bey dem Feind aufhalten muß: als da sind Bürger und Bauren / welche nichts mit dem Krieg zu schaffen / wann sie nicht darzu genöhtiget werden. Dieser Unterscheid ist bey den einheimischen Kriegen aufgehoben / und muß alles Freund oder Feind seyn / ja die Schutzherren seyn sollen / »machen sich zu Nutzherren / und fischen in trüben Wassern«.

4. Andagar und Pepin welchen diese beede Plätze anvertraut / namen aller Orten die Geldanlagen ein /mit Vorwand / sie zu schirmen / welches [211] auch geschehen / daß kein Pferd / Ox oder Kuh mehr in dem Land geblieben / weil der Bauersmannn beeden heilen zu steuren nicht vermochte. Die Statt / deren vorgedacht worden / schickte auf diese beede Schlösser / und lässet derselben Gebieter ersuchen / den Krieg also zu führen / daß der arme Landsmann bey dem seinen verbleiben / und das gantze Gebiet nicht veröden lassen müsse. Sie lassen sich vernehmen / daß sie in dem dritten Ort zusammen kommen / und deßwegen Abrede mit einander pflegen wolten / und solche ihre Personen zu versichern / wurde ein Wechsel etlicher Pfandmänner verglichen.

5. Andegar / welcher von der Liga oder Bundsgenossen seiten war / gabe seinen Sohn Varle und einen Haubtmann genannt Baron: Pepin hingegen versprache seinen Bruder Tophan und Nicar einen Rittmeister / zu übersenden. Der Tag dieses Wechsels war angesetzt: Tophan und Nicar waren wol bekleidet /und nahmen Geld mit zu spielen / kamen auch in deß Andegar Schloß zu rechter zeit / und wurden mit aller Höfligkeit empfangen / und wol gehalten.

6. Es begabe sich aber daß etliche Schnapphaanen Varle und Baron in einen Busch führten / und ihnen den Todt antrauten / welches ein Fußgänger von ihnen hörte / und zu Andegar hinterbrachte / daß diese Geisel verrähterischer weise (weil diese Rauber allezeit Feinde derer die was zu verlieren haben / sind / was Volck sie auch antreffen /) ermordet weren / und daß solches von Pepin angestifftet. Diese falsche Zeitung war für war gehalten / und wolte Andegar seine Geißler also balden niedermachen lassen / wurde aber doch zuvor Rahts / auf Pepins Schloß zu senden / und zu vernehmen / ob sein Sohn und Baron aldar angekommen? Pepin sagte / daß sie aldar noch nicht angekommen / und solte ihnen sicheres Gleid gehalten werden / etc.

7. Als solches der Trompeter zu ruke bringet / hielte Andegar seinen Sohn für verrähterischer weise getödtet / und liesse ohne fernere Nachfrage [212] auch seine beede Pfandmänner erwürgen. »Was gethan / lässet sich nicht ändern / deßwegen es lang zu betrachten /und nicht so gar unbesonnen zu verfahren; sonderlich gegen solche Personen / welche auch bey den Heyden für heilig und schutzwürdig gehalten worden.«

8. Varle und Baron wurden inzwischen gantz außgezogen / beraubt / und lang in die Nacht wieder erlassen. In diesem Zustande haben sie sich in Pepins Schloß eingestellet / und wurden aldar wieder mit aller Nohtdurfft versehen. Es war kaum der Tag angebrochen / so kame das Geschrey Andegar hette seine Geisselmänner erwürgen lassen. Pepin erschracke ob seines Bruders Tod / und hatte in Willens dergleichen auch gegen die seinen zu verüben. Er wolte aber hierinnen sich nicht übereilen / und die Sachen gründlich erkündigen; massen er solches hernach / noch zu allerzeit thun könte.

9. Andegar höret / wie es hergegangen / erkennet zwar sein Vnrecht / weiß aber nicht wie geschehene Sachen zu hintertreiben: sendet deßwegen zu Pepin /und bittet ümb seines unschuldigen Sohnes Leben /für welches er auch das seine zulassen erbietig. Pepin betrachtet / daß dessen Tod seinem Bruder das Leben nicht wiedergeben würde / und begehret für das Löse Geld / Andegars Sohn / welchen er hinzurichten betrauete / die überantwortung der Festung / welche Andegar auch geraumt / und sich in eine Ligische Statt /mit wenig von seinen Soldaten begeben.

10. Andegar wird beklagt / daß er seines Sohns Leben / dem gemeinen Nutzen vorgezogen / und ergehet das Urtheil / daß er durch deß Henckers Hand enthaubtet / zu vor aber aller Ehren entsetzet werden solte. Sein Sohn aber ist auf deß Königs seiten getretten / und hat seines Vatern Tod an selbiger Statt vielfältig gerächet.

11. Die Rache eines Zornigen wird füglich gebildet mit einer Hand / welche auf einen Igel schlägt mit der überschrift:


[213] Du schlägest dich!


Man schaut gleich in einem Spiegel
daß der stachelreiche Iegel
durch den Schlag nicht wird verletzt:
Wer die Rach erzörnet übet /
niemand als sich selbst betrübet /
und in das Verderben setzt.
63. Die gefährliche Nachahmung
(LXIII.)
Die gefährliche Nachahmung.

Wann wir den Poeten glauben / so ist es Phaeton übel bekommen / daß er dem Dädalo nachfliegen / dem Marsie / daß er dem Phöbo wollen nachsingen / und der Araine / daß sie der Minerva in den Spiennen gleich oder nachahmen wollen. Wer nicht so starck ist als Milo / der zerbreche keinen grossen Baum und trage keinen Oxen / wann er nicht darüber zu schanden werden will / ja sich in Verderben stürtzen / wie nach folgende ehrsüchtige Memme.

2. Zu Paris fanden sich zween tapfere Edelleute /welche wegen deß Spiels sich entzweyt / und deßwegen einander befedet. Andre Verständige so darbey gewesen / verhinderten diese / daß sie nicht zusammen kamen / weil die Ursach schlecht / und man wol wuste / daß es ihnen beederseits an Kühnheit (oder vielmehr Verwegenheit) nie ermangelt.

[214] 3. Dieses machte beeden grossen Nachruhm / daß sie gleichwol nicht ablassen wolten / biß etliche vornehme Herren die Sache vergliechen / und wurden zween andre schlechte Gesellen / die vielmehr mit messen und wägen / als mit den Degen ümzugehen gewust / bewegt / daß sie / weil sie gute Freunde waren / sich stellen wolten / ob hetten sie sich wegen einer Dirne entzweiet / und weren mit einander zu rauffen gesinnet / damit ihre Freunde sie von einander bringen / und ihnen gleichen Nachruhm gedeyen möchte.

4. Sie lassen das Geschrey erschallen / daß sie zu bestimmter Zeit und Ort einander vor der Klingen sehen wolten. Die Leute lieffen zu / wie zu geschehen pfleget / und sonderlich ihre Bekanten / deren theils sie von einander bringen wolten / etliche andre aber wusten / daß ihrer keiner so viel Hertz im Leib / als eine Nachtigal einen Tag über essen kan / und sagten / man solte sie machen lassen / es würde keiner dem andern schaden / weil es nicht Ernst.

5. Sie hatten die Wamser außgezogen / die Degen gemessen und die Sache so weit gebracht / daß sie gewolt man verbinderte sie inständiger / oder sie hetten es bleiben lassen. Sie musten auf einander zu gehen /und wurde der eine also bald tödtlich verwundet. Er wird zu dem Wundartzt getragen / in dem der andre die Flucht genommen / und weil er etliche Tage hernach erst gestorben / hatte er zeit seine Sünde zu beichten / und unter andern auch diese Thorheit / ohne ursach / wegen eitler Ehre scheinbarlich üm Leib und Leben zu fechten / bekennet. Damit einer die Ehre hat / daß er ein guter Springer / sol er sich in keinen Abgrund stürtzen.

6. Also hatten zween Spaniolen einen Streit wegen etlicher Prügel / die einer auf deß andern Rucken hatte fallen lassen / daß alle so darum wusten sagten / daß die Sache müsse mit dem Degen außgetragen werden. Als sie nun beede wieder ihren willen auf den Platz kamen / sagte der so die Stösse bekommen / daß ihn der andre wol gar erwürgen [215] möchte / welches noch viel ärger / sagte deßwegen: Du kommst hier mich wegen bewuster Sache zu vergnügen: Wol / halte darfür du seyst von mir verwundet worden / so wil ich zu frieden seyn. Der andre bedanckte sich der Höfligkeit / und sagt daß er mit solchem beding ihn vergnügen wolle / und den Arm 24. Stunden in der Binden tragen / gegen den 24. Streichen so er dem andern würcklich überantwortet.

Der Wahn.
7. Nichts ist in dieser Welt das mehr gilt als der Wahn
der was verachtet ist / hochschetzbar machen kan.
Den Thoren macht er klug / bereichert manchen Armen:
Er macht das Midas Volck gelehrt / Gott möchts erbarmen.
64. Der tödtliche Schrecken
(LXIV.)
Der tödtliche Schrecken.

Die Warheit und Falschheit vergleichen sich füglich mit Eisen und Don / welches der Prophet an den Füssen deß Reichbildes Nebucadnezars auf die letzten Zeiten gedeutet hat. Eisen und Don kan kan zwar beysammen kleben / aber nicht unter oder mit einander vermischet werden also findet sich zwar die Warheit und Falschheit in einer Sache gefüget / wie Gold und Silber in deß Bildes Haubt und Brust / aber doch muß ein jedes unterschieden / und offenbar werden / daß die Warheit von Gott ist / der ein Greuel hat an den falschen Hertzen / und die Lügen vom Teuffel / der einen Gefallen hat an List und Trug / wie nachgehendes Beyspiel beglauben wird.

2. Basian ein Frantzösischer Edelmann / hat nach außgestandener langer Mühe / eine Jungfer [216] Ephesia genannt / ihme ehlich trauen lassen. Anfangs war dieser beeden Liebe hertzlich / ein ja und ein nein / und hetten sie nicht mehr / als solcher Beharrligkeit erwünschen können. Es hat aber jener von dem Ehestand recht gesagt / daß wenn alles nach Wunsch beschaffen / niemand doch Gewehrschafft leisten könne daß solches in vollem Wolstand verbleiben werde; und haben wir die Frage: Ob die Liebe durch Besitz der geliebten Person abnehme? in dem CCXXXI. Gespräch spiele außführlich behandelt.

3. Basian vergnügte sich also nicht mit den zugelassnen Früchten / sondern liesse sich auch der verbottenen gelüsten / welche ihm Ephesia gleichsam vorlegte / in deme sie zu einer Dienerin angenommen Agar / eine wunderschöne Dirne / so fast niemand ohne Liebesneigung anschauen mögen. Ephesia war ihres Mannes ehlicher Treue so versichert / wie sie vermeint / daß sie nicht in acht genommen / wie Basian gegen ihre Dienerin entbrannt / biß alle Vermittlung erfolgten Unfalls zu spatt und verabsaumet gewesen.

4. Agar war jung und fürwitzig / gabe ihrem Herrn mehr Gehör / in unziemlichen begehren als sie solte; ja sie verachtete ihre Frau / weil sie sich mehr geliebet sahe / daß sie endlich von ihr auß dem Hause und Dienste gestossen werden sollen / welches aber Basian keines wegs wollen geschehen lassen / und dardurch entdecket / was er in dem falschen Hertzen hatte. Hieraus nun ist ein grosser Eifer entstanden /und die Liebesflamm Basians sich nach einem andern Wind gewendet / wie mit vielen kitzlichen ümständen anzuführen unnöhtig ist.

5. So freundlich Ephesia zuvor gewesen / so feindlich ist sie in dem Hause / daß Basian ihr die Hand auf den zanckfertigen Mund legen müssen / weil er Socratis Gedult nicht hatte / wann sein Weib zu xantippoisiren pflegte. »Ein Körnlein Wermut verderbet einen gantzen Topf Honig. Ein eifersüchtiger Argwahn kan einen gantzen Haußfrieden [217] zerstören und in Zerrittung setzen« / ja er gleichet dem Wurm / welcher der schönsten und besten Früchte nicht schonet. Basian hatte groß unrecht daß er von ehlicher Liebe außsetzte: Ephesia thate hingegen auch nicht verantwortlich und verständig / daß sie vermeint sich mit schreien und zancken beliebt zu machen / welches vielmehr Haß verursachet.

6. Was thut aber diese eifrende Ephesia? Sie nimmet in ihre Dienste einen sehr schönen Edelknaben von zehen oder eilf Jahren / und erweiset ihme in bey sein ihres Mannes solche Freundligkeit / die einem ehrlichem Weibe übel anstehet: ob er wol böses zu vollbringen nicht fähig. Basian mahnet sie von solcher Leichtfertigkeit ab; sie sihet daß es ihme zu wider / und wil sich solcher massen an ihrem Mann /wegen der Agar rächen: gestalt es keine so fromme Weiber mehr giebt wie Sara / die ihren Mann gebetten / er solte sich zu ihrer Magde (aus verlangen Kinder zu haben) legen.

7. Fernerem Unheil vorzukommen / kauffte Basian einen Dolchen / wie man in den Comödien / oder Freudenspielen gebrauchet / dessen Klinge in das Hefft zu rucke weichend / die Zuseher glauben machte daß die Spitze in den Leib dringe / und das Blut /welches in dem Hefft verborgen / heraus presset. Als nun Ephesia auf einem Abend den Edelknaben küsste und hertzte / stellet sich Basian ergrimmet / und stösset / ihr eine Furcht einzujagen / den jungen / und als denn sie mit dem falschen Dolchen / daß Ephesia gantz erstarret / und starr todt zu Boden sincket / ob sie wol nicht verletzet war.

8. Das Geschrey erschallet in der gantzen Statt /Basian hette sein Weib in Ehebruch mit dem Edelknaben ergriffen / und ermordet. Der Bannrichter lässet hierüber Kundigung einziehen / und findet sich die Sache wie erzehlet / der Knab auch / welcher sich so sehr nicht entsetzet / war in dem Leben / und wegen seines Alters deß Ehebruchs nicht beschuldiget. Ephesia aber hatte keine Wunden an ihrem Leibe / der Dolchen war verhanden / und sagten die Aertzte [218] samtlich / daß der Schrecken tödtlich / in deme er das Geblüt zu dem Hertzen eilen mache / (deßwegen auch die Erschrockenen bleich und blaß werden) und solches ersticke.

9. Basian betraurte seine unschuldige Ephesiam /weil sie aber ihme wegen deß Edelknabens mißfallen / wolte niemand glauben / daß es sein Ernst. Der verstorbnen Ephesia Bruder wolte diesen Tod rächen /weil Basian von der Obrigkeit nicht gestraffet worden / und vernahme / daß er seine Agar freyen wolte. Diese beede kommen auf den Platz / und Eulogius /also nannte sich der Ephesia Bruder / durchrennet seinen Schwager / daß er gleichsam mit den Degen auf der Erden angepfälet liegen geblieben. Also straffet Gott die Blutgierigen und Falschen / wann auch der Betrug zu gutem Ende angesehen / wie hier Basian keinen Vorsatz sein Weib zu tödten gehabt.

10. Die Betrüger werden von Capaccio verglichen mit Perillo / der einen Oxen von ärtz gemachet / in welchem der das Leben verschuldet / wie ein Ox /durch die Glut zu brüllen gezwungen werden sollen. Der König aber had diesen Künstler am ersten die Probe thun / und ihn darinnen verbrennen lassen. Unter solches Gemähl könte man folgende Verßlein schreiben:

Es wird von der Flamm verzehrt /
der die Feuer Kunst gelehrt /
wer den Nechsten denckt zu schaden
pflegt Gefahr auf sich zu laden.
65. Der ungetreue Bruder
(LXV.)
Der ungetreue Bruder.

Weil die Liebe ein freyes Wesen seyn will / und sich alles Zwangs entnehmen / sihet man / daß mehrmals die Brüder / so die Natur mit dem Band der Gesippschafft verbunden / selten grosse Liebe gegen einander tragen / und ihre Neigung vielmehr auf andre / so ihnen an Verstand / Jahren und Sitten gleichamen / zu wenden pflegen.

[219] 2. Zu Saltzburg lebten vor wenig Jahren zween Brüder / Namens Adolph und Berdram / unter welchen jener neun oder zehen Jahre älter / als dieser /und deßwegen zu Geschäfften gezogen wurde / deren der jüngste und minderjährige noch nicht fähig. Adolph war ein Soldat / und hatte auch eine Raise in Welschland gethan / daß seine Eltern / als er wieder in dem 32. Jahre nach Hause gekommen / gerne gesehen hetten / daß er sich verheuratet / und sein flüchtiges Glück / durch solchen Stand gleichsam beankert. Wie nun Venus und Mars keine widerige Planeten /war Adolph nicht abgeneigt / seinen Eltern zu gehorsamen.

3. Leichtebig eine sehr schöne vnd sehr leichtfertige Dirne / sahe diesen / oder vielmehr seinen Reich thum für eine anständige Gelegenheit sich ehlich zu begütern; ob wol seine Person / und sein Gespräch also beschaffen / daß sich niemand in Adolph verlieben konte. In deme nun hierinnen gehandelt wird /rühret man die Trummel / wegen einer neuen Unruhe /welche man mit den Waffen stillen musste / und weil Adolph diese Werber vor dessen gekennet / lässet er sich in dem Trunck überreden / wieder mit ihnen fort zuziehen.

4. Inzwischen kame Berdram wieder aus Welschland / und hatte beneben seiner natürlichen Schönheit / so höfliche Sitten mit gebracht daß er es seinen ältern Bruder weit bevor gethan. Leichtebig sahe diesen ihren vermeinten Schwagern / mit den Augen eines in Lieb entbrandten Hertzens / massen solche gleichsam die Spiegel sind unsrer Gedancken / und die stillschweigenden Reden unsers Gemüts. Berdram hatte diese Sprache in Welschland auch studiret / und fügte nach und nach die zucker-süssen Liebswort mit thätlicher Freudligkeit / daß die Jungfrau das Gegenwertige für das zukünfftige zu lieben begunte.

5. Nach deme sich diese Schwägerliche Kundschafft / in ehliche und unehrliche Freundschaft gewandelt / kommet Adolph kranck und den Todten[220] gleicher als den Lebendigen / aus dem Krieg wieder nach Hause. »Wie die Liebe ein Verlangen der Schönheit ist / also macht der Schönheit Verlust der Liebe sincken und fallen.« Hiervon ist zu lesen in dem CCXXXI. Gespräch spiele / daß sich also nicht zu verwundern / wann leichtebig von dem ältern Bruder abgelassen / und dem jüngsten angehangt. Zu deme wird der Weiber Orden / wie etliche wollen /mit dem Gelübd der Unbeständigkeit verbunden / daß sie auch ohne ursach andre mondsichtige und mannsichtige Gedancken fassen.

6. Adolph kommet durch gute Wort / wieder auf /und trieben seine Eltern die Vollziehung deß gethanen Gelübs eiferigsten Geheis: Er auch verstehet darzu /weil ihme das Soldaten wesen mißfallen / und es eine Sache für junge / aber nicht für alte Leute ist. Als nun die Zeit benennet / die Vorbereitung zu hochzeitlicher Ehrenfeyr gemachet / und alles bereitet / hat sich die Braut verlohren / und zugleich auch Berdram / daraus der Argwahn entstanden / diese beede haben mit einander die Flucht genommen / wie auch beschehen.

7. Was Verwirrung dieser ungetreue Bruder verursacht / ist leichtlich zu erachten / und der Eltern Leid mehrte sich dardurch / weil sie nicht wissen mögen /wohin sich diese Flüchtige gewendet / und wie sie wieder zu finden. Sie hatten sich aber nach Venedig /wo Berdram sich bevor aufgehalten / gemacht / in welcher Statt die milch weisen Weiber / honigsüsse Wort hören lassen. Berdram hatte mit seiner Bettgöttinn einen schlechten Vorraht von Geld geschaffet /und schaffen können / aus thörigter Liebs Blindheit /dafür haltend Leichtebig werde ihme über alle Schätze seyn. Sie hatten aufgezehret / und auch das / was sie nicht vermöchten (etliches entlehntes Geld so Berdram von seinen Bekanten entnommen /) durchgebracht / und entschlossen wieder nach Saltzburg zu raisen / und mit den verlohrnen Sohn üm Verzeihung zu bitten.

8. Es berichtete aber Berdrams Freunde [221] einer / daß sie von ihren Eltern enterbet worden / und wie Adolph gewillet were seinen Bruder zu würgen / oder der Obrigkeit zu Abstraffung solcher Frevelthat fürzustellen: die Eltern der Leichtebig auch hetten entschlossen sie in ein Kloster zu sperren / etc. daß sie also der Anstalt ihrer Ruckkunfft außgestellet seyn liessen / und sich auf ein Schiffbegeben / nach Candia abzufahren / und aldar ihr Leben zuzubringen. Man hat aber Nachrichtung erlangt / daß solches Schiff verunglückt / und diese beede / mit allen andern ihren Gefehrten / ersoffen / daß sie also mit einem jämmerlichen Ende /wegen verübter fleischlichen Sünden und verrähterischer Untreue gestraffet worden. Aldolph aber hat sich nach seiner Eltern willen an andre Ort verheuratet.

9. Wer folgt seines Vaters Lehr /
hat zu hoffen Ruhm und Ehr:
die aus frevel widerstreben /
werden stets in Angsten leben /
und verderben in Gefahr /
weil sie hier deß Kains Schar
nachgefolget / den gestraffet /
Gott / der Recht auf Erden schaffet.
66. Des überwundenen Obsieg
(LXVI.)
Des überwundenen Obsieg.

Wer sein Leben nicht vertheidiget / ist deß Lebens nicht wehrt: wer aber solches wegen nichtiger Ursachen in Gefahr setzet / weiset das wenig wehrt / was er selbsten nicht hoch achtet. Solche werden verglichen mit dem Pferdmann (Minotauro,) der in dem Cretischen Irrgarten / mehr thierisches als menschliches an sich gehabt / und nicht aus den zweiffelwegen kommen können. Wer ihme selbsten rechtschaffen will / ist Richter und Partey zugleich / und dieses ist der Grund aller Befedung und Balgereyen / »daß man sagen kan die gerechteste Sache werde mit [222] ungerechtsamen Mitteln außgeführet« / und durch eine rechte Ungerechtsamkeit aus Gottes Verhängnis bestraffet /wir wir aus nach folgender Erzehlung ein merckwürdiges Beyspiel zu vernehmnen haben.

2. Projet ein alter Rittersmann / hatte in seiner Jugend grosse Proben der Tapferkeit sehen lassen / wiewol / nach der Welt Marktswehrung / solche mit Undank bezahlet worden. Er hielte sich auf seinen Gütlein und bemühet sich den ersten und letzten Tag deß Jahrs / ohne Schuld zu erleben / und das seine ohne Verpfändung zu erhalten. Seine Söhne mussten die Waffen ergreiffen / und seine zwo Töchter in Klöster gehen; die dritte aber / welche die allerschönste / erwartete in ihres Vaters Hause / daß ihr solche Aussteuer der Natur eine Heurat bescheren möchte.

3. Diese Callinia / also wollen wir sie nennen /hatte viel Buler / aber wenig Freyer / und nennete sie ein jeder die Liebste / aber nicht zu heuraten / ein jeder liebte sie / und fürchtete mit ihr Hunger zu leiden. Sie hatte bereit das reiffe Jungfrauen Alter / das 22. Jahr erlangt / nach welcher Vollkommenheit nach und nach das Abnehmen erfolget / daß sie also den Rechsten besten / den sie nur nehren könte / nicht außgeschlagen.

4. Thyrse ein Edelmann von 40. Jahren verliebte sich in diese Jungfer / und weil er Gelds genug / hatte er nicht ursach sich an ihrer Armut zu ärgern / sondern wuste wol daß der eine reiche Frau heuratet /seine Freyheit verkauffet / der eine Arme nimmet /Herr in dem Hause bleibt. Die Werbung wird also bald mit dem ja Wort gefertiget / und hatte die dürre Erden keinen so grossen Durst nach dem Morgentau /als Projet nach dieses Töchtermanns Person / weil er hoffte Hülff und Trost hierdurch zu erlangen. Thyrse hatte die Gaugenjahre überschritten / und bevor er sich in ehliches Versprechen eingelassen / Callinia Sinn wol erlernet / ihre Keuschheit versucht / und ihre Tugend / welche deß Gemüts Schönheit ist / mit dem Angesicht gleich liebwürdig befunden.

[223] 5. Es fügte sich aber nach geschlossener Heurats Abrede / daß in der Nachbarschafft ein junger Frischling / aus Niederland wieder kommen / und ihm einbildete / weil er etlichmals aus der Gefahr entkommen / er sey unsterblich / und kein geringer Beförderer der Holländer Freyheit. Seine Zunge erzehlte Wunderthaten von seinen Händen; gleich wie die jungen Studenten oder Gesetzlinge / »wann sie erweisen wollen /daß sie wol studiret / zuverstehen geben / daß sie wenig / oder gar keinen Verstand haben / der alles an seinem Ort / und zu seiner Zeit anzuführen und beyzubringen / lehret«. Dieser Vincent war ein tapferer Jüngling / seine Tapferkeit aber war noch nicht gezeitiget und reiff worden.

6. Er nun besuchte den Adel auf dem Lande / und unter andern auch den alten Projet / welcher ihn wol empfinge / und kame seine Tochter Calliniam zu grüssen / derer Schönheit ihn seiner Freyheit beraubte / und als er verstanden / daß er dieses Orts nicht ankommen könne / weil Thyrse bereit mit ihr verlobt /sucht er Gelegenheit mit ihm üm die Jungfrau / (wie man üm die Stätte in Holland zu streiten pflegt) zu fechten / nennet ihn also einen alten Haanen / einen feigen Krippel / und saget es zu solchen Leuten die es Thyrse wieder für Ohren tragen solten. Thyrse hält dieses jungen Esels Geschrey keiner Antwort würdig /und unterlässet nicht mit seiner Heurat fort zu fahren. Als solches Vincent sahe / schreibt er ihme einen sehr stoltzen Fedebrief / daß auch die Demut selbsten sich beleidigt finden möchte.

7. So kamen beede auf bestimmten Platz / und war Vincent seines Degens so mächtig / daß er Thyrse verwundet / die Waffen genommen / und das Leben bitten machen. Ja / Vincent liesse es hierbey nicht bleiben / sondern nöhtigte auch seinen Feind zu schweren / daß er Calliniam nicht mehr begehren und ihme überlassen wolle. Die Wunden Thyrse waren nicht tödlich / die Schmertzen aber deß erdulten Schimpfes sehr empfindlich / daß er auch / so bald er genesen / mit einem schweren Beutel durch Teutschland nach [224] Venedig / und von dar nach Constantinopel verraiset / seine zeit ohne Weib zu / vertreiben / daß niemand wissen mögen / wo er hinkommen.

8. Vincent hingegen weiset seines Feindes Waffen /rühmet sich / daß er sein Blut / an den seinen trage /ihn genöhtiget das Leben zu bitten / und das er schweren müssen die Calliniam ihme zu überlussen. Hierüber kommet er in Verdacht / daß er diesen seinen neben Buler ermordet / und etwan in einen Fluß geworffen. Die Schwestern Thyrse theilen seine Hinterlassenschafft / und wollen ihres Bruders Blut /durch Oberrliche Handbietung / wie billich / rächen; bringen auch zuwegen / daß Vincent in Verhafft gebracht / und weil er bekennet wie die Sache hergegangen / als ein Frevler wieder Königliche Gebot / welche das Balgen und Rauffen abstellen / zu dem Schwert / verurtheilt wird. Bey solches Urtheils vollziehung hat sein mit Wind der Eitelkeit angefülltes Haubt / etliche Springe auf der Erden gethan / wie ein Ballon.

9. Nach deme Thyrsis zwey Jahr von Hause gewesen / komt er von Constantinopel in Sicilien / von dar nach Rom / und schreibet seinen Leuten / daß sie ihm von seinen Mittelen etlich 100. Kronen zu wechßlen solten / welches geschehen: und nach deme er verstanden / wie es mit dem stoltzen Vincent ergangen / hat er Landshuldigung suchen lassen / und nach solcher Erlangung / doch Caliniam / mit unaussprechlichen vergnügen beederstits Freundschafft gefreyet / und solcher gestalt / nach dem er ist überwunden worden /den Obsieg darvon gebracht.


10. Hochmut bethöret die frevele Jugend /
Demut verehret den Namen der Tugend.
Hochmut mißfället dem höhesten Gott
Demut errettet in ängsten und Noht.
67. Die ungleichen Schwestern
[225] (LXVII.)
Die ungleichen Schwestern.

Der gezwungene Wille ist kein Wille / weil ich das nicht wil / was ich aus Furcht oder aus dringender Noht wollen muß. Wann einer in einem Sturm / das Schiff zu erleichtern / alle Kauffmannswaaren in das Meer wirfst / so zwinget ihn die Noht zu thun / was er nicht zu thun gewillt gewesen. »Also thun die Eltern unrecht / wann sie ihre Kinder zu heuraten zwingen /und ihre Neigungen so vielmals rechtmässig sind /nicht beobachten.«

2. Pansonia und Damonida waren zwo Schwestern gleicher Schönheit / wiewol gantz ungleichen Sinnes /dann die ältste mit sondrer Bescheidenheit begabt /eine grosse Neigung zu der Gottesfurcht: die jüngste aber hatte die Welt lieb gewonnen / suchte die Gefellschafften und stoltze Bekleidungen / verbliebe aber doch in den Schranken der Zucht und Ehren.

3. Der Vater kunte nur eine aussteuren / und vermeinte die ältste zu verheuraten / die jüngste aber in ein Kloster zu bringen; weil er sahe / daß die ältste verständig genug ein Haußhalten zu führen / die jüngste aber leichtsinnig und dolkühn / welchen Mangel die Einsamkeit heilen solte. Der Vater meinet es gut /und weil er ein ernstlicher Mann / muste es alles nach seinem Kopf gehen / und zwange er seine Töchter ihme auch in diesem zu gehorsamen.

4. Also wurde die älste einem Jüngling vertraut /welcher keine Neigung zu dem Ehestand / und vielmehr seiner Eltern willen / als seinem folgen musste. Ihr Ehebette war also unfruchtbar / jedoch friedlich und schiedlich. Nach ihrer Eltern Tod / wollen sie sich beederseits scheiden / Damonida hingegen das Kloster verlassen / und in die Welt kehren.

5. Weil nun solches nicht eigenthätig geschehen[226] möchte / mussten sie / darüber urkunden zu Rom erhalten / welches sie auch / auß angehörten wichtigen Ursachen üm die Gebühr / erlangt / und sind also diese Eheleute aus freyem Willen in die Klöster / Damonida hingegen heraus gegangen / und sich mit Ephialt / einen jungen Kauffmann verehlichet.

6. Nach deme etlich Jahre verflossen / und Damonida ihres Mannes genug / lässet sie sich gelüsten mit einem Edelmann Kundschafft zu machen; und weil sie nicht zween Männer haben kunte / trachtete sie ihren mit Gifft hinzurichten; der Mann aber sahe daß diese ihme die Farbe nicht halten wolte / und will sie wegen des Edelmanns deme sie nachgeloffen / straffen / sie aber entlaufft / und stürtzet sich in einen tiefen /Brunnen / daraus man sie halb ersticket / halb zerfallen und zerstossen ziehen müssen.

7. Mit genöhten Hunden jagen /
seiner Kinder Willen zwingen /
sich mit fremden Sorgen schlagen /
und nach bösen Dingen ringen /
giebet selten gutes End /
und wird viel zu spat erkennt.
68. Die entdeckte Verrähterey
(LXVIII.)
Die entdeckte Verrähterey.

»Wie die Ehre / welche wir von unsrer Ahnen ererben / für eine grosse Eitelkeit zu achten / wann sie nicht mit würcklicher Tugend / Tapferkeit Verstand und Wissenschafften fortgesetzet wird: Also ist auch die Schande welche einer Person begegnet / für keine Schand bey den Nachkommen zu achten / wann sie sich derselben Person verbrechen nicht theilhafftig gemachet.« Dieses setzen wir zu dem Ende hiervor / daß wir nicht für die angesehen seyn wollen / welche andre Geschlechte oder derselben Verwandte beschimpfen / sondern das / was fast weltkündig / und eigentlich nicht zu den Haubtgeschichten gehöret / anzumelden uns vorgenommen haben.

[227] 2. Im Jahr 1642. in dem Herbst hat Herr Obr. Forkense (also wollen wir ihn mit versetzten Buchstaben nennen) von Herrn Feldmarschalk einen Paß- oder Geleitsbrief (üm seinen Trompeter zu den Keiserischen zu schicken / üm daselbst frey Geleit / seine hochschwangere Gemählin nach Erfurt zu bringen /auszuwürken) erhalten. Dieses war die falsche aber sehr scheinliche Ursache seiner gesuchten Verhandlung / welche zu der Schwedischen höchsten Nachtheil und ihres Feldlägers endlichen verderben hette außschlagen können.

3. Also sendete er einen Trompeter mit einem offnen / und noch andern versiegelten Schreiben zu den Kaiserischen ab / welcher zu Abeburg 2. Meil von Saltzwedel / wo damals das Haubtlager war / und der Paß oder Geleitsbrief / der vor etlichen Monaten gegeben / von dem Gebietiger deß Orts nicht für richtig gehalten / und der Trompeter wieder zu ruke gewiesen worden. Und weil die Sache eine hochschwangere Frau betreffen solte / ihre Entbindung aber keinen Aufschub leiden möchte / ist daher der Verdacht so viel grösser worden.

4. Bevor aber der Trompeter zu rucke kehret /schüttelt sich das Pferd / daß die in dem Sattel verborgene Briefe heraus in das Stroh fallen / welches dem Trompeter gantz unwissend. Nach seinem Abtritt kommt ein junger Hund / springt in dem Stroh herüm / und findet den einen Brief / spielt damit so lang biß es ein Rittmeister ersehen / der den Brief erbrochen /und ob er wol fast zerkiefet / doch so viel lesen können / daß besagter Obrister mit dem Gegentheil in guten vernehmen gestanden.

5. Hieraus erscheinet die wunderliche Schickung Gottes / der leichtlich an das Liecht bringen kan / was in verborgener Finsternis beschiehet. Dieser Hund verusachte / daß man in dem Stroh ferners nach suchte / und noch einen Brief fande / der also bald an damalichen Feldherrn übersendet wurde / und von deß Obersten Vorhabens mehrern Bericht estattete.

6 Der Trompeter hatte kaum seinem Obristen [228] angemeldet / wie er zu Abeburg aufgehalten worden / und in dem der Obriste sich deßwegen bey den Herrn Abgeordneten G. beklagt / wird er gefangen genommen /und auf das Rahthaus verwarlich gefähret / wenig tage hernach Standrecht über ihn gehalten / und nach Verlesung der Briefe und volliger Erkündigung der Sachen / vom Leben zum Todt / mit dem Schwert gerichtet zu werden / verurtheilt.

7. Ob er nun wol sein Verbrechen dahin gezogen /daß er allein für seine Person / ohne Nachtheil deß gemeinen Wesens auf Kaiserliche seiten zu tretten gewillet / und mit einer beweglichen Rede sein Leben zu fristen gemeint: hat es doch nichts helffen wollen /und ist / andren zum Abscheu / auf dem Markt / in der Altstatt enthaubtet / sein Leichnam aber folgenges Tages ehrlich zur Erden bestattet worden.


8. Wann die Menschen böses treiben /
kan es nicht verborgen bleiben
lange zeit.
Gottlässt sich von uns nicht trügen /
Und die Straff der Meuchel lügen /
ist nicht weit.
69. Die feindlichen Beystände
(LXIX.)
Die feindlichen Beystände.

In deme wir die traurigen Fälle unsrer bluttrieffenden Zeiten untersuchen / finden wir viel Exempel deß übelausgeschlagenen Zweykampfs / welche andren Erzehlungen einzuschalten / in angefügtem Register aber ordentlich zu befinden seyn werden. Man könte zu den Frantzosen wol sagen die Wort / deß Apostels: Wer hat euch bezaubert / ihr unverständigen Galater? Was Thorheit ist seinen Streit mit dem Degen entscheiden wollen / der mehrmahls dem unschuldigen und schwächsten Theil ableget / und noch andre fremde / welche einander nicht [229] kennen / noch die Ursach solches Streits wissen / mit in die Gefahrziehet.

2. In Gasconien hatten zween Edelleute / Collocer und Ampel / wegen ihrer Grentze Zwist und Irrung /belangend das Jag Recht / welches ein jeder von langen Jahren hergebracht haben wolte. Dieses hette nun durch verständige Schiedsmänner aus der streitenden Theile Beweißthum / und den Augenschein der Merkmahle erörtert werden können. Aber nein. Die Soldaten tragen ihr Recht in der Scheiden / und halten den Gewalt für Billigkeit / welcher doch die Ursache und Mittel aller Unbilligkeit ist.

3. Also nimmt Ampel zu sich Numidian / Collocer aber Prime / der sich nicht erkündiget mit weme er zu fechten / sondern für ein richtige Ursache gehalten /daß er zu einem Beystand angesprochen worden. Als nun diese viere auf den Platz kommen / sehen die Beystände daß sie nicht allein vertraute Freunde / sondern auch Gesippte und Geschwisterkinder. Durch das blinde Gesetz falscher Dichter Ehre solten diese viere zusammen streichen / und das Band der Freundschafft entzweyen.

4. Wie sich nun diese Beystände ohne Zorn und Feindschafft schlagen müssen / haben sie bald von einander abgelassen / und sich bemühet / die andren zween Collocer und Ampel zu vergleichen / welche beede bereit verwundet und einander hart zu setzten. Numidian sagte / daß sie ihre Tapferkeit bereit erwiesen / und wol könten vergnüget seyn / sie solten den Handel mit der Feder ausfechten. etc. Sie liessen es auch bey den Worten nicht verbleiben / sondern wolten sie mit Gewalt von einander treiben / und sondern.

5. Collocer sprach zu Ampel: Du sihest daß wir feige Memme zu Beyständen erkieset / laß uns wieder für einen Mann stehen / und sie nieder machen: hernach wollen wir den Handel ausfechten. Ampel antwortet mit dem Werk / und gehet so bald auf seinen Beystand Prime / wie auch Collocer auf Numidian [230] zu. Sie konten mit Worten nicht aufkommen / und diese Danckbarkeit / welche sie ihnen wegen dieser Gefahr schuldig / erkennen machen: Sondern es musste gefochten seyn.

6. Collocet stösset Numidian also bald / und fast ungewarnter Sachen zu Boden / kommet alsdann Ampel zu Hilffe / und nöhtigen diese beede Prime /daß er die Waffen von sich geben / und beseits gehen muß / der nicht sonder mitleiden Numidian seinen Freund und Vettern in seinem Blut rasslen sahe. Also waren diese beede ohne Hinternis / und gehen grimmiglich erhitzt wider einander / daß endlich Ampel /nach grossem Wiederstand / durch und durch gestossen / die Waffen fallen lassen / welche Prime ruckwarts hinzu lauffend ergriffen / unn seiner beede Freunde Tod rächen wollen / wird aber von Collocer auch überweltiget und tödlich verwundet / daß er auch den dritten Tag / nach Bereuung seiner Sünden zu Grabe getragen worden: wie wol in der stille / und von andern guten Freunden / denen Collocer seinen Sieg entdecket.

7. Collocer aber hat kurtze zeit hernach / durch seine Ruhmrähtigkeit / diesen Vierkampf entdecket ist darüber in Verhafft / und als ein Verbrecher Königlicher Gebot / an den Galgen kommen hat also seinen Sieg mit dem zeitlichen und vielleicht ewigen Verderben büssen müssen: ohne mitleiden seiner Feinde /die solchen Schlangenbeschwerer in beliebtet Gefahr /gerne verderben sehen.

8. Viel klüger hat es ein Soldat bey Turino / als ich mich der Orten aufgehalten / angefangen. Er hatte einen andern Soldaten seinen Gegner verwundet / und sihet von ferne den Hertzog daher kommen. Weil er nun nicht entfliehen mochte / hilfft er dein Verwundten auf das Pferd und führet ihn dem Hertzog entgegen / vorgebend / daß er ihn also auf der Wiesen gefunden / und mit ihme zu den Wundartzt eile / daß sie solcher gestalt beede ungestrafft darvon kommen.

[231] Klingreimen oder Sonnet.
9. Ist der Mann von dem Heyden Volk verflucht /
der zu erst eine neue Kunst gesucht /
und dem Pfeil das Geflieder angemachet
auch dardurch Flügel schnellen Tod ursachet:
Wie vielmehr kommet von deß Satans Zucht
jener Schwarz / der deß Pulvers Mörderfrucht
hat gepflantzt / die deß Bogens Pfeil verlachet /
blitzt und glitzt / rollet wie der Donner krachet.
Diese Kunst ist zu unsren Nutz erfunden /
weilen wir uns zu schützen sind verbunden:
mißgebraucht hat sie vieler Tag gekürtzt.
Aber die / welche Blindlings mit den Waffen
Freund' und Feind' und auch offt sich selbsten straffen /
fragen nicht / wer sie in die Hölle stürtzt?
70. Die Festmacher
(LXX.)
Die Festmacher.

Als ich dieser Tagen gefraget wurde / was ich von den Festmachern hielte? habe ich mit einem Wort versetzet / daß ich es für eine Teuffelskunst achte / welche eines Christen Menschens vertrauen von Gott ab / und auf deß Satans Betrug wendete. Man sagte mir hingegen / daß solches gleichwol helffe / und ihrer viel gefunden würden / denen das schiessen nicht schaden könne: ja sie hangen ihre Kunst in einem Zettel einem Hund an / und machen ihn fest wie Stein und Eisen. Wol / sagte ich / der alte Teuffel ist wol so listig / daß er die Leute durch kräfftige Irrthum zu verführen weiß / und hat er über solche Leute / aus Gottes Verhängnis Macht / weil sie sich ihme vertrauet haben / man sehe aber ihr Ende an / ob es nicht allezeit jämmerlich / und solche Festmacher pflegen in der Gefahr zu fluchen / wie ich selbsten [232] hören müssen / ja sie haben kein Hertz in dem Leibe / und sehen sich selten /wegen einer guten Sache / in Gefahr / sonsten hetten sie dieser Zauberhändel nicht von nöthen.

2. Zu Venedig war in dem Wirtshaus ein Italiäner /welcher sich vernehmen liesse / er möchte gerne einen Haußgeist (Spiritum familiarem) haben. Ein Marcktschreyer oder Zahnbrecher sitzet mit zu Tische / gehet nach der Mahlzeit auf den Heuboden / und fängt eine grosse Spinne in ein Gläßlein / verkaufft solche dem Italiäner für ein grosses Geld. Was geschihet / der böse Feind kommet in die Spinne / und thut diesem Gottverlassnen Buben seinen Willen. Also gehet es auch mit dem Festmachen. Solche Künstler sind in deß Satans Händen / und kan er die Kugel / als ein Fürst der Lufft wol auf fangen / die Stiche verhindern / aber doch / die Augen / den Mund und etliche Glieder nicht versichern / wie auch wegen der grossen Stücke keine Gewärschafft leisten / daraus dann der Betrug leichtlich abzunehmen.

3. Daß sie aber mit Schrecken hinunter fahren unn elendes Todes sterbe / ist mit vielen hundert Exempeln zu beweisen: nicht allein / weil solche Festmacher ruchlose Weltlinge / sondern eben wegen dieser Kunst / so ihnen das Leben mit Marter fristet. Dessen wollen wir andren zum Abscheue etliche Erzehlungen beybringen / und dardurch / was wir Eingangs gedacht / außfindig machen.

4. Der Tapfere Hertzog / welcher von deß Beeren Stärke den Namen truge / und vor wenig Jahren auf den Schauplatz deß Teutschen Krieges seinen Ruhm mit vielen Heldenthaten verewiget / hatte einen Stallmeister / der zwar seine Reitkunst meisterlich verstanden / sonsten aber in allen Sünden / Schanden und Lastern ersoffen / und unter andern auch fest an seinem Leibe daß er nichts wenigers als den Tod gefürchtet. Hier ist nachmals zumercken / daß so beschaffene / und nicht ehrliche und Christliche [233] Leute /welche ihre Tapferkeit in richtigen und wichtigen Fällen beglauben / diese Kunstlieben.

5. Nach deme aber besagter Stallmeister von den Croaten gefangen worden / und noch mit Seibelen /noch mit Schiessen niedergemachet werden können /haben sie ihn / biß an den Hals eingegraben / und mit Kugeln von grossen Stücken so lang nach seinem Haubt geworffen / biß er endlich elendiglich seinen Geist aufgegeben / und gestorben wie er gelebt.

6. Ein Corporal zu Fellenstein ist von dem Feinde gefangen / und mit Axten und Rädern zu tod gemartert worden / weil gleichfals das schiessen und hauen nicht wollen hineingehen. Nach seinem Tod ist er lange zeit / als ein abscheuliches Gespenst gesehen worden.

7. Ein andrer hat mit seiner Hand über hundert Soldaten von seinem Feinde niedergeschossen und gestochen: allezeit aber unverletzt darvon kommen. Als ihm aber einsten jemand beredet / er solte doch die Kunst von sich legen / ist er in der nechst begebenen Gefahr jämmerlich ümkommen / und hat sich getröstet / als er sterben wollen / daß man ihn mit der Haut begrabe / welches keinem Esel wiederfahre.

8. Ach / wie viel sind dieser Festmacher noch bey den Kriegsheeren / die gewiß dergleichen Ende / wenn sie sich nicht bekehren / zu erwarten haben. Sie sagen zwar / daß natürliche Ursachen / und das Gemsenkraut / die Thire / von welchen es den Namen so erharte / daß ihnen der Jäger nicht beykommen möge. Ob deme also stehet zubeweisen. Were es aber / so kan gleich so wol deß Teuffels Verblendung mit unter lauffen / durch welche er seine Künstler in verderben /sich aber in Vertrauen zu setzen pfleget / und mit einer Warheit zehen Lügen zu verkauffen im Gebrauch hat.

9. Unsrem Gebrauch nach wollen wir anfügen folgenden

[234] Buchstabwechsel.

Mann.


MannMann
ytt
hencht
ßhl.
Ein Mann ist in dem May der Jahr ein Mahenhaubt /
er will / ohn Maß und Ziel die Ehrenkron erjagen.
Das Alter matt ohn Macht / hat ihn die Krafft geraubt
und setzt das Freuden mahl in Leid und mißbehagen.
71. Der falsche Bruder
(LXXI.)
Der falsche Bruder.

Die Warheit hat einen breiten Fuß fest zu stehen / die Falschheit eine kurtze Ferssen bald zu fallen / sagen die Ebreer Sprichwortsweis / und wird solches von unsren Heiland verglichen mit den weißgedůnichten Gräbern / die von aussen weiß und rein scheinen / inwendig aber voll stinckender Todtenbeine und abscheulichen Unflats sind. Wie nun der Regen vom Himmel die weisse Farbe leichtlich abwäschet; also kan auch Gott alle Falschheit / und was im finstern geschihet an das Liecht bringen / und zu verdienter Straffe ziehen / massen solches auch nachgehende Erzehlung / ob sie wol fast einem Freudenspiele gleichet / mit einem traurigen Außgang beweisen soll.

2. Onesimo ein Rittersmann zu Valentia in Hispanien / hatte einen Streit und tödtliche Feindschafft wieder einen andern / daß er sich zu [235] rächen gewillet /und ihn ohne Wagnis seines Lebens / in seinem Bette ermorden lassen / und ist selbst gegenwertig bey der That gewesen / hat die Mörder angefrischet / und auch Hand angeleget. Wer was zu verlieren hat / wie Onesimo / fället den Schergen viel leichter in die Klauen /als die jenigen / so wie Bias / alles vermögen mit sich tragen.

3. Onesimo hatte Weib und Kind / war begütert und wol angesessen / und wolte sich aus dem Staub machen / wurde aber / weil er solches nicht zu werke richten könnē / bey Antrettung der Flucht ergriffen in Verhafft gebracht / und musste durch deß Henkers Hand sein Leben / alles sein Vermögen aber / dem Königlichen Bedienten lassen: daß seine hinterbliebene Wittib Daniela / wie ihrem Sohne Julian / und ihrer Tochter Decorosa in grossem Elend lebten.

4. Daniela hatte eine Base zu Cartagena / welche sie zu entbürden / Decorosam zu ihr nahme / und ihr alle Unterhaltung schaffte / Julian begabe sich auf ein Schiff / und vorhabens sein Glück in der andern Welt / wo der Pfeffer wächst zu suchen. Es fügte sich aber /daß er mit andern Soldaten / bey Africa außgesetzet /frisches Wasser zu holen / von den Moren gefangen /und in die Eisen geschlagen worden / da er denn kein Lösgeld / ausser seiner Mutter Threnen / welche für Gottes Augen wehrt gehalten / und auf die Erden fallend gen Himmel schrien / zu erwarten hatte.

5. Inzwischen aber nahme Decorosa an wundervoller Schönheit und übertreffligkeit zu / daß die Studenten auf der Hohen Schul Cartagena diese Jungfrau für die schönste gehalten / und ihr auffzuwarten sehr bemühet gewesen. Unter vielen war der grösste Liebhaber dieser Musa Quinidio ein Catalonier / vielmehr reichen / als adelichen Herkommens. Diese Decorosa sahe den schwartzen Vogel mit tauben Augen an /und ob sie wol / wie alle Jungfrauen die Fleisch und Blut haben / diesem ersten Buler nicht abgeneigt / hat sie doch ihr Spiel verbergen können / und ihn dahin genöhtigt / daß er ihr mit Mund und [236] Hand die Ehe versprechen müssen / der Hoffnung / daß er werde sie trösten können in ihrer Armut / jedoch bate Quinidio diese Winckel-Ehe in höchster Verschwiegenheit zu halten / damit ihn seine Eltern nicht enterben / oder mangel lassen möchten / welche zwar Kauffleute /aber nach Gebrauch dieser Landsart über hoch hinaus wolten etc.

6. Es begiebt sich daß Aßbert / ein betagter und reicher Mann zu Cartagena zu verrichten hatte / und Decorosam ersihet / höret auch daß sie eine Tochter Onesimo welchen er wol gekennt / und sich entschleusst bey Daniela ihrer Mutter anzuwerben. Daniela erkennet die Ehre dieser Freundschafft mit demütiger Danknehmung / und verhoffte hierdurch aus aller Dürfftigkeit gesetzet zu werden. Sie lässet also balden ihre Tochter nach Hause kommen / verkündigt ihr mit grossen Freuden / daß sie ihr einen reichen und gantz güldenen Mann geben wolte: Als aber Decorosa seine silberne Haare sahe / were sie lieber bey dem Rabenschönen Quinidio verblieben / dessen Geheimnis sie doch nicht eröffnen wollen.

7. Quinidio wolte diesem Alten einen Studentenpossen spielen / und lässet sich gleich einem leibeignen Ruderknecht aus Mohrenland kleiden / giebt sich für Julian aus / und bleibet also in der Daniela Hauß als Decorosa Bruder / und Aßberts Schwager. Dieser Quinidio erzehlete Wund er geschichte von fernen Landen / und brachte auch etwas von Geld mit sich /vorwendent / daß er solches erworben / und war der armen Wittib ein so viel lieberer Sohn. Daniela befragt ihn wegen Aßberts Trauung mit Decorosa / er wil nicht darzu rahten wegen deß Alters Ungleichheit / die gar zu groß / und kein gutes Ende nehmen würde.

8. Also verzögerte sich die Sache / biß der rechte Julian / von den Brüdern der Gnaden (freres de l'ordre de la Mercy) loß gekauffet worden / wieder nach Valentia kame / und von Daniela nicht wolt erkennet werden. Der heimliche Fürsprecher in dem mütterlichen Hertzen sagte ihr fast daß dieser arme ihr Sohn; [237] weil sie aber mehr nutzen von Quinidio / war ihr der Betrug lieber / als die Warheit: darzu denn Quinidio redlich halffe / und diesen Julian / als einen Betrüger verstossen haben wolte.

9. In dieser Noht fliehet er zu seinen andern Freunden / und giebet denselben so viel mündliche und schrifftliche Anzeichen / daß sie ihn erkennen / und einen Beystand leisteten wider Quinidio. Auf eine Zeit kommen diese beede Julian von den Worten / zu den Wercken / und stösset Quinidio Julian den rechten Sohn Onesimo zu boden / welcher vor seinem Ende von Daniela erkennet / und hertzlich betrauret wird. Quinidio musste nun mit seiner Winckelehe herfür brechen / und begehrte Decorosam zu freyen: Aßbert aber / als er sich betrogen / und den unschuldigen Julian ermordet sahe / bringt bey der Obrigkeit zuwegen / daß man diesen Betrüger / und Mörder an dem Leben straffet / und weil er sahe wie listig ihn Decorosa hintergangen / wolte er sie als eines enthaubten Tochter und Wittib nicht heuraten / daß sie also in Schanden sitzen geblieben.

10. Aus dieser Erzehlung setzen wir folgende Geschichträtsel / welches die aller schwersten sind.


Sag wie man den nennen kan
der ist seiner Schwester Mann?
Sie ist ihres Bruders Frau
biß verfällt der Lügenbau.

Man könte es auf Junonem deuten / die auch deß Jovis Schwester und Weib von den Poeten genennet wird.

72. Die unkeusche Mutter
(LXXII.)
Die unkeusche Mutter.

Ob wol Socrates das Alter unter andern auch deßwegen gelobt / weil es ihn von der Liebesbrunst befreye; so findet sich doch solches Feuer bey den dürren Holtz so wol / als bey dem grünen / und hat der [238] Kirchenlehrer Hieronymus aus Erfahrung geredet / wenn er gesagt: Der Streit wider die Unkeuschheit ist gemein / aber der Obsieg selten. Dieses werden wir auch aus nach gehender Erzehlung zu ersehen haben / in welcher die unziemliche Begierde übergrosses Unheil angerichtet.

2. Rodopia / eines vornehmen Frantzösischen Herren hinterlassene Wittib / hatte fünff Kinder erzeuget /drey Söhne und zwo Töchter / welche sie zu allen Tugenden kostbarlich erziehen lassen / der Töchter eine in ein Kloster zu bringen vermeint / und Venustam die ältste zu verheuraten; massen ihre Schönheit mit zuwachsenden Jahren ihr viel aufwarten erworben /unter welchen Diodor und Porphir am besten angesehen und alle andere aus dem Sattel gehoben. Unter ihnen beeden war kein geringer Eifer / in dem jeder verhoffte Haan in dem Korb zu seyn / daß Porphir sich in dem zu rächen vermeinet / wann er Venustam darvon bringen / und Diodor das nach sehen lassen könte.

3. Diodor wuste wol wie viel an der Eltern Neigung gelegen / und spricht der Mutter freundlich zu /wird auch mit solcher Höfligkeit empfangen / daß die Tochter mit ihrer Mutter zu eifern ursache nahme /weil dieser alte Brand viel mehr mit Liebe angeflammet / als der noch ungefällte Safftreiche Stämmer. Zu Beschleunigung ihres Vorhabens verbote Rodopia ihrer Tochter mit Diodor Sprache zu halten / und riete ihr zu Porphir / welcher / wegen seines Reichthums /ihr anständiger seyn würde: Es war aber viel zu spat /und das Band zwischen Diodor und Venusta schon verknipfet / und ihre Liebe mit ehlicher Treugebung versichert.

4. Diodor hörte von Venusta daß ihre Mutter ihr gebotten seiner müssig zu gehen / und konte sich doch in ihre Freundligkeit nicht schicken / biß sie endlich mit Erröhten ihre Gemütsmeinung entdecket /und weil sie ihre Spiegel beredet / daß sie ungestalt /und von der Zeit nicht verschonet worden / wil sie diesen Abgang mit Geld / und güldnen [239] versprechen ersetzen. Diodor erstaunte erstlich ob diesem Vertrag / antwortet aber mit wenigen / daß er solcher Ehre unwürdig / und solches Erbietens nicht fähig; bedeckte also den Korb mit Höfligkeit / daß ihn Rodopia / aus blinder Liebe nicht sehen mögen.

5. Nach deme nun Rodopia ihrer Tochter Liebsten wegnehmen / er sich aber nicht wil nehmen lassen /entbrandte sie in eiferigem Grimm / sperret ihre Tochter ein / schläget und schändet sie / mit Bedrauung sie an dem Leben zu straffen / wenn sie mit Diodor mehr ein Wort wechslen werde. Venusta war so klug / daß sie sich ihrer Mutter nicht wiedersetzte / und ihr in allem zugehorsamen versprache: inzwischen aber schleusst sie mit ihren Brüdern einen Raht diese Heurat zu hindern / weil solche ohne Nachtheil ihres Vermögens keinen Fortgang werde gewinnen können.

6. Diese Kinder nahmen ihre Freunde zu hülffe /und verwiesen Rodopia ungebührliches Beginnen /daß sie so bald sich unbedachtsam zu rächen gedachte. Ich sage unbedachtsam / weil es Diodors Leben kosten solte / welcher sie / nach ihrem Wahn verachtete. Solches nun werkstellig zu machen / verspricht sie Porphir ihre Tochter / wann er Diodor erwurgen würde. Porphir liesse sich hierzu nicht bitten / weil er ein Soldat gewesen / und offtermals willens diesen Diodor für die Klinge zu fordern.

7. Also finden sich diese beede auf den Platz / und weil Diodor eine falsche Ehre und wahre Liebe in dem Sinne / hält er sich so tapfer / daß Porphir / der ihn gefordert / hat aber mit dem Leben allen Zorn verlohren. Rodopia betraurte diesen Außgang / stellet doch bald hernach / einen andern Evode genant an / er solte Diodor niedermachen / und versprache ihm zu Belohnung deß Obsiegs / Venustam ihre Tochter. Diesem gelingt es / daß er Diodor fället / und verhoffet die schöne Außbeute darvon zu bringen.

8. Venusta wolte den Todschläger ihres verstorbnen Liebsten weder wissen noch hören; sondern hatte vielmehr Ursach ihn auch für ihren Feind zu [240] halten: ja lieber zu sterben ohne Mann / als diesen zu heuraten.

9. Rodopia hingegen beginnet diesen Evode / welchen die Tochter abgewiesen / zu freyen / und ob er wol keine Liebe gegen ihr / aber wol grosse Neigung zu ihrem Geld / will er lieber eine ungestalte reiche /als eine arme und schöne Frau haben. Die Söhne aber wollen diese anderweite Verheuratung ihrer Mutter nicht angenehm halten / konten es doch nicht hindern / und mussten auch geschehen lassen / daß ihr Stieffvater kostbare Beschenkung darvon brachte.

10. Nach Verfliessung eines Monats begegnet der jüngste Sohn Evode / und nach wenig Worten stösset er ihn zu boden / daß ihme also mit der Maase gemessen worden / mit welcher er Diodore gemessen. Rodopia beklagt über diesen Mord alle ihre Kinder / als aus welcher Anstifftung ihr Mann getödtet worden. Als sie aber viel Unkosten aufgewendet / und nichts erhalten / weil der Thäter entflohen / und sie auf die andern nichts erweisen kunte / ist sie mit ihrer Klage zu Schanden worden / aus Traurigkeit in eine tödliche Kranckheit gefallen / und bey allen Bekanten ein böses Gerücht / wegen ihrer Unkeuschheit und Rachgier hinterlassen.


11. Die den geilen Geisen gleichen
werden mit deß Satans Rott /
zu den lincken müssen weichen /
und nicht sehen ihren Gott.
der will daß die Fleisches Lust /
sey den Frommen unbewust.
73. Der leichtfertige Häder
(LXXIII.)
Der leichtfertige Häder.

Archimedes wolte einen kleinen Raum ausser der Erden / seinen Werckzeug / nemlich den Hebel aufzusetzen / so wolte er die gantze Welt bewegen. Viel finden sich so kützlich / daß sie wegen deß geringsten [241] Worts und Wahns auf binden / alles zu unterst zu oberst stürtzen wollen / und das Band der Einigkeit zerreissen / aber meisten theils sangen solche schwefelgeister das Feuer zu ihrem Schaden / und verbrennen in ihren eignen Flammen: wiewol solche Zankzucht zu zeiten hernach auch bestraffet wird / und wir nicht richten sollen / wie Gott / der andre Gedanken hat als die Menschen.

2. Timander / ein Herr an dem Frantzösischen Hofe / hohes und trauriges Sinnes / pochte auf sein alt adeliches Herkommen / Tapferkeit und geleiste Dienste /daß ihm auch der geringste Schatten mißfällig / und das ungefehre Wort beleidigte. Er hatte einen Zwist mit einem andern Herrn / Ganeto genamet / und name zu seinem Beystand Henedin / einen jungen Edelmann: Als sie sich nun rauffen wolten / sind sie durch ihre Freunde beederseits geschieden und verglichen worden.

3. Von solcher zeit an sind diese beede vertraute Freunde und über zwey Jahre mit einander in Gesellschafften gewesen / ohne Hinterlist und Falschheit. Es begabe sich aber / daß er einsten Henedin / seinen vermeinten Beystand zu Amiens auf der Post begegnet / und Mahlzeit mit ihm hält befehlende beede /daß die Postpferde so wol nach Cales / als Paris / da sie hin wolten / fertig gehalten / und für das Wirtshauß solten geführet werden.

4. Henedin gedenket unter andern deß Zwists / welcher zwischen Timandre und Ganeto gewesen / sich erfreuend / daß so tapfere Rittersmänner verglichen /und auß Feinden Freunde worden. Timandre sagte /daß es an ihme nicht solte ermangelt haben / und wann es zu fechten gekommen / wolte er Ganeto wol gestriegelt haben. Henedin versetzet: Ganeto lässet sich nicht striegeln und solte wol dem / der solche Mühe nehmen würde / übel lohnen. Timandre befande sich in diesen Worten beleidiget / und sagte / daß er nicht allein Ganeto strigeln / sondern auch ihn Henedin wol zubutzen wolte. Er antwortet: daß solches den Pferden geschehe / aber dz die bösen von sich zu schlagen pflegten.

[242] 5. Mit diesem Gespräch gehen sie die Stiegen hinab / und weil ein jeder vermeint / an seinen Ehren verletzt zu seyn / ziehen sie von Leder / und Timandre stösset Henedin durch den rechten Schenckel / daß er auf dem Platz liegen blieben / hernach aber mit grosser Mühe geheilet worden. Timandre aber hat sich auf die Post gesetzet / und seinen Weg nach Paris genommen / da er dann einen stärkern als er gewesen / gefunden / der ihme seinen Rest gegeben.

6. Der sinnreiche Spanier Saavedra / dessen empresas politicas von allen verständigen hochgeachtet werden / bildet einen Freund durch einen Degen auf deme sich einer verlassen darf / wann er ihn in nöhten probiret. Ist aber die Klingen einmahl zersprungen /so kan sie nicht wol wieder zusammen geschmittet werden. Was Ursach aber hat man seinen Degen zu verderben und seinen Freund zu beleidigen? Unter dieses Sinnbild setzen wir solche Erklärung.


Lieb dein Gewehr / es rettet dich in Noht
lieb deinen Freund / er dient dir biß in Tod.
hast du den Freund entrüstet mit viel pochen /
so hast du selbst den Degen abgebrochen.
74. Der verwegne Artzt
(LXXIV.)
Der verwegne Artzt.

Es sind viel tausend Menschen / welche ihr Leben zu erhalten / dasselbe in Gefahr setzen. [243] Die Soldaten dienen üm einen geringen Sold und bekommen ehe Stösse als Geld. Die Kauffleute wagen sich über Meer /und ersaufft mancher ehe er reich wird. Die Hoffnung ist der Zehrpfenning unsers Lebens / und verlässet uns nicht in Glück und Unglück. Dieses ist aber noch viel wunderlicher und thörigter / wann einer sein Leben zum Pfand setzet / Reichthum zuerlangen / wie der verwägne Artzt / welcher den Inhalt dieser Ezehlung an die Hand geben sol.

2. Zerbi ein Venetianer / ein Artzt / aber kein Artzney verständiger / weil er wegen seiner geringen Wissenschafft zu Venetig und Padua sich nicht nehren konte / schiffte er nach Candia / da er vermeinte besser fort zu kommen. Als er aber auch der Orten viel fande / die wegen seiner erkranken wolten / segelt er von dar ab nach Adrionopel / eine Statt unter deß Großtürken Bottmässigkeit / und etliche Meil von dem Ponto Euxino gelegen.

3. Als er nun der Orten seine Mittel Marktschreierisch růhmte / und etliche mit mehr Glück als Kunst gesund machte / gelangter in grossen Ruhm / und bereichert sich in kurtzer zeit mehr / als er zu Venetig nicht wünschen dörffen / daß er also sich wol hette können begnügen lassen / wann der Geitz nicht anfienge / wo er auf hören solte / und sich mehrten die Begierden zu haben / wie der Wasser süchtigen Durst in dem Trinken.

4. Dieses Zerbi Namen wurde weit und breit bekannt / und kame auch für Säuder Bassa / einen von den grossen Herrn an der Türckischen Pforten / der unsägliche Schätze gesammelt hatte. Dieser erkrankte an der Wasser- oder Trummelsucht / einer unheilsamen Krankheit / nach aller Artzte zu Constantinopel einstimmigen Aussage. Besagter Bassa sendete zu Zerbi / liesse ihme seinen Zustand vortragen / und befragen / ob er ihme getraute das Leben zu erhalten? Zerbi sagte auf gut zanbrecherisch ja / und wolle er sein Leben dar gegen zu einem Pfand setzen / diesen Bassa darvon zu bringen.

5. Der Bott erfreuet sich über solche Zeitung [244] (massen wir leichtlich glaubē / was wir gerne hören) und versprache güldene Berge / wann er seinem Versprechen Krafft geben würde. Zerbi lässet sich bitten /wendet für seine Versaumnis / die Beschwerlichkeit der Raise / sein Alter / seine Kranken / die er verlassen müsste. Man verspricht ihm / wegen alles dessen Schadloß zu halten / und noch übergrosse Belohnung. Hierüber lässet er eine Verschreibung aufrichten / und verpfändet sein Leben gegen 4000. Kronen / für welche er den Bassa wieder gesund machen solte.

6. Als nun Zerbi nach Constantinopel kommet /findet er den Kranken so aufgeschwollen / als wann er drey Schweitzer in dem Leibe gehabt. Noch war dieser Zerbi so verwägen / daß er sich unterstehen dörffen / ihn zu heilen / welches er aber nicht laisten können / sondern ihn durch seine Artzney in deß Mahomets Paradeiß befördert. Die ander Artzte / welche diesen Aufschneider gehasst / bedienten sich dieser Gelegenheit Zerbi übel nach zu reden / und gaben aus / daß er den Bassa üm das Leben gebracht. Er entschuldigte sich / so gut er möchte / fürwēdend / daß er zu spat zu der Krankheit gezogen worden / daß die Kräfften nicht so stark / daß die Artzneyen anschlagen können / etc.

6. Bevor er nun abraiste / wil der geitzige Thor das verschriebene Geld haben. Man saget ihme er sol seinen Weg ziehen / oder man wolle seinen Frevel mit verdienter Straffe ansehen. Er beklagt sich solches Undancks bey dem Divan oder Richter / welcher ihn mit seinem begehren abgewiesen / und wird ihm in dem Alcoran gewiesen / daß deß Menschen Leben /über sein gesetztes Ziel nicht einen Augenblick / länger dauren / oder durch Artzney verlängert werden könne.

8. Wieder dieses Urtheil beklagt sich Zerbi / und will sich mit leerer Hand nicht ab weisen lassen. Deß Bassa Erben stellen sich / als ob sie ihn bezahlen wolten / führten ihn in eine Kammer und lassen ihn mit einer Senne von einem Bogen / durch ihre Leibeigne erdrosseln / dardurch dann dieses Mida Geitz ersättiget worden.


[245]
9. Wie sollen die flüchtigen nichtigen Güter
erfüllen und stillen der Menschen Gemüter
sie können die eiseren Thruen wol füllen /
doch niemals die Geldes begierigen stillen.

Ist eben dieses was dort jener Kirchenlehrer gesagt: Das Gold kan wol die Thruen / aber nicht deß Geitzhals Verlangen erfüllen.

75. Das Gespenst
(LXXV.)
Das Gespenst.

Den letzten Aufzug dieses dritten Theils / sol auf den Schauplatz bringen ein Gespenst / welches zwar abscheulich und fast nicht glauben finden wird / jedoch warhafftig erschienen / wie solches Herr Obr. Dod mit Bejahung jüngst verstorbenes Königs in Schweden preißwürdigsten Angedenkens / ümständig erzehlet /und für denkwürdig erachtet worden / bey der Frage: Ob alle Gespenster Teuffelswerke weren?

2. In der Haubtstatt deß Königreichs Schweden Stockholm / hat sich begeben / daß ein Fleischhacker oder Metzker daselbst / sich in seine schöne Dienstmagd verliebet / welche aber so bedachtsam / daß sie in seinen sündlichen Willen nicht willigen wollen / es sterbe dann sein Weib / und daß er sie ehliche / und zu Kirchen und Strassen führe. Weil aber die Alte nicht fahren wolte / massen nach dem Sprichwort /viel darzu gehöret / biß ein altes Weib stirbet / fället ihm die Nachwart zu lang / daß er auf Mittel bedacht ihr der Marter abzuhelffen.

3. Er lässet einen Sarg machen / weil damals die Pest regierte / und zerspaltet dem schlaffenden Mütterlein das Haubt mit seinem Schlachtbeil / mit welchem er die Rinder zu schlachten pflegte / legte sie in den Sarg / mit vorgeben / sie were eiligst an der Pest gestorben. Nach deme sie nun zu der Erden bestattet /hat er ihme die Magd trauen lassen / und ist solcher Mord niemand als dem Thäter bewust gewesen.

4. Es befande sich aber ein erschröckliches [246] Gespenst in dem Hause / welches diesen Mann verunruhiget / und endlich aus dem Hause getrieben / weil er vor diesem Schreckenbild nicht schlaffen können. In einer andern Behausung / welche er gemiedet / und diese öd siehen lassen / hat er zwar geruhet / jedoch nicht ohne heimliche Gewissens Plage / welche bey so vorsätzlichen Sünden selten lang aussen bleibet.

5. Es fügte sich nach gehends / daß ein Reichstag zu Stockholm außgeschrieben wird / und eine adeliche Wittib in Beschäfftigung einer Rechtssache /dahin verraiset / und wegen der menge Volks keine Herberg bekommen kan / als eben diese / wegen deß Gespensts beschreyte Behausung. Man sagte ihr die Ursache / warüm das Hauß nicht bewohnet wurde /sie scheute sich aber nicht / so wol Tags als Nachts darinnen zu verbleiben / mit festem Vertrauen / Gott /welcher sich der Weisen Vatter / und der Wittiben Trost nennet / werde sie gnädigst schützen und beschirmen.

6. Zu Mitternacht kommet das Gespenst mit grossem Gepolter in die Stuben: Die Wittib betet zu Gott / und wendet das Angesicht gegen der Wand / biß das Gespenst verschwunden / welches sie kaumlich ruckwarts erblicket / und in eines Weibsgestalt mit zerspaltenem Haubt gesehen. Weil ihr nun kein Leid wiederfahren / ermannet sie sich folgende Nacht / als das Gespenst wiederüm erschienen / und schauet /nach gethanem Gebet zu Gott / das Gespenst mit diesen Worten an: Alle gute Geister loben GOTT den HERRN. Das Gespenst in vorbesagter Gestalt / antwortet: Ich bin ein guter Geist / und lohe auch GOTT den HERRN.

7. Hierdurch wird diese Wittib behertzt und erkühnet sich zu fragen / warüm dann dieser Geist sich in der wüsten Behausung aufhalte? Nach kurtzer Erzehlung vorermelter Mordthat / hat dieser Geist zuverstehen gegeben / es könne der Leib nicht ruhen / biß ihr Mann / von der Obrigkeit / zu verdienter Strasse gezogen würde. Dieses alles ist noch wol [247] glaublich: was aber folget / lautet hart / und wann es nicht von so hohen Personen hergekommen / möchte jemand ursach haben an solchen Verlauff zu zweiffeln.

8. Hierauf sol diese Wittib ihren Wapenring von dem Finger abgezogen / selben zwischen die zweytheile deß Haubts eingeworffen / und solche als der zerspaltenen Scheedel mit ihrem Haartuche wieder zusammen gebunden haben. Darauf dann das Gespenst verswunden. So bald der Tag angebrochen / hat vielbesagte Wittib / diese Begebenheit der Obrigkeit angesagt / und weil man ihr nicht Glauben zustellen wollen / ist das Grab eröffnet / das Haartuch / in welchem der Name genähet / samt dem Ringe wieder gefunden / und der Mörder welcher ihm nicht einbilden können / wer jhn doch verrahten habe / zu gebürlicher Straffe gezogen worden.

9. Falsch vermeint die böse Rott
daß sie trügen ihren Gott:
was sie böses heimlich schaffen
wird er frey am Tage straffen.

Ende deß Dritten Theils.

Der Vierte Theil

Register der Erzehlungen deß IV. Theils
Register
Der Erzehlungen deß IV. Theils.
LXXVI. Der glückselig-verjagte.
LXXVII. Der treuvergessne Freund.
LXXVIII. Der verliebte Alte.
LXXIX. Die mörderische Hochmut.
LXXX. Der gerechtfertigte Mörder.
LXXXI. Der unkeusche Wucherer.
LXXXII. Der gottlose Sohn.
LXXXIII. Die doppelte Ehe.
LXXXIV. Der bestraffte Rahtgeber.
LXXXV. Der ohnmächtige Buler.
LXXXVI. Die kurtze Freud.
LXXXVII. Der grausame Maxentius.
LXXXVIII. Der möderische Diener.
LXXXIX. Der unglücklig leichtglaubige.
XC. Die böse Nachahmung.
XCI. Die keusche Verzweifflung.
XCII. Der Waffen Ausschlag.
XCIII. Die keusche Märterin.
XCIV. Die undanckbare Belohnung.
XCV. Der Cainische Bruder.
XCVI. Die rühmliche Verzweiflung.
XCVII. Das tödliche Wort.
XCVIII. Der Gewissens Zwang.
XCIX. Der rasende Vater.
C. Die vergiffte Eifersucht.
76. Der glückselig-Verjagte
[250] (LXXVI.)
Der glückselig-Verjagte.

Es begiebt sich in den Schiffbrüchen / daß der Felß /welcher das Schiff zerscheidert / und die Ursache der Gefahr ist / die ersauffenden bey dem Leben erhält. Die Welt ist ein ungestimmes Meer / alle Menschen /und sonderlich diese / welche in hohen Ehrendiensten sind schweben in grosser Gefahr. »Gott aber der Felß deß Heils / welcher sie zu zeiten sincken lässet /bringt ihre Unschuld an den Tag und errettet sie aus ihren Nöhten; gleich wie Noe Arche durch die Wellen / welche andre ersäuffet / empor gehoben worden. Wen Gott lieb hat den züchtiget er / und nach dem er bewäret / worden / empfähet er die Kron deß Lebens etc.« Dieses erhellet auch aus nachgehender Geschichte.

2. Das Bann- und Insicht-Gericht zu Venetig ist Zehen Rahtherren anvertrauet / und hat keinen Oberrichter / daß es also bey ihrem Endurtheil / so einmal geschöpfet worden / nothwendig verbleiben muß. Diese Herren sind in grossem Ansehen / und haben Macht den Hertzogen selbsten rechtlich vorzunehmen / in Verhafft zusetzen / und sein Verbrechen zu beurtheilen. Dieses sage ich darum / daß niemand befremden sol / wann sie an eines Hertzogens Sohn Gewalt und Rache geübet / weil sie solches Verbrechen auch an seinem Vater zu bestraffen / Fueg und Macht gehabt.

3. Unter diesen Rahtherren war auch Hermolas Donatus / dieser hatte eine Rechtfertigung wider einen Edelmann den er einer stummen Sünde beschuldiget /und ob wol die Zeugen alle wider den Beklagten / so wurde er doch (ihrem Gebrauch nach) nicht gestraffet / weil er die peinliche Frage außgestanden / und die That nicht bekannt. [251] Herrmolas wolte die Warheit aus sondrem Eifer heraus pressen / und war dem Beklagten sehr hart / da doch alle die andre ihn für unschuldig frey lassen wolten. Einer von den Gefangenen beschlosse bey sich diese Tyranney an Hermolas zu rächen / und nach deme er wieder frey worden / hat er etliche Meuchelmörder angestellet / welche ihme so lang nach gegangen / daß er endlich von ihnen gefället und nieder gestochen worden.

4. Die Thäter hatten sich aus dem Staub gemacht /der Anstiffter aber ist noch eine zeitlang zu Venedig geblieben / seine Lust an seines Feindes Leichnam zu sehen / und weil ihm seine Gewissens-Angst stündlich triebe / ist er derselben zu entfliehen in Calabria entwichen / und ein Mönch worden / Gott diese Sünde wieder ab zu bitten. Zu Venedig forschet man fleissig nach dieses vornemen Herren Mörkern / es will sich aber niemand in Verdacht finden / biß endlich ein Zettel in der Gerichtstuben gefunden worden /auf welchem gestanden / daß der entleibte Hermolas Feindschafft gehabt mit Jacob Foscarini / damalichen Hertzogs Sohne; daher der Verdacht auf diesen unschuldigen gekommen / daß er in die Gefängnis gelegt / und an die peinliche Frage gespannet worden.

5. Dieser bekennet zwar / daß er in Feindschaft gestanden mit Hermolas / habe ihn aber nicht ermorden lassen / und wisse nicht wie / und von wem es beschehen. Solches wurde für ein halbe Bekäntnis angenommen / und die peinliche Frage fortgesetzt. Sein Herr Vater der Hertzog hat allen Fleiß angewendet seinen Sohn zu retten / aber der Gerechtigkeit ihren Lauf nicht hemmen und aufhalten mögen. Er draute / daß er sich wegen dieser Ungerechtigkeit bey allen Christlichen Fürsten beklagen wolte; musste aber hören / daß er sich seines Sohnes Verbrechen nicht solte theilhaftig machen / oder gleicher Warheit Probe erwarten.

6. Endlich als Jacob nicht bekennen wollen / was er nicht gethan / und wol wuste / daß man ihn ohne [252] solche Bekäntnis nicht konte hinrichten lassen / hat er seine Freyheit zwar wieder erlangt / ist aber in die Insel Candiam geschicket worden / mit diesem Beding / daß er daraus nicht weichen solte / bey Verlust seines Lebens / und musste also dieser alte Vater seines einigen Sohns / der bereit zu ansehlichen Diensten befördert worden / beraubet seyn. Er betrübte sich so sehr / daß er kurtze Zeit darnach sein Leben endete /und Jacobs Gedult auch durch diesen Fall übte / welcher wie jener gesagt / mit Fug beten können: Vater /der du bist in dem Himmel.

7. Diese Anfechtung lehrte ihn auf das Wort merken / und erweckte in ihme die Furcht Gottes / welche zu allen Dingen nutz ist. Er seufftzete täglich / daß doch der höchste allwissende und gerechte Richter seine Unschuld möchte an den Tag bringen / wie auch endlich nach 24. Jahren seines Elends erfolget / und zwar auf eine solche weise. Der Mörder / oder Mordstiffter hat auf seinem Todbett gebetten / man solte nach Venedig schreiben / daß er / und nicht Jacob Foscarini Hn. Hermolas Donat ermorden lassen / und daß er auf solche Bekäntnis sterbe. etc.

8. Als nun der Venetianische Regent deß Königreichs Candia dem Jacob solche Zeitung / und daß er wieder nach Venetig zu höhern Diensten / als er vor gehabt / beruffen worden / hat er vermeint das Glück wolle ihn / wie die jungen Affen ihre Jungen / in den Armen erdrucken. Er eilet wieder zu seinem Vaterland / und fande unter allen den Richtern / welche ihn verdammt / nicht mehr als zween noch in dem Leben /welche sich entschuldigt / daß sie nach ihren Gewissen geurtheilt. Er hat mit Joseph gesagt: (1. Mos. 25. v. 4.) bekümmert euch nicht / und denket / daß ich darüm zürne / Gott hat mich für euch (hin und) her gesändet.

9. Nach solchem wurde er Statthalter zu Padua /hernach einer von den zehen Rahtsherrn / die ihn verdammt / hernach Procurator oder Sachwalter deß Regiments zu Venetig / welches der Vornemsten [253] Aemter eines / und hat also sein Leben in höchsten Ehren geendet. Dieser Foscarini hette wol singen können.


Bin ich biß an der Erden End vertrieben /
so bin ich doch in Gottes Hand geschrieben /
die für und für ist hart auf mir.
Wann er mich tödtet wil ich ihn doch lieben /
und endlich:
So hat Gott meiner nimmer nicht vergessen /
ob mich gleich Noth und Todt fast aufgefressent:
Das Sonnenrad folgt trübem Pfad /
der Lorbeerkrantz den Klagen und Cypressen.

H. Dilherrens Weg der Seeligkeit am 187. Blat.
77. Der treuvergessne Freund
(LXXVII.)
Der treuvergessne Freund.

Die Freundschaft wird nicht ohne Ursach der Sonnen verglichen / dann wann solche von der Welt genommen / so würden wir im Finsternis wandeln / wie die mitternächtigen Völker / deren längster Tag vier Stunde / und die ein halbes Jahr lang Nacht haben. Wann die Freundschafft nicht der Menschen Gemüter erleuchten / und als ein Band ihrer Gesellschafft vereinigen solte / würden sie gleich den unvernünfftigen Thieren leben / und der Stärkste den Schwächsten unterdrucken und ihn zu seinen Diensten nöhtigen. »So eine wehrte Gabe nun der getreue Freund / so eine verächtliche und verwerfliche Klette ist ein ungetreuer Freund: massen jenes Tugend / Gott nach ahmet / der getreu ist; dieses Laster aber von dem listigen und betrüglichen Satan herkommet / der ein Lügner ist von Anfang.«

2. Zu Salo in Welschland einer Statt an dem Guarder-Fluß gelegen / pflegten zween Bürger mehr als Brüderlicher Freundschafft. Alles war diesen [254] beeden gemein / Ehr / Geld / Kleider / Bücher / Glück und Unglück etc. und waren dieser Freunde Sitten (welches sich zu verwundern) sehr ungleich. Pandulf war reich / freundlich / höflich und wolthätig; Alark aber arm / klein von Leib / schwach und zornig gesinnet /»daß man mit Fug sagen können die Liebe und Freundschaft finde / oder mache gleich die ungleichen«.

3. Pandulf thäte von seinen Mitteln dem Alark viel gutes / »und solche Wolthaten sind Ketten / mit welchen die Hertzen verbunden werden«; und war doch Pandulf so höflich / als ob er von dem andern empfangen hette / was er ihme mit getheilet. Gleich wie die unterschiedene Stimmen / mit lieblichem Gethön die Ohren belustigen; also war fein und lieblich zu sehen wie diese Freundschaffts Brüder einträgtig beyeinander wohnten. Hiervon haben wir umständig gehandelt in dem CCXLV. Gesprächspiele / darauff wir uns beziehen.

4. Pandulf wil das sein Freund sich in den Ehestand begeben / und also ihme nach folgen solte / weil er in solchem mit süsser Glückseligkeit vergnüget lebte; Alark aber hat darzu keine Neigung. Es fügte sich nach gehends / daß der Tod deß Pandulfs Eheweib ihme von der Seiten reisset / und von allen Liebespfanden / nur eine Tochter von vier Jahren hinterlässet / und hat ihn in so traurigem Zustand sein Hertzens-Freund Alark getröstet / und ihme das schwere Kreutzleicht / und die Trübsal heiter gemachet. Nach deine er nun etliche Jahre in dem einsamen Wittib stand getrauret / hat ihn deß Todes Vorbott ich sage eine schmertzliche Krankheit / das Leben abgesagt: Er bereitet sich Christlichst auf die Raise / beschickte sein Hauß / befahle diesem seinem Freunde seine Tochter Emiliam / welche damals das zehende Jahr noch nicht erfüllet / und setzet ihn über alles sein Gut / daß er dasselbe handhaben solte / biß Emilia / zu mannbaren Jahren gelangend / sich verheuratet / du er dann ihr die helffte mitzugeben schuldig seyn solte: Sie aber solte keinen Mann wieder ihres Pflegvaters willen nehmen / der auch / im fall sie minderjährig[255] verstorben / ihr affter Erb ernennet war. Welches alles Alark dankbarlich angenommen.

5. Mit dieser Bezeugung einer biß in den Tod beständigen Tugendfreundschafft gehet Pandulf den Weg aller Welt / und wird von Alark hertzschmertzlich betrauret. »Was ist aber wandelbarer als deß Menschen Hertz / und was ist unerträglicher / als ein Armer der reich worden ist.« Die Chimisten sagen /daß man mit dem zerflössten / und trinkbar gemachten Gold / alle Krankheiten vertreiben könne: ob dem also / ist ungewiß; dieses aber lehret die Erfahrung /daß der Golddurft alle Gemüts-Krankheiten verursachet. Alark war in seiner Armut reich / in dem Reichthum aber arm / und gedachte wenig daß er seinem wolthätigen Freund / von welchem alles sein Glück herrührte / auf dem Todbette versprochen / Emiliam als seine eigene Tochter / zu versorgen / und seinem letzten Willen in allem nach zu geleben.

6. Alark hatte zuvor den Ehestand / als eine Gefängnis / außgeschrien / vielleicht weil er befürchtet /daß sich niemand seiner Armut theilhafftig machen würde. Nach deme er sich aber besagter massen in Pandulfs Güter geschwungen / hat er sich in eine Wittib zu Verona verliebt / welche einen Sohn hatte der noch jünger als Emilia / und sie mit der zeit heuraten solte: Er aber in zwischen lässet ihm Sophonisbe /dieses war der Wittib Namen / trauen / und vermeinen beederseits in Fried und Ruhe glückselig zu leben.

7. Dieses wer vielleicht erfolget / wann Sophonisbe nicht auch Kinder erzeuget / welche alle Neigung gegen Emiliam / und mütterliche Liebe gegen ihre Kinder erster Ehe / aus den Augen setzen machen /und vielmehr das Gütlein den ältsten entzogen und alle Hoffnung auf die jüngsten gerichtet. Weil Alark in dem Hauß ein Löw / hat er den Eltsten Sohn gezwungen / daß er in den Krieg ziehen / und seinen Unterhalt aldar suchen müssen. Wiewol nun Emilia gehalten worden / ist unschwer zu ermessen.

[256] 8. Alark stellet etliche an / die Emiliam zu dem Kloster Leben bereden solten: sie hat aber keine Lust zu solcher Einsamkeit / sondern verliebte sich in Horatium einen Edelmann von Bergamo: der Hoffnung /daß sie also von ihres Tyrannischen Pflegvaters Joch erlöset werden möchte. Alark / an den die Werbung gebracht wurde / giebt zur Antwort / daß er mit gutem Gewissen in Emilia Verheiratung nicht willigen könne: eins theils weil sie eine Nonne worden / anders theils weil sie heimliche Leibs gebrechen / daß ein Mann mit ihr betrogen werden würde: zu deme sey der Reichthum / welchen man bey ihr suche so beschaffen / daß sich desselben niemand zu erfreuen. Wieder den Bergamaster hatte er auch viel zu sagen /daß also auf besagte Werbung ein dem ansehen nach wolgegrundtes und wolgemeintes Nein Wort erfolget.

9. Weil nun Alark sahe / daß dieses fahrende Jungfrauenhaab nicht sichet in seinem Hause / entschleusst er sich Emiliam in ein Kloster zu bringen / und sie also wieder ihren willen / für allen Bulschafften zu versichern. Eine Magd verkundschafftet diesen Anschlag / und Horatius machet die gute Anstellung /daß Emilia mit ihme nach Bergamo entkommet / und aldar bey einer seiner Basen / biß zu Außtrag der Sachen / die Einkehr nimmet. Inzwischen lässet er durch einen seiner Freunde bey der Obrigkeit anbringen /wie übel dieser Pflegvater und ungetreue Freund Emiliam gehalten / ja sie aus Geitz / wieder ihren Willen /in ein Kloster nöhtigen wollen / etc. mit Bitte zwischen ihnen beeden zusprechen / was recht ist.

10. Nach deme nun der Richter die gantze Sache erkündigt / und dieses treuvergessenens Gesellen Hinterlist / und Undanck befunden / hat er außgesprochē /daß sich der Beklagte / der gantzē Verlasenschaft Pandulfs verlustig gemacht Rechnung zuthun / und solche der Emilia abzutreten schuldig seyn sol: welches auch geschehen müssen / weil er aber dieser seiner Pfleglinge nicht wenig schuldig verblieben / hette er in der Gefängnis sterben und verderben müssen /wann [257] sie ihme solchen Außstand nicht freywillig nach gelassen hette.

11. War Alark zuvor traurig / so ist er bey so gekränktem übelstand gleichsam rasend worden. Wie die so ersauffen sollen sich an alles halten / was sie ergreiffen können; also legte Alark die Hände an die Güter seiner Kinder erster Ehe / deren Vormunder ihme solche auch aus den Armen winden mussten /und war also von seinem Weibe so übel gehalten /daß sie sich endlich / zu Tische und Bette zu scheiden verursachet. Endlich hat er sich / aus Verzweifflung selbst erhängt / und hat eine Tochter (weil sein Söhnlein gestorben /) in solcher Armut hinterlassen müssen / wie er Emiliam zu berauben vermeint.


12. Dessen Freundschafft enden kan /
ist kein rechter Freundes Mann.
Freundschafft die auf Nutzen baut /
ihren Abfall leichtlich schaut.
78. Der verliebte Alte
(LXXVIII.)
Der verliebte Alte.

Der Krieg und die Liebe sind nicht für alte Leute. Mars und Venus sind der betagten Feinde / und nicht fähig ihrer Dienste. Es finden sich wol viel tapffere alte Soldaten / wann es ihnen aber an den Kräfften mangelt / können sie ihre Tapferkeit nicht erweisen. Also giebt es auch wol verliebte Alte / wann sie aber wie die weissen Schwanen an Venus Wagen ziehen sollen / so lässet man sie nicht gerne umsonst dirnen /leichtlich aber zu Narren werden.

2. In einer namhafften Statt in Franckreich / an der Sohne gelegen / hielte sich ein sechsigjähriger Mann /welchem in die Jahre der Sünden und Liebeslust solten verlassen haben. Er hatte etliche Kinder / von seinem verstorbnen Weib / unter welchen zwo Töchter mannbar / und zween Söhne bereit erwachsen / [258] die ihme auch von der Keuschheit predigen wolten / er gabe ihnen aber kein Gehör. Bey so beschaffenen Sachen unterliesse Sostenes / (also nennet sich der Alte) nicht sich in Euphroniam eine junge Dirne (dieses Wort wird guter und böser Meinung gebrauchet) zu verlieben / welche mit ihren zweyen armen Brüdern /in der Nachbarschafft wonend / seine Töchter in der Nadel-Arbeit unterrichtete.

3. Bey den langen Winternächten sahe er einsten /und hörte diese Euphroniam mit seinen Töchtern reden und singen / bey ihrer Arbeit: alles mit so guter Art / daß sich dieser Apollo / mit seinen silberstralenden Haaren zu dieser Musa setzte / und nach und nach das Eiß von Liebes flammen zerschmeltzen / und zerfliessen lässet. Euphronia war von Jugend auf wol erzogen worden / und so bald sie diesen Alten von junger Leute Arbeit reden hörte / hat sie sein Hauß gemeidet.

4. Ihre Brüder aber / welche diesen Greisen zu einem reichen Schwager gerne gehabt hetten / und vnd verhofft sich seiner auf allen Fall / mit vorlehen zu bedienen / sagten ihrer Schwester sie solte diesen Nabal nicht also balden abweisen / und betrachten worzu das Geld gut sey. Sie folget dem Raht / und machet den alten Narren noch viel närrischer / jedoch sagte sie ihme / daß sie eine ehrliche Jungfrau und keine Metze / welche hierinnen ihren Freunden folgen wolte / wann er seine Werbung ordentlich würde anbringen lassen / wiewol unter ihren Jahren grosse Ungleichheit / etc.

5. Sostene were zwar gerne zu der andern Ehe geschrieten / fürchtete aber die böse Nachrede / und seine erwachsne Kinder / und daß man auf diesen Kleppern in das Grab zu rettē pfleget. Nach langem bedencken entschliesset er einen Mittelweg anzutretten / nemlich Euphroniam heimlich / jedoch in ihrer Brüder Gegenwart / und beywesen eines Geistlichen zu heuraten / und also bey zu schlaffen / wie auch erfolgt. Nach diesem wolte Sostene Euphroniam so Nachts so Tages bey sich haben / daß man warnemen[259] musste / sie were sein Weib / oder unehlicher Anhang.

6. Endlich bricht Sostene gegen seine Kinder heraus / daß diese sein Weib / und jhre Stiefmutter. So grosse Freude nun bey Euphronia Brüder / so grosser Neid ist bey Sostene Söhnen Tadee und Androg entstanden / aus ungezweiffeltem Wahn / ihr Vater nehme ihnen das Brod und theile es seinen armen Schwägern mit: ja sie scheuten sich nicht zu sagen /daß sie ihren alten kindischen Vater betrogen / und mit ihme recht verrähterisch gehandelt hetten / etc. Der gestalt wolten sie sich wieder rächen / und gesellten sich zu etlichen leichtfertigen Buben / welche diese beede / als sie nach Hause gehen / angefallen /und ob sie sich zwar tapfer gewehret / und Tadee tödlich verwundet / jedoch auch getroffen / und genöhtiget worden / wieder diese Meuchelmörder üm Hülffe zu schreyen.

7. Die Nachbarschafft laufft herbey / und wird Tadee in seines Vaters Hauß getragen / da er zwo Stunden hernach verstirbt / bevor aber bekennet / daß er mit seinem Bruder und andern Gehülffen seiner Stiffmutter Brüdere angegriffen und ermorden wollen. Androg gehet flüchtig / kommet aber / nach verlauf etlicher Monat / heimlich wieder in die Statt / und trachtet seines Bruhern Tod zu rächen / wie auch beschehen / als er einsten dem ältsten allein begegnet /und durch einen Pistol schuß / ohn einige Gegenwehr / die Schuld der Natur zahlen machen sich aber so bald wieder auf flüchtigen Fuß begeben / und der Straffe zu entrinnen vermeint.

8. Hierüber traurte Euphronia / und zu gleich Sostene / daß er seines Sohns muffte beraubet seyn / und zu dessen Feind seinen eigenen Schwager wissen. Euphronia bemühet sich ihren ergrimmten Bruder / der auf Androg geklagt / und sein Bildnis an den Galgen bringen wollen / zu besänftigen / und zu solchem Ende giebt sie ihm ihre Stiefftochter mit einer ehrlichen Außsteure / daß also das Urtheil wieder Androg nicht vollzogen / und er sich wieder nach Hause finden dörffen.

[260] 9. Diese nun erneurte Freundschafft verhüllte eine verborgene Feindschafft / die einsten mit Gelegenheit außgebrochen / daß Androg darüber auf dem Platz geblieben. Sostene betrachtet seine Thorheit / welche so viel unschuldiges Blut vergiessen machen. Solches quälte ihn auf seinem Todbette / in dem er bedachte /daß seine Söhne todt / seine Tochter mit derselben Mörder verehlichet / und noch zwo Töchter unverheuratet / hat also in den Sorgen der Welt sein Leben mit all zu spater Reu geendiget.

10. Hieher gehöret was Sirach c. 25 v. 3 sagt: Drey Stücke sind / welchen ich von Hertzen feind bin: wenn ein Armer hoffertig / ein Reicher gerne leuget /und ein alter Narr ein Ehebrecher ist.


Der Pantoffel Jahre Zeit / pflegt der Kindheit gleich zu seyn /
deren Unverstand der Geitz / deren Milch der Freuden Wein.
Wie kein Kind nicht ist gerüstet mit den starken Liebes Waffen:
Also wird ein schwacher Hacht / nichts als ihme selbst Rache schaffen.
79. Der Mörderische Hochmut
(LXXIX.)
Der Mörderische Hochmut.

Die Blutgierigen und Stoltzen sind Gott und Menschen ein Greuel / und werden auch zerstäuben wie Spreuer in dem Wind / weil sie leicht und keine gute Frucht / dessen schweres Korn / gleichsam aus Demut / zur Erden fället / da hingegen die Spreuer-Hilsen empor schweben wil. Diese beede Laster finden sich vielmals beysammen / »und wie Demut aller Tugendē Grundfeste: also kan der Hochmut aller Laster Erhöhung / von welcher der Fall / oder ja der Schwindel selten entfernet / genennet werden.« [261] Wir wollen solches von nachgehender denkwürdiger Erzehlung / mit mehrerem abmerken.

2. Zu zeiten als Alexander von Medicis / das Statt Regiment zu Florentz in ein Hertzogliches Fürstenthum / verändert / hatte er unter seinen Bedienten einen Geheimschreiber oder Secretarium / welches Treue er seine Geschäffte / und wichtige Angelegenheiten überlassen / und ihn für so nohtwendig / als seine Zunge / oder Hand (deren Amt unter den Abwesenden die Feder fůhret) hielte / deßwegen auch zu hohen Ehren beförderte / und reichlich belohnte.

3. Dieser Amulio war von Pistola bürdig / von ge ringen Eltern geboren / und hatte sich auch aldar mit einer schlechten Person verheuratet / »Namen Orestilla. Wie nun ein schwaches Gehirn keinen starken Wein vertragen kan / also mag ein Mann von schlechter Geburt ein grosses Gelück nicht wol erdulden.« Er sahe sich in grossen Ehren / und liesse sich bedunken / daß / wann er unverheuratet leichtlich ein Weib schöneres und höheres Herkommens seinen damalichen Würden gemäß / erlangen wolte.

4. Solche Gedanken leiteten ihn aus Stoltz und Hochmut in endliches Verderben. Eine edle Dirne /genamt Hortensia / hatte an stat einer adelichen Aussteuer eine übertreffliche Schönheit / welche Amulio die Augen verblendete / daß er dieser Mann / Orestilla aber sein Weib nur dem Namen nach / worden: ja so unverschamet gewesen / (massen solches verübter Unkeuschheit Eigenschafft ist) daß er solche seine Beyschläferin / in sein Hauß genommen / und Orestillam nicht nur zu ihrer Magd / sondern gleichsam zu ihrer Leibeignen Knechtin gemachet.

5. Der Hochmut oder hochfahrende Stoltz vergleicht sich füglich mit dem Rauch / welcher nach und nach in die Höhe steiget / biß er endlich vertrieben und zu nicht wird. Dieser Rauch der stoltzen Hortensia / ist der armen und verachten Oristilla in die Augen gestiegen / und hat ihr sonder Zweiffel manche [262] trübe Threnen heraus gepresset. Sie sahe sich beraubt aller Ehlichen Gebühr / und musste auch erfahren /daß ihre Feindin ihr zum zweiten mahl Gifft bey gebracht / welcher doch keines mals tödliche Würckung gehabt / und das erstemal von ihr wieder gebrochen /das zweitemal durch Gegengifft / (welchen sie auf allen Fall stetig bey der Hand hatte) von ihr getrieben worden.

6. Als sich nun diese wolgeplagte in stetiger Lebens-Gefahr gesehen / bittet sie ihren Mann / er wolle sie wider nach Pistoja zu ihren Freunden ziehen lassen / und gedachte sie aldar ihr Leben in einem Kloster zuzubringen / etc. Amulio aber will darzu nicht verstehen / weil er befürchtet es möchte der Hertzog der Hortensia verübte Meuchel. Mordthat mit dem Gifft / wie auch sein Ehebruch mit derselben entdecket werden. Er hette sie wol wollen hinrichten lassen /durch Mördersbuben / oder selbsten Hand an sie legen / und sie aus dem wege raumen / wuste aber wol / daß solches sein Herr so gnädig er were / ungestraffet nicht würde lassen hingehen.

7. Damit sie nun dieser Orestilla loß kommen möchten / giebt Hortensia den Raht / man solte sie in dem Keller an Fessel legen / und so ubel halten / daß sie ihr selbst den Tod anthun / oder aus Betrübnis dahin sterben müsste. Dieses lässet ihm Amulio gefallen / und kame also diese unschuldige in einen sehr elenden Zustand / daß sie gleichsam lebendig begraben wurde. Ihr Bett war der harte Stein / Wasser und ein wenig schwartzes Brod war die Unterhalt ihres sterbenden Lebens. Deß Tages Liechts wurde sie nicht ansichtig / als gar kurtze zeit / wann man ihr das elende essen brachte. Zu deme wurde sie von Hortensia übel geschlagen / und fast zu verzweiffeln gezwungen / daß sie mehrmals gewünscht / das Leben /welches alle Menschen lieben / zu verlieren / und den Gifft / welchen sie vormals aus dem Leibe getrieben /wieder einzunehmen.

8. Dieses armen Weibes hat sich Gott nach [263] seiner grossen Barmhertzigkeit / durch ein gantz unerwartes Mittel erbarmet / und geoffenbaret / was niemand als Amulio und Hortensia wissend gewesen / dergestalt. Als auf eine Zeit Hortensia / wie eine Furia oder Höllen-Göttin in den Keller gegangen / Orestillam / ihrer Gewonheit nach zu plagen / ist derselben kleiner Knab von sechs Jahren hernach gelauffen / und als er gesehen / wie übel man mit seiner Mutter verfähret /hat er Hortensiam mit Worten / und dann mit schreien abhalten wollen: Sie aber hat das arme Kind ja so sehr geschlagen / daß die hertz betrübte Mutter Blut weinen / und das Hertz in Stücke hette zerreissen mögen / bittend / sie solte doch aus so vielen Schmertzen und Marterplagen / ihr einen Tod verursachen: würde aber ihrer Bitte nicht gewehret.

9. Nach etlichen Tagen spielet dieser Knab mit an dern seinen Gesellen auf der Gassen / und wird von einem Nachbaren befragt / wo seine Mutter hingekommen? Das Kind saget / was es gesehen / und wie sie in dem Keller versperret / und hette dieser Nachbar so grosses Mitleiden mit dem unschuldigen Weib / daß er andre zu Zeugen nimmet / welche deß Knabens Aussage nach Pistoia / und von dar von ihren Freunden nach Hof und für den Groß-Hertzog gebracht / welcher befihlet diese Gefangene also balden in ein Kloster zu führen / und der Sachen ferners nachzufragen.

10. »Die von grossen Herren geliebet sind / hasset das gemeine Volk« / und waren ihrer viel mit diesem stoltzen Fremdling (also nennten sie alle / welche ausser Florentz geboren) übel zu frieden. Der Raht und die Bannrichter vernehmen unter andern auch diese fast unerhörte Grausamkeit / daß Orestilla die Hortensiam mit guten und bösen Worten vermögen wollen /sie solle ihr doch ein Messer / oder Gewehr geben /daß sie ihr selbsten das Leben nehmen möge; hat aber diese tyrannische Gnade von ihr nicht haben können /weil sie befürchtet / sie dörffte dieses Mords beschuldiget wurden: wann sie aber aus Hunger und [264] Kummer verstorben / könte man ihren Leichnam ohne Verdacht deß Meuchelmords vorweisen / und offentlich zur Erden bestatten.

11. Nach deme nun der Hertzog gewilliget / daß man ohne Ansehen der Person dem Recht seinen Lauff wieder Amulio lassen solte / ist ihme so wol /als seiner Ehebrecherin das Leben abgesprochen / und ob sie wol beede sich auf deß Groß Hertzogs Gnade verlassen / die Häubt für die Füsse geleget worden. Der Hertzog wuste wol / daß dieser Amulio Fürbitter finden würde / hat desswegen denselben Tag eine Jagt angestellet / und sich ausser der Statt begeben. Hortensia hat betraurt / daß sie ihre Feindin nicht gar ermordet / weil sie wegen ihrer und deß Ehebruchs /welchen sie für keine Sünde gehalten / das Leben lassen müsse. Amulio sagte auch biß in die letzte Stund /daß seine Kranckheit nicht tödlich / weil ihm der Artzt (absehend auf den Namen Medicus) mit einem Wort könte gesund machen / daß also seine Bereitung zum Tod sehr schlecht gewesen. Orestilla hingegen ist aus dem Kloster wider zu ihrem Haußwesen gelassen worden / und hat ihr der Hertzog die ihme heimgefallenen Güter ihres Mannes geschencket.


12. Man siht den trüben Most in seinen Banden gieren /
und von der Heffen wust viel leere Blasen führen /
so gar / daß auch das Faß / ohn Lufft / von jungen Wein
zerspringt; die weil die Gier nicht will gezwänget seyn.
[265]
So brüstet sich der Stoltz / will kein Gesetz ertragen /
ist schwülstig lebt dahin nach eignem wolbehagen /
biß in dem letzten Nu / der blasse Tod ihn dringt
und solches Stoltzlings Hertz / in eitles Nichts zerspringt.
80. Der gerechtfertigte Mörder
(LXXX.)
Der gerechtfertigte Mörder.

Ob zwar nicht döses zuthun / daß Gutes daraus folgen sol / wie der Apostel lehret; so sind doch etliche Fälle / in welchen kleines Unrecht verstattet wird / grösseres zu vermeiden. »Man sol niemand beleidigen und Schmertzen verursachen; wann man aber eines verwundten Leben andrer gestalt nicht retten kan / ist zu gelassen / Feuer und Eisen zubrauchen / und mit Verlust eines Glieds / alle andre zu erhalten.« Also sind auch etliche Mißhandlungen / welche mit seltner und nicht gemeiner Bestraffung anzusehen / ja vielmals mit List und nicht mit Gewalt anzugehen / weil solcher gestalt grosses Unheil kan verhindert werden.

2. Die Banditen / oder wegen Mißhandlung in das Elend verjagte Rauber / haben vor Jahren in Italien so sehr überhand genommen / daß die Strassen unficher /viel Dörffer außgeplündert / und sich auch kleine Stättlein für diesen Raubern zu befürchten gehabt. Unter vielen Mitteln aber diesen Landverderblichen Gesellen zu wehren / ist kein zuträglichers erfunden worden. Als diese Wölffe mit Wölffen zu vertreiben; ich wil sagen / unter ihnen Mißtrauen zu erwecken /und zu machen / daß sie einander selbsten todschlagen. Wie aber?

3. Man hat aller Orten lassen außruffen / daß wer eines solchen flüchtigen Mörders Haubt bringen würde / Landshuldigung / und noch 100 Kronen darzu haben solte. Dieser Rahtschlag ist glückselig zu Werke gestellet worden / und hat keiner neben den[266] andern sicher schlaffen können / wie dann die Italiäner sehr argwähnisch / und für einen Theil grosser Klugheit halten / daß sie niemand trauen / und stettig in Sorgen stehen. Die alten Teutschen haben in einem Sprichwort zu sagen pflegen / daß dem der andern nicht trauet / auch wieder nicht zu trauen / etc.

4. Unser diesen hielten sich drey auf dem Appeninischen Gebürgen / Namens Poltro / Rubba und Argo welche sich in den Hölen hin und wieder verkrochen /und aus dem Stegreif genehrt. Poltro war zwar bey dem Angrief etlicher Kaufleute / erwiese sich aber sehr verzagt, wie einer / der ein böses Gewissen hatte / und wolte doch bey dem Raub seinen gebührenden dritten Theil haben / welches die andern nicht gerne verwilligten.

5. Rubba sagte auf eine Zeit zu Argo / in geheim /als sie eine gute Beut gemacht: wir wollen diese feige Memme niedermachen / und die Beut in zwey Theil theilen: wann du mir aber versprichst die zwey drittel zu lassen / bin ich zu frieden / daß du sein Haubt nach Genua bringest / und dir dardurch die Landshuldigung / und die auf sein Haubt verruffne hundert Kronen verdienst. Argo ware dessen zu frieden / weil er grosses verlangen nach Hauß zu kehren / und verglichen sich diese beede sie wolten ihn in dem nechsten Holweg / mit einander ermorden.

6. Poltro riete vor an / und versihet sich nichts wenigers als deß Todes. Argo ziehet hinter ihm sein Pistol heraus / und schiesset ihn durch das Haubt. Rubba welcher hinter ihme stellet sich als ob er ihm auch einen Schuß geben wolte / wendet aber das Pistol gegen Argo / und trifft ihn durch die Hertzkammer / daß er also bald zu der Erden sinket / und dieser seiner Gesellen sich befreyet sahe.

7. Nach deme nun Rubba sein Vorschlag gelückt /nahme er die zwey Haubt er und bringet sie nach Genua / daß er also wieder wol aufgenommen / und über mit sich gebrachten Raub / noch die 200. versprochenen Kronen habhaft worden. Der gestalt lebte Rubba in seiner Geburts statt wieder sicher / weil ihm [267] die Obrigkeit Verzeihung seines Verbrechens wiederfahren lassen. Dieses ist was wir Eingangs dieser Erzehlung gesagt / daß die Gesetze zu zeiten einen Abfall und eine Außnahme haben / und daß dieser /wegen eines doppelten Mords / von seinen begangenen Mord loß gesprochen und ungestrafft verblieben.

8. Wer nun von der Obrigkeit ungestraffet bleibt /muß auf andre weise von Gott / dessen Gesetze unveränderlich / heimgesuchet werden. Der Kauffmann welcher unlängst von Rubba und seinen Gesellen abgesetzet und geplündert worden / hat diesen wol zu Gesicht gefasset / und weil er ihme allein nicht getrauet / hat er noch zween Mördersbuben zu sich genommen / und ist ihme so lang nach gegangen / daß er ihn endlich angetroffen / in ein Hauß gejaget / da er vermeint in ein andres hinüber zu steigen und sein Leben zu retten / ist aber hinab gestürtzet / und hat sich plötzlich zu todt gefallen.

9. »Also muß der Todt der Gerechten wehrt seyn für Gott / wie der Tod deß Ungerechtē verflucht / und seine Seel / die dahin fähret mit schrecken / ewig verdammet werden / und was hilfft die gantze Welt gewinnen / und Schaden leiden an seiner Seelen.« Geld und Gut / das sonderlich übel und mit Sünden gewonnen / kan nicht retten an dem Tag deß Zorns / und ist gewiß darinnen der Fluch / wie in wol erworbnem Vermögen der Segen enthalten.

Wie der Schnee von deß Lentzen Lufft zergeht:
Wie der Rauch von den Winden wird zertrieben:
Gleicher weis' ist nie lange Zeit verblieben /
Solches Gut / das in Mörders Händen steht.
81. Der unkeusche Wucherer
(LXXXI.)
Der unkeusche Wucherer.

Die Laster stossen sich zu zeiten wieder einander in den Hertzen der Gottlosen / wie Esau und [268] Jacob in dem Leibe Rebecca / und verursachen grossen Schmertzen / weil sie aus gantz wiederigen Ursachen herrühren / zum Exempel: »Der Reichthum ist den Geitzigen gleichsam an das Hertz gewachsen / wie die Haare an die Hände Esaus / welche / ohne Verletzung / nicht ausgerauffet worden: dem wollustigen Weltling aber ist Geld und Gut nicht anderst angelegen /als das Ziegen Fell Jacob / welches sie ohne schmertzen widerfahren und entfallen lassen«. Also mahlen die Poeten den Liebsgötzen gantz entblösset / weil er seine Diener allen Reichthum verachten machet / da hingegen der Geitz Hände und Hertzen verschliessen /und die Nägel und Klauen / gleich den Raubvögeln /an sich ziehen machet.

2. Beedes wollen wir sehen an Trasill (mit diesem Namen decken wir seine schande) einen reichen Kauff- und Handelsmann zu Meiland. Durch das Wort reich ist leichtlich zu verstehen / daß er auch ein geitziger und Gewissenloser Wucherer / der durch viel haben / mehr zu haben veranlasset worden. Unferne von seinem Hause wohnte eine Wittib Ormilda benamet / welcher ihr Mann zween Söhne und eine sehr schöne Tochter hinterlassen / die sie in Gottesfurcht zu allen Tugenden auferzogen / ob sie wol in grossen Armut / und mit täglicher Handarbeit / ihr Leben zubringen müssen.

3. Wie aber deß Gerechten Samen nicht 'sol nach Brod gehen / weil Gott der Vater aller Wittben und Weisen / sie wunderlich versorget: als ist auch Ormilda auf eine seltne Art bereichert / und ihre Tochter außgesteůret worden. Der ältste Sohn lässet sich bey den Spanischen / für einen Soldaten unterhalten /seine Mutter der Unkosten etlicher massen zu entbürden: der jüngste Sylvio und Dorina blieben bey ihr /und waren in allen ihrer guten Anweisung gehorsam: massen es nicht ein geringer Segen wolerzogne Kinder haben.

4. Dorina kame mit ihrer Nadelarbeit zu Trasills Töchtern / und machte so wol ihren Verstand / als ihr Angesicht verwundern. Trasill hatte [269] zwar seine Augen meisten theils in seinem Schuldbuch / musste sie aber doch auch auf diese Jungfer werffen. Er war in seiner Jugend nie wol gestalt gewesen / in dem Alter aber war er so abscheulich / daß sein Weib bey ihme Busse thun musste: doch brannte dieses dürre Holtz /wiewol verborgner weise / dann eines theils die Furcht abschläglicher Antwort: anders theils die Seltzamkeit und Gebühr ehlicher Treue ihn von Eröffnung seiner Flammen abgehalten.

5. Ein junger Meiländer truge Lust zu Dorina / als er aber hörte daß dieses weißmar most einerne schöne Bild / auf keinen güldnen Grund gestellet / hat er /wegen guter Nächte keine böse Tage haben wollen. Alphee ein andrer Jüngling verliebte sich mit solcher Blindheit / daß er alle Bedenken aus den Augen gesetzet / unn mit ihrem Bruder Sylvio Freundschafft gemachet / der ihme zu seinem Vorhaben alle möglichste Beförderung zugesagt / hat ihme auch bey seiner Mutter und Tochter das Wort gesprochen: Doch gebrauchte dieser Freyer noch so viel Klugheit / daß er gleichwol wegen der Außsteuer versichert seyn wollen.

6. Ormilda vermeinet daß es eine anständige Heurat für ihre Tochter / und befihlt ihrem Sohn / nach gehabten Berathschlagung 1000. oder 1200. Kronen bey Trasill / gegen Verpfändnng ihrer Haab und Güter aufzunehmen. Trasil sahe diese Mucken in seinem Gewerbe / und wolte / wie eine Spinne / Gifft aus ihrem Vermögen ziehen / und lässet sich wol darzu bittē / bricht auch endlich heraus / und sagte / was er von seiner Schwester begehrte. Sylvio war so klug /daß er diesen alten Narren nicht nach seiner Thorheit geantwortet: sondern bey sich bedachte ihn zu betrügen / wie er andre zu betrügen pflegte: machte ihme auch so wenig Gewissen darüber / als einen Fuchsen in seinem Bau zu fangen.

7. Als nun Sylvio dieses Anbringen nicht weit geworffen / zehlt ihm Trasil die 1200. Kronen auf Jahr und Tag ohne Verzinssung / und verspricht benebens noch 300. Kronen ihme absonderlich / wann er [270] seine Lust würde büssen können. Sylvio verzögert die Antwort / entschuldiget sich / daß er nicht in seinem /sondern seiner Schwester Willen stehe ihn zu vergnügen / und machet den Handel sehr schwer. In dem er Bottschafften hin und wieder brachte / welche er niemals auß gerichtet / verkaufft er diesem alten Bock seine Hoffnung sehr teur. Endlich eröffnet er Trasils Begehren seinem künfftigen Schwager Alphee / welcher die Fallstricke diesem Alten legen helffen / wie folgen sol.

5. Sylvio giebt diesem Wucherer zu verstehen / daß er mit übergrosser Mühe Dorinam zu seinem Willen beredet / jedoch dergestalt / daß es in geheim / und ihrer Heurat mit Alphee unhinderlich seyn solte. Bevor aber solches geschahe / zahlte der Alte die versprochnen 300. Kronen aus seinem Beutel / mit solchen Schmertzen / als manches Weib ihre Kinder an deß Tages Liecht bringet / und vermeinte daß er eine sehr grosse Freygebigkeit erwiesen / und viel vergeben / in dem er Jahr und Tage keinen Zinß zu nehmen gewilliget.

6. Die Nacht war kommen / in welcher Trasill zu Dorina (die doch bey ihrer Mutter lage /) auf einer Leiter zu dem Fenster einsteigen solte / und lage in selber Kammer eine alte Hauß magd / welcher der Anschlag so wenig als ihrer Frauen unn Jungfrauen wissend. Sylvio sagte / daß er die Nacht ausser Hause schlaffen müste / unn legten sich diese Weiberlein zeitlich nieder / Vor Mitternacht kommet Trasil und Sylvio mit der Leiter / das Fenster war offen / er steigt hinein und die Magd erwacht schreiend daß ein Dieb zu ihr kommen / Ormilla und Dorina wachen auf /schreien zu den Nachbaren üm Hülffe / und wolte Trasil auf seiner Leiter wieder den Ruckweg nehmen.

10. Er hatte sich aber kaum aus dem Fenster begeben / da ziehet Sylvio die Leiter / daß der Geck herab / und den rechten Arm ausfället / inzwischē kommet Alphee mit der Wacht / und lauffet die Nachbarschafft zu / und wollen ihn als einen Ehrendieb mit Steinen todt werffen / die Schergen aber thun das [271] Werk der Barmhertzigkeit an ihn / und tragen ihn in die Gefängnis / da er für 1500. Kronen die er bereit außgezahlt sehr übel geschlaffen. Sylvio und Alphee haben sich inzwischen darvon gemachet / als ob ihnen von dem Handel nichts were wissend.

11. Nach deme ihme nun der Arm wieder eingerichtet / und der Richter den gantzen Verlauff warhafftig erkündiget / hat er sich Trasil entschuldiget /daß er kein Dieb / und sich endlich über den untreuen Nachbarn Sylvio beklaget / der die That nicht abgelaugnet / und desswegen frey gesprochen worden. Trasil aber musste die Statt auf drey Jahre raumen /zur Straffe wegen seines frevlen Beginnens der Dorina die 1200. Kronen zu einem Heuratgut / dem Sylvio auch die geschenckten 300. Kronen / für seine Mühe / lassen. Dieser Trasil ist in seinem Elend / von dem Banditen / deren wir vorgedacht / beraubt und ermordet worden.


12. Niemand ist so weiß und klug
der entfliehe dem Betrug /
wann er auf den Weg der Sünden
sich läst erfinden.
Aber wer mit gutem Rath
gehet auf der Tugendpfad /
der wird stetig sicher wallen /
und Gott gefallen.
82. Der Gottlose Sohn
(LXXXII.)
Der Gottlose Sohn.

Wie die Gottesfurcht zu allen Dingen nutz ist / also ist im Gegensatz die Verachtung Gottes in allen Dingen verderblich und ewig schädlich. »Wer seinen Eltern nicht folget / welche er sihet / wie sol er Gott gehorsamen / den er nicht sihet« / daß ein solcher Sohn mit Fueg Gottlos kan genennet werden / weil er sich von Gottes Gebot loßgerissen / und [272] seines übel ergehens auf Erden / ja seines Lebens Verkürtzung selbst ursacher ist. Daß nun Gott so wol in seinen Bedrauungen / als Verheissungen warhafftig ist / wird unter andern auch nachfolgende Eezehlung beglauben.

2. In dem Königreich Leon in Hispanien / haben etliche grosse Herren ihre Strittigkeiten durch eine doppelte Heurat beygelegt. Die Veranlassung zu solchen Gedanken waren dieser Herren Kinder / deren Posidippo zwo Töchter Cidaris und Ambots / Diophan aber zween Söhne Epapher und Theodot hatte. Posidippo wolte zwar / daß Epapher der ältiste seine ältste Tochter freyen / und zu gleich den Namen und die Wappen seiner vorfahren führen solte: Diophan aber wolte die ältste dem jüngsten / und die jüngste dem ältesten geben / daß also seine Söhne die Häubter zweyer vornemsten Geschlechter werden möchten /wie dann auch geschehen / und die Hochzeitliche Begängnis mit vielen Freunden deß gantzen Adels vollzogen worden.

3. Epapher und Ambutz erzeugten viel Kinder mit einander / Theodot aber und Cidaris hatten nur einen einigen Sohn / der in dieser Geschichte die Haupt Person seyn wird. Theodot erhitzte sich einst auf der Jagt / welcher Krieg zu Friedens zeit ihme sehr beliebt /und fihle darüber in eine Krankheit / welche deß Todes Vorbott war. Cidaris eine junge Wittib / hatte Epapher zu ihrem Beystand in Vorwaltung ihres Sohns Güter / welcher wegen er den Tittel eines Marggrafen führte / und trug unter den kohlschwartzen Leidkleidern die lebendigen Flammen fleischlicher Liebesbrunst / daß sie also eine Wittib / welchen der Apostel zu anderweiter Verheuratung gerahten /weil sie das Joch der Keuschheit nicht er tragen mögen.

4. Nach Spanischer Gewohnheit hielten diese Marggräfin einen Alten vom Adel der sie führte ihr aufwartete und derselbe hatte einen jungen Sohn Atilio genennt / welchen sie ihr zu unziemlichen Diensten reitzte / und endlich sich mit ihme in heimliche Verlöbnis [273] einliesse / und mit solchen Ehrenmantel ihre Schande zu verhüllen vermeinte. Calphur der Alte / mahnte erstlich seinen Sohn von der Marggräfin Vertrauligkeit ab / als er aber hörte / daß sie ihn zu ehlichen gewürdiget / und zwar durch einen Geistlichen sich mit ihme trauē lassen / wolte er seines Geschlechts Aufnehmen keines weges hindern / sondern stellte sich als ob ihme alles unwissend / biß Cidaris endlich darnieder kame / und der neugeborne Knab /durch seine Vermittlung / von einem Bauren Weib heimlich auferzogen werden musste.

5. »Wie aber so schwer als unmöglich sich in dem Lauff von einem Berge herab aufzuhalten: also hat das angefangene unrecht keine unterbrechung / biß es zu dem Straffziel gelanget.« Cidaris mochte ihre Liebe gegen Atilio nicht bergen / und musste alles Haußgesind / so wol als Pandulf ihr Sohn sehen und hören / daß zwischen ihnen heimlicher Verstand / und unziemliche Vertreuligkeit. Hierdurch wird Pandulfe welcher das achtzehende Jahr erreicht bewogen / Atilio mit seinem Vater aus dem Hauß zu schaffen / und aufwiedersetzen / üm das Leben zu bringen / massen er deßwegen auch mit seinem Vettern und Vormund Epaphre Raht gehalten.

6. Als Cidaris solches vernimmet / bricht sie / als eine hochmütige Spanierin heraus und sagt ihrem Sohn erster Ehe / in das Angesicht / daß er durch sie den Titel deß Marggrafen erlangt / daß dieser ihr Mann / mit welchem sie ein Kind bereit erzeuget /und mit dem andern schwanger gehe / daß sie ihr von ihme nicht einreden lasse / und daß sie ihn auch enterben / und ihrem mit Atilio erzeugten Sohn Cleon / das gantze Marggrafthum zueignen könne; solte deßwegen diesen ihren Mann nicht als einen Diener verächtlich halten / sondern als einen Stiefvater ehren und ihme gehorsamen.

7. Dieses war Pandulfe ein fremdes Lied / und musste er hören / daß seine Ehre und Reichthum in Gefahr / ohne welche er ihme das Leben nicht wünschte. Er berahtschlagt sich hierüber mit seinem[274] Vettern / und schliessen den Streit durch Atilio und seines Vatern Tod bey zulegen / bestelten deßwegen also bald etliche Mörders Buben / welche mit ihnen früe morgens in das Schloß brechen / und den Atilio in seiner Cidaris Armen ermorden mussten. Mit diesem waren sie nicht vergnüget / sondern erwürgen auch die Magd / und suchen den alten Calphur / der zu seinem Glück über Land verraiset. Die Cidaris aber setzen sie auf ein Pferd / ungeacht sie grosses Leibs / fuhren sie auf ein ander Schloß / da sie gantz allein in verzweiffelten Schmertzen eines todten Kindes genesen / und todt in dem Gefängnis gefunden worden / welches dieser Gottlose Sohn gewünscht /und den Leichnam mit lachendem Munde angeschauet.

8. Solte aber GOtt diese That ungestrafft lassen? Keines Wegs. Wenig Tage hernach / als er auf der Jagt einem Hirschen einen Fang zu geben vermeint /stösset ihm dieses edle Thier ein End von seinem Geweyd in den Leib / daß er wenig Stunde hernach seinen Geist auffgeben müssen. Also wurden seine junge Tage abgekürtzet / weil er sich nicht erinnert / wie saur er seiner Mutter worden ist / die er eines so erbärmlichen Todes sterben machen.

9. Epaphre erschrack nicht über dieser Zeitung /und vermeinte daß er nun der nechste Erb seyn wolte: Calphur aber brachte den jungen Cleon herfür / und erwiese so wol aus schriftlichen letzten Willen der Cidaris / als mit lebendiger Kundschafft deß Priesters /der seinen Sohn mit Cidaris vermählet / daß dieser der rechte Erb / und ein ehliches Kind / deme das Marggrafthum erbfolgenden Rechtens gebühre. Dieses ist auch von dem König ausgesprochen / und er in ruhigen Besitz aller Verlassenschafft gesetzet worden.

10. Ach GOtt! mit was Vorbereitung zum Tod wird diese Cidaris und Atilio dahin gestorben seyn / Ein böses Leben bringt kein gutes End / welches man in allen Sachen betrachten sol. Daher David gebeten: HErr lehre mich bedencken / daß es ein Ende [275] mit mir haben wird / und ich darvon muß. Ps. 39. v. 5.


Wer den guten Wind versaumet
isst und trinkt in vollen Freuden /
dem nie von Gefahr getraumet
muß in vollen Stürmen scheiden /
Wann die Meers flut rasend schaumet /
kan er leichtlich Schiffbruch leiden.
83. Die doppelte Ehe
(LXXXIII.)
Die doppelte Ehe.

Daß etliche in dem Neuen Testament das alte halten wollen und viel Weiber nehmen / wird von allen Christlichen Oberherren billich gestraffet. Mahomet hat hierdurch sein Reich gemehret / in deme er der Völker gegen dem Aufgang Fleisches Lust / durch Verlaub vieler Weiber zugelassen / und also seinen Anhang gehauffet. Daß aber solches Gott mißfällig und solche Beflekung ein sträfflicher Ehebruch / ist ausser allem zweiffel. Doch wann ausser dem Gebot Gottes eines unter beeden seyn solte / würde thunlicher fallen / daß ein Mann viel Weiber / wie der Haan: als daß ein Weib viel Männer wie die Hündin hette. Hiervon ist zu lesen unser CLXXXXIV. Gesprächspiel / etc. und sol hier ein merkwürdiges Exempel folgen.

2. In Preussen / welches deß Königs in Polen Bottmässigkeit unterworffen / hatte Ratislas ein Landherr geheuratet Judith / eine Jungfrau von alt adelichem Geschlechte / mit welcher er sich etliche Jahre sehr wolbegangen. Sein Land war fruchtbar / seine Wohnung herrlich / und ermangelte nichts mehr / als ein guter Nachbar / welches allen Haußfrieden zerstören konte. Daher der weise Mann gesagt / es ist besser ein bissen Brods mit Ruhe / als grosser Reichthum mit Sorgen. Sigisbert der nächste [276] Nachbar hatte einen Streit mit diesem Ratislas / wegen der Jaggerechtigkeit / und begegneten diese beede selten einander ohne Bedrauung und Zankwort.

3. Einsten verfolget Sigisbert / ein Wild fast biß an Ratislas Schloß / welcher vermeinte / daß ihme solches zu sonderem Schimpf beschähe / fället deßwegen mit den seinen hinaus / und schiesset Sigisbert zu boden. Er wuste wol daß er wegen dieser That in Gefahr / weil Sigisbert grosse Freunde zu Hof / und flohe also in Schlesien. Der König lässet auch nach ihn greiffen / er entkommet aber / und weichet in Niederland und Flandern / da er / als auf den Schauplatz aller Kriegshelden / nicht wolte einen müssigen Zuschauer geben; sondern seine Tapferkeit auch erweisen / wie er dann in vielen Begebenheiten ritterlich gethan.

4. Wie man nun in dem Winter von so blutiger übung abzulassen / und in den Stätten aus zu rasten pfleget / hatte Ratislas auch Gelegenheit mit trinken; spielen und Frauenvolck seine Zeit kostbarlichst zu vertreiben / weil er reich / zu solcher Handlung den Verlag hat / und das geitzige Alter noch nicht erreichet hatte. Der güldne Schlüssel öffnete ihme nicht allein die Thüre / sondern auch deß Frauenvolkes Hertzen / daß er fast aller Orten willkommen / und weil er schön / jung und stark / willig eingelassen wurde.

5. Nach Verlauff etlicher Monat verliebte er sich in eine tugendreiche Jungfrau / die zwar gegen seiner Höfligkeit nicht undankbar / mit verdächtiger Begünstigung aber ihme keines weges wilfahren wolte: biß er sich endlich in Ehliche Verlöbnis eingelassen / und weil die Mutter vermeinte / daß ihre Tochter einen reichen Polnischen Herren heuratet / hat sie das Ja Wort nicht lange zu rucke gehalten / und wurde Ratislas diese Anwerbung wol unterwegen gelassen haben /wann er sonsten zu streichen hette kommen können.

6. Also führet dieser Pol die schöne Niederländerin zu Kirchen und Strassen und erlanget durch Verrähterey / was man ihm nicht wollen zu [277] kauffen geben. Die Schönheit und Freundligkeit Adalgis hielte Ratislas von dem Krieg ab / damit er dieser Affter Gemahlin Gesellschaft obliegen könte. Endlich hat Judith durch ihre Befreunde Ratislas Landshuldigung ausgewürket / und die Sache mit Sigisbert Erben verglichen / daß er also sicher wiederkommen mögen /wann er nur sich aus den Armenbanden seines liebsten Weibs hette winden wollen. Er bindet eine Entschuldigung an die andre / setzet Zeit und Ziel / verspricht und verschreibt zu kommen / bleibt aber wo er ist; daß Judith ihn abzuholen willens / und solches auch ugescheut an ihren Mann berichtet.

7. Nach zweiffelhafften Bedacht / entschleusst er seine Adalgis mit ihm zu nehmen / wie auch nicht sonder Threnen ihrer Mutter / und ihrer beschehen. Als sie nun / nach langen ümwegen / nach Breßlau in Schlesien gekommen / sagte er / er müsse vor an raisen / und zusehen in was Stand seine Güter / zugleich auch seine Freunde / wegen seiner Verehlichung zuberichten / etc. Adalgis glaubet alles was er ihr fürschwätzte / und lässet sie also mit zweyen Mägden /so aus Flandern mit ihme kommen / samt zweyen Knechten / die ihme getreu waren. Judith empfahet ihren Mann / der so lange Jahre von ihr entfernet gewesen / mit hertzlichen Freuden / und ersättigte ihr verlangen mit seiner angenemen Gegenwart.

8. Nach etlichen Tagen musste er nach Hof / dem König wegen erwiesener Gnad zu danken / und seiner Treue versichern. Er hatte viel Schlösser / und vermeinte seine Niederländerin auf einem / welches nahe bey Dantzig / zu halten / und sich ihrer als eines Kebsweibs zu bedienen / welches er auch so klüglich zu werk gerichtet / daß Judith nicht den geringsten Argwahn darvon schöpffen können. Er beredete die einfältige Niederländerin / daß seine Freunde übel zu frieden / daß er zu veracht seines Geschlechts eine Außländerin geheuraten / und musste sie deßwegen /nach der Zeit unbekant aufhalten.

9. Es zeugte nun dieser Ratislas mit beeden Weibern [278] Kinder / die unehlichen / oder letzt ehlichen aber dorfften / wie die unartigen Adler / nicht an das Sonnen Liecht blicken. Nach etlichen Jahren wird dieser Weiber süchtige Pol / von einem seiner Diener / den er mit Worten übel angefahren / verrahten / daß nemlich noch eine Beyschläfferin / auf dem Schloß Pogltz unterhalte. Judith bespricht ihren Mann deßwegen /wird aber sehr übel angefahren / und gegen der schönen Adalgis verachtet / mit Bedrauung / daß es sie das Leben kosten solte / wann sie noch ein Wort mehr wegen dieser Sache verlieren würde.

10. Hierdurch wurde die Liebe gegen Judith fast außgeleschet / gegen Adalgis aber von neuem angezündet / und ob wol das Geschrey durch Judith außgebracht / wie ihr Mann in Ehebruch lebte / hat er sich doch wenig hindern lassen / und allein getrachtet /daß Adalgis nicht erfahren möchte / daß er verheuratet / zu welchem End er sie auch verwachen lassen. Als aber auf ein ezeit Ratislas sich zu Hof aufhalten musste / kleidet Judith seine Kleider an / klebt einen Bart / der dem seinen gleicht an das Kien / und dinget etliche Soldaten / welche ihr Beystand leisten solten.

11. Die Wachten vermeinten / daß es ihr Herr Ratislas / und lassen ihn mit den Dienern in das Schloß Pogltz / da sie dann wie ein Thyger die arme Adalgis samt ihren zwey Kindern und Mägden mit eigner Hand mörderischer weise erwürget / und sich hernach wieder auf ihre Wohnung begeben / willens selbes Schloß so wol zu versehen / und zu vertheidigen / daß er Ratislas nicht werde überwältigen und bezwingen mögen. Als er auch für das Schloß kommet / sagt sie ihm alles was einem eiferenden und verzweiffeltem Weib zu Sinne kommen kan. Ratislas giebt gute Wort / billichet ihren gerechten Zorn / bittet üm Verzeihung / und ihn weil die Ursache ihrer bösen Ehe nicht mehr im Leben / wieder anzunehmen.

12. Nach dem aber Judith sich beredenlassen / und vermeint / daß nunmehr die Ehe wieder gut / erwürget [279] Ratislas seine Judit / mit eben dem Strang / mit welchem sie ihre Feindin erhangen lassen. Seiner Kinder hat er zwar verschonet / weil sie Fleisch von seinem Fleisch / und Gebein von seinen Gebeinen / alle Diener aber so zu Adalgis Mord geholffen / haben wieder sterben müssen. Nach dieser That ist er mit allem Gold / Silber und Edelgesteinen in Schlesien geflohen; seiner verstorbnen Frauen Befreunde aber haben ihn auskundschafften / und gleichfals erwürgen lassen.

Unrecht bleibet zwar verborgen
aber niemals ungestrafft /
wer weiß was heut oder morgen
dir Gott für ein Ende schafft?
darum sey die Stund bereit /
zu der letzten Sterbenszeit.
84. Der bestraffte Rahtgeber
(LXXXIV.)
Der bestraffte Rahtgeber.

Ein böser Raht ist deme nachteilig der ihn giebt / und deme der ihn vollziehet und zu werke richtet. Wie aber der Stamm / die Aeste / Blätter und Früchte ursprünglich von der Wurtzel kommen; also kommet auch ein böser Rahtschlag von einem bösen Menschen ohne welchen das erfolgte Unglück verblieben were. Also hat Achitofel mehr Sünde gethan / als Absolon; weil jener mit gutem Vorbedacht / dieser aus blinder Thorheit Unheil angerichtet / und preiset die Schrifft den selig / der nicht in den Raht der Gottlosen gehet / und auf der Spötter Stuel sitzet. Daß nun der böse Weiber Raht viel sträfltlicher als manchesmals die That / sol die Haubtlehre seyn folgender Geschichte.

2. In Sicilien (die Statt wird nicht benamt / der Beschreibung aber nach muß es Palermo gewesen seyn) war Demetria eine Jungfrau zartes Alters und zärterers Leibes mit einem alten Hachten [280] vermählet / dessen schwacher Zustand ihr alle Vergnügung abgeschlagen / daß sie alle Stunden ihres Ehestand / als Tage einer Gefängnis gezehlet. Nach geraumer Nachwart / hat der Tod mit seinem Pfeil die Thür dieser in Ehefesseln gefangenen Demetria eröffnet / und in die Freyheit deß Wittibstandes gesetzet. Die geschwinde Veränderung leitete das unbedachtsame Weib / daß sie deß Tages Liecht weniger / als die Finsternis ihrer Gefängschafft tragen mögen. An ihren schwartzen Leidkleidern sahe man wol daß unter solchen Kolen Feuer verborgen / und gangen so Nachts so Tags junge Freyer bey ihr ein und aus / wieder deß Lands Gebrauch / daß Demetria dem bösen Gerücht übel zu reden grosse Ursach gegeben.

3. Ihr Vermögen von ihren Eltern / von ihrem Mann und ihre Schönheit waren keines Wegs zu verachten / und (wie niemand auf einmal böß wird) hatte sie erstlich nur ihr absehen einen unter vielen zu erwehlen / nachmals als sie nichts entschliessen können / und ihr heute diesen / morgen einen andern gefallen lassen / hat sie lieber viel Männer in dem Werk / als einen allein mit Namen und ehlicher Verbindnis haben wollen. Damit sie aber doch den Schein eines ehrlichen Lebens behalten möchte / hat sie allezeit etliche in der Hoffnung erhalten / sie zu heuraten / und also den Namen der Ehre gebraucht wie einer Laterne / auf der Gasse für den Leuten / in dem Hause aber /hat sie das Liecht außgeleschet / und die Latern unter die Bank gesetzet.

4. Wegen dieser Demetria hat es viel rauffens und schlagens unter der jungen Bursche gegeben / daß man ins gemein darvor gehalten / man solte diesen Stein deß Anstosses aus dem Wege / und aus der Statt raumen / welches auch sehr gut gewesen / wann es geschehen bevor folgendes Unglück sich begeben.

5. Unter vielen Buleren dieser Panthora fande sich ein junger Herr Fußbert genamt / der sich für einen Buler angegeben / weil er vermeint Demetria [281] sey gar eine ehrliche Wittib / massen sie ihme die Augen blenden / und wie eine Circe mit holden Worten gleichsam bezaubern können. Ihre Schamhafftigkeit /welche mehr Liebe verursachet als Frechheit / war bey Fußbert so beglaubt / daß er alles übels / was er von ihr gehört für Verleumbdung gehalten / und sie zu freyen nichts abhalten lassen / als sein minderjähriges Alter / das er noch der zeit der Gerhaber Gewalt /welchē er kein Wort von dieser Heurat anmelden dörffen / unterworffē. Nach langer Beratschlagung vergnügte sich Demetria mit einem schrifftlichen Eheversprechen / welches er / so bald er seine vogtbare Jahre erreichen würde / mit hochzeitlicher Begengnis zu vollziehen schuldig seyn solte etc.

6. Nach deme sie nun in dem Winkel Mann und Weib worden / hat Demetria doch mehr Haanen haben wollen / und als Fußbert darüber geeifert / hat sie ihn als einen argwähnischen / mißtrauischen und unverständigen Gauchen den Kopf mit zanken zu recht setzen wollen; daß er noch üm Verzeihung bitten müssen / und die eingeschlossnen Hörner / (wie die Zähne) mit Gedult ertragen müssen: doch als er höret / daß diese Magdalena in der gantzen Statt / für eine offne Dirne berüchtiget / hat er sein Wort wieder zu rucke nehmen und ihr Hauß vermeiden wollen.

7. Unter andern verliebte sie sich in Ricard einen Jüngling / welcher ein Soldat / und in seinem 22sten Jahre bereit gute Proben seiner Tapferkeit gethan hatte / daß seine Befreunde Ehre an ihme zu erleben hofften. Dieser liesse sich nicht groß bitten / an Fußberts Stelle zu tretten / und ergabe sich dieser Ricard so sehr der Demetria / als sie sich ihme / daß Fußbert an ihren Sündlichen Verfahren nich zweiffeln kunte /und gedachte deßwegen sie gäntzlich zu verlassen.

8. Als Demetria sahe daß dieser Vogel sich aus ihrem Netze wicklen wolte / schreibt sie ihm einen freundlichen Lockbrief / bekommet aber an statt der Antwort eine Erzehlung ihres ruchlosen Lebens. [282] Uber dieser Warheit ergrimmet sie so sehr / daß sie Ricard bittet er sol sie mit seinem Tod belohnen / weil auch seiner in der Antwort mit Namen gedacht worden. Ricard richtet diesen Befehl unverzögert aus / und ermordet Fußbert / als er aus seinem Hause gehen wollen / und an nichts wenigers / als an den Tod gedachte.

9. Fußberts Freunde waren die Vornemsten in der Statt / und liessen ihn durch die Schergen in Verhafft bringen. Er bekennet / daß solche Mordthat Demetria Anstifftung / und daß er grosse Reue über diesen Todschlag / der meinung / es würde sein Leben kosten. Aus diesem Bericht wird Demetria auch eingezogen /welche ungescheut bekennet / was sich mit Fußbert und ihr zugetragen / und daß sie Ursach gehabt sich solcher gestalt zu rächen. Kurtz zu sagen / Ricard wird wegen seiner Jugend und Adelichen Freundschafft verschonet / die Rahtgebin aber an dem Leben gestrafft / und ist Ricard aus dem Gefängnis entkommen.

12. Selbst erwehlter Mörder Rach
rufft der Gegenhall: Ach / Ach!
Gott bestrafft die bösen Thaten
und auch die zu selben rahten.
85. Der ohnmächtige Buler
(LXXXV.)
Der ohnmächtige Buler.

Die Lieb ist ein zartes Kind deß freyen Willens / welches auch der geringste Zwang und Gewalt tödten kan. Dieses haben die Lehrdichter verstehen wollen /durch Psyche Fabel / welche dieses Liebesgötzlein verlohren / weil sie ihn sehen wollen. Doch finden sich so unbedachtsame Leutlein / die sich mit Zunöhtigung wollen lieben machen / und dardurch vielmehr Haß verdienen. Dieses sol folgende Erzehlung ausfindig machen / und erweisen / daß zwischen alles haben / und alles verlieren nur ein kleines Stäublein unterschieden sey.

[283] 2. Zu Coblentz wohnte vor wenig Jahren eine sehr schöne Jungfrau / welche wir den Namen der Daphne wollen tragen lassen / weil sie eine treffliche Singerin / die auch Phöbum in solcher Kunstbefeden können. Unter vielen Freyern führte Andro die Braut heim /und hatte nun ihren willen diesem ihrem Mann verbindig gemachet / welchen sie mit allen treuen gemeint / und keines wegs dem Neid zu böser Nachrede ursach gegeben.

3. Unter den gewesenen Bulern war keiner so bethört als Tindar / welche seine Thorheit in dem Gesang mündlich / in den Gedichten auch schrifftlich und mehrmals kostbarlichst bezeuget / und wie er sie verzweiffelt liebete / auf vielerley wege zu verstehen gegeben. Er liesse Andre für die Klinge fordern /wurde aber von seinen Freunden verhindert / daß sie nicht zusammen gekommen / doch mochte man sie beede nicht mit einander vergleichen / weil Andro sich beleidigt vermeinte / und Rach zu üben suchte.

4. Andro war in Besitz und lachte deß andern drauen / ob er wol mehrmals üm das Hauß tratt / und Daphne sehen wolte / welche sich für ihm verbarge /und ihrem Mann wegen schuldiger Treuleistung keinen bösen Verdacht ursachte. Er stunde an dem Strand oder vielmehr / er lage zu Bette / und lachte deß in Ungewitter herumschwebenden Tindars. Dieser gleichte der Penelope Bulern / und richtete sich an die Magd / weil er bey der Frauen nichts mögen ausrichten. Der Gold-Regen machte ihme bey Florella Thüre und Thore auf / daß sie ihme verkauffte / was sie nur einmal verlieren konte.

5. Sie wolte Daphne vielmals bereden / sie solte Tindars Liebsklagen anhören / sie aber verstopfte die Ohren / und verwiese ihr solches Anbringen ernstlich. Tindar wil alles wagen und etwas oder gar nichts erhalten. Andro war wegen seiner Geschäffte über Land verraiset / und Florella verstecket Tindar / unter ihrer Frauen Bette / der Hoffnung / es würde sich die Sache in der Finsternis schon schicken: [284] ja er hatte einen Dolchen mit sich / Daphne die Ehre / oder das Leben zu nehmen.

6. Wann der Wolff ein Schaf erwischet / fasset er es bey dem Hals an / daß es den Hirten nicht üm Hülffe anschreien kan. Tindar wolte es auch also anfangen / Daphne aber erwehrt sich seiner / und erwecket ihr Haußgesind / mit dem Geschrey / daß sie endlich / (ob wol Florella sie ab zu halten vermeint / fürgebend daß es ein Nachtschrecken oder Traum etc.) zugelauffen / und Tindar Daphne mit dem Dolchen geritzt / und einen Knecht / der mit einer Fackel darzu kommen / verwundet.

7. In deme kommen die Nachbarn zugelauffen /und treiben Tindar in ein Kämmerlein / darinnen sie ihn gefangen halten / biß auf folgenden Tag. Niemand wolte sich zu ihn wagen / weil er draute den nechsten der hinein kommen würde zu erwürgen. In dem kommet Andro morgens wieder und höret was sich in seinem Hause begeben: zu dem fande er auch die Schergen / welche Tindar belägerten. Endlich stösset man die Thüren ein / und bemächtigen sich Tindars / wie wol nicht ohne Gefahr.

8. Andro wil diesen seinen Feind selbsten straffen /und weil er mit der Nachbarschaft der stärkste ist /müssen die Schergen weichen. Florella thut Andro einen Fußfall und bekennet die Untreue / welche sie an ihrer Frauen erwiesen / benebens der Unzucht / so zwischen ihr und Tindar vorgegangen / welchen sie in allen / sich zu entschuldigen / beschuldigte. Als nun Andro alles genugsam verstanden / und Tindar die Warheit bekennen machen / sagte er / daß dieses Verbrechen der unsinnigen Liebe zuzuschreiben / und wolle es dergestalt bestraffen / daß Tindar Florellam wieder zu Ehren bringen / und freyen solte.

9. Dieses war beederseits beliebig / und vermeinte sie noch wol darvon zukommen. Es geschahe also ihre Verlöbnis mit Mund und Handgebender Treue /benebens einem Ring / welchen Florella gerne anname / und zu einer stattlichen Heurat zu kommen vermeinte. Die Gegengabe aber welche Andro [285] absonderlich von ihnen mit Gewalt nahme / war Florella Nasen und Tindars mannliches Glied / thäte beedes in eine Schüssel / und liesse diese Verlobten zusammen kommen. Wie freundlich sie einander angesehen / ist leichtlich zu ermessen.

10. Also stellete Andro diese beede der Obrigkeit zu / welche Florellam an dem Leben gestrafft / und auch Tindar nicht würden verschonet haben / wann nicht der kalte Brand zu seinem Schaden geschlagen /und er in dem Gefängnis das Leben geendet hette. Solchen Lohn haben ungetreue Ehehalten und müssige Hengste / welche nach fremden Weibern wyhren /zuerwarten. Daphne aber hat den stets grünen Lorbeerkrantz der Keuschheit darvon getragen.

11. Der Elephant wird von den Naturkündigern als ein Bild der Keuschheit gerühmet. Weil nun seine rauhe Haut die Mucken in den Runtzlen fangen und zerdrucken kan / hat solches Sisnando / deß Hermigilds Sohn / welchen die Nordmänner erschlagen / für ein Sinnbild gebrauchet / mit der Oberschrifft (el mejor que puedo) so gut ich kan / verstehe schütze ich mich für unreiner Befleckung unverschämter Leute: unter dieses Sinnbild könte man folgende Verslein schreiben.


Keuscher Sinn ist wol verwahrt /
gleicht der Elephanten Art:
Wer die Tugend wil beflecken /
wird sich wie die Mück' erstecken.
86. Die kurtze Freud
[286] (LXXXVI.)
Die kurtze Freud.

Ein Antheil der grossen Unglückseligkeiten in diesem Leben / ist die Kürtze der Glückseligkeiten. Der Schmertz bedunckt uns allezeit lang / und eine Nacht eines Kranken kommet ihme für wie etliche Monat. Die Lüste hingegen sind gleich den Dünsten / welche in die höhe steigen / vergeistern / und als ein Traum Bild dahin fahren. Die fleischliche Wollust bestehet in flüchtiger Nichtigkeit / und vergehet wie der Meerschaum / von welchem / nach der Poeten nachstunigen Vorgeben / die Venus sol seyn gebohren worden.

2. In einer namhafften Statt / nechst den Pyreneischen Gebürgen / wohnte Critobul / ein reicher Bürger / welcher von Gott mit einer friedlichen Ehgattin und durch sie mit einem Sohn / und einer Tochter gesegnet war. Sein Leben war voll Vergnügung / seine Kinder waren wol erzogen / daß er viel Freude an ihnen hatte / und vermeinte daß das Sprichwort falsch: auf Freud folgt Leid: nicht wissend / daß ihn das Geschick nach diesen Honigsüssen Trachten /einē Salat von Wermut oder vielmehr Wehrmut vorbehalten / welches sein letztes Gerücht seyn musst.

3. Sein ältster Sohn Ripaire hatte seine Liebsneigung auf eine Jungfrau seines Standes gerichtet / weil ihme aber ein andrer vorkommen und ihre Eltern sie nicht wieder ihren Willen zwingen wollen / hat er mit grosser Betrübnis abziehen müssen. Diese Jungfrau hatte einen Vettern genannt Pammach ihrer Freyers grosser Freund und Stiffter der Heurat / daß er nothwendig Ripaire hindern müssen / seinem Freund besagter massen zu dienen. Dieser Pammach verliebte sich in Sabinam Clitobuls Tochter / und Ripaire Schwester / fande auch alle Gegenneigung daß eine Ehe voll zu Friedenheit nach gehends zu verhoffen ware.

[287] 4. Sabina wolte in dieser Sache / ohne ihres Vaters Willen / nicht verfahren / und erhielte auch von ihme Verlaub / diesen als ihren künfftigen Hochzeiter / mit aller Freundligkeit zu empfahen / massen von seinem Vatern die Werbung angebracht und wilfährig beantwortet worden. Ripaire wolte sich / wegen vorbesagter Ursachen / an seinem baldkünfftigen Schwager rächen / und ihm so verhinderlich an seiner Heurat seyn / als er zu vor ihme gewesen / und zu solchem Ende redet er das ärgste von ihme / so wol gegen seine Schwester als gegen seinem Vater: wie wol alles vergeblich / weil der Vater das Wort / und die Schwester diesen Pammach das Hertz gegeben.

5. Als nun Ripaire sahe / daß der Fuchsbalch zu kurtz / gebraucht er sich der Löwenhaut / und suchet ursach mit diesem Hochzeiter seiner Schwester / einen Hader anzubinden. Pammach aber begegnete ihm mit fast über flüssiger Bescheidenheit / und antwortete dem Narren nicht nach seiner Narrheit. Da er es aber zu grob machte / sagte er / daß er nicht wisse woher er Ursach an ihn suchte / da er doch mit seiner Schwester / auf Gut finden ihres Vaters / verlobt / bittend ihn für einen Schwager und Diener aufzunehmen.

6. Als ihme aber Ripaire zu verstehen gabe besagte Ursach / und dargegen sattsame Entschuldigung anhörte / wolte er sich darmit nicht vergnügen / sondern sagte rund / daß er ihme seine Schwester nicht lassen wolte. Hierüber zörnte Pammach / sagende: daß er seiner Schwester nichts zu gebieten / und daß sie unter väterlicher Gewalt deme sie in diesem Fall gehorsamen / und der sein gegebenes Wort nicht wieder würde zu rucke nehmen / weil es seinem Sohn nicht gefällig. Hierüber kamen sie von den Worten zu Streichen / und ob sie wol damals durch andre geschieden worden / haben sie doch beederseits den Grollen in dem Hertzen behalten.

7. Wenig Tage hernach sendet Ripaire seinem neuer Schwager ein Fedbrieflein / welches er / wiewol ungerne und mit vielem Bedenken angenommen. [288] Er fande sich auf den Platz / Ripaire nur zu straffen /aber nicht zu tödten / doch ist der Stoß so übel geraten / daß er durch und durch gestochen / selbe Stund sterben / und Pammach sich mit der Flucht retten müssen. Der Entleibte wird in seines Vaters Hauß getragen / und so wol von dem Vater / als der Schwester bitterlich beweinet / nicht ohne Beysorg / daß hiermit alles Wolergehens Hoffnung möchte geendet seyn.

8. Clitobul wil keine Entschuldigung anhören /sondern schweret daß er Pammach nicht allein seine Tochter nicht geben / sondern auch ihn / oder ja seinen Namen an den Galgen bringen / und darauf alles sein Vermögen wenden wolle. Pammache Vater wil ihn trösten und seinen Sohn wieder einbitten; kan aber bey den betrübten Alten kein Gehör haben / und hat dieser Schmertzen das Angedencken aller vorigen Glückseligkeit / in seinem väterlichen Hertzen gleichsam durch strichen.

9. Pammach inzwischen hat sich gegen Hispanien gewendet / wiewol sehr verwundet / schwach und matt. In dem nechsten Wirtshaus schreibt er an seine Sabinam sie solte zu ihm kommen / und solches deßwegen / weil sie sein Weib durch das gegebene Ja Wort ihres Vaters / welches er nit wider zu rucke werde nehmen können: weil er solchen Mord nicht vorsatzlich sondern genöhtigt sich zu vertheidigen /gethan: Sie auch schuldig Vater und Mutter zu verlassen und ihrem Manne an zu hangen zc. daß dardurch ihr Vater geschehen lassen müsse / was er jetzund wieder alle Vernunfft zu thun verweigere / und wann sie ihme nicht in das Elend folgen wolle / daß er zu sterben / und sich in der Schergen Hände zu geben gewillet etc.

10. Diese / und dergleichen Ursachen vermögen die einfältige Sabinam / daß sie an den bestimmten Ort kommet / und mit Pammach / in das Spanische Gebiet fortwandert / wiewol er wegen seiner Verwundung /schwerlich gehen konte. Als sie nun in Sicherheit zu seyn vermeint / verloben sich diese beede [289] mit ehlicher Treue und musste Sabina endlich zu Vollziehung dieser Verlöbnis / bey zu liegen bereden lassen.

11. Durch so starke Bewegung deß Leibs / und aller derselben Geisterlein / sind Pammachs Wunden wiederum eröffnet und das Geblüt so häuffig heraus geflossen / daß er in einen Schlaff gefallen / von welchem er nicht wieder erwachet. Was Klagwort führte die verlassne Sabina? Sie war in einem fremden Land / deren Sprache und Sitten ihr unwissend. Die Noht /welcher Gebot eisenhart kan genennet werden / triebe sie endlich wieder auf den Ruckweg zu ihres Vaters Hauß / und hat sie die kurtze Freude mit langer Traurigkeit gebüsset / welche sich vermehret / als sie bey einer ihrer Befreunden verstanden / das ihr Vater sie todt haben wolte weil sie ihres Bruders Mord verursachet.

12. Hierüber betrübte sie sich so sehr / daß sie in eine todtliche Kranckheit gefallen / und nach kurtzer Zeit zu Grabe getragen worden. Also wurde der alte Vater aller seiner Kinder beraubt / und ist auch mit Schmertzen und grossem Hertzenleid verstorben.


So leichtlich sich Gläser zerstücken /
so leichtlich die Winde hin sausen /
so leichtlich die Wellen verbrausen /
so leichtlich uns Schmertzen berücken /
wir Menschen so flüchtig bestehen /
in Eile mit Eile vergehen.
87. Der grausame Maxentius
(LXXXVII.)
Der grausame Maxentius.

Ob wir wol nicht gewillt dieses Orts alte Geschichte zuerzehlen / und die verstorbne Wörter wieder von den Todten auf zu erwecken / sondern [290] uns befleissigen solche Sachen anzuführen / welche sich bey unsrer Väter und unsren Zeiten begeben; So wird doch der Name deß Tyrannen Maxentu / welcher die lebendigen Menschen an die todten Leichnam binden / und also verhungern lassen / wegen nachfolgender Geschichte Vergleichung nicht für unanständig befunden werden. Wie alle Gesichter ins gemein einander gleich / absonderlich aber ungleich sind; also haben die alte Geschiebte mit / den neuen eine Vereinbarung / in welcher sie über ein / und auch nicht über eintreffen.

2. Der Ehebruch ist eine abscheuliche Sünde / welche nicht genugsam kan bestraffet werden / deßwegen auch die Gesetze (wieder das fünffte Gebot) zugelassen / daß der Mann / welcher sein Weib in solchem Verbrechen ergreiffet / sie ungestrafft (wie dort Pineas die Moabitin) ermorden darff. Der Ort / wo sich nachfolgende schreckliche That begeben / mindert das Wunder solcher Grausamkeit etlicher massen / weil man glaubt / daß das Meer / und das Gebürg wilde Leute nehret / daher die Römer die jenigen / welche den Tod nicht gar verschuldet / in die Insuln / unter halb wilde Leute geschicket / als Corsica / Sardinien /von welcher ersten der Nam der Corsaren ins gemein für einen Räuber gebrauchet wird.

3. Zu Aquilastre in Sardinien / auf der Calarischen Seiten gelegen / wohnte ein Landherr Dominico genannt / welcher mit seinem Weib drey Töchter und zween Söhne erzeuget. In seinem Wittibstand überliesse er alle Haussorge seiner ältsten Tochter Bamba / welche die Haubt Person in diesem Trauerspiel seyn wird. Dieser Dominico liesse ihme sehr angelegen seyn / daß seine Söhne in dem studiren und allen wolständigen Sitten möchten auf erwachsen. Zu solchem Ende hielte er ihnen einen absonderlichen Lehrmeister / welcher sehr gelehrt / und mit der Zeit ein Geistlicher zu werden hoffte.

4. Adalberon (also nennte sich dieser) verhielte sich erstlich sehr wol / und wann er in seinem Fleiß fort [291] gefahren und nicht von dem Tugend Wege abgetreten / würde nicht erfolgt seyn / was nachgehendes geschehen. »Gleich wie das Saltz in feuchten Orten nicht füglich kan aufgehalten werden / und endlich dumm werden muß: also sollen die Geistlichen / (welche das Saltz der Erden sind / sich nicht aufhalten bey den verderblichen Frauen Volk; weil diese fleischlich gesinnet / und sie geistlich seyn und bleibē sollen. Die Kirchen Väter haben gesagt daß ein solcher neben einer Schlangen auf einem mit bunten Blumen gezierten Feld / schlaffe / und daß er so wenig (ohne Wunderwerk) unverletzt darvon kommen könne / als die drey Männer aus dem Feuerofen Nebucadnezars.«

5. Als nun Adalberon seine Augen nicht aufheben seines Herrn Töchter mit Liebes-neigung anzusehen /hat er erfahren / daß Bamba die ihrigen nieder geschlagen / und mit Liebesflammen erfüllt brünstig auf ihn geworffen. Ohn viel kürtzlich ümstände / welche ich als einen stünkenden Sumpf / schnell überschreite / haben diese beede mit einander vollbracht / was man ohne Verlaub nicht zu nennen pfleget / und zwar so heimlich / daß es in dem gantzen Hauß niemand einträchtig worden / und der Vater / welcher seiner Töchter wachsamer Hüter gewesen / auch den geringsten bösen Argwahn nicht gefasset.

6. In diesem sündlichen Unglück hatten sie auch das Glück / daß Bamba nicht befruchtet wurde / welches ohne Geschrey nicht geschehen mögen / daß man diese Helenam für eine Lucretiam gehalten. Es fügte sich aber / daß sich ein Freyer anmeldete / und weil Daminico seiner Töchter / als gar kostbarer Fahrnis gerne loß worden / wolte er die Gelegenheit nicht aus Händen lassen. Adalberan vermeinte daß diese Ehe ein Deckmantel seiner Liebe seyn / und ihn aus aller Gefahr setzen würde. Also heurateten Rigobert ein Schiffhaubtmann Bambam / welchem zwar der Leib /Adalberon aber das Hertz verblieben.

7. Rigobert musste mit Wind und Wellen [292] fechten /als mittler zeit seine Bamba mit Adalberon den Liebs Krieg führte / der sehr verzagt und sonder Anreitzung dieser Circe wol zu Hause geblieben were: wiewol er bald ihre Brüder zu ihr geführet / bald wegen ihrer Schwester oder Dominico Bottschafften außgerichtet /und also fast täglich in Rigoberts Hause gewesen /und auch nächtlich dahin gekommen / durch eine seidne Leider / welche Bamba von einem Fenster abgelassen.

8. Die Blindheit ist die Eigenschafft der langgetriebnen Sünde / und solche fande sich auch dieses Orts daß es endlich Rigoberts Knechte in acht nahmen / und es ihrem Herrn offenbarten / als sie zuvor Adalberon etlichmals verjagt / damit aber bey Bamba so viel ausgerichtet / daß sie sie bedrauet / alle aus dem Hause zu schaffen. Adalberon aber gleichte den Mucken / welche so viel mehr zufliegen / wann man sie vertreiben wil / daß er endlich von dem blutgierigen Rigobert erdappt wird / eben als er wieder auf der Leiter zu entkommen vermeint.

9. Rigobert wolte eine besondere Rache an diesem Lehrmeister verüben / und schniede ihm erstlich Nasen und Ohren ab / wie auch die Finger an den Händen und die Zeen an den Füssen. Was ihn zu einem Manne machte ließ er in kleine Stücke nach und nach zerhauen / und endlich stösst er ihm den Dolchen in die Brust. Mit was Lust Bamba diesem Trauerspiel zu gesehen ist leichtlich zu erachten. Der Tod war ihr nicht erschröcklich / aber die Art deß Todes das aller erschröcklichste.

10. Rigobert lässet Bamba gantz außziehen / und an den todten Leichnam binden / daß Mund auf Mund zu treffen kommen. Erstlich fiele sie zwar in eine Abkrafft / als sie aber mit vielen Stricken mit Händen und Füssen an den abgeleibten Adalberon gleichsam gefesselt wurde / kame sie wieder zu sich / und bate üm Barmhertzigkeit / welche Rigobert niemals erlernet. Nach deme aber keine Bitte wolte stat finden /und Rigobert ihr alle ihre Untreue mit vielen [293] Schändworten aufgerucket / hat sie die Stimme geändert /durch Gegen Scheltwort ihr Leben abzukürtzen vermeinend.

11. In solchem Zustande lässet Rigobert die Ehebrecherin an ihres Bulers Leichnam gefesselt / in einen Keller tragen / da sie mit vielen růllen und brüllen theils Hunger / theils aus Gestank von dem faulenden Leib / lebendig verwesend elendiglich ihr Leben enden müssen. Als sie nun todt / hat er diese That selbst kund gemacht / den abscheulichen Anblick öffentlich auf dem Markt schau gelegt / und ist von der Obrigkeit ungestrafft verblieben. Dieses Greuelbild hat allen wollüstigen Weibspersonen einen Schrecken eingejagt / und mehr fromm gemacht / als sonsten andre Gebot / und Verwahnungen.

12. Anna Römers mahlte in ihren Sinnpoppen einen Damm / zwischen zweyen Wassern / welcher mit einem Schlagbaum verwahrt: und schreibt darzu(Principiis obsta.) verhüte den Anfang / oder Eingang: verstehend / daß die Sünde zu vermeiden /wann man derselben Gelegenheit aus dem wege gehet.


Du kanst dich der Sünden leid /
meidend die Gelegenheit /
leicht entziehen.
Trittst du auf der Laster Bahn
so gelangst du Höllen an
in dem fliehen.
88. Der mörderische Diener
(LXXXVIII.)
Der mörderische Diener.

Der Haubtman Brasidas hat seine Hand in einen Handschuhe stossen wollen / und ist von einer Maus /die darinnen verborgen gewesen / gebissen worden. Schaut doch! sagte er zu seinen Soldaten / [294] es ist kein Feind so gering / er kan Schaden thun. Es ist eine feine Lehre / welche uns niemand sol verachten machen: dann wann ich den überwinde / welchen ich verachtet habe / so ist es mir keine Ehre: wann ich aber überwunden werde / so ist meine Schande so viel grösser. Dieses ist auch denen gesagt / welche ihre Haußgenossen / deren Dienste sie doch nicht ermanglen können / hart und verächtlich halten / daß sie ihrer Herren Feinde werden müssen / daher die Schriff sagt: Deß Menschen Feinde sind seine eigne Hausgenossen / wie auch aus nachgehender Geschichte zuersehen seyn wird.

2. Zu Orleans hielte ein Edelmann einen Laqueien welcher erstlich so ein grober Gesell / daß alle andre Haußgenossen seiner gespottet. Dieser Gesell hatte ein vergalltes Gemüt / und war / wie man zu reden pfleget / ein Narr auf seinen Kopf. Er wurde nicht allein von seinem Herrn / sondern auch von dem Stallknecht / auf deß Herrn Befehl fast täglichs geschlagen / weil er es wol verschuldete und wurde er deßwegen von den Mägden und Kindern verlacht und gehönet. Man muß zeit haben einen Ochsen zu erzörnen / ist er aber einmal ergrimmt / so weiß er seine Stärke und scheuet niemand.

3. Dieser Laquay war ein Liebhaber deß guten Weins / und bezechte sich / daß er weniger Verstand als ein unvernünfftiges Vieh hatte / und wolte alsdann alles todt haben / daß ihn jederman fürchten muste. Als er sich auf eine Zeit auch überfüllet / und zu Bette musste getragen werden / hat er geflucht / gepoltert und verursacht / daß ihn sein Herr mit Händen und Füssen / in dem Bette binden / und biß auf das Blut mit Ruten streichen lassen.

4. Weil aber der falsche Gesell das übel abgebetten / und gutes künfftig zu thun versprochen / da er doch vielmehr sich zu rächen bedachte / ist er nicht aus dem Hause geschaffet worden. Als nun sein Herr in dem Weinlesen / auf seinem Landgut zwo Meilen von der Statt / sendete er diesen zu [295] rucke / was mangelte aus dem Hause zu holen / brachte auch deßwegen einen Brief an die ältste Tochter / das Haußhalten betreffend / und ein zukauffen etliche Sachen welche der Laquay mit nehmen solte. Als er nun fast Abends abgefertiget war / wolte er zuvor trincken. Die Magd gehet in den Keller / und weil er fürchtete sie brächte ihme zu wenig / gehet er hernach und heischet mehr als sie ihme geben will: hierüber kommen sie zu streiten / und der Laquay sticht sie mit einem spitzigen Messer daß sie zu Boden fällt / und schneidet ihr hernach die Gurgel ab.

5. Nach diesem laufft er hinauf / und thut der andren Magd deßgleichen. Lässet es auch darbey nicht bleiben: sondern bringet gleichfals die zwo Töchter und den Sohn fünff Jahr alt üm das Leben / daß also wol zu sagen / der bose Feind hab ihme die Hand geführet / welcher ein Mörder ist von Anfang. Nach diesem stösset er das Messer in die Erden / nimmt was er zu überbringen hatte / samt dem geschriebenen Brief /als ob er nichts böses gethan.

6. Ein Schuster wolte folgenden Tages von seiner Arbeit in das Haus bringen / und konte niemand erklopfen / daß er endlich mit einem Nagel oder fremden Schlüssel die Schnallen erhebt / und so viel Todte in ihrem Blut findet. Er erstaunt ob solchem Scheusal / und stehet in bedencken was er thun sol? Der Obrigkeit solches anzusagen / wolte er nicht für rahtsam finden / weil er für den Thäter möchte gehalten werden. So gute Gelegenheit sich zu bereichern bedunckte ihn nicht zu verabsaumen / bricht also Kisten und Kälter auf nimmet Geld und Geldswehrt und versteckt es in seinen Keller.

7. Deß andern Tags wird der Fuhrknecht in die Statt gesendet etliche Fässer hinaus zu der Weinlese zu führen. Die Thür war verschlossen und wolte oder konte ihme niemand aufthun. Er holet endlich den Schlosser und lässet die Thür eröfnen / da er dann gleich fals die todten Leichname gefunden / und so bald die gantze Nachburschafft mit seinem Geschrey zulaufen machen: Die Obrigkeit sendet aus [296] ihren Mitlen dahin / und vermeint man daß er solches rauber gethan haben müssen / weil die besten Sachen hinweg. Niemand ist weniger in Verdach / als der Thäter / welcher mit den hertzbetrübten Eltern auch zu weinen nicht unterlassen.

8. Nichts ist / nach dem Sprichwort / so klein gesponnen / das nicht solte an die Sonne kommen / und nichts so verborgen / das nicht solte eröffnet werden. Einer von den Nachbaren hatte den Schuster sehen hinaus gehen. Der Schuster sagte daß er Arbeit hinein getragen / welche man auch noch finden werde / und ist darbey verblieben. Ein Monat hernach zanket er mit seinem Weib / welcher er zuvor den grossen Fund geoffenbaret hatte; die kan sich nicht anderst rächen /und verräht ihren Mann / daß er also bald in Hafft genommen wird.

9. Ob er nun wol an der Volter die Mordthaten nicht bekennet / wurde er doch auf dem Platz die Martroy genamt / lebendig gerädert / da er biß auf den letzten Seuftzer verharrt / daß er niemand ermordet. Der Laquay sihet dieses alles / und vermeint / daß er nunmehr ausser allen Argwahn / verbleibt auch noch etliche Monat bey seinem Herrn / und besaufft sich /wie zuvor nach seiner Gewonheit. Der Herr wil ihn straffen lassen / er wehrt sich aber und verwundet den Kutscher deme solches anbefohlen war / darüber laufft er darvon. Zwey Jahre hernach wird er / wegen eines Diebstals zum Strang verurtheilt / und bekennet auf der Leiter / daß er so viel Mordthaten zu Orleans begangen.

10. Gott lässt dich viel Sünde treiben
und die Straffen aussen bleiben
lange Zeit:
Lang geborgt / wie man gedenket /
ist mit nichten gar geschenket /
kommt das Leid /
so wird es mit schweren Massen
dich nicht ungestraffet lassen /
auch noch heut!
89. Die bestraffte Eifersucht
[297] (LXXXIX.)
Die bestraffte Eifersucht.

Die Jugend ist niemals unverständiger und fast thörigter / als wann sie ihren Verstand schärffen und in der Weißheit studiren sollen: sonderlich aber wollen die aller Gesetze befreyet seyn / welche die Göttliche und Weltlichen Gesetze verstehen / und aus denselben richten und urtheilen lernen sollen; daß man die meisten Studenten entweder für Dolkühne und zanksüchtige Soldaten / oder für verliebte und bulerische Hofleute ansihet. Wie hiervon ein besonders Buch geschrieben der wolberedte Mayfard. Dieses ist nicht nur in Teutschland / sondern auch in Frankreich fast aller Orten in üblen Gebrauch kommen / daß der Scholaren Fröligkeit in üppigen Frevel und Hochmut bestehen / und zu andrer grosser Ergernis ausschlagen muß.

2. Auf einer hohen Schul / hat sich zu meiner Zeit begeben / daß ein alter ehrlicher Burgersmann ein junges Weib gefreyet / und dardurch die Mucken üm sein Honig fliegen / ich wil sagen / die Studenten üm sein Hauß / spatzieren machen. Pelagia sein junges Weib hatte schlechte Freude bey ihrem traurigen Altmann und suchte die Zeit mit besserer Gesellschafft zu vertreiben / jedoch ohne bösen und sündigen Willen / und truge allein belieben / daß sie von andern mit Verwunderung angeschauet / mit Lob verehret /und mit Ehrerbietung bedienet würde. Also wolte sie mehr geschmincket unn geschmücket seyn / als von nöthen war / einem alten Greisen zu gefallen. Sie fande sich bey dantzen und spielen / welches die Studenten höher achteten / als lesen und schreiben.

3. Dieses alles waren Vorbotten einer bösen Nachrede / und ihres endlichen Verderbens. Unter andern so diesem Wildpret nach gestellt / waren Marcion ein Edelmann aus Champaigne / der nechste / [298] und fande auch gegen seiner Person solche Neigungen bey Pelagia / daß er vermeinte das Gefäng sol ihme nicht entkommen. Weiber Sinn hat mehr Flecken als ein Thieger-Haut / bald wollen sie was sie nicht sollen / bald sollen sie was sie nicht wollen / bald verlangen sie was sie hassen / und schweben also mit ihren Gedancken in gantz flüchtiger Hoffnung. Sie wiederstehen der Anfechtung mit schwachen Kräfften / und siegen zu zeiten / werden auch zuzeiten überwunden.

4. Also hat Pelagia zu bösen Argwahn Ursach gegeben / aber nichts vollbracht / sondern allein dieses Studenten Gespräch ihr mehr gefallen lassen als der Alte leiden können / weil er aller Orten seine Verrähter aufgestellet / und mit grossen Unkosten gesucht /was er nicht gerne finden wollen. So viel bracht er in Erfahrung / daß sie Handschuhe / Pulver / Brieflein /Gedichte und dergleichen von ihme empfangen; daß sie aber heimlich zusammen kommen / oder sonsten unziemliche Sachen treiben solten / möchte er nicht erfahren.

5. Es fügte sich / daß Marcion / wegen seines Vatern tödlicher Schwachheit nach Hause raisen musste / und weil er nicht zeit mündlich Abschied zu nehmen / thut er es schrifftlich / seine Hauß geschäffte kamen ihme / nach seines Vatern Tod / auf den Halß / daß er Pelagiam nicht mehr sehe konte / suchte sie aber mit Briefen heim / welcher etliche dem alten Alcuin in die Hand gekommen / der sehr betraurt daß er sich an dem vermeinten abwesenden Ehebrecher nicht rächen mögen / allen Zorn aber über sein Weib außgeschüttet.

6. Für das sicherste Mittel sie zu straffen / hielte er den Gifft / und heischte solchen inständig von einem Apotheker der ihn vertrauet / Namens Curdo. Als er ihm aber den Schwarm ausreden / und Pelagiam entschuldigen wollen hat er mit einem Dolchen genöhtiget / daß er solchen Gifft zu geben versprechen / und die Sache verschwiegen zu halten versprochen. Was thut aber der Apotheker? Er bringt ihm einen [299] starken Schlafftrunck / und saget solches der Pelagia Freunden an / daß sie der Sache ferners Raht schaffen solten.

7. Alcuin weiset seinem Weibe alle Briefe und was er sonsten von Marcions Geschenken / unter welchen auch sein Bildnis gewesen / finden können / und wil keine Entschuldigung hören / sondern nöhtiget sie den Giffttranck zu nehmen / mit Bedrauung / sie auf Verweigerung zu erstechen etc. Pelagia wehlte den Trank / weil ihr der mörderische Tod zu wieder / und eines theils die Würkung deß Giffts ungewiß / anders theils auch die Reue ihres Manns und Artzneyen wider den Gifft zu verhoffen. Sie begehrte zu vor zu beichten /kan aber diese Gnade von ihrem eifersüchtigen Alcuin nicht erhalten / sondern muß den Schlafftrunk / für Gifft heraus schlurffen.

8. Der Mann eilet sie zu Grabe zu bringen und begleiten die Freunde den Leichnam / den Alten aber die Schergen in das Gefängnis. Nach dreissig Stunden kommet Pelagia wieder zu ihr selbsten / und vermeinet / daß sie in einer andern Welt / erinnert sich endlich wieder was mit ihr und Alcuin vorgegangen / und erkennet / daß der Gifft ein Schlafftrunk gewesen /welcher sie mit deß Todes Bruder / und nicht mit dem grossen Ehebrecher den Tod selbsten in Kundschafft gebracht.

9. Die Richter und Schöpfen verhören Alcuin /welcher nicht ablaugnet / daß er seiner Frauen vergeben wollen / vermeinet aber / daß er solches zu thun Fug und Ursach gehabt / weil sie eine Ehebrecherin. Hierüber verhöret man nun unterschiedliche Zeichen /und findet sich kein vollständiger Beweiß / daß sie also loß gesprochen / wie wol ihme unwissend / weil er vermeint / daß sie todt; deßwegen auch ihme ein falscher Gifft oder Schlaftrunk vorgesetzet wird / von deme er aber nicht mehr aufgewachet / weil er vielleicht zu alt / und solcher andre Würkung gethan als bey seinem Weibe. Und also ist Pelagia von ihrem Alten errettet worden / hat aber / allen Argwahn zu vermeiden / Marcien nicht freyen wollen. [300] Der Apotheker verdienete wegen seines guten Betrugs / viel Lob.

10. Die Sorgenseuche.
Der der Frauen übel traut /
pflegt sein Kreutz allein zu tragen /
und nicht viel darvon zu sagen /
biß er auf deß Haubtes Haut
fühlt der Hörner schwere Last /
die offt nur der Wahn gefasst.
Wie die Kinder in dem Mund
wann die ersten Zähn' einschiessen
heisse Threnen lassen fliessen
ob so mancher Schmertzen stund.
Bald sie selber nur gewahnen
klagen sie nicht mehr das zahnen:
Also jammert manchen Greiß,
biß er Hörner hat erlanget /
nachmals mit denselben pranget:
Schweigt er still / so ist er weiß.
Sol deß Mannes Ehren Zweck
hangen an deß Weibes Fleck?
89. Der unglückselig-leichtglaubige
(LXXXIX.)
Der unglückselig-leichtglaubige.

Wie der güldene Tugendweg in der Mittelstrassen /also sol man auch (ausser Göttlichen Sachen /) nicht zu viel noch zu wenig glauben / weil beedes grosses Nachtheil mit sich ziehet. Wer alles glaubt / wird leichtlich betrogen / wer gar nichts glaubet / wird in seiner Sicherheit verderben. Hette Licostenes / von welchem wir in folgender Erzehlung reden wollen /solches beobachtet / würde er sich nicht in so grosse Gefahr gestürtzet haben / wie wir vernehmen wollen.

[301] 2. In einer Statt deß Hertzogthums Geldern hielte sich ein alter Edelmann / welcher nach langer Nachwart / fast zu Ende seiner Jahre sich verheuratet. »Der Ehstand ist ein Joch / welches von ungleichen Personen nicht wil gezogen werden / und sind gar zu junge und gar zu alte solches nicht fähig« / daher alle verständige / den Alten rahten /. Weiber Liebe müssig zu gehen / wann sie nicht vorsätzlich ihr Leben abkürtzen wollen.

3. Pandera / oder vielmehr Pandora war eine frische wie wol dem Ansehen nach bescheidne Dirne / welche diesen Alten durch guldne Brillengläser ansahe / und in Hoffnung seines Todes / sich bey ihme zu gedulten vermeinte / in dem Licostene seinem Goldtrank die Krafft wieder jung zu machen beygemessen / und vermeint daß das Silber alle Falten seines Angesichts wieder ein gleichen könne. Anfangs ihres Ehestands /hatte dieser Licostenes grosses vergnügen mit seiner Pandera / nach und nach entfulen ihm die Kräften /und fande sich hingegen eine widerwillige Trauersinnigkeit.

4. Wie die strengen Sonnenstralen schwache Augen entblöden / also kan auch das schwache Alter der Jugend Arbeit nicht ertragen / die einen starcken Magen und gute Zähne erfordert. Er liesse zwar geschehen /daß sein Weib sich in frölichen Gesellschafften fande / gabe ihr aber zu verstehen / daß ihme lieber / wann sie zu Hause verbleiben würde / der Hoffnung daß sie nach und nach verrasen / und seinem Sinn besser nachahmen solte. Diese Pandera war gleich dem Delphin / welchen viel andre Fische / wie ihr viel junge Buler / nachgefolget / doch ohne böses thun / weil sie mehr fröliches als unkeusches Gemühts war.

5. Dem Alten wird gesagt / daß seine schöne junge Frau andern auch wolgefalle / und daß ihre grosse Höfligkeit / wegēgeheimer Begünstigung verdächtig seye / dieses machte den Alten unlustig / daß er seiner Pandora gram wurde / welche er von andern geliebt zu werden vermeinte. Sulpicia Licostenes Schwester /war [302] eine bejahrte Wittib / und hatte ihre Kinder auf ihres Bruders Reichthum vertröstet / deßwegen auch seine Heurat mit Pandera zu hintertreiben vermeint /und weil solches nicht angehen wollen / hat sie eine brünstige Feindschafft wieder diese Einkömmlinge gefasset.

6. Diese Sulpicia sahe ihren Bruder betrübt / und wuste den Argwahn / welchen er wegen Pandera geschöpfet / wolte deßwegen Oel in das Feur giessen /und Holz zulegen / daß diese fröliche Pandera darinnen verbrennen solte. Uber dieses erfande sie auch eine Verleumbdung / welche meine Feder mit Blut anfüllen wird Pandera hatte eine Kammer Magd / Namens Orsinetta / welche sie sehr liebte und dieser Bruder Nesso / war ein trefflicher Lautenist und Singer / welcher die Jugend in so löblicher und lieblicher Ubung unterrichtete.

7. Dieser besuchte zum öfftern seine Schwester /und liesse ihn Pandera in beysein ihres Mannes singen und spielen / welches er mit guter Art und Höfligkeit als ein Dantzmeister / der sich von Jugend auf wolständiger Sitten befliessen / gerne und willig thäte. Nesso gedachte nichts wenigers / als mit Pandera einen Ehebruch zu begehen; ihr war auch dergleichen nie zu Sinne kommen; aber die runtzelreiche Sulpicia / entdeckte endlich der Orsinette die grosse Liebsneigung / welche sie gegen ihrem Bruder in dem Hertzen hatte. Orsinetta mahnte sie von so thörigten Beginnen ab: aber vergeblich / das alte Holtz war schon gantz angefeuret.

8. Nach dem nun Sulpicia nicht nachlassen wil /sagt Orsinetta / daß ihr Bruder bey seinen Jahren /und daß sie sich zu solcher Kuplerey nicht gebrauchen lasse. Sulpicia aber beharret in ihrer Thorheit /und wird nicht allein von Pandera / sondern auch von Nesso / als eine Artzney für die Liebe / verlachet und abgewiesen. Hierüber entbrandte diese Vettel / daß sie ihre Liebe in Haß verwandelte / und sich so wol an Orsinetta / als Nesso / sonderlich aber an Pandera zu rächen begehrte.

[303] 9. Nesso bliebe etlichmals wann er sich etwan verspätet über Nacht in Licostenes Hause / weil auf der Gassen zu zeiten böse Gesellen / mit denen man in Unglück kommet / und Pandera liesse Orsinettam bey ihr schlaffen / welches alles Licostenes wol wuste. Dieses war die Gelegenheit welche Sulpicia ersahe sich an allen dreyen zu gleich zu rächen: sagend zu ihrem Bruder daß Nesso an Orsinetta stelle / Pandera die Nachtschrecken vertriebe / und verhoffte dieser Anwalt deß Satans / auf allen Fall ihren Bruder zu erben / wann Pandera aus dem Wege geraumet werden würde.

10. Als nun der leichtglaubige Licostenes sich stellet / als ob er über Land verraiset / und sich bey seiner Schwester Sulpitia aufgehalten / die Ehbrecherin mit ihrem Bulen zu erdappen / findet sich Sulpicia in Pandera Hauß / und veranlässt Nesso aldar zu übernachten / wie auch beschehen. Als es nun spat / und Pandera mit Orsinetta zu Bette gegangen / eilet Sulpicia ihrem Brudern anzusagen / daß sie beede nun beysammen etc.

11. Licostenes hatte ihme von langer Hande falsche Schlüssel machen lassen / mit welchen er durch alle Thüren und in seine Schlafkammer in dem Finstern kommen / und auß Rachgier ergrimmet / die unschuldige Panderam so wol als Orsinettam für ihren Bruder Nesso / in dem ersten Schlaf / mit einem Dolchen durchstochen. Nach solchem laufft er zu der Orsinetta Kammer / findet das Bett leer / und erwecket das Haußgesind / und auch Nesso / der ihme entgegen kommet mit seinen andern Dienern / und das Unrecht erkennen machet.

12. Diese That konte nicht verschwiegen bleiben /sondern brachte so wol Licostenem / als seine Schwester in verhafft / mit welcher er sich entschuldigen wolte / wie Adam / das Weib hette ihn verführet: hat aber sich dardurch von verdienter Bestraffung nicht entschůtten mögen / sondern ist benebens seiner Schwester enthaubtet worden. Seine Güter haben der Pandera Freunde / und theils Nesso / wegen [304] seiner unschuldig ermordten Schwester / rechtlich erhalten /der Sulpicia Kinder aber sind leer außgegangen.

Ein blindling ist der Geitz / ein blindling schneller Glaub /
und beedes bringet Noth in Ehr- und Güter Raub.
Fürsichtig ist der Mann der gleich den Blinden gehet /
der tappet mit dem Stab bevor sein Fuß bestehet.
90. Die bestraffte Nachahmung
(XC.)
Die bestraffte Nachahmung.

Die Gesetze werden nicht ohne Ursach mit den Spinnweben verglichen / durch welche die grossen Mucken brechen / und die kleinen hafften müssen. Daher sagt man auch daß der Galgen nur für die Unglückseligen sey gebauet worden / welches auch etlicher massen aus nachgesetzter Geschicht erhellen wird.

2. In Lůtzenburger Land / in der Statt Basiogne /hat vor kurtzen Jahren gelebt ein Freyherr / dessen böses Leben ein böses End genommen. Sein Vater hat sich in hohem Alter verheuratet / und ihn in der Kindheit hinterlassen / als er dieses zeitliche verlassen müssen / welchem auch seine Mutter nach kurtzen Tagen gefolget. Also solte dieser Freyherr unter der Gewalt eines Gerhabers seyn / der wegen seiner hohen Kriegsdienste wenig zu Hauß / und ihn benebens seinen Kindern / mit nachlässiger Freyheit auferziehen lassen.

3. Popiel / so wollen wir diesen jungen Frischling tauffen / hatte kaum seine vogtbare Jahre erlanget /und sich mit spielen / müssig seyn / essen / trincken und Weibervolck so belustiget / daß man leichtlich sehen können / er werde ein ungeratnes Kind werden /und seinen Freunden viel Hertzenleid machen. Er hatte grossen Reichthum ererbet / und also alle [305] Mittel der Wollust / und ob er wol sein Geld nicht unter Handen / so hatte er doch viel Wege solches durch zubringen / in deme er seine Verwalter gezwungen /ihme die Gefälle und Einkunfften außzuhändigen.

4. Unter vielen Anstössen / welche er bey weiblichen Geschlecht suchte / war auch Pisidia eine Jungfrau geringes Herkommens / aber seltener Tugend und Keuschheit / daß auch alle Geschäncke und Verheissungen nicht statt finden wolten. Als er nun seine List zu schwach sahe / wil er den Gewalt gegen ihre Person vornehmen / welches ihm dann mit seinen Dienern werkstellig zu machen / nicht schwer gefallen. Dieser Sichem entführte Pisidiam auf sein Schloß / und ob zwar der Angriff mit Gewalt beschahe / ergabe sich doch endlich Dina / als sie sahe / daß ihren Befreunden der Mund mit Geld gestopfet worden.

5. Sie lebten etliche Jahre solcher gestalt / mit dem Namen der Liebe verbunden und erzeigten Kinder /welche ihrer Eltern Schandmahl an der Stirn tragen mussten. Pisidia konte diesen Popiel und seine Güter / wie eine ehliche Haußfrau / regieren und dem Gesinde mit Verstand vorstehen. Mittlerzeit hat Popiel dieses Anhangs (wie deß besten Weins) genug / als er nemlich seines gleichen zu heuraten gewillet worden.

6. Die Hinternis / welche Adeliche Freundschafft für schützten / waren diese Pisidia und andre dergleichen Weiberlein welche kein Eheweib neben ihr erdulden wolte / und dieses böse Gerücht machte ihn aller Orten stinken / »und wähnen daß ein frecher Hurer kein guter Ehmann seyn wůrde.« Damit er nun diese Hinterung aus dem weg raumen möchte / verheurate er Pisidiam seinem Diener Sylvan / einem wehrhafften Soldaten / welcher sie mit diesem Beding ehlichte / daß Popiel ihr müssig gehen solte / wie er auch zu thun versprochen.

7. Als er nun seine Werbung bey einem seiner Nachbaren / anbringen lassen / und seine Tochter zu[306] freyen begehret / hat derselben Vater nachgefraget /wie sich Popiel von Jugend auf verhalten / und erfahren / daß er ein Spieler / ein Fresser und Sauffer / der in Schulden stecke / der die Frantzösische Müntze bey unterschiedlichen Schleppen eingewechselt / und der gestalt bedankte er sich der Ehre / bittend seine Gedanken auf andre zu richten / etc.

8. Solcher gestalt hat diesen Sichem die Beschneidung seiner Wollust geschmertzet und ihn gereuet /daß er Pisidiam von sich gelassen besuchte deßwegen seinen Verwalter Sylvan / welchem dieser Gast nicht ohn Ursach verdächtig / weil er sonderlich sein Weib fast täglich von Popiel schwätzen hörte. Man sagt /daß der von einem wütendem Thiere gebissen sey /mehr Schmertzen empfinde / wann er das Thier für Augen sehen muß: dergleichen hat sich zwischen Popiel und Pisidia auch zugetragen. Sylvan hörte (also zu reden) durch die Sprache ihrer Augen / daß das alte Feuer wieder auf flammte / fande aber kein Mittel solches außzuleschen.

9. Dieses Ehebrecherische Geschlecht trieben fort und fort die Werke der Finsternis / und trachteten den eifrenden Gauchen üm das Leben zu bringen / die vormals gehabte Freyheit übles zu thun wieder zuerlangen. Sylvan gedachte sein Weib zu bestraffen /weil er sich an seinen Herrn nicht wagen wollen wird aber / wegen folgender Begebenheit in der Nachbarschaff bald andres Rahts.

10. Metrodor ein alter Edelmann hatte ein junges Weib / wegen ihrer Schönheit gefreyet / genamt Lucia / als sie vermeinet Rutilian einen andren / und zwar einen wolgestalten Jüngling zu nehmen. Wie nun der erste Kauffer der beste / und der erste Buler der liebste / als ist die Neigung zwischen Rutilian und Lucia zu einem Ehebruch ausgeschlagen / daß es endlich der Mann einträchtig worden / sein Weib auf handhafften Verbrechen ergriffen / und beede mit seinem Degen jämmerlich ermordet. Die Obrigkeit / welche er selbsten darzu beruffen lassen / hat diese That ungestrafft lassen hingehen / und er [307] mehr ehre / als zuvor Schande darvon getragen.

11. Dieses kame auch / als eine Landkündige Sache dem Sylvan zu Ohren / und machte ihn das thun / welches er zuvor nicht gedenken wollen / unwissend / daß die Richter die lebendige Gesetze sind /einen unterscheid zwischen den Personen machen. Er erhaschet auch seine Ehebrecherin in seinem Ehebett seinem Herren Unzucht treiben / und erwürgt sie beede / bevor sie zeit gehabt / ihre Sünde zu erkennen / und Gottes Barmhertzigkeit anzuflehen. Weil er nun solches aus gerechten Zorn gethan / hat er sich dieser vermeinten Heldenthat gerühmt.

12. Hierüber kommet Sylvan in verhafft / und weil er seinen Herren ermordet / welchen er lange zeit zuvor nachgesehen / wird er zum Strang verurtheilt /die fast ordentliche Erhöhung der Glücks Soldaten. Von diesen hohen Ort hat er andre lehren können /das nicht alles was zulässig ist nutzet / und daß ein unterscheid unter den Personen / welche ein oder das andre verbrechen begehen.


Man strafft den Dieb / wegen Diebstals / an dem Leben /
das er mehrmals kan mit Wucher wieder geben.
Warüm sol der / so mir raubet Treu und Ehr /
nicht bestraffet werden / und noch viel mehr;
Weil die Ehre sich nur einmals lässt verlieren
und der Schatz ist / welcher alle pflegt zu zieren
Die Gott fürchten. Hör in den Geboten bleib
Tödte niemals / halt dich keusch / frey / lieb dein Weib.
91. Die keusche Verzweiffelung
(XCI.)
Die keusche Verzweiffelung.

Nichts ist fast schwächer als ein Weib / daher sie auch ein schwacher Werkzeug in der Schrifft [308] genennet werden. Etliche haben beobachtet / daß sie in dem Soldaten wesen grosse Stärke beweisen / und bey ihrer grossen Arbeit niemals todt in dem Feld / wie die Soldaten / gefunden werden / die Ursach kan seyn / weil sie sich bey den Plünderwägen und Baurenhäusern aufhalten. Gewiß ist / daß Gottesfürchtige und Tugendreiche Weibspersonen mehr Beständigkeit erweisen / als oft manche Männer / wie auch folgende Erzehlung ein sonders Exempel seyn wird.

2. Zu Catena / einer Statt in Sicilien / hatte ein Bürgersmann Licas benamt / eine Tochter / Namens Paradea / welcher Schönheit ihr so viel Buler zu wegen brachte / als ihre Armut von Ehlicher Anwerbung abschreckte. Tatius ein reicher und tapferer Edelmann / sahe daß dieser schönen Paradea Gut / in Tugenden bestande / entschlosse sie zu heuraten /fande auch bey ihren Eltern alle Willfährigkeit / weil sie es für ein grosses Glück ihrer Tochter hielten /welche sie außzusteuren nicht vermochten. Durch diese Werbung liessen sich etliche wendig machen /etliche aber wolten sich nicht schrecken lassen.

3. Es giebt in dieser Welt vielmehr böse als fromme / und wann sie mit der That nicht schaden können / so thun sie solches mit Worten / Verleumbden und Affterreden. Ein solcher Gesell war Sinat / ein Edelmann in besagter Statt / viel reicher und ältern Geschlechts / als Tatius / und ob er wol sehr in diese Jungfrau verliebt / hat er doch nie gedacht sie zu freyen / sondern seinen Mutwillen üm Geld zu üben /weil er stoltz und jedermann auch seines gleichen zu verachten pflegte / daß die fromme Paradea ihn so sehr gehasset / als Tatium wegen seiner Demut und Höfligkeit geliebet.

4. Es ist keine Immenbeuten / welche nicht die Spinnen mit ihrem Geweb verunreinen können. Es ist keine Einigkeit / welche die Bößheit nicht solte verstören mögen. Sinat findet sich mit seinen erdichten Lügen / und falschen Auflagen in Schanden stehen. Als er nun hierdurch nichts außrichten mögen / lässet[309] er seine Werbung bey den Eltern anbringen / welche ihme zu verstehen gaben / daß er zu spat auf den Braut Markt / aber noch zeitlich auf den Korb Markt gekommen / wiewol mit vielen höflichen Entschuldigungen.

5. Es gedachte Sinat seinen Nebenbuler aus dem wege zu raumen / fande aber die Sache gar gefährlich / weil er ein tapferer Jüngling / und stetig mit vielen von seiner Freundschafft begleitet war. Endlich entschleusst er sich / Paradeam mit beystand etlicher Meuchelmörder zu entführen / da sie nach seinem Willen / aus der Noht eine Tugend zu machen lernen würde. Zu diesem Vorhaben fügte sich die Gelegenheit / in deme Licas mit seinem Weib / und seiner Tochter / in einen Garten die Abendmahlzeit halten /und spat wieder in die Statt kommen solte / weil zu selber zeit die Sommerhitze übermässig / und bey Tage niemand aus seinem Hause gehen wolte.

6. Diesen Anschlag hat Sinat nun sicherer in das Werk setzen können / weil Tatius über Land verraiset / der sonsten Paradeam würde begleitet haben / welche durch Sinat entführet / und ihre Eltern in grosses Hertzenleid gesetzet / als sie gesehen daß ihre Tochter den Räubern und Ehrenmördern in die Hände gefallen. Wie Tatius hierüber gegen Sinat ergrimmet / ist nicht außzusagen. Er klaget solches seinen Freunden /und der Obrigkeit / die ihme die Schergen zu giebet /und rüstet sich seine Liebste zu retten.

7. Sinat inzwischen bemühte sich Paradeam zu seinem Willen zubereden / vielleicht weil Gott / als ein Beschützer der Jungfrauen ihme in den Sinn gegeben keine Gewalt zu üben / und den Leib / ohne das Gemüt / nicht zu überwältigen. Er wuste daß man die Verständigen mit Schweren / die Unverständigen mit Lügen solte bethören / und versprache ihr endlich die Ehe / mit Entschuldigung / daß ihm seine Liebe zu solcher Gewaltthat angetrieben / bete deßwegen üm Verzeihung / etc.

[310] 8. Paradea war so klug / daß sie zeit gewinnen /und diesen Sinat mit Hoffnungs Worten abschaffen wolte / bittend daß er mit Einwilligung ihrer Eltern /sie zu Kirchen und Strassen führen solte / inzwischen aber nichts vornehmen / daß ihn und ihr zu nachtheil gereichen würde. Er vermeint daß diese Festung / weil sie wegen der übergab zu handlen angefangen / halb gewonnen sey / und setzet die Ehebedingung / ich sage die Heuratsnottel / zu Papier / welche aber Paradea für bedencklich geachtet / und aufzuziehen gesuchet.

9. Dieses verweilte sich / biß auf den dritten Tag /an welchem Sinat mit Paradea in den Garten spatzirte / nachmals sein Heil zu versuchen / hörte aber von seinem Diener / daß die Schergen seiner begehrten /Sinat fliehet so bald in sein Schloß und sperret Paradeam in eine Kammer / verlachte zwar die Bedrauung derselben / betraurte aber doch in seinem Hertzen /daß er sich unterstünde / was er nicht würde außfůhren mögen. Seine Diener gaben ihme den Rath / er solte durch die hintere Garten Thüre entfliehen. Dieses entschlosse er zu thun / wolte aber zuvor seine viehische Lust mit Paradea büssen / und nimmet zu solchem Ende Lisuart seinen vertrauten Knecht mit sich / befehlend daß er vor der Thüre warten / und wann er ruffen würde / hinein kommen solte.

10. Sinat wil nun seinen sündlichen Willen vollbringen / und in dem er Gewalt anleget / und nehmen wil was man ihme nicht zu lassen gedencket / kan sich die schwache Paradea anders nicht verthaidigen /als daß sie endlich ihme an stat der Küsse die Nasen herab beisset / und desselben Spitzen ihme in das Angesicht speiet. Hierüber schreiet nun Sinat überlaut /daß Lisuart hinein laufft / und mit erstaunen seines Herren mit Blut gefärbtes Angesicht beschauet. Er hette gerne gefragt / in was Spiel er die Nasen verlohren. Inzwischen aber entlaufft Paradea / und versperret sich in ein anders Zimmer.

[311] 11. Mitlerzeit haben die Schergen / aus ümliegenden Orten den Außschuß aufgemahnet / die Petard oder Thürbrecher angeschraubt / und als solches die Diener gesehen / sind sie durch die hintere Thüre außgerissen / und haben ihren Herren im Stich gelassen /aus Furcht daß sie nicht etwan in dem Wirtshaus bey dem Mondschein von deß Sailers Tochter möchten angehalten werden: Ihnen folgte auch der Herr / und verkrochen sich in die Hölen deß nechsten Berges /welche ihnen durch viel jagen / daherüm wol bekant waren.

12. Endlich kommet Tatius mit seinen Freunden und den Schergen in das Schloß / und als sie niemand finden / und alles durchsuchen / kommen sie auch an die Kammer / in welcher Paradea verschlossen. Man schreit sie solle aufmachen / die wil nicht / vermeinend daß es Sinat / und drauet daß sie sich aus keuscher Verzweifflung / zu dem Fenster hinaus stürtzen wolle / wann man die Thüre wůrde aufsprängen. Endlich kennet sie Tatii Stimme / und wurde also mit Freuden errettet.

Alle Dinge müssen doch zum besten kehren /
Die den HErren ihren Gott und Schöpfer ehren.
Der Probierstein aller Frommen ist die Noth /
wahre Treue weiset sich in Angst und Tod.
92. Der Waffen Ausschlag
(XCII.)
Der Waffen Ausschlag.

Weil den Wenschen nichts liebers in dieser Welt / als das Leben / massen alle Wollust / Geld und Gut / und was uns nur angenehm seyn mag nach dem Tod /nicht mehr dienen kan / haben die verständigen Alten der Gefahr das Leben zu verlieren / die Ehre und zwar auch nach dem Tod beharrend an die Seiten gesetzet: welches / wann es in rechtmässigen Krugen / und zu Vertheidigung deß Vaterlands aufgesetzet wird / loblich und verantwortlich ist. [312] Es hat aber der böse Menschenfeind und der Mörder von Anbegin / die falsche Ehre den Weltkindern zu Sinn gebracht / daß sie wegen eines zweiffelhafften Worts Haß und Feindschafft / ja thätlichen privat Rache verüben / daß einer den andern / sondere vorbereitung zum Tod / in die Hölle schicket. Solcher Mordfechter haben wir viel auf diesen Schauplatz gesehen / und wollen hier noch ein par mit ihren Beyständen auf führen: keines wegs aber darunter verstanden haben / welche ihr Leben oder Ehre mit tapferer Hand zu retten pflegen.

2. Amador ein Edelmann in Langedoc hatte wegen eines Fischwassers einen Streit mit Andoel: Dieser nimmet mit sich Harpin / jener Geronee / welche beede treuverbundne Gemüts Freunde und bald Schwäger werden solten / weil Odet Geronce Bruder in Harpins Schwester Genevre verliebet / zu welcher Heurat ihm Harpin geholffen / und bey seinem Vater Marcell das Wort gesprochen hatte. Über dieses waren sie mit einander als Edelknaben in Diensten eines Fürsten aufgewachsen / und hette ein jeder sein Leben gerne für den andern gelassen / wie ihre Freundschafft erfordert.

3. So bald nun Geronce Harpin auf dem Platz gesehen / hat er gesagt / daß er seinen Degen nicht begehre aus der Scheide zubringen / weil er wieder seinen besten Freund schneiden solte. Andoel sahe daß Harpin auch keinen Lust zu dem Handel / und beschuldigte ihn / daß er so wol als sein Gegner / unter dem Namen einer falschen Freundschafft / warhafftige Zagheit sehen liessen.

4. Wol / sagte Geronce / Bruder Harpin trit auf meine Seiten / wir wollen diesen weisen / daß wir bey unsren Herrn unsre Ehre zu retten erlernet / damit wir aber auch nicht wieder unsre Freunde / welche uns zu Beyständen ersucht / fechten / wil ich Andoel / und du solt Amador für dich nehmen. Andoel antwortete: Ich bin kommen mit Amador wegen unsres Fischwassers die Sache außzufechten / und wenn Harpin mir keinen Beystand leisten wil / so werde ich [313] sagen daß die Weiber mit ihren Spindlen einander mehr Schaden thun können / als diese Memme mit ihrem Degen.

5. Solche Wort bewegten Harpin / daß er sich verlauten lässet / es habe die höfliche Freundschafft dieses Orts nicht stat / in welcher man die Ehre über alles lieben müsste. Geronce sagte / daß sie dann die Ehre wieder die Anfänger deß Streits fechtend / suchen wolten / welchen ihren Undanck sattsam vermerken liessen. Harpin aber wolte nicht / und ob wol Geronce die Stösse nur außnahme / und ihn nicht zu beleidigen begehrte / übersahe er es doch / daß er ihm das Knie verwundete / und auch zu gleicher zeit in den Arm gestossen wurde.

6. Harpin fället zu boden / und Andoel welcher Amador dreymal durchstochen / kommet nun auf Geronce zu / wurde aber von ihme gezwungen / daß er die Waffen von sich geben / und das Leben bitten müssen. Als nun Andoel wieder aufgestanden / hat er Harpins Degen ergriffen / und Geronce wiederum angetastet / ungeacht er bereit viel Blut verlohren hatte /fande aber solchen Gegenstand / daß er nach wenigem Gefecht durchrennet / den Geist aufgegeben / und in deme er noch zwischen dreyen Abgeleibten stehet /kommen die Häscher und bringen ihn in Verhafft.

7. Oder sein Bruder wolte sich seiner annehmen /damit er nicht in deß Henkers Hand kommen möchte; diesem nach hat er / und seine Spießgesellen / theils mit List / theils mit Gewalt die Sache so wol gespielet / daß Geronce wieder auf freyen Fuß gestellet / sich mit der Flucht gerettet. Wegen solches Verbrechens müssen beede Brüder aus Franckreich weichen / und nach Perpignan entfliehen. Inzwischen aber hat sich ein andrer und älterer Freyer bey Genevra angemeldet / welcher sahe / daß Marcell Geronce / so wol als Odet / wegen ihrer That und Ausbruchs aus der Gefängnis / hasste / und seine Tochter keinen flüchtigen geben wolte / versprach sie deßwegen Quintil.

8. Ob nun wol Genevra nicht darein verstehen[314] wolte / hat er doch sie zu nöhtigen bedraut / und dardurch verursacht / daß diese Heldin ihres verstorbnen Bruders Kleider angezogen / biß auf die nechste Post gegangen / und von dar aus nach Perpignan geritten. Wer das Frauenvolck in Languedoc kennet / welche in männlicher Ubungen / zu hetzen und jagen angewehnet werden und betrachtet daß die Liebe Flügel hat /der wird dieses / wie es auch wahr ist / leichtlich glauben. Odet vermeinte nun / daß ihm solcher massen alles zulässig seyn würde / musste aber hören / daß diese Amazonin von der Richtschnur der Ehre nicht abtretten wolte / sondern ihn warten machte / biß die Trauung mit hochzeitlicher Begängnis verrichtet werden könte.

9. Wie sehr sich Marcell hierüber betrübet / ist nicht wol auszusagen / und reitzte seinen Grimm Quintil / welcher sich verachtet sahe / deßwegen er auch sich an Odet / aus dessen Raht er solches angestifftet zu haben vermeint / zu rächen gedachte. Dieser Meinung raisen die beede auf Perpignan / und lassen die zween Brüder ihre Ankunfft durch ein Fedbrieflein wissen / welche sich an bedeuten Ort befinden vielmehr sich zu entschuldigen und Unterredung zu pflegen / als sich mit ihnen zu schlagen.

10. So bald aber diese einander zu Gesicht kommen / gehen die Alten mit blossem Degen auf die beeden Brüder zu / und wollen ihre Entschuldigungen nicht anhören. Marcell wil seines Sohns Tod an Geronce rächen / und Odet den Rauber seiner Liebsten todt haben / ob sie wol beede unschuldig / wie gehört / Odet hatte die beste Schantz in dem Spiel (ich wil sagen wurde von Genevra geliebt) und hatte die Stärcke in den Armen / daß er seinen Gegner bald nieder sätzte. Deßgleichen konte auch Geronce leichtlich thun / wann er gewolt hätte. In deme nun die zween Brüder gegen Marcel stehen / führen sie ihme zu Gemůt / daß sie noch an den Tod seines Sohns Harpins / noch an der Genevra Flucht schuldig / und daß sie ihme lieber mit ihrem Leben dienen / als ihm daß seine nehmen wolten.

[315] 11. Diese Bescheidenheit hat endlich den alten Marcel erweicht / daß er sich (weil er hörte daß seiner Tochter Ehre unverletzt) überwunden / in dem die Waffen ihrer Höfligkeit den Ausschlag gegeben /Odet seine Tochter versprochen / und Geronce verziehen den ungefähren Tod seines Sohns. Quitil wurde wie ein Esel begraben / ich wil sagen auf den Schindacker geworffen / nach Verordnung der Geistlichen Rechte.

12. Nach deme sie nun eine zeitlang noch der Orten verblieben / hat Marcel ihnen Landshuldigung zu wegen gebracht / daß Odet seine sonders zweiffels in dem Himmel gemachte Ehe / auf Erden vollziehen können.


Das / was die Welt nennt wankel Glück
ist nichts als Leid- und Freudgeschick.
Ein Bild das Angesicht und Rucken
verwendt in flügelschnellem nu /
und dem es günstig scheinet zu /
kan es gar bald zu Boden drucken /
der sich dem Würbelwind vertrauet
Die Reu auf falsches Glücke bauet.
93. Die keusche Märterin
(XCIII.)
Die keusche Märterin.

Das Wort Marter wird nicht nur von denen gebraucht / welche ihr Leben wegen deß Evangelii lassen und desselben Warheit mit ihrem Blut bezeugen; sondern es wird auch von denen verstanden / welche wegen einer Tugend / oder in Vermeidung einer Sünde getödtet werden. Drittens nennet man auch Marter alle grosse Schmertzen / welche wir als Menschen / wie jene / als Christen ausstehen und leiden. Einen rechten Märterer macht nicht der grosse Schmertzen / sondern desselben besagte Ursach; [316] sonsten müssten viel die böse Weiber haben / Märterer seyn / weil sie ihre Hölle auf dieser Welt haben.

2. In der Romagna zu Arimini wohnte ein Edler Namens Niso / dessen Tochter wir Neliam nennen wollen / und die eintzige ware / welche ihme seine verstorbene Liebste hinterlassen. Ihre Tugenden und ihre Schonheit streiteten üm den Vorzug und schreckte jene so viel Buler ab / als diese herzu lockte. Ihr Vater wolte sie in dem weltlichen Stande wissen / und trachtete sie zu verheuraten: ihr Sinn und Gedanken aber stunden nach dem reinen und geistlichen Kloster Leben; massen nicht nur zu dem Mahlen und dichten /sondern auch zu solchem Stande gewisse Leute geboren werden.

3. Um keine schöne Blume schwärmen so viel Biene / als Buler üm diese Blume aller Zier und Tugenden: sie hette aber wol sagen können / was dorten der Feigenbaum: »Sol ich meine Süssigkeit verlassen / und schweben über die Baumen«. Ob sie nun wol solches heimliche Gelübd in ihrem Hertzen behalten /hat es doch heraus brechen müssen / als ihr Vater ihr unter ihren Freyern die Wahl gelassen einen zu erkiesen / »da sie dann erwehlet keinen als den Mann / der einen Vater ohne Mutter / und eine Mutter ohne Vater gehabt« / wie die Rähtsel von Christo lautet.

4. Ihr Vater verbote in allen Klöstern sie nicht ein zu nehmen / wolte ihr auch keine Aussteuer zu solchem Stande ertheilen / sondern versprache sie Oronte / welcher sich entschlossen sie / als sie aus der Kirchen gehen wollen / auf zufangen / und auf sein Schloß zuführen / da er dann wol mit dieser vermeinten Nonnen zu recht zu kommen gehoffet / aber weit gefehlet: dann ob er wol sie in seiner Gewalt bekommt / möchte er sie doch noch mit schmeichelworten / noch mit Bedrauung zu seinem sündigen Beginnen bewegen noch zwingen.

5. Endlich wil er mit allen Gewalt rauben / was ihm dieser schwache Werckzeug nicht verstatten wil: und weil solche Thätligkeit ihren bittē und flehen[317] nicht raum gegeben / sie auch aller Waffen beraubt /nimmet sie die Haarnadel / einen langen spitzigen Stifft / so Weibspersonen zu tragen pflegen / und stösset solche ihrem vermeinten Ehrenschänder in das rechte Auge / daß er darüber ergrimmt / und seine Dolchen Kling wieder in ihre Brust verborgen / daß sie also bald todt zur Erden gefallen.

6. Oronte hat die Flucht genommen / und ist in den Apeninischen Gebirgen unter andre Landflüchtige geraten / seinem bösen Gewissen aber hat er nicht entfliehen mögen / welches ihn auch ausser allen zweiffel in endlichen Unfall gestürtzet haben wird. Also hat Niso seine Tochter betraurt als er sie verlohren / und hette sie lieber der Welt abgestorben / als natürliches Todes verblichen wissen wollen.

7. Hierbey erinnere ich mich / was ich anderwerts geschrieben von einer Jungfrau / die den Tod / aus verlangen bey Christo zu seyn / ihren Bräutigam genennet / welches ich wegen Gleichheit mit gegenwertiger Erzehlung / und sie also redend hier anführen wil.


Verweilst du trauter Tod / verweilst du liebes Leben?
wilst du nicht deiner Braut / was du versprochen / geben?
Die Krankheit und der Schmertz' ist nun mein Hochzeit Kleid /
und du / mein Bräutigam / hast mich noch nicht gefreyt.
Ich brenn' in Feuerlieb' / ich brenn' und keine Flute
erlöscht in meinem Leib so heisse Liebes-Glute:
An Kräfften bin ich schwach / und in der Liebe stark /
die Flamme zehrt in mir und dringt durch Bein und Mark.
Du hast / O wehrter Schatz / schon längst üm mich geworben /
Durch meiner Mutter Mund / bey Adam / der verstorben.
[318]
Die hochverbottne Frucht war meine Morgen-Gab' /
er war das Heuratgut deß Menschen Sünden-Haab.
O schöner Schattenmann / du / du bist meine Sonne!
O düstres Leichen Liecht / du / du bist meine Wonne!
Wann / ach wann giebstu doch mir den verlangten Kuß?
ach wann / wann bringst du mir der Wollust Uberfluß?
Schau deine Jungfrau Braut hat sich dir gantz ergeben /
und hat in reiner Zucht bißhero wollen leben /
von keinem Mann berührt. Der todten Gräber Schar
hat zu dem Hochzeit Bett' erkiest die Leichen Baar.
Daß sie vor langer Zeit bestreuet mit Cypressen /
und du / mein Bräutigam / du / du hast mein vergessen.
O Nacht! ô letzte Stund! ô Angst! ô Todten Schweiß!
Ihr seyd mein Hochzeit Pracht / ihr folget Ordnungsweiß.
Es leuchten zu dem Dantz die gelben Hochzeit Kertzen
und meines Haubtes Schmuck / ist meines Hertzens Schmertzen.
Sind die Verliebten bleich / in ihrem Angesicht;
ich bin blaß und entfärbt / der Augen schwaches Liecht
trieft stetig Wangen ab. Die Lippen von Korallen
sind weiß und eingeschrumpft / die Händ als Schnee verfallen.
Man hört das Leichen Lied / es folgt der Glockenklang /
das ist bey diesem Fest der frohe Braut-Gesang.
Ihr Töchter Solyme / hört doch was mich betrübet!
Ich wart auf meinen Freund / den meine Seele liebet /
[319]
ich sucht' ihn bey der Nacht / in meinem Threnen Bett'
und fand ihn leider nicht. Er hat mit einer Kett'
ümfässelt diese Welt. Er reit auf falen Pferden /
mäyt mit der Sensen ab die Völcker auf der Erden.
Er scheusst mit seinem Pfeil den Edlen und den Knecht:
ihm stehet zu Gebot das Manns und Weibs Geschlecht.
Ach lieber Menschenfeind / mein Freund und mein verlangen!
komm doch mich deine Braut und Liebste zu umfangen.
dir Blinden bin ich schön / dir Dauben wol beschwätzt /
dein Haar entblöstes Haubt ist von mir hoch geschätzt.
Komm doch und führe mich / komm doch ohn ferner weilē /
Laß mich dein Erden-Hauß in diesem Nun ereilen.
Dein Hauß von Helffenbein stillt der Gebeine Pein.
Nun Tod / ich schaue dich / es muß gestorben seyn!
Du nimmst mich bey der Hand / ich folg' in vollen Freuden /
ich jauchtze / daß ich jetzt sol von der Welte scheiden.
Es endet alle Qual / es endet alle Noth.
Wol mir / weil meine Lieb ist stärker als der Tod!
94. Die undankbahre Belohnung
(XCIV.)
Die undankbahre Belohnung.

Deß Feindes Geschenk ist kein Geschenk / sagt der Griechen Sprichwort. Wie das Epheu oder Wintergrün an den Baumen: »Also ist der Undank nechst getreuen Diensten«. Der Epheu sauget allen Safft heraus / daß der Baum / an welchen er aufgewachsen verderben muß: denn Undanck thut böses für gutes. Solche Leute sind mit Fug [320] Eselartig zu nennen; dann der Esel schlägt seine Mutter / welche ihn saugen lässet. Sie sind Scorpionen / welche allen Gifft in dem Schwantz haben und zu letzt weisen / daß sie arges thun können. Daß diesem also / wird unter vielen andern /auch nachgehende Erzehlung beglauben.

2. In Graubinden gegen Welschland hatte ein Bürgermeister einer grossen Statt / bauen wollen / und weil ihme niemand an die Hände gehen können (massen der Vorraht zum Gebäu so reichlich / als arm das Land an Künstlern) wie er wol in Italien / in seiner Jugend gesehen hatte / beschreibt er einen Baumeister / damit er seinen Namen / zum wenigsten in den Steinen / verewigen mögen; dann mit Bücher schreiben haben die meisten Schweitzer so viel zu thun / als die Kühe mit dem Dintenfaß. Der Baumeister war von Meiland / Namens Polydor / und hatte seiner Künste gute Proben gethan.

3. Polydor lässet sich bestellen / mit dem Beding /daß man ihn in seiner Religion unverhindert lasse /weil er eiferig Päbstisch / deßwegen wird ihme ein Paßbrief nach Wunsch ertheilet / und alles versprochen / was er nur begehret. Bevor er nun abgeraiset hat ihm ein alter Mann / Sergio genennet diese Raise wiederrahten / weil er unter groben Leuten / die ihr Leben über Tisch und in den Betten zubringen / und von seinen Glaubensgenossen entfernet leben würde. Ein Schaff / sagte er / kan unter vielen Wölffen nicht sicher seyn.

4. Diese Erinnerung hette Polydorum abgeschrecket / wann sie zeitiger were eingewendet worden. Er hatte sich aber versprochen / Geld auf die Hand empfangen und war nun mit Weib und Kind wegfärtig / und kommet zu Gustav dem Burgermeister / welcher ihn mit vielē grossen Gläsern / nach Schweitzerischer Höfligkeit / willkom geheissen / ihm eine feine Wohnung verschaffet / und nachmals verschreibt / daß er wegen der Religion / wann er nicht ärgernis geben würde /unangefochten bleiben solte.

5. Gustav sahe seinen Bau mit Freuden [321] aufführen /und vermeinte daß desselben Lob ihme zukomme /weil er das Geld darzu gebe; mehr verständige aber sahen daß alles Polydori Werk / und daß er nicht ein Handlanger / sondern ein Geldlanger were / welches Ambt auch wol ein reicher Narr verrichten könte. Gleichte also jenem / der viel schöne Bücher zusammen gekaufft / daß man wehnen solte er were gelehrt. Andre gaben diesem Polydor auch zu bauen / und befande er sich sehr wol / ausser der Religion. Zu seinen freyen Stunden machte er allerhand Bilder / weil er auch zugleich ein trefflicher Bildhauer / und verkauffte sie / weil es keine geistliche Sachen. In seinem ersten Bau hatte er etliche Heidnische Bilder gesetzet /welche so wol gemacht / daß sie gleichsam aus Schamhafftigkeit nicht reden wolten.

6. Die Herrn Schweitzer sehen / daß ihn dieser Mann anstehet und seine Kunst ihrer Statt fast nohtwendig / berahtschlagen deßwegen ihn zu ihrer Religions- und Bürgersgenossen an- und aufzunehmen. Dieses Vorhabens bringen sie ihn bey den Trunk /welches er als ein Italiäner / nicht ohne Mühe / gewohnen können / allerley Fragen für / die über seinen Baumeisters Verstand / und darauf er nicht studiret /deßwegen sie abgewiesen / und allein in seiner Hand Arbeit stand gehalten / als in welcher er genugsam berichtet worden.

7. Sie nennten ihn einen Götzenmacher / der alle Abgötterey befördere / darzu helffe und diene / etc. Polydor sagte: ja / er were ihnen ein Götzenmacher /weil sie nur heidnische Bilder haben wolten / von welchen dorten stehet / der Götz sey nichts / das ist ein Bild das niemals gelebt / sondern aus dem Haubt deß Künstlers / wie Minerva aus Jovis Gehirn entsprungen. Den Catholischen aber / fuhre er fort /mache ich Bilder deß H. Christi / Mariæ / der H. Apostel / etc. Ja / antworteten sie / das machen stünde nun dahin / wenn man sie nicht anbete / und ihnen Göttliche Ehre erwiese / sie üm Schutz anruffte / und vertrauen auf solche Heiligen stellte / deren Leben vielmals mit grossen Fabeln angefüllet. Die Heydnischen Bilder sind [322] zu einer Zier an die Häuser und nicht auf die Altäre gesetzet / daß man ihnen Ehre solte anthun.

8. Polydorus antwortete / daß man den Bildern keine Göttliche Ehre anthut / sondern solche zu Exemplen der Nachfolge / und Erinnerung ihrer Heiligkeit aufstelle / und daß man auch Gott ehre in und durch seine Heiligen. Sie verstehen: daß Gott solches nicht befohlen / daß man ihnen eben die Ehre anthue /wie die Heyden ihren Götzen / daß man den Hut für ihnen abnehme / nieder knie / für ihnen bete / etc. Polydor gestande / daß ein Mißbrauch mit unterlieffe /daß der gemeine Mann mehr thete / als ihre Lehrer zu vertheidigē begehrten / und daß der Mißbrauch den rechten Gebrauch nicht aufheben möchte. Man knie auch in Engelland fůr dem König nieder / er sey darüm kein Götzen Bild / und müsse man auch in sei nem Zimmer / wann er abwesend / das Haubt entblössen / etc. Die Schweitzer sagten daß zu Loreto / zu Hall / Sigheim und ander Orten die Marienbilder absonderlich beschenket und ihnen Gelübde gethan würden. Für den Königen falle man auf ein Knie / für solchen Bildern auf zwey / etc.

9. Polydor versetzte / daß von Anfangs deß Evangelii / die Apostel und ihre Nachfolger geehret / ihr Gedächtnis auch heilig gehalten worden / etc. Sie schrien aber alle / daß es nicht solcher gestalt geschehen / wie von den Papisten / etc. Hierüber nennen sie ihn nun einen Götzen Diener / Götzenmacher / Aberglaubischen Ketzer / und wurffen ihn mit Kannen und Gläsern / daß er durch diese Schweitzerische Bescheidenheit schwerlich mit dem Leben entkommen. Nach diesem wolte Polydor seinen Fuß weiter setzen / und forderte zu solchem Ende seine Schulden ein: sonderlich aber bey Gustav / »welchen / nach Gebrauch fast aller Bauherren reuete / daß er sein Silber in Steine verwandelt«.

10. Abner einer von den jungen Burgemeistern /wird von Gustav angestellt / er sol Polydor / als einen Verführer des Volks / der übel von GOTT [323] und seinem Wort geredet / die Götzen mit Gott verglichen / etc. einziehen lassen / und für Gericht stellen. Polydor beruffet sich auf seinen Schirmbrief / muß aber hören /daß seine Verantwortung für ärgerlich angezogen /und er deßwegen zu dem Schwert verurtheilt worden. Er bittet man sol ihm einen Päbstischen Priester zulassen / es wird ihm aber abgeschlagen: er wil mit seinem Weib und Kindern reden / kan es aber nicht erhalten. In solchem Zustand erinnerte er sich der Weissagung Sergii seines Freundes zu Meiland / dem er nicht folgen wollen.

11. Als er nun auf den Richtplatz / und aller Menschen Hülffe beraubt / ladet er Gustav / als den Stiffter seines Todes in dreyen Tagen für Gottes Richterstul zu erscheinen / und lässet also mit vielen Hertzenseufftzern zu Gott / sein Leben. Ob nun wol Gustav diese Ladung fůr windflůchtige Wort hielte / welche ihme die Todes Angst heraus gepresset / hat er doch die gantze Nacht für Schrecken und Angst nicht schlaffen können: Morgens ist ihn ein Schaur angekommen / daß er Zähnklappert und gezittert / als ob er einen Vorschmack der Höllen fühlte. Bald darauf folgte eine übergrosse Hitz / und ehe der dritte Tag herbey kam / wurde seine Seele von ihm genommen.

12. Abner der junge Bürgemeister / hat sich sechs Monat hernach zu Tod getrunken / und die Richter /welche ihn verurtheilt / sind auch nachgehends bald gestorben. Seine hinterlassne Güter darunter auch die Schulden / wurden den Stattgefällen zugeschlagen /daß also Polydors Weib und Kinder fast mit leerer Hand nach Meiland wiederkommen / und diese undankbare Belohnung aller Orten außgebreitet.

Der Geitz.
Er stielt sein eigen Gut / er nimmt sich selbst gefangen /
er hat sein hartes Hertz an guldnes Blech gehangen /
er ist sein eigner Bul / und macht ihm grosse Pein /
es ist sein Magen leer / und voll der Kisten schrein.
[324]
er hütet seines Golds / und denkt an seinen frommen
wie doch auf manchem Rank mehr Pfenning zu bekommen
Die Erben lachen sein / daß er nicht ist so keck
und ihme Gutes thut ô Ertz- und Ober geck!
95. Der Cainische Bruder
(XCV.)
Der Cainische Bruder.

Durch deß Teuffels Neid ist die Sünde in die Welt kommen / sagt die H. Schrifft. Dieses ist nicht allein von dem Fall unsrer ersten Eltern / sondern auch von dem ersten Brudermord füglich zu verstehen / welcher sonder zweiffel auch von dem Satan angestifftet und eingegeben worden. Solcher Meuchelneid ist auch bey Esau wieder Jacob / bey Josephs Brüdern / bey Saul wieder den unschuldigen David / bey Ammon wieder Mardochai und noch heut zu Tage bey Höfen aller Orten zu verspüren. Solche Neidling sol nachgehende Erzehlung in ihr Gewissen treiben / und sie erinnern der Wort Jacobi / wann er veflucht die jenigen / welche auf den wegen Cains gehen.

2. Luzana an der Genver See ist vor zeiten ein Bischofflicher Sitz gewesen / und die Haubtstatt eines Fürstenthums / nun aber sehr verödet. Aldar hat vor kurtzen Jahren eine Wittib gewohnet / welche ihre Tochter nach Nyon verheuratet / und alle ihre Liebe auf ihren jungen Sohn gewendet / den ältsten aber /als ob er ihr Kind nie gewesen / für nichts geachtet. Hierinnen ist fast schwer eine Gleichheit zuhalten /und verursachen die Eltern / aus blinder Liebe viel Unheil / Neid und Feindschafft.

3. Nach dem sie nun die Tochter ausgesteuret /trachtet sie alles Gut ihrem jüngsten Sohn zu zuwenden / weil er / wie gedacht der Liebste / und daß Schoßkind war. Der ältste war ein wilder Jüngling /und als er vermerkte / wie bößlich es seine Mutter [325] mit ihm meinte / erzeigte er sich also / daß sie mehr Ursach hatte ihn zu hassen / als zu lieben: da hingegen der jüngste ihr mit Gehorsam und wol verhalten das Hertz gestolen / wie die Schrifft redet.

4. Also machte diese Mutter ein Testament / oder liesse ihren letzten Willen zu Papier setzen / in welchem der jüngste zu einem Erben benamet / und dem ältsten nichts gelassen worden / als was man ihme nicht nehmen können: deßwegen er dann sich zu rächen bey sich beschlossen / und zwar an dem gantz unschuldigen Theil. Diese beede sind auf eine Zeit mit dem Jagzeug / auf den Luzanischen Bergen / da der Erstgeborne seinen Vortheil ersihet / und seinen Bruder mit einer Axt ruckwarts zu boden schlägt /daß er also bald fällt / und weil der Ort abwegs /macht er eine Gruben / und verscharrte ihn / daß niemand solches / als die Liebe Sonne gesehen.

5. Die Mutter wartet ihres Sohns lange Zeit vergeblich: der ältste sagte / er hette sich vermutlich bey den Frantzösischen Werbern unterhalten lassen / willens die Welt zusehen / und sich etwas zu versuchen. Die Mutter kan dieses nicht glauben / weiß aber doch auch keine andre Ursache seines Aussenbleibens zu finden / und wolte ihn gerne mit ihren Threnen und seufftzen wieder zurucke ruffen Inzwischen wacht dem ältsten Bruder sein Gewissen auf daß er traurig /betrübt / ohne Schlaff und sich bedunken lässet / alle Steine weren seine Verrähter / und das Blut Abels ruffe üm Rache gen Himmel über solche Cainische That.

6. Als er einsten seine Gedanken / oder sie ihn verfolgten / begegnet er den Bürgermeister mit zweyen Schergen / welche nach ihrem Gebrauch Hallbarden auf den Axeln hatten. Dieser vermeinet / daß man ihn fangen wolle / und beginnet sich mit der Flucht zu retten. Der Bürgemeister schicket ihm nach / und weil ihn der Scherg nicht ereilen konte / schreit er dem Volk ungefehr zu / man solte den Mörder aufhalten. Der flüchtig antwortet: Nein / nein er ist in den Krieg gezogen / ich habe ihn nicht erschlagen. In dem wird er [326] angehalten und für den Bürgemeister geführet / da er mit erschrockener Stimme sagt / er hette seinen Bruder nicht todt geschlagen / sondern er were in den Krieg gezogen / seine Mutter aber sagte ihm vielleich solches aus Haß nach.

7. Der Burgemeister war ein alter verständiger Mann / und sagte: Deine Mutter würde dich nicht beschuldigen und dich üm das Leben bringen wollen /wann der Sache nicht also; darzu finden sich Zeugen wieder dich / welche dieser Mordthat von ferne zugesehen. Hierüber erstaunt der Jüngling / und laugnet zwar / aber mit einer Stimme die ihn für schuldig bekennte. Der Burgemeister führte ihn beseits / und sagte ihm / er solte es nur bekennen / er wolte es verschwiegen halten / und ihn aller Straffe erlassen. Der einfältige Tropf bekennet alles / wie es hergegangen /und wird also bald in die Gefängnis gesetzet.

8. Als er nun in verhafft der That nochmals geständig / der Leichnam an den besagten Ort gefunden wird / und also die Sache unbestrafft nicht könte hingehen / sagte ihm der Bürgemeister / daß die Herren von Bern ihm das Leben nicht schenken wolten / und ist also zu dem Schwert verurtheilt / mit grosser Bereuung seiner Sünden gestorben. Bevor aber hat er frey ausgesagt / daß er viel grössere Gewissensplage ausser / als in dem Gefängnis erlitten. Dieses ist wiederum aus Geitz beschehen / in dem ein jeder erben wollen / und auf den Weg reich zu leben den Tod gefunden.


Das Gewissen so versehret ist der Zeug in unsren Hertzen
Das Gewissen so versehret ist die ursach vieler schmertzen,
Das Gewissen so versehret ist der freye Richtersmann /
Das Gewissen so versehret ist gleich wie S. Peters Haan
Das Gewissen so versehret ist der Kläger im Gedenken /
Das Gewissen so versehret ist genugsam uns zu kränken /
Das Gewissen so versehret ist die allergrösste Pein.
Das Gewissen so versehret gleichet Sysiphs schweren Stein.
96. Die rühmliche Verzweifflung
[327] (XCVI.)
Die rühmliche Verzweifflung.

Recht sagt jener / daß alle Sachen zwo Handheben /eine rechte mit welcher es zu erhalten / und eine linke / mit welcher man es muß fallen lassen. Dieses kan auch von etlichen Welthändlen gesagt werden / daß sie gut und böß / nach deme man es ansihet und betrachtet. Also ist alle unsere Gerechtigkeit für den Menschen eine Ungerechtigkeit für Gott. Es kan eine Sache löblich und wieder scheltbar seyn. Daß Samson mit den Philistern sterben wollen / und sich getödtet /damit er sich an ihnen rächen könte / kan nicht entschuldiget werden / als durch Göttliches Eingeben /und ist solche Nachfolge nicht zulässig. Daß die Egypter das entlehnte entwendet / kan nicht entschuldiget werden / als daß es der Lohn für ihre saure Arbeit. Daß Jacob den Isaac betrogen und Esaus Recht der Erstgeburt aberhalten / entschuldigt das Gebot Gottes / dessen Gedanken nicht sind / wie der Menschen Gedancken. Eine solche Geschicht ist auch folgende / welche mehr zu verwundern als nach zu thun.

2. Der Türkische Käyser hat auf eine Zeit 12. Polnische Knaben gefangen bekommen / und sie zu unnatürlichen Gebrauch in sein Frauenhaus versperren lassen. Diese solten beschnitten werden / und weil sie nicht darein verwilligen wollen / bedrauet man sie mit Gewalt. Sie entschliessen sich den Groß Türken mit ihren Messern zu erwürgen / und alsdann gerne als Christen zu sterben.

3. Durch was Mittel dieser Anschlag entdecket worden / meldet Kramerus nicht: vier aber davon /welche das Loß treffen würde / solte man lebendig verbrennen. Als sie nun ihren Tod oder schändlichen Abfall verstehen / sperren sie sich in eine Kammer /und ersticht einer den andern / biß auf den letzten /[328] welcher diesen Verlauf erzehlet / und allein den Flammen zu theil werden müssen. Sonders zweiffel ist dieses Eingeben nicht von Fleisch und Blut herkommen /sondern von dem allweisen und allwissenden Gott.

4. Dergleichen lieset man auch von einem Sicilianer / welcher 3. mannbare Töchter gehabt / und als er gesehen / daß die Türken die Statt darinnen er gewohnet / halb erobert / und diese wegen ihrer Schönheit ungeschändet nicht bleiben wůrden: hat er sie alle erstochen / und alsdann sich unter die Feinde gewaget /derselben viel erlegt / biß er endlich auch ümkommen.

5. Was von dergleichen Thaten zu halten / ist dieses Orts nicht aus zu führen / sondern allein zu melden / daß wir blinde Menschen / in Gottes Rahtschläge nicht sehen können / deßwegen auch unser Urtheil / in Erkäntnis unsrer Schwachheit billich zu rucke halten / biß wir in den andern Leben zu völliger himmlischen Wissenschafft gelangen.


Menschen Witze gleichet einer falschen Brillen /
in Erforschung Gottes seines Schöpfers Willen:
nach der Sachen die zu hoch erhaben sind
langt vergebens ein noch unbejahrtes Kind.
97. Das tödtliche Wort
(XCVII.)
Das tödtliche Wort.

Leben und Todt ist in der Zungen Gewalt / sagt die Schrifft: deßwegen vergleichet Jacobus dieses Glied mit dem Feuer / dessen Fünklein / »wann es verwarlost wird / einen grossen Brand anrichten kan: ja er sagt daß sich die wilden Thiere leichter bezaumen lassen / als die unverständigē Menschen. Der Mund ist der Sünden Werkzeug / der Artzt und Henker deß Menschen / welcher Ursach wegen / der kluge Fabel Dichter Esopus / die Zunge fůr das beste und böste Gericht gehalten« / und haben etliche [329] die Zähne mit einem Zaum verglichen / welcher die Zunge sol ihrer Schuldigkeit erinnern / daß sie bescheidentlich verfahre / und deßwegn auch ist nur eine Zunge / hingegen aber 2. Ohren und zwey Augen den Menschen gegeben / daß er gleichsam alles zuvor wol abwägen / und alsdann den Ausspruch machen sol.

2. Dieses hette auch sollen beobachten ein Schweitzerischer Wundartz zu Lucern / welcher ein Meister in den eusserlichen Schäden / die eigenen Lasterwunden seines Hertzens aber hat er nicht heilen können. Er hatte ein ehrliches und so schönes Weib / daß man sie nicht ungestalt nennen können: doch suchte er allerhand Winkel / da man stillschweigend Frantzösisch lernet / und üm seine Gesundheit und Vermögen kommet / wie dann die Armut der Hurerey auf den Fuß folget. Er wurde erinnert / und von solchen Schandleben abzulassen gebetten / aber vergeblich: dieses linde Oel hat sein Feuer noch mehr aufgeflammt.

3. Das Weib wil das Holtz in ihrer Küchen haben /und weil sie mit guten nichts richtet / gebraucht sie böse Wort / er wil sie aber nicht leiden / sondern lohnt ihrer Mühe mit doppelten Backenstreichen. Sie klagt dieses verfahren ihren Freunden / dieselbe der Obrigkeit / welche den Wundartzt für fordern lässet /und ihme etliche verdächtige Oerter verbietet / auch anzugeloben nöhtiget / daß er solche meiden und sein Weib nicht mehr so übel halten wolle etc. bey Bedrauung fernerer Straffen.

4. Dieses halffe so viel / daß er verborgen / und klüglich oder vielmehr trüglicher verfahren / und die Frau glauben machen / daß er hin und wieder Kranke zu besuchen hette / welche er aber ohne Pflaster geheilt. Das Weib trauet ihrem Mann nicht / wol wissend / daß er so wenig weisser wird als ein Mor mit Laugen gewaschen / ob sie gleich sehr scharff / und andern ausser ihm / den Unflat wol solte abnehmen. Sie bestellet aller Orten ihre Aufseher / zu erfahren /wo dieser geile und müssige Hengst seinen Aufrit haben möchte.

[330] 5. Endlich kommt sie in Erfahrung / daß er sich an eine gemeine Dirne gehengt / welcher Frechheit alle /die mit ihr ümgegangen verdächtig gemacht. Er stellte sich / daß er über Land zu reiten hette / auf seinem Esel / der ja so alt als sein Herr / Nachts aber kame er zu seiner Ehebrecherin. Dieses bringt sein Weib in sichere Erfahrung und verhebt ihm solchen Betrug mit Bedrauung Obrigkeitlicher Einhaltung. Er schwert und laugnet darfür / welches Gott liesse hingehen /biß sein Sünden-Maß erfüllet worden.

6. Einsten will er wieder hinweg reiten / und seinem Vorgeben nach / über Feld. Das Weib fragt zweifflend / wo er hin wolle? der Mann sagt / er sey nicht schuldig ihr Rechenschafft zu geben / weil er seiner völligen Jahre / und nicht unter jhren Meistersingerischen Gewalt. Hierüber schändet sie ihn / und er sie hinwiederumb. Endlich sagte er rund heraus: Hör Frau / dir zu trotz reite ich jetzt in das Hur Haus. Mit diesen Worten lässet er die Zänkerin stehen / und schwingt sich auf seinen Esel / und weil die Nachbaren über dem Geschrey zu lauffen / giebt er dem Thier die Sporn: der Esel wird dardurch stetig springt und schlägt / daß der Barbierer herab fällt / bleibt aber in einem Bügel hangen / und wird der Ehebrecher / biß zu seiner Schleppen Thüre geschleppet / daß das Gehirn auf dem Pflaster klebt.

7. Also wurde dieses Wundartzts Winkel-Sünde an den Tag gebracht / und er unter den Galgen begraben. Wann alles zu Rache der Sünden geschaffen / hat es vielleicht also ergehen müssen. Gott ist gerecht und seine Gerichte sind gerecht / und ist dieser Todesfall von niemand betrauret worden.


Die flüchtige / nichtige fleischliche Lust /
hegt schändlich- und ewiglich-schädlichen Wust.
Ein reinliches / keusches und sittiges Leben /
kan himmlische Freuden im Irdischen geben.
98. Der Gewissens Zwang
[331] (XCVIII.)
Der Gewissens Zwang.

Die Lehre / welche der alte Tobias seinem Sohn giebt / solte billich allen jungen Leuten unvergessen seyn: dein Lebelang / sagt er / hab Gott für Augen und in dem Hertzen / und hüte dich / daß du in keine Sünde (wieder dein Gewissen) willigest / und thust wieder GOTTES Gebot. Die Schwachheit der Menschen ist so groß / daß keiner sagen kan / ich bin rein von meinen Missethaten / aber für den groben wissentlichen Sünden wieder die Gebote kan sich jeder wol hüten /und solte der Mensch lieber sterben / als in solche willigen / weil es ihn nichts hilfft / wann er die gantze Welt verlieret / und Schaden leidet an seiner Seele: Zu deme wird er selten der zeitlichen Straffe entfliehen /wie wir an dem Cainischen Bruder gesehen / und dergleichen auch aus nachgehender Geschichte zu beobachten haben.

2. In einer vornehmen Statt in Schlesien / wohnte ein reicher Wirt Namens Alarich / welcher nur eine Tochter hatte / die in aller Zucht und Gottesfurcht auferzogen worden. Dieser Wirt war ein ehrlicher redlicher Mann / und von Gott gesegnet / daß er wol ohne diese Wirtschafft zu leben gehabt / wann er nicht viel mehr auf die Gesellschafft der Fremden / welche er liebte / als auf seinen Nutzen gesehen.

3. Alarich hatte einen Diener Namens Gilbert /einen armen Tropfen aus Oesterreich bürdig / der durch seinen Fleiß und Wolverhalten seines Herren Gunst gewonnen / daß er ihme in seinem Abwesen /das Haußhalten vertrauet / wol wissend daß es versorgt. Dieser Gilbert verhoffte Electram deß Wirts Tochter endlich zu verdienen / wie Jacob die Rahel /hörte aber daß Alarich keinen mangel an seiner [332] Person / aber an seinem Vermögen / und daß er seine einige Tochter keinem so armen Gesellen gebe / und musste er ein par 1000. Fl. in dem Beutel haben /wann er sein Tochtermann werden solte / etc.

4. Dieses faste Gilbert zu Ohren / und als Alarich auf eine Zeit mit Weib und Kind auf seinem Landgut /kommt ein Gast / der giebt Gilbert ein schweres Felleisen zu verwahren: Er betrachtet es / daß es schwer und sihet nach dem er eine Nad getrennet / daß über 1000. Ducaten darinnen. Diese / sagte er bey sich /sollen mir Electram werben / und mich zu einem reichen Wirt machen. Zu Nachts gräbt er eine grosse Gruben in den Garten / und zu früe schneidet er dem Kauffmann die Gurgel ab und wirfft ihn mit allen seinen Kleidern hinein / das Pferd aber verkaufft er einem andren Raisigen / daß also niemand als er und Gott darvon wissen können.

5. Als nun Alarich wiederkommen / sagte er zu seinem Herren / er were so arm nicht / als er wol meinen möchte / sondern hette einen reichen Vettern zu Krackau zu erben / welchen er besuchen wolte / und begehrte auf etliche Wochen Verlaub dahin zu raisen. Alarich willigte darein / und kommet zu bestimmter Zeit wieder: bringt bey 1000. Rthl. mit sich / und sagt daß er noch ein mehrers durch Wechsel zu empfahen /wol wissend wo er es nehmen solte. Alarich giebt ihme also seine Tochter / und mit derselben die gantze Wirtschafft / setzet sich auf seine Landgüter eines /die Zeit seines übrigen Lebens ruhig zuzubringen.

6. Also bliebe Gilberts Mordthat viel Jahre verschwiegen / biß ihme endlich das Gewissen aufgewachet / ihn traurig / erschrocken / furchtsam und vielmal seufftzen gemacht / den Schlaff benommen oder mit erschröcklichen Traumen verunruhiget / und dörfte er doch seine Geheimnis keinem Menschen offenbaren. Sein Weib fragte offt die Ursach seiner Traurigkeit / er hütete sich aber auch für der / die in seinen Armen schliefe / wie der Prophet warnet.

[333] 7. Man solte einsten einen Mörder richten / welches dieser Gilbert auch sehen wolte / bevor aber etwas von Speisen zu sich nehmen / und als er sich zu Tische gesetzt / brachte sein Weib einen Kalbskopf in einer Schüssel / welche er sonsten sehr zu essen geliebt. So bald er dessen ansichtig wird / schreit er überlaut: Weg / weg / mit diesem Menschen Haubt /man möchte vermeinen ich hette ihn ermordet! Electra erstaunet ob dem Wort / und fürchtete er würde Närrisch werden / sagte daß es ein Kopf von einem Kalb daß der Fleischer geschlachtet / er aber beharret darauf / daß es ein Meschen Haubt.

8. Also gehet er ungessen darvon / und höret dem Mörder sein Urtheil verlesen / wie er einen / wegen seines Geldes / auf freyer Strassen getödtet / und beraubet / deßwegen er lebendig solte gerädert werden. Der arme Sünder betete fleissig / und wurde von den Geistlichen deß ewigen Lebens vertröstet. Als er nun auf dem Richtplatz kommet / dringet Gilbert herfür und bittet den Bannrichter / er sol auch ihn wegen dergleichen Verbrechen / durch deß Henkers Hand tödten lassen.

9. Jederman verwundert sich über dieses Begehren / und vermeinte man / dieser Gilbert wer von Sinnen kommen: als er aber seine Aussage beharret / und nochmals bittete ihn in das Gefängnis zu legen / weil ihn sein Gewissen zwinge / alle ümstände seiner Mordthat zu bekennen / und die Straffe auszustehen /hat ihn der Bannrichter willfahrt / und ist also / nach Entdeckung deß Verlauffs / gleich dem andern Mörder gerädert worden.

10. Deß Menschen Gewissen kan nicht besser ausgebildet werden / als durch ein Hertz / in welchem ein Spiegel / der so wol gutes als böses / schönes als ungestaltes weiset / hierbey können folgende Verßlein stehen.


[334]
Dein Gewissen
wie das zarte Spiegel Glaß /
macht dich ohne Neid und Haß
alle deine Fehler wissen.
Hüte dich für Sünden Leid
alle zeit!
99. Der rasende Vater
(XCIX.)
Der rasende Vater.

Viel achten das Landleben für das glückseligste / weil die Einfalt und Redligkeit eine Befreiung ist von vielen Sünden. Es sind aber die meisten Bauren so lose Gesellen / so grobe viehische und unverständige Leute / und bey bösen Zeiten so verzweiffelt arg / daß ihnen kein Laster zu groß / und weil sie in Einöden und Wildnissen zum theil wohnen / sind sie auch mehrmals wie die reissenden wilden Thiere geartet /wie wir dessen ein jämmerliches Exempel hierbey bringen wollen.

2. In einem Dorff unfern von Brissac / in Elsas wohnte ein Weinhacker / genannt Adam / welcher sich von seiner Handarbeit nehrte / und dem trinken sehr / ergeben war: wie dieser Gesellen so gemeiner Gebrauch ist / daß sie solches für kein / oder ein rühmliches Laster achten. Die Laster hangen alle an einer Ketten / derselben andres Glied machte das fluchē und schweren / das dritte spielen und dopplen. Bey solcher Unart konte er kein guter Haußhalter [335] seyn / und manglete es nicht an allen mangel in seiner Hütten.

3. Zu diesem kam der Kinder Segen / welcher seine Armut so viel empfindlicher machte / und ob wol sein Weib mit ihrer Handarbeit möglichsten Fleiß ankehrte / war doch ihr Verdienst eine gar geringe Beyhülffe / daß sie sich speisten mit schmertzen Brod / und tränkten mit grosser Thränen Maß. Man sagt im Sprichwort / daß die Henne mehr zerscharren kan / als der Han zusammen tragen: wann aber die Henne den Haan ernehren sol / so wird er wol Hungers sterben müssen.

4. Auf eine Zeit gange Adam in die Statt zu seinem Herren / und beredete ihn / daß er ihn seinen Lohn auf drey Monat vor aus bezahlte / weil er seine Noth und Armuth sehr klagte / und versprache / so viel desto fleissiger zu seyn. Er hatte aber kaum das Geld empfangen / sihe / da stürtzt er sich mit demselben in einen Keller / und vertrinckt einen Theil / den andern aber verspielet er mit zweyen leichtfertigen Gesellen; darüber er dann angefangen Gott in dem Himmel zu lästern / daß kein Wunder / wann der Satan / wie in Judam / auch in ihn gefahren / und in folgender Mordthat die Hand geführet.

5. Unter allen Lastern ist fast das fluchen das ärgste / weil Gott dardurch beleidiget wird / der uns Menschen täglich unzähliche Wolthaten erweiset /und was Belustigung hat man doch darvon? Andre Laster haben noch eine Freude in sich / wie wol sie Schmertzen und Reue bringen: dieses aber hat der gleichen nicht zu hoffen; sondern höfelt dem bösen Feinde / klaget Gott der Ungerechtigkeit an / und wil das thätliche Unglück mit Worten unterbrechen. Ist es nur eine Gewonheit / so hat Gott auch die Gewonheit solche Lästerer in die Hölle zuverstossen / und ihnen Heil und Segen zu entziehen.

6. Als nun Adam besagter massen nach Hauß kommet / laufft ihm sein ältstes Kind entgegen und fordert ein Brod / er fragt nach einem Messer / und als das andre Kind eines brachte der Meinung das [336] Brod zu schneiden / ergreifft er das Kind und schneidet ihme die Gurgel ab; deßgleichen thäte er auch mit dem andern und dritten / das noch in der Wiegen lage. Das Weib kommmet nach Haus / der Hoffnung ihr Mann werde Geld mit gebracht haben / der böse Feind aber regiert diesen Mörder ferners seine Hand / daß er das Messer auch in seines Weibs Brust verbarge / und weil niemand mehr überig / als er / stösset er ihm selbest auch durch den Halß / darvon er zwar nicht also bald gestorben; sondern zuvor seine unerhörte Grausamkeit den darzu gekommenen Nachbaren eröffnen müssen.

7. Zu solchen abscheulichen Greuelthaten veranlasst die Trunkenheit und das Gewinnsüchtige Spielen. Hierbey setzen wir folgende (Diras.)

Scheltwort.
Freyart / Spieler / Leutbetrüger /
Gotteslästerer / Galgenbruder /
Trunkenbold / Thor / lieg-im-Luder /
Müssiggänger / Beutelkrieger /
Raben Vater / Kinder Feind /
Weiber Mörder / Teuffels Freund /
Selbsten Tödter / Höllenbrand.
Deine Blut betriefte Hand
Die der Satan selbst regieret
Hat dich in die Qual geführet;
Da du mit deß Cains Pein
Ewig wirst gemartert seyn.
100. Der gifftige Eifer
(C.)
Der gifftige Eifer.

Wie der Meuchelmord durch die Gesätze härter zu straffen / als ein Todschlag der durch Gegenwehr beschihet: Also ist auch gewiß die Hinrichtung mit Gifft viel sträfflicher / als andrer Mord / wie er auch beschehē mag. Die Blutgierigen und falschen sind für Gottes Augen ein Greuel / und [337] straffet sie mehrmals wordurch sie andren zu Schaden vermeint: beruffet hingegen zu seinem Dienst / welche er in der Anfechtung getreu und beständig erfunden: wie wir dessen ein nachfolgendes Exempel melden wollen.

2. Der Gifft ist leider eine Erfindung deß Mörders von Anfang / welcher die seinen gelehret auf so meuchelerische weise wider ihre Feinde (so meinsten theils fromm oder doch frommer als sie) Rache zu üben. Dieses Teufflische Mittel wird nicht nur in Hispanien / sondern auch in Welschland und Frankreich / selten aber in Teuschland gebrauchet / und deßwegen grosser Herren letztes Gericht genennet. Es bleibet aber nicht bey Hof / gemeine Leute bedienen sich desselben auch.

3. Erisila eines Kauffmans Tochter in einer grossen Handelsstatt in Frankreich / wurde geliebet von Arpag einem armen von Adel / der viel betrüglicher /als behertzt gewesen. Dieser war von eusserlichem Ansehen schön und wolgestaltet / daß er mit Höfligkeit und wolgefügten Worten dieser Jungfrauen Gegenliebe leichtlich erlangte. Der falsche Mensch war gleichsam der Brtrug selbsten / mit dem Mantel der Redligkeit ůmhůllet / daß er wol andre / als eine einfältige Dirne / hette hintergehen sollen / in dem diese Schlange sich unter die Blumen zu verbergen wuste.

4. Er nennte sich Erisila Diener / wolte aber sie für seine leibeigne Magd halten / und nicht leiden / daß sie einen andern ansahe / oder mit ihme Sprach hielte. Die Eifersucht ist der Schatten / oder der Rauch von der Liebesflamme / welcher allezeit eine Dunckelheit und Finsternis mit sich bringet / dahero auch Erisila ihre Liebe gegen diesen argwähnischen Buler gemindert / welches Arpag leichtlich beobachtet / und seine Krankheit vermehret / weil er nicht nur an der Lieb /sondern auch an der Geldsucht darnieder gelegen /welches beedes ihme allen Schlaff benommen.

5. Als nun Erisila eine betrübte Ehe leichtlich [338] vorsehen konte / und die Wahl unter mehr Freyern hatte /lässet sie diesen Eiferhansen fahren und ergiebt sich an Chrysolas / der in allen Arpagen zu vergleichen /ausser den Lastern und falschem Gemüte: zu deme war er auch von bessrem Geschlecht und Herkommen. Sie hatte so viel Verstand / daß sie ihre Eltern solchen Wechsel belieben machet / und Arpag fahren lassen darff / welcher seinen Schlangen Gifft in grosser Freundligkeit verborgen / nicht wissend wie er sich doch an beeden rächen solte. Das Hertz im Leibe hat er nicht daß er Chrysilas befeden dörffte / und vermeinte / daß die Sache füglicher mit Gifft / als mit dem Degen außzutragen. »Also ist der Menschen Klugheit sicher / aber nicht versichert.«

6. Er machte Freundschafft mit Chrysilas / und hatte Honig in dem Munde / Galle in dem Hertzen /stellet sich daß er ihme gerne und willig den Platz bey Erisila raume / und verehrte ihme ein par spanischer Handschuhe / welche so mit zarten Gifft / daß der sie anlegte / und die Hand darinnen erwarmen liesse /oder darzu rüchte / das Gehirn mit Gifft anfüllte und üm das Leben brächte. Es war dieses Chrysilas vermeint / weil er ihm seine Liebste weggenommen / ist aber über Erisilam ausgegangen / wie zu vernehmen seyn wird.

7. Chrysilas verehrte die Handschuhe seiner Liebsten / und leget darmit grosse Ehre ein / selbe aber hat sie kaum einen Tag gebrauchet / und spůrte solche Haubtschmertzen / daß sie den Schlaff und alle Gedult verlohren / das Angesicht ist auffgeschwollen /daß die Artzte einstimmig die Ursach dem Gifft zugemessen. Man gebrauchet ihr Gegengifft / aber zu spat / weil die Ursach ihrer Kranckheit bereit überhand genommen / und ihr Leben mit dem Tage geendet.

8. Chrysilas ware ein unschuldiger Todschläger /und gedachte sich an Arpag seinem Feind verdienter massen zurächen. Arpag triebe die Furcht in die Flucht / und als er bey einem schlechten [339] Mann verstecket / wurde er von Chrysilas Bekanten endlich ausgekundschafftet / und in das Gefängnis gebracht. Aldar weiste er ihmē die Handschuhe und reibet sie ihm in das Angesicht / daß er auch also bald halb todt dahin fiele / wie Erisila / in vier und zwantzig Stunden den Geist aufgabe / und Chrysylas alles Verdachts erledigte.

9. Also ist Arpag in die Gruben gefallen welche er ihm selbsten gegraben / und von Gott gestraffet worden / wie er gesůndiget: Chrysolas aber hat diese betrügliche Welt verlassen / und die Zeit seines übrigen Lebens in einem Kloster zu bringen wollen. Diese Geschichte hat sich begeben zu der Zeit / als Ostenden von den Spaniern ist bezwungen worden / wiewol dem Leser an den ümständen des Orts und der Zeit so wenig gelegen / als dem Kranken an dem Namen seines Artztes / welcher ihn heilet.

10. Das zweydeutige Wörtlein Gifft / welches auch für die Gaben und Geschänke gebrauchet wird / giebt Anlaß zu folgender

Rähtsel.
Was giebt dir Freund und Feind /
zu werben deine Gnaden /
zu deinem grossen Schaden /
was gut und böß gemeint.
Das Wort vermehrt deß Richters haab /
das Werk bringt manchen in das Grab /
dem jetzt die Sonne scheint.

Ende deß Vierdten Theils.

Der Funffte Theil

Register der Geschichte deß V. Theils
Register
Der Geschichte deß V. Theils.
CI. Der erbärmliche Tod deß H. Montmorency.
CII. Die Hinrichtung deß H. Defiats und H. de la Thou.
CIII. Das falsche Zeugnis.
CIV. Der bestraffte Rauber.
CV. Der erwürgte Kayser.
CVI. Der Glüksfall.
CVII. Die verzweifelte Unschuld.
CVIII. Die bestraffte Verrähterey.
CIX. Der eifrende Vater.
CX. Die bestraffte Unzucht.
CXI. Die verzweifelte Liebe.
CXII. Ehbruchsrug.
CXIII. Die Tyrannische Stief-Mutter.
CXIV. Die Heuchlerische Andacht.
CXV. Erscheinung der Geister.
CXVI. Die ermordten Buler.
CXVII. Das eröfnete Geheimnis.
CXVIII. Der ergrimmte Eifer.
CXIX. Der Bulermörder.
CXX. Die Entheiligung deß Sontags.
CXXI. Der gerochne Ehbruch.
CXXII. Der Beschwerer.
CXXIII. Der unschuldig erhengte.
CXXIV. Straffe der Meuchellist.
CXXV. Der weltliche Mönich.
101. Der erbärmliche Tod deß H. Montmorency
[342] (CI.)
Der erbärmliche Todt deß H. von Montmorency.
Der sinnreiche Saavedra mahlet eine zerbrochene Klocken / mit dieser Uberschrifft:

(ex pulsu noscitur)

aus dem Schlag erkannt.

Zuverstehend gebend / daß grosser Herren Fehler und Gebrecher so wenig können verborgen bleiben / als der Mißlaut einer zerbochnen Klocken / welche in der Höhe von jederman gehöret wird. Dahero auch die alten Teutschen von der Fürsten Lastern zu sagen pflegen: je grösser der Stand / je grösser die Schand /und der weise Mann sagt: Grosse Leut fehlen auch.

2. Dessen kan zu unsren Zeiten ein denkwürdiges Exempel seyn / der Hertzog von Montmorency / welcher von Königlichem Geblüt geboren / und in allen Ritterlichen Tugenden von Jugend auf geübet / aus Verleitung unruhiger Köpfe einen sehr schmählichen Tod / wie die Gefichte beglauben / verschuldet / und ob wir zwar sonsten von grossen Herren Meldung zu thun nicht gewillet sind / haben wir doch mit dieses Herrn Trauerfall / weil solcher von keinem noch der Zeit / in Teutscher Sprache beschrieben worden / und viel merkwürdige Umstände begreifft / den fünfften Theil dieses Schauplatzes eröffnen wollen.

3. Im Jahre 1632. den 21. Weinmonats wurde der Hertzog von Montmorency / mit einer [343] starcken Wacht / gefangen nach Tholouse gebracht. Bald hernach wurden 7. Zeugen abgehöret / drey Haubtleute / ein Leutenant / zween Feldweibel und ein Schreiber namen Guillomet / welcher den Ständen in Lanquedoc bedient gewest. Dem Hertzog wurde fürgelesen Königlicher Befehl / an das Parlement zu Thoulouse / in welchem desselben Rahtsherren befohlen worden /wegen besagten Hertzogen von Montmorency Kundschafft ein zu ziehen / und nach Befindung seines Verbrechens ein Urtheil zu schöpffen. Der Hertzog antwortete: daß er zwar nicht schuldig were / wegen seines hohen Standes für einigem Gericht / als für dem Parlament zu Paris / zu erscheinen / weil aber der König solches befohlen / und er wisse / daß die Herrn von Tholouse Liebhaber sind der Gerechtigkeit /wolle er sich ihrem Gerichtszwang nicht entziehen.

4. Als nun die Zeugen / in seiner Gegenwart / ihre Aussage nochmals widerholen musten / bestande er erstlich / daß er bey Castelnau d' Arry / die Auffrührer / wieder deß Königs Volk angeführet / und beglaubten die Zeugen / daß er damals für dem Rauchdampf deß Schiessens / und deß Bluts / mit welchem er besprützt / nicht wol erkäntlich gewesen etc. / Zum andern wolte er nicht gestehen / daß er der Laquedoter Rahtschlag / in welchem sie den Hertzog von Orleans / zu einem Schutzherren ihrer Freyheit aufgeworffen /unterschrieben hette; als ihm aber der Schreiber seine Hand und Petschafft fürgewiesen / hat er sich sehr über ihn ergrimmt / und gesagt / daß solches falsch /die Hand nachgemacht / und das Siegel nachgegraben / oder ihm entwendet worden.

5. Weil nun dieser Herr / wegen seiner übertrefflichen Gaben Tapferkeit und Höfligkeit von grossen und kleinen geliebt und geehrt war / hat es an Fürbitte bey dem König nicht ermangelt / aber alles vergebens. Er wurde für Gericht gestellet / und von dem Herrn /welchem deß Königs Insiegel anvertraut / nach gemeinen Fragstücken von seinem Herkommen / Alter und Stand / etc. befragt / ob er der Lanquedocker[344] Rahtschlag unterschrieben? darauf er mit ja geantwortet / und gesagt / daß er sich dessen seithero erinnert. Er wurde ferners gefragt: ob der Hertzog von Orleans ihn die Waffen zu ergreiffen befohlen? darauf er geantwortet / daß er besagtem Hertzog / als seinem gnädigen Herren dessen keine Schuld beymesse. Daß er aber auf den Grentzen mit fremden Feinden deß Königreichs einigen Anschlag solte gemacht / oder wieder die Kron sich empöret haben / ausser deme / daß er der Laquedocker Freyheiten verfechten wollen / hat nicht auf ihn können gebracht werden. Letzlich ist er auch gefraget worden: ob er nicht vermeine / daß er den Tod verdienet habe? darauf hat er geantwortet: Er habe den Tod durch seine Sünden verdienet / und wolle nicht darwieder sagen. Nach diesem ist er weiter in verhafft gebracht worden.

6. Die Richter und Beysitzer haben wegen dieses Hertzogen Freundligkeit / guten Verstand und Sitten /grosses Mitleiden gehabt / weil er aber sich an Königl. Majest. vergriffen gehabt / haben alle seine Tugenden das Schwert der Gerechtigkeit nicht können zurucke halten. Als nun das Urtheil seines Todes geschöpffet worden / hat der König das blaue Ordensband / der Ritterschafft vom H. Geist / und den Marchalstab von ihme lassen abfordern / und befohlen /daß er solte auf dem Rahthaus in verschlossner Thier / enthaubtet werden / und ihme frey stehen / seine Güter / welche dem König / wegen seines Verbrechens / heimgefallen / nach belieben zu verschaffen. Als ihm nun das Urtheil fürgelesen wurde / hat er auf den Knien liegend / das Crucifix mit strengen Augen angesehen und gesagt: Ihr lieben Herren / bittet Gott für mich / daß ich diesen Tod / welchen ihr mir angekündet / als ein guter Christ / überwinden möge.

7. Als er ferners seine stattliche Kleider angesehen / hat er begehrt solche aus zu ziehen / weil unser Erlöser / welcher gantz entblösset gestorben / keinen Gefallen an solcher Eitelkeit werde haben können. Er hat auch gefragt / nach deme er gebeichtet / und das H.[345] Abendmahl empfangen / wann er sterben müsste / als man ihm gesagt / um 5. Uhr / hat er geantwortet / ob solches nicht bevor / und ům die Stunde geschehen könte / in welcher Christus gestorben. Darauf man ihm geantwortet / daß solches in seinem Willen stünde: Also bald hat er ihme die Haare lassen abschneiden / sich außgezogen / und folgendes Abschiedbrieflein an seine Gemahlin zu Papier gesetzet:


Mein Hertz /


Ich nehme hiermit meinen letzten Abschied von Euch / und versichere / daß die Liebe / welche jederzeit unter uns gewesen ist auch im Tode beharre. Ich bitte euch / wegen der Ruhe meiner Seele / und wegen der Ruhe die ich bald in dem Himmelreich erlangen werde / das ihr euch nicht zu viel wegen meines Todes betrüben wollet. Ich habe von meinem süssen Heiland so viel Gnade empfangen / daß ihr Ursach habt / euch zu trösten. Gute Nacht mein Hertz.


E. Montmorency.

Im Tholouse / den
30. Weinm. 1632.

Er schrieb noch zween Briefe / an seine Fr. Schwester / und den andern an den Cardinal de la Valtte.

8. Die Königliche Wittib hatte etliche Tage zuvor an den König dieses Inhalts geschrieben: Wann E. Majest. meinem Vettern dem Hertzog von Montmorency nicht das Leben schencket / werde ich solches die Zeit meines Lebens nicht vergessen. Seine Frau Schwester hat der König nicht wollen anhören / als sie für ihren H. Bruder bitten wollen. Die Venetianer haben ümständig an den [346] König geschrieben / und gebetten ihnen diesen Hertzog zu ihrem Feldherren zu ůberlassen / aber alles vergeblich. Der Fürst von Conde hat an den Cardinal von Richelieu geschrieben: Erinnert euch / daß ich ein Fürst bin von Königlichem Geblüt / daß ich auch Kinder habe / und daß der Hertzog von Montmorency mein Schwager etc. Als auch der Cardinal verstanden / daß die Königin fůr ihn bitten wolle / deßwegen er ihr zugesprochen /daß sie es ja nicht thun solte / weil sie wisse / daß zwar der König ihre Bitt nicht versagen würde / darüber aber erkrancken oder gar sterben möchte / weil er sich allezeit übel befinde / wann er etwas wieder seinen Willen zu thun gezwungen werde.

9. Als nun die Zeit verhanden / und der Hertzog auf die aufgerichte Binnen tretten sollen / hat ihm sein Barbier dē Nachtrock weil er nur in den Schlafhosen war / ümgeben wollen / er hat aber solchen wieder fallen lassen / und gesagt: Nein / mein Freund / wir müssen gantz weiß für Gott erscheinen. Als er nun mit dem Jesuiten Arnaux auf die Binnen steigen sollen / hat er zuvor gefragt: Ob keine Gnade verhanden? Als ihm aber der Haubtmann der Wacht / mit nein /traurig geantwortet / und daß alle seine Freunde solche zu erlangen vergeblich bemühet gewesen / hat er alle anwesende gegrüsset und gebetten dem König nach seinem Tode zu sagen / daß er sein unterthäniger Knecht sterbe / mit grossem Hertzenleid / daß er ihn beleidiget / bitte auch deßwegen S.M. und alle Christen üm Verzeihung. Sein Barbierer wolte ihn binden / er sagte aber zu dem Henker / dieses ist dein Handwerck / binde du mich / und als der Hencker sagte /die Haare weren ihm nicht kurtz genug abgeschnitten / sagte er man solte dann mehr hinweg schneiden. Der Hencker wolte solches den Barbierer verrichten lassen / der Hertzog aber sagt / daß solches der Scharffrichter thun solte / weil er als ein grosser Sünder keine Schmach zu scheuen habe / und das Christus auch von den Henckersbuben were gebunden worden.

[347] 10. Nach deme er nun die letzte Entbindung seiner Sünden / von dem Jesuiten Arnaux angehöret / das Crucifix geküsset / und Gott seine Seele befohlen /hat er den Hals / in welchem noch etliche Wunden unter das Fallbeil gestreckt / nochmals gebett / und dem Henker gesagt / er solte nun sein Ambt verrichten / welches er auch gethan / und ihm das Haubt in einem Fail abgeschlagen. Als solches geschehen / hat man die Thür eröffnet / und den Leichnam sehen lassen / da dann eine grosse Menge Volks hinein gedrungen / sein Blut aufgesammlet / und ihn mit vielen Thränen beweinet.

11. Also hat Heinrich Hertzog von Montmorency sein Leben in dem 38. Jahr seines Alters geendet: Er ist gewesen ein Pair und Mareschall / wie auch Admiral oder Seeherr in Frankreich / Urenkel vier Connestabel und sechs Mareschallen / der vornemste Baron in Frankreich / Schwager deß vornemsten Fürsten von Königl. Geblütes / Vetter zweyer andern Fürsten. Nach dem er zwo Schlachten eine zu Land wieder die Hugenotten / und die andere zu Wasser wieder die Spanier erhalten / und Casal entsetzet. Seines gleichē hat Frankreich an Geschlecht / Reichthum / Schönheit deß Verstandes und deß Leibs nicht gehabt. Seine Holdseligkeit hat ihn bey jederman beliebt gemacht /daß er / ausser diesem schmählichen Tod / für recht glückselig zu schätzen. Sein Haubt ist wieder auf den Leichnam genehet / balsamiret / und in einem Sarch von Bley begraben worden. Welche seinen Tod betrauren / können sein Verbrechen nicht loben.

12. Die hohen Häubter sind nicht ausser der Gefahr und sihet man in dem Angesicht nicht / mit wie viel Sorgen das Hertz gequälet ist / wir setzen über dieses Hertzogen Tod folgende Verßlein.


Der Krieges Gott ist todt /
der offt die Todes Noht
mit grossem Muht getrutzet:
[348]
die Lorbeer ohne Zahl /
und manches Siegesmahl /
hat vor dem Donnersstral
deß Tods / ihn nicht geschützet.
Es trauret jedermann
der kläglich trauren kan:
der Feind hat ihn genommen
und ruckwarts hingeraubt /
das kluge Fürsten Haubt.
Er dorfft nicht (wie man glaubt)
ihm fůr die Augen kommen.
102. Die Hinrichtung H. Deßfiats und H. de la Thou
(CII.)
Die Hinrichtung H. Deßfiats und H. de la Thou.

Was die Alten ins gemein zu sagen pflegen: End gut /alles gut / ist absonderlich war von der Menschen Leben. Ist ihr Ende gut / so wird alles andres böses Leben dadurch beschönet / und hat jener Geist- und Sinnreiche Lehrer recht gedichtet / daß ein Stoischer Philosophus sich in der Christlichen Religion unterweisen lassen: Als er aber etliche Christen einen bösen Wandel führen / und doch seelig sterben sehen / hab er solches für ein grosses Wunder ausgeschrien /und gesagt / daß unter allen Völckern die Christen allein übel lebten und wol stürben. Solches wird aus nachgehendem Exempel mit mehrerm zu erlernen seyn.

2. Im Jahr 1642. den 12. Herbstm. wurde Henrich Desfiat de Cinq.-Mars Groß-Stallmeister Königl. Majest. in Frankreich / aus seiner Gefängnis für Gericht gestellet / und von dem H. Presidenten von Grenoble /samt vielen andern Parlaments Herren / welche der König absonderlich darzu ernennet / angehöret / und nach deme er seine Aussage gethan / hat er sich viel standhaffter / als zuvor bezeuget / weil er mit so grosser Ungedult / solchen Gerichtstag erwartet.

[349] 3. Der Herr von Thou hat sich nahgehenden Inhalts / als er gefraget worden / ob er von H. Deßfiats Verrähterey wieder den König gewust? geantwortet / etc. Ich könte wol laugnen / daß ich solches gewust / weil mich niemand / als H. Deßfiat (welcher doch gleichfals straffbar / und wider mich nicht zeugen kan) beschuldigen wird. Ist also mein Leben und mein Tod /nach den Gesetzen / und der Gerechtigkeit in meinen Händen: Ich bekenne aber willig und ungezwungen /daß ich wegen gemelter Verrähterey / oder vielmehr angestellter Rottierung gute Wissenschafft getragen /weil ich in dreyen Monaten meiner Gefängnis zu sterben / und dieses elende Leben zu verachten / studiret. Die Gestalt deß Todes beduncket mich viel schöner /als das Leben / und wil ich eine so gute Gelegenheit seelig zu sterben nicht ans Händen lassen. Zum andern ist mein Verbrechen so abscheulich und sträfflich nicht / weil ich zwar üm die Verrähterey gewust /selbe aber beweglichst wiederrahten und davon abgemahnet / ihn auch als meinen vertrauten Freund / der sich auch meiner Gegentreue versichert / nicht angeben / und üm das Leben bringen wollen / welches ich mir selbsten abspreche und mich zu dem Tod verdamme.

4. Bald hernach hat man ihnen angezeigt / sie solten sich zu sterben bereit machen / welches sie mit grosser Standhafftigkeit angehöret / und der H. von Thou hat mit lachendem Mund zu H. Deßfiat gesagt. Nun wol an ihr bringt mich üm das Leben; ich hate Ursach mich über euch zu beklagen / ich liebe und dancke euch aber deßwegen. Es muß mit tapferem Muth gestorben seyn. Das Paradiß für dieses Leben ist ein guter Tausch. Hierauf haben sie einander ůmfangen / und sich erfreuet mit einander zu sterben /weil sie in ihrem Leben jederzeit gute Freunde gewesen. Als nun der Gerichtschreiber kame / welcher ihnen das Urtheil fürlesen sollen / hat der H. von Thou gesagt: wie lieblich sind die Füsse derer / die Friede verkündigen! In dem Urtheil sind die Briefe angezogen [350] worden / welche Deßfiat mit den Spaniern gewechselt / und weil H. von Thou solches gewust und nicht geoffenbaret / sind sie aller Ehren entsetzet /zu dem Tod verurtheilt / ihr Güter dem Könige heimgefallen / und Deßfiat zu Eröffnung der gantzen Handlung / an die peinliche Fage geworffen worden.

5. Hierauf sagte der Herr von Deßfiat: Ich erschrecke nicht für dem Tod / aber die art dieses Todes kommet mir erschrecklich vor. An die Peinliche Frage gehören keine Leute wie ich bin: Ich wil hoffen man wird meines Alters (von 22. Jahren) und meines Standes verschonē. Ich bekenne meine Schwachheit / auf diese Frage kan ich nicht antworten. Nach diesem haben sie zween Jesuiten zu Anhörung ihrer Berichte begehret / welche ihnen auch also bald zugelassen worden. Als nun der Herr von Thou gebeichtet / hat er gesagt / daß er sich sehr wundere / daß er von allen seinen Freunden zu Hofe verlassen werde. Der Jesuit sagte daß solches der Welt Lauff nach den bekanten Versen:


(Donec eris felix, multos numerabis amicos,
Tempora si fuerit nubila solus eris.)
Dieweil du sitzt im Glück wirst du viel Freunde nennen /
Wann trübes Wetter kommt / so wird dich keiner kennen.

Dieser hat H. de Thou sehr wolgefallen / und die Verse mehrmals wiederholet. Er hat in seiner Gefängnis sonderlich gelesen deß Bellarmini Büchlein (de arte bene moriendi) von der Kunst wol zu sterben /sich GOtt ergeben / die H. Sacramenten gebrauchet und sich mit einem eifferigen Gebet getröstet / sagend / daß diese Standhafftigkeit zu sterben / welche er erzeigt / eine besondere Gabe Gottes sey / und eine unverdiente Gnade / daß er voll Trostes zu dem Tod geführet werde. Er sagte vielmals die Wort in der 2. an die Cor. am 4. v. 17. Unser Trübsal die zeitlich und leicht ist / schaffet eine ewige / und über [351] alle maß wichtige Herrligkeit / uns / die wir nicht sehen auf das sichtbare / sondern auf das unsichtbare: dann was sichtbar ist / das ist zeitlich / was aber unsichtbar ist /das ist ewig. Wie auch die Wort aus der Epistel an die Römer am 8. v. 35. Wer wil uns scheiden von der Liebe Gottes / etc. Ich / sagte er / erkenne jetzund besser / als niemals die schnöde und hinfallende Eitelkeit dieser Welt / und dancke Gott / daß er mich daraus nimmet / und mich das Leben in dem Tod finden lässet.

6. In seiner Gefängnis hatte dieser Herr von Thou ein Gelübd gethan / daß wann ihn GOtt aus dem Gefängnis erlösen würde / daß er wolle ein Capellen bauen / und dreyhundert Pfund jährliche Einkunfften darzu stifften / welches er auch gethan / und selbsten diese Uberschrifft darzu aufgesetzet.


CHRISTO LIBERATORI

Votum in carcere pro libertate conceptum

FRANCIS. AVGVST.

THVANVS.

è carcere vitæ jam jam liberandus merito solvit.
Confitebor tibi DOMINE, quoniam exaudivisti me,

& factus es mihi in salutem. 12. Septem. 1642.


Etliche Brieflein hat er hernach geschrieben / und gesagt / nun wil ich nicht mehr an die Welt gedencken: Lasst uns vom Himmel reden.

7. Als sie auf die Binnen / und den Richtplatz solten geführet werden / und in die Kutschen steigen wolten / sagte der Herr von Thou: Mein Herr / man wil uns auf der Kutschen in das Paradiß führen. Diese Herren halten uns gar zu ehrlich. Nach der Kutschen ist der Hencker gegangen / welcher ein Schröder oder Sacktrager war / weil der Henker von Lyon krank /und sich kein fremder wolte gebrauchen lassen. Der Herr von Thou tröstete den H. Deßfiat / sagend / daß er sich nicht solte verlangen lassen länger zu leben /ob er gleich jung / in hohen Ehren / reich und noch grösser in der Welt hette werden [352] können / sondern vielmehr Gott dancken / daß ihre Seelen aus der Gefahr deß sündlichen Hofflebens gnädig errettet / und sie Christlich und mit gutem Vorbedacht sterben liesse / welches eine sonderliche Gnade Gottes were /und höher zu schatzen / als alle nichtige Hoheit dieser Welt. Wormit haben wir doch diese Gnade verdienet? Ob zwar der Tod schmählich / so bringt er uns doch zu der ewigen Ehre der Kinder Gottes.

8. Als sie nun auf der Binnen / haben sie mit einander höflich gestritten / welcher unter ihnen der erste sterben solte / und hat H. Deßfiat / weil er am meisten gesündiget / und am ersten verurtheilt worden / der H. von Thou aber / weil er der ältste / vorgeschützet /daß der Jesuit den Ausspruch gemachet / sagend / daß er auch der Großmůtigste / und seines Freundes Tod mit Standhafftigkeit würde anschauen können. Als der HErr von Thou die Binnen angesehen / hat er mit freudigen Geberden gesagt: von hier müssen wir in das Paradiß gehen / wer bin ich elender Mensch / daß ich noch heute in die Ewigkeit gelangen sol? Nach dem sie nun bey dem Richtplatz angelanget / hat H. Deßfiat erstlich absteigen müssen / und als er auf der Binnen jederman gegrüsset / seinem Beichtvater den Hut und den Mantel / welchen man ihm nehmen wollen / verehret / auf den Knien nochmals von seinen Sünden entbunden worden / und das Crucifix unterschiedlich geküsset / und gefragt / ob er das Wames müsse ausziehen? als solches geschehen / hat ihm der Jesuiten Diener die Haare müssen abschneiden / weil er nicht gewollt / daß ihn der Henker anrühren solte. Als er nun den Halß darstrecken wollen / hat er diese Wort gesag:


Mein GOtt / dir opfere ich mein Leben auf / zu Vergnügung meiner Sünden. Wann ich noch länger leben solte / wolte ich ein andres Leben führen / als ich bißhero gethan hab: weil es aber GOTT also gefällt / so gebe ich meinen Tod und mein Blut zu Versöhnung meiner Sünden / [353] und thue solches von gantzem Hertzen willig.

Hierauff hat er etliche Gebet zu der Jungfrau Maria horen lassen / und alsdann das Haubt dargestrecket /welches ihm aber das Haubt auf einem Hieb von dem Leib nicht abgesondert / daß es der Hencker gleichsam herab seegen müssen. Der Leichnam und das Haubt ist mit seinem Mantel bedecket worden.

9. Nach dem solches geschehen / ist der Herr von Thou aus der Gutschen geholet worden / welcher mit lachendem Angesicht auf die Binnen gestiegen / die Zuseher höflich gegrüsset / und mit ausgestreckten Händen den Henker ümfangen / geküsset und gesagt /daß er ihn liebe / weil er ihn zu dem Paradiß befördere. Er sagte zu seinem Beichtvater: Wir sind der Welt ein Schauspiel worden / den Engeln und den Menschen / und hernach: HErr lehre mich deine Wege /und leite mich deine Stege / in das Himmelreich. Er sagte den 115. Psalm auff den Knien gantz freudig her / und eignete ihme desselben Wort in seinem Zustand tröstlich zu.

10. Etlichmals hat er seinen Beichtvater gefragt: Ob nicht auch eine Eitelkeit in der Begierde zu sterben sey / und ob er nicht sündige? Der Beichtvater hat geantwortet: daß wann es ihm von Hertzen gehe / wie er nicht zweiffele / so sey es keine Sünde. Der Henker wolte ihm die Haar abschneiden / der Jesuit aber nahme ihm die Scheer und wolte es seinem Diener geben / der H. von Thou aber gabe sie dem Henker wieder / und sagte / er solte es ihm abschneiden: weil aber der Henker gar ungeschickt / musste es deß Jesuiten Diener thun: Inzwischen hube er die Augen gegen dem Himmel auf / sagend: was sichtbar ist das ist zeitlich: was aber unsichtbar ist / das ist ewig!

11. Als ihm nun die Haare abgeschnitten / hat er begehrt / es solten die ümstehenden für ihn zu [354] GOtt bitten und gefragt: ob man ihm die Augen nicht verbinden wolle? Der Jesuit sagt / daß solches bey ihm stünde. Darauf er begehrt man sol ihm die Augen verbinden / dann / sagt er / ich habe kein Hertz / ich muß es bekennen / aber Gott hält mein Hertz in seinen Händen / daß ich noch eine Standhafftigkeit sehen lasse / welche von seiner Gnade herkommet. Nach dem er nun ein Fazolet oder Wischtuch von den Zuschauern begehrt / hat man ihm 3. oder 4. zugegeworffen / unter welchen er eines genommen / und sich höflich darfür bedanckt. Er steckte also den Halß unter das Beil / der Hencker aber / nach dem er ihm das Hemmet an dem Hals aufgelöset / hat ihm das Haubt nur halb abgeschlagen / daß er zurücke gefallen / und das Haubt gegen dem Himmel gewendet /welches ihm der Henker gar abgeschlagen. Beide Leichnam hat man in der Kutschen von dannen geführet / und den Hn. Deßfiat in eine Kirchen / Hn. Thou aber gebalsamiret in seiner Eltern Grab gebracht.

12. Dieser Leben und Tod lehret uns die Beschaffenheit deß unbeständigen / und wandelbaren Weltwesens. Ein Poet hat über diese folgende Verse gesetzt.


Morte pari periêre duo, sed dispare causa
Est reus ille loquens, est reus iste tacens.
Morte pari periêre duo, sed perdidit illum
Fracta Fides, alium perdidit arcta Fides.
Es hat zween treue Freund ein gleicher Tod getrennet /
ob gantz ungleicher That: Der eine selbst bekennet
untreue Meuchellist: Der macht es nicht bekannt
aus gar zu grosser Treu und kommt in gleiche Schand.
Hiervon machte einer einen solchen Vers.

Omnia (La Thou ou le Thout) cum Magno (le grand (se sine jure (le Duc de Bouillon) cadunt.
103. Das falsche Zeugnis
[355] (CIII.)
Das falsche Zeugnis.

Der böse Feind welcher ein Lügner ist von Anfang /hält seine Sachwalter hier auf Erden / welchen er mit zeitlichen und ewigen Unglück ablohnet. Der Gott der Warheit weiß hingegen die unschuldigen aus der Versuchung zu erlösen / und an das Liecht zu bringen /was verborgen und in geheim behandelt worden. Also hat Gott die unschuldige Susannam von der falschen Anklage der zween Alten durch Daniel errettet / und dem Daniel selbst aus der Löuengruben geholffen /seine Verleumder aber dargegen hinein werffen lassen. Dergleichen fast unerhörtes merkwürdiges Exempel ist auch folgendes.

2. Johan Beliard ein reicher Handelsmann zu Marsilien der berühmten Kauffmannsstatt in Frankreich /hat einem jungen Ehemann Georg Melue zu Tull wohnend 500. Kronen geliehen / darfür sein Vetter Esprit Vantier zu Monasque wonhafft / Bürge worden / und ist zu der Zeit der Wiederzahlung eine Jahrsfrist bestimmet / und darüber eine Handschrifft oder Schuldverschreibung bester massen aufgerichtet worden.

3. Nach zweyen Jahren / heischte Beliard sein vorgeliehenes Geld an den Selbst Schuldner Melue / welcher sich mit der Unmögligkeit entschuldigte / und ihn bate / er wolte mit ihme nach Monasque zu seinem Vettern der Bürge worden / raisen / welcher dann schon mittel machen konte / darein Beliard leichtlich gewilliget / weil es nur ein Spatzierweg. Ventier empfähet diese seine Gäste mit aller Höfligkeit / und weil die Sonne untergienge / blieben sie aldar über Nacht. In dem man nun die Mahlzeit zubereitet / gehen sie in dem Garten spatzieren: Melue sagte seinen Vettern /daß Beliard wolte bezalet seyn / und daß dieses die Ursach ihrer Raise.

[356] 4. Ventier ein Ertzschinder hörte solche Zeitung mit betrübten Hertzen / sagend / daß er jetziger Zeit nicht bey Mitteln / und daß ihnen Beliard nachwarten müsste / oder / wenn er nicht wolte / andre Wege zu erfinden. Nach eingenommener Abendmahlzeit / sagte Ventier zu Beliard / daß er wol wisse die Ursache seiner Raise / und daß er leider / der Zeit / nicht bey Geld / ihn zu befriedigen / er solte aber sich gedulten /und noch ein Jährlein nachsehen / oder er würde es bereuen müssen. Beliard hette wol mit ihm handlen lassen / wann nicht die Bedrauung angehengt worden: Antwortet deßwegen / daß er sich für ihren Worten nicht fürchte / und ob das der Danck / daß er ihnen geholffen / ja sagte er / ich wil nicht von dannen / biß ihr mich bezahlet. Wol sagte Ventier / so muß ich dann einen guten Freund ansprechen / der mir einen Vorstand thut / etc. Hierůber weiset man Beliard zu Bette / und Ventier lässet seine Trugsleute / welche er zu vielen Partiten gebraucht noch in der Nacht zu sich fordern / und eröffnet ihnen / daß er ein Mittel erfunden sie alle zu bereichern: redet also die Sache mit ihnen ab / wie sie hernach werckstellig gemachet worden / als folgen sol.

5. Zu morgens sagte Ventier / er hette einen guten Freund gefunden / der ihm 500. Kronen leihen wolte /er solte sich nur biß nach Mittag gedulden. Inzwischen kame Peter Lardayret ein Königlicher Schrifftsteller / oder Notarius / und bittet Ventier er solte mit ihm kommen einen Tausch zu siegeln / welchen Peter Bremond und Johann Hodoul mit ihren Weinbergen getroffen / und wer ein Leykauff bedinget worden / für welchen sie ein Früstück bestellet. Ventier fragte /wer der andre Zeug seyn solte / und als er sagte / daß noch keiner angesprochen worden / baten sie beede Beliard / er solte mit kommen / welches auch geschehen / und hat sich der Kauffmann keiner Falschheit versehen. Als sie nun bey dem Früstück sitzen / und alle Diener weggeschaffet worden / giebt ihnen Ventier das Loß / und fangen darauf diese vier an zu sagen / daß Beliard wieder Gott und seine [357] Heiligen /unerhörte Lästerungen außgestossen / welche mit Bedacht hier nicht beygeschrieben worden. Weil man den Namen Gottes nicht soll vergeblich führen. Wann diesem also gewesen / hette Ventier nicht unrecht gethan / daß er es der Obrigkeit angemeldet / nach dem Gebot Mosis. 3. Mos. 5. v. 1. Wann eine Seele sündigen würde / daß er einen Fluch höret / und er deß Zeuge ist / oder gesehen / oder erfahren hat / und nicht ansaget (dem Richter 5. Mos. 17. 4.) der ist einer Missethat schuldig.

6. Beliard ruffet Ventier zum Zeugen an / Ventier aber sagt / daß er ihme keinen Beystand leikönnne /weil die Sache wieder die Ehre Gottes lauffe / und diese Sache nicht könne verschwiegē gehalten werden: bringen es auch dahin / daß dieser unschuldige Kauffmann in den den Kerker geworffen wird Die Zeugen werden wegē der Gottslästerung abgehört /die sagen einstimmig / daß es angegebener massen daher gegangen. Der Kauffmann laugnet / wird aber von den Verrähtern überzeugt / und kunte er sich auf niemand als auf sein gutes Gewissen beruffen. In was Nöhten der gute Mann gewesen / ist unschwer zu erachten: er hette die 500. Kronen gern zu rucke gelassen / wann er nur der ängstigen Verhafft entkommen mögen.

7. Die Parlaments Herren zu Aix / übereilten sich nicht in dieser schweren Sache / unn senden jemand aus ihren Mittlen nach Marsilien / aldar zu erkündigen / was der beklagt Beliard fůr ein Leben und Wandel von Jugend auf geführet / als nun jederman viel guts von ihm gesagt / und daß er ein ehrlicher und frommer Mann jederzeit gewesen von vielen beglaubet worden / werden die Zeugen nochmals verhört /unn er ihnen unter Augen gestellet / und die Anklage nochmals erwiesen / daß das Urtheil ergehet / Beliard sol von dem Henker durch die Statt geführet werden /mit dem Strang an dem Halse / mit einem Waxliecht in den Händen / und auf den Knien bey der Haubtkirchen Gott den König und die Gemeine üm Verzeihung bitten / alsdann sol ihme der Henker auf dem Richtplatz [358] die Zungen aus dem Rachen schneiden /und selbe samt ihm zu Aschen verbrennen / die Aschen auf den Weg streuen. Seine Güter sollen dem König heimgefallen seyn / von denselben für jeden Zeugen 500. Pfund dem Ventier aber / als Anklager und Eiferer üm die Ehre Gottes 2000. Pfund bezahlet werden. Mit was Ohren er dieses Urtheil anhören müssen / und in was Angsten er gewesen / ist nicht außzusagen. Doch verlässet Gott die Unschuldigen nicht / und macht sie ihren Lust sehen an ihren Feinden.

8. Die Freunde dieses Beliards haben sich seiner angenommen / und bey dem Parlament eine Bittschrifft eingebracht / und sich erbotten seine Unschuld außzuführen / dazu ihnen acht Tage Zeit verstattet worden. Hierauf lassen sie die Zeugen noch mals für Gericht erfordern / bittend sie über dieser Anklage ümständiger zu vernehmen. Sie erschienen ausser Jean Roland / welcher todt kranck lage / und Melue der aus Furcht eines bösen Ausgangs verraiset. Die andren Zeugen kundschafften wie zuvor / und Beliard beruffte sich allein auff Gott aller Hertzenkůndiger / welchen er brünstig anflehete seine Unschuld an Tag zubringen / ihn auch erhöret / und seiner Bitt /auf unerwarte weise gewäret.

9. Jean Roland / welcher wie gedacht / krank lage /wachte das Gewissen auf / daß er das gegebene falsche Zeugnis bereuend / beichtete / mit Bitt / der Beichtvater solte deß Beliards Unschuld / nach seinem Tod eröffnen. Der Beichtvater spricht ihm über einer so schweren und vorsetzlichen Sünde hart zu /sagend: daß wieder seine Pflichte / das Beichtgeheimnis zu offenbaren / und ihn solcher gestalt von seinen Sünden entbinden / wolle ihm aber rahten / er solle solches durch einen Königlichen Schrifftsteller zu Papier bringen lassen / und eigenhändig unterschreiben /welches er auch auff ernstliches zureden gethan / der Hoffnung / so viel seliger zu sterben.

10. Mit dieser Urkunde eilte der Mönich [359] auf Aix und kame eben zu der Zeit / als das erste Urtheil wieder Beliard bestettiget worden / welcher ihm gantz unbekant war. Als er solches verstanden / erfragt er deß Beklagten Sachwalter / und lesset noch zu rechter Zeit diese Urkund seiner Unschuld und der Anklägere falsches Zeugnis zu hintertreiben einbringen: darüber also bald die Zeugen in Verhafft genommen / und an die peinliche Frage geworffen worden Hodoul und Bremond erschrecket die Marter / daß sie die Missethat bekennen / und daß sie von Ventier solches außzusagen / angestellet worden weren / Beliard zu verderben / und sich zu bereichern. Hierauf schicket man nach dem Schreiber / der die Urkund außgefertiget /welcher den Verlauff der Sachen bekräfftiget.

11. Nach Erkundigung deß gantzen Handelsverfasste das Parlament vier Urtheil. 1. Wurde Beliard für unschuldig erkant / und auf freyen Fuß gestellt /ohne Entgeld. 2. Wurde Ventier (welcher dergleichen mehr gespielt) in die Straffe deß erledigten Beliards verdammet / und alle seine Güter dem König zugeurtheilt / ausser 10000. Pfunden / welche dem unschuldig beklagten darvon bezahlet werden solten: Sein Vermögen hat sich auf 5000. Kronen beloffen / und hat er alle seine Hilbertsgrifflein / bevor man ihm die Zungen heraus geschnitten und verbrennet worden frey bekennt / und erzehlt / wie er zu solchem Reichthum gekommen / etc. 3. Die zween falsche Zeugen sind lebendig gerädert worden. 4. Ist Melue Bildnis als ob er auf das Rad gelegt / aufgehangen worden /der älste Sohn / der erst die Zeugen geholt / ist deß Landes verwiesen / und der jüngste für unschuldig er kennet worden.

12. Also erfahren wir noch täglich / daß war ist was dorten Salomon sagt; in seinen Sprüchn am 6. und 12. Ein loser Mensch ist ein schädliche Mann /gehet mit verkehrtem Munde / darüm wird ihm plötzlich sein Unfall kommen / und er wird schnell zerbrochen werden / daß keine Hülffe da seyn [360] wird / etc. und am 25. cap. v. 6. Wer Schätze samlet mit Lügen / der wird fehlen und fallen und v. 27. Der lügenhaffte Zeug wird ümkommen.

Klingreimen.
Es ist zwar der bösen Zungen
eine Zeitlang wol gerungen /
biß Gott hat gesehen drein /
und den Trug / und Meuchel-Schein
an deß Tages Liecht gezwungen /
daß sie / was sie vor errungen /
mit verdienter Straf und Pein /
müssen hart beleget seyn.
Aus deß Satans Höllen Trieb
redet mancher Ehren Dieb
seinen Nechsten zu verderben:
Wann auch gleich sein frevel Mut /
dardurch schindet Gelt und Gut /
kommt es doch nicht auf die Erben.
104. Der bestraffte Rauber
(CIV.)
Der bestraffte Rauber.

Es vermahnet der König David die Reichen im 61. Ps. v. 11. Verlasset euch nicht auf Frevel: fället euch Reichthum zu / so hanget das Hertz nicht daran / als auf ein beständiges Gut / 1. Tim. 6. v. 17. Denn die da reich werden wollen / fallen in Versuchung und Stricke 1 Tim. 6. v. 9. Dieses wird artlich gebildet durch einen Geldkasten / in welchem das Hertz deß Menschen / mit güldenen Ketten angefesselt ist / und weiset auf solche Stricke / nicht nur der Sünden und deß Satans / sondern deß Henkers / nachgehende Geschichte.

2. Guillery ein Breton war von Jugend auf zu dem Studieren gehalten / in welchen er wegen seiner [361] natürlichen Fähigkeit / wol fortgekommen. Als er nun in seinen Jůnglingsjahren zu Renes sich aufgehalten /hat er sich von allen Studenten lieben und fürchten machen. Wann bey Nacht ein Unglück geschahe / war er der Stiffter oder Gesellschafter darbey / weil er aller üppigkeit mehr als dem studiren nachgesetzet. Sein Vater wurde berichtet / daß sein Sohn ein böses Leben führte / deßwegen er ihn dann ernstlich vermahnte: darauf er zur Antwort gabe: er were nunmehr der Ruten entwachsen / und wüsste wol was er thun oder lassen solte. Dieser Ungehorsam war die erste Staffel zum Galgen.

3. Nach dem ihm nun sein Vater kein Geld mehr senden wil / dieweil er nach Hause zu kommen verweigerte / und eben damals der Krieg in Frankreich sich wieder anfeurte / liesse sich dieser Guillery / für einen gemeinen Soldaten unterhalten / und erwiese seine Tapferkeit so glücklich / daß er zu einer Haubtmannsstelle gelanget / und viel böse Buben unter sich hatte. Sein Verstand war sehr gut / seine Zunge beredt / seine Hand kühn / und wusste sich von seinen Untergebenen ehren und fürchten / von seinen Obern aber lieben und loben zu machen / wie gesagt: massen diese beede Bande deß Gehorsams wol beysammen seyn können.

4. Nach dem der Krieg ein Loch gewonnen /spricht er etlichen von seinen Leuten zu / ob sie bey ihm halten wollen / als sie nun mit ja geantwortet /hat er ihnen versprochen / sie alle zu reichen Herren zu machen / sie solten ihme nur folgen und treue verbleiben. Darauf sagte er / daß mit der Kauff- und Fuhrleute Beutel ein neuer Krieg obhanden / welcher nicht so gefährlich / als wo man einen Feind in dem Feld für sich liegend habe. Also wurden aus diesen Soldaten Mörder und Strassenrauber / welche sich üm Xaintonge / Niort und Rochelle viel Jahre aufgehalten / weilen ihrer anfangs bey 40. und haben grossen Schaden gethan.

5. Einsten begegnet Guillery einem Bauren / den fragt er / wo er hinaus wolle? der Bauer sagt / [362] daß er einen Rechtshandel zu Rochelle / und daß er zu seinem Sachwalter gehen müsste. So hastu gewiß Geld bey dir / sagte der Rauber. Als nun der Bauer solches verneinte / sagt er: wol / so müssen wir beten / daß uns Gott was bescheret / wir wollen auf die Knie fallen / und ihn anruffen. Der Baur muß darzu verstehen / und als Guillery in seinen Hosen Sack gegriffen /ziehet er etliche Stieber heraus / und theilt sie mit dem Bauren: begehrend daß der Baur deßgleichen thun sol / weil er aber sagte / daß ihm Gott nichts bescheret /wolte der Rauber selbst suchen / und nahme ihme die helfft seines Geldes / und gienge darmit seinen Gesellen zu.

6. Auf eine Zeit begegnete er einem Botten / der brachte Briefe von Hn. Rocheboisseau / einem Edelmann / sechs Meile von Rochelle / an den Schergen Haubtmann daselbst / daß er kommen solte und Guillery in den Kösten Walt (chasteniere) fangen. Guillery nöhtiget den Botten / daß er den Inhalt seines Briefs bekennet / darauf er ihn lässt gefangen nehmen / und er bringt die Briefe selbst dem Schergenhaubtmann / beredet ihn auch / daß er ihm den Weg wol weisen wolle / wo sich die Räuber aufhielten. Der Schergenhaubtmann glaubt ihm / weil er ihn nicht kennte / und lässet sich von ihm anweisen und führen biß er mitten in den Walt kommet / da ihn und die Schergen seine Raub-Gesellen überfallen / an Bäume gebunden / ihre blaue Röcke außgezogen / ihre Pferde genommen / und also verkappt den ermelten Edelmann außgeplündert haben / welcher nicht anders vermeint / daß solches die Schergen selbst gethan. Nach dem er solchen Raub darvon gebracht / hat er den Schergen ihre Pferde wieder gegeben / wie auch ihre Röcke / und ihnen gesagt / sie sollen sich ein andermal besser fürsehen.

7. Von dar hat er sich mit seinen Leuten nach Niort erhoben / und sich als einen Einsidler verkappt / an der Strassen aufgehalten. Der Schergen Haubtmann deß Orts hette Befehl ihn zu Verhafft zu bringen / und als er ihm begegnet / bat ihn der [363] Einsiedel / er solte so wol thun / und Guillery gefangen nehmen / welcher zwo Meil darvon in einem Wirtshauß sasse / und ihme alle seine Heller genommen hette. Der Schergen Haubtmann erfreute sich über dieser Zeitung / und folgte dem Einsiedler / der ihn dann seinen Leuten in die Hände geführt / die ihn beraubt / und unbeschädiget wieder lauffen lassen. Dieser Rauber wolte nicht leiden / daß seine Gesellen einen todt schliegen / und straffte sie / wann er von einem einen Mord erfuhre. Vielen Armen gab er Geld / vielen nahm er ihre Parschafft halb / und erwiese sich in seinen stehlen als ein höflicher Dieb.

8. Das Glück wolte diesen Buben nicht allezeit anlachen / und begabe sich / daß sein Bruder mit etlichen seiner Gesellen gefangen wurde / als er sich mit den andern ritterlich durchgeschlagen. Nach dem er hörte / daß besagter sein Bruder lebendig gerädert worden zu Xainctonges / und daß etliche seiner Gesellen zu Rochelle dergleichen Straffe außstehen solten / wacht ihm das Gewissen auf / welches ihm sagte / daß der Reyen auch an ihn kommen würde. Hält deßwegen Raht mit seinen noch übrigen 14. Raub-Brüdern / und giebt ihnen zu erkennen daß das Meisterstück von ihrem Handwerck an den Galgen kommen / oder mit einem halben Karren (wie sie das Rad nennten) fahren würde / und daß er gesinnt sich an sichere Ort zu entfernen: theilet ihnen die Barschafft aus / und nimmet nur einen mit sich / welchen er für den Getreusten gehalten.

9. Nach dem sich nun diese Rauber dar und dorten verkrochen / hat sich Guillery / als ein Edelmann bekleidet / nach Bordeaur / und von dar nach S. Justin begeben / ein Ort das fast auf einer Einöden gelegen da er vermeint sicher zu seyn. Eine junge und reiche Wittib / verliebte sich in diesen Guillery / welcher seinen Adel hoch rühmte / und mit den andern Edelleuten der Orten gute Kundschafft hielte / daß sie ihm zu seiner Verheuratung behülfflich waren / und er nun vermeint / daß er den Straff-übel / welches er verdient / durch seine Fürsichtigkeit / entgangen. Er [364] wohnte auf seines Weibes Schloß / belustigte sich mit jagen und beitzen / guter Gesellschafft und aller zulässiger Kurtzweil.

10. Nach drey oder vier Jahren / als diesem Rauber seine böse Thaten unter den vergessenen Sachen fast entfallen / (wie wol ihn das böse Gewissen zu zeiten erinnerte) raiste ein Kauffmann von Bordeaur zu S. Justin durch / dem Guillery über 2000. Pfund vor Jahren genommen hatte / und erkannte ihn / fragte deßwegen nach / wer der Edelmann? wo er sich aufhielte / und erlangte allen Bericht von seinem Zustand. So bald er nach Bordeaur kommet / meldet er solches dem Schergen Haubtmann deß Orts an / und bittet ihn den Vogel handfest zu machen. Dieser erfreuet sich über der Zeitung / nimmt seine Leute zu sich / und rucket bey Nachts fůr das Schloß / auf welchem Guillery wohnte / lässet seine Reuter absteigen / und nechst dem Schloß hinter einem Gemäur in der Lausche liegen / er aber rucket an die Schlagbrucken /und begehrt mit dem Herren zu reden / ergreifft sein Pistol / und gehet also in den Schlaffhosen für das Schloß heraus. Der Schergen Haubtmann sagt / daß er mit ihm in Geheim zu reden / und wincket seinen Leuten daß sie ihn greiffen solten: Er aber vermerckt den Trug / schiesst das Schergen Haubtmanns Pferd für den Kopf / und giebt Fersen Geld auf den Wald zu / daß sie ihn auch damals nicht erwischet.

11. In was elendem Zustande er wieder gesetzet worden / ist unschwer zuermessen: er war ohne Geld /ohne Kleider / ohne Freunde / und ein jegliches rauschendes Blat erschrecket ihn. Ohne Menschen konte er nicht leben / kehrt deßwegen nach Bordeaur / setzet über das Wasser / und wird von einem Kauffmann /den er vor der Zeit beraubet / erkannt / welcher ihm stillschweigen begleitet / biß nach Royan / da er seine Einkehr in dem Spital nimmet. Der Kauffmann meldet es den Schergen an / die also bald nach dem Bettler in dem Spital fragen und ihn in das [365] Gefängnis führen /wie wol mit Furcht daß vielleicht der Kauffmann keinen Diebstall auf ihn möchte erweisen können. In dem sie nun mit ihm daher ziehen / kommet ein andrer und sagt / daß dieses Guillery / der ihm 100. Franken bey Rochelle genommen. Als er solches hörte / sagte er: Nun ist meine Stunde kommen / ich bin der berühmte Räuber / ich sehe nun wol daß mich GOtt /durch die Obrigkeit straffen wil. Wie er dann auch nach Rochelle geführet / und alldar lebendig getädert worden.


Die vermessen sich bemühen /
Gottes Straffen zu entfliehen /
werden endlich viel zu spat
sehen / daß sie sich betrogen.
Wer am Sünden Joch gezogen /
wird ob seiner Missethat /
wolverdiente Straffe leiden /
und sie schwerlich lang vermeiden.
105. Der erwürgte Kayser
(CV.)
Der erwůrgte Kayser.

Gleich wie derjenige so ein gutes Weitzenbrod isset /nicht fraget wann es gesäet / oder an welchen Tag es eingeerndt worden: Also lieget wenig daran zu welcher Zeit eine oder die andre unter hier gesamlete Geschichten sich zugetragen / und in was Ordnung sie gesetzet / wann solche nur unsrem Vorsatz gemeß erfunden werden. Ob wir nun wol gewillt gewesen grosser Herren Geschichte nicht zu berühren / finden wir doch etliche von so wenigen beschrieben / und in unsere Sprache überbracht / daß wir solche hier auf diesen traurigen Schauplatz zu führen / nicht umgehen können.

2. Die Haubtperson dieses Trauerspiels sol seyn Sultan Osman Türkischer Käyser / seines [366] Alters 18. oder 19. Jahre / als er ein Gerücht erschallen lassen /er wolle ein Raißfart oder Wanderschafft nach Mecha in Arabien / da der Lügen Prophet Mahomet begraben lieget / antretten: und zu solchem Ende samlete er grosse Schätze / lässet alles Silber / Gold / Edelgestein / und was er schatzbares hatte / in 40. Kästen zusammen packen / und darmit (welches fast unglaubig denē der Türken Reichthum unbewust ist) beladen viel Gallerē / benebenst sonst gewöhnlicher Nohtturfft an Lebensmitteln / Pulver und andrer Geretschafft. Daß er aber ein andres Vorhaben im Sinn / wähnten viel aus dem / daß er seines Vatern Sultan Achmets Grab beraubte / und alles was Gelds wehrt heraus nahme / solche wie er das Volk glauben machte / zu deß Mahomets Grab zu stifften.

3. Nach diesem macht er Anstellung / daß in seinem abwesen Constantinopel sicher seyn und verbleiben solte / sendet also 10. Galeren auf das schwartze Meer / den Einfall der Cosaken zu verhüten: wie auch 10. andre Galeren auf das Ertz- oder Mittelmeer / sein Gebiet vor den Christen zu schirmen. Die Raise aber verzögerte er von Monat zu Monat / von Wochen zu Wochen / von Tage zu Tage / daß der gemeine Pöbel darwieder zu murren anfienge / wol wissend / daß die Raise in anderthalb Jahren nicht konte verrichtet werden / und daß der Reichthum deß gantzen Landes /ohne grosse Nachtheil dahin nicht gebracht würde.

4. Weil aber Osman kurtze Zeit zuvor eine Feldschlacht wieder die Polen verlohren hatte / kamen viel auf die Gedanken / er wolte den Sitz deß Türckischen Reichs von Constantinopel hinweg / und in einem andern fernerem Lande versichern. Daß diesem also /wurde durch einen Brief / welchen er an den Bassa zu Cairo in Egypten geschrieben / beglaubt / deß Inhalts / er solte ihm mit den Egyptischen Soldaten zu Wasser und Land entgegen kommen / weil er gesinnet /sich mit seinem und seines Vaters Schatz / von [367] Constantinopel / wegen vieler Ursachen zu erheben / und zu Cairo nieder zu lassen.

5. Solches Vorhaben öffnet er auch seinen drey vertrautsten Dienern Quessiltar Sillictar und Capaga /welche ihme dieses mit guten Gründen wiederrieten /mochten aber seiner Meinung nicht ändern / und /weil sie sahen / daß er den endlichen Schluß gemacht / und sie darüber in Ungnade kommen möchten /haben sie darein gewilliget / und das Haubt / nach ihrem Gebrauch tief geneiget.

6 Sillictar-aga war nun in grossem Ansehen / und entdeckte Sultan Osmans Vorhaben den vornemsten Haubtleuten und Richtern / und welcher gestalt die Galeeren geladen / und folgenden Tages abstossen solten. Darüber ein grosses Geschrey in der Statt entstanden / daß der Kaiser sie verlassen / und ihren Feinden zu Raub machen wolte etc. In einer Stund waren 8000. Soldaten Janissaren und Spahi / das ist Fußknechte und Reuter versamlet / welche den Kaiserlichen Pallast zu eileten / sich Sultan Osmans Person zu versichern. Als er solches verstanden / und von langer Zeit her befürchtet / sendet er einen von seinen Herren hinaus / zu vernehmen / was dieser Aufstand bedeuten solte. Die erbitterten Soldaten zerhauten diesen abgeordneten zu kleinen Stücken / als er kaum 2. oder 3. Wort gesprochen / wie auch noch etliche andre / die zu ihnen reden / und sie zur Ruhe vermahnen wolten.

7. Hierauf kam Sultan Osman an ein vergittert Fenster / die Ursach solches Aufstandes zu erkůndigen. Einer von den Haubtleutē sagte / daß er der Käiser Ursach were / in dem er die Schätze / welche sie von ihren Feinden erworben entführen / und den Kaiserlichen Sitz von Constantinopel hinweg bringen wolte. Daß er wol möge verraisen / solte aber die Barschafft / von welcher sie bezahlet werden solten / zu rucke lassen / und sie wolten wol einen andern Kaiser wehlen etc. Der Kaiser antwortete darauf / daß er von ihnen übel bedient were / daß er sie vielmals untreu erfunden / und feldflüchtig sehen müssen / daß seine Propheten von [368] der Statt Constantinopel Untergang weissagten: weil er aber seye / daß sein Abraisen solche Unruhe verursachet / wolte er bey ihnen verbleiben / und wurffe solches sein Versprechen schrifftlich von sich.

8. Hierauf heischten diese Rotierer drey Haubter der vornemsten Herren / deß Koja / Groß Vizirs / deß Quesillars-ago / und deß Tassarda / oder Geheimschreibers / weil sie ihme diese Raise geraten / oder ja nicht wiederrahten / nach diesem wolten sie ihr Begehren ferners eröffnen. Sultan Osman sagte daß diese unschuldig / und nicht bey ihm in dem Palast / muste aber hören / daß sie solche inständig begehrten / und darzu 24. Stunden Zeit ansetzten / mit bedrauen den Palast / oder Serrail zu übersteigen. Hierauf gehen die Soldaten an ihren Ort / und in dem Sultan Osman sich berahtschlagt und entschliesst ihnen die begehrten Haubter nicht zu geben / vergehet die benannte Zeit /und sie kamen in grösserer Anzahl für den Pallast /übersteigen denselben / eröffnen die Pforten / und lauffen für die Zimmer deß Kaisers und heischen nochmals vorgenannter Herren Haubter.

9. Der Türkische Kaiser sahe daß er sein Leben nicht versichern möchte / als mit dem Tod seiner liebsten Herren / giebt sie deßwegen hinaus / welche alsobald tyrannisch niedergehauet worden. Deß Sultans aber wurde der Zeit verschonet / doch hatten sie beschlossen einen andern zu wehlen / und zwar Sultan Mustapha / deß Osmans Vettern / welcher als ein Mönch in einer Cellen deß Pallasts verschlossen gehalten wurde.

10. Als sie nun diesen hervorbrachten und ihn sehr verzagt und in dem Angesicht entferbt sahen / brachten sie ihn Cherbet (das ist gesottnes Wasser mit Honig und Zucker) er aber vermeinte / man wolte ihm mit Gifft vergeben / und deßwegen nicht trincken /sondern bate man solte ihm das Leben fristen / er wolte sich gerne allen Zuspruchs zu der Kron / begeben: massen ein jeder lieber elend leben / »als in hohen Ehren bald sterben wil«. Nach dem nun dieser Mustapha klares Wasser getruncken / ist er wieder erquicket / [369] und von Janitssaren auf den Achseln getragen worden / mit dem gewöhnlichen Festgeschrey: Glük zu dem Könige Sultan Mustapha / etc. Dieses hörte Osman / und were von Zorn und Furcht / fast von Sinnen kommen.

11. Der neuerwehlte Kaiser lässet alle Gefangene loß / sich dadurch beliebet zu machen / und erwiese sich in diesem neuen Ehrenstand so großmütig / als klein er zuvor gewesen. Die Soldaten sagten / daß Sultan Osman were ein Zaou / das ist ein Verrähter oder Bundbrüchiger / ungetreuer Herr / der das Reich bestehlen / und den Feinden zueignen wollen: deßwegen sie ursach genommen diesen ab- und einen andern Kaiser einzusetzen. Das gemeine Volk glaubte diesen Worten / und liessen ihnen die neue Wahl gefallen /gestalt der gemeine Mann / jederzeit der Neurung begierig ist.

12. Inzwischen war Sultan Osman von allen seinen Rähten und Dienern verlassen / und weil er leichtlich erachten konte / wie es ferner möchte hergehen / verstellet er sich und ziehet einen weissen Küraß an /kommt damit in seines vertrauten Freundes der Janissaren Aga Haus / und beschicket den Ussin-Bassa /welchen er als einen beständigen Diener zum grossen Vezier machet / ob er wol nicht mächtig / ihn in solcher Würde zu handhaben. Diese drey berathschlagen / wie diese Sache ferners anzugehen / und beschliessen / daß diese beede den rottirten Janissaren Geld anbieten solten / nemlich jeden 60. Zekin oder Ducaten / und ihnen ihren Sold zu erhöhen. Es hatten aber diese beede ihren Vertrag kaum gethan / und ihres Kaisers gnädigen Willen eröffnet / als sie der Janissaren Ungnad im Werk erfahren / und von ihnen niedergesaibelt worden.

13. Nach diesem lauffen sie den abgesetzten Türkischen Kaiser zu suchen / nehmen ihn auch ohne ferners befragen gefangen / und bringen ihn für seinen Vettern Mustapha / der ihn nicht ansehen / noch anhören wil / sondern befihlt / man solte ihn hinweg führen / und mit ihm machen / was den Janissaren [370] belieben würde. Auf solchen Verlaub setzen sie ihn auf ein schlechtes Pferd / und bringen ihn mit grosser Beschimpfung / und Beschuldigung / daß er sie bestehlen wollen / in das Gefängnis. Unterwegs musste er sehen das Haubt seines besten Freundes Usan-Bassa auf einer Lantzen ihm vorführen / und achte dieser Herr / welchen zuvor alle mächtige dieser Welt fast gefürchtet / sich viel unglückseliger / als den geringsten Ruderknecht: Er ruffte den Soldaten / welche ihn bekleideten vielmals zu / sie solten ihn erwürgen /und mit dem Fatzolet / welches er selbst üm den Hals gebunden erdrosseln. Es wolte aber keiner / ohne Befehl / Hand anlegen.

14. Bald hernach kame der neue Vezier / welchen Mustapha erwehlet / und zeigte ihm an / daß er alsobald sterben müsse / und ob er zwar das Vorhaben seiner Raise / auf die bereit hingerichte Rähte schieben wolte / hat doch keine Entschuldigung geholffen. Er begehrte ein Gewehr / damit er nicht ungerochen sterben möchte / es wurden aber sechs darzu bestellte Gesellen eingelassen / wieder welche er sich mit Fäusten wehrte / biß er endlich übermannet / von einem seidnen Strang erwürget wurde. So bald solches geschehen / hat ihm der grosse Vezier ein Ohr abgeschnitten / und es in einem Fatzolet für Mustapha gebracht / ihn zu versichern / daß er nuhnmer Tod und sein Reich dardurch bestättiget worden.

15. Drey Wochen vor seinem Tod sahe Sultan Osman in einem Traum / wie er auf seiner Raise nach Mecha auf einem grossen Kameel sitzend / in den Lüfften geschwebet / weil sich das Kameel unter ihme entzogen / und die Zügel allein in der Hand gelassen /etc. Dieses wolte ihm niemand außlegen / als sein Vetter Mustapha / der als ein Drevis oder Türckischer Mönch ihm sagte daß das Kameel sein Reich bedeutete / welches ihm untergeben / und bald aus seinen Händen verlohren gehen würde / und ihm nur der Zaum darvon in Händen verbleiben / in deme bey seinen Lebenszeiten ein andrer zu dem Kaiserthum würde erhoben werden / etc.

[371] 16. Die Lehre dieser Geschichte hat zu verstehen geben der weise König Alphonsus / wann er gesagt /daß die Zepter und Kron so schwer / daß wer sie samt der Gefahr und Sorgen Last recht erkenne / sie nicht solte in dem Wege aufheben / und viel lieber wehlen einen geringen / sichern und unbekanten / als einen hohen und beschwerlichen Stand / wie Seneca sagt:


Mich sättigt meine Ruh' / ich bin fast unbekänt
und lasse / wem beliebt / den Burgermeister Stand /
kommt nun der blasse Tod / und muß es seyn geschieden
so fahr' ich still dahin / und bin in mir zu frieden /
Weh dem der jederman bekannt mit Lobgerücht /
und doch in seinem Hertz sich selbsten kennet nicht.
Wol dem / den niemand nicht in seinem Lande kennet /
und der den Tugendruhm sein eigen Erbe nennet
106. Der Glüks Fall
(XCVI.)
Der Glüks Fall.
Der Italianische Poet sagt:

à caderva chi troppo in alto sale.


Es eilt zu seinem Fall der steiget gar zu hoch und hat alles geschwindes auffnehmen / noch viel geschwinderes abnehmen: daher Guevarra weißlich vermahnet / man sol sich des Glücks / und grosser Herren Gnade gebrauchen / wie deß Feuers: nicht zu ferne stehen /daß man nicht erfriere / nicht zu nahe kommen / daß man nicht verbrenne.

2. Dieses hat mit vielen erfahren Bassa Nassuff eines Griechischen Priesters Sohn / bürdig von einem kleinen Dorff / nechst Salonica / der als ein Tribut Kind (welche die Tůrken allezeit von dem dritten Theil der Christen Kinder zu nehmen pflegen /) nach Constantinopel kommen / da er für 3. Zeckin einem verschnittnē deß Sultans verkaufft / nochmals [372] in seinem 20sten Jahr einem Hofmeister der Sultanin einer überlassen worden.

3. Als nun dieser Nassuf viel Proben seines guten Verstands fehen lassen / ist er zu Aufführung einer Mosquee / oder Türkischen Kirchen / welche die Sultanin bauen lassen / gebrauchet worden: bey welchem Gebäu er so grossen Fleiß erwiesen / daß ihn die Sultanin zu ihrem Hofmeister gemachet / und ihre gantze Hofstatt anvertrauet. Der Sultan hörte diesen Nassuf loben / und setzte ihn zu einem Capigi Bassa / oder Haubtmann seiner Thürhüter oder Trabanten /

4. In diesem Ambt hat er sich auch verständig und sehr tapfer verhalten / daß er Bassa von Alop / und hernach ůber gantz Mesopotanien gesetzet worden. Hier hat er aber sein Glück nicht erkennt / und ob er zwar von der niedrigsten Stuffen auf die höchste gestiegen / hat er noch ferner aufklimmen / und ihm sein anvertrautes Land eigenthümlich unterwerffen wollen: Zu welchem Ende er mit dem König in Persien / der Türken abgesagten Feinde sich in Handlung eingelassen.

5. Solche Untreu komt für den Groß Türken / dem dieses Bassa Ehrgeitz bewust / und seine Person /wegen der Gunst / so er bey seinen Soldaten hatte /war ihm verhasst und doch nothwendige Rache an ihm zu üben / ertheilt er ihm die höchste Würde seines Reichs / und macht ihn nach absterben Sardac Bassa zum grossen Vezier / bringt ihn also wieder zu rucke an die Pforten / und verspricht ihm seine Tochter trauen zulassen / nach dem er den Perser König Cha-Abas gezwungen / Friede zu begehren / deßwegen er den Persischen Gesanden mit sich geführet.

6. Der Soltan empfäht ihn mit allen Freuden / weil er ihme ein Million Goldes zur Beute mit gebracht /vermählt ihm auch / gethanen Versprechen zu folge /seine Tochter. Als er nun von einem leibeignen Knechte zu dem grössten Herren in dem Türkischen Reiche worden / und vermeint daß das Glůck selsten ihm flichtig und zu leben gehe / beschleusst der Groß-Türk dieses sein Geschöpf wieder zu vernichten / weil [373] nemlich sein Ehrgeitz so groß / und anfinge wo er solte aufhören.

7. Zu Ende deß 1614. Jahrs entschleusst der Türkische Kaiser Sultan Achmet / ihn aus dem wege zu raumen / befihlt deßwegen Bostangi Bassa / oder seinem Obergärtner war ihm sein Haubt zubringen. Dieser abgeordnete besuchte ihn erstlich wegen seines Hern auf das freundlichste / und weiset ihm einen schriftlichen Befehl / daß er von ihm solle abfordern das Insiegel deß Türckischen Kaisers. Nach dem er nun solches / nicht ohn Beysorge grosser Ungnade von sich gegeben / weiset Bostangi noch einen andern Befehl / er solte Nassufs Haubt dem Sultan bringen.

8. Nassuf begehrte sein Haubt selbsten dahin zu bringen / und heischet mit dem Sultan zu reden / muß aber hören / daß er solches nicht befehlt / sondern ihm das Leben alsobald zu nehmen. Hierauf begehrt er in die Kammer zu gehen / und sich zuvor waschen /damit seine Seele gesäubert in deß Mahomets Paradiß kommen möchte / wie dann solcher Gebrauch in ihrem Alcoran von den Juden hergenommen scheinet. Der Gesante aber wil auch dieses nicht zulassen / sondern lässet seine Henkersknechte hinein / welche ihn also bald mit einem Strang erwürgen wollen / weil sie aber sehen / daß er sehr leibig und fett / deßwegen lang leiden musste / haben sie ihm die Gurgel mit einem langen Messer abgeschnitten.

9. Sein tod war den Christen sehr erfreulich / weil er seinem Herrn täglich in den Ohren lage / er solte ihm ein Heer wieder die Christen untergeben / er wolte ihn zu einem Herren der gantzen Welt machen. Der Türkische Kaiser aber hatte wichtige Bedencken ihme solches abzuschlagen. Man hat bey diesem Bassa Nassuf gefunden zwo Kisten mit Perlen und Diamanten acht Million Golds und hat der Sultan solches alles zu seinem Chasua oder Schatz gebracht.


10. Das gross' und kleine Glück
weist manche Meuchel Tück?
dem Bilderhauer gleich:
[374]
Der Jung das kleine Glück
behaut die kleinen Stück.
Ist einer groß und reich /
so schont der Maister nicht /
ders machet und zerbricht.
107. Die zweifelhaffte Unschuld
(CVII.)
Die zweifelhaffte Unschuld.

Der kluge Frantzos Siloh sagt / daß der Fürsten und Herren Rahtschläge gleich weren den Flüssen / deren schlanken Lauf wir wol sehen / wissen aber nicht aus welcher verborgnen Quelle sie herwallen / und ist also eine grosse Vermessenheit von so unbekanten Fügnissen / deren Ursachen uns gantz verborgen / aus Unbedacht zu urtheilen. Daher Salomon sagt in seinen Sprüchen am 25. 3. Der Himmel ist hoch und die Erde tieff / aber der Könige Hertz ist unerforschlich. Warum wir dieses folgender Erzehlung vorsetzen /wird zu Ende derselben erhellen.

2. Im Jahr 1617. haben etliche Stätte in Niederland / welche von Arminianern bewohnt / Soldaten geworben / vorhabens wieder die Gomaristen und Calvinisten einen Krieg anzufangen / daher die Herren Stände bewogen worden / durch Printz Mauritzen Christlöblichen Angedenkens / und etlichen aus ihren Mitteln / die Obrigkeit und Kirchendiener zu Zütphen /Utrecht / Oberissel und andern Orten ab- und andre ihrer Religion einzusetzen.

3. Unter allen hat sich allein zu Wehr stellen wollen Arnheim / ist aber von Graf Ernst von Nassau überrascht / und zu niederlegung der Waffen und Abdanckung der Soldaten gezwungen worden. Diese innerliche Unruhe ist dem Barnafeld beygemessen worden / daß er nemlich an N. Landenberg nach Utrecht geschrieben / und die Arminianer gewarnet / sie solten sich vorsehen / denn man ihr Gewissen [375] zwingen wolte etc. Es hatte aber dieser Johann Barnafeld den Titel eines Obersachwalters (Procureur General) welches der höchsten Ambter eines ist in gantz Niederland /bestehend in Handhabung der Landsfreyheiten / in den Versamlungen den Vertrag zu Vertrag zu thun /Rahtschläge zu stellen / und den gemachten Schluß bey den Landtägen zu verabfassen etc.

4. Dieser Barnafeld ist in Engelland als ein Gesandter der Vereinigten Niederland geschicket worden / da er gute Dienste geleistet. Nach seiner Wiederkunfft hat er zu Roterdam seine Rahtstelle aufgegeben / und den Titel deß Obersachwalters der vereinten Niederland fast wieder seinen Willen angenommen /mit dieser Bescheidenheit / daß er erstlich seiner Pflichte wolte erlassen seyn / wann man von Frieden mit dem König in Hispanien reden würde / und dann bedingte er / daß er sich ausser Land nicht wolte verschicken lassen.

5. Graff Mauritz und Graff Wilhelm von Nassau vermochten nichts / ohne seine Verordnung / und hinderte Barnafeld / daß erstgedachter Printz seine Raise in Engelland mit dem Grafen von Leycestre nicht dorffte fortstellen: deßwegen man ihm auch bedraute /und er alle anscheinende Gefahr großmütig ůberwunden. In seinem Vaterland / zu Gertrautenberg / Medemblick und Heusden hat er unterschiedlichmalen die Aufruhren gestillet / die Rottirer besänftiget / die Läger mit aller Notturfft versorget / und an allen Siegen der Niederländischen Heerzügen nicht geringen Antheil gehabt.

6. Nach dem er nun etliche Jahre seinem hohen und mühsamen Ambt mit allen treuen vorgestanden / hat er begehrt man solte ihn seiner Dienste erlassen / weil aber die Sachen noch sehr verwirret waren / ist er von allen Ständen bittlich gezwungen worden / sich dieser Ambtsbürde ferner zu unterziehen. Nach solchem ist er mehrmals in das Läger verschicket worden / wegen der Herren Stände eines und das andre zuberichten. In wärenden Kriegen sind über die Einkunfften deß Landes aufgewendet worden 26. [376] Millionen Gulden oder Floren / welche die Geldmittler für einen verzweiffelten Schuldenlast / und deßwegen die Fortsetzung deß Krieges für unerschwenglich gehalten.

7. Als man nun / wider verhoffen verglichen / das Niederland für frey / und dem König in Hispania keines wegs unterwürffig / erkennet werden solte / wurde Barnefeld zu den HHn. Gesandten aus Frankreich /Engeland / Dennemarck / Pfaltz / Brandenburg / etc. abgeschickt / der Spanischen Herren Gesandten Vortrag mit anzuhören. Weil ihme aber diese Handlung verdächtig / und er sich vieles Unheils besorgte / begehrte er nochmals die Erlassung seiner Dienste / und wolte sich nicht mehr bey den Versamlungen einfinden. Es wurde ihm aber von den HH. Ständen auferlegt / der Handlung ferners beyzuwohnen / wie er auch gethan / und solchen Schluß benebens andern Gesandten unterschreiben müssen.

8. Bey so lang wolgelaisten Diensten wurde er beschuldiget / daß er der Arminianer Sache wider den Printzen schützte / und ob er zwar gewarnet wurde /daß er darüber in Gefahr kommen möchte / hat er geantwortet / er wolle sein Thun auch bey seinen Feinden rechtfertigen / hette ein gutes Gewissen und fürchte sich nicht etc. Als er einsten im Hag / zu der Herren Stände Versamlung fahren wollen / wird er von etlichen Soldaten / aus Befehl besagter Herren Stände gefangen genommen / und zugleich auch selben Tag Romulus Hoderbert / und Hugo Grotius angehalten.

9. Als er nun in Verhafft / hat man die Arminianer aller Orten verfolgt / und vertrieben / und auch alle seine Befreunde von ihren Ambtern hin und wieder verstossen. Es werden aus allen Provintzien oder Landschafften 26. Richter erwehlet / welche über Barnefelds Verbrechen urtheilen / und ihm recht sprechen solten: massen er auch heimlicher Verrähterey beschuldiget werden wolte. Der König in Frankreich befahle seinem Gesandten / er solte in seinem Namen für Barnefeld bitten / im fall er in Lebens Gefahr[377] kommen möchte / welches er auch schrifftlich und mit beweglichen Ursachen gethan hat.

10. Im Jahr 1619. den 13. May wurde Barnefeld fůr Gericht gestellet / seine Anklage unn Verantwortung angehöret / berahtschlaget / und er endlich zum Tode verurtheilt. Die Binne war aufgerichtet / daß er aus dem Saal durch ein Fenster darauf gehen musste /und zwar ungebunden / mit dem Bannrichter seinem Diener / und dem Scharffrichter. Er hatte einen Nachtrock an von Damast / eine Schlaffhauben auf dem Haubt / und ein schwartz Wammes von Atlaß angezogen. Der Hof war mit Soldaten und viel Volcks angefüllet / diesem Trauerspiel zu zuschauen. Als er nun den Tod für Augen gesehen / hat er seine Augen aufgehoben / und gesagt: Ach Gott! wie kan es einem Menschen so übel ergehen? Er fuhle auf seine Knie /betete fast eine Viertelstunde zu GOtt / stunde darnach wieder auf / und sagte dem Volk: Ihr lieben Büger / ich bin Euch und meinem Vaterland / die Zeit meines Lebens / getreu gewesen: Ich sterbe nicht als ein Verräther / sondern deßwegen / weil ich eure Freyheit / besten Vermögens / geschützet habe. Nach solchen Worten hat er seinen Rock selbsten außgezogen / seinem Diener denselben / samt einem Ring / den er von seinem Finger gezogen / geschenket / ein Häublein von Sammet für die Augen gezogen / und nieder gekniet / mit erhabnen Händen sagend: Mein Gott /erbarme dich meiner! Der Henker hat hernach seinen Streich vollendet / und ihm etliche Stücke von den Fingern / mit dem Haubt abgehaut. Viel haben von den blutgefärbten Sand auf welchem er gerichtet worden / mit sich nach Hauß getragen.

11. Etliche haben gesagt / daß Printz Mauritz sich mit Barnefeld entzweyt / weil er ihm in das Angesicht gesagt / er were der Stände Knecht / darüber ihm der Printz einen Backenstreich versetzet / und er sich [378] verthaidiget. Ob dem also / ist unwissend / gestalt wir /wie Eingans ermeldet worden / den Verlauf dieser Geschichte zu sehen / die Ursachen und Quellen derselben nicht ergründen können.


12. Wer durch wolgelaiste Dienst' in und ausser Vaterland /
mit den schweren Sorgen Last sich gesetzt in Ehrenstand /
macht / durch eine böse That / die ihm leicht wird beygemessen /
alle Wolthat und Verdienst in windschnellem Nu vergessen.
108. Die bestraffte Verrähterey
(CVIII.)
Die bestraffte Verrähterey.

Wie die Treue bey Gott und Menschen beliebt ist: also ist hingegen die Untreue ein Greuel der gewißlich dort ewig von Gott / hier zeitlich aber / von deroselben Statthalter / der Obrigkeit bestraffet wird / und zwar nicht mit gemeinen Straffen / sondern solchen /welche andern einen Abscheu machen. »Unter allen Geschichten findet man niemals / daß ein Verrähter ein gutes Ende genommen / und ob es ihm gleich kurtze Zeit wol ergangen / ist doch die Straffe nicht ausgeblieben / und hat sich mehrmals auf die Nachkommen und den todten Leichnam erstrecket.«

2. Dessen ist ein sonderliches Exempel gewesen Abraham Roux zu Gouvernon / mit Jean Gerart genannt Grangeres und andern ihren Gesellen: Diesen war anvertraut Guy / ein Stättlein und ein Schloß unferne von Genua / welches der Constabel von Frankreich 1625. im August monat eingenommen / und sich mit seinem Heer / gegen annahenden Herbst / wieder nach Frankreich gewendet / weil die Lebens Mittel ermangelt / und die Krankheiten in dem Jäger sehr eingerissen.

[379] 3. Als nun die Genueser wieder Lufft bekommen /haben sie die geringen Plätze theils leichtlich eingenommen / theils verlassen gefunden. Guy war allein noch überig / welches mit allem wol versehen / und wegen deß Schlosses / sonder Gewalt nicht zu erobern / und hetten die Stücke auf nechst beyliegende Berge mit grosser Mühe gebracht werden müssen. Die Genueser aber / wolten erstlich mit silbernen Kugeln schiessen / und schrieben an den Gebietiger deß Orts /wie sie keinen Entsatz zu hoffen / ihrer Macht nicht wiederstehen könten / und im fall sie den Ort zu behaubten sich erkühnen solten / sich vorsetzlich in Verderben stürtzen würden: wolten sie aber den Ort abtretten / solte es an einer guten Ritterzehrung nicht ermangeln.

4. Gouvernon und Grangeres liessen sich beschwätzen und erhandeln / ziehen auch nach dem sie zum Schein belägert worden / aus / und übergeben den Ort gegen einem guten Stück Gelds / die Genueser freueten sich über diesen ohne Schwertstreich erhaltenen Sieg. Gouvernon kommt nach Tolon / erkrankt und stirbt / wird auch in die Kirchen aldar begraben. Grangere hält sich zu Marsilien auf. Dem Connestable konte solche Sache nicht verborgen seyn / und hatte Ursach dieses Verbrechen nicht ungestrafft hingehen zulassen / weil sein erlangter Sieg / der viel ehrliche Soldaten und grosses Geld gekostet / durch diese eidbrüchigen Geitzhälse / verrähterischer weise wieder verlohren war.

5. Das Parlament zu Aix empfinge deßwegen Befehl / den Verstorbnen nachzufragen / den lebendigen Verrähter aber mit allen Unterbefehlhabern / so viel derselben zubetretten / in Verhafft zubringen: welches alles unverzögert geschehen. Nach Anhörung der Klage und der Beklagten Verhör / ist das Urtheil ergangen / daß Abraham Roux / Herr zu Gouvernon verstorben / als eine Person die Königliche Majestät beleidiget / in dem er das Schloß und die Statt Guy dem Feind verkaufft: deßwegen seines Namens Gedächtnis verdammt / sein Leichnam [380] durch den Henker wieder außgegraben / auf dem offentlichen Platz zu Tolon verbrennet / und der Aschen in die Lufft verstreuet werden solte.

6. Johan Grangres solte / wegen besagten Verbrechens / dem Henker übergeben / durch die vornemsten Gassen der Statt geführet werden / mit einem Strang an den Halß / einem Waxliechte in der Hand / für der Haubt Kirche nieder knien / Gott und den König üm Verzeihung bitten / auf dem Jacobiner Plag ihme Armen / Beine und Nieren zerbrochen werden / und also lebendig auf ein Rad gelegt / sein Leben also zu enden / mit Verbott / bey Lebenstraff ihme keinen Beistand zu laisten.

7. Peter Roux / deß vorbesagten Vetter solte mit einem Strang vom Leben zum tod gerichtet / beede aber bevor peinlich verhöret werden / den Verlauff der Sachen völlig zu erkündigen. Uber dieses alles sind dieser Verrähter Kinder für unedel und unwürdig aller Ambter und Ehren erkläret worden / ihre Güter eingezogen / deß Abraham Roux Hauß zu Chabueil niedergerissen / sein Wappen zerbrochen / durch den Henker verbrennt / und auf dem Platz wo das Haubt gestanden / eine Tafel an einem Pfeiler aufgerichtet /auf welcher dieses wie besagt alles / gemahlt / und geschrieben werden solte / mit Verbot / solche bey Lebens Straffe nicht weg zu nehmen / oder abzuthun. Welches alles nach Inhalt deß Urtheils vollzogen worden.

8. Diese merkwürdige scharffe Bestraffung der Untreu lehret seinem Herrn getreu dienen / und hat der berühmte Geschichtschreiber Johann Guicciardin verständig gesagt / »die Frantzosen weren glükselig in Eroberung fremder Plätze«; unverständig aber in derselben Erhaltung und Handhabung: massen zu diesem Klugheit zu jenem nur Glück vonnöhten / welches mehrmals aus Fahrlässigkeit deß Feindes entstehen kan.


Die Untreu bleibt nicht ungestrafft
bringt mit sich ein versehrt Gewissen /
[381]
und wenn der Tod ihn hingerafft
muß Kindes Kind die Schande büssen.
Darumb sey treu ohn Sold und Lohn
Die Ehr' ist gar gnug darvon.
109. Der eifrende Vater
(CIX.)
Der eifrende Vater.

So bald ein Alter wil an der Jungen Reyen dantzen /so wird er verlacht: oder wie das Sprichwort sagt: »Wann Gott einen Narren haben wil / giebt er ihm ein junges Weib«. Dieses ist auch noch vielmehr abzumercken bey denen bejahrten Greisen / die ausser dem Ehestand sich mit Schleppen behelffen / und ihre Tage durch Unzucht verkürtzen: massen die Artzney verständige einstimmig bejahen / daß die ehliche Beywohnung alte Leute zum Grab befördere / wegen Schwächung der natürlichen Hitze / und Zerrittung der krafftlosen Lebens Geisterlein.

2. Dieses hat nicht betrachtet ein Meiländischer Edelmann / welcher in dem sechtzigsten Jahr / sich in eine Bauren Tochter seine Unterthanin verliebt / und in seinem Wittibstand für eine Beyschläfferin / mit Bewilligung ihres Vaters / angenommen: wie dann die Unzucht in gantz Italien nicht allein ungestrafft / sondern auch offentlich / grössers übel zuvermeiden / zugelassen verstattet wird.

3. Dieser Edelmann hat zween Söhne / deren der ältste bereit das zwantzigste Jahr erreicht / und ob seines Vatern ärgerlichen Leben grosses Mißfallen hatte / weil ihm solches nicht unbekant seyn konte / und diese Dirne täglich für seinen Augen / auf dem Schloß Monze sehen / ja fast fürchten und ehren müsste. Seinen Vater abzumahnen wolte ihme / als einen Sohn /nicht gebühren / und besorgte / daß er nicht allein wenig außrichten / sondern auch deßwegen mit Schlägen belohnet werden möchte.

4. Die Dirne ware ihres alten Jaghunds [382] fast müd /und wündschte einen jungen Stauber / der stärcker lauffen könte: wurff also ihre Augen auf den ältsten Sohn einen schönen und starcken Jüngling / der deß Vaters Stelle vermöglicher betretten solte. Dieses ihr unziemlichen Absehen gabe sie ihm mit den Augen /nachmals mit Worten und auf gegebene Gelegenheit mit Wercken sattsam zu verstehen: wurde aber von ihme bedraulich abgewiesen. Weil sie nun ihn endlich zu überwinden vermeinte / stellte sie ihre Magd an /diesen Jüngling in ihr Bette zu bringen / welche gleichfals bey ihm nichts außgerichtet.

5. Als einsten der Vater nach Meiland / wegen seiner Geschäfte verraist / fande sich diese Wölfin in deß Jünglings Kammer / und vermeinte sich mit Menschenfleisch zu ersättigen. Der schamhaffte Jüngling aber entfliehet ihr / wie dorten Joseph deß Potiphars Weib / und verursacht dardurch / daß sie ihre Liebe in Haß verwandelt / aus Furcht er möchte solches Beginnen seinem Vater ansagen / und sie darob verstossen werden: Er sinnet deßwegen gleiche List / als vorbesagter Josephs Schandbalg / und klaget dem Alten /so bald er nach Hause gelanget / sein ältster Sohn hette sie / in seinem Abwesen noth gezwungen / und were von ihrer Magd in dem Werck ergriffen worden etc.

6. Diesen beeden falschen Zeugen glaubte der eifrende Vater / und überlauft seinen unschuldigen Sohn mit entblösten Gewehr auf dem Gang / daß er zu rucke weichend / ruckwerts die Stiegen hinunter stürtzt / die Hirnschaln einschlägt: und alsobalden seinen Geist aufgabe.

7. Es folgte dieser Unthat die hertzliche Reue / in dem er betrachtete / daß er seinem Anhang zu gefallen / sich seines eigenen Sohns beraubt / und von der Obrigkeit nicht würde unbestraffet bleiben. Wie nun in dergleichen Fällen der bose Feind ein gewonnenes Spiel hat / und diesem Kindermörder die Hand geführet / daß er verzweifflend / sich so balden auch selbsten erstochen.

[383] 8. Nachgehends ist auch die Ursacherin durch eben diesen Lügen- und Mordgeist verleitet worden / daß sie aus Furcht deß Scharffrichters / sich in den nechsten tieffen Brunnen gestürtzet / und also ihre Seele dem übergeben / welchem sie selbe durch ihr böses Leben gelobt hatte.

9. Nach deme nun der Bannrichter zu Meiland /wegen dieses Verlauffs / gründlichen Bericht eingezogen / und die Magd / als Unterhändlerin dieses Unheils / in Verhafft gebracht / und an die peinliche Frage geworffen / ist sie zum Strang verurtheilet / die beeden Leichnam auch der Selb Mörder unter den Galgen geworffen / der keusche Jüngling aber ehrlich begraben worden. Hierüber hat ein Poet folgenden Inhalt in Italiänischen Versen verabfasst.

10. Der Eifer und die Lieb / das Laster und die Tugend
hat dieses Opferlamm unschuldig abgekeelt:
Sein Vater tödtet ihn in seiner zarten Jugend /
in dem er voller Grimm / deß Sohnes hat verfehlt.
Die Rache fehlte nicht / und hat auch den getroffen
der sich mit Fleisches Sünd und Unrecht hat befleckt.
Die Ursach ihres Tods ist bald darauf ersoffen /
und hat die Kuppel Dirn die böse That entdeckt.
Ach Gott / ach treuer Gott / wie können dir gefallen
die Bäume / welcher Stamm so böse Früchte trägt?
Ich fürchte daß sie all' hin zu der Hölle wallen.
Wol / wol dem / dessen Hertz noch Lust noch List bewegt.
110. Die bestraffte Unzucht
(CX.)
Die bestraffte Unzucht.

Das Teutsche Wort Gottloß hat einen Verstand / welchen wenig betrachten: »nemlich daß ein Mensch sich von Gottes Geboten loß und frey gemacht / selbe aus den Augen setzet / und sich nicht [384] von dem guten sondern bösen Geist führen und verführen lässet. Gottsfürchtig aber werden die jenigen genennet / welche sich für göttlichen Straffen scheuen / die Sünden meiden und gutes thun. Zu jenen leitet und verleitet die Unkeuschheit und Unreinligkeit: Zu dieser / der Gottesfurcht / und die Keuschheit: daher jener recht gesagt / daß ein keusches Hertz mit vielen ander Tugenden / als der Nüchternkeit / Demut / Bescheidenheit /etc. gezieret sey / und daß diese Königin der Tugenden nohtwendig viel schöne Dienerin haben müsse«. Daß nun im Gegensatz die Unkeuschheit mit vielen Lastern und mehrmals auch ewigen Unheil verbunden sey / wird aus nachgesetzter Erzehlung zu vernehmen seyn.

2. Zu Nůrnberg auf dem Churfürsten Tage 1641. hat sich bey der Herrn Churfürstlichen Gesandschaft einer / ein Schreiberey Verwandter aufgehalten / namens Huldrich / ein frommer und fast einfältiger Gesell / der still und fleissig / doch unter den Wölffen mit heulen musste. Dieser liesse sich auf eine Zeit bereden / daß er nach eingenommenen starken Trunk /mit andrer Hofbursche zu einer leichtfertigen gemeinen sonder zweiffel Wäscherin eingehet / und benebens andern sich mit ihr sündlich vermischet /.

3. Nach deme nun dieses bezechter weise vollbracht / haben die abholden Gesellen / den einfältigen Huldrich beredet / daß er ihr einen Ring gegeben /und dieser Schleppen die Ehe versprochen: sonders zweiffel zu dem Ende / damit sie in allen fall gesichert / und wann sie schwanger werden solte / der Vater zum Kinde nicht zweiffelhafftig were. Musste also dieser Tropf zahlen / was er nicht geraubt hatte.

4. Folgenden Tages betrübet sich Huldrich nicht wenig / daß er / wie ihn seine Mitgesellen einstimmig berichteten / daß er sich mit dieser Wäscherin ehlich verlobt / ob er zwar solches anfangs nicht glauben wollen: nochmals aber von ihr selbsten / mit Vorweisung deß empfangenen Ehepfands verstanden / und niemand als sich selbsten und der Trunkenheit solche Mißhandlung beymessen können / mit welcher [385] er sich auch entschuldiget / aber ohne Nachdruk und Verfang bey der Dirne / die inständig begehrt / er solte solch Verlöbnis vollziehen / und sie zu Kirchen und Strassen führen.

5. Inzwischen fügte sich / daß der Tag geendet /und die HH. Gesandten von Nürnberg auf Regenspurg verraisen / und Huldrich mit ihnen / vehoffend /durch diese Scheidung sich von seinem Anhang zu trennen / und sein Versprechen also unbindig zu machen. Die Metze / welche sich schwanger befande /folgte nach etlichen Monaten Regenspurg / und bespricht Huldreich beharrlich ům die Ehe / mit Bedrauung ihn bey seinen Herren zu beklagen. Huldrich aber kommet ihr zuvor / und erzehlet / wie es ihm ergangen / und wie unschuldig er zu diesem Weibe kommenne. Die Herren Gesandten wusten / wie es mit ihm beschaffen / schützten ihn deswegen / und weisten die Dirne mit ihrem Begehren ab.

6. Inzwischen nahet die Zeit / daß diese Schleppe geberen musste / und weil sie verhoffte der Straffe zu entkommen / ermordete sie ihr eignes Kind / und ersteckte es mit einem Fatzolet: hette es auch in die Donau geworffen / wann sie nicht darüber ergriffen /und in Verhafft gebracht worden were. Diesen Kindermord bekante sie alsobald / und beschleunigte dardurch ihr Urtheil / daß sie nemlich mit dem Schwert solt enthaubtet werden / wie dann auch erfolget. Huldrich sahe zu / daß sein vermeintes Weib auf den Rabenstein fast verzweifflend / und wieder ihn beweglichst sich beklagend / dahin sterbe / betrübte sich deßwegen hertzlich / daß er Ursacher ihres und seines Kindes Tod / und lässet sich durch den Mordgeist verleiten / daß er nach Hause kehret / sich in einen Brunnen stürtzet / und sein selbst Henker wird.

7. Ist also dieser jämmerlichen Mordgeschichte erste Ursach gewesen die Trunkenheit / die andere Unzucht / die dritte ein böses und unruhiges Gewissen / welches bringet Judasreue und endlich darauf erfolgten Selbstmord.


[386]
Wer sich nicht wil selbst betrüben
meide die Gelegenheit
zu der Laster Sündenleid.
Trunkenheit und Buler Lieben.
Wann ein Esel wird geschlagen
sich in Feuersbrand zuwagen /
wehlet er vielmehr den Tod:
Aber eines Sünders Seel
stürtzt sich willig in die Höll /
durch die letzte Marter Noht.
111. Die vezweiffelte Liebe
(CXI.)
Die vezweiffelte Liebe.

In dem Wörtlein blinde / ermangelt der Buchstab E. mit welchem es erfüllet das Wörtlein liebend. »Wann wir nun nach gebrauch der E. breer in den Buchstaben Geheimnisse suchen wolten / könte man sagen / daß die Liebenden / und Verliebte / ohne die Ehe / oder E / wie die Alten geschriebene blinde Leute weren.« Wie glückselig aber solten sie seyn / wann sie noch der Blinden Fürsichtigkeit hetten / und alle ihre Schritte zuvor mit dem Stab der Furcht Gottes versicherten. Wie aber in vorgesetzter Erzehlung solches nicht beschehen: also folget auch in nachgesetzten /daß die Buler solche Blinde / die mit andern Blinden die sie leiten / in die Gruben fallen / Matth. 15. 14.

2. Zu Verona führten zu Zeiten Bartholme Scaligers zwey vornehme Geschlechte die Montescher und Capelleten beharliche Todfeindschafft / daß sie noch durch Oberherrliche Vermittlung / noch durch der Befreunden Unterhandlung konten vereiniget werden. Die Waffen hatten sie zwar an den Nagel gehengt / jedoch mit dem Willen / solche bald wieder herab zu nehmen: und ob wol die Ursache solcher Feindschafft anfangs gar gering / so hat sie [387] doch / wie das anklimmende Feuer / nach und nach zugenommen / und noch viel andre beederseits belanget.

3. Unter den Montescheren war ein Jüngling / genannt Romeo / welcher sich erstlich in eine edle Jungfrau zu Verona verliebt / weil sie ihn aber keiner Huld gewürdiget / haben ihm seine gute Gesellen gerahten /er solte diese undankbare fahren lassen / mit ihnen zu den Däntzen / welche damals vor der Fasten üblich /gehen / und eine andre ersehen / die seinen Augen gefallen möchte. Dieses Vorhabens führten sie ihn vermummt in der Capelleten Hause / da er / nach gethanem Spiele / sich gleich den andern zu erkennen geben musste / welches doch die gantze Gesellschafft erstlich nicht in willens hatte.

4. Aus sondrer Fügung schickte sich daß die Capelleten den Anwesenden zu ehren / diesen Montescher / ob er wol ihr Feind doch nicht beleidigen wolten / sondern ihn ermahnten er solte sich frölich erweisen / welches er auch gethan / und in dem Fackel-oder Liecht-Dantz zu stehen kommen neben Juliettam / deß Capelleten im Hause schönen Tochter / die also bald ihn mit Drukung der Hände / und etlichen wenig Worten ihre Liebe verständiget / und in ihme gleiche Liebesflammen erwecket. Weil sich aber der Dantz geendet / hatten sie nicht Gelegenheit ferners mit einander Sprache zuhalten.

5. Als sie nun beederseits mit trauren erfahren / daß ihre Eltern Todfeinde waren / wie gesagt / hat ihnen fast alle Hoffnung ihrer Liebe zu geniessen / ermanglen wollen. Romeo / ein tapferer schöner und höflicher Jüngling unterliesse nicht üm seiner Liebsten Hauß zu spatzieren / und kame auch auf einen Abend mit seiner Julietta zu reden / und von ihr zuverstehen /ob sie in ihrer Gewogenheit beharrte: welche sie ihm auch der gestalt versichert / daß solche ihre Liebe auf Ehr und Tugend gerichtet / und dem Ehestand zum abgesehenen Zweg haben solte / etc.

6. Als Romeo ihre Meinung verstanden / und verhofft daß solche Verehlichung ein Freundschafft-Band [388] ihrer Geschlechte seyn / und aus sonderlicher Schikkung Gottes herrühren müsste / hat er seinem Beichtvater einem Minoriten Mönichen / Laurentz genamt /solches vertraut / und ihn üm Raht gebetten. Der Mönich führte ihm zu Gemüt / daß diese Heurat von den Eltern nicht wol würde verstattet werden / und daß er an seinem Orte ihm gerne darzu behülfflich seyn wolte / wüsste aber keine Mittel / weil die Feindschafft beederseits unversöhnlich. Julietta inzwischen beredete ihre alte Kindsmagd / welche sie auferzogen / daß sie ihr in dieser Sache beförderlich seyn solte /wie sie auch gethan / und die Abrede mit Romeo genommen / sich in bestimter Zeit in die Kirchen zu finden / und bey dem vorbesagten Mönichen Laurentz zu beichten / da sich auch Romeo in der Sacristey eingestellet / und nach gehaltenen kurtzen Gespräche und gegebenem Ehepfand / von dem Beichtvater eingesegnet und also ihren Freunden unwissend / getrauet worden.

7. Noch selben Abend schickte Romeo / durch die Alte eine Leiter von seidnen Stricken mit zweyen starken Haken / zu Nachts darauf zu seiner Julietta zu steigen. Solches machte er auch werkstellig / und vollzoge sein Ehliches Versprechen / mit übergrossem vergnügen. Solches trieben diese beede biß in den dritten Monat / und gedachten nicht einmal daß dieser Handel kein gutes Ende würde nehmen müssen. Es fügte sich aber bald hernach / daß die Capelleten und Montescher mit einander zu fechten kamen / daß ihrer sehr viel auf dem Platz geblieben. In noch wärenden Streit kommet Romeo mit etlichen seiner Gesellen darzu / und vermeinte Fried zu machen / und sie zu scheiden: aber vergeblich / dann sie sehr gegen einander ergrimmt / und setzte sonderlich Tibau ein naher Vetter der Julietta Romeo hart zu / welcher weichend sich vertheidigte / und üm Friede schrie: als er aber mit Worten nichts richten konte / gebraucht er sich der Waffen / seinem Gegner tapfer unter Augen zu gehen / und durchrennte diesen Tibau / daß er zur Erden sanke.

[389] 8. Romeo musste wegen dieses Ableibens flüchtig gehen / und sich bey guten Freunden verbergen / daß er zu Nachts von seiner Julietta Urlaub nehmen konte / wie auch erfolgt / und er sich darnach von Verona nach Modena erhoben / seinen Knecht Peter hinter sich lassen / daß er ihn berichten solte / was sich etwan zutragen möchte / verhoffend nach kurtzer Zeit wiederum Landshuldigung zu erlangen / deßwegen er bey dem Scaliger / als Statt und Lands-Fürsten anhalten liesse. Julietta musste solchen Abschied / wiewol mit grosser Betrübniß / geschehen lassen.

9. Es erhube sich aber ein noch viel grösseres Unheil / in dem Antonio Montescho seine Tochter dem Grafen Paris von Ledronne Herrn von Villefranche /ehlich versprochen / und Juliettam mit vielen Bedrauungen seinen Willen zu gehorsamen genöhtiget. Julietta klagte solches ihrem Beichtvater / und fragte /welcher gestalt dieses Unglück zu hintertreiben? Der Mönich giebt ihr / nach genommenen Bedacht / ein Schlaffpulver / daß sie über 40. Stunden für todt und aller Empfindligkeit entnommen / würde liegen machen. Weil nun der Capelleten ihre Begräbnis in der Franciscaner Kirchen / in deren Kloster er sich auf hielte / wolte er sie alsdann leichtlich wieder herauß holen / vnd sie in Mannskleidern nach Modena zu Romeo senden etc.

10. Ob nun wol dieser Raht der verzagten Julietta fast abscheulich und grausam fůrkame / daß sie lebendig unter die Todten solte begraben werden: hat sie doch anderseits betrachtet / daß sie / durch die Verlöbnis mit dem Grafen Paris / ehbrüchig und untreu werden müsste / welches sie für sündlicher gehalten /als besagter massen getreu zu sterben. Den Abend nun vor ihrem Hochzeitlichen Ehrenfest / nimmet sie das Pulver in einem Getrank zu ihr / und fället also für todt auf ihr Bett. Was grosses Hertzenleid ihre liebe Eltern über diesem Trauerfall ist leichtlich zu erachten. So bald nun der Knecht dieses Verlauffs inträchtig wird / nimmet er die Post / und [390] reitet nach Modena / seinen Herren zu berichten / daß Julietta geen Todes verblichen.

11. Anders Theils hat auch der Mönich einem von seinen Brüdern / Robert genannt / einen Brief vertrauet / und darinnen Romeo alles was sich begeben /berichtet mit Bitt / er solte eiligst kommen und seine Julia / im abholen. Es fügte sich aber / daß eben zu selber Zeit einer von den Franciscaner Mönichen an der Pest gestorben / und deßwegen ihnen allen verbotten worden / nicht aus dem Kloster zukommen / daß also der abgeordnete Bruder Robert / Romeo das anbefohlne Schreiben nicht einhändigen können / daraus grosses Unheil entstanden / wie hernach folgen wird.

12. Romeo hatte so bald seiner Liebsten Tod nicht vernommen als er sich auch zu sterben entschlossen /zu welchem Ende auch er von einem Apotecker Gifft erkaufft / seinen Knecht vorangeschicket / und Liecht und andere Geretschafft / in der Julietta Grab-Gewölb welche neben neulich entleibten Tibau ihren Vettern /als todt geleget worden / zu brechen. Bald hernach folgte Romeo / und fande seine Liebste noch vor den 40 Stunden / wie er vermeinet / todt / worauf nach vielen Trauer Worten und Abschied Küssen den sehr starken Gift zu sich genommen hat / daß er warhafftig todt neben ihr niedergefallen.

13. Der Mönch Laurentz kame bald darauf auch in das Grab / weil er wuste daß Julietta wieder erwachen solte / und fande Romeo gantz aufgeschwollen neben ihr todt / darüber er sehr erschrock / und weilen er ein Gereusch hörte / mit Furcht und Zittern / und Hinterlassung der Liechter / aus dem Grabe eilete und also diese halbtodte Juliettam allein liesse / welche bereit zu sich selbst zukommen angefangē / unn ihren liebsten Ehe Herrn gantz erstaunend neben sich todt ersehen. Ihre Augen wurden Threnen Quellen / und flossen als Bluts-Tropfen ihres verwundten Hertzen häuffig über ihre blasse Wangen. Nach einer erbärmlichē Trauerrede konte sie sich nicht enthaltē mit dem zu sterben der sie für tod gehalten / und sie biß in [391] den Tod geliebet / ergrieffe deßwegen Romeo Dolche /welchen er an der Seiten hatte / und stösset ihr selben dreymals in die Brust / dadurch sie dann die Hertzkammer verletzt / und ihr Leben in solcher verzweiffelten Liebe jämmerlich geendet.

14. Dieses wurde nun bald Stattkündig / weil Romeo seinem Knechte einen Brief / darinnen die Erzehlung der gantzen Geschichte begriffen / eingehändiget / selben folgenden Morgens seinem Vatern zu übergeben. Der Mönich / der Knecht und die Magd wurden in Verhafft genommen / die todten Leichname aus dem Grab-Keller zu gerichtlicher Besichtigung vorgewiesen / und endlich die gantze Sache durch die Briefe / so Bruder Roberten anvertrauet worden / außfindig gemachet / deßwegen auch nach Modena geschrieben / daß der Apoteker mit dem Strang vom Leben zum Tod gerichtet / die Magd / weil sie zu solcher Winkel Ehe geholffen / und es ihrer Herrschafft nicht angemeldet / deß Landes verwiesen / der Knecht frey gesprochen / und dem Mönichen sein Unrecht zu erkennen gegeben / welcher ihm selbst die Straffe auferlegt / daß er die Zeit seines übrigen Lebens in einer Einsamkeit als ein Einsiedler zugebracht.

15. Durch diesen erbärmlichen Fall sind die Capelleten und Montescher vereiniget worden / und haben den beeden Verliebten ein herrliches Grabmahl aufrichten lassen / welches zu Verona noch heut zu Tage zu sehen ist. Ob wol ihre Liebe ehrlich und ehlich verbunden / so haben sie solche doch nicht ehrlich angefangen / und deßwegen elendiglich hinaus geführet: Massen nicht genug ist / einen guten Vorsatz haben /sondern man muß auch durch rechtmässige Mittel darzu gelangen. Diesen Verliebten könte man eine solche Grabschrifft verfassen.


Die wir uns gar kurtze Zeit
ehr- und ehlich fest geliebet /
hat die Feindschafft Haß und Neid
in dem Leben offt betrübet.
[392]
wann die gleich gesinnten Hertzen
nach dem Tod einander lieben /
werden wir in Freuden-Schertzen
uns in jenem Leben üben.
112. Ehbruchsrug
(CXII.)
Ehbruchsrug.

Das alte Wörtlein RUG bedeutet die Klag / und wird auch gebraucht fůr die Straffe / daher lesen wir in alten Büchern von dem Ruggrafen / welcher der Richter ist gewesen in dem Ruggericht / von dem Rugknecht / Ruggeld / Rugbuch. In der Evangelischen Geschicht findet sich / daß Joseph / die Mutter Gottes / als er ihre Schwängerung vermerket / nicht habe wollen rügen / das ist / anklagen / zu schanden machen / und zu Straffe ziehen. In nachgesetzter Erzehlung aber werden wir hören / daß ein Edelmann sein in Ehbruch ergrieffenes Eheweib unbarmhertzig geruget habe.

2. Ein alter Edelmann in Piemond lebte vor Jahren mit seinem Weib in grossem Vergnügen / er hatte bereits das funfftzigste Jahr überschritten / und nahme eine arme und schlechte von Adel / der Hoffnung sie durch solchen hohen Ehrenstand zu schuldigen Gehorsam zu verbinden. Der Hertzog forderte diesen vornehmen Herrn nach Hof und bediente sich seiner Person in unterschiedlichen Verschickungen / und Rahtschlägen. Diese Einsamkeit war dem jungen Weib / welche in Gesellschafften auferzogen worden /fast unerträglich / und ihr schönes Schloß bedunckte sie eine Einöde oder verlassenes Nonnen-Kloster /welches sie / zu einer lebendig-todten Wittib machete.

3. Es hielte sich in ihrer Nachbarschaft ein Jüngling auf / der besuchte zu Zeiten ihren Herrn / und den ersahe diese einsame zu einem Gehülff in die Zeit zuvertreiben. Der Jüngling verstunde die Sprache [393] ihrer Augen mit Verwunderung / und weil er an ihrer Tugend nicht zweiffelte / vermeinte er daß gefaster Wahn ihn trügen möchte / und wil auch solchem wandelbaren Zeugen nicht Glauben zu stellen. Nach kurtzer Zeit eröffnete diese edle ihr unehrliches Anliegen /mit gar beweglichen Worten / daß der junge Mensch welcher auch Fleisch und Blut hatte / solche hohe Begünstigung mit würklicher Danckbarkeit erwiederte.

4. Dieses Feuer konte so wol nicht verborgen werden / daß man nicht den Rauch darvon hette sehen sollen / ich wil sagen / daß die Bedienten in dem Hause / dieser Ehebrecherischen Liebe einträchtig werden müssen / weil der Nachbar gar zu fleissig einkehrte / und von ihrer Frauen sehr freundlich empfangen wurde. Dieser Junge von Adel verehrte dem Alten einen guten Falken / und zu Zeiten Wildpret von der Jagt / damit er Ursach nahme Freundschafft mit ihm /und der Liebe mit seiner Frauen zu pflegen. Diese Beschenkungen und andre Nachrichtung von seinen Dienern machte den guten Mann zweiffeln / daß es in sei nem Hause nicht recht müsse hergehen / trachtete deßwegen zu finden / was er lieber ungefunden wissen wollen.

5. Als auf eine Zeit vorbesagter sein Helffer bey ihm / und er selben mit grosser Höfligkeit über Nacht zu bleiben genöhtiget / kommen ihme (nach gemachter Anstellung) Befehls schreiben von dem Hertzog /er solte bey Anschauung dessen / nach Hof verraisen /wegen wichtigen Angelegenheiten / etc. Den Brief lässet er sein Weib lesen / und setzet sich alsobalden auf / deß Hertzogen gnädigen Befehl pflichtschuldigst zu gehorsamen: ordnet auch zuvor / wie seine Frau in seinem Abwesen die Haußgeschäfte anstellen sol /küsset sie auf gut Jüdisch / und scheidet also von ihr und seinem verdächtigen Gast / welcher zugleich Urlaub nahme und bald wieder zu rucke zu kehren gewillet war / wie dann auch erfolgt und hat sich diese Ehebrecherin entblödet ihren Buler an ihres Herren Stelle in ihr Ehebette zu reitzen.

[394] 6. Der Herr nun kame in der Nacht wieder zu rucke / und sendete seinen Diener vor ihm her / mit fürgeben / daß sein Herr etwas nöhtiges vergessen / welches er der Frauen eiligst anzumelden befehlt sey. Der Thorwärtel kennete die Rede deß Dieners und machte alsobalden auf / und mit diesem gienge sein Herr mit in das Schloß / und als sie für die Kammer kamen /und vorbesagter Diener anklopfte / mit vermelden /daß er einen Brief von seinem Herrn brächte / an welchem viel gelegen / hat die Kammermagd / eine alte Kuplerin / die Thür nur halb aufmachen / und den Brief nehmen wollen / wurde aber von dem Diener /mit dem Fuß / zurücke gestossen / daß sie hinter sich zu Boden gefallen / und kein Wort reden können.

7. Hierauf tritt nun der Herr mit seinen Dienern in die Kammer / und findet seine Ehebrecherin mit ihren Bulen gantz nackend liegend / welche sich nicht weniger gefürchtet und geschämet als Adam und Eva nach dem Sündenfall. Diesem Ehebrecher bande man Hände und Füsse zusammen / und nöhtigte der Herr sein untreues Weib / daß sie ihren Buler mit Hülff der alten Kuplerin erhenken musste / zu welchem Ende ein grosser Nagel / Strang und Leiter in Bereitschafft war. Das Bett ließ er verbrennen / und ein wenig Stroh in die Kammer thun / alle Fenster und auch die Thür vermauren / ausser einem kleinen Loch / da man der vermaurten Ehebrecherin Wasser und Brod täglich hinein langen konte / daß also diese Sünderin /ihren Bulen erhencken / und neben ihm lebendig verfaulen müssen. Was Gesellschafft sie an den Leichnam gehabt ist leichtlich zu erachten / und hat sie also im Gestank und wenig Lufft / nach dreyen Wochen in Verzweifflung den Geist aufgegeben. Die Kuplerin hat gleichfals in einem tieffen Keller elendiglich hungers sterben müssen.

8. Diese Ehebruchsrug ist in dem gantzen Land kund und offenbar worden / weil auch der Herr sein Weib in der Missethat ergriffen / ist er von dem Hertzog / bey welchem er in grossen Gnaden gestandē /[395] deßwegen nicht gestraffet worden. Viel haben vermeint die Straffe sey dem Verbrechen nicht gemäß: Viel geile Weiber aber haben sich durch diese That von ihrem Sünden Leben mehr abschrecken lassen /als sonsten von vielen Predigten und Bedrauungen Göttlicher Straffen. Hierauß könte man eine solche Geschicht Rähtsel in der Ehebrecherin Namen verabfassen.


Ich hasse meinen Mann / der kein Mann ist zu nennen
ich liebe / den ich muß das Leben kürtzen ab /
mein Lager ist das Stroh / mein Bette muß verbrennen /
ich lebe sorder Trost / in meiner Kammergrab.

Wer die Geschicht nicht weiß / wird solche Art der Rähtsel nicht auflösen können / wie wir hievon gehandelt in dem CCXXXV. und CCL. Gesprächspiele / wie auch in der 11. Stunde deß Poetischen Trichters.

113. Die Tyrannische Stief-Mutter
(CXIII.)
Die Tyrannische Stief-Mutter.

Das Wort Stieffmutter / oder gestiffte Mutter / durch anderweite Verehlichung / wird ins gemein für ein abhässiges und unholdes Weib gebrauchet / daher sagen wir / daß das Glück der Armen Stiefmutter sey / und ist gewiß daß deß Vaters zweite Liebe / den Kindern erster Ehe Haß verursachet / und eine Wittib / welche sich heuratet / hält auch wol ihre natürliche Kinder feindselig und übel / weil sie ihrer neuen Liebesflammen hinderlich sind / wie in nachgesetzter Erzehlung ein sonderliches Exempel zu vernehmen seyn wird.

2. In der Statt Bremen hatte ein reicher Kauffherr seinem Weib Bibiana ein grosses Gut hinterlassen /als er diese Welt gesegnet. Man hette [396] von ihr segen können / was dorten Balsac in dergleichen fall geschrieben: Es ist nicht zu glauben / daß eine Wittib ihr Glück beweine / über welches sie sich zu erfreuen Ursach hat. Ein Stück Erden sechs Schue lang (das Grab) träget jährlich etlich tausend Thaler. Wegen ihres Mannes Leben hette man sie trösten sollen / und nicht wegen seines Todes / sie hette Ursach zu trauren / wann er wieder von den Todten auferstehen solte etc.

3. Diese Wittib hatte nun ein grosses Vermögen zu benutzen / weil ihr Sohn und Tochter minderjährig. Sie hielte Diener welche den Handel führten / und die Kundschafften unterhielten / und viel Nutzen schafften. Unter diesen war ein Dennemärker / Namens Themist / ein arger und listiger Gesell / welcher nicht allein der Bibiana Geld / sondern auch ihr Hertz beherrschte / und den ehlichen Handel in Unehren bey dieser Wittib anrichtete. Ob nun wol dieses erstlich ein Geheimnis / mochte es doch nicht lang verschwiegen bleiben / und musste zu offentlichen Ergernis ausschlagen / wie zu vernehmen seyn wird.

4. Monica die Tochter konte sich nicht enthalten ihrer Mutter das böse Leben mit Bescheidenheit zu verweisen / und wurde deßwegen dem nechsten schlechten Gesellen der sie begehrte verheuratet. Fulgentz aber der Sohn / war diesem Sachwalter und seiner Mutter ein Dorn in den Augen / weil er ihre verdächtige Gemeinschafft in Schimpff und Ernst bestraffte. Themiste hingegen sich als Herr in dem Schußverhielte / und als künfftiger Stiefvater den Meister spielen wolte / »massen wenig geringe Leute einen höhern Stand mit Verstand ertragen können«.

5. Fulgentz erlangte nun sein vogtbares Alter / und wurde in allen Gesellschafften mit Themiste seinem künfftigen Stiefvater geschertzet / daß er Ursach nahme zu reden / als ein Erb und Sohn in dem Hauß mit Themiste seinem Diener / und ihm die Kund- und Gemeinschafft mit seiner Mutter zu verbieten. Der stoltze Diener aber gabe so übermütige Antwort / daß [397] Fulgentz ihm einen Backenstreich / Themiste aber zween dargegen versetzte / und Fulgentz erfuhre / daß in diesem Spiel mit einem so starken Gegner für ihn nichts zugewinnen.

6. Bibiana konte der Streit nicht unwissend seyn /sagend / daß Themiste recht gethan / daß er diesen Nistling das Gelbe von dem Schnabel gewischet / und bedraute ihn / wann er sich dergleichen Herrschafft wieder anmassen würde / sie ihn aus dem Hause jagen wolte / und sey nicht gebräuchlich / daß die Eltern ihnen von den Kindern einreden lassen etc. Fulgentz gedenket sich an diesem Meister Diener zu rächen /oder sein Leben zu lassen / und ergreifft dieses Vorhabens einen Degen und ein Pistol / als er wuste / daß Themiste in seiner Mutter Kammer verschlossen. Die Thür sprengt er auf / und ob wol Themiste gantz entblöset / sprang er doch zu dem Fenster hinaus / und Fulgentz verfehlte seiner mit dem Pistol / doch hiebe er ihm die Schlaffhauben entzwey / und Bibiana fuhle ihm in das Gewehr / und verschniede die Hand.

7. Themiste rettete sich bey einem seiner Freunde /liesse seine Wunden / welche nicht tödtlich war / verbunden / flohe mit anbrechendem Tag in Dennemarck / und liesse sich bedunken Fulgentz folge ihm auf dem Fuß. Bibiana finge ein Geschrey an / daß die Nachbarschafft zulieffe / und ob wol Themiste entronnen / rühmte sich doch der junge Abenteuer / er habe ihn mit dem Pistol geschossen / und mit dem Degen also verwundet / daß er nicht weit gehen werde. Dieses bestetigte die rachgierige Mutter / und hette lieber den Sohn als den Bulen verlieren wollen / und ersinnte folgende List.

8. Themiste hatte einen vertrauten Freund zu Bremen / welcher ein Handwercks Mann von guten Mitteln war: Diesem machte Bibiana eine falsche Zeitung zukommen / wie nemlich Themiste tod / und ihm vor seinem Absterben ersuchen lassen / seinen Mörder Gerichtlich zu beklagen / und der Bibiana / welcher er auch nach dem Leben gestanden / einen Beystand zu laisten. Balderich / also nennte sich dieser Freund /[398] bringet die Sache für Bürgemeister und Raht / und einen Befehl aus / daß man Fulgentz greiffen / und in das Gefängnis werffen solte / wie auch beschehen.

9. Bibiana wird vernommen / und sagte diese Ehebrecherin / daß sie Themiste ihren Diener geheuratet /deßwegen ihr Sohn / ihm und auch ihr nach Leib und Leben gestanden / ihn durchschossen und tödlich verwundet / wie die Schlaffhauben und die gantze Nachbarschafft bezeuget / sie aber / weil sie ihm in das Gewehr gefallen / beschädiget / wie für Augen / und sey nicht zu zweiffeln daß er auch sie ermorden wollen etc. Also ist die Liebe dieser Bibiana gegen ihren Bulen grösser / als gegen ihren leiblichen Sohn gewesen.

10. Fulgentz gestehet / daß er Themiste tödtlich verwundet / nicht aber als seinen Stiefvater / sondern als einen Ehrenschänder seiner Mutter / von welcher Verlöbnis ihm nichts wissend. Daß er aber seiner Mutter solte nach dem Leben gestanden haben / seye falsch / und er in seinem Gewissen deßwegen versichert. Nach dem er nun auch peinlich befraget worden / da er alles aus Marter bekennet / was er auch nicht gethan / ist er als ein Mörder seines Stiefvaters zum Schwert verurtheilt worden. Der Bibiana aber sind seine Gůter alle zugefallen / daß sie vermeint / sie habe die Sache klüglichst angefangen und ausgeführt.

11. Diesen Verlauf schreibt sie ihrem Themiste /welcher sich zu Koppenhagen aufgehalten / und wieder zu rucke kommend / die Bibiana zu Kirchen und Strassen geführet. Balderich der Ankläger deß unschuldigen Fulgentz / machte sich aus dem Staube /weil er ungleich von dem Blut Urtheil urtheilen hörte / und die Richter auf gefuhrten Beweis / und sein Anklag sich gegründet / und deßwegen zu entschuldigē weren: andre hielten darfür daß dieses alles von der listigen Bibiana herkommen / »massen dann Gott viel Mittel hat das verborgne Unrecht an das Liecht zu bringen / und mehrmals seine Frommen auf der Gottlolen heimlichste Gedanken eingiebet«.

[399] 12. Themiste wurde aus seinem Dienst in den Herren Stand gesetzet / und sahe ihn jederman an / als einem der aus der andern Welt wiederkommen / und einen sehr glükseligen Menschen / daß man von ihm sagen mögen / die Wort Davids: Es verdreusst mich auf die Ruhmredigen / da ich sahe daß es den Gottlosen so wol gienge. Sie sind nicht in Uglück / wie andre Leute und werden nicht wie andre Menschen geplagt / darum muß ihr Trotzen köstlich Ding seyn /und ihr Frevel muß wol gethan heissen etc. Sihe das sind die Gottlosen / die sind glückselig in der Welt /und wurden reich / etc. Hernach aber betrachtete David ihr Ende / und wie sie Gott auf das schlipferige setzet und zu Boden stürtzet / daß sie ein Ende nehmen mit Schrecken plötzlich. Psal. 73. v. 4. 5. 6.

13. Dieses hat sich auch in dem Exempel Bibiana und Themiste erwiesen / und ihre Glückseligkeit ist verschwunden wie ein Traum. Themiste wurd seiner Alten bald müde / weil er nicht mehr Knecht / sondern Herr / und sie nicht mehr Frau / sondern Magd seyn solte / deßwegen dann ein alltäglicher Hauß Krieg unter ihnen entstanden. Zu dem eiferte sie mit diesem ihrem Mann / weil er andrer verdächtigen Personen Kundschafft pflegte / daß sie endlich in Zorn ihme aufruckte / sie hette ihme zu Liebe ihren eignen Sohn aufgeopfert / und in deß Henkers Hand gegeben / und daß er solches mit beharrlichen Undank erwiedere etc.

14. Dieses kam ihrem Tochtermann / der die Monica geheuratet / zu Ohren / welcher sich stellte / daß er auf der Schwieger Seiten were / und endlich heraus lockte / daß der unschuldige Fulgentz durch sie beede meuchellistiger weise angeklaget und verurtheilt worden. Dieses meldet er der Obrigkeit / mit allen Umständen an / und nach deme die Warheit aus dem tieffen Brunnen der Verschwiegenheit geschöpfet worden / haben sie beede eines schmählichen Todes [400] sterben müssen. Also hat diese Stiefmutter / wieder alle natůrliche Neigung / gegen ihren Sohn verübte Tyranney /mit viel zu spater Reue gebüsset.

15. Wer böses thut fühlt Gottes Ruht /
bestehet nicht in dem Gericht.
ob gleich die Straffen ein zeitlang schlaffen /
kommt doch die Rach erwacht hernach /
und raffet hin der Sünder Sinn.
114. Die Heuchlerische Andacht
(CXIV.)
Die Heuchlerische Andacht.

Sihe zu sagt Sirach / daß deine Gottesfurcht keine Heucheley sey: dann Gott / der in das verborgne sihet / lässet sich nicht spotten. Der Schwan mit seinen weissen Federn und schwartzen Fleisch ist als ein Bild eines Heuchlers / von den Opfern verworffen /und pflegen alle Heuchler vor ihrem Tod ein erbärmliches Grablied anzustimmen / wie unter vielen andern Exempeln / auch folgendes bezeugen kan.

2. Doritia eine edle Jungfrau / hatte zwo Schwestern und etliche Brüder / welche alle wol außgesteuret und verheuratet / sie aber in das Kloster verstossen wurde / wieder ihre Neigung und Willen. Ihr Vater ein Löw in seinem Hauß / für welches brüllen alles erzittern musste / erheischte von ihr solchen Gehorsam / und durffte sie sich nicht erkühnen / ihme zu wiedersprechen. Nach ihres Vaters Todt / wolte diese gezwungene Nonne die Kutten / oder vielmehr die Larven wegwerffen / und hatte einen heimlichen Rahtgeber / der ihr ein Zeug seyn konte / daß solches Gelübd gezwungen und genöhtiget / wieder ihren Willen geschehen / und daß sie kein Nonnenfleisch jemals gehabt.

3. Ihre Brüder waren in dem Krieg geblieben / ihre Schwestern hatten das Güttlein getheilet / sie wil ihren Antheil haben / weil ihr Gelůbd für nichtig und unbündig geurtheilt und aufgelöset worden. [401] Ihre Schwestern hatten der Armen Reichthum / ich wil sagen / viel Kinder / und wolten deßwegen nichts heraus geben / oder ja gar wenig / mit dem ihr Sachwalter / und künfftig Ehevogt / welchen Titel er damals nicht haben wolte / sich nicht begnügen liesse / sondern einen Rechtshandel daraus angesponnen / der sich lange Zeit verzögert.

4. Aus dieses Einraten / gabe Doritia für / sie könte nichts zurucke lassen / weil sie ein Kloster von ihrem Antheil der Erbschafft stifften / und die Zeit ihres ruckständigen Lebens darinnen zubringen wolle. Dieses ihr Vorgeben bescheinigte sie mit vieler heuchlerischen Andacht / daß man sie mit Fug eine weltliche Nonne nach eusserlicher und innerlicher Scheinheiligkeit nennen mögen. Sie war kaum der Kloster Gefängnis entkommen / und hatte die Welt mehr lieb gewonnen / als andre / so von Jugend auf weltlich erzogen worden / und stellte sich doch als ob sie ihr Hertz bey ihren Schwestern hinterlassen.

5. Ob nun wol das Geld / welches ihr ihre Schwestern heraus geben wolten / genugsam ein Gedechtnis ihrer Andacht zu stifften / so wolte sie doch nicht zu frieden seyn / und alles haben / damit nach ihrem Gefallen zu geberen / und sich in einen Orden zu begeben / da man den ersten Tag sein Gelübd / ohne vorhergehende Prob- oder Lehr-Jahre zu thun pfleget /welcher ist der H. Ehstand / Gott aber / dem falsche Hertzen ein Greuel sind / hat diese Heuchlerin mit einem Schlag urplötzlich getroffen / daß sie gesund schlaffen gegangen und folgenden Tages in dem Bette todt gefunden worden.

6. Ihr Sachwalter beklaget sich darüber mit kläglichen Worten / daß darauß leichtlich zu schliessen /was Doritia im Sinn gehabt / muste aber mit leerer Hand abziehen / und mit seiner verführten Nonne auch alle seine Hoffnung zu Grabe tragen sehen. »Unter allen Wundern unsers Erlösers ist nicht zu finden / daß er einen Heuchler bekehret / und einen Narren weiß gemachet: ja unter hundert Worten [402] seiner Predigt / sind allezeit vier und zwantzig wieder die Heuchler gerichtet.« Wie diese Nonne gefahren ist leichtlich zu erachten.

7. Einfalt / Warheit / Ehr und Treue /
bringt dem Menschen keine Reue:
aber Gott und Menschen trügen
macht die Lügen-List erliegen.
115. Erscheinung der Geister
(CXV.)
Erscheinung der Geister.

Das sich der Satan in einen Engel deß Liechts verstellen kan / ist aus H. Schrifft beglaubt / und lässet solches Gott zu: eins theils die Bösen in ihren Wesen zu straffen: anders theils die Frommen durch solche Begebenheiten zu bewären / und zu lehren / daß sie sich für diesem tausent Klünstler hüten sollen. Wie sollen aber die Gottlosen Reichen glauben / wann gleich einer von den Todten auferstiende / sagt dort Abraham zu dem reichen Mann. Ja wann auch solche Gespenster die Warheit sagen / welche sie auß der Bösen Thaten leichtlich mutmassen können / wie der Samuel / den die Zauberin herauf gebracht / so verkauffen sie doch darmit viel hundert Lügen / und schaden der Seelen / in dem sie vorgeben dem Leibe zu helffen. Wie nun der böse Feind die lebendigen Leiber / wie in dem Paradiß die Schlange besitzen kan / also verhengt ihn auch Gott / daß er der verstorbnen Leichname zu zeiten regieret / und ihre Gestalt annimmt andre zu verführen. Folgende Geschichte sollen erstbesagtes mit mehrerem erweisen.

2. In Frankreich eiferte ein Edelman mit seinem Weibe / und hatte desselben genugsame Ursachen /suchte deßwegen Mittel sich ihrer zu erledigen. Nach langen Bedacht und vielem Versuch / welchen sie allen listig vorgebogen / hat er sie eine Nacht erdrosselt. Dieses fürchtete er / möchte ihm das Leben kosten / und begab sich zu einem Zauberer / welcher ihme zu vor [403] etwas wieder hauen und stechen angehangt / und fragte ihn um Raht. Der Zauberer verspricht ihm / er wolle etliche Tage seiner Frauen Gestalt hin und wieder gehen machen / und er solte inzwischen verraisen / daß kein Argwahn auf ihn kommen könte / wann sie in seinem Abwesen todt gefunden würde. Dieses richten sie abgeredter massen zu werke / und fande man den Leichnam so stinkend und erfault in deß Edelmanns Hauß / daß viel wähnten / es müsse nicht recht mit hergehen / wusste aber niemand / warüm dieser todte Leib den ersten Tag also gar verfaulet und gleichsam verwesen schiene.

3. Man wusste daß der Edelmann eine böse Ehe hatte / und vermeinten ihre Befreunde / er hette ihr so starken Gifft beygebracht. Zu deme war vielen seine Gemeinschafft mit dem Zauberer verdächtig / und wird der Edelmann deßwegen zu Rede gesetzt / und in Verhafft gebracht / von seinem Gewissen überzeuget /und als ein Mörder lebendig gerädert / der Zauberer aber hat die Flucht genommen / und ist an einem andern Ort lebendig verbrennet worden.

4. In einer andern Stadt bulten drey Studenten ům eine Ehefrau / welche sie / als junge Gauchen verlachete. Diese fügen sich zu einer Zauberin / welche ihnen versprache / daß diese Frau ihres Willens werden solte / einen aber unter ihnen würde ein grosses Unglück wiederfahren / und solten sie sich auf dem Ruckwege wol in acht nehmen. Ein jeder gedacht daß solches ihn nicht betreffen würde / und verlachten die Erinnerung. Ob sie nun verblendet worden / oder würklich mit dieser Frauen zugehalten / ist nicht wissend / auf dem Ruckwege aber / als sie siegend und stoltziglich nach Hause kehren wolten / fället ein Ziegel von dem Dach / und schläget von den dreyen einen starr todt darnieder.

5. Die überbliebene lauffen zu der Zauberin / und setzen ihr den Dolchen an die Gurgel / mit bedrauen sie zu erwürgen / wann sie ihren Gesellen nicht würde wieder lebendig machen. Die Zauberin sagt daß er in einer Anmacht liege / und nicht gestorben / [404] wie auch scheinbarlich erfolget / daß er ihnen entgegen gesprungen / gedantzet und gepfiffen / aber gantz blaß /stinkend und abscheuliches Ansehens / daß sie sich fast für ihm entsetzet. Vier Tage hernach ist er in einem Garten zu ihren Fůssen niedergefallen / und hat einen solchen Gestank von sich gegeben / daß niemand üm ihn bleiben können: daraus erhellet / wie der Satan diesen verstorbnen Leib beseelet gehabt /allermassen die Zauberin bekennet und mit den an dern zu verdienter Straffe gezogen worden. Die Zauberin wurde verbrennt / die Studenten in das Gefängnis geworffen / welche mit der Neapolitanischen Kranckheit angestecket / lebendig verfaulet.

6. Ein unbekanter Mann hat sich vor etlichen Jahren zu einem Breiter / bey einem Grafen von Rogendorf angegeben / welcher nach gelaister Probe zu Diensten angenommen / und ist ihme eine ehrliche Bestallung gemachet worden. Es begabe sich aber daß einer von Adel bey Hof angelangt / und mit diesem Breiter an die Tafel gesetzet wurde. Der fremde ersahe diesen mit erstaunen / war traurig und wolte keine Speise zu sich nehmen / ob ihme wol der Graf deßwegen freundlichst zugesprochen.

7. Nach dem nun die Tafel aufgehebt und der Graf den fremden nochmals wegen der Ursache seines Traurens befragt / hat er erzehlet / daß dieser Breiter keine natůrliche Person / sondern sey für Ostenden ihme an der Seiten erschossen / auch von ihme Sagern selbst zu Grabe begleitet worden: erzehlte auch alle ümstände / als sein Vaterland / seinen Namen / sein Alter / und hat solches alles mit dem was der Breiter von sich selbst gesagt / eingetroffen / daß der Graf daran nicht zweiffeln können / welcher Ursach genommen diesem Gespenst Urlaub zugeben / mit vorwenden / daß seine Einkunfften geringert / und er seine Hofhaltung einzuziehen gesonnen / etc.

8. Der Breiter meldet / daß ihn zwar der Gast verschwätzet / weil aber der Graf nicht Ursach ihn abzuschaffen / und daß er ihme getreue Dienste gelaistet und noch laisten wolle / etc. bitte er ihn ferners an dem [405] Hofe erdulten / etc. Der Grafe aber beharrte auf dem einmal gegebenen Urlaub: deßwegen begehrte der Breiter kein Geld / wie bedingt / sondern ein Pferd und ein Narrenkleid mit silbern Schellen / welches ihme der Graf gerne geben liesse / und noch ein mehrers wolte reichen lassen / daß der Breiter anzunehmen verweigerte.

9. Es fügte sich aber / daß der Graf in Ungern verraist / und bey Raab / auf der Schütt / besagten Breiter mit vielen Kuppelpferden in dem Narrenkleid antrifft / aus welches ersehen / der vermeinte Breiter seinen alten Herrn / mit grossen Freuden begrüsset / und ein Pferd zu verehren anbot. Der Graf bedanket sich und wil das Pferd nicht annehmen / weil er der Zeit keines vonnöhten. Als er aber einen Diener ersehen /welchen er zuvor bey Hofe wol gekennet / verehrt er ihme das Pferd. Dieser Diener setzet sich mit Freuden darauf: hat es aber kaum beschritten / so springt das Pferd in die Höhe / und lässet ihn halb todt auf die Erden fallen: verschwindet also das Pferd und der Roßreuscher mit seiner gantzen Kuppel. Dieses erzehlt H. Speidel in Notabil. polit. f. 379.

10. Eine Zauberin / eines Hafners Weib in dem Städlein Levin in Böhemen ist 1345. eines gelingen Todes gestorben / und auf einen Scheidweg begraben worden. Sie ist aber vielen Leuten erschienen in Gestalt wilder Thiere / und hat etliche ůmgebracht. Als man sie außgegraben / hat sie den Schleyr / damit ihr das Haubt ist verbunden gewesen / halb hinein gessen gehabt / welcher ihr blutig aus dem Hals gezogen worden. Darauff schlug man ihr einen eichnen Pfal zwischen die Brust: sie rieß aber den Pfal heraus /und brachte mehr Leute ům / als zuvor: hernach wurde ihr Leichnam samt dem Pfal verbrennt / und die Aschen in das Grab geleget: da hörte das ůbel auf: aber an dem Ort / wo man sie verbrennt / hat man etliche Tage einen Wind Wůrbel gesehen. Hegenitz in der Böhmischen Chronik.

[406] 11. Zu Egwanschitz in Mähren hat sichs begeben /daß ein ehrlicher Büger dem Ansehen nach / auf den Kirchhof in der Statt begraben worden / welcher bey der Nacht ist aufgestanden / und hat etliche ümgebracht: seinen Sterbkittel aber hat er allezeit bey dem Grab liegen lassen. Dieses haben die Wächter beobachtet / und ihm den Kittel weggenommen. Als nun dieses Gespänst zu rucke kommen / hat es den Kittel von den Wächtern gefordert / und gedraut sie alle zu erwürgen / daß sie aus Furcht den Kittel hingeworffen. Hernach wurde er von dem Henker ausgegraben /zu Stucken zerhaut und also dem übel abgeholffen. Da er aus dem Grab genommen / sagte er: Sie hetten es wol angegriffen / sonsten / weil sein Weib auch gestorben / und zu ihm geleget worden / wolten sie beede die halbe Statt ůmgebracht haben. Der Henker zog ihm aus dem Maul einen langen grossen Schleyr /welchen er seinem Weib von dem Haubt hinweg gefressen hatte: denselben hat der Nachrichter dem Volk gezeigt / sagend: schaut wie der Schelm so geitzig ist.

12. Hiervon könten nun vielmehr Erzehlungen beygebracht werden / welche zu andrer Zeit folgen sollen. Es ist aber ausser zweiffel / daß der böse Feind ein Ursacher und Stiffter solcher Abenteur / und ob sich gleich solche Gespenste fromm stellen / und es den dienstbaren Geistern dem Allmächtigen nachthun wollen / so ist es doch nur falscher Schein / und erweist der Außgang daß sie den Menschen zu verderben suchen. Viel andrer Gestalt sind die Heiligen zu der Zeit der Auferstehung Christi / wie auch Moses und Elias / auf dem Berge Tabor erschienen / und der Engel / welcher Petrum aus dem Gefängnis geführet /und sagt dorten der Apostel recht daß man die Geister prüfen sol / ob sie aus Gott sind. Die Heyden haben behaubtet / daß dreyerley Geister. 1. Der Lebendigen /welche sie Genios oder Schutz Engel genennet. 2. Der Wolverstorbnen / welche sie aber mit dem verwesenen und stinkenden Leichnam nicht mehr vereinen /so sie Penates oder [407] Haußgeister / und 3. Der übelverstorbnen Poltergeister / Lemures geheissen.


Der böse Höllengeist kan sich geschwind verstellen:
in einen guten Geist. Durch Laster Schand und Sünden
kan er / mit Ergernis / mehr zu verderben finden.
Weh denen die sich kühn zu Gottes Feind gesellen!
116. Die ermordten Buler
(CXVI.)
Die ermordten Buler.

Die Liebe ist eine Tochter deß freyen Willens / welche nicht mehrers hasset / als den Zwang und Gewalt. Sie ist gleich dem Quecksilber / das sich nicht wil fassen und zusammen halten lassen. Es ist ein Mittel sich verhasst zu machen / wann man die Liebsneigung erzwingen und erpressen wil / wie aus nach gehender Erzehlung zu ersehen seyn wird.

2. Arade ein Gasconischer Edelmann / voller Spanischen Luffts / und schwülstigen Hirns / wolte keinen Neben Buler bey Principia seiner vermeinten Liebsten erdulten / ob er gleich wol wuste / daß noch die Jungfer / noch ihre Befreunde seiner Person geneiget waren. Lamprid hingegen der mehr Bescheidenheit und Verstand hatte / war beeden Theilen gefällig / daß ihme Principia halb und halb versprochen. Als nun Arade sahe / wie ihm dieser das Brod wil vor dem Maul wegnehmen / wie man zu reden pfleget /lässet er ihn für die Klingen erfordern.

3. Lamprid / hatte nicht weniger Lieb / als Hertz in dem Leibe / und erscheinet / wird aber von Arade verwundet / gezwungen den Degen von sich zu geben /und zu schweren / sich üm Principia nicht mehr zu bewerben / welches er versprochen / und auch gehalten. Arade wurde aber deßwegen nicht angenemer /sondern vielmehr gehasster / weil er vertrieben und aufgerieben / der von Principia begünstiget war.

[408] 4. Nach diesem fande sich Isidor / welcher Arade drauen verlachte / und verhoffte der Haan im Korb zu seyn. Diesen lässet Arade auch für die Klinge fordern / und als sie zusammen traten / wurde Isidor durchrennt / daß er also bald todt zur Erden gefallen. Hierdurch wurden viel abgeschreckt / daß sie dieser Principia ihr Blut-Bräutigame nicht seyn wolten. Sie aber konte dem stoltzen Arade nicht günstig seyn.

5. Endlich fasset Principia einen Schluß / der Welt abzusagen / und ihre Lebens-Tage in einem Kloster zu verschliessen. Dieses setzet sie / mit Einwilligung ihrer Eltern zu Werke / und wurde also Arade abgewiesen / daß er sagte / wann die Mauren doch in soviel Helden / als sie Steine hat / oder als dort aus den Drachen Zähnen erwachsen / verwandelt würden / so wolte er ihnen doch seine Liebste nicht lassen: Er musste aber mit seinen breiten Worten abziehen / und die Principia in dem Nonnenstand wissen / mochte sie auch nicht mehr sehen und ansprechen wie zuvor.


6. Gott verträgt die böse Rott /
daß sie sich durch Buß bekehren /
und also der Angst und Noht /
und der Höllen soll erwehren:
Oder / daß der fromm gelehrt
durch sie täglich wird geübet.
Endlich alls zum besten kehrt /
dem der ist von Gott geliebet.
117. Das eröfnete Geheimniß
(CXVII.)
Das eröfnete Geheimniß.

Es schlägt und tödtet nicht nur die Zunge deß Lügenredners / sondern auch deß der zu der Unwarheit still schweiget / und solcher Gestalt die Warheit hülfft unterdrucken: das also das Leben und [409] Tod ist in der Zungen Gewalt / und der Weise drucket nicht nur ein Siegel auf seinen Mund das zu verschweigen / was dem Nechsten schaden möchte: sondern er redet auch zu seinen Glimpf / und was zu seinem Frommen dienet.

2. Dessen ein Exempel ist gewesen ein Frantzösicher Edelmann / Apollinaris genamet / welcher ein überschönes Weib hatte / aber darbey blutarm war. Dieser machte bey einem Fůrsten so angenem daß er durch seine beharrliche Dienste / seiner Treue versichert / ihn zu einem Hofmeister machte / und sein Weib in seiner Gemahlin Frauenzimmer dienen liesse. Solcher gestalt lebte er etliche Jahre vergnüget.

3. Es fügte sich aber daß der Fürst Mauril genamt /sich in Euphemiam / seines Hofmeisters Weib verliebte und kein Mittel ihrer zugeniessen / unterliesse /doch damit nichts ausrichten konte / weil sie so Tugendreich / als schön war. Wo nun der Fuchsbalg nicht dienen wil / gebrauchet man die Löwenhaut und Mauril sendete seinen Hofmeister in gewissen Verrichtungen über Land / inzwischen aber nimmt er von seinen ärgsten Dienern zu sich / und nothzůchtiget Euphemiam / daß sie sich deß Gewalts nicht erwehren mögen.

4. So bald ihr Mann zurucke kommet / eröffnet sie ihme was sich in seinem Abwesen begeben. Der Mann tröstet sie / mit Versprechen diese Unthat mit deß Thäters Tod zu rächen: liesse sich aber nicht vermerken / und verbote auch seinem Weibe / darvon nicht mehr zu reden / daß der Fürst vermeint es sey ihm dieser Ehrenraub gantz unwissend / und dichtete ihme auch sattsame Ursachen / welcher wegen Euphemia den Handel verschwiegen hätte: nicht wissend /daß die Weiber alles verschwetzen / was ihnen vererauet wird / und nur verschweigen / was sie nicht wissen.

5. Als sie nun beede der Jagt / und Apollinaris seinem Fůrsten gantz allein nach gesetzet / als welcher unter allen Dienern am besten beritten war / ersahe [410] er einen Vortheil / und schiesset ihn ungewarnter Sachen / über das Pferd herunter / nimmet darauf einen Abweg / und findet sich wieder zu der Hofbursch /ohn einigen Verdacht / daß er seinen Herrn solte ermordet haben. Nach etlichen Stunden findet man deß Fürsten Leichnam / und bringt ihn mit vielen Threnen / Weinen und Klagen zurucke / und betraurte ihn absonderlich Apollinaris / als der ältsten Diener einer /der seine grosse Treue durch solche Trauerzeichen erweisen wollen.

6. Vietritia die hinterlassene Fürstin / wuste daß ihr Herr mit einem benachbarten Grafen Feindschafft und Strittigkeit hatte / vermeinte deßwegen / daß solcher etwan ein Meuchelmörder erkaufft / und ihren Herren hinrichten lassen: fängt deßwegen eine Rechtfertigung mit ihnen an / und verlieret solche / aus mangel sattsamen Beweises / mit Abtrag aufgelaufner Kosten und Schäden. Apollinaris aber wolte auch der nicht trauen / die in seinen Armen schlieffe / und machte sich aus dem Staub biß Euphemia aus Traurigkeit und andern Zufällen gantz schwindsüchtig und außgedorret / diese Welt gesegnet.

7. Als Apollinaris solches erfahren / hat er sich wieder an der Victricia Hof begeben / und sich versichert gehalten daß nun kein Mensch in der Welt sein Geheimnis wisse / als er allein / deß endlichen Vorsatzes seinen Mund / dem er zu essen gebe / auch wol in dem Zaum zu halten. Aber vergebens. Victricia verliebte sich in diesen jungen und höflichen Wittber / ertheilte ihn auch freywillig / was ihr Herr von seinem Weibe erpressen müssen / und vermeinte Apollinaris / daß er nun in deß Glückes Gangrad einen Diamantenen Nagel geschlagen.

8. Es ist aber mit der Menschen Gedanken so beschaffen / daß sie viel zu kurtz / das zukůnfftige zu ergrůnden. Als er einsten mit seiner Fürstin der Liebe gepflogen / erzehlet er / aus unbedacht / und Vertrauen erlangter Gemeinschafft / daß ihr verstorbner Herr sein Weib geschändet / und er sich an ihm gerächet etc. Hierüber erstaunte die Fürstin / und befürchtete /[411] daß er auch ihr / wegen geringen Wiederwillens / den Tod anthun möchte / lässet ihn deßwegen in das Gefängnis werffen / und nach deme er solche Mordthat nachmals bekennet / mit dem Schwert richten und viertheilen.

9. Also musste dieser Edelmann sich selbsten verrahten / und offenbaren / was keinem Menschen / als ihm allein wissend gewesen. Er hielte sich in der grösten Glückseligkeit versichert / und stürtzte sich /sonders zweiffel aus Göttlicher Schickung / in seine verdiente Straffe.


Wie das Glaß wann es gläntzt gebrechlich prangt
das zuvor Aschen ist von reiner Erden:
Also muß manches Glück zerbrochen werden
wann es hat seinen höchsten Schein erlangt.
118. Der ergrimmte Eifer
(CXVIII.)
Der ergrimmte Eifer.

Nach der Welt Urtheil scheinen die grossen Sünden in grossen Leuten klein / und die kleinen »Sünden / in kleinen und schlechten Personen groß / da doch für Gott kein Ansehen der Personen / und wer böses thut bleibt nicht für ihm.« Grosse Leute sagt David / fehlen auch / und sind so wol Menschen als andre: ja die Mächtigen werden auch mächtig bestraffet / wie nachgehends hiervon eine Erzehlung zu vernehmen seyn wird.

2. In dem Königreich Andalusia / lebte vor kurtzer Zeit ein Edler / Namens Minucio / welcher sich nicht vergnůgen liesse mit seiner Gemahlin / sondern wurff seine Augen voll Ehbruchs auf seines Unterthanen Jordans Weib / Lipsa genamt. Anfangs wolte diese ihrem Herrn kein Gehör geben / zierte sich aber mehr ihm / als ihrem Manne zugefallen / daß sie die Waar teurer zu verkauffen gehoffet / und weigerte [412] sich deß Anmutens mit dem Jawort in Geberden / nicht in den Hertzen.

3. Jordan wusste wol daß ein ströhener Herr einen eisernen Unterthanen frisst / und wolte sich mit dem Abschied hinter der Thůr retten. Lipsa war ein Weib /das ist / wankelmütig und unbeständigen Sinnes / beklagte sich bey ihrem Herrn / daß sie ihr Mann verlassen. Ob er sie getröstet / ist unschwer zu ermessen /und hatte sie seiner / wegen dieses Wechsels leichtlich vergessen.

4. Wie nun ein übel aus dem andern entstehet / und selten ein Laster allein zu finden: also war auch diese Lipsa nicht vergnüget / daß sie ihrem Mann Hörner aufgesetzet / und das Elend bauen machen / sondern sie gabe den Anschlag / man solte ihn / als einen Dieb beklagen / und also ům das Leben bringen / oder in der Gefängnis enthalten / daß ihr Handel mit dem Edelmann nicht offenbar werden möchte. Der Ehebrecher macht die Anstellung / daß der unschuldige Jordan in Verhafft gebracht / und für Gericht gestellet wurde.

5. Die Ankläger konten nichts erweisen / und ob man ihm zwar fleissig nachfragte / und sich seiner Feinde zu Zeugen gebrauchten: sagten sie doch alle /daß er nie nichts entwendet / und von Jugend auf einfältig gewesen / aber ein sehr loses Weib habe / der niemand mit Grund gutes nachsagen könne etc. Inzwischen hat Minucio bey der Lipsa seine Brunst außgelöschet / und wurde von ihme völlig erlassen.

6. Jordan war so bald nicht aus den Fesseln entkommen / so hatte er verstanden / daß sein Weib unterdessen sich rauben lassen / wie Helena von dem Paris / und daß sie vermutlich die Ursacherin seiner Gefängschafft. Diesen Wahn besterckte ihr Stoltz / in dem sie ihn verachtet / und Adeliche Gesellschafft suchte / daß sie deßwegen bey der gantzen Nachbarschafft ein böses Geschrey hatte.

7. Man sagt / daß wann der Löw deß Leoparts Spur bey seiner Hölen finde / daß er seine Löwin zerreisse / und dem Leopard nachstelle. Dieses [413] thäte auch Jordan / auf verreitzen seiner Befreunden. Zu Nachts erwürgte er sein Weib / mit anbrechendem Tage verwartet er den Edelmann / un fället ihn mit den Birschrohr wie ein Stück Wild. Hierüber wird er gefangen / und durch den Henker hingerichtet. Seinen Tod hat er mit grosser Standhafftigkeit erduldet / und sich getröstet / daß er sich gleichwol an seinem untreuen Weib und Ehebrecherischen Herrn gerächet /und seinem ergrimmten Eifer genug gethan.

8. Eifer ist ein brennend Feuer /
dessen überheisse Glut
lescht deß Ungetreuen Blut /
und bringt manches Abenteuer.
Diese Flamm' hat keinen Schein /
wo die Lieb ist keusch und rein.
119. Der Buler Mörder
(CXIX.)
Der Buler Mörder.

Folgende Geschichte scheinet fast einem Gedicht ähnlich / ist mir aber fůr gewiß erzehlet worden / von solchen Personen / welche glaubwürdig / und nicht Ursachen gehabt eine Fabel für warhafftig dar zu geben. »Die Unwarheit ist mehrmals der Warheit in etlichen Stücken gleich / und ist das keine Lügen zu schelten /was nicht zu deß Nechsten Nachtheil gereichet / und nicht gar unmöglich ist.«

2. Zu Ravenna einer berůhmten Statt in Italien lebten zu gleicher Zeit Sabellico und Rutilia Sohn und Tochter zweyer benachbarten Edelleute / welche nicht gar grosse Freunde mit einander waren. So bald nun diese Eltern ihrer Kinder Liebsneigung verstanden /haben sie ihnen beederseits verbotten / daß sie einander noch sehen noch mit einander reden solten. Dieses Verbot aber leschte die Flamme nicht / sondern war gleich dem Ohl / welches selbe noch viel brünstiger machte / und es also darauf setzten / und vorgaben /sie [414] hetten einander heimlich genommen / und die Ehe auch vollzogen / welches beedes aber nicht war / und unter ihnen nichts unehrliches vorgegangen / sondern sie verhofften daß man würde geschehen lassen was nicht mehr zu verhindern.

3. Hierüber eiferten nun die Eltern beederseits /und klagte Rutilia Vater den Sabellico / als einen Jungfrau Rauber an / bringt auch zuwegen / daß er in das Gefängnuß geworffen wird. Rutilia erkaufft den Kerkermeister / daß er ihren Liebsten außbrechen lässet / und thut ihm alle Beförderung / daß er auf einem Schiff nach Calabria abfahren / und aldar sich zu Otranto eine zeitlang aufhalten kan.

4. Als nun dieser Rutilia Vater sich an dem Gefangenen nicht rächen mögen / lässet er seinen Zorn an seiner Tochter aus / und verstösset selbe in das Gefängnis / sie entfliehet aber gleichfals / und nimmet Geld und Geldeswehrt / ihrem Sabellico zuzuziehen /wie sie auch in Mannskleidern gethan / und ihn zu Otranto angetroffen / da er sich in eine andre Jungfrau Damia genamt / verliebt / und als Rutilia solches unbekanter weise erfahren / hat sie sich in ihren Manneskleidern erkühnt / eben dieser Damia auch / als eine Mannsperson aufzuwarten / der Hoffnung Sabellico dadurch wieder zugewinnen.

5. Damia fande diesen Clarino (also namte sich diese verkappte Rutilia) viel schöner und höflicher als Sabellico / wendete deßwegen ihre Neigung von diesem auf jenen: deßwegen trachtete Sabellico diesen Nebenbuler vom Brod zuthun. Es fügte sich aber daß sie sich einander begegnen / und Sabellico Clarino nöhtiget von Leder zu ziehen / und sich zu vertheidigen / welches er / oder vielmehr Rutilia so schlecht gethan / daß sie durchstochen worden / und vor ihrem Tod / sich für die jenige außgegeben / welche ihres Vaters Ungnade auf sich geladen / ihme aus dem Gefängnis geholffen / und in so fern entlegene Lande nachgezogen.

6. Hierüber hat sich nun Sabellico hertzlich betrübet / und weil er der Damia Gunst niemals erlangen[415] mögen / diese seine Rutilia aber nicht wieder aufwecken können / hat er aus Traurigkeit die Welt verlassen / und fůr seiner Liebsten Mord Buß zu thun / sich in ein Kloster begeben / und darinnen sein Leben geendet.


7. Die Lieb' / ein blindes Kind / verführt die blöde Jugend /
entfernet von dem Weg der Ehren und der Tugend.
Das / was unmöglich scheint / die Liebe / leicht erhält /
biß daß die blinde Schaar mit in die Gruben fällt.
120. Die Entheiligung deß Sontags
(CXX.)
Die Entheiligung deß Sontags.

Unter allen Geboten Gottes ist keines das mit demNB. Gedenk- oder Merkzeichen gesondert ist / als das Dritte: Gedenk / sagt Gott / deß Sabbaths / daß Du ihn heiligest / (4. Mos. 15. v. 52.) und ist der Ubertretter solches Gebots / welcher nur einmahl / und sonders zweiffel zu seiner Nothturfft Holtz aufgelesen an dem Sabbath / aus Gottes Befehl zu Tode gesteiniget worden. Wir halten darfür den Sontag / und zwar nicht Jüdisch / daß wir nach Anhörung Gottes Wort die Werke der Liebe / als Almosen geben / Kranke und Gefangene zu besuchen etc. oder Werke der Noht / als mässig essen / trinken / Brief lesen etc. unterlassen solten. Ausser diesem aber halten wir für Sünde /gewinnsichtiger Handarbeit / oder unziemlichen Freudenfesten abzuwarten / welches Gott jederzeit ernstlich bestraffet hat / wie wir hievon etliche Beyspiele einfügen wollen.

2. Im Jahr nach unsers Erlösers Geburt 1382. den 13. Jenner / ist zu Londen in Engeland an einem Sontag / als das Volck in grosser Andacht der Bärenhätze zugesehen / das Gerüst eingebrochen / daß 8. Personen üm das Leben kommen / und unzählich [416] viel verletzet und gequetschet worden. Dergleichen hat sich auch 1638. auf der Fechtschul an einem Sontag zu Nůrnberg begeben / daß ihrer viel erdruckt und beschädiget worden.

3. 1559. Zu Kindstat in Franken / hat eine Spinnerin die Sontag über zu spinnen pflegen / und auch ihre Mägde darzu gezwungen. Einsten dauchte sie mit einander / es gienge Feuer aus ihren Spinnrocken / thäte ihn aber kein Leid. Den folgenden Sontag kam das Feuer warhafftig in den Rocken / wurde aber bald wieder geleschet. Weil sie nun dessen nicht geachtet /gienge den dritten Sontag das gantze Hauß von Flachs an / und verbrannte sie mit ihren zweyen Kindern / aber durch sonderbare Gnade Gottes wurde ein kleines Kind in der Wiegen erhalten / daß ihme kein Leid geschahe.

4. Starfort in Engeland ist zweymal in einem Jahr: und allezeit auf einen Sontag abgebrant / weil man daselbsten den Sontag pflegte zu entheiligen / und das Wort Gottes zu verachten. Zu Revorten in einer andern Statt / in der Grafschafft Devons gelegen / haben sie jährlich ihren Jahrmark an dem Sontag angefangen / mit grosser Entheiligung desselben / welches ihnen ein getreuer Kirchen-Diener offt verwiesen / und Gottes Straffe angedrauet. Nicht lang nach desselben Tod 1598. den 3. April schickte Gott ein Feuer dahin /welches 400. Wohnungen fast in einer halben Stunden hinweg genommen / daß nichts stehen blieben /als das Rahthaus / die Kirchen / der Spital / und etliche kleine Häußlein. In dieser Brunst sind über 50. Personen jämmerlich geblieben / und viel / so leschen wollen / beschädiget worden. Vierzehen Jahre hernach 1612. den 5. Augusti / ist eben diese Statt nochmals abgebrand / weil die Inwohner mit ihrem Schaden nicht klug werden wollen / und die Heiligung deß Sontags ferners verlaistet.

5. Einem Bauersmann der in die Mühl zu gehen /und an dem Sontag zu mahlen pflegte / ist sein Getreid zu Aschen worden. Einem andern der Korn [417] am Sontag in die Mühl trug / ist seine Scheure mit Korn dieselbe abgebrunnen. Discip. de Tempore. Einem Bauren der am Sontag pflügen wollen / und ein Eisen / das Pflugschar rein zu machē ergriffen / ist solches Eisen an seiner Hand angewachsen daß er es mit grossen schmertzen zwey Jahr also tragen müssen / da er nach vieler brünstigen Gebet / von dieser Plag wieder erlediget worden. Greg. Thuronens. tom. 2. de admiranda vindicta.

6. Wann wir ümfragen / warumb Gott bißhero so viel schwere Landstraffen über uns verhengt habe? wird die Antwort fallen / daß solches unter andern Ursachen / auch wegen Entheiligung deß Sabbaths beschehen: weil kein Tag in der gantzen Wochen / an welchem mehr Sünden begangen werden / als eben an diesem Tag deß HErrn / welchen der böse Feind gleichsam zu seinem Tag gemacht / und die Leute beredet / es sey genug / daß man ein Stůndlein in die Kirchen gehe / und ein kaltes Vater unser in eine warme Hauben bete: die übrige Zeit möge man mit Essen / Trinken / Spielen / unnützen Geschwätze /etc. zubringen wie man wolle. Es meldet aber Gott nicht von einer oder zweyen Stunden die man heiligen sol: sondern von dem gantzen Tag / und werden wir durch die Predigt und das liebe Gebet / als das vornemste Sontagswerk / mehr geheiliget / als der Tag durch uns / wie wir in der Vorrede unsrer Sontags Andachten umständig geredet haben / und sonderlich angeführet die nachdenkliche Wort unsers Kirchen-Vaters.

Du solt heiligen den siebenden Tag /
daß du und dein Hauß ruhen mag.
Du solt von deim thun lassen ab /
daß Gott sein Werk in dir hab.
121. Der gerochne Ehbruch
(CXXI.)
Der gerochne Ehbruch.

Wiewol alle Gebott GOttes sehr sträflich und eine Todtsünde würken / so ist doch in der andern [418] Tafel das sechste von dem Ehebruch und Hurerey fast das aller verdamlichste / in dem man wieder deß Nechsten unwiederbringliche Ehre / wieder seinen guten Namen / und Nachkommen / zuforderst aber wieder Gottes ernstliches Gebot / dessen Verbrecher Er mit der Steinigung zu straffen befohlen / sůndiget. Es bleibet auch selten die zeitliche Straffe aus / welche ein böses Gewissen stündlich zu fůrchten hat / wie dessen ein Exempel nach gesetzte Geschichte seyn kan.

2. In einer berühmten Statt an dem Donaustrom hielte sich ein reicher Herr / mit seiner Gemahlin /welcher Schönheit eine abscheuliche Tochter / nemlich unziemliche und ehbrecherische Begierde erzeuget. Die Kinder der Finsternis sind klüger / als die Kinder deß Liechts in ihrem Geschlechte / und ist »Frauen und Jungfrauen hüten eine vergebene Arbeit /massen es entweder nicht hilfft / oder unvonnöhten ist.«

3. Besagter Herr / welchen wir Rachold nennen wollen / war bey schwachen Jahren / Bellina aber seine Gemahlin noch frisch und jung / daß er also Ursach hatte mit ihr zu eifern / und sich wegen eines Helffers zu besorgen. Zu dem sahe er einen Jůngling üm das Haus spatziren / der ihm sehr verdächtig /weil er seine Fenster offt betrachtete / und allem Ansehen nach / Hörner zu verkauffen hatte. Weil aber sein Wahn nicht versichert / musste er stillschweigen / und seiner Gemahlin verhalten außkundschafften /damit er ihr auch nicht unrecht thun / und ohne satsamen Beweiß verfahren möchte.

4. Diesen seinen Verdacht verdraute er seinem Hofmeister / mit Bitt ihm zu Eröffnung der Warheit beförderlich zu seyn / welches er auch versprochen. Als sie nun vermeinen der Ehebrecher möchte in dem Hauß seyn / weil man ihn auf der Gassen stehen sehen und plötzlich verlohren / befihlt der Herr / er solte für der Kammerthür die Nacht ůber liegen bleiben / und weil das Zimmer sonsten keinen Außgang hatte / hoffte er seine Ehebrecherin zu ertappen / und gebührlich abzustraffen.

[419] 5. Bellina gabe ihrem Herrn und allen seinen Dienern einen starken Schlafftrunk / daß sie aus dem Bett / ůber den für der Thür liegenden Hofmeister unvermerkt gestiegen / ihr Angelegenheit mit dem Jüngling verrichtet / und sich alsdann wieder zu ihrem Herrn in das Bett gefunden / wie solches lang hernach eine alte Kammermagd außgesagt.

6. Nach dem sie nun das Sündenmaß erfüllet / und die Straffzeit verhanden / fügte sich / daß der Jüngling in ihrem Zimmer verborgen / von dem Hofmeister verrahten wird. Der Herr / so bald er solches höret /laufft er ergrimmt hinein / und sihet niemand als seine Gemahlin: deßwegen kehret er wieder zu rucke / und bespricht den Hofmeister / ob dem Angeben. Der Hofmeister bejahet es / sagend daß er verborgen /oder zu dem Fenster hinaus můsse gesprungen seyn.

7. Hierauf gehet der Herr in das Zimmer und fühlet mit der Hand / ob niemand hinter den Tapezereyen verborgen. Als er nun an das Ort kam / wo der Jüngling verborgen war / und ihn ergriffen / stösset er ihn seinen Dolchen durch die Tapeten in den Leib / und eilet solche That Kaiserl. Majest. anzumelden / welche ihn allergnädigst angehöret / und seine geübte Rache für unstraffbar erkennet haben sol.

8. Wie hefftig Bellina erschrocken / als sie ihren Liebsten todt zu der Erden sinken sehen / (weil ihm das Hertz getroffen worden / daß er kein Wort mehr gesprochen) ist leichtlich zuerachten. Sie hat nach wenigen Bedacht sich auf die Flucht gemachet / und ist endlich von ihrem Herrn gerichtlich geschieden / mit grosser Gewissensrug: und beharrlicher Traurigkeit /an der Schwindsucht gestorben.

9. In nicht gleich geparter Eh'
hört man endlich Reu und Weh.
Wer auch solche Bindnis bricht
wird mit flehen unversehen /
müssen stehen für Gericht.
Heurat dich zu deines gleichen /
sol das Glück nicht von dir weichen.
122. Der Beschwerer
[420] (CXXII.)
Der Beschwerer.

Der böse Feind ist ein tausendkünstler / der sich auch in einen Engel deß Liechts verstellen kan. Wer nun sich seinem Betrug vertraut / von dem kan man sagen / die Wort Sirachs c. 12. v. 13. Wann ein Schlangen Beschwerer gebissen wird / das jammert Niemand /sondern es sagt ein jeder daß ihm recht geschehen /weil er von diesen gifftigenThieren wol entfernet seyn können.

2. Dieses hat auch zu meiner Zeit (1625.) erfahren ein Zauberer zu Straßburg / welcher mit etlichen Studenten von Basel gefahren / und gehöret / daß man von den Gespensten geredet / und wie man selbe besprechen und beschweren solte / etc. dieses nahme er auch fleissig in Obacht / lernete die Wort deß Segens außwendig / und als er hörte / daß sich auf einem Dorf / ein solcher Geist sehen liesse / erkühnte er sich solchen mit den erlernten Worten zu besprechen. Das Gespenst sagte daß eine Bauren Magd ihr unehlich ermordes Kind der Orten vergraben / welches Geist nicht ruhen könte / biß die Dirn bestrafft / etc.

3. Dergleichen Besprechung mit den Gespensten hat ihn viel Geld verdienen machen / und ist er deß wegen in der Statt Straßburg und in dem gantzen Elsas bekant gewesen. Nach geraumer Zeit kommet der Ursacher solcher Gespenst zu ihm / und begehret /weil er ihn viel verdienen mache / so sol er ihm sein Kind / welches er erzeugen wůrde / ungetaufft geben. Dieses willigte der Bößwicht / zeugte aber kein Kind mit seinem Weibe / welcher seine Händel unwissend waren; deßwegen verfügte sich der Teuffel wieder zu ihm / und beredet ihn / daß er ihm mit seinem Blut Leib und Seel verschriebe.

4. Inzwischen / und nach solcher abscheulichen Unthat hat er sehr viel Gespenster den Reichen in die Häuser gebannet / selbt besprochen und gegen Almoß [421] geben an gewissen Tagen / oder Stifftung in arme Häuser / etc. wieder vertrieben. Sonderlich aber hat er die Sontag beobachtet / und vorgeben / kein Gespenst antworte ihm an solchen Tag.

5. Die Herren Geistlichen zu Straßburg haben diesen Beschwerer in das Gefängnis werffen machen /und weil er sich auf die Schrifft bezogen / daß kein Reich das mit ihme selbst uneinig wird / bestehen könne / und daß nicht er durch den Beelzebub / sondern durch Gottes Wort die Gespenster außtreibe: hat ihnen auch den Trotz geboten / daß sie deßgleichen thun solten / oder darbey seyn / wann er mit den Geistern rede / sie aber wolten Gott nicht versuchen. Kurtz zu sagen / er hat sich heraus gewunden / daß er wieder loß kommen / und den Gespensthandel ärger als zuvor getrieben.

6. Es fügte sich aber / daß er in einem reichen Hauß ein Gespenst vertrieben / mit dem vorgeben /daß man in das Waisen-Hauß 20. Fl. zahlen solte / so würde der Geist außbleiben. Dieses Geld wird ihme zugestellt / solches dahin zu tragen / welches er auch angenommen / aber etliche Gulden davon behalten /deßwegen er dann / auf der Herren Geistlichen inständiges anhalten / wieder in Verhafft gebracht worden.

7. In seinem Hauß fanden sich Briefe / Salben /Wurtzel und dergleichen / welche ihn nach allen Umständen der Zauberey verdächtig machten / daß man ihn auch an die peinliche Frage würffe / und doch nicht zu bekennen zwingen konte. Einer unter den Herren Schöpfen sagte / er solte den Speichel aus dem Munde speyen / weil er sahe / daß er die Lippen gleichsam verschlossen hatte: Sobald er solches gethan / hat er alles bekennt / und was er mit dem Satan gehandelt hatte / ausgesagt.

8. Als er einsten in die Verhör gehen sollen / und einen Abtritt zu nehmen begehret / hat ihn ein kohlschwartzer zottiger Hund zu einem Fenster aufgehoben / und als er vermeint / der böse Geist solte ihn darvon führen / hat er ihn herab in den Stattgraben fallen machen / von dar er wieder herauf geholet werden [422] müssen. Nach deme sich nun befunden / daß die ser Beschwerer viel verhext / gelähmt bezaubert / und üm das Gelt / mit seiner Beschwerung betrogen / ist er zum Todt verurtheilt worden / daß erstlich enthaubtet / hernach aber verbrennet werden solte / mit allem seinen Zaubergerät / wie erfolgt.

9. Als er nun außgeführet worden / hat er wenig gebettet / und ohne Andacht / sondern viel mehr geschertzet und des Henkers gespottet / vielleicht verhoffend / der Satan dem er gedienet / werde ihn in solcher Noht erretten. Auf dem Richtplatz aber ist ihm alles Hertz entfallen / hat zuzagen und zu zittern angefangen / und ist mit Judas Reue dahin gestorben /wie ich selbsten gesehen / und damals gemerket habe.

Weh dem / der Gott nicht vertraut /
sich auf seinen Feind verlässt /
wann er seine Falschheit schaut /
denkt er nicht was er gewest.
Er giebt ihm der Höllenkron /
als verdienten Sünden Lohn.
123. Der unschuldig erhengte
(CXXIII.)
Der unschuldig erhengte.

Es waltet eine Zweiffelfrage bey den Weltweisen: Ob ein unschuldiger Mensch / wegen deß gemeinen Nutzens könne hingerichtet werden? Diese Frage hat Caiphas der Hohepriester / mit ja beantwortet / und dem Volk geraten / daß besser ein Mensch sterbe für das Volk / dann das gantze Volk verderbe / entweder durch eine Aufruhr / oder durch der Römer eusserliche Gewalt / Fast dergleichen Rahtschlag hat auch jüngsthin den König in Engeland üm das Leben gebracht / und hat sich nachfolgende Geschichte zu meiner Zeit in Lyon begeben / welche gleichfals auf erstgedachten Lehrsatz abgesehen.

2. In besagter Statt hat es zwischen den Papisten und Calvinisten vielmals grosse Unruhe gegeben /wie dann die Glieder eines Leibs / so gleichsam [423] von zweyen Seelen oder Sinnen regieret werden / nicht wol können einig bleiben. Als sich nun 1627. zugetragen / daß Thomas Aldendorf ein Hessischer Edelmann / der Calvinischen Religion zugethan / und sich damals zu Lyon aufhaltend / durch ein hitziges Fieber / in Aberwitz geraten / hat er sich aufgemachet und ist in der Statt herum spatzieret / mit vielen abenteurlichen Gedanken und Geberden. Als er nun auf die steinerne Brucken über die Saone gehend das steinerne Crucifix gesehen / hat er mit denselben zu reden angefangen / und von dem Todten Bild Antwort haben wollen. Als nun der Stein / wie leichtlich zu erachten /stillgeschwiegen / hat er einen Stab geholet / und wieder Antwort erheischet / und weil solche nicht erfolgt / hat er auf das Bild zugeschlagen / und ein grosses Geschrey angefangen.

3. Unter den zugeloffnen Volcke wurde ein grosser Widerwillen: Die Papisten wolten ihn todt haben: Die Calvinisten entschuldigten ihn / als einen fremden und gantz aberwitzigen Menschen. Weil nun dieser Zwitracht sich von Stund zu Stund mehrte / mit Bedrauen und Scheltworten: musste der Königl. Statthalter seine Soldaten hinsenden / und den Ursacher solches Auflaufs in Verhafft nehmen lassen.

4. Der Catholische Pöbel wolte sich darmit nicht vergnügen lassen / sondern kame mit ungestimm für deß Statthalters Hoff / und begehrten den Teutschen zur Straffe zu ziehen / oder sie wolten diesen Frevler aus dem Gefängnis holen / und selbsten abstraffen. Der Königl. Statthalter wolte sie besänfftigen / aber alles vergebens / und hat dieses ergrimmte Thier / ich sage der gemeine Mann / noch Augen noch Ohren / in dergleichen Fall / aber wol Hände und einen Mund /der grosse Dinge redet. Man sagte ihnen der Thäter were aberwitzig / sie wolten es aber nicht glauben.

5. Weil nun der Königl. Statthalter sahe / daß durch dieses närrischen Menschen Tod / die Rottirer zu vergnügen / hat er einen Galgen / auf der Brücken /[424] gegen dem Crucifix aufrichten / und den armen Aldendorf / durch den Henker / daran henken lassen: ungeacht / er fast aller Vernunfft beraubt / und auf der Leiter / den Scharffrichter gefragt: Ob er nach Paris verraise? Die Calvinisten / als sie die grosse Menge gesehen / haben sich verkrochen / und geschehen lassen müssen / was sie nicht hindern können / befůrchtend / daß ihre Häuser darüber möchten geplündert werden / wie mehrmals zuvor geschehen.

6. Ob solches verantwortlich / wollen wir nicht urtheilen / dieses aber allein gedenken / daß die Rahtschläge / sie haben so guten Schein als sie wollen /wann sie bey Gott nicht verantwortlich / auch bey den Menschen nicht können gerechtfertiget werden. Die Gesetze der irrdischen Götter sollen gleichsam ein Gegen- oder Wiederhall seyn der Himmlischen Gesetze / und muß der Grund unsers Thuns die Ehre Gottes / und deß Nechsten Nutzen seyn / wann es sol wol hinaus gehen.

7. Ein tauber / lahmer / blinder Mann /
und sonst betrübter jammer Stand /
hat nichts zu klagen / wann er kan
gebrauchen seiner Seele Pfand
Sinn und Verstand.
Wer aber dieses ist beraubt /
ist gleich dem Rind und dummen Thier:
ja noch viel ärger / weil sein Haupt
entblödet / trachtet für und für
zu Schaden hier.
124. Straffe der Meuchellist
(CXXIV.)
Straffe der Meuchellist.

Die Geschichtschreibung nutzet nicht allein in Bemerkung der löblichen Helden Thaten / sondern auch in Beobachtung der sträflichen Begebenheiten geringer Personen: jene nachzuthun / diese zu verhüten und sich zu beobachtē / daß man nicht von den Land [425] und Leutbetriegern berucket werde: massen die Armut ihrer viel so listige Renke ersinnē machet / daß fast schwer ist sich aller Orten für zusehen. Dessen wollen wir zum Beschluß dieses fünfften Theils zwey Exempel / die sich 1626. begeben / beybringen / und alsdann uns wieder zu andern Sachen wenden.

2. Zu S. Angely in Frankreich ward geboren Jacob Balloufrau / eines Advocaten / oder gerichtlichen Fürsprechers zu Bordeaux Sohn. Von diesem seinen Vaterland / nennte er sich den Freyherren von S. Angel. Dieser war von Jugend auf ein scharffsinniger / aber an Sitten gantz unartiger Student / daß er auch in gar kurtzer Zeit seine väterliche und mütterliche Verlassenschafft mit seines gleichen durchgebracht / und einen bösen Namen dargegen bekommen. Ja er hatte noch mehr verzehrt / als er vermochte: Ich wil sagen /er machte viel Schulden / welche ihm bedrauten / mit der grünen Hauben (le bonet verd) die das Schandmahl ist derer so nicht zahlen können / und durch überfluß und üppisches Leben ihre Güter vergeudet.

3. Diesem nun zu entfliehen / nimmt er seinen Weg in Auvergne / da er einen Verrähter spielte und ihrer viel falsch angabe / und endlich in Gefahr stunde /daß er als ein arger Fuchs / in seinem Bau möchte gefangen werden: deßwegen er von dar entkommen /und in Champagne geraiset / da er sich zu Chaalons /mit einer Anna Rolant genamt / verehlichet. Diesem seinen Weib / entwendet er ihr Geld und Geldswehrt /kleidet sich darvon prächtig / und nimmet zu Montpellier noch ein Weib Francisca von Portuil genennet. Weil er aber befürchtet / er möchte außgekundschafftet werden / beraubt er auch diese / und nimmet seinen Weg nach Brüssel / da er sich wieder verheuratet mit Catharina von Mildeburg / die vermeinte / daß er mit grossem Reichthum begabt were.

4. Bevor er nun nach Brüssel kommen / ist er in Heuratshandlung mit einer Jungfrau zu Dyon gestanden / und darüber in die Gefängnis kommen / daraus er gebrochen / und nach Paris entloffen. Er [426] hatte zwar kein Geld / aber so viel List / Höfligkeit / und Beredsamkeit / daß er sich bey grossen Herren bekannt machen konte / und nach dem er viel außgekundschafftet / hat er bey dem Geheimen Rath vorgegeben / er wisse. 40. vorneme Herren / welche mit dem König in Hispanien Briefe wechslenden / und solche nach Brüssel einem Genueser zusendeten.

5. Dieses wurde nicht in den Wind geschlagen /ihme also bald Gelegenheit gemacht / daß der König mit ihm selbst geredet / 200. Kronen verehret / und damit nach Brüssel abgefertiget / daß er dem Frantzösischen Gesandten aldar den Genueser weisen / und die angegebene Verrähterey offenbaren solte. Nach 6. Wochen gabe er vor / der Genueser were in Engeland übergesetzet / und daß er ihn suchen wolle. Dem damahligen Feldherren deß Königs in Hispanien /Marggrafen Spinola / hat er eine guldne Ketten / dreyhundert Kronen wehrt / und ein jährliches Einkommen von 300 Pfunden abgeschwetzet.

6. In Engeland hat er dem König so unerwarte Nachrichtung von wichtigen Sachen gegeben / daß ihm der König eine Verehrung von zweytausend Franken thun lassen / und mit diesem Geld ist er ein grosser Herr worden / und wieder in Flandern übergeschiffet / da er nach Paris geschrieben / und Alfesson einen gewesnen Secretarium / oder Geheimschreiber deß Mareschalks Ancre / welcher ein Schottländer / angegeben / daß er und sein Vater darüber in Gefängschafft gekommen.

7. S. Angel hatte zu Brüssel Hauß und Hof erheuratet / wie vorgedacht / hielte Diener / eine Kutschen und etliche Reitpferde: weil aber das Englische Geld täglich abnahme / machte er sich nach Paris / den Beutel wieder zu spicken. Alfeßon verstande / daß ihn dieser S. Angel in Verhafft gebracht / und weil er sich zu rächen viel Betrügerey von ihm sagte / wurde er auch handfest gemachet / und in die Bastilia gebracht.

8. Nach dem sich nun dieser Betrüger sehr bemühet / [427] sich aus dem Netz zu winden / und dem König wunderliche Nachrichtung ertheilet: hat er sich dadurch noch verdächtiger gemachet / massen er auch / in etlichen Sachen falsch gefunden worden / daß man ihn an die peinliche Frage gespannt / und endlich die Warheit heraus gepresset / wie er vier noch lebendige Weiber / Wittiben hinterlasse / dreyen Königen Geld abgetrogen und andre viel unzehliche Bubenstücke begangen / auch den Alfeßon ohn Ursach beklagt etc. Deßwegen er auch an dem Strang erwürgen müssen.

9. Der sich dunket klug genug /
hält den Trug für seinen Pflug /
wird nach kurtzem Trug Verzug
auf sich bringen Gottes Fluch.
125. Der weltliche Mönich
(CXXV.)
Der weltliche Mönich.

Welche zugleich Geistlich und Weltlich sind / vergleichet man mit den Fröschen in der Offenbarung Johannis / die das Erdreich verunreinen / und die Frommen zu plagen pflegen: dann gleich wie die Frösche auf dem Land / und in dem Wasser leben / an keinem Ort aber nützen mögen / und mit dem Geschrey die Schlaffenden zu beunruhen: also sind solche weltlich-geistliche / und geistlich weltliche / die in allen Sachen die Hand / oder zum wenigsten das Wort mit in dem Spiel haben wollen.

2. Ein solcher zweyschichter war Denys Heerve /geboren zu Lambelle in Bretagne / und hat sich in seiner Jugend unter die Augustiner Mönichen begeben /zu Angers hernach ist er nach Tonars kommen / da er die Fasten über gepredigt hat / daß das Volk sehr wol damit zufrieden gewesen. Nachgehends ist ihm die Mönichs Kappen zu schwer worden / daß er auß dem Kloster entsprungen / und sich unter deß Hertzogen von Tremouille Schutz begeben mit Vorwenden / daß er wolle ein Hugenot werden / und deßwegen stůnden ihme seine Brüder nach dem Leben.

[428] 3. Die Augustiner Mönichen erfahren daß Herve bey besagtem Hertzog seine Freystatt gesuchet / und schicken deßwegen etliche dahin / mit Bitt / den entronnenen ihnen wieder zu geben. Der Hertzog antwortet / daß der König die Gewissen durch sein gantzes Königreich freygelassen: wann also Herve wieder in das Kloster gehen wolle / so begehre er ihn nicht aufzuhalten: wolle er aber nicht / so gedenke er nicht zu leiden / daß man Gewalt an ihm übe: hierauf hat er Herve fordern lassen / und ihn befragt: Ob er Lust habe ein Mönich zu bleiben oder nicht?

4. Herve schändet und schmähet die beeden Gesanden / sagt von ihrem Abbt / und den andern / was sie für ein sündliches Leben führten / ziehet seine Kutten aus / und wirfft sie ihnen für die Füsse / thut auch bald darauf offentliche Bekentnis der Calvinischen Religion / und verschweret die Catholische / mit so gelehrten Worten / daß ihn der Hertzog nach Montauban sendet / dem studiren ferners nachzusetzen /und steuret ihme darzu gute Mittel / welche er aber gar bald mit böser Gesellschafft durch gebracht / und wieder so wenig Geld gehabt / als zuvor.

5. Wenig Wochen darnach kommet er nach Tholouse / verdammt und verschweret die Hugenotische Religion / als eine Ketzerey / und wird wieder Päbstisch / stellet sich sehr andächtig / erbettelt viel Gelds / und erlangt von einer Abbtesin Vorschrifften nach Paris / an die Gräfin von S. Paul / welche ein neues Kloster bauen / und einen neuen Orden aufrichten wolte. Als er nach Paris gekommen / hat er mit vielen Geistlichen Kundschafft gemacht / sich einen Abbt von Vaillanc genennet / und sich für sehr reich außgegeben. Zu Zeiten hat er sich verkleidet / und ist nach Charanton / zu dem Hertzog von Tremouille / welcher nicht gewust / daß er wieder umgesattelt gekommen.

6. Er giebt vor / er sey zu Hof in grossen Ansehen /habe Hoffnung in Königl. Geschäfften gebraucht zu werden / erbote sich zu erweisen / daß dem Hertzog von Vendoma unrecht geschehen / und daß einer seine Handschrifft nach gemacht / und das Siegel [429] nachstechen lassen / darüber besagter Hertzog in Gefängschafft kommen. Die Hertzogin von Vendosme fasset dieses zu Ohren / und giebt ihm 200. Pistolet / mit noch fernern Versprechen / wann er das angegebene erweisen würde. Von diesem Geld bestellte er Knecht und Pferde / kleidete sich in Purpur und köstliche Leinwat / und gedenket also nicht mehr in das Kloster zu kommen.

7. Er begehrt bey dem König Verhör / welche er auch erlangt / weil er vorgegeben / daß er wichtige Sachen zu berichten. Es kannte ihn aber einer von den Hofleuten / und brachte zuwegen / daß er als ein Betrüger / der aus dem Kloster entloffen / in die Gefängnis geleget wurde / da er etliche Monat außgeruhet /und mit Hülffe eines Schlossers / der bey ihm gefangen lage / aus dem Gefängnis gebrochen / sich in einem Leilach hinab gelassen / und also darvon gekommen.

8. Nach kurtzer Zeit aber / als er wieder nach Paris gekommen / hat ihn der Schergen Haubtmann wieder in Verhafft gebracht / und weil er aus dem Gefängnis entkommen / und die Hertzogin von Vendosme betrogen / ist er als ein Dieb an den Galgen auf dem Creutz Platz / mit dem Strang von dem Leben zum Tod gerichtet worden.

9. Wer sein vertrautes Pfund so übel wendet an /
der ist ein Schalkesknecht: es wird von ihm genommen /
was man ihm anvertraut. Weil er nicht recht gethan
muß er zu seinem Lohn / die Streiche zwyr bekommen.

Ende deß Fünfften Theils.

Der Sechste Theil

Register der Geschichte deß VI. Theils
Register
Der Geschichte deß VI. Theils.
CXXVI. Die Menschen Wölffe.
CXXVII. Der schwimmende Stein.
CXXVIII. Die Betrübten Verliebten.
CXXIX. Baarrecht.
CXXX. Die Schlaffgänger.
CXXXI. Der gefangene Zipprianer.
CXXXII. Der doppelte Ehebruch.
CXXXIII. Der verzweiffelte Meerrauber.
CXXXIV. Die Rache Gottes.
CXXXV. Der gemarterte Jud.
CXXXVI. Die gezüchtigte Ehebrecherin.
CXXXVII. Zweyer Weiber Mann.
CXXXVIII. Die Plage der Pestilentz.
CXXXIX. Die gerette Unschuld.
CXL. Der unerhörte Kinder-Mord.
CXLI. Die tyrannische Eifersucht.
CXLII. Die bestraffte Blutschuld.
CXLIII. Die schändliche Verleumdung.
CXLIV. Der falsche Müntzer.
CXLV. Die verliebte Selbstmörderin.
CXLVI. Der Lügen Teuffel.
CXLVII. Der Rachbrand.
CXLVIII. Der gestiffte Falschzüngler.
CXLIX. Der Rachgeist.
CL. Der vermeinte Märterer.
126. Die Menschen Wölffe
[432] (CXXVI.)
Die Menschen Wölffe.

Es rühmet das Sprichwort der Wölffe Einigkeit; in dem ein harter Winter seyn muß / daß einer den andren / verstehe der ältere den Jüngern / oder der stärckere den schwächern fressen sol. Die Menschen aber sind in diesem Fall viel ärger / als die unvernünfftigen Thiere / in dem sie nicht allein einander mit den Waffen aufreiben / sondern auch sich durch Zauberey in Wölffe verstellen / und ihrem Nechsten zu schaden trachten: wie desselben unterschiedliche Exempel gefunden werden.

2. In dem Mitternächtigen Ländern schreibt Olaus /daß sich die Leute in der Christnacht in Wölffe verwandlen und grossen Schaden thun / andre anfallen /zerreissen / und so gar der jungen Kinder nicht verschonen. In Teutschland hat man auch unterschiedliche Exempel / daß Druten und Drütner sich in Wölffe verwandelt haben / und wann sie verwundet / oder daß ihnen eine Patten abgehauet worden / hat sich befunden / daß es Menschen Hände oder Füsse gewesen.

3. Also haben sich auch zwo Hexen / welche gesehen / daß ein armer Weinführer sein Geld in seinen Schubkarn verkeulet / sich in Schweine verstellet /ihme nechst der Statt Würtzburg fürgewartet / verjagt / [433] und mit ihren Waffen den Schubkarn zerbrechen wollen: ungefehr aber hat sie ein Wildschütz begegnet / und die eine darvon geschossen: welche also bald wieder zu ihrer ersten Gestalt kommen / und erwiesen / daß sie ein altes Weib gewesen.

4. Hiervon fragt sich nun: ob solches mit natůrlichen Ursachen geschehen könne? wie etliche wollen: oder ob solches eine Verblendung? Was die H. Schrifft von Nebucadnezar sagt / daß er zu einem Rind worden / das Graß auf dem Feld genossen / und nach neun Jahren wieder zu seiner ersten Gestalt gelangt / kan hieher nicht gezogen werden: weil solches von Gott / und nicht von dem bösen Feind beschehen. Also auch von Lohts Weib / von der Schlangen in Egypten und dergleichen. Was wir auch von Niobe /Lycaon dem güldnen / Esel / etc. lesen / das sind Lehrgedichte / und weiß man wol / daß eine vernünfftige Seel / den Leib eines Thiers nicht wesentlich begeistern / regieren und bewegen kan / weil kein Ebenmaß oder Gleichheit zwischen diesen beeden.

5. Viel glaublicher ist / daß der Tausendkünstler der Satan / den seinen einen blauen Dunst für die Augen mache / ihnen traumend einbilde / daß sie dieses und jenes verrichten / da sie doch an ihrem Ort liegend verbleiben / und als todt / unbeweglich schlafen. Also glaubte jener Prestantius / daß er in ein Mutterpferd verwandelt / den Soldaten Speiß und Trank zugetragen / welches sich zwar geschehen befande / er aber war nicht von der Stelle kommen / wie seine Kinder aussagten: daß man nicht anders wähnen können / als das solches von bösen Feind beschehen.

6. Wie ist möglich / daß eines Menschen Leib solte so klein werden / als ein Ratz oder eine Mauß ist /oder als ein Frosch / eine Katz / etc. daß aber die Verwundung sich an deß Zauberes Gestalt findet / beschihet würklich auch durch den bösen Feind an deß Zauberers Leibe. Ist also die Verblendung nicht eines wesentlichen Wolffs / sondern eines falschen Scheinbild / und weiß man wol / daß melancolische Leut ihnen dergleichen Abenteurliche Sachen einbilden / sich in Wäldern und Einnöhten aufhalten / [434] zu Nachts aber /wie die Wölffe hervor lauffen / und den Menschen und Viehe schaden wollen / ob sie gleich keine Wolffs Gestalt an sich haben.

7. Diese Krankheit kan auch entstehen wann einen ein rasender oder wütender Wolff gebiessen hat / daß solcher Bieß ihn der Wolffsart theilhafftig machet /wann er ihm nemlich solches hart und fest einbildet. Also hat ihr eine Dirne zu Breßlau in Schlesien eingebildet sie sey eine Katze worden / weil sie von einem Katzenhirn geessen. Ein andrer soviel Geißmilch getrunken / hat ihm eingebildet er müsse Graß und Kraut essen wie ein Geiß. Daß aber solche Verwandlung wesentlich beschehen / ist der Göttlichen Ordnung unter den Geschöpfen zuentgegen / und kan der böse Geist nicht eines in das andre verkehren.

8. Diesem nach sind solche Wolffs Menschen /kranke und melancolische Leute / welche ihnen einbilden daß sie solche Thiere / und alles zerreissen und auffressen müssen: massen zu Würtzenburg ein solcher in das Gefängnis kommen / der außgesagt / es sey kein besseres Fleisch als Menschenfleisch / und wer solches einmahl gekostet / nicht mehr darvon ablassen könne. Es werden aber diese Leute nach kunstgründiger Richtigkeit der Teutschen Spraache Wolff-Menschen genennet / weil sie Menschen sind / welche aus besagten Ursachen Wolffs Art und Eigenschafft an sich genommen.

9. Oder es sind Menschen Wölffe: wann der Satan seine Leute glauben machet / daß sie in Wölffe verwandelt sind: ob nun solches wesentlich beschehe (wie dann unter der Grösse eines Wolffs / und eines Menschen / der auf Händen und Füssen kreucht nicht viel Unterscheid) oder / ob der Teuffel ein Aas von einem Wolff belebe / oder sich / aus Gottes Verhängnis / in dieses Thier verstelle / oder darein fahre / wie in der Gadarener Schweine / ist nicht wol zu entscheiden / und gehöret zu der Frage: Ob dieser Trug- und Lügen Geist über die Natur würken könne oder nicht?

[435] 10. Der böse Geist ist ein gefallner Engel / welcher aus Neid die Sünde in die Welt gebracht hat / und noch täglich trachtet die Menschen / weil sie von Gott wehrter gehalten / als er / zu verderben. Dieser Geist hat seine Diener / die Hexen / Zauberer / und Gottlosen: wie Gott durch seine Knechte seinen Willen vollbringen lässet. Etliche nun von solchen Unholden unterrichtet er mündlich / oder schrifftlich / wie sie mit Beschwerungen / Figuren / Bildern / etc. übel stifften sollen: bedienet sich auch wol etlicher Wort aus der H. Schrifft / in verkehrtem Verstand / und gereichen alle solche Sachen zu deß Leibs und der Seelen Schaden / aus gerechtem Gericht Gottes / ohne welches Verwilligung kein Haar von unsrem Haubt fallen kan.

11. Dieser Aff deß Allmächtigen will seine Werke nachmachen / und ist der Cirkel / welchen seine besagte Diener üm sich zu schreiben pflegen / eine Nachahmung Göttlicher Vollkommenheit. Mit etlichen redet er aus verfallenem Gemäur / weiset sich in Gläsern / in Krystallen / giebt ihnen allerhand Pulver /welche theils schwartz und töden / rot und kranck machen / weiß / und heilen sollen / deren Farb ist zwar ohne Würkung / ihr Meister aber bringt dardurch das versprochene oder angedraute zu wegen. Die Weiber /welcher Verstand schwächer / als der Männer sind der Verblendung dieses Tausendkünstlers viel fähiger /und macht er sie glauben / was nicht ist und nicht geschehen kan: weiln wir aber solcher Würkungen gründliche Ursachen nicht wissen / halten wir für Wunderwerk / was doch offt natürlich zugehet.

12. Der Satan ist ein Fürst der Lufft / und kan unsre schwache Augen leichtlich betrůgen / daher hat er auch Mittel Wetter und Winde zu erwecken / den Früchten zu Schaden / und hat eine Zauberin in Finnland / die Statt Silhtok in Schweden gantz abgebrennet / im Jahr 1533. Was Job durch diesen Verderber für Leid zugefüget worden / ist aus der H. Schrifft bekannt. Das Ungeziefer mag auch der Satan leichtlich zuwege bringen / weilen er ihren Stoff / [436] und wie solches erzeuget wird wol weiß / und meisterlich zu werke bringen kan. In dem wir nun solches nicht sattsam verstehen / so können wir auch nicht wissen / ob / und was er übernatürlich würke / welches zu Zeiten auch seyn kan / wann es Gott ihm zulässet.


13. Gott ist und bleibt doch gerecht:
den er ob verůbten Stunden
machet seine Straff empfinden /
quält der Höllen Henkersknecht.
Wer am Höchsten sündigt nicht /
fürchtet auch nicht sein Gericht.
127. Der schwimmende Stein
(CXXVII.)
Der schwimmende Stein.

Deß Menschen Verstand hat sich jederzeit in allen Elementen sinnreich erwiesen: In den Lüfften übet man das Federspiel; auf der Erden jaget man; unter der Erden gräbet man das Metall; auf und unter dem Wasser schwimmen die Schiffe und Menschen: massen Cornelius Trebel in Engeland eine Art Schiffe erfunden / welche unter dem Strom gehen / und auch die Muscheln und Perlen suchen können. Von den Luffthosen ist zu lesen in Daniel Schwenders Matthematischen erquickstunden / und sollen solche sonderlich zu dem schwimmen dienstlich seyn / von welchen wir nachgehends eine denkwürdige Erzehlung anfügen wollen.

2. Im Jahr 1627. als dem Herrn von Toiras die Festung in der Insel de Ré / unferne von Rochelle gelegen / anvertraut / und er mit den seinen grosse Noht darinnen gelitten / auch den Engeländern etliche Sturme abgeschlagen / und keine Zeitung aus deß Königs Läger für Rochelle haben kunte / wurd er willens seinen Zustand dahin zu berichten / und zu solchem Ende etliche Soldaten abzuschicken.

3. Die Engeländer hatten die gantze Insel / [437] ausser die Festung / alle Oerter wol besetzet / und ihre Schiffwachten bestellet / daß auf dem Wasser nicht fort zu kommen. Nach langer Berathschlagung fanden sich ihrer drey / welche erbötig waren in das Läger fůr Rochelle (so dritthalb Meil von der Insel / und in Abwesenheit deß Königs / dem Hertzog von Angoulesme anbefohlen war) zu schwimmen und schrifftlich oder mündliche Nachrichtung zu überbringen.

4. Diese drey wurden nun unverzögert abgefertiget / auf einen Abend aus der Festung gelassen / und als sie biß zu der eussersten Spitzen der Insel gewandert /haben sie sich außgezogen / die Briefe in blechern Bůxen an den Halß gehangt / und also zu schwimmen angefangen. Die zween sind bald ersoffen; der dritte aber Namens la Pierre / oder Peter ein Gasconier ist mit grosser Lebens Gefahr ůberkommen. Die Engeländer haben ihm mit einem Renn-Schifflein nachgesetzet / daß er sich vielmals müssen untertauchen /wie ein Taugerlein / und ihnen also entschwimmen.

5. Eine halbe Meilwegs hat ihn das Ungewitter sehr gehindert / und auch etliche Fische / der Regen /der Wind und ist er endlich so schwach zu Lande kommen / daß er sich nicht mehr aufrecht halten können / sondern auf allen Vieren / wie das Vieh daher kriechen müssen. Sein Hemmet welches er auf den Haubt / wie eine Schlafhauben gantz naß erhalten hatte / legte er wieder an / und beredete einen Bauren / daß er ihn in das Läger brachte / da er dann wol empfangen worden / seine Briefe sendete der Hertzog bey einer eignen Post dem König / welcher ihm jährlich 100. Kronen Einkunfften verehret / und kostbarlich beschenket.

6. Hierüber wurden nachfolgenden Inhalts Lateinische und Frantzösische Verse gemachet.


Hör Nachwelt was ich sag! es ist gewiß geschehen /
ob du gleich solche That vorzeiten nie gesehen.
[438]
Ein Stein (la Pierre) schwimmt auf dem Meer und bringt dem Heere Post:
die Flut ist sein Getrank / der Nebel seine Kost
die Nacht und Todesfurcht hatt' ihn hieher geleitet /
und ihme Weg und Steg im Wellenfeld bereitet.
Wie jener (Quintus Curtius) in die Gruft der Erden sich gestürtzt /
aus Lieb deß Vaterlands / und dardurch abgekürtzt
den Faden seiner Tag': und wie Leanders Leben /
ob seiner Heros Lieb' / im Wellen wollen schweben /
so hat auch der Soldat / sich in das Meer gewagt /
das seinem Vaterland die grosse Treu behagt.
Neptun erstaunt hierob / und Colus ergrimmet /
daß dieser kůhne Mensch gleich Wasser Göttern schwimmet.
Er hat bey diesem Krieg den wolverdienten Preis /
man lobt die Helden That mehr / als Ulyssis Rais.
128. Die Betrubten Verliebten
(CXXVIII.)
Die Betrůbten Verliebten.

Wie Treu und Glauben zwischen den Unterthanen ein Band ist ihrer Einigkeit / und beharrlichen Wolstands: Also ist auch die Ehliche Pflicht die Verbindnis aller Glückseligkeit / wann Mann und Weib sich wol begehen: so aber eines Bundbrüchtig wird / so hat Heil und Segen ein End. Dieses beglaubt die tägliche Erfahrung / und ist sonderlich merckwürdig / daß Gott eine Freude über der Ehleute Einigkeit / Sirach 25. 2. Der böse Feind aber freuet sich über ihrer Uneinigkeit / und führet die widerigen Ehegatten so lang an seinen Stricken / biß er sie endlich in seine Gruben stürtzet.

2. Dieses hat auch erfahren Emilia und Camillo bürdig von Areza einer Statt in dē Florentinischen gelegen. Diese beede waren als Kinder mit einander [439] auferwachsen / wiewol Camillo gar schlechtes Herkommens / und wegen seiner Armut von der Emilia Vater aus erbarmen / in sein Hauß genommen und erzogen worden. Daß die Lieb ein Kind / hat sich auch bey diesen Kindern / in voller Unschuld erwiesen. Nach deme sie nun die Jahr geschieden / und Camillo zu einem Organisten in die Kost gedinget worden / hat sich dieser beeden Liebsneigung / mit aller Beschei denheit je mehr und mehr verbunden / da doch Camillo wegen seiner schlechten Ankunfft keine Hoffnung Emiliam zu heuraten schöpfen mögen.

3. Als nun die Emilia die vogtbaren Jahre erlanget /ist sie von ihren Eltern einem alten und sehr reichen Kaufmann vermählet und beygeleget worden: jedoch wider ihren Willen / und hatte sie ihren Camillo / welcher ihr an Jahren und Schönheit gleicher / als Cornelio / in dem Hertzen und den Alten in den Armen. Gezwungener Eid ist Gott leid: gezwungene Ehe bringt stetigs weh / und erlischet offt die gröste Liebesflamme der jungen Eheleute / zugeschweigen / daß solche unter den außgebrannten Aschen / der alten Greisen lang solte können erhalten werden.

4. Kurtz zu sagen / Emilia liebte Camillo / und wurde von ihm wiederumb geliebt / daß er Gelegenheit gesuchet in ihrem Hause zu übernachten / und seine Ehebrecherische Gedancken werckstellig zu machen. Nach dem solcher etlichmals geschehen / fügte sich daß Camillo in dem Hause als ein Dieb ergriffen / und von der Wacht in das Gefängnis geführet würd. Er bekennte daß er habe stehlen wollen / sey aber an solchem Vorhaben gehindert worden. Der Bischoff deß Orts / unter welches Bottmässigkeit er / als ein Organist / war / gabe ihm einen Verweiß / und bedraute ihn / daß er nicht solte wieder kommen: weil er wegen eines andern Diebstals verdächtig war.

5. Diese Verliebte Betrübten liessen aber nicht nach / in ihren sündlichen Leben / und musten endlich / weil sie die Gefahr geliebt / darinnen umkommen /wie folgen wird.

[440] 6. Als auf eine Zeit die schöne Emilia auf ihrem Landgut / einem Dorf unferne Arezo gelegen / sich aufhielte / und Cornelio ihr Mann / wegen seiner Handlung nach Florentz verraisen musste / kam der Organist dahin / und besuchte seine Emiliam. Weil aber der Mann etliche Wächter bestellet / unter den Schein sie wegen eines feindlichen / oder vielmehr freundlichen Einfalls zu versichern / hat sie ihnen einen Ohm Wein zu vertrincken gegeben / und also ihren Camillo bey der Nacht den Weg gebahnt / daß er unverhindert sich bey ihr einfinden mögen.

7. Als nun Cornelio zu Florentz in seinem Gewerb den Gewinn / in seinem Hauß aber die neuangeschossnen Hörner behaubtet / sagt ihm seiner Freunde einer / daß er Camillo nicht auf der Orgel spielen hören / und daß er vermutlich sich auf einem andern Werck üben würde. Hierüber erstaunete Cornelio /setzet sich so bald auf sein Pferd und eilt nach Hause / sich seines Argwahns zu versichern.

8. So bald er nun auf seinem Landgut ankommet und von dem Pferd abgestiegen / eilte er zu seiner Schlafkammer / und findet selbe versperrt. Emilia und Camillo wurden in ihrer Arbeit verstöret / und verbarge sie ihren Bulen nach genommenen kurtzen Bedencken / hinter etliche Bretter / nechst bey dem Gemach / da man den Abtritt zu nehmen pflegte. Nach diesem stehet sie auf / eröfnet die Thůr ihrer Kammer / und stellet sich als ob sie aus tiefem Schlaff erwachet. Der Mann sahe sich üm: er suchet hin und her und giebt zu erkennen / ein sondre Empfindlichkeit und Beschwernis / wegen ihme aufgesetzter Oxenkron.

9. Emilia konte ihr die Warheit leichtlich einbilden / fängt deßwegen an ihrem Hanrey ein Lobspruch zu singen / und nennet ihn durch das gantze A b c etc. einen Albern / Blöden / Caspar / einen Dölpel / Esel /Flegel / einen Gaugen / Hasen / Juden / der nur seiner Schinderey nach jage / und seine arme Frau zu Hauß in der Eimsamkeit lasse etc. In dem nun der Mann einen Abtritt nehmen will / ersihet er Camillo [441] zwischen zweyen Brettern / lässet sich aber solches nicht mercken / sondern versperrt die Kammer und eilet seiner Frauen Freunde / welche eben damals auf die Kirchweye in das Dorf kommen / zuholen / sie zu Schanden zu machen / sich wegen deß Ehebruchs /von ihr scheiden zu lassen.

10. Sobald nun der Hanrey hinweg / berahtschlaget sich diese beede / wie sie aus der Angst zu retten. Der Entschluß ist / Camillo sol sich an dem Leilach von dem Fenster hinunter lassen / welches er auch glücklich gethan. Als nun die Befreunden kommen / und keine Mannsperson in der Emilia Kammer finden können / haben sie den Alten beschwätzt / daß er durch die falsche Brüllen seiner Eifersucht gesehen /was nicht seye: daß er also üm Verzeihung bitten müssen. Camillo aber wolte dem Landfrieden nicht mehr trauen / sondern machte sich nach Florentz /weil er befürchtet / daß er das dritte mahl die alten Schulden würde zahlen müssen.

11. Als nun Emilia vermeint / sie were der Menschen Strafurtheil durch ihre Klugheit entwischet /schickte Gott eine Seuche in ihr Hauß / daß sie geling rasend und von ihren Camillo fablend / ohne Bereuung ihrer Sünden dahin gestorben / und Cornelio samt allem seinen Haußgesinde gleichfals von der Pest hingerafft worden.

12. Camillo hörte diese traurige Zeitung / betrübet sich so sehr darüber / daß er gleichsam von Sinnen kommt / in den Wald laufft / und weil man nichts ferner von ihm gehöret / sich vielleicht selbsten üm das Leben gebracht: massen der böse Geist welcher solche Leute geistlicher weise besitzet / nicht nachlässet / biß er sich ihrer solcher Gestalt versichert.


Ein verruchtes böses Leben
kan kein gutes Ende geben:
der verachtet Gottes Gnad /
büsset / aber viel zu spat.
129. Baarrecht
[442] (CXXIX.)
Baarrecht.

Es fragt sich: Wie man dieses Wort recht schreiben sol / damit es von andern gleiches Lauts unterschieden werden möge? Die Baar oder der Sarch ist das Gehäuß oder die Truen / darein man einen Leichnam zulegen pfleget (feretrum) bar ist die Haubtendung als straffbar lehenbar / zinßbar. Bahr (purus) als bahr Geld / par (à parietate) ein par Handschuhe / Stiefel etc. Also hat dieses wie viel anders seine gewisse und kunstgrundige Richtigkeit / wann man nur solche Belieben beobachten wolte.

2. Durch das Baarrecht aber wird verstanden /wann über einem Ableib die vermuteten und zweiffelhafften Thäter geführet / daß desselben Bluttriefen den Mörder zu erkennen geben soll. Hierüber ist nun unter den Juristen ein grosser Streit / ob solches Bluttriefen allein eine genugsame Ursach / daß man einen solchen verdächtigen Ablaugner sol an die peinliche Frage strecken. Wie hiervon zu lesen Anton Thessaur. decis. 173. Delrio in Comment. in Octav. Senecæ v. 127. Guil. Onciarc. quæst. 36. Bockel in discuisit. Crim. 6. v. 5. Bisciol. horar. subcesivar. 2. l. 15. c. 1. Kornman. de mirac. mort. l. 10. Ioseph. Sesse decis. Arragon. 111. Bullæ. dec. Consil. 1. f. 22. Consilio Altorph. 32. Die natürlichen Ursachen hiervon sind zu lesen in dem CCXXVI. Gesprächspiele §. 44. daß wir solche hieher zu widerholen unnöhtig erachten. Wie es nun bey solchen Baarrecht hergehet / ist vielleicht wenigen bekant / weil dergleichen Fälle sich selten begeben / und die Juristen hierüber viel Streitens haben. Wir wollen etliche Exempel beybringen / und den Leser zum Richter wehlen.

[443] 3. In Hispanien ist auf eine Zeit ein Schäfer / Namens Laurent Borres erschlagen / und sein Leichnam hinter ein Gesträuß verzeschet worden. Die Richter deß Orts liessen fleissig nachsuchen / wo doch dieser Schafhirt hingekommen / und ist er endlich nach vier Tagen der Ableibung gefunden worden / unter dem Gesträuß / wie gesagt / und etlichen Steinen / weilen es den Mördern vielleicht an Hauen und Karsten ermangelt ihn einzuscharren. Diese That ist ohne Zeugen beschehen / und ein blosser Argwahn gewesen auf die herumwohnenden Nachbaren / welche alte Edelleute waren Namens von Varguas / Monserratus /und Johannes Frantz genennet. Diese wurden in Verhafft genommen / und einer nach dem andern zu dem Leichnam geführet. So bald der erste den Verstorbnen angeblicket / ist aus den Wunden das Blut häuffig gestrudelt / biß er wieder abgetretten. Als der andre herbey kommen / hat der ermordte mit seiner rechten Hand auf die Wunden / und dann auf den Thäter gedeutet. Hierüber ist der Verlauf zu Papier gebracht /die umstehenden Zeugen darinnen benamt / und diese beede als Mörder nach dem sie die That bekennt /hingerichtet worden. Im Jahr 1607. den 25. April. Joseph Sesse in vorangezognem Ort.

4. Dergleichen hat sich auch zu Wertheim in Franken begeben. Ein todter Leichnam wurde zu Nachts auf der Gassen gefunden: 36. Stunde hernach als der Leichnam etliche Stunde unter dem freyen Himmel gestanden (damit man nicht wähnen können die bewegung mache die Wunden bluten /) ist darüber geführet worden Baltas und Niclas N.N. der Cörper aber hat kein Zeichen von sich gegeben. Diese beede waren darvon gegangen / wie sich der Streit angehebt und also unschuldig.

5. Auf fürführen Jörg N. hat der Cörper aus dem Mund blutig Schaum gegeben (dieser ist darbey gewesen hat aber nicht Hand angeleget doch den Streit angefangen und das ärgste darzu geredet) nach dessen Ab- und Vorführung Clausen Wächters / [444] (welcher nach seinem Vorgeben / Fried machen wollen / und dem Entleibten die Helleparten genommen) hat gedachter Cörper Blut gegossen aus den Wunden über dem Hertze / und selbes gebebet / als ob der entleibte noch lebte. Dessen ungeachtet / hat der Wächter den Eid geleistet / und (1.) zween Finger auf deß entleibten Mund (2.) auf den Stich / und (3.) auf den Nabel gelegt / und dreymals dem Pfarrer / der ihn seines Gewissens erinnert / den Eid nachgesprochen / den Todschlag aber nicht bekennen wollen.

6. In Gegenwart Lorentzen N. mit welchem der Entleibte / da er den Stich bekommen / zu thun gehabt / und gerungen / hat der Cörper abermals blutigen Schaum aus dem Munde gegeben / und etwas Blut aus den Wunden. Deß folgenden Tags hat sich der Wächter und Lorentz für einen Thäter angegeben /weil sie beede ihn / wegen geringer Zank-Ursachen ümgebracht. Ist ihnen auch nach ihrer That gelohnet worden.

7. Eine löbliche Erforschung deß Todschlägers war auch diese / welche Ferdinand Gonzaga zu Mantua gebrauchet. Unter vielen war ein unbekanter Todschläger / solchen zu erkůndigen / befihlt er sie sollen alle die Brust entblösen / gehet hernach ümher /greifft einem jeden mit der Hand auf das Hertzgrüblein / und als er einen / dem das Hertz vor allen andern gebebet betastet / spricht er: Du hast es gethan. Darüber erschrickt der Thäter und bekennet die That. Diese Erforschung hat seine natürliche Ursachen / und ist auch das bey etlichen verdächtigen eines Diebstals wol angebracht worden.

8. Hier muß ich beysetzen / was Regmann in seiner Lübeckischen Chronic. am 171. Blat vermeldet. Im Jahr 1532. schreibt er / ist der löbliche friedsame König Friederich in Dennemark gestorben / und ist sonderlich zu bemercken / daß / als gedachter König verschieden auf der Erden gestanden / darzu mit Balsam und Waxtüchern in einem verpichten Sark verwahret worden / daß der Leichnam doch geblutet /daß [445] das Blut heraus geloffen / so häuffig / daß man Gefässe unterstellen müssen / das Blut auf zusamlen. Weil nun das bluten aus einem todten Cörper nicht natürlich / hat Gott sonder zweiffel damit wollen anzeigen / das grosse Blutvergiessen / so nach dieses Königs Tod erfolgt etc. Dergleichen sol sich auch bey jüngst verstorbnen Königs in Dennemark Beysetzung begeben haben.

Wer Menschen Blut vergeusst / deß sol man nicht verschonen;
es sol das Blutgericht ihm nach Verdienste lohnen.
Es ist ein Mann deß Bluts für Gott ein rechter Greuel (Ps 5. 7.)
der dort anstimmen wird der Höllen Angst Geheuel.
130. Die Schlaffgänger
(CXXX.)
Die Schlaffgänger.

Diese werden auch Nachtmännlein / Nachtfertige /Schlafflauffer / etc. genennet / und wollen wir wegen deß Namens keinen Krieg anfangen; wann auch jemand wie jener den Schnee wolte schwartz heissen /weil die Namen nicht eingeschaffen / sondern nach allgemeinem Belieben der Menschen erfunden worden: daß also einer wol die schwartze Farbe weiß /und die weisse schwartz nennen könte / wann er sich von dem alten Gebrauch absondern / und eine widersinnige Sprache aufbringen wolte / die beliebte Nachfolge aber hette er nicht zu gewarten. Das Wort Schlaffgängere kommet mit dem lateinischen Noctambulones ůberein / und ist der Sache gar gemäß / weil solche Leute bey Nachts in dem Traum aufstehen /herüm wandern / und doch kein Aug nicht aufthun.

2. Von den Ursachen dieser Krankheit können sich die Gelehrten nicht vergleichen. Paracelsus schreibet solche den Geistern zu / welchen die Nacht / wie den Leibern der Tag gewidmet sey / und wie Sonn [446] und Mond ihren Lauff wechselweis verrichten. Also / sagt er / führet den Menschen bey Tag sein guter Engel: bey der Nacht der böse Engel / der den Geist kränken kan / und in dem Traum der Menschen herümfůhren auch in gefährlichste Ort / jedoch ohne Schaden / weil er nicht mehr Macht hat / als ihm Gott zulässet / und solchen durch den guten Engel verhindert. Wann nun solche Geister / durch Benamung deß Schlaffgängers irr gemachet werden / erschrecken sie von der Menschen Stimm gleicher massen / als ein Mensch durch die Stimme eines Geistes etc. Dieser Meinung ist auch Kornmann am 199. Blat von Wunderwerken.

3. Der berühmte Johan Schenk und Andreas Laurentius bringen andre Ursachen / und wollen / daß solches nur bey denen zugeschehen pflege / welche güssendes und schaumendes Geblůt haben / das durch die starcke Einbildung (wie auch theils Thiere zu haben pflegen) erreget / und doch so verfinstere / daß sie die Gefahr / in welcher sie sich begeben / nicht erkennen mögen. Zu diesem kommet die Hitze und Trökne deß gantzen Leibes / welche diese Leute klimmen / und steigen machet / wie die Affen / Katzen / oder Geise / so alle dergleichen Leibsbeschaffenheit haben. Wie nun in dem Schlaff die Bewegung nicht aufhöret / sondern der Mensch muß Odem schöpfē / kan sich auch unwissend von einer Seiten zu der andern wenden: Also ist kein Wunder / wann solche Bewegungen bey einem Menschen / der / wie vor gedacht beschaffen ist / stärker / als bey den andern: massen auch die Träume unterschiedlich / welche von der Einbildung ihren Ursprung haben. Wann ihme nun ein Mensch einbildet / oder sich gelüsten lässet dieses oder ienes zu thun / die Vernunfft aber hält ihn bey Tag davon ab / und er entschläfft über dieser Einbildung / ist sich nicht zu verwundern / daß er solches schlaffend unternimmet: wann ihme diese Zuchtmeisterin nicht mehr Einhalt thun kan. Daß sie aber in solcher Bewegung nicht anfwachen / ist die Ursache / weil ihre Häubter mit so gar starken Dämpfen / daher der Schlaff entstehet / angefüllt. Genug von natürlichen Ursachen [447] wir wollen etliche Schlaffgänger auf den Schauplatz stellen und sehen / wie sie der blinden Kuhe spielen.

4. Gundisalvus ein Schulmeister / welcher in einem Kloster zu übernachten pflegte / hatte in dem Gebrauch / daß er zu Nachts lehrte / schalte / sange etc. wie bey Tags. Der Bruder / in dessen Zellen er lage /bedrauete ihn / er solte zu Nachts stille seyn und ihn ruhig schlaffen lassen / oder er wolte aufstehen / seine Ruten nehmen und ihn / wie er seine Schüler damit streichen. Der Schulmeister fasset dieses zu Gedancken / und entschläfft darüber. Zu Nachts stehet er auf nimmet eine lange Scheer / und gehet zu deß Bruders Bett / welcher zu allem Glücke gewachet und bey hellscheinendem Mond / diesen Nachtgänger gesehen / und sich hinter das Bett verkrochen. Gundisalvus aber näherte sich dem Bette / und stösset die Scheer etlichsmal in das Haubtküß / legt sich hernach wieder nieder. Deß folgenden Tages wusste er nichts darumb / sondern sagte allein / daß ihm getraumt / der Bruder sey mit der Ruten zu ihm kommen / und er habe sich mit der Scheer vertheidiget. Delrio I. 1. disquis. Mag. c. 3. qu. 3. fol. 15.

5. Es ward auch einer so nachtfertig sagt Bodin /dem folget sein Gesell / nach dem er ihn aber sahe in einen Bach eilen / wolt er ihm nicht nachsetzen / sondern hielt ihn hinter sich / und ruffte ihn bey seinem Namen / alsbald sanke der Schlaffende nieder und ersoffe l. 3, Dœmon. c. 6. am 190. Blat.

6. Vorgedachter Kornmann schreibt daß ein solcher Schlaffgänger einen Knaben unwissend habe ümgebracht. Galenus I de musculorum moru c. 4. erzehlet / daß er selbsten fast eine gantze Meile / bey tausend Schritten schlaffend gegangen / und nicht erwachet biß er sich an einen Stein gestossen / und alsdann befunden / daß ihm solcher Weg / den er zu raisen willens nicht saur worden. Etliche haben schlaffend gekochet / gearbeitet und sonsten das gethan / was sie Tags zu thun pflegten.

[448] 7. Hierbey fragen die Juristen / ob ein solcher Schlaffgehender Todschläger / an dem Leben zu straffen? Die meinsten sagen nein darzu / doch mit der Bescheidenheit / daß sich ein solcher Mensch selbst in acht nehmen / einsperren oder wol gar sol anbinden lassen: und scheinet der Satan habe die Hand mit in dem Spiel / oder ein solcher habe den Vorsatz einen zu tödten. Guil. de Cuno in l. Divus ff. de offic. Præsid. Tiraquell. in tract. de pœnis remittend. & temperand. caus. 5.

8. Einsten erzehlte einer einem Fuhrmann daß er den Gebrauch habe in dem Schlaff aufzustehen / und in der Kammer herum zu rumoren / solte sich deßwegen nicht fůrchten / weil sie Schlaffgesellen waren. Ach nein / sagte der Fuhrmann ich habe den Gebrauch / daß ich mir Nachts einbilde ich fahre und treibe meine Pferde / legte ihm auch seine Geissel zur Hand: als nun der Schlaffgänger aufgestanden / hat ihn der Fuhrmann so lang gepeitscht / daß er nach Gott schreyen mögen / sagend / daß dieses sein Gebrauch /er solte sich nichts hintern lassen / er habe mit seinen Pferden zu thun / etc. Hierdurch ist der Schlaffgänger dieser Einbildung erlediget worden. Die Artzney kostet nicht viel.


Die Sünd' ist unser Schlaff' in dem wir uns vergehen /
aus blinden Unbedacht. Die Nacht die Eitelkeit
macht uns / doch unerwacht in der Gefahre stehen.
Weh dem / der nicht erkennt die schnelle Sterbens-Zeit.
131. Der gefangene Ziprianer
(CXXXI.)
Der gefangene Ziprianer.

»Wie dorten der König zu Heßbon die Kinder Israel nicht wolte mit Frieden durch sein Land ziehen lassen / ob sie sich wol erbotten keinen Schaden zu [449] thun /und auch das Wasser zu bezahlen: Also werden noch heut zu Tag die Frommen auf ihrer Walfart / in diesem Leben von den Bösen gehindert / wann sie gleich / still und ohne Schaden dahin wallen wollen.« Dieses wird auch aus nachgehender Erzehlung zu bemercken seyn / welche die jenigen geschrieben hinterlassen / so persönlich mit dem langgefangenen geredet / und allen Verlauff aus seinem Munde vernommen haben /als zu lesen in Simon Majol. Hundstagē. oder dieb. canicul. am 159. Blat.

2. Pechio ein Handelsmann zu Mailand ist mit einem vornemen Herren in Feindschafft und Strittigkeit geraten. Als er nun auf einer Raise / wurde ihm von seines Feindes Dienern fürgewartet / und er gefänglich auf deß besagten Herrn Schloß gebracht /und zwar in einem grossen Sack. Dieser Pecchio war ein Zipprianer / das ist / mit der schmertzlichen und fast unheilsamen Krankheit deß Zipperleins behafftet / welche man von Cypern oder der Venus Königreich benamet: weil dieselbe vielleicht nicht die geringste Ursach darzu giebet / nach dem gemeinen bösen Reimen von einer bösen Sache.


Bacchus der Vater
Venus die Mutter
Ira die Hebamm /
zeugen Podagram.

3. Als nun dieser Zipprianer in seines Feindes Gewalt / hat er ihn nicht wollen tödten / sondern ein solches Leben lassen / welches viel ärger / als der Tod /in dem er ihn in ein finstres und kleines Gefängnis zu stecken / und mit ein wenig harten Brod und stinkenden Wasser täglichs abzuspeisen befohlen. Dieses war nur einem Diener vertraut / und allen den andern auf dem Schloß unwissend / daß also Pecchio in einem sehr elenden und armseligen Stand ihme tausend Tod / ja die empfindlichste Marter angewünschet / sich mit kurtzen Schmertzen / von den langwärenden zu befreyen. Doch hoffte er in solchem Elend / Gott werde sich endlich über ihn erbarmen und wiederum[450] an das Tages Liecht bringen / oder das Leben enden lassen.

4. Inzwischen aber laufft das Pferd / welches Pecchius geritten / wieder zu rucke / und ist mit Blut besprützet / daher man vermutet / daß er ermordet wor den. Weilen sich aber zween in Verdacht gefunden /mit welchen sich dieser Pecchio gezanket / sind sie an die peinliche Frage geworffen / und weil sie aus Marter den Todschlag bekennet / unschuldig hingerichtet wordē: deßwegen auch die Erzehlung unter den Traurigen ihre Stelle billig hat: Sonders zweiffel aber /habē diese beede dē Tod an andren verschuldet gehabt.

5. Oberzehlter massen hat Pecchio sein Leben neunzehen gantzer Jahr zugebracht / und bey solcher gezwungenen Mässigkeit das Zipperlein niemals gespüret / auch nachmals / als er ledig wordē / desselben befreyt gewesen. Diese Zeit über hat er noch Sonne noch Mond gesehen / kein Kleid verändert /noch außgezogen / Wasser und Brod zu seiner Nahrung gehabt / daß sich nicht zu verwundern / wann seine Söhne die Gůter getheilet / und ihren Vater für todt gehalten. Nach neunzehen Jahren ist der rachgierige Herr des Schlosses gestorben / und hat einen Sohn hinterlassen / der das Schloß alsobald grösser hat bauen wollen / zu solchem Ende auch die Mauren niederwerffen lassen / und sonders zweiffel aus Gottes Schickung / den Anfang bey dieses Pecchio Gefängnis machen lassen.

6. Hier kroche nun herfür ein andrer Nebuchadnezar / mit Adlershaaren / Löwen Nägeln / und gantz zerlumpten Kleidern. Viel kamen dieses Abenteur zu sehen / und haben etliche verständige geraten / man solte ihn nicht also bald in die Lufft und in das Liecht kommen lassen / damit ihm die geschwinde Veränderung nicht nachtheilig seyn möchte. Also ist er etliche Tage noch in halbfinstern Zimmern und Gewölben über der Erden aufgehalten und alsdann wieder frey gelassen worden.

7. Ob man ihm allerhand Fragen aufgegeben / ist leichtlich zu erachten. Er hat als einer der gleichsam von den Todten auferstanden / seine Güter vertheilt[451] gefunden / und bey der Obrigkeit zu wegen gebracht /daß ihme solche wider eingehändiget worden / und noch etliche Jahr hernach deß Zipperleins gantz befreyt gelebt.

Geschichträthsel.
Er lebt und lebet nicht / doch ist er lang begraben /
sein hagers Angesicht gleicht einem schwartzen Raben.
Der Stein erwecket ihn / daß er nach vieler Frag
aus düstrer Nacht entzukt kommt wieder an den Tag.
132. Der doppelte Ehebruch
(CXXXII.)
Der doppelte Ehebruch.

»GOtt wil den Ehestand heilig gehalten haben / und vergleichet seine Kirch einem vertrautem Weibe / sich aber ihrem ehlichen Mann / der sich mit ihr verlobet in Ewigkeit / und vertrauet in Gerechtigkeit wie der Prophet Osea 2. redet.« Aus der Eigenschafft nun deß Gegenstandes ist zu schliessen / daß der Ehebruch von dem Satan / als dem Feind Gottes / der bemühet ist aufzulösen was Gott verbunden / und zu entzweyen was er zusammen gefüget / herkomme und entstehe. Solches erhellet unter andern auch daher /daß der Ehebruch viel verdamliche Laster und auch zeitliche Straffen nach sich ziehet / wie solches in folgender Erzehlung deß Herrn von Chabrie Frau / Alcina genannt / mit ihrem Ehbrecher Tolonio erweisen kan.

2. In der Landschafft Provenze in Frankreich ist ein kleines Stättlein / genamt la Grasse / unfern von Nice / gelegen in einem sehr fruchtbaren Erdboden / da das Sprichwort war: je besser Land / je bösere Leute. In diesem irrdischen Paradiß ist ein Schloß genamt Chabrie / dessen Herr sich mit einer [452] Tochter seines Nachbaren verehlichet / von dem Geschlecht Maz bürdig /die ein gutes Gerůcht unter allen ihren Gespielen /und auch ihre Jugend in löblicher Keuschheit zugebracht. Mit ihrem Herrn hat sie vier Kinder erzeuget /und eine friedliche Ehe besessen / biß in das viertzigste Jahr ihres Alters / da sich dann begeben / was der Inhalt dieser traurigen Geschichte seyn wird.

3. Man sagt / daß junge Einsidel alte Teuffel werden: junge Huren alte erbare Weiber / und keusche Jungfrauen alte Huren: massen sie nicht nur die Wangen sondern auch ihre Geberden schminken / und den meinsten die Heucheley gleichsam angeboren / daß wer sie völlig erkennen wil / nicht nur einen Metzen /sondern wol ein Futter Saltz mit ihnen verzehren muß. Dieses befande sich auch bey Alcina deß besagten Herrn von Chabrie Eheweib / welche das Lob ihrer blühenden Jugend mit einem schändlichen Alter vernachtheilet / und ihrem Herrn angewünschet / was er nur einmal haben / und nicht wieder erlangen mögen.

4. Ein Gerichtlicher Sachwalter war ihrem Herrn bedient / welcher auch verheuratet / und deßwegen so viel weniger verdächtig / daß ihm auch im Abwesen deß Mannes / in die Schlaffkammer zu gehen verlaubt war: da dann / wie man zu sagen pfleget / die Gelegenheit den Dieb / und wie der Italiäner sagt: der eröffnete Geldkasten auch den Gerechten sündigen machte. Wie sie beede einander verleitet / und den doppelten Ehebruch vielmals verübet / wil ich mit stillschweigen übergehen / als ein Werck der Finsternis / das deß Liechtes nicht würdig ist.

5. Ein Abgrund der Sünden rufft dem ander / massen sie es hierbey nicht verbleiben lassen / sondern die Hinderung ihrer Mißhandlung aus dem Wege raumen wollen / in dem sie zween Meuchelmörder bestellet / die den Herrn von Chabrie nechst seinem Hauß ermordet / und sich mit der Flucht gerettet. Was Hertzenleid diese Ehebrecherin über ihres [453] Mannes Tod in Worten und Geberden vermerken lassen / ist nicht außzureden / daß also niemand gedenken können / daß sie die Ursacherin solches Mords seyn solte.

6. Tolonio eilte sie zu trösten / und ihr mit Hülff und Raht beyzustehen / weil ihm ihres Herrn Rechtshändel wissend / etc. suchte also Gelegenheit vielmals auf das Schloß zu kommen / und das vormals getriebne Sůnden Leben fort zu stellen. Dieses vermerkte der ältste Sohn / und ob er zwar wol wuste / daß Tolonio verheuratet / und er ihn als einen Stiefvater nicht zu fürchten / konte er sich doch nicht enthalten seine Fr. Mutter mit aller Bescheidenheit zu erinnern /sie solte dem Haußgesind keine Ursach geben / von ihrer Vertreuligkeit mit Tolonio / bösen Verdacht zu schöpfen / etc.

7. Ob sich nun diese falsche Raben-Mutter entschuldigte / daß ihre Freyheit nicht übel zu deuten /und er noch nicht gelernet hette / wie man sol nohtwendige Leute / als Tolonio / mit Freundligkeit gewinnen müsste / etc. sich auch darůber nicht erzürnet: so hat sie doch getrachtet / auch diese Hinternis listig aus dem Wege zu setzen. Es war ein hoher Gang zwischen ihren zweyen Häusern / darauf pflegte dieser ihr Sohn zuweiln hin und wieder zu spatzieren: Ihme nun eine Fallen zu legen / bestellet sie Tolonio / daß er zwey Bretter bey Nachts loß machte und also hinlegte / damit der darauf tretten würde hinunter fallen / und den Halß brechen můsste / wie dann auch erfolgt /und also dieser junge Edelmann sein Leben unschuldig eingebüsset.

8. Der andre Sohn hasste diesen Tolonio von Natur / und gabe ihm etlichmals so unbescheidne Wort / daß ihm die Mutter Einhalt thun musste. Damit nun auch dieser ihren Liebshändlen nicht hinderlich / bestellet Tolonio einen von den Mördern / welche seines Anhangs Mann ermordet / und lässet ihn auf einer Jagt /von einem hohen Felsen stürtzen. Doch waren sie in ihrem Gewissen / und sündlichen Leben noch nicht frey / und mussten sich für dem [454] Haußgesinde fůrchten: deßwegen sie rähtig werden / sich mit einander zuverehlichen / und zu solchem Ende erdrosselt Tolonio sein frommes Eheweib / vorgebend / daß sie der Schlag gerůret / welches er auch mit vielen Threnen wollen glauben machen. Dieses war also der vierte Todschlag dieser Ehebrecherischer Unleute.

9. Der Verstorbnen Vater kommet seine Tochter zu beweinen / und betrachtet daß ihr Angesicht auffgeloffen / und der Hals gantz erschwartzt / wegen deß gerunnenen Bluts / welches sich bey der Gurgel gesamlet: deßwegen er bey der Obrigkeit üm Besichtigung bittet / die dann alsobald etliche Wundärtzte dahin abgeordnet / und Tolonio deßwegen besprechen lässet / der auf so unerwarteten Frag erschrickt / und nicht ein Wort zu seiner Entschuldigung sagen kan /da er doch sonsten einer von den Beredsten in der gantzen Statt gewesen.

10. Hierauf ergehet der Befehl / man sol den Tolonio in Verhafft bringen / und ihn wegen dieser Mordthat peinlich befragen: er erwartete aber keines solchen Ernsts / sondern bekante sich für den Mörder seiner verstorbnen Haußfrauen / und auch deß Herrn von Chabrie und seiner Söhne / mit Beschuldigung der Alcina / die ihn zu diesem übel allen gereitzt und verleitet. Weil nun dieser Fall höchst sträflich / hat die Obrigkeit deß Orts solchen an das Parlament nach Aix (von den aquis Sextiis vorzeiten genennet) gelangen lassen / welche außgesprochen / daß Tolonio wieder in seine Statt la Grasse geführet / und aldar auf dem Richtplatz lebendig geviertheilt werden solte /welches auch mit sondern Frolocken aller der Weiber deß Orts beschehen.

11. So bald aber Alcina der Gefängschafft ihres Tolonio einträgtig worden / hat sie alles / was sie an Geld und Geldeswehrt gehabt zu ihr genommen / und damit das Reiß- aus gespielt. Nachgehends hat sie vernommen / daß er geviertelt / und man [455] auch nach ihr gegriffen / deßwegen sie vermeint sie sey in dem Savoischen nicht gesichert / und ist also nach Genua gewichen. Ihr Diener / welchen sie angenommen /weil sie keinen von ihren Haußgenossen getraut / hat seinen Vortheil ersehen / und seine Frau / als sie auf eine Zeit in die Kirchen gegangen (weil sie ihre Sünde zu bereuen angefangen) beraubt / und alles ihr Vermögen entwendet / dadurch sie in solche Armut gesetzet worden / daß sie andern dienen / üm den Lohn arbeiten / und ausser Land / in einer frembden Statt /deren Sprache sie nicht kündig / in grössten Elend sterben müssen.

12. Also můssen die Ehebrecher erfahren / was es für ein Hertzenleid sey / von dem HErrn ablassen /und seine Gebot freventlich ůbertretten. Vermutlich hat Alcina Buß sie von deß Henkers Hand gerettet /weil Gott Buß für die Sůnde annimmet. Es ist aber wol zu beobachten / was übel aus den Fleisches-Lüsten herkommen / welche folgender Verß artlich verfasset:


Corpus, Opes, animam, Ingenium, Famam, Virtutes:
debilitat, perdit, necat, impedit, inficit, aufert.

Trittreimen

Den Leib / das Gut / die Seel / Verstand /
Gerůcht und Tugend:
kränkt / schwächt / verdammt / verderbt / verleurt und raubt der Jugend.
133. Der verzweiffelte Meerrauber
(CXXXIII.)
Der verzweiffelte Meerrauber.

Wie die Vögel in der Lufft ihre Feinde an vielen Raubvögeln / die Fische in den Wassern ihre Raub Fische / die vierfüssige Thiere ihre Feinde an [456] den Wölffen und wilden Katzen etc. Also haben auch die Menschen ihre Feinde / und zwar nicht wie die Thiere / aus andern Geschlechten / sondern von jhrer Natur und Eigenschafft gantz unartige Gegner. Ich sage unartig weil die Menschen aus der Natur geschlagen /welche ihrer eingeschaffnen Neigung zu entgegen /einander nach Leib und Leben stehen. Solches ist noch mehr zu verwundern / wann es mit grosser Gefahr beschihet / und auf dem unbeständigsten Element dem Meer / darvon nachgesetzte Erzehlung handlen sol.

2. Asan Calaffat ein geborner Griech / welcher den Mahometischen Glauben angenommen / hat mit seinen Galern und 7. Schiffen den Christen grossen Schaden gethan. 1626. Eine Tagraise von Alexandretta hat er ein Venetianisches Schiff angetroffen / und Tag und Nacht verfolget / daß sie es mit den Stucken erreichen / und zu fechten bringen können. Ob sich nun der Venetianische Schiffhaubtmann ritterlich wehrte / ward er doch von Asans Galeren übermannet / bestiegen und 25. Christen in die Eisen geschlagen /die Ruderbursch zu vermehren.

3. In diesem Schiffe waren drey Capuciner / welche die Infantin von Brüssel in das gelobte Land gesendet / Namens P. Clemens von Lignii / P. Yves von der Insel / unn P. Leonard von Maubeuge / welche diesen Verlauff mit allen Umständen zu Paris drucken lassen. Diese drey ließ der Meerrauber Asan in sein Schiff steigen / befahle ihnen ihre Rosenkräntze und Betbücher wieder zu geben / und von der Ruderbanck befreyen.

4. Nach diesem raubte er noch viel Schiffe / welche theils Frantzösisch / theils Venetianisch / und fande grossen Reichthum / an Barschafft und Kauffmanns-Waaren. Nechst Sicilien nam er ein Schiff mit 22. groben Stücken / und eine Tartana / welcher er etliche Tage nachgejaget / und biß unter die Stück zu Gorgente getrieben hatte. Von dar segelte er nach Sardinien / und begegnete ein Holländisches Schiff mit Getreid beladen / welches er / weil es [457] den Christen zugeführet werden solte / deß Freundschaffts Bunds so zwischen den Holländern und denen von Alcair ist /nicht wolte geniessen lassen / ausser / daß er den Haubtmann mit seinen Leuten nicht zu Ruderknechten machte.

5. Also kam Asan wieder nach Alcair mit grossen Raub / und verhoffte deßwegen aller Seerauber Haubt zu werden. Von dar hebt er den Anker auf / und segelt wieder gegen Sardinien / wird aber bald von 15. Galeren der Christen erkundschafft / welche gesammt den Seeraubern zu begegnen außgefahren. Drey Galern waren deß Pabsts unter Alexander Felicina einem Ritter von Malta: 8. derselben waren Spanisch unter dem Befehl Jacob Piementels / und 4. Florentinisch deren Haubt Julius Montanto. Diese hörten nun von ihren Schiffwachten / daß 12. Schiffe von Algair in der Nähe / welche vermutlich Seerauber / da sie dann also bald denselben nachzusetzen sich verglichen.

6. Dieser Asan ist ein Zauberer gewesen / und hat alle Abend / wann die Sonn ist untergangen / ein Buch auf seinen Tisch gelegt / welches sich selbst eröffnet / und ihme durch zween Pfeil zuverstehen gegeben / was er thun oder lassen solte / ob er Glück oder Unglück haben würde etc. Als er nun der Christen Galern auf ihn ankommen sehen und aus seinem Buch nichts davon vernommen / hat er nochmals nach geschlagen / und in dem Buch gefunden / er werde noch gefangen / noch sein Schiff in der Christen Hand kommen / welches beedes geschehen / aber viel auf eine andre weise / als es Asan verstanden.

7. So bald nun der Florentinische Galeren eine voraus gesegelt / mit dem Rauch ein Zeichen gegeben wie gebräuchlich / und durch einen Loßschuß ohne Kugel gefragt / ob Asan Freund oder Feind? hat er also bald geantwortet / mit einem scharff geladnen Schuß / und den rohten Fahnen aufgestecket. Darauf 8. Galeren wie ein halber Mond sich zusammen gethan / und die Galione des Asans angegriffen / welche 46. grosse / und 6. kleine metallene Stücke auf [458] hatte /benebens 300. Mann. Die ůbrigen 8. Galern machten sich an die andren Raub Schiffe / und zwangen die Türken daß sie von der grossen in Sicilia genommenen Tartana in Asans Galion weichen und solche verlassen mussten.

8. Nach dem nun das Gefecht zwo Stunden gewäret / und die Segel durchlöchert / die Mast zerbrochen /die Schiffe zerdrümmert / und die Seile zerstücket /haben sich zwey Türkische Schiffe ergeben / andre zwey die Flucht genommen / und das Holländische Schiff / von welchem vor Meldung geschehen / ist gleichfals von den Türken verlassen worden.

9. Asan sahe seinen Verlust und opferte auf Mahometanisch ein lebendiges Lamm / dergestalt daß er solches in vier Theil zerstückte / und gegen die vier Theile der Welt in das Meer warffe / guten Wind dardurch zu erlangen: Und ob er wol sonsten dardurch dienendes Wetter erhalten / hat es doch diesesmals nicht helffen wollen / sondern die Meerstille hat ihn gleichsam angehalten / und den Christen völligen Sieg in die Hand gegeben / daß sie auch die entflohenen Schiffe wieder eingeholet / und übermeistert.

10. Asan sahe sich zwar halb überwunden / seine andern Galeren erobert / den dritten Theil seiner Soldaten todt / sein Schiff durchschossen / doch verliesse er sich auf seine Propheceyung / und wolte sich nicht ergeben / sondern wehrte sich ritterlich / daß auch der Meerherr Piementel mit einem Stück getroffen / und bald hernach gestorben. Der Streit hatte neun Stunde gewäret / weil die Christen Asans Galion nicht zu Grunde schiessen / sondern erhalten und erobern wolten. Als er nun seine Sachen in verzweiffelten Zustande gesehen / daß er fernern Widerstand zu thun nicht vermochte / hat er entschlossen / den Reichthum seines Schiffes den Christen zu entziehen / und mit diesem Vorsatz alles Gold / Silber / und was nur schetzbar bey sich gehabt / in das Wasser geworffen / welches / nach dem Inhalt eines Zettels / so hernach gefunden worden / auf zweymal hundert und funfzig tausent Kronen beloffen. Den Hintertheil deß [459] Schiffs hat er selbst in Brand gestecket / und eine junge Dirne /deren er sich gebrauchet / in das Feur geworffen: sich auch selbst in das Meer gestürtzt / von dar er durch die kleinen Schifflein wieder ist aufgefangen worden.

11. Als nun die Soldaten das brennende Schiff besiegen / in Hoffnung noch gute Beute zu finden /haben sie die drey Capuciner und 36. gefangene Christen welche unten in dem Schiff waren / erlediget / in dem die gantze Galion in Brand geraten / daß alle sich zu retten auf die kleinen Schiffe fliehen und in das Wasser springen mussten. Etliche sind ersoffen /etliche durchschwimmen / etliche auf Brettern und Balken darvon kommen / etliche verbronnen / etliche mit dem Schiff zu Grund gesunken / und hat ihnen wegen deß Brands niemand zu Hülffe kommen können / daß sie also Feuer und Wasser (ohne welche der Mensch nicht leben kan) zu feinden gehabt.

12. Unter denen die auf Balken darvon kommen /sind die drey Capuciner gewesen / unter welchen der eine von dem gescheiterten Schiff in das Haubt verwundet / und an einer Lantzen in eine von den Florentinischen Galern gezogen worden. Von den Soldaten die plündern wollen / sind bey 60. todt geblieben. Der grosse rote Fahnen ist von einem aus dem Meer gefischet / und hernach in der Kirchen S. Clara zu Rom aufgestecket worden.


Wer sein Leben leichtlich wagt
und beliebet die Gefahr /
sucht das Holtz zu seiner Baar /
und wird endlich gar verzagt.
Keiner sol denTod verachten /
und sich ohn Beruff und Noht
wagen mitten in den Tod /
nach viel Geld und Gut zu trachten.
134. Die Rache Gottes
[460] (CXXXIV.)
Die Rache Gottes.

Nachdenklich sagt David / daß er ein Wolgefallen habe an den Rechten Gottes in dem 119. Psalm /seine Rechte sind warhafftig / saget er in dem 19. Psalm / und ferners / HErr du bist gerecht / und deine Rechte sind gerecht etc. deßwegen wil auch Er Rache verüben / und wann solche die weltliche Obrigkeit /die Gottes Dienerin ist unterlässet / so ist deßwegen der Ubelthäter für seinem Richterstul nicht gerechtfertiget / wie dessen ein Exempel aus folgender Erzehlung zuvernehmen. Wir beobachten keine Zeit der Geschichte / und setzen diese so 1613. und 1614. sich begeben andern nach / wie uns solch unter die Hand kommen. »Die Perlen sagt Balsac / werden nicht in der Ordnung angefassset / in welcher sie aus dem Meer gekommen / sind aber deßwegen nicht minder schetzbar.«

2. Der Freyherr von Lux / war Königlicher Statthalter in Burgund und Ritter deß Königlichen Ordens / welcher deß Marschal Birons getreuer Freund und bey dem König Henrich dem Dritten und Vierten in grossen Ansehen gewesen. Dieser sol sich berühmt haben / daß er / wann er gewolt / den Hertzog von Guisa / der zu Blois ist hingerichtet worden / leichtlich bey dem Leben hette erhalten können. Ein eitler Ruhm / der ihm wenig Nutzen / aber sehr viel Schaden / ja üm Leib und Leben gebracht.

3. Dem jungen Ritter von Guisa wurde diß zu Ohren gebracht / und so verhasst fürgetragen / daß er seines Vatern Ehre zu retten / den alten Freyherrn für die Klingen fordern lassen / welcher sich höflich entschuldiget / daß er solche Wort nicht böß gemeint /sich unwürdig achte / wider einen Hertzog zu fechten / dessen unterthäniger Diener er sey. etc. Zu deme wisse [461] der Hertzog die Königlichen Verbot / und wolte sich nicht gerne vergreiffen etc. Der Gegner aber hielte diese Entschuldigung nicht fůr genugsam / sondern liesse diese Sache biß zu der ersten Begegnis (rencontre) außgestellet seyn.

4. Bald hernach begegnen diese beede einander in der Gassen bey dem Zeughauß / da König Heinrich der Vierte erstochen worden / der Ritter zu Pferd / der Freyherr in der Kutschen / und nach dem sie wenig Wort gewechselt / haben sie von Leder gezogen / der Hertzog seines Vatern Tod zu rächen / der Freyherr sich zu vertheidigen. Als sie nun zusammen gegangen / ist der alte Freyherr von dem jungen starken und erhitzten Hertzogen durchrennt und erstochen worden /deßwegen er eine zeitlang von Paris weichen müssen /bey der alten Königin aber seine Gnade leichtlich erlanget / und hat sich nach vier Wochen in besagter fast weltgrossen Statt wieder sehen lassen.

5. Der abgelebte Freyherr hatte einen einigen Sohn hinterlassen / der seinen Degen meisterlich verstanden / und seines Herrn Vatern Tod rächen wollen: Dieses Vorhabens setzte er folgendes höfliches Fedebrieflein zu Papier.


Gnädiger Herr /


Niemand kan ein besserer Zeuge seyn meines Schmertzens / als E.G. deßwegen sie meiner Empfindligkeit zu verzeihen gnädig geruhen wollen. E.G. ersuche und bitte ich unterthänigst / sie belieben mir die Ehre zuthun / wieder mich den Degen zu entblössen / daß ich Gelegenheit habe meines Vatern Tod zu rächen / oder mein Leben zu verlieren. E. Gnad. Tapferkeit wird nicht zu lassen / daß sie sich mit ihrem höhern Stand entschuldigen / und ihre Ehre beschuldigen machen.

[462] Dieser Edelmann wird E.G. an den Ort geleiten /wo ich derselben warte / mit zweyen guten Degen /deren einen E. Gn. zu wehlen belieben wird. Solte aber dieser Ort nicht gelegen seyn / wil ich mich finden lassen / wo E.G. befehlen werden etc.

6. Du-riol brachte dem Hertzogen dieses Fedebrieflein als er noch zu Bette lage / machte sich aber also bald auf und name mit sich den Ritter Grignan / und kamen also in der Stille an den Ort / wo der junge Freyherr von Lux ihrer wartete. Sie waren alle vier zu Pferde / hatten die Wammser außgezogen / und in dem ersten Zusammen Ritt / hat der Freyherr den Hertzogen verwundet: in dem dritten Ritt aber hat der Hertzog den Freyherren durch gestochen / daß er von seinem Pferd gesunken / und von dem Hertzog ermahnet worden / er solte seine Seele Gott befehlen.

7. Nach diesem ist der Hertzog seinem Beystand zu Hülffe kommen / welcher bereit zween Stiche von dem Du-riol empfangen: als er aber den Hertzog auf ihn zu eilen sehen / hat er die Flucht und seinen Weg gegen Burgund genommen. Der Ritter von Guisa ist hierauf siegend / wie wol mit dreyen Stichen verwundet / nach Paris kommen / und von den vornemsten Herrn besuchet worden / welche ihm mit vielen Glükwünschungen / wegen erlangten Sieges / gehöfelt haben. Hierüber wurden viel Verse unter dem Namen Paris und Lucidors gemachet so in offentlichen Druck noch zu lesen sind.

8. Die Königin hat auch dieses ungestrafft lassen hingehen / und den Hertzog in seinem Dienst / als Meerherrn / und Heerfůhrer der Galeren bestettiget /daß er sich versichert gehalten / und ungezweiffelt verhofft dieser Mord deß Vaters und deß Sohns würde als nicht geschehen vergessen / und unter die Titel seines Lobs zu zehlen seyn. Gott aber hat diesen Hertzogen mit einem schnellen Tod straffen / und wie er andre / ohne Bereuung ihrer Sünden erwürget / auch ihn also sonder Vorbedacht dahin raffen wollen.

[463] 9. Auf dem Schloß Baur in Provance / hat oft ermeldter Hertzog anderthalb Jahr hernach ein grosses neues Stück selbsten wollen loßbrennen / das zersprungen und ihn so zerquetscht / daß er zwo stunde hernach den Geist aufgeben můssen. Er ist von seinem gantzen Haus sehr betrauret worden. Viel aber haben solches als eine Straffe seiner blinden Verwegenheit (massen die Tapferkeit allezeit mit Verstand versehret) gedeutet.

10. In vorermeldten Jahre 1613. hat sich auch der Herr Montigny-Halle mit H. von Bethune geraufft /und ist dieser letztbenamte erstochen worden / bevor er seines Feindes Blut gesehen. Welchem eine Grabschrifft folgenden Inhalts aufgerichtet worden.


(ungemässne Reimen)

Wandersmann.
Stehe still und ließ
Was Cyrus von Bethün / der hier begraben liegt gethan.
Der niemals keinen hat gefůrcht ausser Gott /
hat durch die Waffen Ruhm erlanget und den Tod:
In dem er Ehr gesucht /
hat ihn die Ehresucht der Grabcypressen Frucht /
mit Lorbeer untermischt /
hier aufgesteckt /
biß ihn der jüngste Tag von Todten auferweckt.
Nun Wandersmann /
gedenk / daß dir / was ihm / auch wiederfahren kan /
Leb wol / so stirbst du wol!
135. Der gemarterte Jud
(CXXXV.)
Der gemarterte Jud.

Es ist eine schwere Frage: Ob man die Juden dulden sol oder nicht? fůr das ja streiten folgende Ursachen: Weil sie Gottes Volk / das die H. Schrifft biß auf unsre Zeit verwahret / die sich bekehren [464] können / und wie Paulus zum Rom. 11. v. 25. schreibet / bekehret werden / nach deme die Fülle der Heiden wird eingegangen seyn. Stossen wir sie nun von uns / so haben sie keine Gelegenheit das Evangelium anzuhören. Ein vornemer Mann hat recht gesagt / Er liebe alle Juden /wegen eines Juden / nemlich deß HErrn Christi. Hiewieder wird eingewendet / daß sie ein faules / unsauberes / betrügliches und schändliches Volk / das Christo und allen Christen feind / wieder sie täglich bete /von der Armen Schweiß und Blut lebe / sich mit Wucher nehre und nicht arbeite / den Diebstal fördere /und alle Nahrung der Christen hindere und hemme. Etliche gehen nun hierinnen den Mittelweg / und sagen / daß man die aufgenommenen Juden / ohne erhebliche Ursachen / nicht könne aus der Statt schaffen: wann aber die Frage / ob man solche Gesellen sol aufnehmen / da antwortet man mit Nein: weil allezeit in einer Statt besser ist eine / als zwo widerige Religionen haben.

2. Im Jahr 1642. den 11. Augusti hat man in Wien drey der vornemsten Juden / wegen verübten Diebstals / in Verhafft genommen: unter diesen war einer ein Rabbi gewesen / hat sich aber in Polen tauffen /und Ferdinand Frantz Engelberger nennen lassen /auch die Zeit seines wärenden falschen Christenthums / wieder die Juden geschrieben / und etliche Bücher darinnen er die Juden verdammet / in offentlichen Druck gegeben. Dieser nun hat den andern zweyen Gelegenheit gemachet / daß sie in Ihr Hochfůrstl. Durchl. Ertzhertzogen zu Osterreich Schatzkammer /dahin er einen Zutritt / vermittelst gebrauchter Diebs Schlůssel gebrochen / und viel tausend Thaler daraus entwendet / deßwegen sie alle drey zum Strang verurtheilt worden.

3. Weiln aber GOtt der Allmächtige nicht zulassen und verhengen wollen / daß ein solcher Ertzbößwicht unter dem Namen eines Christen sein Leben enden solte / hat sich zugetragen / daß in dem diese [465] drey für das Halsgericht gestellet worden / er sich sehr eindächtig geberdet / und verhofft / weil er ein Christ /sein Leben zu retten: als er aber aus abgelesenem Urtheil verstanden / daß er gleich den andern solte gehenket werden / hat er das Crucifix / das er in den Händen tragen sollen / auf die Erden geworffen / dasselbe angespeyet / mit Fůssen getretten / und darauff gesprungen: mit vielen Lästerungen wieder die Christen sich erkläret / als ein Jud zu sterben / und solle er gleich in den Abgrund der Höllen fahren / wie Korah /Dathan und Abiram / etc.

4. Als man ihm nun zugesprochen / er solte sich besinnen / was er thäte / und daß er das Heil. Abendmal den Tag zuvor empfangen / hat er darauf trotziglich geantwortet / daß er solches nicht genossen / sondern in einem Fatzolet / mit Ehren zu melden / in das heimliche Gemach geworffen / wie es dann auch darinnen / besagter massen in dem Amthaus / da er gefangen gesessen gefunden worden. Hier aber hat einer von den H. Jesuiten aus Eifer gesagt / daß es kein Wunder / wann man alle die Juden zu Boden schlüge / und mit Füssen trette / wie dieser das Bildnis unsers Erlösers. Hierüber hat sich ein Tumult erhoben / daß etliche Juden erschlagen / und ihre Häuser geplündert worden.

5. Als nun solches für Kaiserl. Majest. gebracht worden / haben sie sich darüber sehr entsetzet / und allergnädigst befohlen / man sol die zween Juden henken / diesen dritten aber / als den Samaritischen Rabbi / wieder in Verhafft führen / welches auch / wie wol wegen deß ergrimmten Volks / nach herbey gekommenen Abend beschehen. Folgenden Tags / als der Jud wieder für geführt / und befragt wurde /warum er gestern so lästerlich mit dem Crucifix verfahren / und so viel Gottsvergessne Reden außgestossen? hat er geantwortet / daß er solches den Juden zu Ehren / und den Christen zur Schande gethan / und was er zuvor als ein Christ gethan / sey ihm niemals von Hertzen gegangen / er hette das H. Abendmal nie genossen / sondern allezeit aus dem Mund genommen / [466] und an unsaubere Ort geworffen: ja einen mehrern Abscheu darvor gehabt / als für schweinen Fleisch. Kurtz zu sagen / er hat solche Gottslästerungen hören lassen / daß viel gefůrchtet die Erde thue sich auf /und verschlinge ihn.

6. Deßwegen wurde diesem Juden eben an dem Sabbath / zu der Zeit / da die andern ihre Abgotterey verrichten / ein anders Urtheil vorgelesen / welches auch alsobald an ihm vollzogen worden. Erstlich ist er auf die vier Haubplätze der Stat / auf einem hohen Wagen gefůhret worden / mit einer glüenden Zangen hat man ihn in die rechte Brust gezwicket / ferners hat man einen Riemen von Halß an über den Ruck / aus dem Leib geschnitten / und gerissen / auf der lincken Brust wiederum gezwicket / und dann wie zuvor /noch einen Riemen aus ihm geschnitten.

7. Bey diesem ist es nicht verblieben / sondern man hat ihn von dem Wagen genommen / auf eine Schleiffe gebunden / da er grausamlich geschrien und geruffen / Gott der niemals geboren worden / solte sich seiner erbarmen etc. An der Richtstatt wurde ihm die Zunge heraus geschnitten / die rechte Hand / als einen Bundbrüchigen in der H. Tauffe abgehauen / hernach sein halbtodter Leichnam bey den Füssen mit einer Ketten aufgehengt / und also lebendig gebraten / und samt den Galgen verbrennet: daß er also wider alle Vermahnung verstockt biß an das Ende verblieben.

8. Dergleichen erzehlet der Trauergeschichtschreiber von S. Lazaro (aus welchem wir etliches gedolmetschet) daß zu Bayana / Catharina Fernandes eine Portugesin / die H. Hostien aus dem Munde genommen / und in ihrem Fatzolet verborgen. Ob sie sich nun wol entschuldiget / daß sie gehustet / und die Hostien wieder nehmen wollen / zu andrer Zeit / hat man ihr doch als einer Jüdin keinen Glauben wollen zustellen / sondern es ist solche in dem Sacrament-Häußlein mit grosser Ehrerbietung wieder verwahret worden: ob wir wol die Zeichen der Sacramenten / ausser ihrem Gebrauch (wie das Wasser bey der Heil. Tauff) noch ehren noch anbeten.

[467] 9. Weil aber ein falsches Geschrey außgekommen /daß die Oberrichter deß Orts / sich von den andern Juden bestechen lassen / hat der gemeine Pövel die Jüdin aus der Gefängnis mit Macht genommen / in ein Faß gestecket / und lebendig verbrennet: ja ihr nicht die Zeit gelassen / daß sie ihre kostbare Ringe von den Fingern gezogen / welche hernach unter der Aschen verschmoltzen gefunden worden. Hierüber haben alle eingeflohene Juden so aus Hispanien vertrieben worden / in 24. Stunden weichen / und die Statt raumen müssen.


10. Weh dir / o verstockter Jud!
Weh dir blinde Teuffelsbrut!
Jesu Christi theures Blut /
wird dir die Bestraffungs Rut /
daß du brennest in der Glut /
ferne von deß Himmels Gut /
in verkehrten Sinn und Mut
weh dir / o verblendter Jud.
136. Die gezuchtigte Ehebrecherin
(CXXXVI.)
Die gezůchtigte Ehebrecherin.

Wann die Unzucht in Gottes Wort nicht verbotten were / und uns die Erbarkeit solche zu meiden Ursach gebe / so solte doch ein jeglicher der sein eigenes Fleisch / welches niemand hasset / und sein Leib und Leben liebet / solches viehisches beginnen unterlassen: weil die Kräfften dardurch geschwächet / die natürliche Wärme außgeleschet / der Lebenssafft vertrucknet / der Verstand gemindert / und alle zeitliche Wolfahrt dardurch vernachtheilet wird. Daher gewiß /daß alle Thiere / welche der Unkeuschheit ergeben sind / ein gar kurtzes Leben haben. Durch die Unkeuschheit aber kan auch verstanden werden die Unkeuschheit / welche zwischen Eheleuten unmässig verübet wird: noch viel sträfflicher aber der Ehebruch[468] selbsten / welcher für den Augen Gottes ein solcher Greuel / daß der Allmächtige solchen mit zeitlicher und ewiger Straffe zu belegen pfleget / wie aus folgender Erzehlung ein sonderliches Exempel zu vernehmen seyn wird.

2. Friederich ein vornemer Herr in Frankreich / verliebte sich in eines andern Herrn Tochter / Namens Margreta (unter diesen erdichten Namen wird dieses in den Frantzösischen Traur Geschichten beschrieben) ein Fräulein von Schönheit deß Leibs und deß Verstands mit Warheitsgrund beliebt und belobt. Der Herr auch war einer von den reichsten und tapfersten in dem Lande / daß also die Gleichheit der Tugenden und deß Standes eine gluckliche Ehe verhoffen machte.

3. Viel müssige Umstände / wie Frederich erstlich dieses Fräulein gesehen / was er mit ihr geredet / wie er schrifftlich ümb sie geworben / etc. übergehen wir billich / und berühren allein / daß der Hochzeiterin Vater / als er seine Tochter besagtem Herren versprochen / folgende Nacht getraumet / er sehe sie von einem hungerigen Wolff zu Boden geworffen / als sie sich aber von ihm gerissen / und auf einen Felsen entflohen / hette sie sich von denselben herunter gestürtzet / und zu Tode gefallen. Ob nun wol dieser Traum etwas abscheulich / und dem guten Alten in dem Sinn lage / hat er sich doch die Heurats Handlung nicht wieder aufheben und sich solchen Schatten wollen hindern lassen: sondern sich vielmehr fůr glückselig geschätzt daß er seine Tochter so wol anbringen mögen.

4. Nach gehaltnen Beylager / welches prächtig /und solcher Herren Stand gemäß / hatten diese beede junge Eheleute so hertzliche und gleichgewillte Liebe / daß keines fast ohne das andre leben können. Es ist auch nicht zu zweiffeln / solcher Liebe woler gehen würde beständig seyn fortgestellet worden / wann Frederich hette zu Hauß bleiben können / und nicht dem damals aufflammenden Kriegsfeuer zu zu lauffen verbunden gewesen.

[469] 5. Die Uneinigkeit hatte an etlichen Orten überhand genommen / weil theils aus dem Gottesdienst eine eusserliche Kirchenbegängnis / und eine Schuldigkeit gegen die Oberherren machen wollen. Diesem Unheil zusteuren / musste Frederich mit andern Edlen dem König zu Hülffe kommen / und seine Gemählin ohne Gehůlffen in einem einsamen Wittibstand verlassen / welcher ihr so viel unerträglicher / weil sie verehlichet / und zu andrem Ehegelůbd nicht schreiten mögen.

6. Ach was ist unbeständiger als Weiber Sinn / und was ist schwächer der Versuchung zu wiederstehen /als die Jugend! Dieses Fräulein war ihrem Hause wol vorgestanden / hatte ihren Herrn hertzlich lieb / und wusste sich nach seinem Kopf zu richten: So bald er aber ihr aus den Augen / und etliche benachbarte vom Adel bey ihr die Einkehr nahmen / ihr mit Höfligkeit aufwarteten / und ihr in der Einsamkeit / mit Spielen /Bulliedern / und kützlichen Gesprächen die Zeit vertrieben / ja fälschlich außgaben / ihr Ehe Herr were in dem Krieg erschossen worden / hat sie ihrer ehlichen Pflichte vergessen / und sich durch die sůndliche Fleisches Lust zu aller Ungebühr verleiten lassen: gestalt / nach deß Apostels Wort / die Lust / wann sie empfangen hat / die Sünde gebieret / die Sünde aber bleibt nicht lang ungestrafft / wie folgen wird.

7. Unter andern war ein Jüngling / welcher ihn als ein Edelknab bey der Margareta H. Vatern war auferzogen worden / Dieterich genennet / der wusste die alte und von Jugend auf getragene Neigung mit brünstiger Freundligkeit zu treiben / daß er Tags und Nachts in dem Hause / und der erste Haan im Korb war. Wer nun einmahl die Grentzen der Zucht und Tugenden übertretten / der scheuet sich nicht nach und nach böses zu thun / und gehet es nach dem Sprichwort: Der Wirt hangt den Zeicher wegen eines Gasts nicht aus. Dieses ärgerliche Leben konte der Nachbarschafft nicht verborgen seyn / und kame unter andern auch einem alten von Adel zu Ohren / [470] der Frederichs getreuer Freund war / deßwegen er ihn berichtete / wie seine Gemahlin ihre Zeit zu vertreiben pflegte / etc.

8. Frederich eiferte billich über solchen Schandleben / wolte doch dem Bericht allein nicht trauen / sondern eröffnet diesen Verdacht seinem verschwiegensten Diener und sendet ihn nach Hauß / jedoch ohne Briefe / zu erkůndigen / ob die Sache also beschaffen / wie er von seinem Freunde verständiget worden. Dieser Diener fande seine Fräulein mit ihren Bulen in der Karten spielen / und bey ihr übernachten / daß er aus dem / was er gesehen / leichtlich abnehmen konte / was geschehen / daß man ihn nicht sehen lassen: hinterbringen also seinem Herren sichere Nachrichtung.

9. Hierauf machet sich Frederich auf / und kommet mit etlichen von seinen Soldaten eiligst nach Hause /findet auch den vorbenamten Dieterich und etliche andre / so seine Stelle vertraten / mit seiner Gemahlin kurtzweilen: deßwegen er sie in Verhafft nehmen /und der Land Obrigkeit überliefern lassen. Nach deme nun ihrer drey / in dem Gefängnis deß Ehebruchs geständig gewesen / sind sie durch deß Henkers Hand enthaubtet / und ist Frederich auf Begehren deß Diederichs Haubt balsamire zugeschicket worden.

10. Dieser Herr war noch so wolthätig und gütig gegen seine Gemahlin / daß er sie uneracht bewusten Ehebruchs wieder annehmen wollen / wann sie versprechen würde / sich seiner künfftig zuhalten / und andre aus dem Sinn zu schlagen. Margarita aber hat ihn mit vielen Scheltworten beschimpfet / ihm die Schuld gegeben / daß er sie bößlich verlassen / und sich endlich entschlossen ihm nicht mehr beyzuwohnen / deßwegen Frederich auch erzörnet / ihr ihres Bulen Haubt gewiesen / und zu verstehen gegeben /daß sie nicht weniger den Tod verschuldet / als Dieterich ihr Ehebrecher.

11. Weil sie aber hierüber noch mehr ergrimmt /hat Frederich beederseits Freundschafft zu sich gebetten / [471] und nach verrichter Mahlzeit erzehlet / welcher massen diese seine Gemählin an ihme brüchig / sich mit andern vergriffen / die bereit deßwegen von der Obrigkeit gerichtet worden. Als Margarita solche Anklage vernommen / hat sie sich gantz rasend gestellet und mit Schänden und Schmähen ihre weibliche Wolredenheit hören lassen / ja dafür gelaugnet / deßwegen Friedrich das Haubt auf einer Schüssel bringen / und seiner Gemählin fürsetzen lassen.

12. Nach deme ihr nun die Befreunden beweglichst zugesprochen / ist sie doch halßstarrig in ihrem gefassten Haß verblieben / und hat ihren Herrn keines wegs üm Verzeihung bitten wollen: daß er endlich bewogen worden / seine Gütigkeit in Rache zu verwandeln / und diese Ehebrecherin in einen Turn / samt den Todten Kopf zu versperren: der Hoffnung sie durch solche Bestraffung zu Erkäntnis ihres Verbrechens zu bringen. Ist also zu zweiffeln / ob die Lindigkeit dieses Herrn / oder die Halßstarrigkeit seiner Gemahlin grösser gewesen.

13. Als nun Margarita den täglichen verfaulenden und abscheulichen Todtenkopf in ihrer Einsamkeit betrachten musste / und ihr wollüstiges Leben in beharrlicher Unlust verwandelt sahe / hat sie ihrem Herrn zwar sagen lassen / es sey ihr leid / daß sie an ihm so ehrvergessen mißhandelt / und bitte nun üm Gnade. Friederich aber sagte / daß die Sünde mit diesen Worten noch nicht gebüsset / und müsste sie sich länger bey ihres Ehebrechers Haubt gedulten etc. Diese Antwort vermehrte ihre Traurigkeit / und versprache dem Thurnhüter güldene Berge / er solte sie heraus lassen /welches er aber nicht willigen wolte / doch aus Nachlässigkeit / oder Geheiß / hat er die Gefängnis Thür offen gelassen / daß sie aus dem Zimmer / wo das Todtenhaubt war / in andre gehen können.

14. Dieser Thurn war auf einen hohen Felsen / und damals Winterszeit / und der Thal mit Schnee bedecket. Als nun Margarita sahe / daß sie auf freyen Fuß /entschleusst sie sich ihre viel Schmertzen mit einem Tod zu enden / oder darvon zu kommen: machet [472] also dieses Vorhabens das Creutz für die Stirn / und stürtzet sich über den besagten Felsen / in den weichen Schnee / der sie gerettet / daß sie nicht hart gefallen /doch sehr schwach auf allen vieren biß in ein kleines ödes Baurenhaus krichen können.

15. Wie aber kein Unglůck allein kommet / also fügte sich hier auch / daß diese schlechte Hütten nicht bewohnt / und zu Nachts von etlichen Raubern besuchet worden / die dann dieser müden und zerfallenen /in dem Angesicht aber schönen Weibs Person nicht verschonet / sondern die gantze Nacht ihren Mutwillen mit ihr getrieben / daß sie folgenden Tag den Geist aufgegeben: und ist also dardurch gestraffet worden / wardurch sie sich an Gott und ihrem Mann versündiget. Als Frederich solches verstanden / hat er sie sehr betraurt / und ihren Leichnam ehrlich begraben lassen.

16. Die der Höchste durch die Ehe verbunden hat /
wil der Satan durch der Wollust Missethat
zweyen / trennen / und aus bösem Fleisches Triebe /
in die Feindschafft wandlen vorn gepflogne Liebe.
137. Zweyer Weiber Mann
(CXXXVII.)
Zweyer Weiber Mann.

Von den Ehebrecherin kan füglich gesaget werden /was dort in dem Buch der Weißheit am 5. Cap. gelesen wird: Wir / sagen sie / haben uns müde gegangen auf dem Weg der Boßheit und deß Verderbens / und in unsrer Boßheit sind wir verzehret etc. Also ist die Liebes Lust deß Ehebrechers bald ermüdet / und die verdiente Straffe bleibt nicht aus: massen fast zu jeder Zeit der Ehebruch an dem Leben gestraffet worden /wie hiervon die Geistlichen und Weltlichen Rechte lehren. Die alten Teutschen eh sie zu dem Christlichen Glauben kommen / haben die Eheweiber / so sich lassen schwächen / [473] erwürgt und verbrennt / die Ehbrecher aber über der verbrenten Weiber Grab gehenket. Weil wir nun auf diese Sünde kommen / wollen wir der gezüchtigten Ehebrecherin einen Mann zweyer Weiber nachsetzen / und uns alsdann zu andren Geschichten wenden.

2. Ein Spanischer Rittersmann in Hispanien wonend in Valencia / von dem Geschlecht Veutimgilia bürtig / Namens Didaco / reich / höflich / freygebig /tapfer etc. daß er also einer von den vornemsten in dem gantzen Lande / verliebte sich in eine schöne Jungfrau eines Goldschmieds Tochter / dessen Gestalt und Verstand ihme dermassen wolgefallen / daß er kein Geld gesparet / sie zu seinem sündlichen Willen zu verleiten: musste aber erfahren / daß sie nicht weniger Tugend / als Schönheit / und daß kein Mittel zu ihr einzugehen / als durch die Thür deß Ehestandes.

3. Nach lang außgestandener Liebsplage / als er sahe / daß dieser Violenta Ehre nicht zu verkauffen /entschleusst er sich / sie zu heuraten / und wurde ihm die Jungfrau von ihren Eltern versprochen / und durch die Hand eines Dorfpfaffens / in beywesen der Eltern und deß einen Bruders getrauet / daß er also seinen Durst folgende Nacht begierigst leschen können. Zu morgens bate Violenta ihren Ehemann er solte ihr sagen / wie sie sich zu verhalten / und sich versichern / daß sie ihn die Zeit ihres Lebens als eine / und zwar leibeigne Magd / dienen wolte: massen sie sich der Ehre / welche sie von ihme empfangen / gantz unwürdig schätzte. etc.

4. Didaco sagte / daß diese Demütigung gantz überflůssig / er bitte aber allein dieses von ihr / daß sie die Verlöbnis ihres Ehestands / ein zeitlang geheim halten wolte / damit ihm solche bey seiner Freundschafft nicht nachtheilig seyn möchte / und zu solchem Ende gabe er ihr 200. Kronen nach belieben zu gebrauchen / und stille zu schweigen / er wolle /wo nicht alle Tage / jedoch alle Nächte sich zu ehlicher Beywonung einfinden und sie für sein Weib halten und erkennen: [474] So bald er aber seine strittige Händel für Gericht wůrde geschlichtet haben / wolte er sie nach Hause führen / und sich offentlich für ihren Mann dargeben.

5. Violenta glaubte seinen Worten / und beredet auch ihre Eltern / daß sie diese Verehlichung bey sich verbleiben lassen / ihren ansehnlichen Tochtermann nicht zu beleidigen. Ob nun wol die Nachbaren diesen Didaco in Verdacht hatten / daß er Violenta / als eine gemeine Dirne unterhielte / liessen sie sich doch dergleichen nicht vernehmen / sondern vermeinten / daß Didaco mit diesem Goldschmied einen andern Handel hette / und solches wärte Jahr und Tag.

6. Didaco aber erhandelt inzwischen eine andre Vermählung mit Namyrio Vigiliaracuta Tochter / die ihme an Stand und Reichthum gleich / beschleuniget auch die Sache dergestalt / daß die Hochzeit / und das Beylager volzogen / bevor es Violenta einträchtig werden können. Hat also sein erstes Weib verlassen /und ist der andern angehangen / deßwegen der Goldschmied sich mit seinem gantzen Hauß hertzlich betrůbet. Eine Rechtfertigung mit so grossen Herren anzufangen wolte ihm nicht thunlich fallen: Seine Tochter in Unehren zu sehen / war ihm gleichfals unerträglich / doch tröstete ihn / daß die Sache verschwiegen /und wenig Personen / welche ihre eigene Schande nicht sagen würden / wissend war.

7. Violenta hatte eine leibeigne Magd Namens Janika / welche sie in ihrem Unfall getröstet / und nach langer Beratschlagung / ihr eine Gelegenheit sich an Didaco zu rächen / für geschlagen / daß sie nemlich mit einem freundlichen Schreiben diesen Ehr- und Ehvergessnen Mann wider an sich ziehen / und alsdann ihn in dem Schlaf erwürgen solte / welches alles Violenta beliebt / und ihr die Geschencke und alles Geld /welches sie von Didaco empfangen / versprochen / sie solte ihr nur solchen Anschlag zu werke richten helffen.

8. Violenta schreibt ihrem Didaco einen sehr beweglichen Klagbrief / und beschwätzet ihn dahin /[475] daß er sich stellet / als ob er auf eines seiner Landgüter verraisen wolte / und nimmet seinen Weg durch etliche Gassen zu Violenta Behausung / bringt bey ihr den Tag zu / mit Wechslung vieler heuchlerischen Liebes Wort / und lässet sich von seinem ersten Weibe bereden / daß seine Liebe so tief in ihr Hertz gewurtzelt daß sie uneracht aller seiner Abneigung von ihr / ihme doch nicht abhold seyn könne / mit Bitte er solle sie noch einen kleinen Antheil seiner Gunsten haben lassen / und je zu Zeiten sich bey Nachts oder Tags zu ihr einfinden.

9. Didaco stellte diesen falschen Worten völligen Glauben zu / und verspricht alles was sie von ihm begehrte / und als der Abent herbey kame / giengen sie beede / wie vormals / zu Bette. Janika zoge also balden die Fürhange für / nahme deß Ritters Degen und Dolchen / und legte ihrer Frauen zwey lange und scharffe Messer / wie solche die Köche zu tragen pflegen / zu der Hand / stellte sich darauf als ob sie aus der Kammer gienge / und bliebe doch / genommener Abrede zu folge / darinnen.

10. Didaco vermeinte nun bey seiner Violenta allein zu seyn / und begunte sie zu küssen / und nur zu schertzen / welches sie alles / wieder ihren Willen /gedultig geschehen lassen: als er aber ferners verfahren wolte / hat sie ihn gebetten / er solte es biß gegen Morgen anstehen lassen / weil sie der Schlaff überfallen / und sie jetzo keinen Lust zu dem Handel habe. Didaco / welcher bereit bey seinem andern Weib die Brunst geleschet / liesse sich leichtlich darzu bereden / und legte sich auf die Seiten zu schlaffen.

11. Janika hatte einen Strick auf der rechten Seiten deß Betts gebunden / welcher dem Ritter über die beeden Armen gieng (daß / wann er aufwachen solte /sich doch nicht wehren möchte) und auf der linken Seiten zoge sie solchen Strick / auf der Erden sitzend /eussersten Kräfften an / daß also Violenta den Streich verrichten / und ihme die Gurgel abschneiden können / welches dann geschehen / und ist sie mit seinem Tod nicht vergnügt gewesen / sondern sie hat eine [476] Kertze anzünden lassen / ihme die Augen ausgestochen / als welche sie in dieses Unglück gestürtzet / die Zunge aus dem Rachen geschnitten / weil solche sie fälschlich betrogen / ja endlich hat sie ihme das Hertz aus der Brust gerissen / als die Ursache verübter Untreue. Uber das hat sie ihn noch mit vielen Stichen und Hieben verwundet.

12. Nach deme sie nun diesen Ritter besagter massen zermetzelt / hat sie seinen Leichnam samt den Augen / der Zungen / und den Hertzen mit hůlffe der Magd / zu dem Fenster hinaus geworffen / weil er nicht würdig gewesen / in einem so ehrlichen Hause zu übernachten. Ihrer Magd hat sie das versprochne Geld und die Kleinodien in einem Kästlein gegeben /und ihr gesagt / daß sie darmit entfliehen solte / welches sie auch / wie Bandel schreibt / gethan / Paulinus aber / der diese Geschichte in Lateinischer Sprache verfasset / sagt / daß sie ergriffen / und mit ihrer Frauen sey gerichtet worden.

13. Mit anbrechenden Tage / fanden die verübergehenden diesen unbekannten Leichnam auf der Gassen / und wähnten / daß er von Raubern / weil er in dem Hemmt ermordet worden; andre sagten daß er von andern aus Eifer sterben müssen: Violenta aber / als sie an dem Fenster solches hörte / gabe sich für die Todschlägerin dar / und bate man solte die Freunde Didaci holen / sie wolte diese Trauergeschicht ümständig erzehlen. Die Schergen hatten also bald Befehl / Violentam in das Gefängnis zuführen / da sie alles freywillig bekennet / und gebetten / man solte ihr nun /nach verübter Rache / auch das Leben nehmen / welches ihr nachgehends die Richter aus zweyen Ursachen abgesprochen: nemlich / weil ihr nicht gebühret /sich selbsten zurächen / zum andern / weil sie gar zu Tyrannisch mit dem todten Leichnam verfahren. Ist ihr also das Haubt für die Fůsse geleget worden / und meldet keiner / von obangezognen Scribenten / daß sie sich Christlich zu dem Tod bereitet.


[477]
14. Wer ihm wil das Urtheil sprechen /
und sich selbst gedenkt zu rächen /
muß erfahren nach und nach /
und bereuen viel zu spat /
das was Gott gesaget hat:
Mein / und nicht Dein ist die Rach!
138. Die Plage der Pestilentz
(CXXXVIII.)
Die Plage der Pestilentz.

GOtt hat mancherley Plagen der Menschen Sůnde zu straffen / wie sie auch ihnen mancherley Gelegenheiten suchen Gottes Gebot zu übertretten. Wie nun die Kranckheiten so von Füllerey herkommen / durch Fasten und Nůchterkeit geheilet werden / also straffet Gott Fressen und Sauffen / mit Theurung und Armut /Stoltz und Pracht / mit Krieg und Blutvergiessen / die Unzucht und Hurerey / mit der abscheulichen Plage der Pestilentz. Diese letzte Begebenheit zu Lyon /wird mit Fueg unter die traurigen Geschichte gezehlet / und ist dem / der es mit Augen sehen müssen /nichts traurigers jemals zu Gesichte kommen.

2. Im Jahr 1628. in dem Heumonat ist deß Marggrafen von Uxelles Kriegsvolck durch das Lyonische Gebiet dem Hertzogen zu Mantua zu hůlffe gezogen /da sich denn begeben / daß auf einem Dorf Vaux genannt ein Soldat an der Pest gestorben / und von seinen Spießgesellen in einen Garten verscharret worden. Nach wenig Tagen hat der Regen die wenige Erden / mit welcher er bedeckt gewesen abgeflösset /daß der Leichnam gesehen worden / und der Bauer deß Gartens ihn wieder aus / und auf den Kirchhof begraben lassen. Denselben Tag sind alle in dem gantzen Hauß an der Pest gestorben / und auch etliche Nachbaren / damit angestecket worden.

3. So bald nun das Gerücht erschollen / wie die Pest in diesem Dorf angefangen / haben die verordneten [478] zu dergleichen Fällen von Lyon aus / alle Nothturfft mit einem Capuciner / und einem Wundartzt dahin verschaffet / daß sie nicht solten Ursach haben in die Statt zu gehen / sondern bey Lebens Straffe verbotten / daß niemand aus dem Dorff weichen solte. Die Gewiensucht aber hat etliche von andern Dörffern dahin getrieben / daß sie die verstorbnen Erben / und ihre grüne Waaren von allerhand Erdgewächsen ohne Geld kauffen / und wieder in der Statt verkauffen wolten: darüber auch andre Dörffer gefährt und etliche in der Statt mit der Pestin angestecket worden: wie man dann die Thor bey der Rohneprucken / gegen besagter Dörffer Gegend gelegen / versperret hat / und solches wegen der Zufuhr deß Getreids / nach 5. Tagen wieder öffnen müssen.

4. In folgenden Monat August hat die Pest angefangen üm sich zu greiffen / und haben sich viel Rauber gefunden / welche die Handheben an vornemen Häusern mit Fett beschmieret / daß sich die Inwohner darfür entsetzet / sich auf das Land begeben / und ihre Behausung den Dieben gleichsam eingeraumet / deßwegen etliche gehenkt / und auf einen Tag zehen Hugenoten / welche man dieser Missethat aus Feindschafft beschuldiget / erwürget worden. Etliche von den Raubern haben bey Nachts wie die Raben geschrien / sich gantz schwartz bekleidet / und die Häuser beraubt / deren etliche gerädert und gehencket worden.

5. Dieser Plage sind auch die Gefängnissen nicht befreyet gewesen / daß man alle Gefangene hat müssen loß lassen. Alle Handarbeit / Handel und Wandel hatte aufgehört / und fanden sich bey zwantzig tausend Armer / welche Brod von der Obrigkeit heischten: deßwegen die Armen vertheilt / und jedem 3. Solds den Tag gereichet wurde. Das Elend in der Statt ist nicht außzuschreiben. Alle Gassen lagen voll Kranker und Todter / und wurden ihrer viel von den bestellten Wartern und Todtengräbern beraubt. Die schwangern Weiber / welche solche abscheuliche Leichnam gesehen haben vor der Zeit geboren / [479] und sind ihrer viel an den Kindheben gestorben / ohne Hülffe und Handreichung daß ihrer unter 500. mehr nicht als zwo darvon gekommen.

6. Etliche haben nicht anders geraset / als ob sie von dem bösen Feinde besessen gewesen. Viel Kinder welchen die Mutter verstorben / haben verschmachten müssen / und etliche hat man mit Geißmilch auferzogen. In dem Hospital / welches von der Christlichen Liebe den Namen hat / ist von 225. Personen / so dar innen gespeiset worden / niemand erkrankt / da sonsten wenig Häuser in der gantzen Statt / ohne Todten gewesen.

7. Etliche so geschlaffen / sind von den Todtengräbern lebendig eingenehet / und aber nicht begraben worden / deren noch etliche leben: etliche sind also wegen andrer Kranckheiten lebendig begraben / weil man die Kranken / wann der Wagen vorüber gefahren ist / ob sie gleich noch nicht gestorben darauf geworffen. Ein Kupftrstecher hat sich gefürchtet / er möchte nicht eingenehet / und also entblöset in das Grab geschleppet werden / deßwegen er sich selbsten biß an den Hals in ein Leilach verhüllet. Viel sind zween und wol drey Tage in Zügen gelegen / und haben nicht ersterben können. Etliche haben sich in die Brunnen gestürtzet / etliche in den Fluß.

8. Ausser zweiffel ist / daß die bösen Geister auch ihre Hand mit in dem Spiel gehabt / die Leute erschrecket / mit allerhand Verblendungen / und viel in solchem Elend zu der Unzucht gereitzet. Etliche sind 8. Tage in ihren Zimmern liegen geblieben / daß man sie aldar mit Kalch bedecken müssen / und hat man sie wegen deß Gestancks nicht bewegen dörffen. Viel haben die Raben / die Hunde und Katzen zerbissen /weil sie in den Weinbergen nur halb eingescharret gewesen. Zu Nachts hat man auch die Wölffe in der Statt hören schreyen.

9. Ein Handwercksmann hatte sich bezechet / und ist unterwegs auf der Gassen liegend verblieben / den Rausch außzuschlaffen. Die Todtengräber legten ihn auf den Wagen zu den andern Todten / als sie [480] ihn aber in die Gruben werffen wollen / ist er aufgewacht / und darvon geloffen. Der Wein ist zu solcher zeit sehr schädlich / weil er den Leib erhitzet / daß der Gifft so viel eh fangen kan. Die meinsten haben mit dieser Krankheit den Verstand verlohren / und sich wenig zu dem Tod bereiten können.

10. Die Predigten und Vermahnungen hat man auf freyen Platz gehalten / damit die Leute ferne von einander stehen und zuhören können / da sich dann begeben / daß ein Jesuit dem Volk ihre gehaltene Faßnacht verwiesen / in welcher sie den Bacchum oder Weingötzen auf einem Siegwagen / durch die Statt gefůhret / und darbey gesungen und geschrien wie die Sileni und Bacchides / etc. In dem er nun hiervon redete kam der Todten-Wagen gefahren mit vielen Leichnamen beladen: Dieses sagte der Jesuit / ist nun der Siegswagen / darauf ihr aus dem Trauer Hauß in das Grab geführet werdet / etc. Hierdurch hat er ihrer sehr viel zu einem eiferigen Gebet / und ernstlicher Buß beweget. Man hat den Verlust der Verstorbenen auff hundert und dreissig tausend geschetzet / und wie man vor dem sterben neunzehen Mühlräder haben müssen: also hat man hernach nicht mehr als neune von thun gehabt.

11. Aubigni / berichtet auch / daß er in Britannien beobachtet / daß Abents und Morgens gleichsam ein gelblicher Nebel von dem Himmel gefallen / darvon alle / welche auf der Gassen oder auf dem Felde gewesen / so wol Menschen als Viehe an der Pest gestorben. Zu Lyon hat ihrer viel das fliehen / welches die beste Artzney seyn sollen / wenig geholffen / und hab ich / als ich kurtz nach solcher Seuge dahin gekommen / sagen hören / daß ein Edelmann auf seinem Schloß mit allen seinen Hauß-Gesinde / ja auch den Hunden und Pferden an der Pest verstorben gefunden worden: Daher die gemeine Rede gegangen / wann Gott einen nicht erhalten wolle / so helffe nichts er thue was er auch wolle. Der H. Kirchenlehrer Augustinus giebet diesen Raht: Gleich [481] wie einer der Schiffbruch leidet / sich nicht an ein Eisen oder Stück / sondern an ein Bret hält: also sollen alle / welche in den Schiffbruch ihrer Seelen begriffen sind / sich an das Kreutz halten / und mit eiferigem Gebet ihre Rettung von Gott erwarten.


12. O Pfeil geschwinder Tod / bey Alten und bey Jungen /
Du bist gleich einem Dieb zum Fenster eingesprungen.
Du eilst und kommst daher mit überschnellem Schritt.
du fliegst in eine Statt / und weichst mit lassem Tritt.
Du lässest auff dem Bett dem Krancken nicht lang bleiben
und pflegst ihn durch die Plag' und Schmertzen aufzureiben.
Wol dem / und aber wol der bald und selig stirbt.
und durch deß Todes Krieg das Himmelreich erwirbt.
139. Die gerettete Unschuld
(CXXXIX.)
Die gerettete Unschuld.

Es ist ein altes / aber warhafftiges Sprichwort: Hüt dich für der That / der Lügen wird wol raht. Der beste Trost eines falsch angeklagten / ist ein gut Gewissen /dessen sich dorten getröstet die Brüder Josephs / daß sie zwar keine Kundschaffter / aber doch / sagten sie /daß sie diesen Unfall an ihren Brüdern verschuldet. Joseph aber gieng getrost in sein Gefängnis / wie auch Daniel in die Löwen-Gruben / die drey Männer in den Feuer-Ofen / und Susanna von dem Richtplatz / versichert daß Gott die Seinen durch unverhoffte Mittel wol weiß aus der Anfechtung zu erretten.

2. Dieses hat auch erfahren eine Edle in Poitiers /welche wir wegen ihrer Keuschheit Lucretiam [482] nennen wollen / ihren Eheherrn aber / wegen seiner ernstlichen Sitten / Catonem. Dieses Land-Herren grösster Lust war Jagen und Falken beitzen / Pferde / Hunde /wilde und zahme Thiere / so gar / daß er auch einen Löwen und eine Löwin / welche er mit aus Welschland gebracht / gehalten / der Hofnung / sie solten Junge ziehen. Dieser Cato hatte mit Lucretia eine friedliche Ehe / und Ursach / sie mit ihrer dreyfachen Schönheit zu vergnügē / als nemlich / deß Verstands /deß Leibs und der Glücks-Güter / welche sie alle reichlich besessen.

3. Es fügte sich aber daß dieses Herren Hofmeister sich in eine Gräfin verliebte / und nach langen Bedacht sich nicht enthalten konte / seine Brunst zu offenbaren / als Lucretia allein / und wegen etlicher Haußhändel mit ihm zu reden Gelegenheit gesuchet /welches er / als eine Gegenneigung außlegte / und leichtlich glaubte / was er gewünschet und verlanget. Verrähter / antwortete Lucretia / bist du wol so kühn daß du mich für eine Ehebrecherin ansehen solt? Schweig / oder ich wil dich deinen Frevel büssen machen / wie du verdienet hast. Was Ursache habe ich dir doch zu solchem Verdacht gegeben / du ehrvergessner Bub.

4. Mit solchem Bescheid musste dieser Hofmeister wieder abziehen / und machte ihm leichtlich seine Rechnung / daß er bey seinem Herrn übel angesehen seyn würde / deßwegen er entschlossen war / seinen Fuß weiter zu setzen. Lucretia aber sagte ihrem Herrn nicht an / was der Hofmeister an sie gelangen lassen /alles daraus besorgliche Unglük zu verhüten / weil sie wol wuste / daß er ein ernstlicher Mann / und sich an diesen untreuen Gesellen vergessen möchte. Als nun der Hofmeister nicht vermerken können / daß ihm sein Herr abhold / hat er seine Furcht fallen lassen /und sich aldar zuverbleiben entschlossen.

5. Lucretia sahe nun diesen Frevler nicht gerne für ihren Augen / er auch vermerkte wol / daß er keine Gnade zu erwartē / weil diese seine Frau leben würde / [483] trachtete deßwegen sie aus dem Mittel zu raumen /mit einer teufflischen Verleumdung / die ihm gewiß der Lügen Geist in den Sinn gegeben. Er hat aber mit Juda sagen müssen / weh mir / daß ich unschuldig Blut verrahten / wie wir nachgehends melden wollen.

6. Cato hielte an seinem Hof einen jungen starken und närrischen Menschen / welchen er den Haan in den Korb genennet. Dieser war ein einfältiger Gesell /den die Hofbursch fast gar toll gemachet / daß er sein Brod / ohn andre Arbeit: mit possenreissen zugewinnen pflegen. Der Hofmeister bediente sich nun dieses Narren zu seinem Vorhaben / und beschwätzet ihn /daß er eine grosse Schalkheit verüben könte / wann er sich in der Gräfin Schlafkammer verstekte / und morgens gegen Tag ihr unwissend / wieder heraus kommen würde. Der Haan in dem Korb liesse sich bereden / und war die Sache so viel leichter / weil Cato in einer andern Schlaffkammer zu übernachten pflegte.

7. Kurtz zu sagen / bringt der Hofmeister durch die dritte Person so viel zuwegen / daß Cato diesen Haan im Korb aus seiner Gemählin Schlafzimmer frühe Morgens gehen sihet / und weil er ein einfältiger Tropf / nicht anders wähnen mochte / als daß sie ihn /und nicht er sie zu solcher Schandthat geleitet / hat er ihn in das Gefängnis zu führen / sie aber seinen Löwen fůrzuwerffen befohlen: ohne fernere Erkündigung der Sachen. Ob nun der Hofmeister über seine Klugheit gefrolocket / ist leichtlich zu gedenken. Das Trauerspiel aber musste über den schuldigen / und nicht über den unschuldigen Theil ausgehen.

8. Die keusche Lucretia wird den Löwen fůrgeworffen / und kan zu keiner Verhör bey ihrem Eheherrn kommen. Was geschihet aber? Die Löwen und die Löwin / welchen man sonsten nichts zu essen gabe / verschonten / aus sondrer und wunderbar Schickung Gottes / dieser unschuldigen Gräfin: welches so bald dem Grafen berichtet worden / und nach dem in dem Gefängnis der einfältige Haan im Korb bekennet / [484] daß der Hofmeister ihn zu diesen Possen beschwätzet / ist er an statt der Gräfin in die Löwengruben geworffen worden / welche ihn alsobalden zerrissen und verzehret.

9. Die fromme Gräfin hat sich gegen ihren Herrn sehr beklagt / daß er sie ungehörter Sachen verurtheilt / deß wegen er ümb Verzeihung gebeten / und dieselbe leichtlich erhalten. Der Werkzeug dieses Unheils /ich sage der Haan im Korb ist der Gefängschaft wieder erlassen worden / und weil ihn die Gräfin für ihren Augen nicht sehen wollen / hat ihn der Graf von Hof geschaffet. Der Hofmeister aber ist in die Gruben gefallen / welche er der keuschen Lucretia gegraben hatte.

10. Zum Beschluß dieser Erzehlung wollen wir setzen die Wort welche Daniel in der Löwengruben folgenden Inhalts / vermutlich geführet.

Irrgedicht.
Du Gott Himmels und der Erden /
Hör ach hör doch meine Klag.
Ich schrey' / ich schrey' aus der Tieffen
Laß nun deine Gnade trieffen
in den letzten Todes nöhten
HErr erhöre was ich sag'.
Ach GOtt / ach GOtt zürne nicht /
ist des Königs Sinn ergrimmet /
der mich aus verhetztem Raht
nunmehr gantz verstossen hat.
Weiß ich doch / daß Gottes Huld
mich in seine Schirmung nimmet.
Der auf seine Güte trauet
ist versichert in Gefahr
in dem Wasser in dem Feuer
kommet Gottes Schutz zu steuer
und errettet aus den Nöhten
seiner frommen Diener Schar.
Du mein Schöpfer sihest mich
Du du prüfest Hertz und Nieren
[485]
Du weist / daß ich dir vertrau'
und nach deiner Rettung schau'
Als nach dem / der mich wol kan
aus der Löwengruben führen.
Wann die lybier Thiere brüllen
von dem langen Hunger matt:
mit den starcken Schwäntzen schmeissen /
drauend mich bald zu zerreissen
und mit gantz entbrannten Schnauff /
von mir wollen werden satt /
So ruff' ich / HErr Gott zu Dir!
Du / du zaumest ihren Rachen /
daß das lang bemähnte Haar /
dieser wilden Löwen Schaar
mich / gleich jenem / hart erschrecket /
die von schweren Traum erwachen.
Der wil mir die Hände lecken /
dieser streicht mich mit dem schwantz
dieser wil mein Haubküß seyn:
jener stehet / wie ein Stein /
blinkend freundlich / unbeweget
mit der strengen Augen Glantz.
Meine Ruh' ist sonder Ruh'.
HErr du wirst mich nicht verlassen /
weil die Löwin mich verschont /
und ich der Gefahr gewont:
Dann du liebest / der dich liebt
und stürtzt alle die dich hassen.
Umb mich liegenTodten-Beine /
die mir bilden jener Pein /
so diß Löwen-volk verzehret /
das so freundlich mit mir fähret;
sie als meines Leibes Schützer /
nicht mehr meine Feinde seyn.
Ich halt ob deß Glaubens Pfand /
Hoffnung lässet nicht in Schanden.
Wer hat mir die Speise bracht?
GOtt / GOtt hat an dich gedacht.
Daniel / der König rufft /
dich zu retten aus den Banden!
140. Der unerhörte Kinder-Mord
[486] (CXL.)
Der unerhörte Kinder-Mord.

GOtt der Allmächtige hat den Kindern gebotten / daß sie ihre Eltern ehren und lieben sollen: weil die Liebe nicht auf / sondern abzusteigen pfleget / und es keines Gebots bedarff / daß die Eltern den Kindern väterliche und mütterliche Neigung erweisen / welche ihnen gleichsam eingeschaffen ist: daher der getreue Gott seine Liebe gegen uns ungehorsame Kinder dem väterlichen und mütterlichen Hertzen vergleichet / wie in der H. Schrifft hin und wieder zu lesen ist. Es finden sich aber unartige Raben Eltern / welche nicht nur ihr Fleisch und Blut verlassen / sondern auch hassen /und alle natürliche Neigung auß ihren Hertzen reissen / wie dessen ein unerhörtes Exempel folgen sol.

2. In der Statt Meiland wohnte vor etlichen Jahren ein Kauffmanns-Frau / welche Pandora genamt /deren gantzes Leben war ein kurtzer Außzug aller Sünden und Laster / in dem sie Stoltz hochtragen / tyrannisch / und so geil / als eine lauffende Hůndin. In dem vierzehenden Jahre ihres Alters / machte sie sich zu einem Edelknaben / der zu Nachts bey ihr schlaffen musste / damit sie kein Gespenst erschreckte. Doch war sie klug in ihrer Thorheit / und wusste sich in Worten und Geberden so züchtig und keusch zu stellen / daß man diese Lais für eine Penelope gehalten /und hat doch ihre Liebs-Gewerb zu spielen nicht unterlassen.

3. Diese Pandora aber war nicht zu frieden / oder recht zu sagen nicht befriedigt von dem Edelknaben /sondern liesse auch einen andern jungen vom Adel /welcher ihre Kammerdienerin mit güldnen Kürissirern (ich wil sagen Ducaten) bekrieget / einkommen. Dieser verhofft die erste Blume an dem Rosenstock zu finden / musste aber erfahren daß ihme [487] Ehebrecher bevorkommen: doch belustigte er sich mit der Nachlese. Nach deme er seine Begierde gebüsset / hat er nicht mehr in den Garten kommen wollen / und sich mit Vorwand erdichter Kriegs-Dienste / abgedrehet.

4. Der dritte war ein reicher und fünfftzig jähriger Kauffmann / welchen sie heuratete und über 18. Jahre nicht zubrachte / daß also leichtlich zu erachten / mit was für einen doppelten Hornwerck sie das Hauß befestigen würde. Zu dem muste dieser Cornelius seinen Geschäfften nach auf die Messen verraisen / daß sie also Gelegenheit hatte ihrem Handel abzuwarten. Der Alte nahm Pandoram für eine Jungfrau an / weil er sich entweder / mit seinem Brillen auf diese Waaren nicht wol verstanden / oder von ihr / vermittelst zusammen ziehender Artzneyen / betrogen worden.

5. Bald nach ihrer Hinführung begabe sich / daß ein Edelmann von Rom Candido Jocondo benamt /aus seinem Vaterland / wegen eines Ableibs verjagt /und sich zu Meiland / unfern von der Pandora Hauß /aufhielte. Dieser sahe Pandoram an den Fenster / und verstande aus der Rede ihrer Augen / (welche Sprache die Italiäner fleissig studiren) daß sie ein treuhertzige Weibs-Person: Deßwegen er mit Seufftzen und Klagen seine Liebes-Brunst zuverstehen gegeben. Als er nun verstanden / daß sie Pandora genennet wurde /und ihme nicht unbewust / was die Poeten von Pandora dichten / daß sie nemlich von allen Göttern mit Gaben begnädigt / zween Becher in den Händen habe / aus welchen sie Gutes und Böses zu schencken pflege. Ließ er ihm dienen zu einem Liedlein / welches er Nachts auf der Lauten spielend / für der Pandora Hauß gesungen.


1.
6. Ach schöne Pandora / von Göttern gezieret /
vollkommen mit allen hochschetzbaren Gaben /
die andere Menschen absonderlich haben /
Ein sothaner Name dir billich gebühret.
[488]
Du schenkest mir ein /
die quälende Marter / doch liebliche Pein.
2.
Sol Böses von schönesten Güteren kommen /
verursacht die Liebe so schmertzende Schmertzen /
in meinem / ja deinem verliebeten Hertzen /
Daß meine Gedanken Verständnis entnommen /
so schencke doch ein
das Gute / vermindere Leyden und Pein.
3.
Ach wehrte Pandora / was Venus ertheilet
das lasse doch Candido einsten geniessen /
mach seine Betrübnis mit Freuden versüssen /
schau Schöne / Cupido mich gäntzlich durchpfeilet.
komm schencke doch ein /
und rette Jocondo von tödlicher Pein.

7. Diesem Vogel dorffte man nicht viel singen /weil er sich gerne fangen liesse / und ist nicht außzusagen / wie gar unverschämt diese Pandora / sich gegen diesem Fremden erzeiget / daß er ihrer bald überdrüssig wordē / und nach deme er Landshuldigung erlanget / wieder nach Haus gezogen / und dieser freygebigen geilen Metzen gespottet. Vor seinen Abraisen / hat er bey allen Gesellschafften ruchbar gemachet / wie Pandora das ihrige auf Wexel gebe / und ihres Alten Handlung andern überliesse.

8. Der fünffte Buler bey dieser schönen Milaneserin war Cesar Parthenope / ein Edler Jůngling in besagter Statt. Dieser zoge in die Behausung deß Romenesers / und finge seine Liebe an / wo es derselbe gelassen. Er hatte leichtlich eine Festung bezwingen können / aus welcher die Besatzung gezogen / und da die Thůr andern zuvor offen gestanden; massen ein solcher Ort übel zu verwahren. Der Poet Euripides hat dieser Meinung recht gesagt:


[489]
Wer sich der Unzucht hat ergeben /
der führet stets ein böses Leben.

9. Ohne Einruckung ärgerlicher Umstände / bulten sie fast alle Nächte biß an den Morgen / und war dieser letzte der Liebste. Lucio Martiano / welcher in der Nachbarschafft wohnte / und dieser Dirne Gewerb wol in acht nahme / warnete Cesar / daß er doch / sein Unglück zu vermeiden / dieser Schandmetzen müssig gehen solte / und erzehlte ihme / was er von Candido Jocondo gehöret / und daß ihr Mann / wann er in Erfahrung kommen solte / wie andere seine Stelle vertretten / nicht unterlassen würde / Rache zu üben: Weil aber Cesar ein Jüngling der Fleisch und Blut /bey welchem die Begierden der Jugend nicht außbleiben / so solte er sich verheuraten / an eine Jungfer Eusebiam Jovial genamt / die seinem Stand gemäß / wie er auch in der Stille gethan / daß solches Pandora nicht erfahren / als nach deme es geschehen gewesen.

10. Es befande sich aber Pandora von diesem letzten schwanger / und wusste / daß nun ihr Mann wiederkommen solte. Sie schreibt an Cesar / und giebet ihm genugsam zu verstehen / daß ihre Liebe nunmehr sich in Feindschafft verwandelt / und daß sie einen Tyrannischen Schluß / wider ihre Leibesfrucht nehmen möchte. Cesar giebt der Dirnen / so ihm den Brieff eingehändigt / diese mündliche Antwort / Sage deiner Frauen / benebens meinem Gruß / daß sie mir das / was sie hier schreibet / viel eh offenbaren sollen: Doch wil ich nicht unterlassen / alles zu verschaffen /was von nöhten seyn wird.

11. Als nun Finee / die Magd / solche Antwort hinterbracht / hat Pandora viel böse Anschläge in dem Sinn gehabt. Bald wolte sie sich / bald ihren treulosen Bulen / bald die Frucht in dem Leibe erwürgen. Sie sendet zu einer Zauberin in den Thal / welcher Comico genennet wird / eine Kunst zu holen / den Cesar wiederumb an sie zu bringen. Ob nun wol die Hexen ihr etliche Sachen schickten / hat [490] sie doch solche dem gewesen Liebsten nicht können beybringen.

12. Als sie nun an dem Vater nicht Rach üben möchte / und der siebende Monat ihrer Schwängerung ergangen / entschleusset sie sich an deß Cesars Kind /(als ob es nicht auch das ihrige were) zu rächen. Die Magd wolte sie zur Gedult ermahnen / und sprache ihr zu / sie solte doch ihrer selbst schonen: Das verteuffelte Weib aber bedrauete sie zu erwürgen / wann sie nicht thun werde / was sie ihr befehlen würde. Nöhtigte sie also / auf einen Kasten zu steigen / und von denselben herunter auf ihren groß gespannten Leib so lang zu springen / biß das Kind von ihr gekommen / welches sie alles mit höchster Gedult außgestanden / daß ihr auch das Angesicht aufgeschwollen / und wie leichtlich zu erachten / keine geringe Schmertzen verursachet.

13. Die Gotteslästerliche Worte / so sie darzu gebrauchet / wollen wir hier bey zu fůgē nicht wehrt achten / und ist sie nicht vergnügt gewesen / daß sie ihres Leibes halb todten Frucht erlediget worden /sondern sie hat das unschuldige und ungetauffte Kind an die Wand geschlagen / zerrissen / wie man eine Ziegen zertheilen kan / mit Füssen zertretten / das Hertzlein aus dem Leib gerissen / und einem Schafhund vorgeworffen / welchen sie in die Kammer kommen lassen. O unerhörter Kinder-Mord / welchen auch die Löwen und Thigerthiere an ihren Zůchten nicht zu üben pflegen. Wer weiß / wie die Welschen in ihren Gemůts-Neigungen gantz ungehalten sind /wird dieser Warheit wol Glauben zu stellen.

14. Nach solcher grausamen Mordthat ist sie / von den außgestandenen Schmertzen erkrankt / und hat ihr Leben in Teufflischer Verzweifflung geendet. Finee ihre Magd hat solches alles / wie Pandora befohlen /dem Vater deß Kindes angemeldet / und ihn dardurch so sehr betrübt / daß er in ein Kloster gegangen / und ein Frantziscaner Kutten angezogen / seine Sünde zu büssen. Finee aber ist von Meiland entwichen / weil sie befürchtet / es möchte ihr [491] wegen Behülffe zu dieser erschröcklichen That auch übel gelohnet werden.


Wollust ist deß Teuffels Thron /
bringet endlich Spott und Hohn.
Sie strafft ewig Gottes Sohn /
Zeitlich hat man Reu darvon /
ja deß Teuffels Marter-Kron
ist der Buler letzter Lohn.
141. Die tyrannische Eifersucht
(CXLI.)
Die tyrannische Eifersucht.

Wann wir dorten in dem Hohen-Lied lesen / daß die Liebe stärcker sey / als der Tod / ist es nach der edlen Grundsprache zuverstehen von dem Eifer / welcher ein Verliebter / wegē böses Argwahns / gegen seinem Ehegatten fasset. Dessen haben wir ein merkwürdiges Exempel / unter vielen andern / in folgender Erzehlung / welches sich auch in Italien / als dem Schauplatz vieler mörderlichen Trauerspiel begeben.

2. Als der Türckische Käyser Bajazet la Morea /und in demselben Modona die Haubtstatt erobert / hat er solche Grausamkeiten und blutstürtzende Mordthaten verüben lassen / daß sich der Himmel darfür entsetzen / und die Erde eröffnen / und die Mahometischen Henkers Buben hette verschlingen sollen. Unter diesen entflohenen Modonesern aber war ein Edelmann / Namens Peter Bartze / welcher nach Mantua entkommen / und hat aldar Krieges-Dienst angenommen / sich auch so tapfer gehalten / daß ihm der Hertzog zu Obersten / über sein Fuß-Volck gemachet.

3. Dieser Barze geheuratet eine Mödoneserin / welche man die Königin genennet / ihr Name war Helena / und hatte ihres gleichen nicht an Schönheit und Tugend. Der Hertzog hatte diesen Obersten [492] mit einem Land-Gut beschencket / welches vom H. Gregorio den Namen hatte / da er sich aufzuhalten pflegte / und eine Tochter erzeuget / die an zuwachsender Schönheit ihrer Mutter Lob gleichsam verkleinerte. Barze ihr Mann bezahlet der Natur die Schuldigkeit / und lässet sein Weib nicht in kleiner Betrübnis / weil sie Fremde und von ihren Land- und Glaubens-Genossen entfernet gewesen. Witben und Weisen sind von den betrübsten Leuten in dieser Welt / die viel Trutz und wenig Schutz erfahren müssen.

4. In noch lauffenden Trauer-Jahre verliebte sich in diese junge Wittib ein Rittersmann / der sich Spada genennet / und dazumal ein Rittmeister unter deß Hertzogens Reuterey war. Helena wolte seine Briefe nicht annehmen / und den gesendeten Mundboten keine Gehör geben / damit ihr Bruder / welcher sich bey ihr anfhielte / nicht Ursach gewinnen solte / sie in bösem Verdacht zu haben / daß endlich der Rittmeister gezwungen worden sie zu freyen / und seine Liebes-Schmertzen also zu heilen. Die schöne Wittib aber wolte nicht darzu verstehen / weil ihr ihr Hertz sagte / daß es ihr unglücklich ergehen würde.

5. Der Bruder / welcher seiner Schwester wol zu rahten vermeinet / hielt diese Gelegenheit für anständig / und erlangte endlich ihre Einwilligung / daß die Hochzeit zu Mantua mit Freuden vollzogen worden /und sich der Rittmeister vernehmen lassen / daß er sich für den Glückseligsten in dieser Welt halte / weil ihm die allerschönste Weibs-Person bescheret sey. Wie aber die Affen aus gar zu grosser Liebe ihre Jungen erdrucken / also ergehet es auch denen / welcher Flammen gar zu hoch steigen / und den Verstand dermassen verzehren / daß sie vermeinen / wer ihre Weiber nur ansehe / der sey so sehr in sie verliebet / als sie / und eifern auch mit den Mucken und Flöhen / die ihnen zu nahe kommen.

6. Dieser Spada begabe sich an einen andern Ort Neu Castel genannt / seinem Herrn / Trivultio zuständig / welches zwar seiner Helena mißfallen / hat [493] sich aber doch nicht vermercken lassen / daß ihr Wille dem seinen zu wider / und ihme also auch in diesem gehorsamt. Es kam aber ein Geschrey aus / der König in Franckreich hette Tribultium enthaubten lassen. Hierüber / ob es wol falsch / hat sich Spada sehr betrübet / daß er fast erkrankt.

7. Helena hat nicht unterlassen ihm zu dienen / die Zeitung außzureden / ihn zu trösten / und zu liebkosen / welches diesem Eiferbock fast verdächtig vorgekommen / daß er gewähnet / sie wůnschte seinen Tod / und hoffte alsdann einen iüngern Mann. etc. Diesen Traum seiner Eifersucht kan er nicht verschweigen /und vermeldete seiner Helena / daß sich diese Krankheit über seinen Tod erstreckte etc. Die keusche Helena antwortet / daß sie ihr nach seinem Absterben /keine Stunde länger zu leben wünsche. Ich weiß /sagte sie / wie schwer und unerträglich verliebten Hertzen ist / wann der Tod die helfft dahin reisset /und hab solches an meinem ersten Mann schmertzlich erfahren etc.

8. Spada ůmfängt und küsset sie / wegen dieser Wort / stehet bald hernach aus dem Bette auf / und nimmet seinen Stillet zu sich / legte sich wiederum nieder / und fängt an von seinem Tod nochmals zu reden / und daß nach demselben sie würde zu der dritten Ehe schreiten / und ein andrer zu Besitz seiner schönen Helena kommen. Als sie sich nun beteurlich erkläret / sich nach seinem Absterben ferners nicht zu verehlichen / giebet er ihr aus tyrannischen Eifer mit dem Judas Kuß etliche Striche in die Brust / und Gurgel / daß sie zu schreyen beginnet: Mein Gott / erbarme dich meiner Seelen. Darauf stösset auch ihm dennoch mit Blutbenetzten Dolchen in das Hertz / daß er also balden todt liegen verbleibet.

9. Die Kammer-Jungfrau / welche das Geschrey ihrer Frauen / und das Gerassel ihres sterbenden Herrn gehöret / ist zugelauffen / und hat den Nachbaren zugeschrien / welche die Wund- Aertzte geholet /und von der Helena noch so viel verstanden / daß man sie zu ihren ersten Mann Barze nach Mantua begraben solte. Spada aber ist auf den Schindacker [494] als ein Selbstmörder geworffen / und von den Raub-Vögeln verzehret worden / als ein ungehorsamer Soldat / den Gott der HErr länger auf der Schildwacht dieses Lebens hette stehen lassen / wann er nur gewolt.

10. Dieser Helena ist folgende Grabschrifft zu Mantua aufgerichtet worden.

Hier liegt in diesem Grab / die man mit Fug verglichen
der schönen Morgenröt'. Es macht ihr Tugend-Schein /
daß sie mit Helden-Muth noch Noth noch Tod entwichen.
Ihr Nam war Helena / doch keusch und Engelrein /
der sich mit gutem Fug gerühmt die alten Griechen.
Ihr Tugend musst ihr Tod und alles Unglük seyn;
Sie hat die Eifersucht getödt mit manchen Stichen
doch lebt ihr wahres Lob auf diesem Leichen-Stein.
142. Die bestraffte Blutschand
(CXLII.)
Die bestraffte Blutschand.

Wann ein Mensch ein Königreich / oder alle Wollust / die er ihm selbsten wünschen möchte / verdienen solte / und dagegen seine Hand 24. Stunden in das Feuer halten: Würde sich wol niemand finden / der solchen Schmertzen außstehen könte? Gewißlich der sichs unterstehen solte / wird seine Thorheit bereuen /und bald wieder zu rücke ziehen. Was thun aber die frevlen Sůnder anderst / als daß sie gegen der zeitlichen Ergötzlichkeit der Sünden / nicht die Hand /sondern den gantzen Leib / nicht nur 24. Stunden /sondern von Ewigkeit zu Ewigkeit / in die unerlöschliche Höllenflammen stürtzen / da die Reue zu spat /und kein zurücke ziehen mehr statt finden wird.

[495] 2. Wann nun die Verdamten durch das gestraffet werden sollen / dadurch sie gesůndiget / wie die Gelehrten wollen / so ist ausser zweiffel / daß die Brunst die unzůchtigen und viehischen Liebe / mit den Flammen an heimlichen Orten bestraffet werden wird / und wann die Hurerey mit so gantz unerträglicher Straffe belegt / was müssen denn die Blutschänder erfahren /welche wieder Göttliche / natürliche und aller Völcker recht / Seelen vergessen / wissentlich dahin sündigen. Alle zeitliche Straffe ist zu gelind / ob gleich solche Knechte doppelte und vierfache Straffen empfahen /weil sie ihres Herrn Willen wissen / und doch nicht volbringen / sondern das Wiederspiel thun. Hiervon folget eine sondere Geschichte / welche zwar was alt /und sich begeben zu Zeiten König Karls deß VII. der die Engelländer aus Frankreich gejaget / doch merkwůrdig / und auf diesen Schauplatz gehörig.

3. Der Fürst Nicolas von Este / Marggraf zu Ferrara / war zwar aus unehlichem Bette geboren / hatte aber das Glück / daß er Azzo den rechten Erben verjagte / und besser regierte / als keiner seiner Vorfahren. Er vermählte sich mit Frantzen von Carrara / damals Herrn zu Padua / Tochter / und erzeugte mit ihr einen Sohn / welchen er Hugues nennen liesse / dem er die Grafschafft Rovigo zu geeignet. Kurtz darnach hat diese Mutter Hugues die Welt gesegnet / und ist von ihrem Herrn und allen Unterthanen sehr betrauret worden.

4. Der Marggraf wolte sich nicht verheuraten / sondern wehlte ihm alle Nacht eine andre Beyschläferin /daß die Zahl seiner unehlichen Kinder sehr groß worden. Nach etlichen Jahren / lässet er sich von seinen Rähten bereden / daß er sich vermählet mit Malatesta Fräulein / die dazumals viel Stätte und Flecken / ja fast die gantze Romagnam beherrschte. Diese seine zweyte Gemählin war schön / und hatte nicht mehr als 17. oder 18. Jahre / daß der Marggraf sich billich mit ihr hette vergnügen sollen: Er fuhre aber auf die vorige Strassen / und besuchte die alten [496] Kunten; als ob er andern zu gefallen ein Weib / ihme zugefallen aber viel Kebs-Weiber hielte: Deßwegen auch vielleicht Gott / nachgehendes Ergernis in seinem Hause verhengt.

5. Die Marggräfin wusste aus was Ursachen ihr Herr bey ihr aussetzte / und beklagte sich einsten gegen ihre Kammer-Dienerin / welche ihr getreu war /und sie von Jugend auferzogen hatte. Diese Melitta (also wurde sie genannt) räht ihr / sie solte sich rächen / ihn mit gleicher Müntz bezahlen / und sich auch mit andern lustig machen / wie ihr Herr. Die Marggräfin antwortete / daß solches übel hinaus gehen würde / und daß die Männer / welche die Gesetze der Keuschheit verfasset / solche nicht ihnen /sondern dem Weiber-Volk auferlegt / und sie darnach zu bestraffen pflegten? in dergleichen Verbrechen aber ungestrafft außgiengen. Doch weil sie gesehen daß der Tod oder das Alter ihren Herrn allein von solchem unzüchtigen Leben abhalten würde / ist ihr die Zeit / so lang zu warten / viel zu verdrießlich gefallen.

6. Der junge Hugues pflegte mit seiner Stiefmutter zu spielen / ihr die Zeit zu kürtzen / zu spatziern / und war aller Liebes Verdacht von ihnen entfernet. Ob ihn nun diese geile Dirne zu bösen Händlen veranlasste /war er doch / als noch ein gantz unerfahrner Schüler /nicht fähig zu verstehen was sie von ihm haben wolte / sondern erwiese ihr allen kindlichen Gehorsam / und schuldige Ehrerbietung.

7. Als auf eine Zeit der Marggraf nach Meiland veraiset / mit selben Hertzog / wegen wichtiger Händel Unterrede zu pflegen / hat diese verlassne Wittib /an dem Sohn einkommen wollen / was ihr der Vater ist schuldig verblieben. Sie lässet den jungen Grafen holen / und saget ihm / daß sie mit seinem Herrn Vatern betrogen worden / auch nicht anders gewust / als daß sie mit ihm / und nicht mit dem alten Hachten /vermählet werden [497] sollen / deßwegen dann solche Ehehandlung nicht bündig / weil ein Irrthumm in der Person vorgegangen: giebt ihm darbey zu verstehen ihre Vorsorge / daß seine Stief-Brüder ihn so leichtlich aus dem Lande jagen können / als sein Vater seinen rechten und ehlichen Bruder vertrieben.

8. Dergleichen Gespräche setzte sie nach / brünstige Liebes Wort / kůssen und betasten / daß ihre Schönheit und holdselige Geberden auch einen Einsiedler hetten verführen sollen. Der Graf liesse sich nach schwachem Wiederstand bezaubern / daß er mit ihr vollbracht / darob sie beede einen Abscheu und Greuel haben solten. Ob dieser Blutschand / welche vielmals in die zwey Jahre fortgesetzet worden / hat der Marggräfin eine alte Kammermagd sehr verweißlich zugesprochen / daß sie angefangen ihr grosses Unrecht zu erkennen / weil es aber angefangen /hat sie doch die Liebes-Brunst getrieben / in dem Unrecht zu beharren.

9. Als nun ihr Sünden-Maß voll / erkundschaffte ein Hof-Diener / welcher seinem Herrn getreu seyn wolte / daß der junge Graf zu Morgens aus seiner Stiefmutter Schlafkammer geschlichen kommen: Als nun dieser einsten auf einem heimlichen Gemache mit blossem Rucken die Wand ansahe / (wie Opitz redet) wird er eines kleinen Löchleins gewahr / durch welches er gesehen / was zwischen diesen Sohn und der Mutter vorgegangen / und hat sich nicht wenig darob entsetzet / hat auch zu andrer zeit den Marggrafen dahin geführet / und selbsten den Augenschein lassen einnehmen.

10. Der Marggraf erstaunte ob dieser Blutschand /und liesse aus seinem Hertzen die väterliche Liebe und Neigung gegen diese Frevlere. Befihlt deßwegen beede in das Gefängnis zu legen / da ihnen bereit ihr böses Gewissen zum Henker worden. Der Scribent /aus welchem wir dieses vermelden / setzet / daß die Marggräfin / als man sie in Verhafft geführet / in ihrem Frauen-Zimmer / ein Lied nachgesetzten inhalts / gesungen / welches ihr gleichsam eine [498] Weissagung ihres für der Thür ruhenden Unglücks gewesen.


1.
11. Niemand hat so gute Tage
der hier lebt auf dieser Erden /
daß sie nicht durch manche Plage
solten unterbrochen werden.
Glück und Unglück ist verbunden /
Und wird keins allein gefunden.
2.
Was uns Menschen heut behaget /
kan uns Morgen leicht mißfallen.
Dem die Furcht das Unglück saget /
und nicht kan gesichert wallen.
Leid und Freude sind verbunden /
keines wird allein gefunden.
3.
Weil wir schnöde Menschen leben /
kan uns niemand selig preisen /
Tod du kanst den Ausschlag geben /
und zu wahrer Ruhe weisen.
Tod und Leben ist verbunden /
und wird unerwart gefunden.

12. Als sie dieses Lied geendet / ist sie in Verhafft gebracht worden / und nach dem der Marggraf die Sache reifflich erwogen / hat er beeden Gefangenen das Leben abgesprochen / und sie ermahnen lassen / daß sie GOtt üm Verzeihung ihrer Sünde bitten solten. Folgende Nacht hat der Nachrichter beeden Blutsch ändern die Häubter herab gehauet / und ihre Leichnam folgenden Tages offentlich sehen / und in eine Kirchen mit stattlicher Begängnis eingraben lassen /daß sie auch in dem Tod wie in dem Leben beysammen zu liegen kommen. Es wurde auch hierunter der Hertzog bestraffet / in dem er seines einigen ehlichen Sohns / und Lands-Erben beraubet worden / welches er mit vielen Threnen betrauret.

143. Die schändliche Verleumdung
[499] (CXLIII.)
Die schändliche Verleumdung.

Die Verleumdung ist in Gottes Gesetz verbotten /wann Moses sagt: Du solt kein Verleumder seyn. 4. Mos. 19. 15. Und warnet der weise Konig Salomon darfůr / wann er in seinen Sprüchen am 20. v. 19. sagt: Mit dem Verleumder sey unverworren / seine Wort sind Schläge. Sprichw. 18. v. 8. Er ist ein Narr /am 10. v. 10. und machet die Fürsten uneins. 16. 28. Ja Sirach sagt / Ein Verleumder sey schädlicher als ein Dieb am 5. Cap. 17. vers. Weil nemlich ein guter Name mehr ist als Geld und Gut / und der Apostel Paulus nennet einen Verleumder Gottes Feind / weil er dem Teuffel gleichet / der von der Verleumdung seinen Namen hat. So abscheulich nun dieses Laster /so gemein ist es / wie die tägliche Erfahrung / und auch nachgesetztes Exempel beglaubet.

2. In Frankreich ist unter den fruchtbarsten Provincien Auvergne / welche gleichsam der Getreid-Boden deß gantzen Königreichs kan genennet werden. In dieser Landschafft wohnten zu unsrer Väter Zeiten zween von Adel / gute Freunde und Nachbaren / weil ihre Schlösser nur eine halbe Meile von einander gelegen. Diese mussten zu gewissen Zeiten nach Hof /oder auch in den Krieg ziehen / wie sie damals in dem Lager / bey dem Marggrafen von Villars seyn müssen / und ihren Diensten abwarten.

3. Als nun Marin Verlaub erlanget nach Hause zu raisen / hat ihme Jannin sein Freund Briefe mit gegeben / und gebeten / er solte in dem durchraisen sein Weib grüssen / sie seiner Gesundheit / und Wolergehens versichern / und ihr die Briefe einhändigen / [500] welches er auch willig verrichtet / und Laurinam Abents angetroffen / daß sie ihrem Töchterlein und ihren Mägden zu arbeiten vorgegeben / ist auch von ihr /als ein Nachbar und guter Freund ihres Mannes höflichst empfangen worden.

4. Marin betrachtete die schöne Laurinam / und verliebte sich in sie / daß er über Tisch sie beharrlich anschauend / Essens und Trinkens vergasse. Zu Nachts bedacht er seine Thorheit / liebte sie aber doch / massen keine Krankheit angenehmer / als die Liebes Krankheit. Zu morgens musste er Urlaub nehmen /und wurde mit vieler Höfligkeit verabschiedet / daß das Hauß und alles darinnen zu seinen Diensten daß er jederzeit willkomm seyn solte / etc. welches alles der verliebte für Zeichen einer Gegen-Neigung aufnahme / und zu seinem Vortheil außrechnete. Als er sie nun / nach Frantzösischer Gewonheit geküsset /und dardurch seinen Durst / als mit einem Trunck Saltzwasser vermehret / ist er geschieden / mit Hoffnung bald wieder zu kommen.

5. Nach deme er kurtze Zeit zu Hause gewesen /hat er sich mit Vorwand nöhtiger Geschäffte / wieder aufgemachet / und seinen Weg auf Laurina Schloß zu genommen / da er sie dann mit einem sehr schönen Jüngling / (welcher ihr naher Vetter / und sie in einer Sache wie folgen sol zu Raht gefraget) Sprache halten gefunden: darob er einen Eifer / als ob sie sein Eheweib gefasset / und sich an diesem Milch Maul zu rächen entschlossen. Er liesse sich aber dieses nicht vermercken / sondern gabe vor / daß er wiederum zu ihrem Eheherrn zu verraisen gewillet / und kommen seye von ihr anzuhören / ob sie etwas dahin zu befehlen / oder auf seine jüngste / ihn mit überbringung Gegenantwort ehren wollte / etc.

6. Laurina bedancket sich höflichst / und hatte ihren Vettern verlassen / daß er traurig hinweg gegangen / welches diesen Verliebten in seiner Eifersucht etwas erleichtert / hat deßwegen die Edle Frau [501] bey der Hand in den Garten geführet / und ihr seine Liebe entdecket. Sie verwunderte sich über solche Rede / und giebt zur Antwort / daß sie solche Wort für Höfligkeit hielte / und wol wůsste / daß er so ein redlicher Edelmann und getreuer Freund ihres Eheherrn / daß er seine Unehre nicht suchen würde. Bittend sie mit solchen Sachen zu verschonen.

7. Marin befande diese Antwort nicht gar abschlägig / und versetzte viel verliebte Wort / daß sie ihn endlich schweigen hiesse / und sagte / sie wolte ihr lieber den Tod an thun / als ihren Herren auch mit den Gedancken beleidigen / wil also hinweg gehen / und den Brief an ihren Mann schreiben. Marin aber erwartete ihrer Wiederkunfft nicht / sondern sitzt zu Roß und sagt dem Jungen / er wolle in dreyen Tagen wieder kommen / und die Antwort abholen. Laurina stunde in Bedencken / ob sie ihren Mann von dieses Bößwichts Anbringen berichten solte / oder nicht? Eins theils fürchtete sie Feindschafft und Mord / ander theils / daß der Gegner musste Bott seyn / und daß ihr Stillschweigen / ihme ein Ja-Wort / oder ja Veranlassung zu fernerer Thorheit werden möchte / etc. Es ist ihr aber nie zu Sinne kommen / daß er sich an ihren jungen Vettern ärgern solte.

8. Als er nun wieder zu dem Lager raisen wil /kehrt er nochmals bey Laurina ein / und findet zu allem Unglück den jungen Vettern wieder mit ihr reden / und zwar auf einem Lotter-Bettlein sitzen /daher er ihm die Rechnung machet / daß dieser deß Mannes Stelle vertrette / und er deßwegen nicht einkommen könne. Er redet ihr nicht mehr von seiner /sondern begehret die Briefe an ihren Mann / welche bereit geschrieben / und befragt sich bey den Dienern / wie der Junge Edelmann genennet werde. Den Namen Robis bemerkt er wol / und nimmet also Urlaub.

9. Unterwegs besinnet er / wie er Jannin Sache scheinbar und glaubig möge fürtragen: So [502] bald er auch bey ihme ankommet / und wegen Laurina wolergehen befraget wurde / sagt er / nach langer Ermahnung zu beharrlicher Gedult / daß seine Liebste einen andern und jüngern zu ihrem Liebsten erwehlet /Namen Robis / etc. Das Abwesen Jannins / die Einsamkeit / die Schönheit deß Jůnglings / und offne Gelegenheit zu sündigen / entschuldigten gleichsam Laurinam / daß sie gethan / als ein Weib / das Fleisch und Blut hat / etc. Jannin aber nahme diese Zeitung sehr zu Hertzen / und wolte sich nicht trösten lassen.

10. Kurtze Zeit darnach erlangte er Urlaub von seinem Feldherren / daß er nach Hause ziehen dörffen /und als er aldar angelanget / hat er niemand gegrüsset / sondern sich mit traurigem Angesicht auf das Bette geleget / geseufftzet und sich gegremet. Laurina wolte mit ihme reden / und ihn wegen seiner Gesundheit befragen / kan aber keine Antwort von ihm bringen / als daß er sagte / sie solte ihm aus den Augen gehen /welches sie mit Threnen gethan und ihr Töchterlein /das er sehr lieb hatte / angeschickt / sie solte doch erforschen / was den Vater betrůbe und anläge. Das Mägdlein hatte es mit wolständiger kindischer Höfligkeit gethan / und hören müssen / daß er betrůbt gesagt: Liebes Kind / wann ich doch wissen möchte / ob ich dein Vater oder nicht? gehe hin ich kan dich nicht ansehen / etc.

11. Hierüber bekümmerte sich Laurina noch mehr /und weil ihre Mutter eben damals sie zu besuchen kommen / und sie ihres Mannes würklichen Zorn zu befürchten gehabt / hat sie begehret mit auf ihr Schloß zu fahren / vnd das Töchterlein mit ihr zu nehmen /welches auch Jannin / als es die Schwiegermutter angebracht / gerne gewilliget / und in seiner Traurigkeit beharret / die Rache aber GOtt heimgestelt. Laurina bekümmerte sich hierüber schmertzlichst / daß sie auch zu keiner Verhör kommen / und ihre Anklage /ausser deme was das Kind hinterbracht / nicht wissen mögen; fället darůber in [503] eine tödtliche Krankheit /und erwünschte ihr / ausser ihres Mannes Gunsten nicht zu leben.

12. Weil nun die Schwachheit von Zeit zu Zeit zunahme / schriebe der Laurina Mutter / an ihren Tochtermann / daß er kommen solte / sein Weib noch einmal zu sehen / und wann sie es verdienet / nach Gebühr zu straffen: wann sie aber unschuldig erfunden würde / sie in ihrer Krankheit zu trösten etc. Jannin würdigte den Brief keiner Antwort / welches Laurina angesaget wurde / und ihren Schmertzen vermehrte /daß sie sich zu sterben bereitet / und ihren Beichtvater bittet / ihrem hinterlassnen Eheherrn anzumelden /daß sie die Zeit ihres Lebens ihm getreu geblieben /und darauf sterbe: Ihn bittend / das hinterlassne Töchterlein in der Furcht GOttes auf zu erziehen / und nach eröffneter ihrer Unschuld / für ihre Seele zu bitten etc. Als dieses Jannin angemeldet wird / wähnet er / daß eine Verleumdung mit unterlauffen müsste / und trauret deßwegen noch viel mehr / als zuvor / »wol wissend / daß der Tod alle Falschheit auflöset / und nicht glaubig / daß sie ihr Gewissen so beschweret für Gottes Richterstul erscheinen wollen.«

13. Es fůgte sich aber nach dieser Begebenheit /daß Robis sich zu Jannin auf sein Schloß findet / und den Tod seiner Basen bitterlich betrauret / welches Jannin für ein Liebs-Zeichen gehalten / und ihm befragt / was Ursachen er habe / ein Weib zu beklagen? Robis antwortete / daß er ihres Rahts in einer ihm angelegenen Sache gepflogen / betreffend eine Heurat /die ihm sein Vater aufdringen wolle / darzu er aber keines Weges verstehen könne. Warumb? sagte Jannin / weil ihr vielleicht eine andre liebet? Ach nein /sprach der arme Robis / ich weiß nicht was Liebe ist /und werde es auch nicht erfahren / weil mich ein Pferd in meiner Knabschafft verletzet / daß mir das / was einen Mann machet / zerknirscht / und gantz undienlich außgeschnitten worden / deßwegen ich auch keine ehrliche Jungfrau betriegen wil. Meine Mutter hat diesen meinen Schaden verbergen helffen / und nun bitte ich den H. Vettern üm Raht / welchen [504] ich von seiner verstorbnen Haußehre nicht erlangen können.

14. Jannin erstaunte über dieser Erzehlung / und sahe nun / daß sein Wahn falsch / und daß er seiner verstobnen Gemahlin groß Unrecht gethan. Weil er nun sich seiner Einsamkeit nicht entreissen wollen /hat er an Robis Vatern seinen Zustand schrifftlich berichtet / und den Jůngling gebetē / er solte offt zu ihm kommen / und die böse Zeit wol vertreiben helffen. So bald er nun sein Unrecht erkennet / hat er seine Schwiegermutter mit seinem Töchterlein zu sich kommen lassen / sie ům Verzeihung gebetten / und ihr sein gantzes Haußhalten anbefohlen / welches sie auch wegen ihres Enenkeleins übernommen / und ihn zu einem frölichen Leben / wie wol vergeblich / ermahnet.

15. Es war bereit ein Jahr verflossen / als der junge Robis / (dem der Verdacht in welchem er gewesen gantz unwissend) Jannin besuchte: Als sie sich nun wolten zu Tische setzen / tritt einer in das Zimmer /mit einem Diener / welcher wegen eingefallnen Wangen / langen Haaren / vergilbten Angesicht / so abscheulich / daß er mehr einem Gespenste / als einem Menschen gleich gesehen. Dieser war der Verleumder / welcher an allem Unglück schuldig / und gabe sich auch für den Mörder der Laurina aus / mit Bitte / Jannin solte ihm das Leben nehmen / weil er ihn seiner Ehre berauben wollen / und durch Eifersůchtige Verleumdung die schöne und Tugendreiche Laurinam in das Grab gebracht etc.

16. Jannin wolte seine Hände in seines falschen Freundes Blut nicht waschen / und konte ihn / wegen der abscheulichen Verstellung / fůr den nicht halten /fůr den er sich außgabe. Als nun jedermann erstaunet diesen Fremden anzuschauen / begehrt er ein Glaß Wasser zu trincken / welches ihme gereichet wurde /und als er solches mit einem gelben Safft / den er bey sich hatte / untermischet / und hinein getrunken / ist er wieder darvon gelauffen / in dem nechsten Dörfflein aber darbey / nieder gefallen / und todt gefunden worden. Die Bauren deß Orts machten [505] ein Geschrey / daß die Sache für den Bannrichter kommen / und weil man gesehen / daß der Verstorbne von Jannins Schloß her gekommen / und für Marin erkennet worden / hat seine hinterlassne Wittib zu wege gebracht / daß besagter Edelmann in Verhafft gekommen / und beschuldiget worden / er hette Marin und seine Gemahlin mit Gifft hinrichten lassen.

17. In dem Gefängnis bekennet Jannin aus Schwermütigkeit / und Verdruß zu leben / daß Marin in seinem Hauß die Gifft empfangen / und daß er Ursacher an seines Ehe Weibs Tode. Auf solche Bekantnis ergehet ein Urtheil / daß Jannin in deß Henkers Hand geliefert / und enthaubtet werden solte. Ob er nun wol solchen ungerechten Ausspruch an keinen Ober-Rich ter gelangen lassen / und das Leben zu verlieren erbietig gewesen / hat seine Schwieger-Mutter / ihrem Enenkel einen Vormund oder Gerhaber setzen / und denselben im Namen seiner Pfleg-Tochter / die Sache an höhere Orte gebracht.

18. Als er nun an deme / daß das erste Urtheil bestättiget werden sollen / hat sich Marins Knecht gefunden / welcher in das Mittel getretten / und ümständig erzehlet / daß sich sein Herr in die verstorbne Laurinam verliebet / nach ihrem Tode aber / sich für desselben Mörder dargegeben / und auf viel weise zu sterben gesuchet / endlich auch ihn genötiget / daß er von einem Apotheker zwey Gläßlein mit Gifft kauffen müssen / deren er das eine mit in Jannins Hauß genommen / und sey niemand hieran Ursach / als der Verstorbne selbsten. Das andre Gläßlein habe zwar er Sager gebrauchen sollen / weil er aber Gott mehr fürchte / als die Menschen / habe er es auf behalten.

19. Nach deme nun der Apotheker / und die Haußgenossen Jannins alle gekundschafftet / daß er unschuldig an diesem Tod / sondern aus Traurigkeit zu sterben entschlossen sey: ist das Urtheil geändert /Jannin auf freyen Fuß gestellet / der Knecht auf 5. Jahre deß Landes verwiesen / der Apottker aber an [506] die Ruderbank geschmiedet worden / daß er sich mit Geld verblenden / und wieder seine Pflicht / einen so tödtlichen Gifft verkauffet.


20. Weh dem und aber weh / den Basilisken Gifft /
gleich deß Verleumders Zung' / aus fernem Orte / trifft:
Wird er gleich wieder heil / so bleibet doch im Hertzen
die bittre Drachen Gall / und bringet manchen Schmertzen.
144. Der falsche Müntzer
(CXLIV.)
Der falsche Müntzer.

Der Höchste Gott hat den Menschen erschaffen zu seinem Ebenbild / deßwegen er auch schuldig gewesen GOtt zu geben / was Gottes ist / als sein Zinßgroschen / dessen Bild und überschrifft (Heiligkeit und Gerechtigkeit /) diesem Allgewaltigen Oberherrn zuständig / durch die Sünde aber hat der böse Feind diese Müntze gefälschet / und ein Bild / das ihme gegleichet / darauf geprecht / dessen Uberschrift: Unheiligkeit und Ungerechtigkeit / der heischet nun diesen Zinßgroschen / als ein Gebühr seiner Bottmässigkeit. Hiervon sagt Graf Reinard von Solms / in dem Buch vom Ursprung deß Teutschē Adels am 6. Blatt Die Müntz ist eines Fürsten Glaub / und stehet sein Nam /Wappen / und Siegel darauf / gleich wie auf einem Brief / als eine gerechte und gute Waar. Die Türken haben auf ihrem Geld keine Figuren / sondern es stehet auf einer Seiten / Atajat, Saffiat Sulthaamat Morat Chan. Zu Ehren und Lob der Seelen deß Soldan Mahomets / der das Kaiserthum zu Constantinopel erobert hat. Auf der andern Seiten ist zu lesen der Kaiser und die Jahrzahl / wann die Müntz geschlagen oder gegossen worden.

[507] 2. Bey allen wolgeordneten Regimenten / ist nun falsche Waar und falsche Müntze / bey Lebens Straffe verbotten / und wie solche Müntzbrecher mit dem Feuer und schmeltzen sich verschulden: Also sollen sie auch durch das Feuer todt / oder wann sie es lang getrieben / lebendig verbrennet werden. Von einem solchen Gesellen sol nachgehende Geschichte Meldung thun: darbey sonderlich zu beobachten / wie eine Sůnde sich mit der andern verknüpfet / und wie ein unruhiger Gast ein böses Gewissen sey.

3. Johann von Ligoure / ein Frantzösischer Edelmann / hatte in seiner Jugend viel Anzeichen der Tugend verspüren lassen / mit zuwachsenden Jahren aber ein böses Leben gefůhret / und ein erbärmliches Ende genommen. Dieser liesse sich von einem Marktschreyer bereden / daß man Gold machen / und durch diese Kunst reich werden könne. Er kauffte alle Geretschafft und suchte Gold / wo es nicht war: Beredete auch seinen Schwer-Vater / einen alten geitzigen Mann / daß er Unkosten aufwendete / und von dieser Arbeit zu einer andern viel sträflichern / nemlich den Müntzfälschen verleitet wurde.

4. Dieses kunte nicht gar verschwiegen bleiben /weil der Betrug durch vieler Hände gehen musste /daß endlich der Alte in das Gefängnis gestecket / Johann Ligoure aber in die Flucht gejaget wurde / weil er wusste / daß die Schergen auch an ihn Hand zu legen befehlt waren. Als er nun flüchtig gehet / vertrauet er sich einem Meßpfaffen / einem Ertzbuben /dem er auch von seinem Kipper-Geld einen guten Antheil gegeben / und der auf seinem Schlosse die Werkstatt / die Müntzen zu beschneiden / und zu verfälschen anrichten helffen.

5. Als er ihm nun die Gefahr eröffnet / und zu solchem Ende mit ihme hinaus auf das Feld spatzieret /hat ihme der Pfaff erwiesen / daß seine Haußgenossen / Weib und Kinder / welche darum wissen müssen /wider ihn zeugen / und ihn in Gefängnis und ům das Leben bringen möchten: wann aber selbe aus dem Wege geraumt / so könne er von niemand beschuldiget [508] werden. Der Edelmann hatte sein Weib und Kinder lieb / lässt sich aber doch beschwätzen / daß er die eigne Liebe aller andern fürziehet und verwilliget /daß der Ehrwürdige oder vielmehr Galgenwürdige Pfaff / seine Haußgenossen ermorden / und das Schloß mit Feuer anstecken solte.

6. Nach solchem Befehl nimmet der ungeistliche geistliche noch einen Henkers-Buben zu sich / und verfüget sich in das Schloß / da die edle Frau mit ihren Kindern für dem Feuer sasse / und das kleinste von denselben / aus dem Holtzreussig vier Kreutzlein machet / eines der Mutter / das andre ihrer Basen /das dritte seinem Brüderlein / und das vierte für sich behaltend / begehret sie solten solche in den Händen haben / wann sie itzt sterben würden. Wie solches der kleine Junge gesehen / und zu dem Schloß hinaus gehend / den Pfaffen mit seinen Mörders-Buben begegnet. Diesen hiessen sie an dem Thor warten / mit vermelden / daß der Herr unterwegs und also bald hernach kommen werde / wie er auch gethan / nachmals aber / als er das Geschrey vernommen / sich unter einen Scheffel verborgen / und also sein Leben gerettet.

7. Diese unbarmhertzigen Mörder kamen in das Zimmer / durchstochen die Frau / die Jungfrau / welche zu dem Fenster hinaus springen wollen / und die unschuldige Kinder / daß sie auch nicht zeit hatten zu beten / und sich Gott zu befehlen. Nach deme solche erschreckliche That vollbracht / suchten sie auch den kleinen Jungen / konten ihn aber nicht finden / weil er sich / wie gesagt / verkrochen / steckten deßwegen den Brand in das Schloß und verhofften / es solte alles in dem Feuer aufgehen / wie zum Theil geschehen / weil sie die Thüren verschlossen / und auch der Laquay mit dem andern Opfer verbrennen / oder /wenn er entloffen / keine Zeugnis an ihn geben können.

8. Der Edelmann verhoffte / daß man durch dieses Feuer wähnen solte / es were aus Unfürsichtigkeit außgekommen / und sein Hauß also mit den Leuten /und der Müntzstetten verbronnen. Sein Gewissen aber hat ihn getrieben / daß er der Mörder [509] nicht wieder erwartet / sondern die gantze Nacht fortgegangen / und seinen Weg auf Genf zu genommen / von dar sich nach Lousanna begeben / weil er sich fast aller Orten / wie einer der ihme böses bewust ist / gefürchtet /und die Sicherheit in der Flucht gesuchet. Die Thäter aber sind in Frankreich verblieben / wie hernach folgen sol.

9. Als nun gegen Morgens das Feuer und der Rauch in dem Schloß überhand genommen / haben die Benachbarten so viel möglich gerettet / und die todten Leichnam halb verbronnen aus dem Feuer gezogen / ja befunden / daß die edle Frau schwanger gewesen / und an ihr ein doppelter Todtschlag begangen worden. Diese unerhörte That ist landkündig / und wird noch in den Limosinischen Gerichts-Büchern gefunden / wie solche theils der Laquay / theils die jenigen / welche das Feuer geleschet / außgesagt. Es haben auch solches die Thäter bekennet / welche bald hernach gefangen / und lebendig gerädert worden / die der Scribent / selbst gesehen zu haben / vermeldet.

10. Der König in Frankreich wird berichtet / daß Johan von Ligoure nach Genf entflohen / schreibt deßwegen dahin / und bittet ihn gefänglich anzunehmen / er ware aber eben den Tag zuvor / von dar nach Lousanna gewichen / aldar er von den Herren von Bern erkundschafftet / und in Verhafft gebracht wor den. Der König begehrte durch seinen Gesandten inständig / man solte ihm diesen Gesellen lieffern / welcher sich an seiner Majestät freventlich vergrieffen: Die Herren Schweitzer aber haben darzu nicht verstehen wollen / sondern ihn / wiewol sie nur von dem Müntzen gewust / zum Schwert verurtheilt.

11. Als nun dieser böse Mensch sich in dem Gefängnis zu der Calvinischen Religion bekennet / hat man einen Graben zween Schuhe tief gegraben / ihn darein gestellet / und bevor der Henker den Streich vollbracht / hat er bekennet / daß er sein liebes Weib /und seine unschuldige Kinder ermorden lassen / und deßwegen einen viel schmertzlichern Tod verdienet[510] hette / ist also nach verrichten Gebet zu Gott / willig gestorben / und hatte sich mit vermeinter Sicherung seiner Person / in noch viel grössers Unheil gesetzet.

12. Unter allen Satans Stricken /
die der Menschen Seel berücken /
ist der stärckste Geld und Gut:
Welche sonst unsträflich wallen /
machet dieser Fallstrick fallen
in die helle Höllen-Glut.
Besser ist in Armut leben /
als in Sünden Greuel schweben.
145. Die verliebte Selbst-Mörderin
(CXLV.)
Die verliebte Selbst-Mörderin.

Die Liebes Neigung bey der Jugend kan mit Fug blind genennet werden / in dem der Verstand dardurch so geblendet und vertunkelt wird / daß ein solcher auch wider sich selbsten zu wüten und zu rasen pfleget /daher Sirach recht ermahnet man solle doch in allen Sachen das Ende bedencken / so werde uns solches von den Sünden abhalten. Wann man aber dollkühn durchbrechen wil / so setzet man sich unbedacht in Leibs und Seelen Gefahr / wie / unter andern / auch aus folgender Geschichte zu ersehen seyn wird.

2. Ein Rechtsgelahrter zu Orleans hatte eine sehr schöne Tochter / Namens Margarita / welcher höfliche und holdselige Sitten über alle massen liebte ein Student / Wilhelm genannt / dessen Jugend / gute Geberden und Verstand der Jungfrauen nicht entgegen waren. Einsten / als sie mit andrer Gesellschafft spatzierten / und dem Studenten zu singen aufgeleget wurde / sein Pfand in dem Gesprächspiele wieder zu lösen / hat er ein Liedlein folgendes Inhalts von dem Irrgarten bey welchem sie waren / hören lassen.


[511] 1.
Meine Sinne sind verwirret /
und auf jedem Weg verirret /
mehr als dieser Labyrinth.
ich pfleg' hin und her zu wallen /
bald zu stehen / bald zu fallen /
folgend einem blinden Kind.
2.
Ich bin Theseus welcher jrret /
den der Zweiffel-Gang verwirret:
aber aus dem Labyrinth /
werd ich durch den Faden wallen /
Ariadne zu gefallen /
den ich an den Eingang bind.

4. Nach deme nun unter diesen zweyen aus der Kundschafft Freundschafft / aus der Freundschafft Vertrauligkeit / aus der Vertrauligkeit brünstige Liebe worden / sind sie bey einer Basen der Margareta vielmals zusammen gekommen / weil ihr Vater ein ernstlicher Mann / und die Studenten in seinem Hause nicht gerne gesehen / sondern als unverschämte Mucken von dem Honig Wax verjaget. Beeder Verliebten Absehen war der H. Ehestand / und hetten lieber tausend Tod gewůnschet / als sich sündlich zu vergreiffen. Auf einen Abend sange er in sein Lautenspiel folgende Verßlein.

Sonnet oder Klingreimen.
Du bist mein treuer Zeug / O finstre Schatten Nacht!
Du weist was ich erdult' in meinem jungen Hertzen.
Du hörest meine Klag in dem ich bin erwacht /
und weist wie mich der Traum pflegt in dem Schlaff zu schertzen.
Ich spüre fort und fort der Liebe starcke Macht /
ich schau' / als mich bedünckt / Cupido Flammen Kertzen.
[512]
Wann ich die schöne Sonn' entschlaffend hab betracht /
so brennet mich die Glut mit angenehmen Schmertzen.
Wann kommet doch der Tag / der meine Plage heilet?
Wann kommet doch die Zeit die meinen Sinn vergnüget?
Was mir das Liecht versagt / der Schatten Traum ertheilt /
und mit der Liebsten Bild erfreuet und betrüget.
Wann kommet doch die Stund / das Monat oder Jahr /
Daß dieser falsche Traum im Werke werde wahr.

5. Hierdurch wurde auch anders theils die Liebes Neigung außgewürket / daß diese beede je mehr und mehr entbranden / durch die Poetischen Gedichte (welche jener mit Fug der Liebe Zunder und Schwefel Holtz genennet) gleichsam angezündet. Diese papierene Waare / ich sage die Verse / sind dem Studenten unschwer gefallen / und hat er keine Begebenheit unterlassen / solche anzubringen. Als sie auf eine Zeit /mit einander spatzirten / und Margareten Rößlein angetroffen / hat er ohne vorsinnen / folgenden Inhalts gesungen.


1.
Mir behaget lieb zu kosen
diese Margariten Rosen /
aller Blumen Ruhm und Preiß.
Ich betrachte mit verlangen
ihre Farbe rot und weiß
wie der Margariten Wangen.
Dieser holden Blumen Ruch' /
ist mein allerliebstes Buch.
2.
Eine Musa mir beliebet /
die mich in den Versen übet.
[513]
Was die andren mögen seyn /
laß ich in der Schule stehen /
als gemalter Göttin Stein:
Diese pflegt mit mir zu gehen.
Sie erfreuet meinen Mut /
mit der Schönheit Heurat-Gut.
3.
Mir behaget ihre Tugend /
ihr Verstand und ihre Jugend /
ihre Stimm und roter Mund
ihre Lippen und Geberden
weisen ihres Hertzen Grund /
dem Verliebsten auf der Erden.
doch verlang' ich nichts nicht mehr /
als was willigt Zucht und Ehr.

7. Also hat sich dieser beeden jungen Leuten Liebe / wol angefangen / und wie wir melden wollen / sehr übel geendet. Ich sage junge Leute / dann die Jungfrau nicht über 18. der Student aber bey 20. Jahren auf sich hatte. Als sie nun fast täglich mit einander Sprache zu halten pflegten / ist bey vielen / so sie gesehen ungleicher Verdacht entstanden / daß die Base /in welcher Behausung sie zusammen gekommen /Margaritam gewarnet / sie solte zu böser nachrede nicht Ursach geben / und gedenken / daß solche ihrem Herrn Vatern zu Ohren / und sie dardurch in grosse Ungunst kommen könte. Die Jungfrau antwortete /daß ihre Liebe zu ehlicher Verbindnis ziele und in den Schrancken der Erbarkeit verbleibe / daß sie sich also dieses Studenten nicht zu schämen. Die Base verwunderte sich über diesen Schluß / und wiese sie auf ihrer Eltern Einwilligen / unter welcher Gewalt sie were /und nicht leicht geschehen lassen würden / daß sie ein Fremder solte ausser Land führen / etc.

8. Nach dem ihr nun die Base versprochen / mit ihrem Bruder von ihrer Verehlichung zu reden / fügte sich / daß der alte Mousson / der Margareta Vater in verbeygehen seine Tochter in deß Studenten [514] Armen ersiehet / deßwegen er sich zwar sehr erzörnet / doch verbey gegangen und seinen Grimm außzuschütten andre Gelegenheit erwartet. Als er nun nachgefraget wer dieses Studenten Eltern / und erfahren / daß es eine anständige Heurat für seine Tochter / hat er doch verschworen sie ihme nicht zu lassen / weil er ihn nicht ansprechen und wie gebräuchlich / die Werbung bey ihme eh angebracht / als er zu ungleichen Gedanken und bösen Nachreden Ursache gegeben.

9. So bald nun Margareta nach Hause kommet /verbietet ihr Vater / daß sie ohne Gesellschafft ihrer Mutter / nicht mehr aus dem Hause gehen solte / bey verlust seiner Gunsten / und Enterbung seiner Güter. Hierauf antwortete sie gar sehr verständig / daß ihme /als einem Vater gebühre Gesetze für zu schreiben / ihr als seine Tochter demselben zu gehorsamen. Der Mutter hatte er auch Befehl gethan / sie solte dieser den Zaum nicht mehr so lang lassen / daß die Freyheit der Jugend ein rechter Irrgarten / darinnen sie sich leichtlich verlieren können.

10. Was nun vorgegangen / berichtete Margareta an ihren Studenten / und sendete ihm den Brief /durch ihre vertraute Magd zu / benebens Versicherung / daß sie in ihrer Liebe beständig bleiben wolte / und keinen / oder ihn zu einem Ehegatten haben. Er hingegen verschriebe sich zu ihrem leibeignen Knecht / der biß in den Tod der ihrige verbleiben würde / etc. »So bald sie solches verstanden / hat sie sich endlich entschlossen lieber zu sterben / als einen andern zu freyen / und ein Denkmal zu hinterlassen daß die Eltern der Kinder Willen nicht tyrannisiren / und ohne genugsame Ursachen / zwingen und gewältigen sollen.«

11. Der Vater hatte sie nun einem andern versprochen / deme sie nicht wiedersprechen dörffen / und wurde der Tag ihrer Trauung benennet / darauf sie sich auch gefast machte / und die Nacht darvor an ihren Vater und an ihren Liebsten Briefe geschrieben /[515] in welchen sie von ihnen mit erbärmlichen Worten Urlaub nahme / und in ihren schönsten Kleidern / als eine Braut geschmücket in dem Hof auf- und abspatziret / und sich nach etlichen vermeinentlich andächtigen Gebetlein / von dem bösen Geist so verblenden lassen / und sie sich in den Brunnen zu stürtzen gewillet / und als sie ihre Magd von sich geschicket ein Betbuch zu holen / hat sie gesagt: Mein Liebster /weil ich mit dem Munde gewilliget / einen andern als dich zu lieben / so wil ich auch mit dem Munde büssen / und dardurch mein Leben enden.

12. Nach diesen Worten wendete sie sich gegen ihres Vaters Schlafkammer / und schrie mit lauter Stimme: Komm nun du Tyrannischer Kinder Mörder /schaue an das Opfer deiner einigen Tochter! Wann du meinen Tod bereuest / so solt du wissen / daß deine Grausamkeit dergleichen verdienet hat. Mit diesen Worten / weil sie ein Gerausch in der Kammer gehört / und ihre Magd wiederkommen / hat sie sich in den Brunnen gestürtzet. Die Magd und der Vater sind zwar fast unbekleidet zu gelauffen / haben ihr zugeruffen / und sie gebetten / sie solte sich an die Brunnen Eimer halten / und versprochen alles zu thun was sie wolte / solte doch nur sich selbsten nicht üm das Leben bringen. Sie aber hat geschrien: Mein Gott erbarme dich meiner / und so stark sich an den Brunnen Seil gehalten / daß der Vater und die Magd sie wiederum heraus gezogen.

13. Weil sie sich nun zerstossen und zerfallen hatte / war zwar der Vater wiederum ein wenig getröstet /liesse sie in ihre Kammer tragen / und verhoffte ihre Genesung; sie aber erkennte ihre Sünde / die sie wieder Gott / ihre Eltern und wieder sich selbst begangen / begehrte deßwegen ihren Beichtvater / der sie nach wahren Zeichen der Buse / GOttes Barmhertzigkeit versichert / und hat sie also mit anbrechendem Morgen ihren Geist aufgegeben. Der Vater hat den hinterbliebenen Brief gelesen / und bitterlich darüber geweinet / wie auch ihre Mutter / [516] die doch an der That nicht schuldig ware / und ihrem Mann vielmals gesagt / daß er / in seinem hohen Alter noch nicht studiret /wie einer verliebten Jungfrauen üm das Hertze sey. Uber diesen Todesfall hat sich am meisten betrübet der Student / welcher aus den hinterlassnen Brieflein verstanden / daß sie wegen seiner lieber sterben / als einem andern zu theil werden wollen: darüber er folgende Grabschrifft gestellet.


14. Unter den berühmten Frauen.
hat Lucretia die Ehr:
so der reinen Keuschheit Lehr /
durch den Selbstmord lassen schauen.
Aber unter den Jungfrauen
hat die Margeris den Preiß
die beständig ohn Geheiß /
ihr den Tod selbst wollen trauen.
146. Der Lügen Teuffel
(CXLVI.)
Der Lůgenteuffel.

Es fragen die Gelehrten: Ob der böse Geist zukůnfftige Sachen wissen könne. Die Antwort kan Ja und Nein seyn: daß er wisse durch Mutmassung / bey bösen Leuten / die ihme ergeben / wiederum durch Gottes Verhängnis und aus natürlichen Ursachen / ist glaublich und ausser zweiffel. Daß er es aber nicht gewiß / auch nicht alles / und was die Frauen betrifft wisse oder wissen könne / erweiset unter andern auch folgendes Exempel.

2. In Westphalen war ein feiner / ehrlicher Bauersmann mit seinem Weibe sesshafft / und lebte in friedlichem Ehestand. Dieser hatte auf eine Zeit sein Geltlein an kleiner Müntze in einer Schweinsblasen auf der Bank liegen / und war niemand in der Stuben / als sein Weib / das Geld kommt hinweg; er [517] fragt und sucht es / kan aber nicht wissen wo es hingekommen. Daß ihme sein Weib solches nicht entwendet / war er versichert / daß es aber verschwunden / konte er ihme nicht einbilden. In dieser Bestürtzung verlanget ihn zu wissen / wie es zu gegangen / und wo das Geld hinkommen?

3. Solches zu erkündigen fragt er eine Zauberin /welche in dem nechsten Dorff mit ihrem Lůgenkram viel Geltes verdiente. Diese sagt / daß er verziehen solte / sie wolte solches von ihrem Geist erkündigen: gehet darauf in den nechsten Stadel / und befragt sich mit dem Satan / der ihr antwortet: sie solte sagen /sein Weib hette das Geld entwendet / und verzehre es mit ihrē Anhang / dem Pfaffen in dem Dorff: Es were aber nicht also / sondern das Schwein hette es samt der Schweins Blasen gefressen. Daß dieses leichtlich seyn können / wird der glauben / welcher in Westphalen gewesen / und gesehen / daß Stuben und Stal der Orten nicht sonders unterschieden sind.

4. Dieses verhielte die Vetel dem Bauersmann /und sagte ihm / wie seine Ehebrecherin auch eine Diebin were / etc. Es hatte sich aber (sonder zweiffel aus Gottes Schickung) zugetragen / daß ein armer Taglöhner in besagten Stadel geschlaffen und als die Hexe mit ihrem Polter-Geist geredet / erwacht / und den Betrug verstanden. Dieser kame zu dem betrübten und auf Rach bedachten Bauren / und erzehlte ihm / was er ungefehr vernommen; mit beyrahten / der Bauer solte das Schwein schlachten / weil es vielleicht sonsten sterben würde / und dardurch erfahren / ob die Zauberin oder er die Warheit sagte.

5. Der Bauersmann erfreut sich über solcher Zeitung / weil er sein Weib lieb / und nicht Ursach hatte /sie in so bösen Verdacht zu halten: schlachtet also bald das Schwein / und findet sein Geld in der Schweinsblasen / wie er solches verlohren. Hierauf ergrimmet er über die alte Hexe / welche ihn leichtlich einen Todschlag hette sollen begehen machen / und meldet der Obrigkeit dieser Zauberin trugliches Gewerb [518] an / welche sie in Verhafft nehmen / und nach Beglaubung der Anklage lebendig verbrennen lassen.

6. Daß nun dieser Lügengeist nicht gewust / daß der Taglöhner in dem Stadel geschlaffen / welches er doch wissen können ist gar vermutlich / dann er sonsten wol gedenken sollen / wie dieser seine Unglücks-Stifftung / in dem er das ehrliche Weib / und den Geistlichen in dem Dorff umb Ehr / Leib und Leben /ja den Mann in deß Henkers Hände bringen wollen /etc. würde ruckgängig werden. Weh dem der diesem Mörder und Lügner mehr glaubet als Gott der die Warheit selber ist.

7. Also sollen wir uns nicht gelüsten lassen durch böse Künste zu wissen / was wir uns nicht können einbilden / und solches zu erkůndigen die Höllen-Genossen anlauffen. Solche Leute haben den Glauben verlaugnet / aus welchem alle andre Sünde / wie sie auch mögen Namen haben / herkommen: Massen unser Heiland sagt / daß der H. Geist die Welt straffen werde üm den Unglauben / weil allein dieser die gifftige Wurtzel ist aller bösen Sünden-Früchte.


8. Lügen müssen doch erliegen
Trügen kan nicht lang vergnügen
wie die Ziegen nicht kan pflügen
und das kriegen kan betrügen /
so muß lůgen endlich biegen /
und das trügen unterliegen.
147. Der Rachbrand
(CXLVII.)
Der Rachbrand.

Die Rache wird füglich mit einem Rauch oder Feuer verglichen / welches (wie die Schrifft redet) niemals sagt: Es ist genug. Dieses Feuer brennet schmertzlich und wird nicht ausgelöschet [519] als mit Blut: ja wie das Feuer die Augen der jenigen verbrennet / welche es beharrlich anschauen / also machet auch die Rache gantz blinde Leute / daß sie sich mit andern in eusserstes Elend zu stürtzen pflegen.

2. Dieses hat jüngstverwichner Zeit erfahren / ein Landmann in dem Steurischen Lande / welcher von den Soldaten eine gute Anzahl hat in seinem Hauß gehabt / die dann / auf gut Soldatisch Hauß gehalten /das ist / nichts gesparet / und alles in Kisten und Kästen aufgezehrt / und hinweg genommen: nach ihrem Sprichwort: Wem das Hauß ist / der gehe hinaus.

3. Bey diesem ist es nun nicht verblieben / sondern sie haben auch mit der Frauen im Hause Kundschafft gemachet / und sie beredet / sie solte mit ihnen ziehen / und an statt eines / viel Männer annehmen. Dieses Weib sahe sich beraubt / und in euserste Armut gesetzet / willigte deßwegen in ihren Vorschlag / und finge bereit an / auch in Beywesen ihres Ehemanns ihre Geilheit zuersättigen. Wie schmertzlich es diesem Haußhaanen fůrkommen / ist leichtlich zu erachten.

4. Nach genommenen Bedacht / bringt er noch etliche Ohme Wein herfür / welche er vergraben hatte /und ermahnet seine Gäste / sie solten frölich seyn /wann dieses verzehrt / wolte er ihnen / in der Nachbarschafft ein mehrers suchen helffen / und auch mit ziehen. Als sie sich nun nicht lang zum Trinken bitten lassen / und sich toll und voll gesoffen / versperret er bey der Nacht das Hauß / also / daß niemand entlauffen mögen / und stecket es im Brand / daß die Soldaten und seine Ehebrecherin jämmerlich im Feuer verderben / und also einen Vorgeschmack der ewigen Höllenflammen erfahren müssen.

5. Weil er nun wol wusste / daß solche That nicht würde ungestrafft hingehen / hat er sich auf flüchtigen Fuß gemachet / und das Land geraumt / wie es ihm ferner ergangen / und wo er hingekommen / ist nicht wissend. Sonders zweiffel hat ihn seine Rache / auch mit seinem Schaden vergnüget / in dem er Weib und Hof mit den Soldaten verbrennet / wie jener ein Aug darum geben wollen / daß man einem Einaugigen [520] sein Auge solte außstechen und gantz blind machen.

6. Weh dem / den die Hörner plagen /
sie sind überschwer zutragen /
bringen Angst und Mißbehagen /
Schmertzen / Jammer / Sorg und Klagen /
machen in der Rach verzagen /
lehren nach dem Tode fragen.
Weh dem / den die Hörner plagen!
148. Der gestraffte Zweyzungler
(CXLVIII.)
Der gestraffte Zweyzůngler.

Jener sagte / daß ein ehrlicher Mann seyn / das beste Handwerck / welche aber darauf studieren / können bey Hofe nicht einkommen. Ob nun wol die Falschheit ins gemein ihre Freystat hat / so finden sich doch auch solche Fürsten-Höfe / von welchen Tugend und Redligkeit nicht außgeschlossen wird. Die Verleumdung und Affterrede ist fast aller Orten gemein / und wie aller Orten dieses Laster im Schwang gehet / also kan es auch zu Hofe / und von denselben zugethanen /nicht gesondert werden. Weiln aber die Hofleute in viel grössern Ansehen / als sonsten schlechte Leute /werden auch ihre Fehler mehr beobachtet.

2. Dieses beglaubet auch mit seinem Exempel Basilio / (unter diesen Namen wollen wir einen listigen Zweyzüngler bergen) ein bey Hof wolverdienter Herr /dem ein Provintz und Landschafft zu regieren anvertrauet worden. So bald er die Anwaltschafft seines Königs angetretten / hat er unter den Edelleuten und gemeinen / wie auch sonsten den Adel unter sich in Fried und Einigkeit gefunden / welches ihm verdächtig und befahret / das solcher Fried zu seinem Nachtheil außschlagen möchte / damit er nun den Leuten anders zudencken / und seiner zuvergessen Ursach gebe / hat er den Samen der Uneinigkeit Zwist und Zankes alles Orten außgestreuet.

[521] 2. Bey diesen wolte er nun fůr einen Fried- und Schiedsmann angesehen seyn / und begierig das Feuer außzuleschen / daß er heimlicher weise aufgeblasen. Dieses hat er meisterlich / und klüglich angebracht zwischen Rosin und Larno zween vornehmen Landherren / welche in grosser Vertreuligkeit und Nachbarschafft mit einander gelebt / und lieber einen andern an Basilii Stelle hetten sitzen sehen / weil sie wusten / daß er mehr mit List / als durch Verdienst zu dieser Hoheit gelanget. Basilio suchte diese bey dem Adel wol angesehene auf mancherley weise zu trennen / weil er erkundschafftet / daß sie etliche harte Wort wider ihn hatten schiessen lassen.

3. Als sie nun beede in der Haubtstatt seines Gebiets / stellet er einen vertrauten Diener an / daß er über der Tafel vermelden solte / wie Rosin deß Larno Freundschafft suchte / dieweil er seiner Gemählin nicht feind war. Als solches beschehen / stellet sich Basilio / als ob er grosses Mißfallen über dieser Rede: sagend / daß Larno Gemählin zu ehrlich /Rosin aber zu verständig / solches Lügengeschrey /(daß er doch Sagern in den Mund geleget) wahr zu machen. Andre Anwesende nahmen daher Gelegenheit von der blindē Liebe / von Unbeständigkeit der Weiber / von der Gelegenheit Böses zuthun etc. also zu reden / daß der Verdacht zu Larno Spott außgeschlagen.

4. Nach dem nun Basilio diesem Gespräch lang zugehört / gebietet er ihnen still zu schweigen. An Basilio Tafel fande sich einer von Larno vertrautsten Freunden / der den Verlauf dieses Gesprächs ümständig angemeldet / und wie Basilio sich seiner eiferig angenommen. Den Urheber aber dieser Affterreden wolte er nicht namhafft machen / weil er ihm selber mit Blutfreundschafft zugethan / und Larno mit Leib und Leben beyzustehen versprochen. Larno war ein zorniger Mann / ergrimmte und gelobte diese Beschmitzung zu rächen / gegen Basilio aber sich danckbarlich zu bezeugen.

5. In dem er nun bey sich betrachtet / was unter ihm und Rosin vorgegangen / beduncket ihn / er sey[522] von seiner Gemahlin betrogen / und lässet den Rosin sagen: er wolle ihn erwürgen / wo er ihn antreffe. Rosin lachet diese Bedrohung / und weilen ihm die Ursachen unbewust / konte er auch keine Entschüldigung dargegen einwenden: Antwortete aber / daß er keine Ursache habe Larno zu fürchten / und müsse der aufsetzen / der spielen wolle: wie man in den Wald schreye / so laute es wieder.

6. Dieses erfreute Basilio in dem Hertzen / und verspricht Rosin mündlich / ihm / als dem beleidigten Theil bey zu stehen: dem Larno aber lässet er fürschwetzen daß die Sache seines Weibs / und seine Ehre betreffe: Rosin werde die außgestosnen Wort wiederruffen můssen / oder er solche Befleckung mit Blut abwaschen etc. Beede Theile machen ihnen einen grossen Anhang / und war fast kein Edelmann / der nicht auf eines / oder deß andern Seiten einen Antheil bey dieser Strittigkeit haben wolte.

7. Basilio setzte ihm ein solche Rechnung auf: welcher unter diesen beeden ům das Leben kommet / dessen Güter bitte ich bey dem König aus / und ich habe einen Feind weniger in dem Leben / den andern in der Flucht / beeder Vermögen in meinen Händen / von welchen ich zum wenigsten einen guten Theil behalten werde. Aber weit / weit gefehlet: Solche Anschläge sind wie die Primier Karten / sie gelten mehr als sie weisen so lang man spielt.

8. Colombin / ein verständiger junger Edelmann /der beeden streitenden Theilen mit Blut und mit Freundsafft war zugethan / und bey ihnen aus und eingienge / hatte in diesem Zwist in acht genommen /daß Basilio bald einem bald dem andern Theil ab-und zugeleget: fügte sich deswegen zu Larno und wolte ihn bereden / er solte sich nicht übereilen / und die Grund-Ursache dieses Hasses mit reiferem Nachdencken erforschen: es werde sich die Sache anderst geredet / oder anderst gemeint befinden. Larno wolte hiervon nicht hören / weil ihme seine Gemählin in den Ohren lage / er solte ihre und seine Ehre retten: Rosin berühme sich (also hatte der [523] Wiederlaut dieses Gerücht verdoppelt) dessen / daß er niemals gekostet: diese Schmach sey bitterer als der Tod etc.

9. Als nun Colombin dieses Orts nichts außrichten kan / findet er sich zu Rosin / und erkündiget / ob die Ursache ihrer Feindschafft Grund und ob ihn Larno Gemählin zu viel begünstiget. Rosin vermeldet hochbeteurlich / daß er von dieser Frauen nichts als Ehre und Tugend zusagen wisse / und sey noch ihr noch ihm dergleichen sündliche Gedancken zu Sinne gekommen / er wolle aber keine Zagheit von ihme sagen lassen / und beruhe die Beleidigung in den Drau-Worten / so ihme Larno zu entbieten lassen. Hierbey erzehlte er / wie Basilio ihm Hůlff und Beystand zu leisten versprochen.

10. Columbin versetzte / daß dieser Zweyzüngler Larno gleichsfals beyzustehen vertröstet / und also geleiteten diese beede auf die Spur / die Anstifftung der Ehrenrürigen Verleumdung komme von Basilio her. In dem fügte sich / sonders Zweiffel aus Gottes Schickung / daß eben der / welcher anfangs bey Basilio / über der Tafel die verdächtige Rede / von Larno Gemählin schiessen lassen / darzu gekommen. Sie hielten ihn deßwegen zu Rede / er laugnet darfůr: als ihm aber Rosin das Pistol an die Brust setzte / bekennet er / daß er solches auf Basilio Geheis sagen müssen: Bittend / man solte solche seine wahre Nachrichtung verschwiegen halten / welches ihme auch versprochen worden.

11. Larno höret diese Hinterlist / von dem Ursacher beederseits erwachsener Feindschafft selbsten an /und hierüber verbinden sich diese beede mit vertreulichster Freundschafft. Dergleichen Hofrenke erfahren sie mehr / lassen darüber glaubwürdige Urkunden fertigen / und bringen bey Hofe zu wegen / daß Basilio der Fried- und Ehren Feind dahin erfordert / und vielleicht von seinem Dienst gesetzet worden were / wann ihn nicht auf der Jagt ein wildes Schwein geschlagen /daß er nach etlichen Wochen zu Grabe getragen worden.


[524]
12. Was die falsche Zungen /
zum Betrug gedrungen /
das ist offt mißlungen /
Alten und auch Jungen.
149. Der Rachgeist
(CXLIX.)
Der Rachgeist.

Wie ein gutes Gewissen ein tägliches Wolleben ist in den Sprüchwörtern am 15. also muß in dem Gegenstand ein böses Gewissen / eine all tägliche Marter und Plage seyn: daher die Poeten gedichtet / daß die Nemesis oder Rach-Göttin eine Höllen Furien / oder rasende Unhuldinne sey / welche die Mörder mit einer Peitschen von feurigen Schlangen Nacht und Tag quäle und peinige. Ob nun wol ein solches Gedicht /findet sich doch das Werck bey denen welche Brandmahle in ihrem Gewissen haben: das ist / sich mit vorsetzlichen Sünden vergriffen / und unaufhörlich einer bösen That ůberzeuget worden.

2. Ein solcher war Galesio / mit diesen Namen wollen wir einen Teutschen Edelmann / dessen Geschlecht in Franken und Schwaben wolbekant / bemerken. Dieser lebte auf seinem Rittergut in dem Wittib stand / und hatte auß seinem Ehebett erzeugt eine schöne Tochter und etliche Söhne / welche sich im Kriegswesen aufhielten / und zu Hause nicht hinter dem Ofen sitzen wollen. Was es fůr eine Beschaffenheit mit Verheuratung der Adelichen Jungfrauen / ist bewust; daß nemlich sie nach Stand außstaffiret / und darmit von allē den Gütern weg gewiesen werdē.

3. Weil man nun dieses bewegliche Gut nicht gerne / ohne beylage deß Sonnen Metalls / erkauffet / hatte diese Rosina noch Buler noch Freyer. Die Frucht war zeitig niemand wolt sie abbrechen / daß sie also verderben / oder an ein unsauberes Ort fallen musste. Der schwache Werckzeug mochte den starcken fleischlichen Begierden nicht widerstreben / und [525] fande sie eine Gelegenheit / in welcher sie sich zu sündigen nicht enthalten kunte.

4. Ihr Herr Vater hatte einen Verwalter / den er hin und her auf seine Güter verschicket / und die Rechnung ůber Ein- und Außnahm führen lassen. Dieser war der Stein deß Anstosses / daß sie nach täglicher Kundschafft / in vertrauliche und sündliche Liebes-Brunst gefallen / und wie wir hören wollen / darinnen umkommen. Die Schuld ist beeden zuzumessen / und wusten sie wol / daß ihre Handlung / wegen Ungleichheit deß Standes / zu keiner Ehe hinaus schlagen konte / und daß der alte Edelmann darein nicht willigen würde / doch verhofften sie seinen Tod / und alsdann mit einander getraut zu werden: inzwischen aber begunten sie / was sie hetten unterlassen sollen.

5. So heimlich nun dieses geschehen / hat es doch endlich Galesio beobachtet / und sich an diesem Jungfrauen Schänder zu rächen gedacht. Lässet sich deßwegen keines Widerwillens vermerken / sondern stellet seinen Schmied an / der auf seinen Raisen / sein vertrautster Diener gewesen / daß er hinter einem Busch / mit einem gezognen Rohr den Verwalter erwartet / und / weil der Edelmann ihn auf das Feld geschicket / niederschiesset. Der Schmied rettet sich mit der Flucht / wiewol niemand darbey gewesen / und kein Verdacht wegen dieser Mordthat auf ihn gekommen were.

6. Galesio betrauret diesen Todesfall mit eusserlichem Schein / Rosina aber von gantzem Hertzen / unn war diese Anstifftung niemand / als dem Schmied bewust / der entflohen: daß also der Edelmann sich keiner Bestraffung der Obrigkeit zu befahren. Gott aber sahe es / und wolte es richten / welchem Gottloses Wesen nicht gefallen kan / und der da straffet alle die böses thun / zeitlich / damit solche Freveler erfahren daß Er gerecht seye: oder ewig / daß sie nicht in den Wahn geraten / es sey kein ewiges Leben nach diesem zu hoffen.

7. Nach dem der Leichnam deß entleibten Verwalters begraben (der sonder zweifel in allen seinen Sünden ohne Reue dahin gestorben / weil ihme [526] die Kugel durch den Kopf gegangen / daß er sich nichts verwust / und auf solche Raise aus diesem Leben nicht bedencken können) ist seine Gestalt / oder vielmehr der böse Geist in seiner Gestalt dem Edelmann so Tags so Nachts erschienen / und ihn geängstiget / daß er nicht gewust in seinem Schloß / oder auf dem Felde sicher zu seyn. Diesen Geist sahen andre nicht / sondern allein dieser Meuchel-Mörder / welcher gantz ohne Ruh lebte.

8. Hierüber hat er nun etlicher frommmen und Gottesfürchtigen Männer Raht in Vertrauen einholen lassen / welche ihn zum Gebett und eifriger Busse ermahnet / die doch nicht verfangen wollen. Andre haben ihm geraten er solte sich bey der Obrigkeit selbst anklagen / und üm gnädige Bestraffung bitten /weil er sonsten keine Ruhe haben / und zubefůrchten /der böse Feind würde ihn endlich / wenn Gott seine Hand von ihm abgezogen / leibhafftig besitzen.

9. Was erfolgt aber? Dieser letzte Raht ist dem Edelmann auch nicht anständig. Er thut Buß / betet /erkennet sein Unrecht / daß er den Verwalter / wegen solches Verbrechens / zu Oberherrlicher Abstraffung hette stellen sollen etc. und also lässet sich das Gespenst selten sehen. Als er aber einsten auf der Jagt von seinen Leuten kommen / ist er in einen Thal todt gestürtzet gefunden worden: daß zu vermuten / der böse Geist habe ihn gezwungen / daß er sich über einen Berg hinab gestůrtzet / und also sich selbsten ům das Leben gebracht.

10. Rosina hette sich nun nicht wenig über dieses ihres Vatern und zuvor ihres Bulen Todt bekümmert /und ihr dieses Unheyl alles zugemessen / als der er sten Ursache ihrer unziemlichen Liebe. Weil sie nun solches ernstlich bereuet / wird ihr Gott ihre Sünde vergeben / und sie für fernerer Gefahr / nach seinem gnädigen Willen / behüten. Inzwischen aber sol dieses eine Lehre seyn allen / die der Satan in den Unzuchts Banden herum führet / daß daraus ein böses Gewissen / Mord / Todschlag / Haß / Neid / und wann es am besten hinaus gehet / die Armut erfolget.

[527] 11. Wir sollen uns eines guten Gewissens befleissigen / welches der H. Paulus seinen Ruhm nennet und seine Herrligkeit 2. Cor. 1. Ein böses Gewissen aber beschreibet Job / mit allen Umständen / am 15. Cap. v. 20. Der Gottlose / sagt er / bebet sein lebenlang /und den Tyrannen ist die Zahl seiner Jahre verborgen: was er höret das schrecket ihn / und wann es gleich Friede ist / so fürcht er sich der Verderber kommt /glaubt nicht / daß er möge dem Verderber entrinnen /und versiehet sich immer des Schwerts / Er zeucht hin und her nach Brod und duncket ihn die Zeit seines Unglücks sey verhanden: Angst und Noth schrecken ihn / und schlagen ihn nieder / als ein König mit seinem Heer etc. Das diesem also / hat sonders zweiffel auch erfahren Galesio von welchen wir in dieser Geschicht geredet.

Wer sich jederzeit beflissen /
Ruh zu haben im Gewissen /
wird der Tod seyn ohn verdrüssen
seine Lebens-Zeit versüssen /
und der Seeligkeit geniessen!
150. Der vermeinte Märterer
(CL.)
Der vermeinte Märterer.

Die Kirchenlehrer haben zu sagen pflegen / daß nicht die Pein und der Schmertz / sondern derselben Ursache einen Märterer mache / dann sonsten / die an dem Stein und Zipperlein darnieder liegen / oder sonsten mit grossen Schmertzen dahin sterben / Märterer seyn můssten / da sie doch solches nicht als Christen / sondern als Menschen leiden. Wie man sich nun nicht vorsetzlich in Krankheit und Todes-Gefahr stůrtzen sol: also sol auch keiner sich ohne Noth zu der Marter / wegen deß Worts Gottes / anbieten / weil [528] der Mensch so wol wegen seines Leibes / als seiner Seelen Gott Rechenschafft zu geben / und von beeden Pfanden grosse Verantwortung abzulegen hat.

2. Dieses hat nicht genugsam beobachtet ein Niederländer Jan Bergiban von Tornaj bürtig / welcher mit schönen Gaben gezieret / und in der Heil. Schrifft so viel erlernet / daß er vielmals gepredigt / die Krancken besucht / und die damals verfolgten und bedrängten Christen zu der Beharrligkeit und Standhafftigkeit ermahnet / und vielmals erwünschet / daß auch er / wegen deß Wort Gottes sein Leben lassen / und mit der Märterer Kron begnädiget werden möchte: massen der Christlichen Kirchen Kleid nicht nur weiß / die Reinigkeit und Unschuld bedeutend / sondern auch rot und mit dem Blut deß Lamms befärbet.

3. Nach deme nun die Verfolgung im Jahr 1525. zugenommen / hat man auch nach ihm gegriffen / weil er aber damals über Land verraiset / ist er nicht angetroffen worden / und ob er wol von seinem Weibe und Befreunden gewarnet worden / er solte von einer Statt in die andre fliehen / und sein Leben retten / ist er doch nicht allein wieder nach Hause kommen / sondern hat sich nach genommenen Abschied und Beschickung seines Hauses selbsten angegeben / und bey den deßwegen Abgeordneten angemeldet / daß er sich hier bey ihnen einstellen wolle / wegen der Evangelischen Warheit sein Leben zu lassen: Entschuldigte sich benebens / daß er so lange verzogen.

4. Die Ketzermeister nahmen diesen mit Verwunderung an / unn liessen ihn in eine leidliche Gefängnis setzen und durch ihre darzu gegebene Mönichen besprechen. Erstlich erwiese sich gar standhafft und war er entschlossen alles außzustehē / wegen deß Wort Gottes / als man ihn aber hernach in eine finstere Höle und tiefferen Kerker geworffen / mit bedrauen eines sehr grausamen Todes / und die Geistlichen / so ihn besuchten / seine Gnade zu erlangen versprechen /hat sich der elende Mensch dahin bereden lassen / daß er von der Evangelischen und einmal erkanten Warheit ab- und zu dero Päbstischen Religion getretten.

[529] 5. Hierdurch aber hat er nichts anders erhalten / als daß er enthaubtet worden / da er sonsten gleich andern / lebendig hette brennen sollen / und man ihme als einem aus Zwang und Furcht der Marter Abgefallenen nicht trauen wollen / sondern befahret / daß wann er auf freyen Fuß gestellet / bald wieder zu seiner Religion brechen möchte. Vor seinem Tod / hat er bereuet / daß er aus Furcht deß bald außleschenden Feuers / in das ewige fallen müsse / da er verhoffet sein Leben zu retten / und ist also auch solcher gestalt an ihm wahr worden der Spruch unsers Heylandes: Wer sein Leben findet / (oder zu finden vermeinet) der wird es verlieren.

6. Dieses hat andre / welche damals auch an die Marter solten gefůhret werden nicht abgeschrecket /sondern haben Bergiban für einen Thoren gescholten /und gesagt / daß es allen denen die ihr Vertrauen von GOtt ab- und auf Menschen Hülfe oder eignes Wolvermögen setzen / ein solches Ende nehmen müssen /und daß er Gott versuchet / in dem er die Gefahr /welcher er wol entgehen können / entgegen geloffen. Wie es sonsten in der Niederländischen Verfolgung hergegangen / melden die Geschichtschreiber / und das Märterbuch oder Martyrologium, auß welchen wir dieses / als einen seltnen Fall gezogen.

7. Tausend Felsen schwere Schmertzen
bringen endlich einen Tod:
Aber jene Höllen Noth /
quälet der Verdammten Hertzen /
sonder End' in Ewigkeit /
sonder aller Zeiten Zeit.
Besser ist hie zeitlich leiden /
alle Marter / Angst und Plag' /
als an jenem grossen Tag'
ewig sich vom Höchsten scheiden /
Weil der Jahre längste Zeit
kurtz ist nechst der Ewigkeit.

Ende deß Sechsten Theils.

Der Siebende Theil

Titel deß VII. Theils
Titel.
Deß VII. Theils.
CLI. Der Zauberspiegel.
CLII. Die rechtmässige Betrübnis.
CLIII. Das böse End.
CLIV. Die tugendsame Frau.
CLV. Die peinliche Frage.
CLVI. Die rachgierigen Männer.
CLVII. übermässige Freud und Traurigkeit.
CLVIII. Der sterbenden Eitelkeit.
CLIX. Der ungerechte Loth.
CLX. Die andre Lucretia.
CLXI. Die verachte Verachtung.
CLXII. Das schrökliche Ungewitter.
CLXIII. Der vermeinte Ehebrecher.
CLXIV. Die Verschlinger.
CLXV. Die unverhoffte Rache.
CLXVI. Das verletzte Gewissen.
CLXVII. Die Besessenen.
CLXVIII. Die blinde Verzweifflung.
CLXIX. Die bestraffte Hexe.
CLXX. Die seltnen Betrüger.
CLXXI. Der Ertzbub.
CLXXII. Der diebische Zauberer.
CLXXIII. Die tödlich Verwundten.
CLXXIV. Der Zauber Lohn.
CLXXV. Deß blinden Zeugschafft.
151. Der Zauberspiegel
[532] (CLI.)
Der Zauberspiegel.

Es ist unter den Gelehrten strittig / was die Sünde in den H. Geist seye? die meisten ziehen es auf einen vorsetzlichen Abfall von Gott / Ablaugnen der erkanten Warheit / und die Beharrligkeit in solcher Sünde biß zum Tode. Hierunter sind mit fug zu zehlen die Zauberer und Hexensgenossen / welche / wegen nichtiger Welthändel / ihr Vertrauen auf Gott sinken lassen / und hingegen dem alten Lügner von Anfang /dem leidigen Teufel sich aufopfern / trauen und glauben / welches billig die gröste und blindste Sünde unter allen kan genennet werden. Wer Gott verlässet und wiederstrebet den guten Regungen deß Heiligen Geistes / den verlässet er wieder / und ziehet bey im ein der Lügen und Mord-Geist / der solche Leute in aller Unwarheit leite / ja endlich in zeitliches und ewiges Seelen verderben stürtzet.

2. Dieses hat erfahren Valdrea eine Silber-Beschliesserin bey einer Fürstin in Franckreich / welche ihre Treue lange Jahr über mit wolgelaisten Diensten beglaubet / daß man einigen Zweifel in sie zu setzen nicht Ursach gehabt. Diese Valdrea war eine Wittib /und hatte ihr viel schöne Pfennige zusammen gesparet / daß sie also bey Hof in allen überfluß gelebt / und ihr nichts ermangelt / als die [533] Kunst gute Tage ohne Laster und Sünde zu ertragen.

3. Dieses alte und verdortte Holtz begunte sich mit neuer Liebe anzufeueren / und ob sie wol so schön /als eine Krankere Spanier / und so freundlich / als ein gesunder Aff (von welchem jener affabilitatem benamet haben wolte) vermeinte sie doch / daß sie noch wol liebwůrdig / und so klug / daß sie fremdes Wasser auff ihre Můhle leiten könte. In diesem Wahn richtet sie ihre Neigung auf einen jungen Schrifftling /genamt Mastick / welcher ein sehr schöner und wolgeberdiger Jüngling war; dabey aber arm / daß er keine andre Mittel hatte / sich hoch zu schwinge / als die Schreibfeder / so nach und nach stärker werden solte.

4. Valdrea gabe diesem Mastick viel gute Wort / er aber ihr hingegen wenig Gehör / daß sie ihn auf Begebenheit in ihr Zimmer führet / und ihre gewapnete (ich sage Ducaten) in der Gefängnis weiset / der Hoffnung / sich durch solcher Glantz zu beschönen / und diesen Jüngling zu verblenden / daß er sie zu ehlichen willigen solte. Die Versucherin aber richtete nichts aus /weil dieser Mastick ein Abscheuen für diesem lebendigen Grab / und alltäglichen Fegfeuer; wol wissend /daß wer sich durch Geld überwinden lässet / von seiner Knechtschafft Fessel nicht frey werden kan / als durch den Tod / und daß viel darzu gehört / biß ein alte Frau stirbet.

5. Als nun dieser Jüngling die alte Megeram / mit hönischen Scheldworten unbescheiden verlacht und verachtet / hat sie die Liebe in Haß / die Freundschaft in Feindschafft / ihre Holdseligkeit in Grimm und Zorn verwandelt / daß sie Tag und Nacht gedacht /sich an diesem närrischen und undankbaren Gesellen zu rächen. Jener sagte recht / daß die bösen Weiber des Teuffels Anwälte / auf der Welt wären / und dieses hat Valdrea eine Probe geleistet / durch meuchellistige Verleumdung / welche alle Mastick / durch sein wolverhalten unwissend zu Schanden gemachet.

[534] 6. Es fügte sich nachgehends / daß etliche Nachtdiebe mit falschen Schlüsseln in das Zimmer kamen /in welchem das Silbergeschirr verwarlich auffbehalten worden / und dasselbe in grosser Anzahl entwendet. Hierůber wolte Valdrea fast verzweiffeln / wiewol sie ausser allem Verdacht / und nicht schuldig war solchen schaden / den sie keines weges verursachet zu erstatten. Man forschet aller Orten nach / die Schergen wenden grossen Fleiß an / können aber nichts erkundschafften / und diesen Gesellen auff die Spur kommen.

7. Valdrea hatte eine alte Gevatterin / Namens Ginetta / welche eine berühmte Hexenmeisterin / und das vergangene und künfftige in ihrem Krystall oder Zauber-Spiegel sehen liessen. Zu dieser nahme Valdrea ihre Zuflucht / und nach deme sie auf eine gewisse Zeit beschieden worden / hat sie ihr vorgewiesen etliche gantz unbekante Angesichter / wie sie das Silbergeschirr entwenden. Hiermit aber war ihr nicht gedienet / weil sie nicht wuste wo sie zu betretten / und ihnen der Raub abzujagen.

8. Was beginnet aber dieses rachgierige Weib? sie saget / daß ihr dardurch nicht geholffen / und daß dieser Streich nicht geschehen mögen / sondern Hůlff und Raht eines von ihren Haußgenossen welcher sonder allen zweiffel Mastick sey / solte deßwegen seine Gestalt auch darbey erscheinen machen. Ginetta hinterbringt solches ihrem Meister dem Teuffel / und wird deßwegen (ihrem vorgeben nach) von ihm geschlagen / daß sie die Warheit mit der Unwarheit vernachtheilen wollen. Also kan sich der böse Feind bergen / und ihme Glauben und Trauen auswürken.

9. Ginetta verspricht aber die Gestalt Masticks / in einem Spiegel darbey / für zuweisen / damit Valdrea auch zufrieden / und solches ihrer Fürstin unverzögert angedeutet / daß sie doch eine Dienerin mit schicken /und wolte sehen lassen / wie Mastick üm den neulichen Diebstal gute Wissenschafft und Antheil gehabt. Ob nun wol die Fürstin anfangs darein [535] nicht willigen / und den Satan gleichsam üm Rath fragen wollen /hat ihr doch Valdrea die Sache so leicht gemachet /und daß sie auch ihren Spiegel / wegen deß gebräuchlichen Schmucks zu Rath ziehe / daran weniger gelegen / etc. geantwortet.

10. Nach deme nun die Fürstin eine Dienerin /Ramberta genamet / dahin gesendet / und die Sache besagter massen angehöret / daß nemlich Mastick Wissenschaft und als ein Beystand der Diebe seinen Antheil von dem entwendeten Silbergeschirr habe /hat sie den unschüldigen Schrifftling in Verhafft nehmen / und an die Volter oder Marterbank werffen lassen. Dieser Jüngling war zart / und bekennte auß Schmertzen / was er nie zu Sinne genommen zu thun. Kein Verdacht konte wieder ihn (weil man von dem Zauberspiegel nichts melden dorffte.) gebracht werden / ausser dem / daß er offt zu spielen pflegte / und keine Mittel darzu habe. Ob er nun wol sich anfangs entschuldigte / daß er von gewonnenem Gelde spielte / wolte es doch nichts helffen / und wurde ihm auch aufgerücket daß er aus Gaskonien / da die Kinder mit langen und pichtigen Fingern geboren werden / und sonders zweiffel nicht aus Art geschlagen wäre.

11. Kurtz zu sagen / der arme unschüldige Mastick wurde zum drittenmahl peinlich gefragt / und als ein Hauß-Dieb / zu dem Strange verurtheilet. Seinem Beichtvater bekennte er / daß er solchen Diebstal noch begangen / noch begehen helffen / mit Bitt solches nach seinem Tod anzusagen / und daß er solches aus Marter bekennet / etc. Valdrea sahe ihn hinrichten / und erfreute sich / daß sie nunmehr ihre Verachtung mit seinem Tod gerächet / sein Blut aber musste bald über ihren Kopf kommen.

12. Wenig Tage hernach wird ein Mörder eingezogen / welcher bekennet / daß er besagtes Silbergeschirr entwenden helffen / und daß seine Gesellen in Engeland entwichen / ihme aber seinen Antheil zuvor zugestellet. Mastick / sagte er beständig / wer dieses unwissend gewesen / und auf dieses Bekäntnis wolte er [536] sein Leben enden / wie dann auch erfolgt. Uber dieses schwetzte Ramberta von der Ginetta Kunst oder vielmehr Zauberspiegel / und wurde Valdrea benebens der Hexen und Ramberta in das Gefängnis gesetzet / da dann der gantze Verlauff sich eröffnet / und die zwo alten gehenkt / und verbrennet / Ramberta aber / weil sie aus Einfalt ihrer Fürstin gehorsam / der Gefängnis mit einer sträfflichen Rede erlassen worden.

Der verfluchte Zauberspiegel /
ist der Falschheit wares Siegel:
Wer mit dem zu Rahte geht /
Seel und Leib in Wagnis setzt /
ja die Höchste Majestet
hat ein solcher Mensch verletzt:
Darumb auch der Höllen Flammen
schlagen über ihn zusammen.
152. Die rechtmässige Betrubnis
(LII.)
Die rechtmässige Betrůbnis.

Man lieset daß Pythagoras durch den gegenstralen grosser Spiegel etliche Blutzeichen oder Buchstaben in dem Monde erscheinen machen. Der Mond ist diese Welt / und die Sünder sind wandelbar in ihrem thun: Diesen muß man entgegen halten die blutigen Mordgeschichte / und in ihrem Sinn erhellen machen die Wort der Schrifft: Fliehe die Sünd als eine Schlange /und: Der Sünden Sold ist der Tod. Ist nun dieser Spiegel / welchen wir dem ersten entgegen setzen /nicht rein / so ist sich nicht zu verwundern / gestalt auch die unreinen Weibspersonen / das zarte Glaß durch das anschauen vernachtheilen und beflecken können.

2. Franckreich kan nicht wol in Ruhe sitzen / und ist ihre Friedens Zeit gleichsam eine Schalt- oder zwischen Handlung der Trauerspiele / welche nicht lange zu dauren pflegen / Mars und Venus sind [537] stetig auf dem Schauplatz / und verbergen sich kurtze Zeit /bald wieder auf zutretten. Viel haben deßwegen für gut gehalten / daß so tapfere Völker / als die Frantzosen niemals ohne Feinde ausser dem Lande seyn sollen / damit sie in dem Lande nicht Unruhe erwecken /und ihr Pferd an deß Nachbarn Zaun binden können. Gewiß ist auch dieses Königreich ein Spiegel / dessen vielfältige Blutzeichen / die gleichsam an den Himmel wiederstralen.

3. Landulph / ein kühner oder vielmehr verwägner Soldat (ich sage verwägen / dann die Tapfferkeit zwischen der bloden Zagheit und dollen Kühnheit ihre mitlere Tugendstelle hat) diente zu unsrer Väter Zeiten / den Hugenotten / und als besagter massen die Sachen zwischen dem König und seinen Unterthanen verglichen / ersahe er Orlandinam eine schöne und Tugendreiche Jungfrau / welche zwar seinem Stand nicht gar gemäß / wann er aber ihre Schönheit betrachtete / hielte er sich viel zu gering / daß er ihr aufwarten solte.

4. Es war keine andre Thür zu Orlandina einzugehen / als durch die ehliche Verlöbnis / und hielte ihr Vater diese Gelegenheit seiner Tochter für anständig /weil er auf der Gruben gange / und seine Sachen in grosser Unrichtigkeit sahe: massen der Krieg einen solchen Nachtrab hinterlässt / der da heisst / gewisse /zweiffelhaffte / verlohrne / unsterbliche Schulden. Dieser Orlandina Vater gehet den Weg alles Fleisches / und hinterlässet etliche Söhne / welche die Schulden bezahlen / die Gegenschulden einbringen / und das überige theilen wollen.

5. Hierzu gehörte eine Zeit / welche Landulph und Orlandina sehr verdrüßlich fiele. Zu dem war dieser Soldat seinen neuen Schwägern sehr verdächtig / weil er wieder den König gedienet / welchem sie jederzeit treu gewesen. Die Nachwart nun abzukürtzen / setzet Landulph ein Eheversprechen zu Papier / und unterschreibet solches mit seinem Blut: Nicht ohne heimliche Bedeutung erfolgter blutigen Begebenheit. Orlandina versahe sich nichts weniger / als [538] einer Untreue /und kostet also die verbotene Frucht viel Threnen / in dem die Anzeichen der reiffen Reue erfolgten / und sie sich wieder verhoffen schwanger befande; doch tröstete sie sich mit Landulphs mündlichen und schrifftlichen Eheversprechen.

6. »Welche ihren Ehestand also anfangen / erfahren daß sie nicht klüglich gehandelt / und glauben die Mannspersonen / daß sie auch andern nicht abschlagen würde / was sie ihnen zulasse / und daß der Weiber Gebrechlichkeit sich erstrecke so weit ihre Begierden langen.« In dem fügte sich / daß Landulph nach Hofe verraisen musste / und hinterliesse seiner Orlandina eine böse Handschrifft und ein unglückseeliges pfand seiner verůbten Liebe. Aus den Augen und aus dem Sinn. Was abwesend ist / kan die Wage nicht halten deme / was gegenwertig ist.

7. So bald Landulph nach Hofe kame / und so viel Schönheiten betrachtete / verliebte er sich in Asola seines Fürsten Gefreundinne / fande auch so viel Gegenneigung und Gewogenheit bey seinem Herrn / daß nach kurtzer Zeit Asola ihme versprochen / und seine lang-gelaiste Dienste mit diesem Fräulein belohnet werden solten. »Diese Art die Diener zu befriedigen ist nicht selten / und sind sie Knechte üm Hoffnung /und wann es wol abgehet üm Hof-Docken / wie jener sagte / gekaufft.«

8. Das Gerücht / welches viel Ohren und Zungen hat / muste solches der Orlandina vortragen / und weil bey dem Verzug so grosse Gefahr waltete / machte sie sich auf und eilte nach Paris / ihrem Ehr- und Ehevergessnen Landulph einen Einspruch zu thun. Landulph lacht ihrer Drau- und Straffwort / sagend / daß ihm die Nasen geblutet / als er ihr Ehgelůbd unterschrieben / sie solte sich an das Papier halten / weil dasselbe Gewerschafft gelaistet. Er sange mit jenem:


Jungfer eins wil ich euch lehren
Buler Schweren ist nicht Sünd:
Gott wil sich daran nicht kehren /
sondern schenkts dem schnellen Wind.

[539] Dieser Streit schlug zu einer Rechtfertigung aus / und in dem sich solche verzögerte / hatte Orlandina Zeit sich zu entbürden. Sie brachte nun eine schöne junge Tochter auf die Welt / welche mehr einem Engelein /als einem Menschen gleichte.

9. Dieses Kind sendete sie Landulph zu / ihn dardurch zu der Gebühr zu bewegen / es hatte aber seine neue Liebe / die Spinnenweben seiner Gedanken (wann also von solcher Nichtigkeit zu reden verlaubt ist) so hoch aufgehenkt / daß er aus Ehrgeitz Asolam darvon zu bringen beharret / und das Packet mit hönischen Worten wider zu rücke gesendet. Ob nun Orlandina rechtmässig Ursach gehabt sich zu betrüben /ist unschwer zuermessen. Ihr Trost war / daß für Gericht ihr Recht widerfahren solte / wie auch erfolgt / in dem die erste Ehe für bündig / die letztere aber für nichtig und unkräfftig erkannt worden.

10. Landulph will diesem Urtheil keine Folge laisten / sondern bringet die Sache an den Oberrichter /da ihm sein Herr dergestalt den Rücken hält / daß das Urtheil geändert / und die erste Ehe fůr eine Winkel-Handlung / die andre aber für öffentlich Verlöbnis erkannt wird: jedoch mit dem Anhang / daß er seine mit Orlandina erzeugte Tochter ziehen / und ernehren solte: darzu er gerne verstanden / und sich mit Asola trauen lassen.

11. Hierüber führte Orlandina / als eine von Theseo verlassne Ariadna eine rechtmässige Betrübnis /klagen und seufftzen / und gedachte auf mancherley Mittel diese grosse Untreue zu rächen. Romelin ein armer Edelmann wohnte in ihrer Nachbarschafft / und weil er dieser lebendig-todten Wittib aufwartete /giebt sie ihm zuverstehen / daß er ihr ein Blutbräutigam seyn müsse / der sie an den treuvergessenen Landulph räche / und die ihr zugefügte Unehre mit seinem Blut abwasche: oder daß er bey ihr nichts zu hoffen habe. Romelin suchet darauf Gelegenheit Landulph zu beschimpffen / und ihme seine böse That mit Ehrrührigen Worten für zu werffen / daß er gezwungen worden / diese Schmach mit den Degen zu[540] rächen / welches Romelin gesuchet / und als ein tapferer Ritter einer unschuldigen Weibesperson wider seinen Gegner dergestalt gefochten / daß er ihn durchrennt / und an die Erden gespisset. Landulph erkannte vor seinem Tode sein grosses Unrecht / und daß Gott solches über ihn / als eine wolverdiente Straffe verhängt / hatte aber wenig Zeit sich zu bessern und zubekehren.

12. Wegen dieses Ableibs kommt Romelin in Verhafft / und hat Asola mit ihrer gantzen Freundschafft /ihn eiferigst zu verfolgen nicht unterlassen / daß er also zum Tod verdammet werden sollen. Orlandina aber thäte dem König einen Fußfall / und erzehlt die rechtmässige Ursache dieses Zweykampfs; welche den König der gestalt vergnügte / daß er Romelin loß /und seiner Orlandina verabfolgen lassen. Diese beede nun haben sich mit einander ehlich verlobt / und hat der Orlandina Tochter ihren Vater Landulph (weil er mit Asola noch kein Kind hatte) wie rechtlich geerbet / welches alles das zweyte Weib verstatten müssen.

Lieb und Treu ist wol gestorben:
Redligkeit ist längst verdorben.
Wenig halten / viel versprechen
muß die Unschuld selbsten rächen.
153. Das böse End
(CLIII.)
Das böse End.

Der Spiegel ist der Kunstmeisterstück / und unter denselben ist der künstlichste der Brennspiegel / welchen Archimedes erfunden / der auf dem Thurn zu Syracusa der Römer Kriegsschiffe verbrennet. Dieses ist sich so vielmehr zu verwundern / weil die Schiffe fort gegangen / und an keiner gewissen Stelle zu Anker gelegen / dahin der Spiegel gerichtet werden können. Hiervon ist zu lesen P. Bettinus in Apiariis und der Weltberühmte Ath. Kircherus in arte luc. & [541] umbr. wie auch die Philosophischen und Mathemat. Erquickstunden.

2. Einen solchen Brennspiegel mag verglichen werden Violenta / eine Portugäsen von Castilla einem kleinen Stättlein nechst Ebera bürdig / welche samt ihrem Vater einen Kunst- und Geldarmen Artzte in Frankreich entwichen / und sich zu Condam in Guienna niedergelassen. Die Noth hatte diesen Portugäsen gedemütiget / welchen zugefallen niemand ereranken wolt / daß der arme Artzt gleichsam verhungern musste / und von dar nach Tholouse oder Tolosa getrieben wurde. Diese grosse Statt kan mit Fug eine kleine Welt genennet werden / daß sich also nicht zu verwundern / wenn Fromme und Böse darinnen gefunden werden.

3. Dieser Portugäsische Doctor hatte nicht allein sein Weib / seine Kinder / sondern auch Rosemund /seiner ältesten Tochter Violenta Mann bey sich /damit ihm ja das Brod nicht solte hart werden. Dergestalt gieng es diesen Leuten sehr arm und elend / und lebten sie in grossem Kummer / ehe sie bekant wurden: machten es aber auf gut spanisch / und verkaufften das Hemmet vor dem Wambs / damit sie Brod und Speiß zu ihren Unterhalt haben möchten. Violenta aber ist wegen ihrer Schönheit berühmt / und hat durch den Ruhm viel Anschauer und Buler überkommen; massen die Spanier sich nicht scheuen ihre Basilisken Augen hochzuschätzen / welche den Anschauern den Gifft der Liebe gleichsam in das Hertz stralen / und deßwegen der Frantzösinnen Tauben Augen verachten. Viel von den neugierigen Frantzosen studirten bey Violenta die Kunst / welcher wegen Ovidius das Land raumen müssen / und öffnete ihr das Thor zu solcher Freyheit ihres Mannes tödliches Hintritt / daß sie anfinge sich hervor zu brüsten / prächtig zu bekleiden / und unersättlich auszuschmincken.

4. Ob nun dieser Brennspiegel der Schönheit grünes und dürres Holtz angefeurt / ist leichtlich zuermessen. [542] Unter andern waren drey Studenten / welche ihr aufwarteten / und weil einer allein dieser Lais Geitz nicht erfüllen mögen / haben sie den Verlag zugleich gethan / und ihr mehr gegeben / als sie gehabt: Ich wil sagen / viel Schulden hin und wieder gemachet und aufgeborgt / Violenta zu verehren / oder wie jener gesagt / »die Reue mit grossen Unkosten zu kauffen«. Daß die Studenten ins gemein wenig Geld haben ist jederman wissend. Wie auch / daß sie pflegen karg zu seyn in nützlichen / freygebig aber in unnützen Sachen.

5. Diese drey eiferten keines weges mit einander /sondern bedienten sich dieser kostbaren Dirne nach jhrer Gelegenheit / daß sie nicht vermerckte / was unter diesen dreyen für eine Handels Gesellschafft. Violenta aber konte sich mit diesen allein nicht abspeisen lassen / und wie ein Wirt alle Gäste herberget / so bey ihm die Einkehr nehmen / also war bey ihr ein jeder der Gelt hatte willkomm. Unbedachtsames Weib / wie kan ein so böser Handel ein gutes End nehmen?

6. Violenta befande sich schwanger / wusste aber nicht von wem / darüm bedacht war sich dieses auf vielfältige weise zu bedienen: saget deßwegen zu jedem von ihren Kunten / daß sie von ihme wäre geschwängert worden / und das Kind würde müssen ziehen lassen und ernehren. Hiedurch setzten etliche von ihr aus / etliche gaben ihr Geld / gegen einem Schein /daß sie wegen ihres Kindes nichts an sie zu fordern /etc. Die drey Studenten aber erzehlten einander wie Violenta einem jeden absonderlich / zum Vater ihrer Leibesfrucht / angesprochen. Was Rath? Sie wissen worauf dieses angesehen: nemlich auf Geld / daß sie nicht haben noch aufzubringen wissen?

7. Der Klügste unter diesen dreyen gabe den Rath /sie solten ihrer müssig stehen / und weil Violenta wol wüste / daß bey ihnen wenig zu gewinnen / würde sie wol einen andern Vater zu ihrem Kinde suchen můssen: oder auf allen Fall mit dem Beweiß nicht[543] können aufkommen / und der Richter einer solchen verruchten Dirne wenig Glauben zustellen. Dieses war ein guter Rath in einer bösen Sach.

8. Der andre sagte / daß dieses wegen zweyer Ursachen nicht thunlich / erstlich / weil er ihme diese Violentam nicht könte aus dem Sinn schlagen: Zum andern / weil er ihr viel Geld angehenket / daß sie noch nicht alles verdienet. Wenn er ihr nun etliche Kleinodien wieder entwenden möchte / so wolte er als dann eine andre Quellen suchen seinen Durst zu leschen.

9. Der dritte sagte / daß man auf ein solches Mittel müsse bedacht seyn / dadurch Violenta befriediget /und sie / ohne Unkosten / ihrer ferners geniessen könten. Solches nun aus zu wůrken / fuhre er fort / můsst ihr beede Zeugschafft geben / was ihr sehen und hören werdet. Mich aber die Anstellung machen lassen. Dieses waren sie wol zu frieden / und wusten nicht zu er sinnen / welcher gestalt solches erfolgen möchte. Es wuste nun Alarso (also nennte man den listigen Studenten) daß Ustio ein sehr reicher Parlaments Herr sich bey Violenta auch einzufinden pflegte. Auf solchen gienge der Anschlag hinaus / daß nemlich Alarso mit ihr die Abrede nahme / zu wegen zu bringen /daß dieser Ustio Violentam freyen solte / und dann nach Begebenheit ein Hanrey werden. Die Anstellung wurde also gemachet.

10. Violenta und Ustio lagen beysammen in dem Liebswerk begriffen / als die Kammermagd ansagte /die Schergen wären bereit in dem Hause. Violenta stellte sich gantz erschrocken / und bate Ustio / er solte doch vorgeben / daß er ihr Mann und Ehevertrauter oder Verlobter wäre. Als sie nun samt den zweyen Studenten in das Hauß kamen / und der Haubtmann / zufolge abgeredter massen beede in das Gefängnis führen wolte / sagte Ustio / daß dieses sein ehliches Weib / und daß er Macht habe zu thun / was sie unsträflich halten möchten: Hierüber waren zu Zeugen angeruffen alle Umstehende / und kehrten die Schergen wieder zurücke. Folgenden Tages wil [544] Violenta haben / daß dieser Ustio sich ehlichen solte /unn ob er ihr zwar 1000 Cronen zahlen wolte / hat sie doch darmit sich nicht abspeissen lassen / sondern ist die Sache zu einer Rechtfertigung ausgeschlagen /welche Violenta durch der Zeugen Aussage / die schweren konten / daß mit ihnen die Sache nicht abgeredet worden / gewonnen.

11. Als sich nun dieser Ustio verbrennet / und dieser Dirne nicht huld sein können / selbe auch zu Kirchen und Strassen zu führen für gar verächtlich gehalten / hat er sich zwar freundlich gestellet / und ihr heimlich Gifft beygebracht / daß sie zerborstet und das undschuldige Kind zwar lebendig an das Liecht geboren / doch mit schwachem Leben / daß es nach wenigen Stunden verschieden. Ustio hatte ein böses Gewissen / welches ihn anklagte und verdamte zu Verlassung seines Vaterlandes. Wie es ihm ferners ergangen / ist nicht wissend; zu vermuten aber er werde gleichfals ein End genommen haben mit Schrecken.

12. Nicht weniger Betrübnis hatten die drey Studenten / und sonderlich Alarso / der wol wuste / daß durch seinen Achitophels Raht / Violenta ohne Bereuung ihrer Sünden / samt ihren ungetaufften Kinde hingerichtet worden. Ob sie nun wol allerhand Entschuldigungen bey sich selbsten vorschützten / sagte ihnen doch ihr Gewissen / daß solche nicht gültig / und daß der Heler und Steler der Mörder und Helffers Helffer in gleicher Bestraffung / daß sie also ihr Hertz verdammte / und das Gewissen plagte Tag und Nacht. Alaraso / den Urheber dieser Sache / hat bald hernach ein Ziegel der unferne von Violenta Behausung / vom Dache gefallen / erschlagen.


Falschheit nimmt ein böses End:
Wer in Unschuld wäscht die Händ'
und in Keuschheit pflegt zu leben /
kan nicht zu der Sterbenszeit /
in Verzweifflungs ängsten schweben /
und der Höllen Ewigkeit /
[545]
wird ihn durch viel Qualgedanken /
plagen wann er wird erkranken.
154. Die tugendsame Frau
(LIV.)
Die tugendsame Frau.

Die H. Schrifft vergleichet einen unbeständigen mit einem Mann / der sein Angesicht in den Spiegel beschauet / und darvon gehend seiner Gestalt vergisset. Der Spiegel selbst ist eine Bildung der Unbeständigkeit / in dem er (wie die Spiegelkünstler wissen) den Gegenschein bey jedem Augenblick / und der geringsten Bewegung verändert. Weil wir nun hier eine Weibsperson zu einem Spiegel der Beständigkeit aufstellen / wolle der verständige Leser sich mit keinem frühzeitigen Urtheil übereilen / und solches nicht als einen gläsernen / sondern als einen stälern Spiegel zu betrachten geruhen.

2. In der Landschafft in Franckreich / welche Provence genennet wird / und mit Welschland grentzet /hielte sich Guidowald ein grosser Herr / welcher eine fast fürstliche Hofhaltung mit fürstlichen Schulden führte. Er wolte in dem gantzen Land der vornemste /und von dem ältsten Geschlechte seyn / und sein Ansehen durch viel Diener und Kleiderpracht handhaben / ob ihm gleich der Verlag zerrahne.

3. Dieser suchet nun ein reiches Weib / die ihm und seinen Schüldnern genug thun solte / möchte aber unter seines Standspersonen keine finden / die seinen Schüldnern die Hand füllen konte: massen der Edelleute Güter (wie bekant) dem ältsten verbleiben / welcher Wolthätigkeit die andren Geschwistrige erwarten müssen. Dieses Vorsatzes machte er sich an Flaviam /eines sehr reichen Kauffherrens Tochter / welche nur eine Schwester hatte / die gleichfals an einem Edelmann ist verheuratet / und von Benjamin ihrem Vater reichlich ausgesteuret worden.

[546] 4. Ob er nun wol nach und nach grosse Summen von seinem Schwervater empfangen / hat er doch alles in einen löcherigten Beutel geleget / und mit sich wieder lassen aufgehen. Viel verzehren nichts erwerben sagt das Sprichwort / ist die Strasse zum Verderben. Der Schwervater hatte ihm mehr hinausgegeben / als er versprochen und zu thun schüldig gewesen / welches doch alles wieder aufgegangen / darzu Flaviana willig und gedültig stillgeschwiegen.

5. Dieser Guidowald war ein stoltzer und übermütiger Mann / daß er sein Weib ohne Verachtung nicht konte anschauen / weil sie nicht seines gleichen der Ankunfft nach. Das / was er liebte hatte er empfangen und bereit durchgebracht: Das / was er nicht liebte /musste er wieder seinen Willen behalten. Die Verachtung und Scheldworte waren unaufhörlich wieder sie ausgestossen / und ihr aufgerucket / daß er sein hohes Herkommen mit solcher Heurat vernachtheilt / daß ihre Freundschafft mit seiner nicht zu vergleichen /daß ihr Vater nur ein Kaufmann / etc. »Wann der Adel von Tugend herkommet / war ausser zweiffel diese Tugendsame Frau / viel ädler als ihr lasterhaffter Mann.«

6. Hie liesse sich auch ihre Tugend und Beständigkeit sehen / in dem sie ihm mit demütiger Bescheidenheit geantwortet / er solte sie nur für seine geringste Magd und Dienerin erkennen / und ihr bedeuten in welchen Stücken sie ihr Gebůhr verabsaumte. Daß sie von schlechten Eltern geboren worden / sey ihr nicht beyzumessen / und ihme / als er sie gefreyet / nicht unwissend gewesen. Je mehr sie sich aber gedemütiget / je übler er sie gehalten / und so gar sich andrer Weibspersonen bedienet ihren Schmuck denselben geschenket / sie in seinem Hauß / in ihrer Gegenwart unterhalten / und ihr alles / was er nur gekönt zu Verdruß gethan.

7. Dieses hat sie mit solcher Sanfftmut erduldet /daß zu zweiffeln / so es dergleichen Weiber noch in der Welt zu finden. Sie war bereit in ein [547] Kloster oder in die Gefängnis zu gehen / und ob wol Flaviana Vater / wieder Guidowald bey dem Ehegericht zu klagen gemeint / und umb die Scheidung zu Tische und Bette in ihren Nahmen anhalten wolte / hat doch Flaviana darein nicht willigen wollen / sondern ihren unartigen Mann entschuldiget / daß er noch jung / von bösen Leuten verführet werde / daß er mit dem Alter sich bessern würde / etc.

8. Das Unglück / sagt die Schrifft / wird von dem Hauß deß undankbaren nicht weichen / wann es auch nicht also balden einkehret. Dieses fande sich auch bey Guidowald dergestalt: Er wolte der vornemste unter den Edelleuten seyn / und in den Zusammenkunfften oben an sitzen. Darwieder setzte sich Suran ein andrer Edler / der den Königlichen Statthalter auf seiner Seiten hatte / daß dieser Stoltze zu rücke treten müsste.

9. Hierüber kamen sie von den Worten zu der Befedung / und hatten breit Ort und Zeit benamet / üm diese Ehren Stelle zu fechten. Suran war nicht weniger willig darzu / als sein Gegner: der Statthalter aber gebote ihnen Fried / und liesse sie mit seinen Soldaten verwachen / daß sie nicht möchten zusammen kommen. Hierdurch wurde nun deß stoltzen Guidowalts Bestraffung aufgeschoben / aber nicht aufgehoben.

10. Er führte auf einem Dolchen diese Wort: Ich schone Niemands / diesen besahe er / und ließ ihn ungefehr aus Unfürsichtigkeit auf den Fuß fallen / daß also dieser Dolche auch seines Herrn selbsten nicht verschonet. Ob es nun wol nicht ohne Schmertzen abgienge / wurde er doch wieder heil / und gedachte sich an seinem Feinde zu rächen. Hette ihm aber solche Verwundung eine Anzeigung ferners Unheils sollen seyn lassen.

11. Als nun auf eine zeit bey voller Zusammenkunfft / Guidowald und Suran wegen deß Vortritts zu streiten kamen / ergrimmte dieser Stoltzling / entblöste den Degen / und durchstache Suran bevor der andre von Leder zoge. Der Königliche Statthalter [548] nahme diesen Frevler also balden gefänglich an / und weil er zuvor wegen seines Hochmuths übel angesehen war /(massen solcher Gott und Menschen ein Greuel ist) wurde ihme ein Rechtstag angesetzet / und das Haubt für die Füsse geleget.

12. Bevor solches geschehen / hat Flaviana bey Hofe allen Fleiß angewendet / ihren Mann bey dem Leben zu erhalten / aber vergeblich / denn Gott sie von diesem Unmenschen / welcher sie täglich / ja stündlich betrübet / erlösen und befreyen wollen. Den Tag nun / als er hingerichtet worden / ist sie in ein Kloster gegangen / und hat zuvor ihren einigen Sohn /welchen sie in ihrem betrübten Ehestand erzeuget /ihrem Vater anbefohlen.


Es sind drey harte W / das Weib' / die Würd' / und Wein /
Doch sind sie wehrt geacht / wann sie ohn Laster rein.
155. Die peinliche Frage
(CLV.)
Die peinliche Frage.

Es weisen die zerbrochnen Spiegel alle Bilder wie doppelten Gegenstralen / und gestaltet fast ein jedes Stücklein ein besonderes Angesicht. Aus solchen Spiegeln haben etliche Weiber Mißgeburten ersehen /die vier Augen / vier Ohren / zwo Nasen und zweyerley Lippen gehabt / und sehr abscheulich anzusehen gewesen. Diego Saavedra mahlet einen Löwen / welches Bild in einem zerbrochnen Spiegel doppelt wiederscheinet / mit der Obschrifft:


siempre el mismo
Allezeit gleich oder unverändert.

Zielend auf die Beständigkeit / welche ein Fůrst auch in bösen und zergliederten Zustand seines Landes /haben sol.

2. Wir vergleichen einen zerbrochnen Spiegel [549] mit dem falschen Wahn / welcher alles doppelt vorweiset / und viel geringer / als es ist / zu erkennen giebet. Einen solchen in zwey Stücke gebrochnen Spiegel wollen wir in nachgehenden Trauer-Geschichten vorzeichen / und in diesem Schauplatz aufhangen / nicht zweifflend / es werden solche die / so sie noch nie gesehen / gerne betrachten.

3. Es hat sich vor Jahren zu Metz / in Lothringen /begeben / daß ein reicher Kaufman über Land verraiset / und sein Weib / Tochter und Magd hinterlassen. Der Nachrichter nimmet dieses in acht / und verschläget sich auf einen Abend in das Hauß / als die Thür ohn gefehr offen gestanden. Er versteckte sich in den Keller und gedüldete sich aldar / biß des andern Tages üm Mittagszeit / da erstlich die Magd / welche Getrank holen wollen / von ihme erwürget worden.

4. Die Frau wartet auf ihre Magd / welche nicht konte wiederkommen / schicket deßwegen die Tochter nach ihr / welche gleichfals von dem Henker durchstochen worden. Letzlich als diese Frau vermeinet / es sey der Fässer eines schadhafft worden / eilet sie in den Keller / wird aber auch von dem Scharffrichter /ergriffen und elendiglich ermordet: daß also dieser Bub drey Weibspersonen in einer Stund hingerichtet /und nicht eine bevor zu Gott seufftzen und beten / lassen.

5. Als nun der Henker das Haus versperret / die Schlüssel gefunden / alle Kästen eröffnet und was nur schetzbar ausgesuchet: hat er die drey Leichnam in den Keller begraben / und deß Abends verwartet seinen Raub darvon zu tragen / wie er dann auch bey der finstern Nacht gethan / daß dieser Sache niemand von der Nachbarschafft einträchtig werden konnen. Der Kauffmann kommet wieder heim / und kan nicht wissen / wo sein Haußgesind verborgen / meldet solches auf dem Rahthauß etlichen Herren an / und fügte sich daß eben der Scharffrichter nicht ferne darvon war /welcher sich vernehmen liesse / daß der Kauffmann mit seinem Weibe übelgestanden / [550] und wann man ihm Gewalt gebe / wolte er ihn wol fragen / daß die Warheit heraus kommen solte / etc.

6. Diese Rede wird von etlichen aufgefangen / und ist der arme unschuldige Mann / ohne fernern Beweiß / als daß er sich mit seinem Weibe nicht allezeit wolbegangen / an die Volter / oder Marterbank geworffen worden / da ihn der Scharffrichter der gestalt angegriffen / daß er aus Schmertzen die Mordthat / welche er nicht gethan bekennet / und deßwegen von dem Leben zu dem Tode verurtheilt worden.

7. Weil nun alle Welt schlieffe / wachte doch Gott über diesem unrechten Handel / daß der Henker sich selbst verrahten muste / welches geschehen durch einen Becher / den er verkauffet / und das darauf stehende Wappen nicht beobachtet. Der Goldschmied aber trägt solchen für den Raht / mit Bitte / den Henker zu besprechen / wo er zu dem Becher kommen: Als solches beschehen / hat dieser Meuchelmörder also bald bekennet / er habe des Kauffmanns Weib /Magd und Tochter üm das Leben gebracht / und in den Keller begraben (wie befunden worden) auch den Kauffmann selbsten / sich zu sichern hingerichtet. Deßwegen er auch seinen verdienten Lohn empfangen und lebendig gerädert worden.

8. Dergleichen hat sich auch zu Erfurt in Meissen zugetragen / daß zween Mörder sich in einer Wittib Hauß verborgen / sie zu erwürgen und zuberauben. Weil sie mit einer Magd allein gehauset / haben sie nichts zu befahren gehabt / aber doch kein grosses Geschrey machen wollē / damit nicht jemand in der Nachbarschafft ihnē zu hülffe kommen möchte. Als sie nun nicht gewust / wie sie die Magd samt der Frauen aus der Kammer locken solten / sind sie einer Ziegen in dem Stalle gewahr worden / welche sie gezwicket und geklemmet / daß sie angefangen stark zu schreyen / daß die Frau die Magd hinabgeschicket /zu erkůndigen / was der Ziegen mangelte / und als sie nicht wiederkommen / sondern von den Mördern erwürget worden / ist sie selber hinab gegangen / und hat gleichen Tod erlitten.

[551] 9. Nach verübter Mordthat / haben sie das Hauß geplündert / und sind zu Nachts wieder aus dem Hause gegangen / also / daß niemand / als ein Hůndlein darinnen geblieben / welches folgenden Morgens so jämmerlich geschrien / daß es die Nachbaren gehöret / und weil sie niemand in dem Hause erpochen können / solches dem Raht angemeldet /welcher das Hauß eröffnen lassen / und die todten Leichname der Frauen und Magd gefunden haben.

10. Es war aber in besagter Statt ein Kirchner / der bey dieser Wittib täglich aus- und eingienge / und in dem Hause viel Gemeinschafft hatte: Dieser war in Verdacht / daß er solche Weibspersonen erwürget. Die Befreunde der Abgeleibten bringen zu wegen /daß dieser Kirchner gefänglich angenommen / und mit der scherffe befraget wurde / daß er aus Marter die That bekennet / und anzeiget / daß er ein Messer darzu gebrauchet mit einer braunen Schalen / welches er hernach in das heimliche Gemach geworffen. Weil man nun das Messer alldar gefunden / und er auf seiner Bekäntnis verblieben / ist er als ein Mörder hingerichtet worden / und als ein undankbarer / weil er in derselben Hause viel Gutes empfangen / von jedermann gescholten worden.

11. Die Thäter haben diesen auch hinrichten sehen / und sich darüber erfreuet / und nun sicher zu seyn vermeint. Nicht lang hernach aber kame einer von ihnen / wegen eines andern Verbrechens ein / und bekennte / wie es hergegangen / und entschüldiget den Kirchner / daß er unschüldig sterben müssen / und dardurch ist ihr Verbrechen gehauffet / und sind sie mit wolverdienter Straffe zugleich angesehen worden.

12. Diese Geschichte sollen die Richter lehren behutsam zu verfahren / und nach fürgeschriebenen Rechten niemand an die peinliche Frage werffen lassen: er sey dann deß Verbrechens überwiesen / und wolle es doch nicht bekennen / zu deme ist ein Unterscheid in den Personen zu halten / ihr Leben und Wandel zu erkündigen / und auf eines Verleumders /oder den gefassten Wahn deß gemeinen Mannes nicht zu [552] gehen. Viel sicherer ist zehen schüldige arme Sünder loß zu lassen / als einen Unschuldigen verdammen.

Wer unschüldig Blut vergeusst
niemahls wahrer Ruh geneusst /
dann das / was er hat gethan /
ist ihm selbsten eine Ruht /
und steigt / wie deß Abels Blut /
von der Erden Himmel-an.
Richter deinen Spruch betracht /
und nimm Gottes Wort in acht!
156. Der rachgierigen Männer
(CLVI.)
Der rachgierigen Männer.

Wie man in einem Spiegel viel Angesichter zugleich sehen kan / ob gleich dieselben wunderlich gestaltet: also wollen wir in dieser Erzehlung vier rachgierige Männer beschauen / welche sich aller ihrer Ehegatten mörderlicher weise ledig gemachet / daß jener recht gesagt / wann es gleich in dem Ehestand »anfangs alles in erwünschter Zufriedenheit / und die Verlobten also beschaffen / wie man nur verlangen möchte / so könne doch niemand Gewerschafft laisten / daß alles in solchem Stande verbleiben werde / und deßwegen sich nicht zu verheuraten für gefährlich hielte.«

2. Welschland ist der Schauplatz / da es mehr unglückliche Ehen giebet / als sonsten in der gantzen Welt; weil kein Volk dem Eifer so sehr unterworffen /und rachgieriger ist / als die Italiäner. Ein solcher war Lucian bůrtig von Padua / welcher in seinem Wittibstand sich verliebte in Candidam / eine Jungfrau /deren Ascar ein tapferer Jůngling aufwartete / und zu erfolgtem Trauerfall Ursach gabe. So bald sich nun dieser Lucian anmeldete / muste Ascar abtretten / weil er ein armer Gesell / jener aber ein sehr reicher Mann / und wurde Candida zu dem Jawort [553] von ihren Freun den genöhtiget / daß sie in den Muttertitel willigen muste / als sie noch eine Jungfrau / ich sage / sie musste dieses Wittbers Kinder die ihrigen nennen /welchen sie doch mit můtterlicher Neigung nicht konte zugethan seyn.

3. Weil nun Candida dem Ascar das Hertz gegeben / und Lucian dem Leib geben müssen / ihren Freunden zu gehorsamen / hat solcher Nebenbuler nicht unterlassen Gelegenheit zu suchen sie zu sehen / und mit ihr zu sprechen / welches endlich Lucian / durch fremde Augen (verstehe die aufgestellten Kundschaffter) ist einträchtig worden. Er verbote seinem Weibe Ascar nicht mehr anzusehen / sich in keiner Gesellschafft zu befinden / frühe vor Tags nur / und zwar mit seiner Befreundin in die Kirchen zugehen / da er doch betrachten sollen / daß Frauen und Jungfrauen hüten entweder nicht hilfft / oder nicht von nöhten ist.

4. Als nun dieser seine Candidam auf einen Abend mit Ascar etliche Worte wechslen hörte / ergrimmt er dermassen / daß er in ihr Zimmer laufft / sie ermordet / und solches als eine zulässige Ehrenrettung / der Obrigkeit selbsten anmeldet. Weil er aber den vermeinten Ehebruch nicht erweisen können / ist Ascar frey gesprochen / dieser eiferige Lucian aber zum Schwert verurtheilt worden. Ascar befande sich bey Hinrichtung seines Feindes / wurde aber zu rücke gewiesen / weil Lucian aus Rachgier in seiner Gegen wart nicht einmal andächtig beten und seine Seele Gott befehlen können.

5. Ein andrer / Tygrin genannt / hat sein Weib mit Gifft hingerichtet / weil er sie auch in bösen Verdacht gehabt / und nach dem der Leichnam geöffnet / und deß Gifftes Würkung genugsam ersehen worden / hat dieser Tygrin seine Mordthat an der Volter bekannt /seinen Argwahn aber nicht außfůndig machen können / deßwegen ihm dann der Henker das Haubt fůr die Füsse geleget.

6. Dieses wurde also erzehlet in Gegenwart einer grossen Gesellschafft / da sich einer von Adel / [554] Namens Antholian befunden / welcher diese beede / als unweise Gaugen / gescholden / weil sie ihr Rache nicht klüglich unternommen / und sich selbsten ům das Leben gebracht. Ich sagte er / weis noch wol einen weisern Mann in dieser Statt / welcher sich seines verdächtigen Eheweibs viel subtiler erlediget hat /unwissend / daß er durch dieses Wort ihrer zween in deß Henkers Hand bringen würde. Jederman wolte diese List anhören / und erzehlte Antholian / daß einer sein Weib deß Sontags Abends in einen Garten spatziren geführet / sich von ihr abgedrehet / und einen bösen Ketten-Hund loß gelassen / welcher das arme Weib dermassen zerbissen und zerrissen / daß man sie halb todt von dannen tragen můssen: weil aber ihre Jugend und Leibsstärke die Artzneyen anschlagen machen / hat er Mückenpulver unter ihre Salben und Pflaster gemischet / daß die Wunden entzündet / und er also deß Fleisches in der Küchen ledig worden / welches ihme so viel Můcken herzugezogen hatte.

7. Diese Erzehlung hat unter andern mit angehöret ein Befreundter der besagter massen hingerichten Persone / und solches bey der Obrigkeit angemeldet / mit Bitte / Antholian ferners hierüber zu vernehmen. Ob er nun wol sagte / daß er solches von einer dritten Person / Gelaso benamt / verstanden / und anders nicht wisse / ob dem also / ist Gelaso auch vorgefordert worden / der bekennet / es habe ihm solches Epipo / der Thäter selbsten erzehlet / welcher hiervon mehr Anzeig / benebens dem Gärtner und Wundartzt würde thun können. Epipo wird zu selber Stund auch für gefordert / der sich über seinen Verrähter erzörnte / und ihm gleichsfals vorgerücket / daß er auch ein Ursacher an seines Weibs Tod.

8. Der Richter fragte ferners / was Hinterlist er denn gebrauchet hette? Epipo erzehlet ümständig /wie Gelaso ihm vertraut / daß sein Weib mit andern zuhalte / und habe er seinen Esel / welchen sie zu reiten pflegen / in vielen Tagen nicht zu trincken geben lassen / nachmals sie darauf an ein solches Ort geführet / da der Fluß sehr tief: da dann der Esel aus [555] Durst in das Wasser gesprungen / das Weib ersäufft / und wieder heraus geschwommen. Gelaso konte zwar nicht laugnen / daß sein Weib ersoffen / wie Stattkündig: daß er aber den Esel deßwegen so lange nicht geträncket / wolte er nicht gestehen.

9. Der Richter liesse beede in Verhafft führen / und als man einen nach dem andern mit der peinlichen Frage bedraute / haben sie also bald bekennet / daß deme also / und haben üm ein gnädiges Urtheil gebetten / aber doch nicht unterlassen einander zu schänden und zu schmähen / wie die Verdammten / welche in der Höllen / deren Vorbildung die Gefängnissen /unter andern Strassen auch mit Erzehlung ihrer Unthaten (nach der Kirchenlehrer Meinungen) sollen geplaget werden.

10. Kurtz zu sagen / die rachgierige Eifer Mörder sind zu gleicher Straffe deß Todes verurtheilet worden / und ist sonderlich zu beobachten / daß GOtt das Verborgene durch Antholian unbedachtsame Erzehlung an das Liecht gebracht / und daß die Ubelthäter bey ihrem bösen Leben wol sicher / aber niemals versichert seyn können: massen sich solches etliche Jahre hernach begeben / als bereit vergessen worden / welcher gestalt Epipo und Gelaso Weiber verstorben /daß die Freundschafft nicht Ursache gehabt / sie deßwegen / als Mörder ihrer Haußfrauen / in Verdacht zu ziehen.

11. Wie man nun nach der Kost pfleget Zuckerwerk aufzusetzen / als wil ich diese traurige Geschichte mit einer frölichen und fast lächerlichen schliessen. Gal ein Kaufmann hatte sich mit seinem Weib auf das Meer gegeben / und wegen ihrer grosses Ungemach außstehen müssen / massen die Ungelegenheit eines so engen fichten Hauses dem Weibervolck fast unerträglich vorkommen / und deßwegen mit vielen klagen und verlangen nach dem Lande /sich vernehmen lassen.

12. Als nun ein grosses Ungewitter das Schiff in Gefahr setzte / und der Schiff Herr befohlen / es solte ein jeder auswerffen was ihm am beschwerlichsten /[556] und er auf dieser Raise entrahten könte / hat dieser Gal sein Weib angefasst / und in das Meer werffen wollen / weil er nichts beschwerlichers unter allem seinem Haab hatte. An diesem Vorhaben ist er so wol von ihr selbsten / als von seinen Raißgeferten gehindert worden. Nach deme sich nun das Wetter geändert / hat Gal nichts von seinen Waaren verlohren / da die andern ihren Auswurf nicht wenig bereuet haben.

Ach viel besser ist allein
als bey bösen Frauen seyn.
Weh dem der nicht wol beweibt!
Er wird sich gedülden müssen
mit viel klagen und verdrüssen /
bis derTod den Scheidbrief schreibt.
Dieser Kauf hat viel Gefahr:
Darum schau auf Jahr' und Haar.
157. übermässige Freud und Traurigkeit
(CLVII.)
übermässige Freud und Traurigkeit.

Man hat Spiegel welche alles kleiner scheinen machen / und wiederum andre / welche alles in dem Gesicht vergrössern / und eine Můcken gleichsam zu einem Elephanten machen. Dergleichen sehen wir bey geschwinder Veränderung deß Menschen Sinnes / wenn das Ferneglas gleichsam ümgewendet wird / scheinet in gleicher Zeit nahe was fern / und ferner was nahe ist. Alle Artze sind in diesem einstimmig / daß geschwinde Veränderungen grosses Unheil verursachen: als wann ein Außgehungerter sich mit Speisen überfüllet / und einer der erkaltet und erfroren ist / alsobald zu dem Feuer kommet / oder einer in Finsternis lang gefangener plötzlich an das Liecht gebracht wird. In den alten Geschichten lesen wir / daß ihrer etliche aus übermässiger Freude und andre aus übermässiger Traurigkeit gestorben / und wird auch mehrmals aus Benjamin / oder dem Kind der [557] Freuden / Benoni ein Kind der Schmertzen / wie wir aus nachgehender Erzehlung vernehmen werden.

2. Cyr ein reicher Edelmann / von altem Geschlechte bürtig / lebt in guten Frieden und gewůnschter Ruhe / nechst der Statt / wo der schnelle Fluß Rhosne sich in den Thal ergeusst. Er hatte viel Töchter welche er alle reichlich aussteurte / und in seinem Alter zeugte er einen Sohn / den er liebte / wie Jacob Benjamin /welches wir itzund gedacht / und unter solchen Namen vorstellen wollen.

3. Diesen gedachte er nun wol zu verheuraten /oder viel mehr zu versprechen / (weil die Trauung wegen seiner unvogtbaren Jahre / nicht vorgenommen werden konte) mit Juventina einer einigen Tochter und sehr reichen adelichen Jungfrauen / welcher Vater verstorben / und Barsama ihre Mutter diese künfftige Heurat über alle massen beliebte; weil sonderlich zwischen Cyr und der verstorbnen Juventina Vater eine hertzliche Freundschafft gewesen / welche auch auf die Kinder geerbet / und wurde bedingt daß Benjamin bey Barsema wohnen solte / weil sie ihre liebe Tochter nicht könte aus den Augen lassen.

4. Hierein willigte Cyr gar gerne: Es fůgte sich aber eine Hinternis / in dem Benjamin zarter und schwacher Leibes beschaffenheit / die verlobte auch das zwelffte Jahr noch nicht erreichet: doch liesse man diese künftige Ehegatten Kundschaft mit einander machen / und fande sich fast kindische doch brünstige Liebesneigung unter diesen beedē / daß sie verlangtē /was sie derzeit nicht erlangen möchten. Die Eltern sahē beederseits daß mit der früzeitigen Vermählung ihrer Kinder ihnen grosses Hertzenleid zu wachsen könte / und beschlossen zwar die Heurats Abred / alle andre besorgliche Werbungen zu hintertreiben / doch wolten sie die Trauung bis zu beeder mehrer Erstärkung ausgestellet seyn lassen.

5. Dieser Rahtschluß wurde von den Artzney verständigen an die Hand gegeben / welche wol sahen daß der Venus Stern die verlobte und verliebte in das Grab stürtzen möchte: massen Kinder tragen / [558] geberen und seugen keine Sache ist für Kinder und unbejahrte schwache Dirne / welche den Abgang ihrer Kräfften mit bösen Gelüsten ersetzen / und ihre Thorheit mit spater Reue beweinen. Benjamin war so schön als Adonis. Juventina so holdselig als Venus /und lebten diese beede in grosser Vertreuligkeit / daß sie auch ohn einander nicht frölich seyn konten / und Benjamin mehr in Barsema als in seines Vaters Behausung sich aufhalten muste.

6. Verständige Eltern machen ihren verlobten Kindern entweder bald Hochzeit oder lassen sie nicht beysammen / und einander die Noth klagen: weil solches entweder thun / was sie nicht thun sollen / oder sich entzweyen und das Ehegelübd wieder zu rücke nehmen wollen / welches sonderlich denen zu geschehen pfleget / welche sich zu bald zusammen betten. Dergleichen Unheil nun vorzukommen / sendete Cyr seinen Sohn in Welschland / die ritterlichen Ubungen / Höfligkeit und anständigen Sitten zu lernen / und sich zu den Bedienungen bey Fürsten und Herren fähig zu machen.

7. Mit was seufftzen und trauren er sich seiner Liebsten Armen entrissen müssen / ist von niemand /als von den Verliebten auszureden. Kurtz zu sagen mussten sich beede trösten mit dem gemeinen Reimzeilen:


Wiederkommen macht /
daß man scheiden nicht acht.

Das Versprechen beständiger Treue / der vielfältige Brief-wechsel / die Beschenkungen beederseits / und was nur dergleichen Traurigkeit mildern kan / wurde dieses Orts nicht unterlassen / und sonderlich förderlichste Wiederkunfft gegen vielfältiger Glückwünschung / auf bevorstehende Raise / beteurlich und mit vielen Thränen versprochen.

8. Also zoge Benjamin in Welschland / wie jener dorten in Egypten / nicht sonder Betrübnis seines alten Vaters / und belustigte sich in diesem Garten[559] Europä / und in dem Lusthauß der Musick und der Freudenspiele. Er setzte seine Raise fort / biß nach Naples / welches einer die Vorstatt deß Paradises wegen deß da gewöhnlichen Wollebens / und zugleich auch die Vorstatt der Höllen / wegen deß darbey liegenden brennenden Berges genennet. Zwischen dem Mond und der Sonnen war nun die Erden / ich wil sagen / Benjamin möchte die brůnstige Liebe der Juventina von ferne nicht wol bestralen / ob sie zwar ihr angedencken durch vielfältige Briefe erhellen liesse /welche alle viel zu wenig ein grosses Feuer lange zeit zuerhalten.

9. Nach deme nun Benjamin seine Raise wol verrichtet / wolte er nicht nach Hause kommen / er hätte sich dann auch in Kriegeswesen etwas versucht / und zu solchem Ende růstete er sich auf seines Königes Seiten als ein Freywilliger / Dienste zu nehmen / welcher dazumals Montferrat zu einem Schauplatz vieler Trauerspiel machte. Der Krieg daurte zwar nicht lang / jedoch wurde sehr viel Bluts vergossen und befande sich Benjamin in etlichen Gelegenheiten / seine Tapferkeit darzu thun / und sich als ein behertzter junger Edelmann zu erweisen.

10. Das Schwert frasse bald diesen / bald jenen /die Krankheit aber thäte noch viel mehr Schaden /weil wegen grosser Hitze die Fieber und der Durchfluß so viel hinweg raffte / daß Italien auch diesesmal zu der Frantzosen Kirchhof worden. Benjamin war ein zarter Jüngling / wie gesagt / und ob er zwar kein Geld sparte allerhand Bequemligkeit zu haben / hat er sich doch der eingerissnen Seuche nicht entziehen können / und ist also inner wenig Tagen als er bereit auf den heimweg begriffen gewesen / den Weg alles Fleisches gegangen.

11. Der Hofmeister kommt mit dem Kammerdiener wieder zu rucke / und bringet Cyr die traurige Zeitung: wie er sich darüber geberdet / ist besser mit der Decke deß Stillschweigens zu verhüllen / als mit einen ungeschickten Pinsel abzubilden. Dieses muste nun der Juventina wissend gemacht werden / und[560] schickte man den Kammerdiener dahin / die Sache erstlich der Mutter zu eröffnen / welche wol wissen würde ferners Rath zu schaffen. So bald nun diese verliebte Jungfrau ihres liebsten Diener ersihet / laufft sie mit grossen Freuden ihm entgegen / und begehret die Briefe / welche er an sie haben werde. Der Diener sagte / daß er folgenden Tages selbsten kommen werde / und hette ihn vorgeschicket seine zukunfft anzukundigen. Uber dieser Zeitung wird sie so übermässig erfreuet / daß sie gleichsam von Sinnen kommet /und ihrer Mutter und allen Haußgenossen die schierste Ankunfft ihres Benjamins vermeldet.

12. In dem sie nun ihren Schmuck zusammen suchet und deß andern Tages ihres Hochzeiters erwartet / kommt die unverständige Mutter / welcher der Diener den Trauerfall angemeldet / in die Kammer geloffen / und schreyet mit erbärmlicher Stimme / daß ihr lang erwarter Bräutigam / in einem hitzigen Fieber /den Geist aufgegeben. Hierüber fällt Juventina in eine Ohnmacht / wird zwar durch Labung wieder zu recht gebracht / das sie Zeit gewonne sich mit Gott zu versöhnen / wurde aber nach wenig Tagen zu Grabe getragen / und haben die Artzney Verständige diese traurige Begebenheit der übermässigen Freude / und darauf erfolgten geschwinden übermässigen Traurigkeit zugeschrieben. Hierůber hat ein Poet solches Hochzeitliches Grablied verabfasset.

Endreimen.
Beständig ist der Unbestand
in dieses Lebens Jammer Land.

1.
Wie ist die Trauezeit
nun Trauren / Angst und Leid?
[561]
Dein Kirchgang ist zum Grab
der Sarg das Hochzeit Kleid /
der Schmertz die Morgengab.
Beständig ist der Unbestand
in dieses Lebens Jammer Land.
2.
Das Weinen ist der Wein:
Die Gäste solten seyn
auf diesen Freuden Tag /
Die stellen sich nun ein /
bey dieser Trauer Klag.
Beständig etc.
3.
Die Laut' ist ohne Laut /
Das Hochzeit Lied der Braut /
ist Leid / der Glockenklang /
zeicht / wem man dich vertraut
mit solchem Grab gesang
Beständigkeit etc.
4.
Man öffnet schon das Thor /
der Bräutgam gehet vor /
die Trauung nun beschicht
man hört mit vollem Chor /
der Leiche Hochzeit Lied.
Beständig ist der Unbestand
in dieses Lebens Jammerland.
158. Der Sterbenden Eitelkeit
(CLVIII.)
Der Sterbenden Eitelkeit.

Wann eine Sonnen Finsternis an dem Himmel sich begiebet / setzet man einen oder mehr grosse Spiegel /selbige durch den Wiederschein eigentlich zu ersehen. Die Armen füllen ein Beck mit [562] Wasser / welches gleichfals solches durch die Gegenstralen erweiset. Hier wollen wir sehen eine verfinsterte Sonne scheinen in dem Spiegel der fallenden / und fast unsterblichen Eitelkeit / weil selbe sich über den Tod erstrecket / und ihre Siegesseulen gleichsam auf das Grab gepflantzet. »Unter den Eitelkeiten dieser Welt ist der Stoltz und Ehrgeitz die Hoffarbe und das Kleid / welches viel nicht ausziehē / sie legen sich dann auf das Siechbet / wie Seneca darvon redet.«

2. In dem Königreich Arragon hielte sich eine Hof Frau (Dama de Palatio) auf welcher Leben das gemeine Sprichwort erwiesen / daß in Hispanien viel Berge der Hofart / und Thäler der Armut zu finden. Ihr Nam war Donna (oder Domina Frau) Ignes, und war sie in der Hoheit der Hofhandel so ersoffen / daß sie alles was selben nicht gemäß wäre / fůr bäurisch und ihres gleichen gantz unanständig hielte. Sie wurde verheuratet an einen Grafen / dann die Titel der Edlen sind solches Landes fůr die Handwercker / welcher nicht weniger mit stoltzen Winden ausgefüllet /daß einer sagen dörffen / sein König habe so viel Königreich / als der König in Franckreich Unterthanen.

3. Seine Hofhaltung war zwar gleich einem Haußwesen eines nicht gar reichen Edelmanns / sein Stoltz aber Königlich. Dieser Herr gange mit seiner Frau Gemahlin nicht in die Kirchen / als an den Heiligen Tagen / begleitet mit allen oder vornemsten seiner Unterthanen. Sie satzen unter einem Zelt Himmel /verrichtend das Gebet auf einem Sammetenen Tepicht / und dergleichen Küssen. Für ihrem Zimmer waren Tapeten aufgehangt / das Vorzimmer war verwacht /und muste man ihnen das Getränk kredentzen / ein silbernes Teller unterhalten / und was dergleichen arme Afferey mehr gewesen.

4. Alles dieses aber kostete wenig / und hatte ein grosses Ansehen / der Landsart gemäß. Nach geraumer Zeit wolte der Tod diesem Herrn nichts besonders machen / sondern legte seine Hoheit in den Staub wie die Schrifft redet. Die hinterlassne [563] Wittib name die Trauerkleider / und war nun alles pechschwartz / daß auch bey Tag die Nacht in ihrer Kammer gewohnet (und ihrer Hofstatt Mohrenfarb worden / daß sie auch angefangen schwartzes Brod zu essen / und ihren Leinengezeug in schwartze Spinnenweben zu verwandlen.

5. Sie war mit ihrem Manne lebendig todt / und in ihrem leben begraben: ja er sahe gleichsam (schertzweis also zu reden) mehr Tag in dem Grab / als sie ausser dem Grab. Die gröste Traurigkeit war / daß ihr verstorbner Herr keinen Erben hinterlassen / und daß die Frau Wittib von den Lehen-Gůtern weichen musste / welches sie mit solcher Großmütigkeit gethan / als jener Hispanier der mit Ruten ausgestrichen worden / und seine Gravität in dem gehen beobachtet.

6. Unter diesen Aschen hegte die junge Wittib noch brünstige Liebesfuncken / welche an den ausgeleschten / und noch warmen Brand leichtlich wieder angefeuret worden / und vermählte sich also mit Alaric einem nicht reichen vom Adel / welcher auf einem Weyler dritthalb Bauren hatte: Ihre Freunde waren zwar mit dieser Heurat ůbel zu frieden / die Frau Gräfin aber musste wieder einen Mann haben. Seine Gesparsamkeit war sein grösstes Einkommen / und hatte er das Vermögen nicht / seiner Gemahlin Hofstatt zu unterhalten / wie er thun musste / jedoch nach dem verjüngten Maßstab.

7. In diesen ärmeren Stande redete die Frau Gräfin von dem Reichthum zu Hof / in was Gnaden sie bey dem König und der Königin gewesen / wie prächtig es daher gegangen / und wolte sie noch alle Zeitungen der alten und neuen Welt wissen. Die Dürfftigkeit hatte ihr noch nichts von ihrem Haußgepränge entzogen / als das Brod / welches etwas kleiner worden: das hinderte aber nicht / daß alle grosse Herren ihre Befreunde / Vättern und Schwäger seyn solten.

8. Im Ende musste sie auch den andern Mann zu Grabe tragen lassen. Ihr an vielen Orten durchleuchtiges [564] Hauß war den Schüldner verpfändet / und erhielte die Frau Gräfin von denselben die Gnade / daß sie ihre Tage darinnen beschliessen möchte. Ihr einiger Sohn lebte kurtze Zeit nach seinem Vater Alric / daß also die wenige Verlassenschafft der Wittib in den Händen verbliebe. Höret aber den Hochmut dieses armen Weibs? das Silbergeschirr war dahin / und hatte sich in Zihn verwandelt. Sie wolte lieber in dem finstern sitzen / als Lichter gebrauchen / welche nicht von Wax seyn solten. Ihre Speise mussten mit bedeckten Schüsseln aufgetragen werden / ob gleich nur Rettich / Rüben / Salat und Wegwarten darinnen. Ihre Dienerin musste ihr allezeit ein Teller unterhalten /wann sie trinken wolte / und musste sie nach und nach ihren Haußraht essen: ich wil sagen verkauffen und verzehren.

9. »Der weise Mann Sirach hat mit aller seiner Weißheit / der Armen Hoffart nicht ertragen können.« c. 25. 1. also ist fast lächerlich zu hören / wie es bey dieser Spanierin an Mangel nicht gemangelt. Ihr Zelthimmel / unter welchen sie Tafel hielte / war so abgeschaben / daß er die Zähne bleckte / keines Geldes wehrt / und nicht verkauflich war: Ihre Kammerdienerin waren so wol angethan / oder ja nicht viel besser /als die Indianerin. Ein Diener auff Schweitzerisch /aber sehr zerfetzt / bekleidet / muste eine grosse menge Schlüssel tragen / als ein Thorwärter ihrer Paläste.

10. Weil nun ihr schind-schwindsichtiges Vermögen von Tag zu Tage abzehrte / und sie ihre zerrissne Kleider nicht tragen mochte / noch neue zu schaffen Mittel hatte / zieht sie eine Nonnenkutten / wie die Franciscanerin zu tragen pflegen / an / auf welcher die Flecke und angebremte Lumpen silberne Borten sind. Ihr Tischgerätlein lässet sie irdnen machen / aus angenommener Heiligkeit und Nachfolge besagter Nonnen: doch musste man ihr zu Tische dienen / als zuvor / und war nun alles bey dieser Gräfin alt / ausgenommen die Hofart welche auch ohne Verlag sich täglich verjüngerte. Doch ist sie in dem zu loben / [565] daß sie die Armut mit gedültiger Großmütigkeit ertragen / und sich darein zu schicken wissen: da eine edle in Franken / als sie durch diesen Krieg verarmet / sich lästerlich vernehmen lassen / sie wolle lieber verdammet seyn / als Armut leiden / und hat sich auch selbst jämmerlich ersäufft.

11. Damit nun vorbesagter Gräfin Hoheit durch den Tod auch nicht zu Grund gerichtet wůrde / machte sie ein Testament und verschaffte alles / das sie nicht hatte / befahl auch daß man dreyhundert Waxliechter anzünden / alle Mönichs Orden solte mitgehen lassen / und sie wolte getragen werden von 8. Nonnen Herren Stands / etc. Liesse ihr ein hohes Grab mit Seul und Bilderwerk / von Holtz aufrichten / darzu ihre arme Unterthanen Steuer und Frondienste verschaffen musten. In der mitten wurde eine Taffel gelassen /darauff die Grabschrifft solte geschrieben werden /und zu solcher Verabfassung wurden die Licenciados (oder Gelehrten / welche oft diesen Namen führen /wann sie das Pater noster beten können) der Orten angesprochen.

12. Inzwischen sie sich nun wegen deß Begriefs entschliessen / wollen wir folgendes hieher setzen /veranlast durch einen der diese kurtze Reimzeile beygeschrieben:


Aqui yace â esta puerta,
una Muger, que no es muerta.
Dieses Grabmahl hat erworben
eine Frau die nicht gestorben.
Dieses Steinwerk so man schaut /
hat der Stoltz von Holtz gebaut /
welchem man von ihrem Leben
solt den todten Namen geben.
Alle dieser Armut Pracht /
machet daß ein jeder lacht!

Anmerckung.


Ob wol diese Erzehlung nicht traurig ist und keinen jämmerlichen Ausgang hat / ist doch zu glauben [566] daß diese aufgeblasne Heuchlerin kein gutes End werde genommen haben: massen alle andre Krankheiten und Laster heilsam / diese aber nicht / wie wir auch nicht finden / daß Christus einen stoltzen Heuchler / der sich selbsten zu betriegen gelüsten lassen / wieder zu recht gebracht habe.

159. Der ungerechte Loth
(CLIX.)
Der ungerechte Loth.

Von den Basilisken oder Haanendrachen (darvon zu lesen Vlysses Aldrovandus) schreiben die Naturkündiger / daß man ihn mit einen grossen Spiegel tödten könne / wann nemlich seine vergiffte Augenstralen durch des Spiegels Gegenschein ihn selbsten umb das Leben bringen. Menschliche Klugheit hat solche vergiffte Drachen art / daß sie andre und zu letzt / durch den Gegenschein der Warheit sich selbsten in Verderben bringet. Daher sagt der weise Mann: Klugheit ist nicht Weißheit / verstehend durch die Klugheit die listigen Ränke / welche zu bösen Vorsatz gebrauchet werden: durch die Weißheit aber gute und aufrichtige Mittel in ehrlichen Vorhaben.

2. Dieses hette wissen sollen Fing ein Edelmann in Churland / welcher von gutem Geschlecht / wol auferzogen / in freyen Kůnsten und ritterlichen Ubungen unterwiesen / und von natürlicher Fähigkeit und gutem Verstand / daß ihn Gott vor andern trefliche Gaben verliehen / welche er doch sehr übel angewendet / und sich dardurch in endliches Verderben gestürtzet. Die Lateiner sagen recht: Wer ist weiß /wann er für sich nicht weiß ist? Qui sibi non sapit: cui sapit?)

2. Nach dem nun dieser Edelmann zu männlichen Alter gelanget / hat er sich seinen Stand gemäß verheuratet / und eine Tochter erzeuget / welcher [567] Schönheit mit zuwachsenden Jahren / zu hoher Vollkommenheit gestiegen / und von jederman verwundert wurde. Ihre Mutter hat sie zu allen Tugenden angewiesen / und sonderlich in H. Schrifft und guten Büchern unterrichtet / daß sie wegen ihrer Schönheit gelobt / wegen ihrer guten Sitten und sehr annemlichen Gespräche geehret worden.

3. Da nun der früezeitige Tod diese verständige Zuchtmeisterin hingeraffet / als Innocentia (also wollen wir diese unschüldige Jungfrau benamen) kaum das vierzehende Jahr erreichet / verliebte sich der Vater seine leibliche Tochter. Eine unerhörte Sache /die allen Geistlichen weltlichen und natürlichen Rechten zuwider ist. Dafür nicht nur alle Christen / sondern alle verständige Leute einen Abscheu und Greuel haben solten. Wir wollen geschwind verbey gehen /als ob einem stinkenden Ort / doch etliche nohtwendige ümstände anmelden.

4. Innocentia wiederstrebte ihres unkeuschen Vaters verteuffelter Bulerliebe: Er aber beschwatzte sie /daß solches keine Sünde / und das Loth / der Prediger der Gerechtigkeit / gleichfals seine Töchter beschlaffen / und durch Gottes Segen grosse Völker von ihnen erzeuget. Sie werde nicht finden / das Loth oder seine Tochter / wegen solcher That bestraffet worden. Also konte der listige Kof seine böse Begierden verkappen / und mit der H. Schrifft / wieder besseres wissen / freventlich verlarven.

5. Innocentia wuste zwar darauf nicht zu antworten / daß nemlich solches von Loths Töchtern auß Liebe Kinder zu zeugen / nicht aus Fürwitz / und daß Loth solche Sünde fast unwissend in dem Schlaf und der Trunckenheit begangen / doch wolte sie nicht darzu verstehen / und in so grosses übel willigen. Der Alte hatte nun (wie leichtlich zu erachten) Gelegenheit seine Tochter unbekleidet anzutreffen / und genugsame Kräfften / eine schwache Weibsperson zu überwältigen: wie dann auch auf eine Zeit erfolget.

6. Innocentia war zwar sehr betrübt und geängstiget in ihrem Gewissen / wolte doch ihre Noth [568] niemand offenbaren / und nach und nach der Schamhafftigkeit entnommen / wurde ihr diese Sünde so gemein / daß sie solche wo nicht ein gutes / doch auch kein böses Werck heissen wolte. Ob nun wol der Vater getrachtet sie zu verheuraten / hat sich doch zu selbiger Zeit Freyer (sonder zweiffel aus Gottes Schickung) angeben wollen.

7. Nach deme sie nun dieses Sündengewerb in das dritte Jahr getrieben / befande sich Innocentia schwanger / und offenbahret solches ihr Anliegen ihrem bulenden Vater / welchen diese Zeitung nicht wenig erschreckte. Er bedenket sich auf viel weise sich aus der Schand und Bestraffung zu winden / wehlet aber eben solche / welche ihn seines Unrechts überführen konte. Er gehet vermessen hin / und meldet der Obrigkeit an / daß seine Tochter Innocentia geraume zeit Hurerey getrieben / und sich von allen väterlichen Warnungen und Züchtigungen nicht wolle abhalten lassen / sondern ihn bedrauet sich deßwegen an ihn zu rächen: Bitte bey so beschaffener Sachen sie einzuziehen / und zu erforschen / ob sie nicht geschwängert worden.

8. Innocentia wird alsobald gefänglich angenommen / und ihr ihres Vatern Anklage vorgehalten / welche sie mit der Warheit beantwortet und erzehlet /welcher massen sie zu dieser Unthat beredet / und daß ihr Vater zu ihrem Kinde Vater sey / und kein andrer. Hierůber kommet der alte Narr / wie der weise Mann solche Leute nennet / (Sirach. 25. 1.) auch in Verhafft / und werden diese beede unterschiedliche malen verhöret / und verbleiben beharrlich in gantz wideriger Aussage.

9. Was dieser Edelmann für hohe Gaben hatte /war bekant / und wolte ihm niemand dergleichen Sündenfrevel beymessen. Man hörte sie gegen einander persönlich Innocentia sagte beständig / daß sie von keinem Manne wisse / als von ihrem Vater / der sie zu der Unzucht genöhtiget / und mit vielen Ursachen darzu beschwätzet. Der Vater sagt / daß ihm seine Tochter diese Verleumdung sonders zweiffel aus ihres [569] Bulers eingeben aufdichte / weil sie von ihrem Schandleben / durch väterliche Bestraffung abhalten wollen: massen sie sich bedräulich vernehmen lassen /ihm einen solchen Possen zu reissen / den er ihr nicht zutrauen solte.

10. Betrachte doch sagte er / ihr meine verständige Richter / mein Alter / mein Leben von Jugend auf /meinen erbaren Wandel / meinen Ehrenstand / und gedenket daß mir ja obgelegen / diese meine Tochter unter der Ruten zu halten. Es hat aber ihre Boßheit meine Aufsicht ůberwunden / ihre Missethat ist meiner Bestraffung entwachsen / und ihr unerhörter Frevel hat meine rechtmässige Anklage / mit einer falschen Gegenklage erwiedert. Betrachtet dieses mein unartiges Kind / eine schwache Weibsperson / eine blöde Dirne / welche nicht errötet / ihrem leiblichen alten und ehrlichen Vater beyzumessen / was ihre schändliche Buler verübet / etc. Als sie ferners ihn untergefahren und reden wollen / hat er sie für rasend außgeschrien / und den Richter so bestürtzt gemachet daß er den Außspruch nicht finden können.

11. Kurtz zu sagen / ist Innocentia zum Schwerd verurtheilet worden / weil sie entweder wegen verübter Blutschande / oder wegen der unerhörten falschen Anklage ihres Vaters den Tod verdienet. In dem sie nun zu sterben bereit / wurde sie nochmals befragt: Ob ihr Vater / oder ein andrer zu ihrem todt auf die Welt gebrachten Kinde / Vater? wie sie zuvor und in den Kindesschmertzen sich vernehmen lassen. Nach dem sie nun mit ja geantwortet / und gesagt / daß sie darauf sterben / und wann deme nicht also / ihre Seele selbsten verdammen wolle / ist sie mit dem Schwert von dem Leben zu dem Tod hingerichtet worden.

12. Der Vater wurde an ein Fenster in dem Gefängnis geführet / und seiner Tochter Leiche vorbey getragen / mit Bericht / daß sie darauf gestorben / er habe die Blutschand angegebener massen mit ihr verübet. Als er solches angehört / ist er mit der Warheit heraus gebrochen / und hat also bald ům ein gnädiges [570] Urtheil gebetten / welches ihm auch wiederfahren / in dem er mit dem Schwert zu Mittau in Churland gleichsfals hingerichtet worden. Dieses ist geschehen in verwichenem 1641. Jahre / und scheinet die Straffe gegen einen so abscheulichen Verbrechen viel zu gering.

Weh dem Greul der blinden Heyden!
Sodom wird an jenem Tag
nicht so grosse Sünden Plag'
in der Höllen Flamme leiden.
Was zuvor ist unerhört /
hat die Laster-Welt gelehrt.
160. Die andre Lucretia
(CLX.)
Die andre Lucretia.

Die Spiegel sind der Schönheit Rahtgebere / und besprechen sich die Jungfrauen mit denselben / ob die Zierde ihres Haubtes zu recht stehe / ob die Haare gekraust / die Wangen beschminkt / die Augen hell / die Lippen Korallinen etc. Jene Alte sagte daß man die Kunst gute Spiegel zu machen verlohren / in dem sie in allen solchen Lügen Gläsern ihre Schönheit nicht mehr sehen könne. Hiervon redet der Poet:


Der Schönheit Tochter ist die Liebe /
die Mutter hauset ihre Diebe.
Viel besser ist seyn ungestalt /
als jung geschändet / werden alt.

2. Die Schönheit Batseba hat dorten David in einen grossen Sünden Fall gestürtzet / als er nemlich sie Baden sehen und sich in sie verliebet. Gleiches ist fast geschehen vor wenig Jahren zu Salfeld / als ein alter Doctor der Artzney von siebentzig Jahren / drey Schwestern in dem Bad ersehē / und sich in die Jüngste verliebet / welche auch unter ihnen die schönste und holdseligste gewesen.

[571] 3. Dieser Doctor war / wie gesagt / bejahrt / und in dem Ehestand hatte auch mit seinem Weibe etliche Kinder erzeuget / daß er also recht einer von den alten Ehebrecherischen Susannen Männern. Die Jungfrau /welche wir Lucretiam nennen / war von Jugend auf zu allem Guten erzogen / und hatte dieses Greisen unziemlichen Worten niemals Gehör geben wollen / daß sie also nicht weniger in Sinn genommen / als Unzucht zu treiben.

4. Es fügte sich aber / daß sie Artzney brauchen wollen / und dardurch hat der Alte Gelegenheit bekommen / ihr weis nicht was beyzubringē / daß sie ihm hold und seines Willens werden / ja ihm selbst nach lauffen / unn gleichsam bezaubert sündlich mit ihme zuhalten můssen. Daß solches geschehen könne / und zwar durch natürliche Ursachen / ist ausser allem Zweiffel: es folget aber meinsten theils eine Unsinnigkeit und endliche Verzweifflung / wie solches mit vielen andren Exemplen zu begläuben.

5. Nach dem nun Lucretia die wiederwillige. Unzucht verübet / und bey sich solches als ein stetiges Brandmahl ihres Gewissens und Schandmahl ihres Leibes betrachtete / hat sie sich zwar getröstet / daß sie eine unschüldige Ursach dieser That / in solchem Trost aber keine genugsame Erleuchterung ihres Gewissens finden können / sondern sich in das Gefängnis eingestellet / und ihre Missethat bekennet.

6. Der Doctor hatt einen Hall gehöret / daß Lucretia sich der Obrigkeit zur Bestraffung darstellen wolle / welches ihre Magd / so der Doctor erkauffet hatte /verkundschafftet / und sich so bald auf fluchtigen Fuß begeben / Hauß und Hof / Weib und Kind verlassen; wol wissend / daß dieser zugenötigte Ehebruch / eines schmehlichen Todes würdig / und daß / wann er sich betretten lasse / er in deß Henkers Hände fallen würde.

7. Inzwischen bekennet Lucretia ihr Verbrechen /und bittet / man sol ihr das Leben nehmen / weil sie solches / durch erzehlte Unzucht verwürket. Die Obrigkeit deß Orts lässet ihr zu Gemůte führen / [572] daß sie bereit durch die Gefängschafft bestraffet werde / und noch viel guter Stunden leben könne etc. Sie aber beharret darauf / daß sie sterben wolle / und wann solches nicht von dem Nachrichter beschehe / wolle sie ihr selbsten das Leben abkürtzen.

8. Die Geistlichen werden beruffen sie zu besuchen / und sie zu beredē / daß sie von solchen verzweiffelten Gedanken abstehen wolle / massen ihr Wille / durch den Leibszwang gezwungen / und sie solche begangene Sünde mit ernstlicher Busse bereuen / und dem Barmhertzigen Gott wieder abbitten könne etc. Lucretia aber spricht ihr beharrlich das Urtheil / sie habe den Tod verschuldet / begehre nicht mehr zu leben / und wann die Obrigkeit ihr Gnad er weisen wolle / gedenke sie solche nicht anzunehmen /und sich selbsten zu straffen.

9. Dieser Handel wurde nun zu reiffen bedenken gezogen / und fast schwer befunden. Das Zusprechen der Geistlichen wolte nicht verfangen / und wurde die Sache also betrachtet / daß eins theils ihr Selbstmord zubesorgen / anders theils die Obrigkeit die Gesetze nicht übertreten wolte. Etliche waren der Meynung daß sie den Tod / wann sie solchen näher unter Augen sehen werde / abscheulicher finden / und wieder zu leben begehren wůrde.

10. Endlich wird ihr das Leben abgesprochen / der Gerichtstag angesetzet / und bereitete sie sich zu dem Tod recht Christlich und wol / ja sie freute sich ihr Urtheil anzuhören und abzuscheiden. Sie wird dem Henker überantwortet / außgeführet und enthaubtet /nicht sonder grosses Mitleiden aller Zusehenden /welche ihre grosse Standhafftigkeit höchlich verwundert / und mit vielen Lob heraus gestrichen.

11. Ob die Obrigkeit nun recht geurtheilt / wollen wir nicht richten; es scheinet aber / daß nicht böses zuthun / böses zu vermeiden / und sind der traurigen unn melancolischen Leute viel / welche zu sterben verlangen tragen / können aber deßwegen dem Henker nicht überantwortet werden. Ihr Verbrechen ist mehr mitleidens als Straffe würdig / weil ihr Wille gezwungen / [573] wie eines Kaufmanns / der auf dem Meer in dem Ungewitter seine Waaren auswirfft.

12. Wie es dem Doctor ergangen / und wo er hingekommen / ist nicht gewiß erfahren worden / ausser /daß etliche sagen wollen / er sey von den Soldaten geplůndert tödtlich verwundet / und auf dem Weg bey Wittenberg todt gefunden worden. Sonders zweiffel ist er der Straffe Gottes nicht entgangen. Uber dieser Lucretia Grabstein hat ein Student folgende Verßlein gesetzet.

Was Lucretia gethan /
weicht nechst dieser That hindan
Die hierunter liegt begraben /
kan auch gleichen Namen haben /
weil sie nach verlohrner Ehr /
hat den blassen Tod gesucht /
den die Jugend sonst verflucht /
und nicht wolte leben mehr
Darvon alle Menschen leben /
machte sie dem Tod ergeben.
161. Die verachte Verachtung
(CLXI.)
Die verachte Verachtung.

Die Spiegel werden nicht nur gebrauchet darinnen zu beschauen / was schön und wolständig ist / sondern auch was mangelschafft und übelgestattet ist: Daher Socrates gesagt / daß alle Jünglinge in die Spiegel sehen sollen / die schönen / damit sie ihre Gestalt mit keinem Laster vernachtheilen: die heßlichen / damit sie ihr Angesicht mit vielen Tugenden beschönen mögen. Also weisen wir in diesen Geschichtspielen das Gute / demselben zu folgen / und das Böse / selbes zu vermeiden.

2. In Ronsards Vaterland Vandomois genannt / hat sich nachfolgendes Freuden-Trauerspiel begeben. Abach ein Edelmann von den ältsten Häusern deß Landes / welcher jährlich zehen tausend Franken [574] Einkommen hatte / suchte eine anständige Heurat seine Lebenszeit in vollem Vergnügen hinzubringen. Richtete also dieses Vorhabens seine Augen auf eine sehr schöne Jungfrau Sarbella genamt / welcher Vater Merulan / ein schlechter Edelmann in der Nachbarschafft / noch in dem Leben war.

3. Jederman verwunderte sich ob dieser Wahl /weil eine grosse Ungleichheit unter den künfftigen Ehegatten / und sahe man wol / daß die blinde oder geblendte Liebe Abach / welcher neulich seine vogtbare Jahre angetretten / zu dieser Jungfer geleitet und verleitet. Merulan hielte diese Anwerbung für eine solche hohe Ehre / daß das Begehren und Versprechen ein Gespräch war / und wuste Sarbella nicht /mit was unterthäniger Ehrerbietung sie ihrem künfftigen Hochzeiter begegnen solte. Also hangt der Himmel voller Geigen / die den Verehlichten hernach auf die Haubter fallen.

4. Abach war einem von den vornemsten Fürsten deß Königreichs verbunden / welcher damals eben sich dem König wiedersetzet / und eine Unruhe in Gujenne angefangen: daß er also seine Verheuratung anstehen lassen / und seinem Herrn beystehen müssen. Er nimmt die Post und begrüsset Sarbella nicht einmahl / als durch einen Brief / in welchem er die Beharrlichkeit seiner Liebe gerůhmet / und seine Abwesenheit bester massen entschüldiget. Sarbella antwortet und zwar zum offtermals daß Abach / welchem mit vielen Schreiben nicht bedient gewesen / und Kriegshändel in dem Kopf hatte / die Briefe sonder Antwort liegen lassen.

5. Inzwischen nun Abach abwesend / verliebte sich Daze ein reicher Kauffmanns Sohn / in Sarbellam /und ob wol sein Adelsbrief nicht älter als vierzehen Tage war / hatte er doch adeliche Gůter von einem seiner Vettern ererbet / daß er solcher Glücks-Gabe /die er gleichsam schlaffend empfangen / wachend gebrauchen / und ihme gute Tage schaffen wolte. Dieser Daze führte Sarbeliam / mit ihrem Vater / auf sein Schloß / und zeigte ihr den Reichthum der Welt / [575] und seine Schätze / bestehend in vielen Kleinodien / Silbergeschirr / statlichen Haußgeräte / und ein grosse Anzahl gewapneter (ich wil sagen Ducaten / oder Hertzogspfenninge) welche er in eine eiserne Thruen gefangen legte.

6. Dieser wuste wol daß Sarbella mit Abach versprochen war / doch unterhielte er seine Liebe mit verwirrter Hoffnung / und sprengte aus daß Abach verwundet / daß er gefangen / und endlich daß er tod were. Im Ende brachte er durch sein Goldpulver zu wegen / daß Merulan ihm seine Tochter versprache /und Abach einer Vergessenheit / Untreue und Undanks beschuldigte / weil er so lange zeit zu schreiben unterlassen. Zu diesem bediente sich Daze einer Verleumdung / sagend / daß Abachs grosses Gut mit fürstlichen Schulden verhafftet / und daß sein Reichthum in falschen Schein / wie hingegen sein Geld in freyer Würkligkeit bestůnde.

7. Was sich nun dieses Orts begeben / das wird Abach durch einen seiner Freunde berichtet. Solche Zeitung bande ihme Flügel an / daß er auf der Post nach Hause laufft / und fande was er nicht finden wolte / nemlich Daze in seiner Liebsten Gunsten vertiefet / daß er nicht mehr einkommen mögen. Seine Liebe war in Zorn verwandelt und konte er Sarbellam mit Fug der Unbestendigkeit beschüldigen / welche sie ihm für zu rucken sich nicht entblödet hatte.

8. Wie die Liebe durch Gegenliebe erworben wird: also verursacht Feindschafft Gegenfeindschafft. Die Schmach / welche Daze dem Abach vermeintlich angethan / konte nicht anderst als mit Blut abgewaschen werden / zu sehen ob dieser Reichard die Pistole so wol führte / als er mit Pistoleten ümzugehen wüste; Diesem nach lässet er ihn fůr die Klinge fordern / mit bedrauen / daß er ihn / wann er ihm nicht kommen wolte / das Wambs mit Prügeln wolte verbremen lassen.

9. Daze muste wieder seinen Willen ein Rittersmann geben / und erfahren daß die Feder vielleichter[576] zu führen / als der Degen / und weniger Gefahr darbey. Abach der von Jugend auff die Waffen gebrauchen lernen / war diesem Schrifftling weit überlegen und hat ihn mit dreyen Stössen durchrennet / daß er nicht nur sein Geld seine reiche Erbschafft / seine Hochzeiterin / sondern auch sein Leben verlieren müssen. Nach diesem nimmet Abach die Post wieder /und findet sich bey seinem Herrn ein / der ihm Schutz gehalten / und nach erfolgter Vereinigung / auch Landshuldigung / bey dem König zu wegen gebracht worden.

10. Nach verloffner Zeit kehrt er wieder nach Hause / verachtet aber Sarbella Verachtung und Heurat eine andre welche ihm anständiger / und besser an die Hand gienge. Sarbella sasse also zwischen zweyen Stühlen / wie wir zu reden pflegen / nieder / und hatte aus Geitz verabsaumt eine von den vornemsten Frauen in dem gantzen Lande zu werden. Weil sie auch mit Daze noch nicht getrauet / und alle seine Güter /wegen seines Verbrechens / dem Könige heimgefallen / muste sie mit leerer Hand abziehen / und die leere Hoffnung sinken lassen.

11. Unter denen welchen es sol wol ergehen / sagt David / daß diese zu seyn pflegen / die nicht trügen mit ihrem Munde / nicht falsch reden mit ihren Lipgen / die reines Hertzen sind: Hingegen müssen zu Schanden werden die losen Verächter / welche vermeinen Gott sehe nicht / was sie arges in ihrem Hertzen haben / und finden sich endlich in solchem Wahn gefähret und betrogen.

11. Hiervon machte einer ein solches Lehrgedicht. Die Wölfin sahe ein Pferd auf der Weid gespannet /daß es nicht entlauffen konte / von ferne aber ersahe sie einen Esel mit Gold beladen über einen Steg gehen; als sie nun von dem Pferd abgelassen und dem Esel nachgeeilet / ist er in das Wasser darüber er gehen wollen gefallen / und das Pferd inzwischen aufgelöset worden / daß also die Wölffin noch eines noch deß andern theilhafftig werden mögen.


[577]
Der zu viel begehrt /
wird sich selbst betrügen /
und mit seinem Lügen /
hat er sich gefährt.
Wer mit Lügen krieget /
in dem Siegen lieget.
162. Das schröckliche Ungewitter
(CLXII.)
Das schröckliche Ungewitter.

Wie der Regenbogen ein Spiegel ist Göttlicher Gnaden und Barmhertzigkeit; also ist das Donnerwetter /Hagel / Blitz und Schlossen / ein Spiegel seines Zorns / wie er dann drauet / daß er den Gottlosen ein Wetter wolle zu Lohn geben / und haben solches erfahren die Feinde des Volks Gottes / das Vieh auf dem Feld entsetzet sich für dem Wetter / und erstaunet darob. Sonderlich aber fürchten das Wetter die jenigen / welche ein böses Gewissen haben: massen man weiß daß Gott vielmals gottlose Buben dardurch gestraffet /und die Ehebrechere in ihren Sünden mit dem Donnerkeil zersplittert.

2. Hier wollen wir eine fast alte Geschicht wieder erneuren / und erzehlen das erschreckliche Wetter /welches sich vor Jahren zu Neapoli begeben. Ob dergleichen sonsten gehöret oder gelesen wird / ist mir unwissend / und werden wir die Blitze mit der Kolen mahlen / ich wil sagen nicht genugsame Wort finden können diese abscheuliche und grausame Begebenheit aus zumahlen.

3. Am Tag Catharina 1443. hat sich das Meer über das Ufer der gestalt erhoben / daß der untre Theil der Statt Neapoli mit Wasser überschwemmet und mit hohen Wellen bedecket war. Die auf dem hohen Berg S. Helmo oder Hermo wohnten erschracken folgende Nacht / als sie den Himmel gantz im Feuer sahen /und Donner auf Donner rollen / Blitz auf Blitz leuchten / und Schlag auf Schlag [578] so schnell einbrechen hörten / daß sie vermeint der Himmel würde in tansend Stücke zerbrechen / und die Erde zermalmen.

4. Die Mönchen in dem Kloster welches auf besagten Berg gebauet ist / trugen die Heilthum herum / flehenden und beteten auf den Knien und auf der Erden liegend / erwartend alle Augenblicke daß die Donnerkeule die Bedachung und sie darunter in die Erden schlagen würde. Die Nacht und pechschwartze Finsterniß erschreckte sie / das Wetter draute / der starke Wind erschitterte ihre Mauren / das brausen des Meers machte sie hermen / und das Geschrey der Ersauffenden stellte ihnen die Todes ja die Höllenfurcht für Augen / welche schmertzlicher als der annahende Tod selbsten.

5. Die hohen Wellen deß ergrimmten Meeres hat inzwischen die Häuser so nechst der Anfurt bestiegen / daß viel gesehen / wie der Tod zum Fenster hinein gedrungen / dem sie auf keine weise entfliehen mögen. Was Jammer / was Hertzenleid? die Mutter siehet ihr liebes Kind / der Vater den Sohn / der Mann das Weib für ihren Augen ersauffen / und zwar ohne Hülffe. Die Leichnam der ertrunckenen wurden häuffig an das Land geschwemmet / ja an den Mauren der zwey Castel (Castello nuovo & Castello ovo) gequetschet und zerschmettert / und war niemand der begrube: massen fast die gantze Statt zu einem Kirchhoff worden.

6. Die Galern lieden Schiffbruch in den Hafen / die Mast waren zerschmiessen / der Kiel zerbrochen / die Böden durchlöchert / und die Schiffleute so voll Furchts / daß sie dem Ende der Welt (wie sie vermeinet) unter Augen sehen müssen / gleichsam noch todt / noch lebendig / wie die Schatten auf Charons Nachen daher schwebten. Das Geschrey war mit dem krachen der scheitrenden Schiffe / mit dem Getůmmel deß Donners / mit dem Geprassel der ausprechenden Schlossen / mit dem einschlagen der feurigen Keule vermenget / daß jederman üm Hülffe ruffte / und jederman ohne Hülffe gelassen wurde.

[579] 7. Bey diesem allen ist es nicht verblieben / sondern es hat sich zu gleicher zeit ein Erdbeben erhoben / und die jenigen / welche sich unter die Erden in die Keller / und ober der Erden in verborgne Kammern verkrochen / samt ihren Palästen lebendig vergraben. Was Jammer / was Hertzenleid / die den grimmigen Wellen entflohen / wurden von der Erden verschlungen / von den Donnerkeulen zerschmettert und von ihren bösen Gewissen mit zeitlicher Höllenqual geängstiget. Ihr Hügel fallet nun ůber uns / und ihr Berge bedecket uns / haben sie mit Warheit aus der Offenbahrung Johannis sagen können.

8. Der jüngste Gerichtstag / in welchem Himmel und Erden zerschmeltzen werden / hat sich vieleicht in diesem Wetter abbilden wollen: massen ja den Leuten bang worden für Schrecken und Wartung der Dinge die noch kommen möchten. In dem nun jedermann die Hände gegen dem Himmel außrecket / und Gott üm Hülffe anschreyet / fallen die Palläste / Mauren und Thürme ein / die Erde bebet und kan niemand den Fuß versichert niedersetzen.

9. Die Nacht war in diesem Jammer vergangen /und hoffte man mit dem anbrechenden Tag und der aufgehenden Sonnen Trost und Erquickung. Aber das Wetter stärkte sich / und erschittert alle Gebäue / viel wurden auf der Gassen von dem Donner erschlagen /viel musten ersauffen / noch mehr aber lagen als todt ohnmächtig zur Erden: ja etliche Gottes vergesne und ruchlose Buben stürtzten sich aus Verzweifflung von den Höhen / und wolten ihre unsinnige Furcht mit dem Tod zu Ende bringen.

10. Alle Elementa hatten sich gleichsam verbunden diese Statt zu verderben / das Feuer vom Himmel / die Lufft mit trüben Wolken und Blitzen / die Erde in dem sie nicht mehr grundhältig / und das Wasser in seinen Dammen bleiben wolte. Hette dieses etliche Tage / wie bey 24. Stunden gedauret / solte die Statt wie Sodom und Gomorra untergangen / und die Leute wie Dadam und Abiram lebendig begraben worden seyn.

[580] 11. Gott aber hat sich erbarmet / und in dem sie vermeint es würde nun alles zerschmeltzen / und der letzte Tag der Welt herein brechen / ist plötzlich ein Windstille erfolget. Der Himmel hat sich geheutert /die Sonne hat geblicket / und die Gnade Gottes hat sich wiederum vermerken lassen. Die Furcht und der Schrecken aber ist vielen lange Zeit in den Hertzen geblieben / daß etliche die Welt und das Sünden Leben verlassen / und sich in die Mönnichs Kutten begeben / der Hoffnung / darinnen sicher ihre Tage zu endigen.

12. Vor etlichen Jahren hat der Berg Vesuvius anfangen sein Schwefel Feuer weit und breit herum auszuspreien / die Einwohner zu Putzolo und der Orten verjaget / die Flammen auch biß in die Statt Neapoli geführet und grossen Schaden gethan. Es ist auch dieses zu merken / das verwichnes 1647. Jahr das Caput Medusæ über dem Königreich Neapoli zu stehen kommen / und daß sie von der zeit an viel Empörungen / Aufruhren / Krieg und Blutvergiessung ausgestanden: allermassen scheinet / daß die grossen ůbermachten Sünden / welche offentlich aldar im Schwang gehen / solche Straffen verdienen / wie auch fast aller Orten in Welschland.


Wann wir der Egypter Sünde
frevlend häuffen alle Tage /
werden auch wir Höllen-blinde
häuffen der Egypter Plage.
Wie sol von den bösen Rotten /
sich der Höchste lassen spotten?
163. Der vermeinte Ehebrecher
(CLXIII.)
Der vermeinte Ehebrecher.

Von den Papageyen ist bekannt / daß sie grosses belieben an den Spiegeln haben: so gar / daß sie zu ihrer Gestalt in den Spiegel eilen / und ihres gleichen siehen lassen. Fast solcher Arte sind die Ehebrecherin:[581] ihren Ehegatten lassen sie / und lauffen nach einem nichtigen und flüchtigen Schein der eitelen Wolluste /welcher sich mit dem bald gebrechlichen Glaß wol vergleichen lässet. Ob wir nun von solchem Laster unterschiedene Erzehlungen beygebracht / wollen wir doch / weil solches die ümstände ändern / noch ferners davon melden.

2. In Ungern war ein adeliche Jungfrau / welche sich wieder ihrer Eltern Willen mit einem Namens Slonsky heimlich verlobet / jedoch mit ihme in Ungebühr nicht zugehalten / weil sie verlanget ihre Sachen ehrlich und ehlich auszuführen / und wol gewust / daß bey so sündlichen Anfang ein unglůcklicher Ausgang zu befürchten. Wolte Gott alle Verliebte bedächten das End so wol / so würden sie nicht so viel sündigen.

3. Ihre Eltern wolten diese Heurat nicht zulassen /aus Beysorge / daß ein so schlechter Gesell als Slonsky ihre Tochter nicht würde ernehren / und ihrem Stande gemäß unterhalten können / ob er wol ihr an Herkommen / nicht ungleich. Als sie nun auff eine zeit Ceciliam (also wurde diese Jungfrau geheissen) auf ihr Landgut geführet / und sie ernstlich befragt /ob sie sich mit Slonsky verlobt / hat sie / aus Furcht mit Nein geantwortet.

4. Weil man sie nun auf ihr Eid und Gewissen gefragt / hat sie geschworen sie habe ihm so viel verheissen als dem Bettler für dem Hauß / welches eben ihr Liebster in Bettlers Kleidern war. Auf dieses Wort ist sie nun wieder ihren Willen mit Magno einem alten Ungerischen Herren vermählet worden / welches Tod sie ehst verhoffet / und alsdann sich mit Slonsky zu verheuraten erwartet. In dieser Anwartschafft unterhielten sich diese beede mit Gespräche unn Briefwechsel / nicht wehnende / daß solches solte offenbar werden.

5. In den Geistlichen Rechten ist heilsamlich versehen / daß ein Weib den nicht freyen kan / mit welchem sie sündlich zu gehalten / oder welchen sie bey[582] Lebenszeiten ihres Mannes die Ehe versprochen. Dieses Orts aber hette vielleicht das erste Gelübd / welches sie gethan / bevor sie Magno vermählet worden /gelten können. Doch ist es / wie wir hören wollen /sehr übel ausgeschlagen.

6. Magno war mit der Eifersucht behafft / aus dieser einigen Ursache / weil sein junges Weib mit Slonsky in Geschrey / daß sie Heuratsleute mit einander gewesen / und vielleicht nach seinem Tod wieder werden möchten. Daß er in gestalt eines Betlers herum gehe / wurde ihm angesagt / und daß sein Weib mehrmals mit dem Bettler zu reden pflegte / das war ihm verdächtig: trachtete also der Sachen Grund zu erforschen / und stellte sich sehr krank / daß er nicht aus dem Bette weichen konte: seinem Diener befehlend /so offt ein Bettler komme solte man ihm solches ansagen / weil er ein Gelübd gethan / keinen sonder Almosen hinweg zulassen.

7. Es fügte sich nun zu allem Unglücke / daß Slonsky in seinen Bettlerskleidern sich auf Magno Schloß Abents einfindet / von Cecilia zu vernehmen / ob ihm der Alte nicht schier Platz machen würde / weil sie ihn berichtet daß er krank. In deme nun diese zwey mit einander Sprach halten / schleicht der vermeinte Kranke aus seinem Bette / höret alles was sie sagen /und kan daraus nicht anderst schliessen / als daß er von seinem Weibe verachtet wäre / welches ihr doch nicht zu Sinne gekommen. Ergrimmet also ůber sie und haut sie mit seinem Sebel zu Boden / ohne befragen / ob ihr recht oder Unrecht geschehen.

8. Den Slonsky aber / welcher auch die Gelegenheit bösen Verdachts hette meiden sollen / ließ er in die Fußeisen schlagen / und in ein tieffes Gefängnis werffen? entschlossen ihn darinnen mit Hunger und Durst üm das Leben zu bringen. Ob sich nun dieser entschüldigte / daß er nichts böses volbracht / so wurde doch sein schreyen nicht angehört / und das entschlossne Urtheil vollzogen. Damit er aber ja den Tod empfände und ihme seine Hungersnoth schmertzlicher [583] gemachet würde / hat Magno befohlen ihme täglich zu gewissen Stunden / von Fleisch und andern Speisen für die Nasen zuhalten / dessen er doch wie Tantalus nicht geniessen können.

9. Diese Aushungerung hat biß auf den sechsten Tag gedauret / daß er endlich abkommen von Kräfften / und ist den siebenden Tag todt gefunden worden /nach deme er zuvor das Fleisch an seinen Armen gefressen / und noch darvon zwischen den Zähnen gehabt. Magno aber ist über dieser Sache / als er aus den Briefen nicht abnehmen können / daß würckliche Unehr zwischen seinem Weib und Slonsky vorgegangen / in eine Schwermut gefallen / und hat in der Raserey sein Leben aufgegeben.

10. Man liesset auch von einem Edelmann in Thüringen / daß er seinen Ehebrecher biß auf den eilfften Tag von dem Geruch der Speisen unterhalten / biß er endlich nach und nach abgezehret und gar verhungert. Als solches der Obrigkeit kund worden / haben sie den Edelmann mit dem Schwert richten lassen / weil er in ihr Ambt gefallen / sich selbst gerecht / und gar zu tyrannisch mit ihm verfahren.

11. Die Naturkündiger fragen / wie lang der Mensch ohne Speise leben könne / und wie der Leib abzunehmen pflege. Das erste belangen ist ausser allem Zweiffel / daß ein starker und leibiger viel länger der Speise wird entrahten / als ein Dörrer und Magerer / weil er weiniger Feuchte in dem Leib hat. Ist also auf diese Frage nicht wol eine durchgehende Antwort zu finden. Wie aber der Leib abnehme / ist offenbar / daß erstlich der Magen zusammen schnorre /darnach alles Ingeweid und die innerlichen Nahrungsköche / als Lebern / Lungen / etc. nach und nach abzehre / und endlich das Hertz / welches am ersten lebt / und am letzten stirbt / allen Kräfften entnommen /breche.

12. Seneca sagt / daß die Natur hierinnen sehr weißlich gehandelt / in dem sie dem Menschen gar ein geringes zu seines Lebens Unterhalt verordnet / nemlich ein wenig Brod / und ein wenig Wasser. Die[584] Natur / sagt er / heischet wenig / der Wahn aber viel. Mehr sind aus übermässigen essen frühezeitig gestorben / als aus Mangelung Hungers und Durstes. Die Lehre aus obiger Erzehlung kan folgende seyn:


Wer wil fliehen Angst und Leid
meide nicht nur selbst die Sünde /
sondern die Gelegenheit
die aus klugen machet blinde.
Es ist / wie wir täglich schauen /
auch den Frömmsten nicht zu trauen.
164. Die Verschlinger
(CLXIV.)
Die Verschlinger.

Es sagt jener / daß das helle Wasser der beste Spiegel / als in welchem man nicht nur seine Fehler sehen /sondern auch selbe zugleich abwaschen könne. Hiermit werden gute Freunde verglichen / welche deß Nechsten Fehler bescheidentlich anmelden / und entweder darvon abmahnen / oder ihm mit Raht und That beystehen. Ein solches Spiegelwasser sol auch seyn das Exempel welches uns von Bösem ab / und zu Gutem anmahnet / nach dem gemeinen Sprichwort:


Der ist recht und wolgelehrt /
der sich an andrer Schaden kehrt.

2. Hier wollen wir erzehlen in was Gefahr und jämmerlichen Tod sich die jenigen gestürtzet / welche aus Kurtzweil / Fürwitz oder andern zu gefallen unnatürliche Sachen verschlungen; allen jungen Leuten zu wolgemeinter Erinnerung / daß sie doch in solchen Gesundheit trinken und andern nachahmen / bedachtsam in acht nehmen / und bedencken sollen / daß eine Viertelstund / ja ein Augenblik / sie in lang bereuchliche Schmertzen stürtzen könne.

3. Zu Dusseldorff war ein Kauffmanns Frau / welche ihr Kind wolte anlegen / und hatte zwo Stecknadeln [585] in dem Munde. Das andre Kind gehet nahe zu dem Feuer / als ob es wolte hinein fallen: darüber fängt sie an zu schreyen und dem Kinde zuzulauffen /daß sie die Stecknadel hinein schlucket / und grossen Schmertzen darob empfindet. Man gabe ihr Fleischbrůhe zu trincken / damit schwemte sie die Nadlen biß zu dem Mundloch deß Magens / und vermehrte ihre Schmertzen. Man hat ihr Bier mit zerschmoltzner Butter und geweichten Weitzenbrod eingegeben / dadurch hat sie nach zweyen Tagen die Stecknadel mit dem Wasser von ihr gelassen / ist aber bald hernach gestorben.

4. Zu Rouan in der Nordmandia hat ein Abenteurer gesagt / daß in dem Oxen Fůssen kein Bein wäre /und gewettet er wolle einen verschlingen: als er nun solches laisten wollen / ist ihme der Fuß in den Hals stecken verblieben / daß man solchen nicht heraus /noch hinab bringen können / und hat also neun Tage ohne Rede in überaus grossen Schmertzen zugebracht. Den zehenden Tag ist er gestorben / hatte das Angesicht abscheulich aufgeschwollen / und ist also zu einem Scheusal worden aller die ihn gesehen / und den Finger Gottes über ihn erkannt.

5. Ein Schuster ist alhier zu Nürnberg an einem Hünnerbein / welches ihm in dem Hals stecken ge blieben / jämmerlich ersticket / in dem ihm der Hals verschwollen und man das Bein noch hinter sich /noch vor sich bringen können: daß also sein gesunder Leib nach und nach abzehren / und schmertzlichst verhungern müssen.

6. Ein Rittmeister Namens Spatz / hat auf seines Obersten Gesundheit etliche Stücklein von einem zerbrochnen Glas hineingeschluckt. Von derselben Zeit an aber kein gesunde Stund gehabt / und hat also mit grosser Reue seinen Geist aufgegeben.

7. Zu Noeumegen hat einer zu Osterlicher Zeit ein rotes Ey gantz wollen hineinschlucken / es ist aber das Ey zu groß / und sein Hals zu klein gewesen / daß er also bald daran ersticket. Wierus l. 4. de Præstig. cap. 2.

[586] 8. Bernard de Noris ein Mantuanischer Edelmann /seines Alters 77. Jahr / hat auf eine Zeit ein stück Fleisch / das hart und äderig gewesen / eingeschlucket / welches ihm aber in dem Hals stecken blieben / und aldar mit grosser Hinterung deß Odens verfaulet / daß er in sieben Tagen noch Speis noch Getrank zu sich nehmen können. Als nun das Fleisch ab- und in den Magen kommen / hat er zwar eine Leichterung verspüret / weil sich aber der Hals entzündet / und er gantz verhungert / hat er den vierzehenden Tag hernach das Leben einbüssen müssen.

9. Zu Harlem hat ein Fischer drey Fische / welche wir Großhaubt (goujons) nennen lebendig verschlingen wollen / ist aber an dem dritten ersticket.

10. Von den Weibspersonen findet man / daß sie vielmals Nadel und Steckhäfftlein verschlungen / welche theils wieder genesen / theils daran gestorben. Eine Hofjungfrau zu Sultzbach sahe sich in dem Spiegel / und hatte etliche Küffen zwischen den Zähnen: Ein Edelmann wil sich mit ihr vexiren / und stösset sie mit den Fingern in die Seiten / darüber thut sie den Mund auf /und schlucket die Kuffen hinein. Nach etlichen Tagen sind sie unter sich wiederum von ihr gekommen.

11. Zu Chartres hat ein Weib eine Nadel eingeschluckt / und ob man ihr zwar vielerley Mittel gebraucht / hat doch keines anschlagen wollen / sondern hat nach Verlauff etlicher Monaten / mit Schmertzen ihren Geist aufgegeben.

12. Zu Prag ist ein Fresser / der eine Elendshaut /einen Hund / ja ein Pferd lebendig gefressen / und hab ich solches von glaubwürdigen Personen gehört die es also erzehlet. Das Pferd war ein Folle von anderthalb Jahren / darauf setzte er sich ruckwarts / beisset erstlich den Schweif herab und wirfft ihn hinweg: darnach fänget er bey dem Hintern an / und frisset das gantze Pferd mit Haut und Haar / mit allem Ingeweid / ja das Hirn gar aus dem Haubt / die Gebeine aber wirfft er hinweg. Solches thut er gegē Bezahlung 10. oder 12. Ducaten / so oft man wil. [587] In dem er solches oder dergleichen aufgezehret / trinkt er oft darzwischen allerley Getrank. Dieser hat sich auch vermessen einen lebendigen Menschen samt seiner Kleidung zu essen /wann er das Eisen / als Sporn und Degen würde von sich legen. Vermutlich geschiehet solches nicht sonder Verblendung.


Wer vermessen Gott versucht /
und an stat der Nahrungsfrucht /
isset von unreinen Dingen /
wird ob sich die Straffe bringen:
Wie dort Adam ward verflucht /
samt der gantzen Menschen Zucht /
daß er sich nicht können zwingen /
und verbottne Frucht gesucht.
165. Die unverhoffte Rache
(CLXV.)
Die unverhoffte Rache.

Der Mensch kan füglich mit einem Spiegel verglichen werden / dessen Seele dem Glaß / der Leib aber dem Bley- oder Silbergrund gleichet. Ist nun ein Fehl oder Steinlein in dem Glaß / so wird solches auch in dem Gegenbild / und dem Angesicht der bespiegelten Person wiederscheinen: wie eine boßhaffte Seele / ihre Laster in dem Nechsten / Freund und Gesellschafft erweiset. Hiervon wollen wir eine sehr jämmerliche Erzehlung anhören.

2. In der weltgrossen Statt Paris haben sich vor wenig Jahren zween Engeländer aufgehalten / und eine Behausung gemiedet / bey dem Thor S. Marceau. Wie nun die Freundschafft unter ungleichen Personen selten beständig ist / und solche Ungleichheit sich nicht nur auf die Sitten / Verstand und Wissenschafft erstrecket / sondern auch die Glůcksgüter belangent: also hat zwischen diesen Landsleuten deren der eine reich und stoltz / der andre aber arm und [588] heimdückisch / keine vertreuliche Tugendfreundschafft sich binden und finden können.

3. Carlell der reiche hat nicht nur viel Gelds / sondern auch eine güldene Ketten / Ringe und kostbare Kleidern / welche dem andern einen Lust machten sich auf unzulässige weise zu bereichern / und sich durch deß andern meuchellistigen Tod / zu seinem Erben einzusetzen. In diesem bösen Vorhaben sterckte ihn seine Armut / weil er wol wuste / daß seine Eltern ihm so viel Gelds / als er verzehrte / nicht konten zuordnen. Also hangt ein Laster an den andern.

4. Nach langem Bedacht fůhrte dieser Arlid (so nennte sich dieser Engelländer) Carlell spatziren / in das lustige Gefild Vincennes genannt / und ersihet in einem Weinberg daherüm seinen Vortheil / daß er ihn ruckwarts anfällt / zu Boden wirfft / etliche Stieche giebt / und den Schlund verletzet: darüber der Verwundte in eine Ohnmacht fället / und also wie jener in dem Evangelio / halb todt liegend verbleibet. Dieses beschahe in einer Einöde / dahin niemand als die Weinhacker pflegten zu kommen / und vermeinte Arlid / daß er nun sicher / und von niemand würde können verrahten werden.

5. Nach dieser That eilt er in die Statt / setzet sich zu einem Erben Carells ein / bezahlet seinen Wirth /und ziehet in die Vorstatt S. Germain. Der getrewe GOtt aber wolte diese grosse Untreue nicht ungestrafft hingehen lassen / und diesen Meuchelmörder /auf unbedachte weise / zu verdienter Straffe ziehen. Also hat jener recht gesagt / daß alle Sünde aus dem blinden Unglauben herrühren / in dem nemlich solche Frevel nicht glauben / daß Gott gerecht / und das Böse bestrafft / das Gute hingegen belohne.

6. Der Durchstochene findet einen mitleidigen Samariter von dem Bauersvolk daherüm / der ihm seine Wunden verbande so gut er mochte / und in die Statt gebracht / da ihn dann der berühmte Wundartzt Ambrosius Pareus (welches er in seinem 9. Buch 31. cap. dieser Geschichte gedenket) durch Gottes Gnade das Leben noch etliche Tage gefristet / daß [589] er wieder reden / und wie er verrähterischer weise von seinem Landsmann also zugerichtet worden / erzehlen können.

7. Arlid der Thäter wird auskundschafftet / gefangen / und mit dem Raub Carlells / so wol als mit seinem bösen Gewissen ůberzeuget / daß er den Mord bekennet / und lebendig gerädert worden. Der Verwundte aber ist / bald nach dem eröffneten Verlauff /todes verblichen / daß seine Hinterlassenschafft den Schergen in Handen geblieben.

8. Folgende Geschichte ist älter / schicken sich aber wegen gleichsfals unerwarter Rache zu gegenwärtiger. Zu Zeiten König Karl deß IX. dieses Namens / ist Frankreich fast in seinem eignen Blut ersoffen / und aus besorglicher Empörung befohlen worden / daß man alle die auf der Gassen mit einander reden zerstören / in Verhafft bringen / oder gar erwürgen solte / »massen die Tyranney auch die Unschuld in bösen Verdacht zu halten pfleget.«

9. Dieses ward auch zu Bourges eingefůhret / und unter andern Garget / einem Haubtmann von der Wacht anbefohlen / welcher ein böser Bube war / und unter solchem falschen Schein nicht wenig unschuldiges Blut vergossen hatte. In dem er seiner Obern Befehl Folge gelaistet / hat er gantz aus den Augen gesetzet / daß man Gott mehr gehorsamen sol / als den Menschen.

10. Nach dem er nun besagter massen geraset / hat ihn GOtt mit einem hitzigen Fieber angegriffen / daß er gantz unsinnig durch die Statt gelauffen / und gefragt / ob jemand mit ihm in die Hölle wolle / er könne einen Zerungsfrey halten / und das Fuhrlohn bezahlen. Ist also unsinnig und verzweifflend dahin gestorben.

11. Ein Weber zu Basel fůhrte ein böses Leben /lage Tag und Nacht in Füllerey / daß ihme Zeit zerrane sich anzufüllen / und wieder aus zunüchtern. Weil er aber mit Händ und Füssen so viel nicht gewinnen mochte / als er Verlag zu seinem Fressen und Sauffen von nöhten hatte / begabe er sich auf die [590] Rauberey /und thate zwischen Solothurn und Zürch grossen Schaden. Eins fügte er sich zu seinem Vettern Andreas Ager nach Basel / welcher sein Gerhaber gewesen /und ein redlicher Mann war / seines Handwerks ein Buchbinder. Diesen erschlägt er als er noch frühe in dem Bette lage / mit dem Hammer / welchen er zu dem Bůcher schlagen gebrauchet / wie auch die Magd / plündert das Hauß und stecket es in Brand.

12. Die Nachtbaren kommen das Feuer zu leschen /und finden die Ermordten noch unverbrant. Einer hat diesen Thäter heraus gehen sehen / ihm nachgeeilet /und weil er in der Flucht ein Bein gebrochen / leichtlich ergriffen / wieder in die Statt gebracht / und der Obrigkeit zu verdienter Straffe gestellet / welche ihn lebendig rädern und verbrennen lassen; massen solcher vorsetzlicher Meuchelmord wol verdienet hat.


Unrecht bleibt nicht ungestrafft:
stehet es an lange Zeit /
ist doch Gottes Rut nicht weit /
Die gerechte Rache schafft:
dann nichts ist so klein gesponnen /
das nicht kommet an die Sonnen.
166. Das verletzte Gewissen
(CLXVI.)
Das verletzte Gewissen.

Jener Tyrann hat in seinem Zimmer üm und üm Spiegel hangen lassen / zu sehen / ob ihn nicht jemand rückwarts angreiffen und erwürgen wolte: massen die Tyranney in beharlichen Furchten schwebet / und niemals gesichert seyn kan. »Das Gewissen ist ein solcher Spiegel der uns zu aller Zeit / und in allen Orten unsre Mißhandlung und derselben Bestraffung vorbildet / daß solche Leute in steter Befahrung / in ängsten und Jammer leben / [591] biß endlich die Straffe herbey kommet / und durch einen schmertzlichen Tod die beharrliche Furcht endiget. Von so verletzten Gewissen wollen wir hier etliche seltne Geschichte anmelden.«

2. Zu Itzeho in Holstein wurde einer auf der Strassen ermordet / und weil man den Thäter nicht mochte handfest machen / hat man den Leichnam begraben /und eine Hand darvon / als das Freischzeichen / in der Gefängnis an einen Schnur aufgehengt. Nach zehen Jahren / ist der Mörder besagten Wandermanns die Gefengnis zu besehen / in eben diesen Ort / wo die Hand gehangen / gekommen / und hat solche / ob sie wol gantz verdorrt und eingeschrunden gewesen / zu bluten angefangen.

3. Der Kerkermeister / als er solches sahe / hat den unbekanten Mörder angehalten / und den Verlauff der Obrigkeit angemeldet / welche H. Rantzau ersucht /diesem Mann hierüber beweglichst zu zusprechen /und ihn seines Gewissens zu erinnern. Der Mörder laugnete zwar anfangs / muste aber doch Gott die Ehre geben / und ohne fernere Zeugschaft bekennen /daß er einen vorzehen Jahren erschossen / welches Hand / allen Umständen nach / in dem Gefängnis aufgehangen war. Deßwegen wurde er auch mit dem Rad / als ein Mörder und Strassenrauber getödtet. Diese Geschicht hat H. Heinrich von Ranzon / Königlicher Dennemerkischer Statthalter an D. Chytræum geschrieben.

4. Zu Hamburg hatte ein Schuster Gesell einen andern erwürget / und sich mit der Flucht gerettet. Sieben Jahr hernach treibt ihn sein böses Gewisses / daß er nicht ruhen mögen / biß er sich zu Hamburg in die Gefängnis gestellet / den Todtschlag bekennet / und üm ein gnädiges Urtheil gebetten. So bald er solches angehöret / hat er sich zu Ruhe begeben / und bekennet / daß keine grösser Marter / als ein böses Gewissen / oder wie es David nennet / eine unruhige Seele haben. Hat sich auch Christlich zu dem Tod bereit /und ist ausser allem zweiffel seelig gestorben.

5. Vor etlichen Jahren hat ein Spitz Bub ein [592] Weib /daß ům Mitternacht vor dem Weinachts-Fest / in die Messe gehen wollen / mit einem Hammer erschlagen /und ihr ihre Ringe und Geschmeide genommen. Diesen Hammer hatte er einem armen Schmid gestolen /welcher deßwegen in Verdacht gekommen / er habe diesen Todschlag begangen / weil solches unferne von seinem Hause geschehen / und der Hammer für den seinen bey dem Zeichen erkennet worden. Der Schmied wird auf die peinliche Frage geworffen / und ob er wol selbe mit grossen Schmertzen ausgestanden / und unschüldig gefunden worden / ist er doch darüber in grosse Armut geraten / üm seinen gesunden Leib kommen / und also elend dahin gestorben.

6. Dieses ist 20. gantzer Jahre verschwiegen geblieben / und gleichsam mit der entleibten begraben worden. Es fügte sich aber / daß einer von den Schergen in dem Dorf S. Leu / nechst bey Momoreney erzehlte / wie er sein Weib krank hinterlassen müssen /und seinem Dienste nachziehen: daß sie niemand bey ihr als einen Knaben / und setzte darzu die Beschaffenheit seines Hauses und Zustands. Dieses hörte ein alter Mann / Namens Moustier / und seiner Tochtermann: machen sich selbe Nacht auf den Weg / und tragen etliche Baumfrůchte zuverkauffen und eine Gantz mit ihnen.

7. Als nun diese beede zu deß Schergen Hauß morgens frůhe gelangen / und das Weib durch das Fenster fragt / was ihr begehren were? haben sie geantwortet /daß ihr ihr Mann eine Ganß und etliche Früchte zusende / hetten auch Befehl mit ihr zu reden. Der Knab macht also bald auf / den ermorden sie / bevor sie die Stiegen hinaufgehen. Das Weib höret auf dem Gang das Geschrey / und eilet sich in ihre Kammer zuverschliessen / und den Nachbaren zu Hülffe zu ruffen. Diese Gesellen wollen auch wieder davon und in dem sie die Haußthüre / welche inwendig das Schloß hatte / aufsperren wollen / zerbricht der Schlüssel / daß sie also gefangen waren.

[593] 8. Diese nun zeitige Rauber / konte / nach dem Sprichwort / ein hinkender Scherge erlauffen / dann sie sich verkrochen / und zwar der alte in dem Keller /der jüngere aber in einen Schlot. Inzwischen lauffen die Nachbaren zu und suchen die Mörder in grosser Anzahl / finden sie auch endlich / und weil sie gleichsam auf handhaffter That ergriffen worden / machte man ihnen das Urtheil / daß sie lebendig solten gerädert werden. Als nun diese auf den Richtplatz stehen /bittet der alte Moustier / man solte deß Schmids Weib kommen lassen / als sie erschienen / hat er bekennt /daß er mit keinem bösen Gewissen sterben wolle /und daß er den Mord begangen / welches wegen ihr Mann hingerichtet: erzehlet darauff alle Umstände /wie es damit hergegangen. Nach deme nun solche Bekäntnis zu Papier gebracht / ist er mit seinem Tochtermann durch das Rad hingerichtet worden. Weil nun dem Schergen dreyhundert / der Schmidin aber 400 Franken für ihre Schäden und Ungemach zugesprochen worden / und der Mörder Güter so viel nicht wehrt waren / ist eine neue Rechtsache erwachsen /welche Schuld der andern vorgezogen werden solte.Pasquier aux recherches.

9. Johann Georg Godelmann von Rostock erzehlet in seinem Buch von den Hexen folgende Geschichte /welche sich in Saxen sol begeben haben. Ein Jůngling hatte sich in eine Jungfer verliebt / und weil er befürchtete / daß sie gegen ihm in berůhmter Gegenliebe nicht beständig verblieben / hat er solches Mißtrauen ihrem Versprechen entgegen gesetzet / darauf sie beteuerlich sich vernehmen lassen: sie wünsche / daß sie am ersten Tage ihrer Hochzeit mit einem andern der Teuffel holen solte.

10. Nachgehends vergisset sie dieses Schwurs /und verlobet sich mit einem andern / ungeachtet sie deßwegen von ihrem ersten Buler etlichmals erinnert worden. Als nun der Hochzeit Tag herbey gekommen / und die Hochzeit Gäste alle frölich zu Tische sassen / wachet der Braut das Gewissen auf / daß [594] sie sich sehr traurig erwiesen. In dem kamen zween Fremde in das Hochzeit Hauß geritten / welche man freundlich empfangen / und zu dem Dantz / der damals angefangen gefůhret / dem ältsten auch die Braut / einen Reyen mit ihr zu thun / nach üblichem Landsgebrauch / höflich anbefohlen.

11. Dieser Gast / oder vielmehr dieser Geist führet erstlich die Braut in dem Saal auf und nieder / darnach umfasset er sie / wischet zu der Thür hinaus /und führet sie in den Lůfften hinweg: Seine Diener und Pferde verschwanden / daß niemand wissen mögen / wo sie hingekommen. Die Befreundte schickten aus auf alle Strassen den Leichnam zum wenigsten zu finden und zu begraben: aber vergeblich.

12. Folgenden Tages kamen zween von den fremden Gästen wieder / und brachten die Hochzeit Kleider der Braut / sagende / daß Gott ihnen Macht gegeben über dieser Hochzeiterin Leib und Seele / weil sie sich selbst freywillig ihnen ergeben / aber nicht über ihre Kleider. Nach so gethanen Bericht sind sie verschwunden / nicht ohn entsetzen aller / die solches gesehen / und als eine wahre Geschichte haben angehöret.


Wer den Teuffel pflegt zu mahlen
(wie man saget) an die Wand /
dem wird er die Můhe zahlen
mit der Hellen Schwefelbrand.
Der Soldat / so sein begehrt /
wird gewehret und gefährt.
167. Die Besessenen
(CLXVII.)
Die Besessenen.

Jener Storger hat vorgegeben / er wolle gegen Geld ein Pferd in einem Spiegel weisen / welches schweiff stehe / wo andrer Pferde Haubt zu seyn pflege. Das neurung gierige Volk ist zugeloffen / diese Abenteur zuschauen / zu welcher er nur einen auf einmahl [595] zugelassen. Es war aber das Pferd in dem Stall mit dem Rücken gegen dem Roßbaaren gewendet / und also gegen einem Spiegel gestellet / daß ein jeder der Sache lachen / und andre auch zu betrügen stillgeschwiegen / theils darüber sich erzörnet / doch hat der arme Teuffel das Geld darvon gebracht.

2. Ein solcher Betrůger ist auch der Satan / in dem er uns ein Meisterstück seiner List an den besessenen und verkehrtē Menschen / als an einem Spiegel zeiget / darůber viel unverständige lachen / andre aber über diesen Abenteurer billich zörnen / und sich darvon künfftig hüten lernen. Wie wir dessen etliche Beyspiel anführen wollen.

3. In der Marck Brandenburg hat sich zu unsrer Väter Zeiten eine junge Dirne befunde / welche die Haare von den Kleidern der ümstehenden und vorbeygehenden ausgerissen / selbe in ihren Händen in Geld verwandelt und mit grossem knirschen mit den Zähnen zerbissen. Etliche haben ihr das Geld aus den Händen genommen / und solches zum Gedächtnis behalten. Zu Zeiten ist sie von dem Geist der sie besessen / sehr geplaget worden / nach etlichen Jahren aber / durch beharrliche Fürbitte der Gemeinen wieder genesen und völlig zu recht gekommen. P. Melanchthon in seinen Sendschreiben. Peucer, de divinatione c. 9.p. Bostaiau aux histoires Prodigieuses c. 26.

4. Manier Klath ein Edelmann zu Boutenbrouck /in dem Hertzogthum Juilliers / hatte einen Diener Namens Wilhelm / welcher 14. gantzer Jahre von den bösen Feind ist besessen gewesen. Als ihm nun auff eine Zeit der Hals sehr auffgeschwollen / und das Angesicht erblast / daß man befürchtet er werde also dahin sterben / hat Judith / deß Edelmanns Tugendsames Weib ihre Haußgenossen zusammen erfordert /und GOtt gebeten / daß er sich über diesen besessnen Menschen gnädig erbarmen wolle. Bald hernach hat dieser Wilhelm sich gebrochen und ausgespeyet /Steine / Kneulefaden / Haare / Nadel / [596] Pfauen-Federn und einen Latz von Bauren Hosen.

5. Als er nun gefraget worden / wie er zu solchen Sachen kommet / hat er geantwortet / daß ihme ein altes Weib zu Campuse in das Angesicht geblasen /und von der zeit an habe er sich so übel befunden. Nach deme er nun wieder zu recht kommen / hat er sich selbsten angeklaget / daß solches sein Vorgeben falsch / und ihme von dem Satan eingespeyet worden. Er sagte auch / daß solche Sachen nicht in seinem Leibe gewesen / wie die Zusehenden verblendet worden / sondern daß ihm solche der böse Geist zu den Mund gehalten. Dieser wurde blind / und hat man ihm die Augen nicht können eröffnen. Gertraud deß besagten Edelmanns ältste Tochter / ihres Alters im eylfften Jahre / ermahnte ihn zum Gebet / Wilhelm aber sagte zu ihr / daß sie GOtt für ihn bitten solte / welches sie gethan / und ist er alsobald wieder sehend worden.

6. Der Satan hat diesen armen Menschen ermahnet / er solte doch seiner Frauen und allen die von Gott reden / kein Gehör geben / weil Gott einmahl an dem Creutze gestorben. Er wolte auf eine Zeit mit einer Magd unzüchtiger weise schertzen / und sie nennte ihn schreyend bey seinem Tauffnamen / darauf er geantwortet / er heisse nicht Wilhelm / sondern Beelzebub. Darauf die Frau gesagt: so fürchten wir dich schwachen Mucken König keines wegs / dann der /auff welchen wir unser Vertrauen stellen / ist stärker /als du. Der Edelmann hat ihn aus Christlichem Eifer gebotten in dem Nahmen Jesu Christi auszufahren /und das Evangelium Luc. 11. gelesen / darauf der Satan von dem Diener gewichen / und nach deme er /als todt / geschlaffen / ist er wieder zu sich kommen /hat geessen und getruncken. Gott und seiner Herr schafft gedancket für die grosse Wolthat / und sich hernach in dem Ehestand begeben / Kinder gezeuget /und sein Leben Christlich beschlossen. l. Wierus l. 4. de præstig.

7. Antoni Sucquet ein Spanischer Ritter / [597] welcher durch gantz Flandern in grossem Ansehen / hatte neben dreyen ehlichen Kindern einen Bastard / der sich zu Brügg in Flandern verheuratet / an eine Jungfer / welche von dem bösen Geist jämmerlich geplaget worden. Sie konte noch Tag noch Nachte ruhen / und wurde bald hier bald dar in Ohnmacht gefunden / und sagte man daß solches herkommen von einer Dirne /welche mit ihrem Manne zugehalten / und ihn zu heuraten verhofft.

8. Bey solchem erbärmlichen Zustand wird sie schwanger / und als die Zeit der Geburt herbey kommen / war nur eine Weibsperson bey ihr / welche sie auch verlassen und geeilet die Hebamme zu holen. Inzwischen liesse sie sich bedünken / daß die Dirne von welcher wir gesagt in die Kammer gekommen / und ihr an stat der Hebammen gedienet habe / darüber sich dann diese Kindhaberin sehr entsetzet / und doch niemand anders erschreyen können. Als sie zu sich selbst kommen / war sie zwar ihrer Bürd entbunden: es wolte sich aber das Kind nirgend wo finden.

9. Folgendes Tages fande diese Kindbetterin ein Kind in Windeln gewickelt in ihren Armen / welches sie zum andrenmal geseuget. Nach deme sie wieder eingeschlaffend / ist das Kind wieder verschwunden /und nicht mehr gesehen worden. Für der Thůre fande man etliche Pargemen mit Magischen Geschrifften /welche verbrennet worden / und ist der böse Geist von diesem Weibe nach und nach gewichen.

10. Hieher gehören auch die Nonnen zu Kendorff bey Hamm. Diese wurden mit einem vergifften und stinkendem Odem geplaget / und zwar nur etliche Stunde / und eine mehr als die andre / ob sie gleich in ihren Zellen abgesondert / und keine von der andern wissen können. Sie erholen sich Rahts bey einem Zauberer / welcher sie glauben machet / daß ihre Köchin Elsebeth Kamense ihnen unter der Speise Gifft beygebracht. Nach diesem wurden die Nonnen ins gesamt mehr und mehr geplaget / und [598] ihre Köchin mit ihnen / welches doch / wie sie glaubeten zum Schein geschehen / auch gequälet.

11. Anna Langon / eine von den Nonnen hat sich aus dem Kloster begeben / und ist dardurch von dem bösen Geist verlassen worden: so offt sie aber aus dem Kloster Briefe empfangen / hat sie solche nicht ohn hermen und erzittern erbrechen und lesen mögen. Diese hat sich ehrlich verheuratet und in gutem Wolstand gelebt. Elsebeth Kamense und ihre Mutter sind lebendig verbrennet worden / weil sie als Hexen Ursacherin solches grossen übels: nach ihren Tod hat das übel in den nechsten Dorffschafften zu Hevel und undern Orten / fast zugenommen.

12. Von dergleichen ist zu lesen Delrio, Wierus, Bodinus, P. Zachias Gedelmannus, Guarzzonius und viel andre / sonderlich aber Daniel Senertus de Melancholia Diabolica und der Autor de stratagematis Satanæ.


Deß Gebetes sichrer Schutz:
bietet Gottes Feinden Trutz:
Wer wil hier gesichert leben /
muß sich Gott allein ergeben.
168. Die blinde Verzweifelung
(CLXVIII.)
Die blinde Verzweifelung.

Welche Gottes vergessen / Hülffe und Raht bey den Zauber-Spiegeln und Crystallen suchen / erstaunen und hermen so bald solcher Lügen Geist Verblendung ansichtig werden. Nicht weniger werden dem Leser die Haare gen Berge stehen / wann er in nachfolgenden Exempeln / der durch deß Teuffels Betrug verzweiffelten Blindheit und erbärmliches Ende beschauen wird / und gleichsam in einem Spiegel betrachten /welcher gestalt solche Leute die Höllen Quale von dem letzten Todesziel hertzbetrübt fühlen und empfinden: daher Seneca wo [599] recht gesagt / »man sol die gantze Zeit deß Lebens sterben lernen / und die Kirchenlehrer haben ihre Schüler die letzten Wort Christi und Stephani / bald anfangs gelehret / damit sie auf begebenen Todesfall ihre Seele Gott anzubefehlen wüsten.«

2. Ein Verzweifflender wünschte sich in die Hölle /weil die Wartung solcher Straffe ihm unerträglich und überschmertzlich fürkäme: als man ihn aber auf Gottes Barmhertzigkeit gewiesen / hat er gesagt / daß sich Gottes Kinder / und nicht er / solcher zugetrösten hätten / daß er ein Gefäß deß Zorns / und die Vermaledeyung seiner Sünden bereit fůhle. Als man ihm für sagte GOtt wäre sein Vater und Christus sein Heiland / hat er geantwortet / daß es zwar der Mund sage / das Hertz aber wiederruffe. Wann man ihn tröstete / daß er ein Glied der Kirchen und der Gemeinschafft der Heiligung theilhafftig worden / hat er gesagt / daß solcher Trost nicht wolte hafften / weil er ein Heuchler gewesen / und auch deßwegen billich verdammet werde. H. Belon au thresor de l'ame Crestienne.

3. M. Guerlach ein gelehrter Mann zu Löven in Braband / sagte in seiner letzten Krankheit / daß er übel und ärgerlich gelebt / und für dem Richterstul GOttes nicht bestehen könte / weil seiner Sünden so viel / daß sie ihme nicht könten vergeben werden. Verflucht der ärgerniß giebt / ich habe ärgernis gegeben darumb bin ich ewig verflucht. Als man ihm nun aus Gottes Wort beweglich zugesprochen / hat er mit Nein / nein geantwortet / und ist also verzweiffelt dahin gefahren. Goulard aux Histories memorables f. 163.

4. M. Arnold Bomel gleichsfals ein gelehrter Mann zu Löven / führte wunderliche Meinungen von deß Menschen Rechtfertigung für Gott / und wurde deßwegen sehr bestürtzt. Als er auf eine Zeit mit dreyen Studenten für das Thor spatzierte und sich zu einem Brunnen setzte / da die Studenten fort giengen zoge er sein Messer heraus / und stusse ihm solches in die Brust / daß er zu Boden fiele / und die [600] Studenten ihme zu Hülffe kommen musten. Als sie nun sahen daß die Wunden tödtlich / haben sie ihm zugesprochen / er solte GOtt üm Verzeihung bitten / daß er so übel an ihm selbst gethan hätte. Er aber sahe gen Himmel /und riesse dem einen seinen Dolchen von der Seiten /und stusse sich nochmals durch das Hertz / daß er ohn fernere Rede den Geist aufgegeben.

5. Zu Hall in Schwaben hat ein vornehmer Doctor Namens Kraus die Welt so lieb gewonnen / daß er seines Gewissens vergessen / und gethan was er hätte unterlassen sollen. In seiner Krankheit wachte ihm das Gewissen auf / daß er in den Schmertzen verzweiffelt / und sich selbsten mit dem Strang erwürget.

6. Der Cardinal Crescensius zu Verona hatte auf eine Zeit lang in der Nacht geschrieben / und als er sich ein wenig zu erholen ümgesehen / kame ein sehr grosser schwartzer Hund in das Zimmer / in glintzrenden Augen / langen Ohren / und gantz scheußlicher Gestalt. Dieser gange auf den Cardinal / welcher gantz erblasset / zu / und verbarge sich untern Tisch. Als er sich ein wenig erholt / ruffte er seinen Dienern und befahle / man solte den Hund hinaus jagen. Die Diener suchten mit dem Liecht / mochten aber keinen Hund finden.

7. Der Cardinal entsetzte sich über solcher Begebenheit / daß er in ein hitziges Fieber fiele / welches von Stund zu Stund zu nahme / und schrie er unaufhörlich / man solte doch den grossen schwartzen Hund / welchen niemand sahe / wehren / er steige auf sein Bett / er wolle ihn verschlingen / und in den Geschrey wolte er keinen Trost anhören / sondern sturbe in solcher Verzweifflung jämmerlich dahin. Schleidan im 23. Buch von dem Teutschen Krieg.

8. Was sich mit Latomo und Spira begeben ist gemein / und alhier zu widerholen unnöhtig. Solche Leute sind von den bösen Geist geistlicher weise besessen / welche ihres Lebens Ende ausweiset.

9. Ponsenas ein Advocat oder Sachwalter [601] in dem Parlament in Delphinat / nach dem er sein väterliches und můtterliches Vermögen / auch seines Weibs und seiner Freund Reichthum angewendet / solchen Ehrendienst zu erkauffen / und verhofft die Gerechtigkeit doppelt so hoch wieder zu verkauffen / ist er in eine schwere Krankheit gefallen / deren Ursachen die berühmsten Aertzte nicht erkennen mögen. Er verzweiffelte an Gottes Barmhertzigkeit / und schwebeten ihm stetig für Augen etliche unschuldig Hingerichte / wieder welche er bey Gericht gedienet hatte.

10. Dieser Gottes vergessne Mann ruffte allen bösen Geistern aus der Hölle / mit unerhörten Lästerungen. Zu seinem Schreiber sagte er: O Stephan wie bistu so schwartz! Der Schreiber aber hatte gelbe Haar / und verstande die Rede nicht. Er aber sagte: Du bist schwartz von den Sůnden zu welchen du mir geholffen hast. Ja / antwortet der Schreiber / ich weiß aber daß mir Gott gnädig seyn wird üm Christi willen: Mir nicht / sagte der Verzweifflende / und klagte ihn an wegen etlicher Bubenstücke / deßwegen er auch in Verhafft geführet wurde.

11. Nach diesem hat die Raserey deß Kranken zugenommen / daß er angefangen zu brüllen und zu schreyen erschröcklicher weise. Seine Glaubiger hetten ihn gerne von dem Bette hinweg in den Schuldthurm geraffet / und hat keiner fast seiner Seelen /welche er in der Verzweifflung dem Teuffel übergeben / sondern seiner Schuld Verlust beklaget. Ja /nach dem er in solcher Verstockung dahin gestorben /hat sich eine solche Armut und Mangel in seinem gantzen Hause gefunden / daß niemand wissen mögen / wo er mit so grossem Reichthum hingekommen.

12. In solche Noht und jämmerlichen Tod hat ihn der leidige Ehrgeitz gestürtzet / dardurch ihn aller Segen Gottes entzogen worden / daß seine Kinder an den Bettelstab geraten / und das wenige / was noch von seiner Verlassenschafft übrig geblieben / [602] den hungerigen Glaubigern in die Hände gekommen. Geld und Ehrgeitz sind die Fallstrick deß Satans / dadurch er viel tausend Menschen in die Hölle stürtzet: massen auch dieser Tagen ein Bürgemeister von Eger ein gelehrter und dem Schein nach frommer Mann / sich wegen einer verlohrnen Rechtfertigung selbsten erhenket / und zwar / daß er die Füsse an sich gezogen /weil sich der Baum gebogen hatte / daß er also auf den Knien ist gefunden worden / und sich / wann er gewolt / in der That noch hette retten können.

Lied von Gottes Barmhertzigkeit.

Im Thon:

Hertzlich thut mich erfreuen die liebe Sommerszeit.

oder:

Ich dancke dir lieber HErre / etc.
1.
Wie solte GOtt der Armen
die Er erwehlet hat /
nicht hertzlich auch erbarmen /
nach seiner grossen Gnad?
Es ist ja seine Güte
so groß er selber ist /
Der Trost in dem Gemüte
kommt her von JESU CHRist.

Sirach 2/21.
2.
Die sich von GOtt abwenden /
von denen wend Er sich:
Wer sich wil selbsten blenden /
wird selbst sein Wůterich /
ihn quälet sein Gewissen
das er versehret hat:
Der sich der Sünd beflissen /
bereuets offt zu spat.
[603] 3.
Wer Gott nicht wil vertrauen
der kommet nicht zu Ruh':
Er wil das Liecht nicht schauen
und druckt die Augen zu.
Noch ist er so vermessen
und giebet Gott die Schuld /
als ob er sein vergessen /
und weigert' alle Huld.

Ps. 95/11.
4.
Mein Gott laß mich stets hangen /
an deiner Gnad allein /
darvon ich werd empfangen
deß Hertzens Himmelsschein.
Dein Wort laß mich stets leiten
daß ich nicht irre geh' /
und dann nach diesen Zeiten
Dich in dein Reiche seh'.

2. Cor. 12/19. Ps. 4/8.
169. Die bestraffte Hexen
(CLXIX.)
Die bestraffte Hexen.

Die Augen werden mit guten Ursachen die Spiegel deß Hertzen genennet / weil sie im weinen und lachen desselben Gestalt gleichsam vorbilden / und hat jener Verliebter gesagt / daß er sein Bildnis durch den Augen Krystal seiner Liebsten / in ihrem Hertzen sehe. Die Hexen aber haben alle so trübe Augen / daß kein Bild / oder Kindlein (wie man zu reden pfleget) darinnen scheinen kan / ja sie schlagen ihre Augen unter sich / und sind von ihren Gewissen überzeuget /daß sie solche gegen dem Himmel nicht dörffen aufheben. Von solchen Unholden höret und lieset man wunderliche Händel / unter welche auch nachgehende Erzehlung gehörig.

2. Zu Brüg hielte sich eine alte und dem Ansehen nach erbare Matrona auf / sie heilte viel unheilsame Krankheiten / richtet die krumrückigen gerad / [604] und hatte niemand ůber ihren Wandel zu klagen / ja das gemeine Volk hielte sie fast für eine Heilige / bey welcher man in allen Fällen sich Raths erholte. Gegen solcher Heilung legte sie Walfahrten an die ümliegende Oerter auf / und befahe man solte so viel Messen lesen lassen / Almoß geben / und was dergleichen Werke waren.

3. Die Obrigkeit hatte hierinnen ein wachendes Aug / und fragten diese / aus was Macht sie solches thäte? Sie antwortet das solches alles zu gutem Ende /und mit guten Ursachen beschehen. Die Mittel auch weren heilig und unsträflich / daß man nicht Ursach sie zu schelten / viel weniger in einer so schmählichen Gefängnis / (wie geschehen war) anzuhalten. Weil man aber diese für keine Heilige ansahe / wie sie wolte gehalten seyn / wurde von dem Raht zu Bürg geschlossen / man solte sie auf der Marterbank ferners fragen. Welches auch geschehen / wie folgen wird.

4. Bey angestellter Frage war der Bürgermeister deß Orts / welcher mit dem Zipperlein schmertzlichst geplaget war: diesem versprach sie / daß sie ihn alsobald heilen / und seiner Plage erledigen wolle. Der Bůrgemeister hörte solche fröliche Post / und versprach ihr wann sie ihn der Schmertzen beständig erledigen würde / 2000. Kronen zu geben. Die andren Schöpfen aber liessen sie abtretten / und führten dem Herrn Bürgemeister zu Gemüt / daß solche Heilung mit teufflischen Mittlen / nicht zu wünschen / als durch welche der Leib geheilet / und sein Gewissen und Seele vielmehr verletzet werden wůrde.

5. Solches zu beglauben liessen sie die Hex wieder auf führen / und fragten: was sie für Artzneyen zu dem Zipperlein gebrauchen wolte? Sie antwortet: keine andre / als daß der Herr Burgermeister glaube /ich könne und werde ihn helffen. Hierdurch wurde sie noch mehr verdächtiger / der Bürgermeister wendig gemachet / und sie an die Volter geworffen / weil die Apostel und heiligen Männer Gottes in dem Namen Christi / und nicht solcher Gestalt [605] Wunder gethan /und niemals begehrt / daß man auf ihre Person einig Vertrauen setzen solte.

6. An der Volter bekennet sie etliche schlechte und unsträfliche Sachen / für die Zauberey aber laugnet sie beständig. Nach etlichen Tagen wird sie wiederum eingespannt / da sie angefangen zu schreyen / man solte sie von dannen lassen / oder man würde ein ůbels Rauchwerk von ihr pressen. Man liesse sie nach ihrer Nothturfft gehen / und nach dem sie eine halbe Stunde verzogen / ist sie härter als zuvor angestränget worden: da sie dann angefangen zu lachen / mit den Händen zu klopfen / und zu sagen / daß noch die Schöpfen / noch der Henker wider sie nichts werden ausrichten / finge auch endlich an zu schlaffen.

7. Nach etlichen Tagen ist sie zum drittenmahl angezogen und peinlich verhöret worden: bevor aber hat man ihr die Haare von dem Haubt abgeschoren / da sie dann wie zuvor nichts bekennen wollen: deßwegen deß Henkers und Henkersknechten Weibern Befehl ertheilet worden / ihr alle Haare am gantzen Leibe abzuschneiden / in denen sie viel Brieflein / mit deß Teuffels Namen gefunden / und ihr weggenommen.

8. So bald dieses geschehen / hat sie alle ihre Missethaten bekennet / und gesagt / daß man ihr gewiß nicht wurde haben beykommen mögen / wann man ihr nur die Zettelein gelassen hette: nun aber müsse sie gestehen / daß sie mit dem bösen Geist sich verbunden / und bisher alles durch ihn gewürket etc. Deßwegen wurde sie deß Landes verwiesen / bey Straffe deß Feuers / wann sie würde wiederkommen.

9. Also wandert sie aus Flandern in Seeland nach Mittelburg / da sie anfinge / das alte Handwerk zu treiben. Florent Dam / Bannrichter deß Orts / hatte vernommen / was mit dieser Hexen zu Brüg vorgelauffen / und als er ware Kundschafft eingezogen /daß sie ihre Hexerey und Teuffelskunst fortsetzte /auch ihre Aussage so sie in der Gefängnis zu Brüg gethan schriftlich erlanget / hat er sie lebendig verbrennen lassen. J. Georg Godelmann l. 3. c. 10. §. 38.

[606] 10. Zu Cordua in Andalusia ist eine Dirne von 5. Jahren in ein Nonnenkloster gestossen worden / welcher der Satan in Gestalt eines Moren erschienen /und hat mit ihr / als einem Kind gespielet und geschertzt / ihr doch allezeit hoch verboten / sie solte niemand von seiner gemachten Kundschafft mit ihr Meldung thun. Diese nun hatte einen trefflichen Verstand in allen Sachen erwiesen / daß sie deßwegen von dem andern hoch gehalten worden. Als sie nun zu dem zwölfften Jahr gelanget / hat sie der Teuffel beschwatzt / sie solte sich mit ihm vermählen / er wolte sie für die allerheiligste Nonne in gantz Hispanien /anstatt deß Heuratguts / machen. Diese unberichte Magdalena willigte in sein Begehren / und in deme ihr der unreine Geist beywohnte / hat ein ander Teuffel in ihrer Gestalt / in der Kirchen betend sich sehen lassen.

11. Diese Magdalena sagte / was in der gantzen Welt geschahe / und kame darüber in den Ruff daß sie eine Prophetin wäre / wurde auch deßwegen zu der Abbtesin deß Klosters erwehlet / ob sie wol das sonst darzu erforderte Alter noch nicht erlanget. Zu Osterlicher Zeit verlohre der Priester eine Hostie / und selbe hatte die abwesend Abbtesin Magdalena in dem Munde / als ob sie ihr von einem Engel gegeben worden. Diese und mehr Wunder begaben sich mit der heilig gehaltnen Magdalena. Die Haare wuchsen ihr bis auf die Füsse / sie weint viel Stunde / sie wurde viel Ellen hoch in die Höhe gehoben / sonderlich aber begaben sich solche Sachen an hohen Festtagen / daß die Leute von ferne zuzulauffen pflegten. Die grossen Herren schrieben ihr zu / daß sie bey Gott für sie bitten möchte / und fragten sie auch in wichtigen Sachen zu raht.

12. Dieses triebe sie bey 30. Jahren / und weil sie befürchtet / daß sie von etlichen ihren Schwestern möchte verrahten werden / hat sie sich selbsten angeklagt / unn ihre böse Thatē bekennet / wol wissend /daß in dergleichen Fall Gnade eingewendet wird. Sie kommet in Verhafft / und ihre Gestalt lässet sich / wie zuvor / in [607] dem Tempel sehen. Nach langer Berahtschlagung / ist dieser Handel nach Rom berichtet worden / und aldar hat ihr der Pabst die Sünde verziehen und das Leben geschenket. Cassiod. Rencii undBodin. de Dæmon. l. 2. c. 7.


Hüte dich / O lieber Christ
für deß Lügners Meuchel List:
Seine Wunder aller Enden /
können auch die Frömsten blenden.
170. Die seltnen Betrügere
(CLXX.)
Die seltnen Betrügere.

Gleich wie jene vermittelst der Spiegel in andre Zimmer / ja in die ferne und über Land / sehen können /also hette man wol Spiegel vonnöhten / in welchen man die Betrüger ersehen / und sich vor denselben hüten möchte. Was jener von der Eitelkeit gesagt /das könte man auch hiervon sagen: thut man allen Betrug aus der Welt / so wird wenig überbleiben. Von vorsetzlichen Land- und Leut-Betrügern wollen wir etliche auf diesen Schauplatz führen / nicht denselben nach zu ahmen / sondern sich dafür zu hüten.

2. Margarita / Johann Ulmers eines Bürgers zu Eslingen in dem Würtenbůrgerland / Tochter / hatte in kurtzer Zeit ein groß aufgeschwollen Leib / und klagte / daß allerhand lebendige Thiere sich in ihr hören liessen / massen man auch deutlich vernommen / den Haanen krehen / das Schwein gruntzen / den Hund beulen / das Schaf blecken / ja den Ochsen brüllen /das Pferd wieren etc. und klagte also grossen Schmertzen. Zu zeiten zoge sie aus den Lenden Schlangen und Eidexen / und derselben bey 150. Viel Leute sind zugelauffen diese seltne Sache zu sehen /und wurden die Eltern von der Obrigkeit aus Mitleiden befragt / ob sie wolten geschehen lassen / daß die[608] Wundärtzte ihrer Tochter Leib eröffneten und ihr von solchen Schmertzen helffen. Der Vater war ein einfäliger Mann / der sagte ja darzu: die Mutter aber welche üm den Betrug wuste / wolte nicht einwilligen.

3. Dieser wärte vier gantzer Jahre / und wurde niemand deß Betrugs einträchtig / und wolte ihr diese kranke nicht helffen lassen / weil sie dardurch grosses Almosen bekame. Die Obrigkeit aber schickte einen Doctor / 3. Wundärtzte und eine Hebamme / die Kranke zu besuchen / und sie auch wieder ihren Willen zubesichtigen / da sich dann befunden / daß ihr Leib von Holtzwerk einen Schwinbogen / und unter demselben Pfeifflein und Röhrlein / auf welchen /nach ihrem Vorgeben der böse Feind sein Spiel gehabt. Dieses alles zoge die Hebamme hervor / und fande sich / daß die Dirne war wie ein andres Weibsbild. Die Mutter wurde wegen deß Betrugs gehenkt und verbrennt / die Tochter zu ewiger Gefängnis verurtheilt / und der unschuldige Vater loß gelassen.Lyosthenes de prodigiis f. 518.

4. Anton ein Spanischer Augustiner Mönicht / ist in seinem Leben fůr Heilig gehalten worden / weil er von sich glauben machen / er habe 40. Tage und 40. Nächte gefasstet: Er hatte aber viel grosse Liechter von weissen Wax / unter welchen etliche von Marcepan und überzuckert: darvon er sich zu Nachts gespeiset und hatte einen dicken holen Strick ům den Leib / in welchem ein Schlauch mit Spanischen Wein gefüllet / und also machte er von sich glauben / er würde von den Engeln gespeiset.

5. Als er aber in eine schmertzliche Krankheit gefallen / in welcher er von den Würmen lebendig gefressen und verzehret wurde / ist seine Schalkheit an den Tag gekommen / und hat er viel Lästerwort wider Gott und alle Heiligen ausgestossen / und ist also in Verzweifflung dahin gestorben / daß er den Lohn aller Heuchler gewißlich wird empfangen haben: Ant. de Palermo von Alphonsi Leben l. 2. c. 9.

6. Bey Tholuse hielte sich in einem Stättlein [609] wonhafft Martin Guerre / welcher mit Bertrande Rosili zehen oder eilff Jahre ehlich gelebet / und auf eine zeit sich mit seinem Weib entzweyt / daß er sie verlassen /und dem Krieg in Hispanien nachgezogen / da er sich bey 12. Jahren aufgehalten / biß er für S. Quintin einen Fuß / durch einen Schuß verlohren. Als aber 8. gantzer Jahre verflossen / und sein Weib keine Zeitung von ihm vernommen / hat sich bey ihr angegeben Arnold Tillier aus der Grafschafft de Foix bůrtig /welcher wegen der Schwartzkünstlerey sehr verdächtig war. Dieser gabe sich für ihren Mann Martin Guerre dar / und war demselben in allen sehr gleich.

7. Das Weib wil ihn anfangs nicht erkennen: nach dem er ihr aber alle Umstände saget / was sie die erste Nacht ihrer Hochzeit mit einander geredt / was er in Truen verborgen hinterlassen / und andre Sachen / die Niemand als ihr Mann wissen können / hat so wol sie / als seine Schwestern und alle Freunde ihn für den rechten Martin Guerre erkant / und angenommen /und mit ihm vier Jahre ohne Argwahn einigen falsches gehauset. Wegen etlicher ungefähren Worte aber / so dieser Betrüger schiessen lassen / hat sie angefangen an seiner Person zu zweiffeln / und auf Gutachten ihres Vettern Peter Guerre ihn nicht mehr zulassen / sondern auch für Gericht als einen Betrüger angeklaget. Zu Rieux / dahin das Stättlein gerichtbar /wurde er zum Tod verdammet / von welchem Urtheil er die Sache an das Obergericht nach Tholuse gebracht.

8. Er erzehlte alles was zwischen ihme und Bertrande heimlich vorgegangen / er nennete alle ihre Hochzeit Gäste / wie man ihnen die Nestel geknüpfet / daß er mit seinem Weibe acht gantzer Jahre nicht zuhalten können / und wie er vermittelst eines alten Weibs wieder zu recht gekommen. Wie er mit ihr ein Kind erzeuget / wann / wo / von wem solches getauffet / und aus der Tauffe erhoben worden / und dieses alles muste Bertrande bejaen und wahr sagen. Er erzehlte die Ursachen seines Abschieds [610] und was ihme in seiner Abwesenheit begegnet / etc.

9. Es machet aber diese Geschichte noch wunderbarlicher daß dieser Tillier mit dem Martin Guerre niemals bekant gewesen / und waren unter andern Anzeichen deß Leibes ein doppelter Zahn / ein eingedruckter Nagel in der rechten Hand an dem kleinen Finger / und ein rotes Flecklein bey dem linken Aug /daß er auch etlicher massen seinen Schwestern gleich gesehen / welche ihn für ihren Bruder beständig erkennet. Wieder ihn war ein Soldat der bezeuget /Martin Guerre hette ein Bein verlohrē. Ein Wirth sagte aus / daß dieser Tillier heisse / und ihn gebetten habe seinem Namen nicht zu nennen / und sein vermeinter Vetter Peter Guerre / ermahnte ihn / daß er Gott die Ehre geben und die Warheit bekennen solte.

10. Tillier antwortete / daß dieses alles Trügerey /und daß die falschen Zeugen angestellet / damit Peter Guerre / von welchem er Rechnung wegen seiner Güter Verwaltung erfordert / kein Geld heraus geben dörffe / und daß sein Weib zu dieser Schalkheit helffe / weil sie eine böse Ehe mit einander gehabt. Ja die Richter wurden noch mehr zweifflend / als er die Sache seinem Weib auf einen leiblichen Eid geben wollen / wann sie nemlich zu Gott schweren würde /daß er nicht ihr rechter Ehemann / so wolle er das Leben verlohren haben. Hierauf wolte Bertranda nicht schweren / und kame samt ihren Vettern Peter Guerre in Verhafft.

11. In deme nun diese Sache rechthängig schwebet / kommt der rechte Martin Guerre wieder nach Hause / und wird von allen also bald erkannt. Man sihet diese beede gegen einander / und fande sich fast kein unterscheid. Bertranda und der Vetter ersahen also bald den rechten / und hatte er / wie der Soldat ausgesagt / einen höltzernen Fuß. Das Weib bate üm Verzeihung / daß sie unwissend einen andern zu gelassen: darmit war aber Martin nicht zu frieden / sagend daß unmöglich / daß ein Eheweib nicht einen Mann für den andern erkennen solte / und [611] eiferte sehr darüber /welches dem Richter auch ein gewisses Anzeichen der Warheit.

12. Endlich ist Arnold Tillier für einen Betrüger und Zauberer erkannt und zum Strang und Feuer verdammet worden. Vor seinem Tod hat er die Warheit bekennet / welche aus seinem Munde beschrieben M. Iean Corras IC. und wird auch erzehlet von E Pasquier l. 5. de recherobes ch. 19.


Der Betrug
ist ihm selbsten Plag genug.
Allezeit
ist die Furcht in dem Gewissen /
welche Hertz und Sinn durchbissen /
daß stets büssend leben müssen
die bereit
in deß Satans Striken henken
böses denken.
171. Der Ertzbub
(CLXXI.)
Der Ertzbub.

Es streiten die Meister der Seekunst / ob in dem Spiegel die Veränderung der Bilder also beschehe / daß jedesmals ein neues Bild sich gestalte / oder ob das erste Bild sich nur verkehre / nach deme sich die Person für dem Spiegel beweget. Die meinsten behaubten / daß sich nach jeder Bewegung ein anderes und neues Bild augenblicklich vorweise / und hat der Spiegel gegen dem Gemähl diesen Vorzug / daß jener alle /dieses nur eine Stellung erkennen machet. Die nachgehende Erzehlung wird einen solchen Schalksspiegel weisen / daß ein Ertzbub sich in allerhand Personen verstellet / und nicht nur gemeine Leute / sondern den Pabst / Könige / Fürsten und Herren betrogen / zu letzt aber ein Ende genommen / wie alle falsche Spiegel pflegen.

2. Ein Savoyer / welcher sich Jan Allard [612] genennet /hatte sich eine zeitlang zu Genv aufgehalten / und sich genehret mit allerhand Gartenarbeit / weil er aber darbey fast verhungern müssen / ist er durch Teutschland gezogen / und sich endlich in Schweden begeben / da er deß damals regierenden Königs Gärtner worden. Sein fähiger Verstand / seine Geberden und wolständige Sitten / haben diesen Allard so angenehm gemacht / daß er als ein Königlicher Gesander nach Venetig abgeschicket worden.

3. Von daraus raiset er nach Meiland / und beschwetzet den Hertzog von Sesse / (welcher damals Königlicher Spanischer Statthalter war) daß er ihm 5000. Kronen geliehen. Von dar kehret er wieder nach Venetig / und schläget derselben Herrschafft einen Kauff vor / wegen etlicher Schiffe / und grossen Stücke / daß sie ihm 14000. Kronen darauf bezahlen: darvon bezahlt er dem Hertzog von Sesse seine 5000. Kronen / und in dem er zu Meiland Taffel hält / lässet er etliche Reden wieder den Bapst schiessen / darüber kommt er in Verhafft / und wird von dar nach Rom geschicket / da er mit dem Pabst selbst zu reden kommet / und wird nicht allein frey gelassen / sondern ihm auch deß Pabsts nechste Verwandte zu einer Gemählin versprochen.

4. Mit dieser seiner kůnfftigen Gemählin kommet er in so enge Verwandschafft / daß sie von ihme geschwängert wird / deßwegen er das Reiß aus spielen můssen / und ist auf der Tyber mit einem kleinen Rennschifflein listig durch gekommen / und in Frankreich entronnen: da er dem König Henrich von Navarren / und nachmals Königen in Frankreich angebotten / ihme in kurtzer Zeit 5. Millionen Goldes zu zu eignen. Die alte Königin hatte von diesem Geldmittler hören sagen / und Verlangen getragen seines Reichthums theilhafftig zu werden.

5. Zu Rochelle kamen damals etliche Schwedische Schiffe an / und etliche Kauffleute kennten Allard /deßwegen er sich von dar aus dem Staube gemachet /und nach Hofe geeilet / vorgeben / daß ihm der [613] König von Navarren zwingen wollen / er solte ihm sein Geheimnis von den 5. Millionen offenbaren. Zu Hof wird er sehr wol empfangen / und einem Herrn / Namens Clervan anbefohlen / deme eröffnet er / daß er viel Papier von grosser Wichtigkeit zu Rom hinterlassen / welche er durch die Schweitzer wieder zu bekommen verhoffte / und versprache sechtzig tausend Reichsthaler dem der ihm solche Schrifften wieder zu handen bringen würde.

6. Es sagte auch dieser Betrüger / die Statt Nürnberg were ihm samt der Abzinssung neun und sechtzig tausend Reichsthaler schuldig / und hette er auch ein übergrosses Vermögen in Schweden. Es kamen der Päbstischen Schweitzer Gesanden nach Paris / Allard verspricht ihnen guldene Berge / wann er von dem Pabst seine Schrifften durch ihre Bemitlung erhalten würde. Er giebt ihnen eine falsche Schuld Verschreibung der Herren von Nürnberg zum Unterpfand / und verspricht 6000. Kronen zum Verlag der Raise /darzu Ternauld ein Schweitzerischer Oberster von Lucern solte gebrauchet werden.

7. In dieser Handlung hielten ihn alle redliche Schweitzer für einen redlichen Mann / ausgenommen der oberste Pfeiffer / welcher an diesem Allard sehr zweiffelte / und ihn für einen Landfahrer und Storger ansahe. Er sagte daß er dem König gegen Einraumung der Saltzgruben zu Brügge 2. Millionen Franken zu leihen versprochen / dergestalt / daß 16. tausend Kronen von deß verstorbnen Connestabels Gütern / deßwegen er einen Schuldschein in Händen hatte / und den Rest baar. Er redete gut Frantzösisch / Welsch /Teutsch und ein wenig Latein / daß er seine Sachen selbsten werben / und ihm ein grosses Ansehen zu machen wuste.

8. Nach diesem wird er Bürger zu Lucern / hält nichts an allen was er versprochen hatte / schläffert aber doch die jenigen hie und dar ein die mit ihme zu handlen haben / daß sie seinen güldnen Worten trauen / und ihme mit Raht und That beförderlich [614] sind / ja ihm Geld leihen / gastiren / beschenken und in Ehren halten / weil jeder verhoffte durch diesen Gesanden reich zu werden.

9. Inzwischen wird deß verstorbnen Connestabels hinterlassner Wittib angemeldet / welcher massen sich Allard eines Schuldbriefs von ihrem Herrn berühme /darauf sie also bald an die Herrn Schweitzer schreibet / sie solten sich für diesem Betrüger und frevlen Lůgner hůten: weil ihr Herr seeliger kein so böser Haußhalter gewesen / daß er eine so grosse Schuld solte hinterlassen haben. Es fanden sich auch etlich Freunde welche die Herrn Schweitzer gewarnet / und Allard fůr Aalart / das ist / einen schlupferigen Lügendichter angegeben.

10. Das Geld auf die Raise nach Rom solte nun ausgezahlet werden / und Ternault sich auf den Weg machen. Allard sagte daß er ihm solches baar auszahlen wolte / wann er die Gefahr auf sich nehmen wurde / oder er wolte solches nach Lyon wechseln / damit der Schweitzer auch zu frieden war. Der Pabst höret /daß Allard an dem Frantzösischen Hof / und schreibet wegen seiner nach Paris an den König / welcher ihn also bald lässet in Verhafft setzen: da er sich dann wieder heraus geschwätzet / und seinen weg nach der Schweitz fortgesetzet / da er wieder eine falsche Schuldverschreibung von dem Hertzog von Savoyen vorweiset / und Geld darauf aufzubringen suchet.

11. Weil nun dieser Allard nach und nach je länger verdächtiger wird / auch etlichen von den Obersten viel schuldig worden / lassen sie ihn zu Neucastel in das Gefängnis setzen / seinen Sachen ferners nach zufragen. Zu Nachts wil nun dieser Allard sich an dem Tischtuch aus dem Thurn lassen / und hat sich nicht genugsam beobachtet / daß er herab gefallen / und den Hals gebrochen.

12. Dieses ists was ich Eingangs angemeldet / daß dieser Betrüger ein End genommen / wie ein falscher Spiegel / der ungefehr dem aus der Hand entfällt / der ihn gebrauchen wil. Dieser Verlauff ist zu [615] lesen in den Gerichts Büchern zu Neu Castel / und wird erzehlt von Goulard f. 250. des histoires admirables & memorables.


Es fragt ein verschalkter Narr / wo der klügste Mann zu finden?
Ein Kind saget / dieser ists / der sich hütet für den Sünden.
172. Der Diebische Zauberer
(CLXXII.)
Der Diebische Zauberer.

Diese Erzehlung könte mit Fug genennet werden ein Stählerner Zauberspiegel: weil sie handelt von stelen und zaubern. Jener Einfältige hat deß Spiegels Einfassung aufgebrochen / zu sehen / was darhinder für ein Bildnis durch das Glas scheinen möchte / unwissend /daß der Stralen Natur durch den Wiederschein das Vorbild gestalten. Die Diebe und Zauberer sind Spiegel deß Satans / in welchen seine Begierde zu Schaden erscheinet / und werden endlich / durch die Gerechtigkeit Gottes / in den Abgrund der Höllen gestůrtzet.

2. Ein solcher Gesell war Morta / welcher zu unsrer Vätter Zeiten zu Genf sich aufgehalten / und viel übels gestifftet. Er bezauberte die Leute also / daß sich niemand vor ihme hüten / oder ihn zu verdienter Straffe ziehen könte. Ein jeder wuste wol / daß er ein offentlicher Dieb ware / und deßwegen sagte man damals Sprichworts weis: Gott behüte dich für Morta /aber er jagte der Obrigkeit fast selbsten eine Furcht ein / daß sie ihn durch ihre Bediente nicht handfest machen dorffte.

3. Kein Siegel oder Schloß war genugsam ihn zu hindern / doch stellte er sich nur bey denen ein / welche ihn über zwerg ansahen / und sich vor ihm hůteten / suchte auch ein Lob in dem Laster / daß man sagen solte er wer ein künstlicher / kluger und unvergleichlicher [616] Dieb. Deß Gelds achtetet er nicht groß /sparte und samlete auch keinen Schatz zusammen /wie andre / sondern wuste täglich / oder nächtlich / so viel zu stelen / als er von nöhten hatte.

4. Wann er nun einen Streich gethan / hat er fünff oder sechs von seinem Handwerk zusammen geladen /sie gastiret / und auf das köstlichste bewirthet. Dieser Morta (ist ein Savoisches Wort / so viel als mortel oder sterblich) hat die Leute also bezaubern können /daß ihm niemand Wiederstand thun mögen / sondern die jenigen welche er beraubte / wurden als Steine /ohne Stimme und ohne Bewegung.

5. Wann er in eine Behausung gekommen / hat er erstlich ein Liecht angezündet / darnach die Schlüssel zu Kisten und Kästen / auch wol unter deß Herren und der Frauen Haubtküssen / wann sie gleich gewachet / herfür genommen / aufgesperret / Geld und Geldswehrt nach belieben ihm selbst verehret; jedesmals aber aus Kuchen und Keller den gefundenen Vorraht aufgetragen / und sich / in Gegenwart der Haußleute / welche er / wie gesagt / so bezaubert /daß sie ihme nicht wehren können / wol besättiget.

6. Der Schlůssel hat er zwar nicht bedürfft / weil er mit den Fingern alle Schlösser aufsperren können /hat aber selbe genommen / ihme ein hoch diebisches Ansehen zu machen / und jedermann seiner Zauberkunst zu versichern. In den Wirtshäusern wo er zehrte / thäte er keinen Schaden und erfreueten sich die Wirte seiner / und seiner Gesellen / welche an andren Orten / selten aber mit ihme mausen gegangen.

7. Wann er nun die Zeche machen lassen / hat er nie kein Gold bey sich getragen und bezahlt: sondern zu dem Wirt gesagt / gehe hin / in dieser deiner Kammer wirst du das Geld / so viel du gerechnet / und mir noch nicht angesagt / auf dem Tische / oder in dem Bette finden: welches auch bey Heller und Pfenning sich aldar befunden / ob wol dasselbe Zimmer Jahr und Tage verschlossen und nicht bewohnet worden.

[617] 8. Er wurde mehrmals in Band und Eisen geschlagen / auch auf der Marterbank peinlich gefraget / daß er seine Bubenstücke bekennen solte: es möchte aber die Warheit aus ihme nicht gezwungen werden. Aller Marter spottete und lachte er: wol wissend / daß man ihme / ohne Bekäntnis / das Leben nicht würde nehmen können.

9. Wann man ihn also in der Frage / mit dem grossen Stein aufgezogen / hat er geschrien und gesagt: noch einmahl wegen aller schönen Weibern / und noch einmahl wegen aller reiffen Jungfrauen etc. hat also sein Gespött getrieben / und keiner Schmertzen empfunden / daß man ihn wieder lauffen lassen / und die Straffe dem höchsten Gott / als Rächer aller Sünden anbefehlen můssen.

10. Als er der Gefängnis entkommen / hat er seine Bubenstücke wieder angefangen / und jedermann einen Schrecken eingejagt: die er anfangs bestolen /haben ihme gute Wort geben müssen / daß ers nicht ärger gemachet. Die Kinder auf der Gassen kennten ihn und schrien ihm nach (Archilarron) Ertzdieb /Ertzdieb / das gefule ihm sehr wol / und hielte solchen waren Namen für seinen Ehrentitel.

11. Sein Tod war nicht so schmählich / als er verdienet / aber wol so grausam / dann die Pestilentz Beulen ihm an dem Halse aufgefahren / daß er noch reden noch schreyen können: seine Mutter fürchtete daß er darvon / und an den Galgen kommen möchte /hat ihn ohne Sarch und Leichtbegängnis halb todt und halb lebendig begraben / wie die Jahrbücher der Statt Genf dieses mit mehrem vermelden.

12. Dieses Ertzbubens Leben giebt eine solche Rähtsel:


Wer war der / der unverholen /
den auch der gewacht bestolen?
Der sich selbsten offt begabt /
und doch nie kein Geld gehabt:
Der die Wirt' an allen Orten
hat für voll bezahlt mit Worten:
[618]
Der die Marter hielt für Spott /
wurd begraben vor dem Tod?
Der mir diesen Mann wird sagen /
mag mich / was er wil / auch fragen?
173. Die Verwundten
(CLXXIII.)
Die Verwundten.

Das Aug / der Werkzeug deß edelsten Sinnes / kan sich selbsten nicht sehen als vermittelst deß Spiegels: der Mensch / das edelste Geschöpf / kan sich nicht besserer und sicherer betrachten / als durch andrer Leute Unglück und Zufälle. In eignen Sachen sind auch die Klugsten blind / weil sie sich gleichsam durch die ungewissen Gegenstralen anschauen müssen: in deß Nechsten Beschaffenheit aber ist ein jeder scharffsichtig / weil er solches mit nicht unterbrochnen Augenliecht betrachtet / und kommet das Aug mit dem Verstand in vielen Würkungen artig über ein / deßwegen auch der Apostel seinen Ephesern wünschet erleuchte Augen deß Verstandes / in der Epistel an dieselbe 1. v. 18. Hier wollen wir nun von merkwürdigen Verwundenen reden / welche theils genesen / theils den Geist / wegen geringer Wunden aufgegeben.

2. Ein Haubtmann Sant Martin genannt / wurde in dem Palhaus mt einem Pallen ober das rechte Ohr geschlagen / dardurch wurde das Haubt erschůttert / jedoch ohne Geschwulst oder Verwundung: er achte es auch nicht sonders / wie wol er den Schmertzen klagte. Dieses verursachte ihm den Schlag / daß er in sechs Stunden hernach todt zur Erden fiele. Montaigne l. 1. des Essais. c. 19.

3. Ihr zween wurden mit einander ob den Spiellen strittig: der eine versetzet dem andern einen Backenstreich; darüber er so plötzlich erschrickt / daß ihn der Schlag rühret / und in wenig Stunden todt [619] zur Erden sinket. Der Thäter kommet darüber in Verhafft / und werden die Artzneyverständige zusammen erfordert /zu sagen. Ob dieser Tod von dem Schlag / oder einem andern Zufall entstanden?

4. Etliche waren der Meinung / daß durch den Backenstreich die bösen Feuchtigkeiten erreget worden. Etliche sagten daß dieser Zufall von übermässigen Essen und Trinken entstanden / welcher auch erfolget were. Wann er gleich die Maulschelle nicht empfangen hätte. Etliche sagten daß der Verstorbne zuvor lang auf der Seiten geschlaffen / auf welche er nochmals geschlagen worden. In diesem Zweiffel ist der Thäter loßgesprochen worden.

5. Es hat auch ein Knab seinen Bruder mit der Faust auf den Magen geschlagen / daß er plötzlich zu Boden gesunken / und seinen Geist aufgegeben.Anton. Bevivenius. c. 110. exemplor. medicinal.

6. Antoni Ferrier / ein Knab von 13. Jahren wurde mit einem Weiden-Ast auf das Haubt geworffen. Er war nicht verwundet / hatte auch keine Beulen / den zehenden Tag hernach war der Schaden (welchen er für nichtes achtete) entzündet mit Geschwulst: darauf ereignete sich der halbe Schlag / welcher die rechte Seiten lähmte / benebens einem hitzigen Fieber / und Verirrung in dem Haubt. Den eilfften Tag hat er den Geist aufgegeben. Fr. Valleriola observ. 1. lib. 3.

7. Merkwürdig ist auch / daß allhier in Nürnberg eines Freyherrn Diener von einem Haan / mit deme er sich vexiret / in dem Schlaff gehacket worden / daß man ihm viel Beinlein aus dem Haubt nehmen müssen / weil der Schaden erstlich verwarlost worden: nach etlichen Wochen wurde er wieder geheilet / und durch einen guten Wundartzt Friedrich Kühn genamt /zu recht gebracht.

8. Deßgleichen hatte sich allhier ein Kind aus dem Fenster gestürtzet / und das Haubt auf den Steinen zerfallen / daß das Gehirn / oder wie andre gewolt [620] /desselben Schaum / auf dem Pflaster geklebt; ist aber doch wieder zurecht kommen und von einem guten Wundartz Georg Rötel geheilet worden.

9. Die Wunden werden unterschieden / und etliche Lämbden oder Lähmungen genannt / wann ein Glied /als Arm oder Bein gelähmt oder unnütz gemachet wird. Hierunter wird auch gerechnet ein abgehautes Ohr / Nasen / Finger etc. und alles / was man nicht wie sonsten gebrauchen kan.

10. Etliche sind Fleischwunden / welche in das Fleisch eines Nagelbreits gehen / und so lang seyn mögen / als der längste Finger. Etliche sind Beinschrötige Wunden / welche biß auf das Bein gehen und auch selbes verletzen. Etliche werden offne Wunden genennet / die an keinen gefährlichen Orten leichtlich geheilet werden mögen. Etliche sind Schandmahle / Schamschusse / deren Wundmahl nicht zu vertreiben. Grün und blau schlagen / oder blutrüstig mit Steinen werffen oder prüglen / gehöret eigendlich nicht zu der Verwundung.

11. Diese Unterscheidung wird von den Juristen zu dem Ende angefůhret / daß auf so begebene Fälle die Straffen nach hergebrachten Rechten / auch unterschieden werden sollen. Das Gesetz Aug um Aug /Zahn um Zahn hat nunmehr keine Krafft: weil dem Verwundten nicht mit bedienet ist / daß der Verwundter auch beschädiget werde / und ist sonderlich die Ursache das Absehen / und das Gemůt dessen / der solchen Schaden zugefüget zubetrachten / als nach welchen ümständen die Bestraffung zu erkennen.

12. Zum Beschluß muß ich noch einen leswürdigen Fall vermelden. Ein Handelsmann allhier / hatte aus seiner Nativitet / oder Stern-Urtheil / welches er ihme nach seiner Geburtstund aufsetzen lassen / verstanden / daß ihm ein benennter Tag sehr unglücklich seyn wůrde. Solchem zu entfliehen / bleibt er zu Hause /auf den Abend wil er eine Feder schneiden / und lässet das Federmesserlein fallen / daß es [621] ihm in den Fuß eine Ader trifft / und ihn tödtlich verwundet: massen auch nachgehends der kalte Brand darzu geschlagen /und er seinen Geist darüber aufgegeben. Zu diesem hette man auch sagen mögen: Dir geschihet wie du gegläubet hast.


Freundschafft die zur Feindschafft wird
gleicht der Wunden
die geheilet und verbunden
doch ein Mahl und Striemen führt.
Zu deß Ungewitters Zeit
antet man das alte Leid.
174. Der Zauber Lohn
(CLXXIV.)
Der Zauber Lohn.

Wer dem Teuffel glaubt / der glaubet einem falschen Spiegel. Man hat Mittel gefunden sich durch die Spiegel aus dem Gefängnis frey zu machen: aber die Mittel sich aus deß Teuffels Fesselbanden zu winden /sind fast selten. Sonderlich aber hat er die jenigen mit den Höllenbanden bestricket / welche sich ihm ergeben / bundbrüchig und tauffvergessen ihm vertrauen /und mehr an Gottes Feind / als an ihn glauben. Schauet doch in hier aufgesteltem Spiegel / wie er seinen lieben oder vielmehr unholden getreuen erbärmlich lohnet.

2. Hulin Petit / ein Holtzhändler zu Orleans / war von bösen Leuten verzaubert / daß er tödliche Schmertzen empfande: Dieser beschickte einen alten Schwartzkünstler und begehrte seiner Hülffe. Der Zauberer sagte / daß er nicht bey Leben könne erhalten werden / wann er nicht geschehen lasse / daß sein Sohn / welcher noch an den Brüsten saugete / an seine Stelle erkranckte. Der verfluchte Vater verwilligte in seines ůnschüldigen Kindes Tod. Die Amme welche dieses anhörte / träget das Kindlein / welches [622] sie sehr liebte / so bald hinweg / daß es dieser teufflische Artzt nicht beobachtet.

3. Als nun dieser Zauberer den Vater angerühret /wurde er augenblicklich gesund / und als er das Kind nicht mehr sahe / (selbes auch anzurühren) hat er angefangen zu schreyen: Ach / ich bin deß Todes! wo ist das Kind? wo ist das Kind? Er hatte auch den Fuß nicht für die Thürschwelle gesetzet / so ist er starr todt zur Erden gefallen und gantz erschwartzet / wie ein Mohr / daß er sehr abscheulich ausgesehen / und sonders zweifel von dem Höllen Mohren also zugerichtet worden.

4. Zu Nantes hatte eine Hexe ihre Nachbarin bezaubert; als sie nun von der Obrigkeit / wegen starcken Verdacht / gezwungen worden / daß sie die Kranke anrühren müssen / ist sie alsobald genesen. Die Zauberin aber todt darnieder gefallen.

5. Zu Thoulouse hat ein Student das viertägige Fieber / das wolte ihm einer abhelffen / und sagte / er solte diese Krankheit seinem Feinde schencken. Der Student sagte / daß er keinen Feind hette: wol sagt der Artzt / schencket es dem Diener: das wolte er auch nicht thun / weil er ihme treulich gedienet. So schenkt mir das Fieber sagt der Zauberer. Darein willigte der Student. Das Fieber verliesse den Studenten / und der Zauberer bekam es also bald / ist auch daran gestorben. Diese drey Erzehlungen sind aus dem 3. Buch Bodini c. 2. genommen.

6. Hie fragt sichs: Ob ein Richter einen Zauberer nöhten sol / daß er den bezauberten anrühret? Für das Jawort streitet; 1. daß der Richter schuldig ist / dem übel zu steuren / und den unrechter weiß geplagten zu helffen. 2. Daß solche angezauberte Krankheiten durch natürliche Mittel nicht mögen geheilet werden. 3. Daß der Zauberer dardurch geoffenbaret / und sich selbsten straffet / wie aus erstbesagten Geschichten zu ersehen.

7. Die Ursachen aber für das Neinwort scheinen viel stärker. 1. Kommet von Gott Krankheit [623] und Gesundheit / und nicht von dem Satan und seinen Werkzeugen. 2. Sol man nicht böses thun / daß gutes daraus erfolge. 3. Raumet man den bösen Leuten zu viel ein / in dem man ihnen Glauben zu stellet / und ist besser in dergleichen Zustand ein brünstiges und allgemeines Gebet / durch welches man Gott in die Ruten fället / und dieser seiner Nachrichter Schwert gleichsam zurücke halten kan.

8. Ein Zauberer zu Noyon sagte den Tag / an welchem er würde ümgebracht werden: als ihn nun der Bischoff zu verwahren vermeinte / begehret ein Frembder mit dem Bischoff zu reden: so bald er ihn in das Zimmer gelassen / hat er den Zauberer mit einem Dolchen durchstochen. Also kan keiner / der sich zu Gottes Feinden geschlagen / dem gerechten Gericht Gottes entfliehen.

9. Dergleichen hat sich auch jüngsthin zu Wolffenbüttel zugetragen / daß ein Kühehirt die Leute mit übernatürlichen Kunstmitteln geheilet / und sich einst bey einer Gasterey eingestelt / deren Wirtin eines Leutenamts Weib zu Nachts mit ümgetreten Hals in dem Bette gefunden worden. Dieser zauberte ein Pferd /und bedingte 30. Rthal. solches wieder zu heilen: Der Reuter verspricht 15. Rthal. alsobald / und die andre helfft / wann der Gaul zu recht gebracht: als solches erfolgt / wil er die hinterstellige 15. Thaler nicht bezahlen / und darůber kommen sie für die Obrigkeit. In dem nun diese Sache rechthängig schwebet / vergleichet sich der Zauberer mit dem Kläger / und lässet das bedingte Geld zu rücke.

10. Dieses machte den ruchlosen Gesellen noch verdächtiger / daß er darüber in Verhafft kommet /nachgehends auch auf Nachfrage seines Lebens und Wandels an die peinliche Frage geworffen würde. Er wolte und konte nichts bekennen: man sahe / daß ihm die Zunge in dem Mund aufgelauffen / und daß sein Schlund und Hals verschwollen. Alles zusprechen war vergebens / und alles Ermahnen ümsonst. [624] Endlich fängt er an zu schlaffen / und sahe man wol / daß er ohne alle Empfindligkeit. Solches begabe sich / so vielmal man ihn mit Schwefel brennen / oder sonsten martern wolte.

11. Als nun nichts mit ihme außzurichten / und der Teuffel ihm vermutlich zugesaget / er wolte ihm die Schmertzen und Mittel zu bekennen benehmen / hat man ihn wieder in Verhafft führen lassen / bald hernach aber hat man ihn schreyen hören / und als man zugesehen / hat ihm der Satan den Kopff herum gedreht gehabt / wie einer Tauben / und ihm also gelohnet / wie er verdienet.

12. Zu Erfüllung dieser Erzehlungen von der Zaubrer Ablohnung wollen wir anfügen / den Lohn eines frevlen Fluchers. Zu Rochelle war ein Bürgersmann vor wenig Jahren / der pflegte / was man ihm nicht glauben wollen zu beteuren: daß wann es nicht also /solte ihn der Teuffel schneutzen. Was geschihet? als er auff eine Zeit also falsch geschworen / und zu Bette lieget / kame ein kleines schwartzes Männlein hinein /scherte das Feuer an / legte die Zangen hinein / und machte sie klüen. Darauf gehet er mit der Feuerzängen für das Bett / zwicket seine Nasen ein / zieht ihn heraus / und führte ihn üm den Tisch / welcher mitten in dem Zimmer stande. Nach solchem lässet er ihn wieder loß / und sagt: nun hat dich der Teuffel geschneutzt. Weil dieser Mann gelebt / hat er das Brandmahl an seiner Nasen getragen / und ist dieser Verlauff zu Rochelle stattkündig.


Wer deß Höchsten Feinde trauet /
endlich viel zu spat beschauet /
daß er für verdienten Lohn /
bringt der Hellen Quaal darvon.
Ewig / ewig wäret lange /
machet ewig ewig bange /
lasst uns Gottes Diener seyn /
sonder eitel falschen Schein.
175. Deß Blinden Zeugschafft
[625] (CLXXV.)
Deß Blinden Zeugschafft.

Man sagt in dem Sprichwort: Was sol dem Blinden der Spiegel: deßwegen auch Aristoteles / als er befragt wurde: Warum man die Schönheit liebe? recht geantwortet / es sey eine Frage eines Blinden. So möchte man auch sagen: was sol ein Blinder zeugen? daß aber solche Zeugschafft von hören sagen / zu ferner Nachrichtung dienen könne / und daß solche Zeugschafft nicht verwerfflich / wollen wir aus nachgesetzten seltnen Fůgnis vernehmen.

2. Ein Kaufmann von Lucka aus Italien bürtig /hatte sich lange Zeit in Engeland aufgehalten / und wolte nun nach Hause raisen / und sein Leben in seinem Vaterland beschliessen / schriebe auch deßwegen an seine Befreunde / sie solten eine Behausung für ihn mieden / er wolte innerhalb sechs Monaten sich bey ihnen einfinden. Also setzte er über Meer und kommet von Londen nach Rouan / mit seinem Diener / der ein Frantzos war: von dar nahm er seinen Weg auf die Weltgrosse Statt Paris zu / und führte mit sich seine Handelsbücher / Schuldverschreibungen und Barschafft.

3. Als er nun unterwegs bey dem Berg Argentueil /wird er von seinem Diener jämmerlich ermordet und in den Weinbergen aldar todt hinterlassen. Ein Blinder an den Weg / den sein Hund zu leiten pflegte /hörte eine Stimme / welche sich beklagte / ächtetzete und letzte. Der Blinde fragte den Thäter in dem verůberreiten / wer aldar wintzelte und heulte? Der Mörder antwortet / daß es ein Kranker / welcher seine Notturfft verrichten wolte. Darmit schieden diese beede / und lässet ihm der Mörder seines Herren Wechsel zu Paris zahlen / und war diese Sache [626] / als nicht geschehen / verschwiegen und vergessen.

4. Zu Lucka erwartet man deß Kauffmanns Jahr und Tage / und weil er sich nicht einstellte / senden seine Freunde einen absonderlichen Botten / Zeitung und Nachricht von seinem Aufenthalt zu erlangen. Dieser Abgeordnete verstehet zu Londen / daß er seinen Weg über Meer nach Dieppe genommen. Zu Dieppe sagt man ihm er were nach Rouan verraiset. Zu Rouan hört er daß er seinen Weg nach Paris fortgesetzet.

5. Als er nun von Paris wieder nach Rouan gelangt / und keine Nachrichtung erhalten / bringt er seine Verrichtung bey dem Parlament aldar an / und begehret oberherrliche Nachfrage / und Zeugschafft / daß er wegen deß verlohrnen Lückesischen Kauffmanns Erkündigund einzuziehen / eussersten Fleisses bemüht gewesen / damit ihm auf seine Ruckkunft keine Schuld der schlechten Verrichtung beygemessen werden möchte. Das Parlament befihlet dem Bannrichter /so wol in- als ausser der Statt fleissigst nach zuforschen.

6. Bigot (also nennte sich der Bannrichter) bringt in Erfahrung / daß ein neuer Handelsmann sich vor acht Monaten aldar angerichtet / und einen grossen Laden aufgethan und dieser war der Mörder / von welchem wir geredt. Bigot lässet eine falsche Schuldverschreibung in seinem Namen zu Papier bringen /in welcher er Haab und Gut verschreibet gegen einer Summa von 200. Kronen / und stellet einen Schergen an / der auff die Handschrifft klagen / und um oberherherrliche Verhelff bitten sol. Der Mörder wil diesen nicht kennen und nichts von der erdichten Schuld wissen. Darüber kommet er in die Gefängnis / und lässet sich verlauten / daß / wann es nur diese Sache betreffe / so sey ihm gantz nicht leid / er wolle diese Unbilligkeit wol rächen.

7. Hierauf bespricht ihn Bigot heimlich / und sagte daß zwar diese Handschrifft falsch / er wisse aber [627] wol / daß er und kein andrer den Lückischen Kauffmann ermordet / und daß er ein Fremder / dessen sich niemand annehme / und daß dieses Handels leichtlich vergessen werden könte / wann ihm der Gefangene für Unglück seyn wolte. Der Mörder verstande / daß es ům Geld zuthun / und weil ihn sein Gewissen druckte / liesse er sich vernehmen / daß er GOttes Hand in dieser Sache fühlte / weil kein Zeug wieder ihn / und wolle er mit der Warheit an den Tag gehen.

8. Also bald lässet Bigot den Schreiber holen /seine Aussage zuverfassen. Der Mörder aber sihet /daß er sich zu weit heraus gelassen / und ziehet wieder zu růcke / deutend seine Wort dahin / daß er sehe wie GOtt den Betrug mit der falschen Handschrifft eröffnet / und daß der Richter mit der Warheit heraus gebrochen: Was er ihm aber von der Mordthat beygemessen / sey eine Verleumdung / welche gleichs wehrts als der Inhalt angemasster Schulde. Man führet ihn wieder in Verhaff / der Sachen weiters nachzufragen.

9. Man forschet nun auf den Weg nach Paris / ob man von dem Leichnam einige Nachrichtung erlangen möge / und findet sich / daß vor etlichen Monaten ein Leichnam in den Weinbergen liegend / und von den Hunden halb zerfressen / zu Argentueil begraben worden. In dem kam der Blinde und bettelt an besagten Bigot / höret auch was er mit dem Burgemeister deß Orts / wegen deß erwürgten Kauffmanns redete. Hierzu stimmet der Blinde und sagte / daß er damals auf eben der Strassen bey dem Weinberg einen schreyen hören / und daß der Mörder mit ihm geredet / vorgebend / daß das Geschrey von einem Kranken herkomme / welcher seine Nohtturfft verrichtet / etc. Bigot fragte den Blinden / ob er wol die Stimme erkennen solte / wann er solchen vermuten Mörder solte reden hören? Der Blinde sagte ja / weil ihme an dem Gehör und Gedächtnis zugehe / was ihm an dem Gesicht ermangle.

[628] 10. Bigot bringt diesen Blinden nach Rouan / lässet den gefangenen Mörder reden / und den Blinden verborgner weise zuhören; welcher bejahet / daß es eben der / welcher mit ihme auf dem Berge geredet. Man führt ihm den Blinden unter Augen / sagt ihm /daß er mit ihm geredet / nach deme er den Kaufmann ermordet: Er solte Gott die Ehre geben / und die That bekennen. Der Gefangene beklagte sich über die falsche Anklage: Wie man eine falsche Handschrifft wieder ihn verabfasset / ihn unschuldig deßwegen in das Gefängnis geworffen / mit guten Worten aus ihm locken wollen / was er nie gethan / und nun führe man einen blinden Zeugen auf / der doch / nach aller richtigen Vernunfft / nicht zulässig. Also könne die Verleumdung mehr nicht erdenken / als bereit wieder ihn ausgewůrket worden.

11. Man lasset ihrer zwantzig nach einander reden /und fragt den Blinden welcher der gewesen / so mit ihme auf dem Berge Sprache gehalten: Erkante jedesmal deß gefangenen Mörders Stimme. Und solches beschahe offt / zu versichern / daß der Blinde die Warheit sagte / und daß dieser / und kein andrer mit ihme auf dem Berge geredet. Solches alles war genugsam den Beklagten mit der peinlichen Frage zu drauen / und als man betrachtet / wie wunderlich dieser Handel daher gegangen / daß dieser blinde Zeuge sich eben unferne von der That gefunden / ohne gefehr die Erzehlung Bigots anhöret / sich der Wort und Stimme so unfehlbar erinnert / etc. Wie auch alles anders /was im Gegentheil eingewendet worden / daß dieser Beweiß ohne Grund / der einige Zeuge verwerfflich /etc. sind die Parlaments Herren unterschiedlicher Meinung gewesen.

12. Als nun dem Gefangenen durch die Geistlichen beweglichst zugesprochen worden / hat er die That /aus Zwang seines bösen Gewissens / bekennet / und seine Sünde bereuet / daß er verhoffentlich die Seele gerettet / als er mit dem Rad vom Leben zum Tod gerichtet worden. Dieses erzehlet Pasquier aux recherches de la France L. 5. 20.


[629]
Solte Gott der HErr nicht sehen /
das / was böses ist geschehen?
Hat doch Er das Aug gemacht.
Solte der nicht können hören
und der Sünder Hertzen Lehren
Der das Ohr erst hat ursacht?
Nichts nicht kan verborgen seyn /
Als entdeckt der Warheits Schein.

Ende deß Siebenden Theils.

Der Achte Theil

Titel deß VIII. Theils
Titel.
Deß VIII. Theils.
CLXXVI. Der unerhenkte Gehenkte.
CLXXVII. Der ungetreue Freund.
CLXXVIII. Die ruchlose Gesellschafft.
CLXXIX. Die unbarmhertzigen Soldaten.
CLXXX. Die Teuffels Hummel.
CLXXXI. Der bestraffte Diebstal.
CLXXXII. Ungeborner Kinder Hertzen.
CLXXXIII. Der denkwürdige Tod.
CLXXXIV. Die merkwürdigen Traume.
CLXXXV. Die verzweiffelte Rach.
CLXXXVI. Die ungerechten Richter.
CLXXXVII. Bestraffung der Winkel Ehe.
CLXXXVIII. Die betrübten Hochzeitere.
CLXXXIX. Deß Teuffels Betrug.
CXC. Die bestrafften Spötter.
CXCI. Der vorbewuste Todesfall.
CXCII. Die ermordte Mörder.
CXCIII. Der Mohren listige Untreue.
CXCIV. Die unglüks-wůnsche.
CXCV. Die freywillige Unsinnigkeit.
CXCVI. Das vorsetzliche Unglůck.
CXCVII. Der blinde Zorn.
CXCVIII. Der Frevle Buler.
CXCIX. Der betraurte Irrthum.
CC. Der Vater Mörder.
176. Der Unerhenkte Gehenkte
[632] (CLXXVI.)
Der Unerhenkte Gehenkte.

Es ist den Rechtgelehrten eine Frage: Ob man einen gehenkten / und zu dem Strang verurtheilten Dieb / an dem Hochgericht verwesen und verfaulen lassen /oder selben herab nehmen und vergraben sol? Die Ursachen für ja und nein lassen sich wol hören. Daß GOtt befohlen in seinem Gesetz / man sol die Ubelthäter begraben / ist zu ersehen in dem 5. Buch Mose am 21. Cap. 22. vers. Wann jemand eine Sünde gethan hat / die deß Todes würdig ist / und wird also getödtet / daß man ihn an ein Holtz henget / so sol sein Leichnam über Nacht nicht an dem Holtze bleiben /sondern desselben Tages begraben werden. Dieses Gesetz / sagen andre / sey mit der Juden Regiment aufgehoben / ein Dieb an dem Galgen mache den ruchlosen Gesindlein einen grossen Abscheu / und /weil das Laster deß Diebstals zugenommen / habe auch die Straffe zunehmen můssen.

2. Es geziemet sich nicht von dem Gesetze / sondern aus dem Gesetze zu urtheilen / und ist genug /daß solcher Straffe nicht der geringste Antheil die Verwesung in den Lůfften. Ob nun gegen Geld und Gut der Verlust deß Lebens verantwortlich / wie etliche [633] beständig verneinen / ist dieses Orts nicht anzuführen / und wollen wir aus nachgesetzter Erzehlung von einem Gehenkten und nicht erhenkten lernen /daß war sey / was Hippocrates Aphoris. 43. bemerket / man könne einem / so lang er an dem Strang erworgend mit dem Munde schaume / wieder zu recht bringen / und bey dem Leben erhalten.

3. Nicht ferne von Nördlingen / in dem Schwabenland / hat sichs begeben / daß ein Soldat in einem Dorff tauffen lassen / und einen Fleischer oder Metsker zu Gevattern gebetten / welchen wir Pendin nennen wollen. Wie nun die Gevatterschafft ein Band Christlicher Freundschafft / und von allen solches Werk willig verrichtet werden sol / also hat sich auch Pendin darob erfreuet / den Teufling beschenket die Mahlzeit ausgerichtet / und sich fast über vermögen freygebig erwiesen / daß der Soldat nicht Ursache gehabt / sich so undankbar zu erweisen / wie folgen wird.

4. Der Wein ist der Schlůssel zu der Geheimnis /wie jener gesagt / und als diese Gevattern vertreulich und auf gut teutsch mit einander gezechet / brache Pandin heraus / er hette in willens sich gegen Ulm zu begeben / und Vieh einzukauffen / solches Vorhabens hette er bey hundert Thaler beysammen / und fürchtete nur die Unsicherheit. Der Soldat Falset / sagte daß nach erfolgtem Friedenschlus die Soldaten in die Dörffer vertheilt / und daß die Bauren nunmehr und nicht sie / Herren weren / er solte nur die linke Hand halten / gegen der Donau zu / so könte er sicher fort kommen.

5. So bald nun diese von einander geschieden / hat Falset zwee von seinen Spies-Gesellen / aus den nechsten Dörffern / in der Nacht aufgewecket / und sie mit sich auf den Anschlag genommen. Diese drey warten nun dem Metsker in einem Gehültz für / und er kame mit angebrochenem Tage den zweyen entgegen / weil sich Falset verborgen und nicht sehen lassen. Die Soldaten wollen Geld und Blut von Pendin haben: er aber wiedersetzet sich / und hette sich von [634] ihnen gerissen / wann nicht Falset darzu gekommen / ihn helffen zu Boden werffen / das Geld abnehmen / und die Mutz ausziehen.

6. Wie nun? sagte Pendin / ist das Gevatterlich gehandelt? hab ich dir nicht dein Kind willig aus der H. Tauffe gehoben / selbes beschenket / und dir alle Freundschafft erwiesen? ist das mein Dank? Falset sagte / daß es nicht wegen der Gevatterschafft / sondern wegen seines Gelde zu thun / das keine Freundschafft leide. Pendin war übermannt / gabe gute Wort aus / und bate üm sein Leben: Sie aber hielten einen Raht / sich dieser Beute durch seinen Tod zu versichern.

7. Pendin hatten sie die Hände gebunden / und ob er sie zwar flehet / wolten sie doch die Angst seines Hertzens nicht sehen / als Leute / die nicht wusten was Barmhertzigkeit were. Nach langem Bedacht henken sie ihn an ein starkes Hosenband / an einen Baumen / nechst welchen ein abgehauener Stock / und gleichsam zu diesem Handel gemachet war. Nach dieser Taht gehen sie mit der Beute darvon / und vermeinen / sie weren nun sicher / weil Pendin in dem dicksten Wald erwürgen muste / und von den Verübergehenden noch gesehen / noch bey solchem Zustande würde gehöret werden.

8. Es fügte sich aber daß eben zu selber Zeit eine arme Holtzträgerin von ferne das Gereusch und Getümmel gehöret / und nach deme es wieder still worden / hinzu geschlichen / und den armen Pendin /nicht sonder erstaunen hangen sehen. Sonders zweiffel aus Gottes Eingeben springt sie auf den Stock /und schneidet den Strang ab / sperr ihm den Mund auf und labet ihn mit Schnee und einen Bissen Brod / daß er nach weniger Zeit wieder zu sich kommen / und sich erinnert / was ihm von seinem Gevattern verrähterischer weise begegnet.

9. Er bate die arme Frau / sie solte mit ihme nach Nördlingen zu dem Obersten gehen / und wahre Zeugschafft leisten / was sie an ihme gethan / er wolte [635] ihr diese Mühe danckbarlich vergelten / und die Zeit seines Lebens bey sich behalten. Die arme Taglöhnerin gehorchet ihme / und kamen beede zu dem Obersten /erzehlen den Verlauff / und bringen zu wegen / daß die drey Mördersbuben erfordert / und wegen verübter That befraget werden.

10. Ablaugnen war diese erste Antwort: als sie aber Pendin aus der Kammer herein treten sahen / hat sie ihr Gewissen überzeuget / daß sie sich erbotten das Geld wieder zu geben / und haben flehendlich ům Gnade gebetten. Der Oberste fragte welches Falset? Pendin zeigte seinen Gevatter Dieb / und vergnügte sich / daß er sein Geld wieder bekommen / von welchem er der armen Holtzträgerin eine gute Verehrung gabe / daß sie ihn bey Leben erhalten / und die Warheit kundschafften wollen.

11. Der Oberste aber wolte ein Exempel an dem solchen untreuen und undankbaren Gesellen zu Abscheu sehen lassen / und hat Falset / sampt seinen zweyen Gesellen / aufzuhenken gebotten: welches auch alsobald werkstellig gemacht worden / daß sie also erfahren und ausstehen müssen / was sie den unschüldigen Pendin zu thun vermeinet. Dieses hat sich begeben 1648. zu Ende deß Jahrs / und ist besagter Orten Landkündig. Sirach sagt / daß das Unglück von dem Hause deß Undankbaren nicht weichen werde: also könte man sagen / daß das Unglück von dieses Falsets Hals (weil er kein Hauß gehabt) nicht mehr weichen können. Untreu hat ja seinen eignen Herrn getroffen / und ist er in die Gruben gefallen / welche er selbst gegraben / und were zu wünschen / daß es allen falschen und undanckbaren Gesellen / also er gienge / weil doch unter diesem Laster viel / wo nicht alle andre Untugenden verborgen sind.

12. Hierbey wollen wir anfügen folgendes

Lehrgedicht

Von der Menschen Unart.


[636]
Der Mensch / der Pilgermann auf dieses Lebens Wege
begegnet manchen Thier' auf einen schmalen Stege.
Die sprachen Menschen Wort. Der Hund sagt: höre zu /
Ich / ich bin meinem Freund getreuer / als nicht du /
dem / der dir gutes thut. Das Pferd begint zu sagen:
Der mir schafft Speiß und Trank / pfleg' ich auf mir zu tragen /
gehorsam' auch der Hand die mich gar leicht regiert /
du widerstrebest GOtt / der dir das Hertz gerůhrt /
dich nehret und erhält. Deßgleichen sprach die Kuh':
ich bin / nie satter Mensch / viel baß vergnügt / als du.
Für wenig Heu und Gras / pfleg' ich viel Milch zu geben /
und du strebst Tag' und Nacht nach deines Nechsten Leben /
nach seinem Haab und Gut / der Arme für der Thür
bejammert deinen Geitz / sein Geld trägst du ihm für /
sein ist dein überfluß. Der Esel sagt / ohn fragen:
Ich Esel bin so klug / wann man mich todt solt schlagen
gieng ich nicht in die Flamm': Ach tolles Sünden Kind!
du stůrtzt dich in die Höll' / als werst du Starenblind.
Schand über alle Schand! die Thiere můssen lehren /
wie sich das Menschen Volk zum Höchsten sol bekehren.
[637]
Die Wolthat und die Stimm bezahmt das tumme Thier
und dieser keins erzwingt der Menschen Schuldgebühr.
177. Der ungetreue Freund
(CLXXVII.)
Der ungetreue Freund.

Die Eitelkeit dieser Welt wird in nachfolgenden Lehrgedicht oder Fabelkunst artig gebildet. Ein König (Gott) baute einen schönen Garten (die Welt) und bepflantzte ihn mit vielen Bäumen und Blumen. Die Königin (die frommen Menschen) gange mit etlichen ihren Frauenzimmer in dem Garten spatzieren / und sahe einen schönen Lorbeerbaum (Psal. 37.) der breitete sich weit aus und sprach mit stoltzen Worten: grüne ich nicht herrlich? ferner sagten die bunten Blumen in ihren tausendfärbig Kleidern: blühen wir nicht prächtig? drittens sahe sie etliche Pferd in fettem Gras sich weiden / und diese sagten: Leben wir nicht niedlich?

2. Es kam aber ein Sturmwind (Ps. 103.) und verjagte die Königin aus dem Garten. Nach dem der Wind verüber / kehrte die Königin wieder in das Grüne zu spatzieren / und da sie den Lorberbaum suchte / sihe da war er nicht mehr da / sondern ein Vogel sange an derselben Stette:


Eitelkeit / Eitelkeit / Eitelkeit
eilet heut / eilet heut / eilet heut.

Sie setzte ihren Fuß fort / und kame zu dem Blumenfeld / und sihe ihre Stätte kennte man nicht mehr / es sasse aber alldar eine girrende Turteltaube / und liesse diese Worte hören:


Eitelkeit / Eitelkeit / Eitelkeit
pfeilet mit flůchtig geflůgelter Zeit.

[638] Drittens war auch das Gras abgemeyt / in den Ofen geworffen worden / und an statt deß Pferdes waren aldar Laubfrösche welche also quackten:


Eitelkeit / Eitelkeit / Eitelkeit /
wandelt die Freuden in reuiges Leid.

Hieraus merckte die Königin / daß dieses alles der schnelle Wind (die Zeit) verursachet / und sange mit ihren Jungfrauen ein sehnliches Klaglied.

3. Dieses ist ein feines Gemähl der Eitelkeiten dieser Welt / welche vornemlich bestehen in nichtigen Ehren / stoltzen Kleidungen / und kostbarlicher Speise und Trank / welches alles zu Hofe in schwang gehet und für die höchste Glückseligkeit gehalten wird / deßwegen auch auf viel hinterlistige weise erlangt / erhalten / und nicht ohne Reue verlohren wird. Ich sage / nicht ohne Reue / wann man nemlich in der Todesstunde der ecklenden Eitelkeiten dieser Welt einträchtig wird / und erkennet / daß solche nicht erretten an dem Tag deß Zorns / wie wir hiervon ein vielen wol bekante Geschicht erzehlen wollen.

4. Lycaon also wollen wir die Haubt-Person nach gehenden Traurspiels nennen / hatte sich in einer grossen Statt Diensten aufgehalten / und sich in einem ansehlichen und guten Zustand befunden. Weil ihm aber sein Sinn hochstande / und er vermeinte / daß ihme versprechlich seines gleichen zu Gebot zu stehen / und solchen Herrn deß Rahts aufzuwarten / welche seines Herkommens / hat er sich in eines benachbarten Fůrsten Dienste begeben / und ist gleichfals bey Hof in überaus grossem Ansehen gewesen.

5. Lycaon wuste / daß alle die Linien Fürstlicher Gedanken (zum wenigsten bey seinen Herrn) in demCentro oder Mittelpunct zusammen liefen / wie man den Unterthanen das Geld aus dem Beutel bringen möchte / und war also seinem Herrn auf viel weise beyrähtig / wie Auf- und Anlagen zu machen / die Einkunfften zu vermehren / und die Rentkammer zu bereichern. Der Fürst lobte und liebte [639] diesen ungerechten Haußhalter / welchem das gantze Land fluchte / und als einen vorsetzlichen Ursacher ihrer Armut zu hassen Ursach hatte.

6. Nach deme ihm nun der Fůrst für so getreue und wolgelaiste Dienste beschenket und mit etlichen adelichen Sitzen verehret / fügte sich eine Friedens handlung / zwischen hohen Potentaten angestellet / und dieser Lycaon wurde wegen seines Fürsten auch dahin abgeordnet. Solche Gesandschafft übernimmt er mit Freuden / seinen Nutzen dardurch zu schaffen / hoffend / wie auch mit endlicher Reue erfolget.

7. Die Handlung ist seinem Herrn und vielen andern sehr nachtheilig gefallen / daß Lycaon sich zu wiedersetzen Ursache / und die Unterschreibung verweigert. Die andren Gesandten zu deren Vortheil die Sache gerichtet / versprachen güldne Berge. Ehrentitel und eine Summa Gelds / wann Lycaon seinen Herrn würde einwilligen machen. Dieses war der Vogelleim / welcher seine Schwingfedern einschlagen konte /wie auch erfolgt / und wurde alles versprochner massen werkstellig ausgenommen die Auszahlung deß Geldes.

8. Zu solchem zugelangen er sinnte Lycaon eine meuchellistige Untreue / dergestalt. Er hatte zu N. einen guten Freund und Gevattern / der hatte sich auf der andern Seiten zu tief eingelassen / und ist deßwegen in deß höchsten Haubtes Ungnad / (wie ihn Lycaon angegeben) gefallen. Als nun Periander (also nennen wir den Beklagten) nach Hof / zu seiner Verantwortung geladen wurde / fliehet er zu Lycaon / und bittet auf Mittel zugedenken / daß er wieder möchte ausgesöhnet werden.

9. Lycaon lässet sich willfährig finden / und saget /daß das einige Mittel sey Geld / vermittelst welches diese Sache geschlichtet werden könne. Nach gepflogener Handlung wird die versprochene Aussöhnung gegen Erlegung dreyssig tausend Reichsthaler verglichen / und diese wurden Lycaon versprochner massen überwiesen. Ein schönes Geld ein [640] gutes Gewissen zu verkauffen / welches mehr werth ist / als die gantze Welt / die nichtes hülffet wann man Schaden leidet an der Seel.

10. Nach so ausgewirckter Meuchellist lässet sich Lycaon für ůber lug bedunken / und klopffet gleichsam in die Hand / daß er alles so weißlich angefangen. Für den Menschen hatte er sich nicht zu fürchten / weil ihn jedermann / ja auch seine Feinde ehren musten. An Gott aber gedachte er selten / oder gar nicht: massen solche Mammons Diener zu dem Goldklumpen sagen / du bist mein Trost / zu dir hab ich Zuflucht.

11. Es fügte sich aber / daß dieser Lycaon erkrankte / und nun die Zeit seines Abschieds verhandene oder daß sich das Freudenspiel in ein Trauerspiel verkehren solte: Getreuer Gott! sein bißhero schlaffendes Gewissen wurde plötzlich erwecket / und sahe er den ewigen Tod in den letzten Nöhten: ja er fühlte daß der Stab ůber ihn gebrochen / und nicht allein alle Artzney / sondern auch aller Seelen Trost verlohren und umsonst wären. Es lage ihm fůr Augen alles böses so er vorsetzlich begangen / und sonderlich die grosse Untreue die er wieder seinen Gevattern und guten Freund verůbet.

12. Endlich brache er in diese erschröckliche Wort heraus / dafür ein frommes Christen Hertz billich erstaunen solte: Ich fühle leider die höllischen Flammen / und die ewige Angst meiner Seelen. Ach / was hab ich gethan / daß ich gegen den gewonnenen Reichthum meine Seele verlohren! Weh / weh mir! kein Trost wil in meinem Hertzen helffen: Die Barmhertzigkeit Gottes gehet mich stets ruchlosen Sůnder nicht an. Ich leide Qual in diesen Flammen / und alle welche ihre Oberherren mit mir zu hintergehen geholffen / werden auch kommen an den Ort der Qual. etc. Mit diesen und dergleichen Worten hat er seinen Geist auf- und sonderszweiffel dem Seelen Mörder jämmerlich übergeben.

Ein Vielfraß ist der Tod / der keines je vergessen:
Wer ihn gesehen hat / den hat er schnell gefressen.
[641]
Er frist ohn Unterscheid: da hilfft noch List noch Geld;
Und dieses Wunderthier wird nie satt in der Welt.
178. Die ruchlose Gesellschafft
(CLXXVIII.)
Die ruchlose Gesellschafft.

Vier Kinder spielten in einem Hause / und trieben grossen Mutwillen: das eine fiele / das andre hatte sich gestossen / das dritte hatte sich verrenket / und dem vierten wurde Staub in die Augen geworffen /daß es nicht sehen kunte. Die ersten zwey laugneten /daß sie Mutwillen getrieben / und vermeinten der Vaterrute zuentfliehen. Diese wolten ůber einen schmalen Steg lauffen / und sind in ein tiefes Wasser gefallen und ersoffen. Die andern zwey aber kamen zu ihrem Vater / bekennten ihr Unrecht / und baten üm Gnad und väterliche Hülffleistung. Der Vater war ein frommer Mann / und liesse ihnen durch seinen gehorsamen Sohn wieder helffen.

2. Die Deutung dieser Fabel oder Lehrgedichts wird erhellen aus nachgehender Erzehlung / welches wir die böse Gesellschafft nennen / und hat sich solches begeben / theils zu Goldin in Churland / theils auf dem Land herum. Wir wollen nicht verhoffen /daß sich jemand dardurch beleidiget finden sol / welcher vielleicht den benannten Edelleuten verwandt und bekant: weil kein Geschlecht in der Welt / darinnen nicht etliche unartige solten zufinden seyn: gleich wie auch kein Mensch / der von allen Lastern befreyt lebet / und gebrauchen wir uns solcher Erzehlungen von der ruchlosigkeit / wie deß Giffts in den Tiriack.

3. Es haben sich in vorgemelter Statt Goldin vor wenig Jahren drey Edelleute unn ein Schneider aufgehalten / welche von Jugend auf allen Sünden / Schanden und Lastern ergeben / und solche unter ihre Tugendtitel zehlten / wie heut zu Tage der [642] Welt Gebrauch ist. Der Edelleute Namen waren folgende Ganzou Blumberg / und Prink. Diesen gesellte sich der Schneider zu / weil er ihres gleichen war / und Vögel gleicher Federn gerne mit einander fliegen /wie das Sprichwort saget.

4. Diese vier verschworen sich in 8. Jahren 1. kein Vater Unser zu beten / 2. sich nicht zu waschen / 3. keine Haare abschneiden zulassen / und 4. keine Nägel abzukürtzen. Ob das nun eine ruchlose Gesellschafft zu nennen / ist aus ihren Gottes und Zuchtvergessnen Gelübd abzunehmen. Wie sehr sie sich darbey verschworen / ist leicht zu ermessen: massen / der böse Geist in dergleichen Leuten seine Werkstatt /daß sie rechte verteuffelte Leute / durch welche und in welchen er würket alles das übel / so sie begehen.

5. Keine Sünde war ihnen zu viel: Sie ermordeten die Leute auf der Strassen / nicht ihnen etwas abzunehmen / sodern aus Hochmut ihren Spott mit den Sterbenden zu treiben: gestalt noch ein Kreutz aufgerichtet / unferne von besagter Statt Geldin / darunter ein Wandersmann begraben / den sie erschlagen. Sie hatten die Kunst sich fest zu machen. Huren und Buben war ihnen eine Tugend / Fressen und Sauffen eine Ehre / Spielen und Trügen ihr grösster Ruhm.

6. Auf eine Zeit entzweyte sich Blumberg oder Prink / (der Name ist mir abgefallen) bey dem Trunk /mit seinem Bruder / und wolte sich mit ihm rauffen. Andre so darbey waren / brachten sie von einander /und wurde die Sache auf den nüchtern Morgen auszutragen versparet. Inzwischen entschläfft der Bruder und leget die beeden Arme auf den Tisch / und in dieselbe das volle Haubt. Der rachgierige Edelman ersihet die Gelegenheit und hauet mit seinem breiten Reutresdegen seinem ertschlaffenen Bruder das Haubt ab / daß er in allen seinen Sünden dahin gestorben.

7. Als nun die Schergen Hand an ihn legen / und er sich nicht gefangen geben wollē / gebrauchen sie Gewalt wieder Gewalt / und machen ihn also nieder:[643] weis nicht / ob ihm einer die Kunst aufgethan / oder ob seine Zeit aus / auf welche sie gegeben worden. Prink aber hat sich zu todt gefallen / als er zu einer Dirne / bey Nachts einsteigen wollen. Haben also diese beede nicht das vierte Jahr in ihrem Sünden-Leben geraset / und werden nun ihre Urtheil empfangen an jenem grossen Tage. Dieses sind die zwey bösen Kinder welche in der Fabel der Vaterrute über den schmalen Steig entfliehen wollen.

8. Gantzou gange auff einen Abent in seinen Stall /die Pferde zu besehen / und bildet ihm ein / er gienge auf vollen Leuten / welche von der Trunckenheit eingeschläffert / durch seine Fußtritt wieder aufgewecket wurden. In diesen Gedanken eilet er aus dem Stall: kan sich aber solcher Einbildung nicht entfreyen /sondern vermeynet beharrlich / daß ihme viel Trunkenbolde unter den Füssen legen. Seine Diener begleiten ihn zu Bette. Er fängt an von seinen Gesellen zu fabeln / und bittet man solte ihm doch diese versoffne Leute aus der Kammer schaffen.

9. Die Geistlichen besuchen ihn: es wil noch Trost / noch Gebet hafften / und er kommet fast gantz von Sinnen. Man thut allgemeine Fürbitte und bestellet ihn feine Christliche Leute / die ihm wachen und warten sollen / welche auch so viel bey ihm ausrichten /daß er auf den rechten Weg gebracht wird / seine Sünde hertzlich bereuet / sie Gott abbittet / und mit gutem Verstand in wahrer Gottseligkeit / sein Leben auf dem Bette endet.

10. Als solches dem noch übrigen Schneider wissend worden / hat er sich in solchen Straff- und Gnadenspiegel seiner Gesellen ersehen / und bedacht sein Leben zu bessern / von Sünden abzustehen / und gutes zu thun / damit er nicht auch / wie seine Brüder kommen möchte an den Ort der Qual / welcher bereit ist dem Satan und seinen Engeln / deren Feuer nicht verlischt / und der Wurm nicht aufhöret zu nagen.

11. Es kame also der Schneider in den Beichtstul [644] /gabe sich fůr einen reuigen Sünder dar / und bate üm Vergebung. Der Beichtvater kennte diesen Gesellen nicht / sprache ihn gleich andern loß / und ließ ihn gehen. Folgenden Morgens / als er nach vollendter Predigt zu dem Altar tretten wil / und deß heiligen Abendmahls theilhafftig werden / findet sich ein solcher Nebel für seinen Augen / daß er tappet wie ein Blinder in der Demmerung / und kan den Altar nicht finden.

12. Dieses nehmen die Anwesenden in acht und wolten ihn hinleiten: er aber schlägt in sich und bekennet / daß er noch nicht genugsame Reue über seine grosse Sünde gehabt / und sich deßwegen noch der Zeit solcher heiligen Speise gantz unwürdig achte. Nach deme er nun wieder aus der Kirchen gekommen / ist er wieder sehend worden / und hat sich von gantzem Hertzen zu Gott bekehret / und das heilige Nachtmahl würdig empfangen.


Gute Sitten sich verstellen
durch die bösen Rottgesellen.
Halte dich zum weisen Mann
und laß böse Buben gehen /
so wirst du mit Lob bestehen /
ob gleich ein erdichter Wahn
bey den bösen bringet Schimpf:
macht dir doch die Warheit Glimpf.
179. Die unbarmhertzigen Soldaten
(CLXXIX.)
Die unbarmhertzigen Soldaten.

Die Wölffe hielten einsten einen Raht / wie sie die Schaffe eines reichen Herrn / mit List fangen und erwůrgen möchten: beschlossen endlich das gantze Land voll verborgne Stricke zu legen / damit sich die Schäflein auf der Weide darinnen verwirren / und ihnen zu theil werden möchten. Diesen [645] Fürschlag richteten sie zu werke / daß man bald hier bald dar /ein Schäflein in den Fallstricken gefangen sahe / welche alle dem Wolff zur Speise wurden.

2. Der Herr der Schafe sahe wol daß seine Herde abnahme / und daß die Hunde die Fallstricke nicht verwehren mochten: schickte deßwegen einen getreuen Oberhirten / der die Schäflein aus den Stricken lösen / und sie sicher weiden solte: Solches thäte er mit grossem Fleiß: doch möchte er samt seinen Unterhirten nicht verhüten / daß bey so grosser Herde nicht etliche gefangen wurden / deßwegen er bewogen wurde seine Herde in eine Insel zufůhren / da sie / und für aller Noht gesichert / in gutem Frieden leben möchten.

3. Ob nun wol dieses Lehrgedicht eine feine geistliche Deutung haben kan / wollen wir es doch auf den Zustand jetziger Zeiten ziehen. Die reisende Wölffe deß Krieges / haben die armen Unterthanen aller Orten mit Gewalt und mit Hinterlist in ihre Fallen gebracht / (dann wie soll der Bedenken tragen einen Bürger in der Statt zu betrügen / den er ausser der Statt ům Haab und Gut zu bringen trachtet /) sie beraubet und gleichsam verschlungen. Der Hirt ist der Fried / welcher die Schafe zu sichern von Gott gesendet worden: ist aber leider nicht stark genug / alle und jede Schäflein in Gewarsam zu bringen / wie hiervon etliche Geschichte / mit erstaunen zuvernehmen /unter welche auch folgende zu zehlen.

4. In Elsas hielte sich ein reicher Edelmann auf seinem adelichen und festen Schloß / hatte sich auch die gantze Zeit wärender Kriegsjahre / mit seinen eingeflehnten Unterthanen für äusserlicher Gewalt geschützet / und vermeinte nun bey erhandlenden Frieden künfftig gesichert zu seyn. Es ist aber unter Niederlegung der Waffen und deß würklichen Friedens Anfang eine grosse Klufft befestiget / wie weltkündig.

5. Die Frantzösische Macht hatte noch das Elsas /biß zu endlicher Vollziehung deß Friedens zu [646] beziehen / darinnen aus zu rasten / und fernere Verordnung von Hofe zu gewarten. Unter andern erstrekten sie ihre Einlägerung biß zu besagten Edelmanns Schloß /und begehrten die öffnung. Der Edelmann wuste ihren Gebrauch / daß nemlich bey ihnen kein Ansehen der Person / und daß der Feind ist / welcher noch was ůberig hatte: wolte deßwegen / solche unverschämte Gäste nicht haben / sondern erbote sich / ihnen ein stück Brod (darunter alle Leibes Nohtdurfft / wie in Auslegung der vierden Bitte / verstanden wird) hinaus zu verschaffen / wie er auch gethan.

6. Damit wolten sich die Soldaten nicht abspeisen lassen / und begehren nochmahls sie einzunehmen /oder sie wolten Gewalt verüben. Der Edelman bate darfür / und sagte / daß er alsdann Gewalt mit Gegengewalt werde vertreiben müssen: wol wissend / daß sie keine Stücke bey sich / und ohne solche sie nicht zu ihn hinein werden kommen können.

7. Welcher Gestalt sie diese Sache bey dem Feldherrn vorgebracht ist unwissend: sie haben aber Stücke und mehr Völker erlangt / und sind also mit Macht für das Schloß geruckt / die Stücke gepflantzet / und die Mauren zu fällen angefangen / als ob sie mit ihrem Feinde und nicht mit ihrem Freunde zu thun hätten.

8. Der Edelmann hatte bey sich sein Weib / und seine Schwester / benebens kleinen Kindern / so in dergleichen Belägerung mehr hinterlich / als förderlich / und betrachte daß er solchen Ernst nicht würde wiederstehen mögen / fängt deßwegen an sich in Handlung einzulassen / und nach kurtzem Wortwechsel verspricht er ihnen ein Summa Geld / wann sie ihn sambt den Seinigen frey und sicher / nach Strasburg abziehen lassen.

9. Der Vergleich wird geschlossen / zu Papier gebracht und beedertheils unterschrieben. Als nun der Edelmann das Thor eröffnet / und das Geld gezehlet hatte / willens mit den seinen das Schloß zu raumen: ersehen die Soldaten seine Schwester [647] und wollen dieselbe zurücke behalten. Der Edelmann widersetzet sich / und wil sie nicht hinterlassen.

10. Hierüber zerschlägt sich aller Vergleich / und habē diese ruchlose Gesellen nicht nur die Schwester /sondern auch sein Weib und seine Tochter für seinen Augen geschändet / ihm alles abgenommen / und nach verübten Mutwillen zum Fenster hinaus gehenkt. Mit den Unterthanen und ihren Weibern haben sie es nicht besser gemacht / und sind deßwegen (so viel der Orten wissend) nicht bestraffet worden.

11. Dieses ist / was ich durch der Wölffe Fallstricke / in Eingangs erzehltem Lehrgedicht bedeuten wollen. Es ist ja zu erbarmen daß die nothwendige Kriegszucht bey dem Soldaten (so von Soldhabē den Namen hat) gantz aufgehöret / daß sie fast zu Mördern und Raubern werden müssen: weil der Magen /wie jener gesagt / keine Ohren hat / und sich der Hunger mit Worten nicht stillen lässet.

12. Barnabas Brissonius Præsident in dem Parlament zu Paris / hat zu seinem Denkspruch erwehlet:


Nondum effugimus Fortunæ laqueos.
Wir sind dem Unglücks-Strick mit nichten noch entkommen.

Und er ist in dem Blutbad zu Paris 1569. zu seinem Fenster hinaus gehenket worden / daß es also diesen hochgelehrten Mann geantet / was Todes er sterben würde

Keiner weiß zu welcher Zeit
ihm die Todesstund bereit:
Darumb sol man jederzeit
zu dem Sterben seyn bereit.
180. Die Teuffels Hummel
(CLXXX.)
Die Teuffels Hummel.

Es hörten die Menschen Kinder / daß die Hölle ein ewiges Feuer / und der Himmel voll ewiger [648] Freuden wäre: deßwegen schickten sie zween Gesandte an Abraham / Isac und Jacob / und liessen sie fragen: wie sie dem Höllischen Feuer entfliehen / und zu der ewigen Freude gelangen möchten? Dem ersten Gesanden wurde geantwort: Zündet in eurem Hertzen an das Feuer der Liebe Gottes und des Nechsten / so wird euch das Feuer der Höllen nicht ergreiffen können. Dem andern Gesandten wurde geantwortet: Wendet nur halb so viel Mühe an / das ewige Leben zu erlangen / so viel Mühe ihr anwendet zu Erhaltung deß zeitlichen Lebens.

2. Diesen Raht nahmen wenig Menschen an: die meisten spotteten deß Rahts und der Gesanden / trugen mit grosser Mühe Holtz zu / und renneten in die Glut / unerachtet sie an der Strasse getreulich ermahnet wurden / zu růcke zu kehren und den Weg deß Verderbens zu verlassen. Die andern Menschen sendeten noch eine Bottschafft zu Abraham Isac und Jacob: anhaltend / daß doch nur einer aus der Hölle möchte zurücke kommen / und ihnen den Zustand derselben bezeugen.

3. Hierauf ward ihnen zur Antwort / sie wolten einen zuvor aus dem Himmel auf Erden senden: mochten aber keinen finden / der wieder in das Elend wolte / sondern antworteten alle einstimmig: Wir begehrens nicht ob wir gleich dörffen. Die Verdammten aber antworteten: Wir dörffen nicht / ob wir es gleich begehren. Wie nun Christus keinen von seinen Erlösten wieder auf die Welt lässet / weil er sie alle gleich liebet: also lässet auch der Satan keinen aus der Hölle / weil er sie alle gleich hasset.

4. Wolte GOtt daß dieses doch den ruchlosen möchte zu Hertzen gehen / welche so leichtsinnig den Himmel verschertzen / und sich vorsetzlich in die ewige Flammen stürtzen. Wann der reiche Mann solte wiederkommen / ist ausser zweiffel / daß er ein frömmeres Leben anfangen und seinen Brüdern von Mose und den Propheten predigen würde. Die Himmelsvergessne Leute aber / wollen auch nicht glauben den grossen Propheten / der in die Weltkommen / alle[649] Sünder selig zu machen: ja den der von Todten auferstanden ist / bekennen sie mit den Worten und verlaugnen ihn mit den Werken / wie Paulus redet in der Epistel an Tit. am 1. cap.

5. Zu Bologna (la grassa beygenamt) hat ein Mönich wenig Zuhörer: auf eine Zeit sagte er / daß er ihnen auf nechste Predigt eröffnen wolle / was der Teuffel mit ihm geredet. Dieses wird ruchbar in der Statt / und wurde ein grosses zulauffen von allen Enden derselben. Der Mönich tritt auf / und schilt diese Menge / daß sie / wann er ihnen Gottes Wort predige / nicht zuhören wollen: wann er ihnen aber von deß Teuffels Wort sage / da kommen sie alle gelauffen /

6. Also glaubte auch ein Student zu Erfurt den Zauberer oder Zaubergenossen mehr als Gottes Wort / in dem er sich beschwetzen liesse / daß GOtt durch seine Hand alle Schwedische Befehlhaber wolte hinrichten; daß nun ihre Zeit gekommen / und daß er durch solche Heldenthaten zu grossen Ehren und Vermögen gelangen würde.

7. Dieser Student glaubt solchem Vorgeben / und befraget seinen Teufflichen Lehrmeister / wie er solches Werk angehen solte? Er selber berichtet ihn /daß er die Hostien bey dem heiligen Nachtmahl wieder aus dem Mund nehmen / mit Füssen tretten / und alsdann wieder verschlucken solle / so werde er unüberwindlich seyn. Der elende Mensch thut solches /und beginnet darauf drey von den vornemsten Befehlhabern deß Orts zu ermorden.

8. Hierüber wird er handfest gemacht / und weil man vermeint / daß solches ein Anfang einer Verrähterey / und daß noch andre von dem Feinde mit in dem Spiel / ist er an die peinliche Frage geworffen worden. Alle Marter möchten diesen nicht bekennen machen / ob er wol zu unterschiedlich malen hart angestrenget / und mit Schwefel gebrand worden.

9. Der Henker vermerkte / daß der Lügen- und Mordgeist theil hatte bey diesem Handel: und weil er sich auch auf solche Sachen verstunde / brachte er[650] ihme einen Getrank bey / der purgierte und eine grosse Hummel von ihm triebe: Nach solcher schluge der Henker / mit der Hand / weil sie in dem Gefängnis herum schwermete: verwundete aber sich selbsten.

10. Endlich machte er das Fenster auf / da floge die Hummel hinaus / und der Studente bekennte frey und ungebunden / wie er besagter massen mißhandelt /und zu was Ende er sich unterstanden die Mordthaten zu begehen. Der Lehrmeister aber solcher verfluchten Zauberkunst war entflohen und nirgend mehr zu betretten.

11. Nach deme nun diese Unthat erhellet / ist besagter Student zum Rad verurtheilt und zuvor / wie etliche erzehlen / mit glůenden Zangen gebrennet worden. Wie er gefahren / und ob er sich von gantzem Hertzen zu Gott bekehret / ist für Menschen Augen verborgen.

12. Also würket der Satan in den Kindern deß Unglaubens / und bedienet sich der Bösen / auch die Frommen und Außerwehlten / wo es möglich were /zu verführen / und dieses ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag / daß der Teuffel weiß wie wenige Zeit er noch übrig und wie ein brüllender Löw suchet /welche er verschlinge.


Gleich wie der Vogler weiß die Vögel anzubeitzen /
so stelt der böse Geist den Menschen Seelen nach.
Durch süsse Fleisches-Lust / durch Ehr' und Geld ergeitzen /
und kommt die Reue spat / im Höllenweh und Ach.
181. Der bestraffte Diebstal
(CLXXXI.)
Der bestraffte Diebstal.

Es gieng ein armer Hirt an einem Ufer eines grossen und ungestümmen Wassers / hütend ein [651] Hauffen weisser Gänse. Zu diesem kam der Tod über Wasser /und wurde von dem Hirten gefragt: wo er her komme / und wo er hin wolle? Der Tod antwortete / daß er aus dem Wasser komme / und aus der Welt wolle. Der arme Gänßhirt fragte ferners: wie man doch aus der Welt kommen könne? Der Tod sagte / daß man über das Wasser in die neue Welt müsse / welche jenseits gelegen. Der Hirt sagte daß er dieses Lebens müd / und bate den Tod / er solte ihn mit über nehmen. Der Tod sagte / daß es noch nicht Zeit / und hätte er jetzt sonst zu verrichten.

2. Es war aber unferne davon ein Geitzhals der trachtete bey Nachts / auf seinem Lager / wie er doch mehr Geld und Gut zusammen bringen möchte / den führte der Tod zu dem grossen Wasser und stiesse ihn hinein: Weil er aber nicht schwimmen konte / ist er zu Grunde gesunken / bevor er an das Ufer kommen. Seine Hunde und Katzen so ihm nachgelauffen / sind auch mit ihm ersoffen.

3. Etliche Tage hernach kame der Tod auch zu dem Gänßhirten / fand ihn frölich singen und sprach zu ihn: Wiltu nun mit? Er war willig / und kam mit seinen weissen Gänsen wol hinüber / welche alle in weisse Schafe verwandelt worden. Der Gänßhirt betrachtete das schöne Land / und hörte / daß die Hirten der Orten zu Königen würden / unn in dem er sich recht ümsahe kamen ihm die Ertzhirten Abraham /Isac und Jacob entgegen / setzten ihm eine Königliche Kron auf / und fůhrten ihn in ihr Hirten Schloß / aldar er noch zu finden.

4. Dieses Lehrgedicht bedeutet der Gottlosen und Frommen jetzigen und künfftigen Zustandt: Sie leben ungleich und sind nach dem Tod wieder unterschieden. Die Bösen leben wol / und trachten den Nechsten ům das Seine zu bringen: Die Frommen leben hier übel und vergnügen sich in ihrem Zustand. Jene erschrecken nicht eine Stunde für den Tod: diese verlangen nicht mehr als zu sterben: werden auch zu ihrer Zeit in die ewige Seeligkeit / wie jene in die ewige Verdamnis versetzet / wie nachgehende Erzehlung mit mehrerm darthun sol.

[652] 5. In Steyrmark hat sich bey annoch wärender Einlagerung deß Kriegsvolks begeben / daß ihre zween /von ihren Nachbaren (welcher ein Müller oder wie andre berichten / ein Zimmermann gewesen) Korn zu entlehen begehren / weil sie aufgezehret und sich und ihre Kinder / wie auch ihre Soldaten ferners nicht er nehren könten / und wol wusten / daß dieser Müller überiges Getreid aufbehielte.

6. Der Müller oder Zimmermann (an diesem Umstand ist wenig gelegen) versagte ihnen ihre Bitte: einwendend / daß er sein Getreid selbsten von nöhten / und wann er auch was übriges haben solte / so könne er solches nicht verleihen / sondern müsse es versilbern und seinen Soldaten darmit bezahlen. Hierüber erzörnen sich die beeden Entlehner / und bedrauen ihn / nach langem Wortwechsel / daß sie das / was sie freundlich bitten / wol feindlich nehmen können etc.

7. Der Müller war ein behertzter Mann und wuste wol / daß sie solches heimlich diebischer weise bey Nachts thun müsten: wachte deßwegen auf seinen Boden / als ein Haußvater / der wartete / zu welcher Stunde die Diebe kommen würden. Er nahme zu sich seine Zimmer Axt / welche ihm ein Gewehr / darmit er ümzugehen wuste / und solche fast täglich zu fůhren pflegte / massen die Müller das Zimmer Handwerk verstehen müssen / wann sie anderst Nutzen zu schaffen vermeinen.

8. Dieser nun hatte sich in seinem Wahn nicht betrogen gefunden: dann folgende Nacht die Diebe eine Leiter angelehnet / und ist der eine hinauf gestiegen /durch das Fensterloch / oder sonsten durch das Dach hinein gekrochen / und einen Sack mit sich genommen / das Getreid seinen Nachbaren zu entwenden. Der andre hat die Leiter gehalten / willens hernach zu steigen / oder den Getreid Sack herab zu lassen.

9. Der Müller sihet diesen mit halben Leib in seinem Dach stecken / ergreifft die Axt / und haut dem Dieb in einem Streich den Kopf ab. Der andre sihet[653] seinen Gesellen noch hinein / noch heraus steigen /und eilet / nach dem er ihn etlich mahls geruffen / die Leiter hinauf / der Meinung die Sache besser zu verrichten: als er ihn aber bey den Kleidern ziehet / fället der Leichnam ohne Haubt ruckwarts die Leiter hinab /und schläget den Diebsgesellen gleichsfals zu rücke.

10. Wie dieser erschrocken / als er seinen Mit-Dieb ohne Haubt gesehen / ist unschwer zu ermessen / die Hoffnung zu dem Getreide liesse er sinken / und gabe die Flucht / damit er vielleicht nicht auch den Kopff verlieren möchte. Der Müller aber nimmt das Haubt /so er dem Dieb abgehauet / und stösset es in den Sack / welcher mit dem Korn hat sollen gefüllet werden /sendet es deß entleibten Weib und lässet ihr sagen /wie es mit seinem Tod daher gegangen / und daß deme also / werde der andre Nachbar können Zeuge seyn.

11. Das Weib erstaunet über solcher Beschickung /und laufft alsobald / diesen Fall der Obrigkeit anzumelden / welche dahin schicket / und durch ihre Diener den Leichnam besüchtigen / auch wegen dieser Geschicht Erkündigung einziehen lassen. Nach Befindung der Sachen wird der Müller freygesprochen /massen nach Mose Landrecht 2. Mos. 22. 2. Wann ein Dieb ergriffen wird / daß er einbricht / und wird darob geschlagen / daß er stirbt / so sol man kein Blutgericht über ihn ergehen lassen. Dieses wird auch in weltlichen Rechten bestättiget. Der Diebsgesell ist mit der Flucht entkommen.

12. Nicht ferne davon haben sich die Soldaten bey einem Landmann lustig gemachet / und ihm die Frau gebulet / welches sie auch in ihres Mannes Gegenwart geschehen lassen. Darüber eiferte nun der Mann / und gedachte sich zu rächen. Zu solchem Ende gabe er ihnen vom stärksten Getränke / und als sie wol gezecht / und in dem ersten Schlaffe lagē / stehet er auf und zůndet sein eignes Hauß an etliche Orten an / daß seine Ehebrecherin mit den Soldaten verbrennen[654] můssen: wol wissend / daß er bey den Befehlhabern keinen Verhelff / wegen zugefüger übels haben würde. Ob er deßwegen gestraffet worden / ist nicht vermeldet.


Mars kommet aus deß Teuffels Thron
nimmt die Contribution /
und erzeuget einen Sohn
der genennt Soldaten Lohn:
Alles Unheil kommt darvon.
182. Ungeborner Kinder Hertzen
(CLXXXII.)
Ungeborner Kinder Hertzen.

Etliche frevle Abenteurer wünschten / daß sie doch die liebe Sonne erlangen könten / nichts zweifflend /daß sie solche leichtlich bedecken / und ihren Schein verfinstern wolten. Es fůgte sich daß die liebe Sonne zu ihnen auf die Erde kommet / da tragen sie erstlich viel Leder und Tuch zu / die Sonne zu bedecken: Aber vergebens / dann solches alles in einem Nu verbrannte. Sie brachten grosse Stein und Sand: mochten aber kein Hauß bauen daß die Sonne bedecken konte. Sie brachten viel Wasser aus dem Meer: Die Sonne aber liesse sich nicht ausleschen / sondern verzehrte diese böse Buben / und begabe sich wieder an das Firmament ihren ordentlichen Lauff zu verrichten.

2. Also vermeinen die ruchlosen Sünder das Angesicht Gottes zu betrůgen / welches heller leuchtet als die liebe Sonne / in dem sie ihre Mißhandlungen so sie für der Menschen Augen verbergen / auch für Gottes Augen verhůllen wollen. Ein gantz thörigter Wahn. Gott der in das verborgne sihet hat viel uns unbewuste Mittel das übel zu straffen / und bleibt es bey dem alten Sprichwort:


[655]
Es ist nicht so klein gesponnen /
das nicht kommet an die Sonnen.

3. Dieses hetten wissen sollen zween böse Buben welche unlengsten bey Upsal in Schweden unerhörte Thaten begangen / und begehen wollen / wann sie nicht ergriffen und darinnen ümgekommen weren /wie wir aus glaubwürdigen Briefen von dar berichtet werden / und solche Geschichte billich auf unsren Schauplatz stellen / weil sie eine jämmerliche und seltne Begebenheit ist / dergleichen schwerlich gelesen oder gehöret worden.

4. Zweene Rauber ergreiffen einen Bauersmann und nehmen ihm alles Geld / so viel sie bey ihm finden. Der Beraubte bate üm sein Leben / und sagte /daß er arm / ein schwangers Weib zu Hauß hinterlassen / und daß dieses alles sein Vermögen / sie solten sich seiner erbarmen etc. So bald diese Gesellen von dem schwangern Weib hörten / gaben sie ihm gute Wort / und sein Geld / darům er Käse kauffen wollen / stelten sie ihm wieder zu / ihme noch hundert Thaler versprechend / wann er ihnen sein Weib lieffern würde / wiesen ihm auch das bare Geld in ihren Händen.

5. Diesen treulosen Mann blendete das Sonnen Metal / daß er alle ehliche Liebe aus den Augen setzete / und ihnen versprache / sein Weib zu verrahten /und eben an diesem Ort zu liefern. Wie listig gehet er diesen Betrug an? Er eilet nach Hause / und giebet für / er habe sein Häußlein / mit aller Zu- und Eingehör verkaufft / welches doch nicht sein eigen / sondern ihme von seinem Weibe / zum Heurahtgut zugebracht worden.

6. Das Weib / saget daß sie mit dieser Handlung nicht könne zu frieden seyn / mit daß sie das ihrige nicht also vergeuden lasse etc. Wol antwortet der Mann / so komm mit / wir wollen sehen / ob wir den Kauf können hintertreiben / und uns mit den Kauffern gütlich oder rechtlich absinden. Das Weib willigte darein: jedoch mit verzagten Hertzen / und hette sich /ausser so wichtiger Sache nicht über Feld zu gehen unterstanden.

[656] 7. Auf den Weg andete sie / daß ihr ein grosses Unglůck bevorstehe / und weil sie bey ihrem Bruder der ein Wildschütz / verbey gehen muste / bate sie ihn heimlich er wolle ihr doch einen Beystand laisten /und sich bemühen daß das verkauffte Hauß ihr verbleiben möge. Der Wildschütz sagte / daß er beschäfftiget / wolle aber an bestimmten Ort / bald hernach kommen / sie solte nur mit ihrem Manne vorgehen / wie auch beschehen.

8. Als sie nun in den Wald kamen / wie die Mörder und Rauber ihrer warteten / empfäht der Mann die helffte von dem versprochnen Gelde und entfliehet: Die Mörder aber binden das schwangere Weib an den Baum und entblösen sie / darüber sie hefftig anfängt zu schreyen / noch viel erbärmlicher auch das Geschrey vermehret / als sie sihet / daß ihr der ein mit einem grossen und scharffen Messer den Leib aufschneiden / und wie sie leichtlich erachten könte / sie und ihre Leibsfrucht zu tödten begehrte.

9. Der Bruder höret von ferne das Geschrey / eylet ihr zu Hülffe zu kommen / und weil er diese That so geschwind nicht verhindern möchte / schlägt er sein Rohr an / und schiesset eben den / der das Weib auffschneiden wollen zu Boden: kommet darauf hinzu /und schlägt dem andern das Rohr über das Haubt /löset also seine Schwester wieder auf / welche bereit verwundet worden / bindet den noch überigen Thäter mit eben denselben Stricken / und führt ihn mit sich nach Upsal / da er mit glüenden Zangen gebrennet und lebendig gerädert worden.

10. Bevor dieser Uhelthäter mit wol verdienter Straffe angesehen wurde / hat er bekennet / daß sein Gesell und er bereit zweyer ungebornen Kinder Hertzen gehabt und vermeinet das dritte also darzu zu bekommen / mit welchen sie für allen Menschen bestehen / allen ob siegen / sich unsichtbar machen / grossen Reichthum zusammen bringen / und allerley Wunder hetten thun können.

11. Also betrůget der Ertzmörder die ihme vertrauen und glauben / und begnüget sich nicht mit [657] einem oder zweyen Mordthaten / sondern Mutter und Kind /ja ungetauffte und unschuldige Kinder trachtet er besagter massen zu verderben / und die jenigen welche dergleichen unterfangen / sind ihme auch ein gewissens Unterpfand.

12. Der Mann / welcher entflohen / ist mit dem Gelde zu rucke nach Hause kommen / und hat nicht vermeint daß er unrecht gethan: Man hat ihn aber als den Heler und Ursacher solches Menschenraubs auch in Verhafft gebracht / und zu verdienter Straffe gezogen. Der Leichnam deß entleibten ist auf den Schindacker den Thieren zur Speise worden / weil man einen solchen unerhörten Mörder so wenig der Begräbnis wehrt geachtet / als seinen Gesellen / der auf den Rad verwesen und den Vögeln zu theil werden müssen.

13. Es ist aber bey dieser That sonderlich zu beobachten / daß dieser Gottvergessnen Leute / Sünde durch den darzukommenden Bruder ist offenbar worden / und ist das Weib / ohn zweiffel aus Göttlichen Eingeben / bey selben eingekehret / und hat ihn zu einem Beystand / wiewol in unbewuster Sache / erbetten. Was diese Gesellen die Zeit ihres Lebens begangen / und für der Menschen Augen verborgen gehalten / hat Gott auf solche weise an das Liecht bringen und gebührlich abstraffen wollen.

Gleich wie der Sonnen Liecht bescheint den Kreiß der Erden /
So kennet Gott der HErr der Menschen Hertz und Sinn
für ihm ist nimmer nicht verborgen ihr Beginn.
Was lang verborgen lieg / muß offenbaret werden.
183. Der merkwürdige Tod
(CLXXXIII.)
Der merkwürdige Tod.

In der Welt sind drey Spatziergänge und damit hat die gantze Welt ein Ende. 1. Der Eingang. [658] 2. der Fortgang. 3. Der Außgang. Wann ein Mensch in den Eingang kommet / so sitzt ein Schneider bey der Thür der würfft ihm ein Kleid zu. Auf der Schwelle sitzt ein Engel / der wigt ihm seinen Antheil Glücks und Unglücks. Zu nechst darbey misset der Tod seines Lebens Faden an seiner Sensen.

2. Im Fortgang sitzt ein Kalendermacher der sagt ihm aus seiner Geburtsstunde / daß Schmertzen und Arbeit sol seyn seine Speiß und sein Getrank. Bloß in das Hauß und bloß wieder hinaus / sein Vermögen sol seyn Eitelkeit und nichtigkeit / welches er für Herrligkeit und Wichtigkeit halten wird.

3. Diesem in der Welt spatzirenden Menschen ruft die Warheit in die Ohren: Geschwind und eile dich /der Tod erjaget dich. Wann er dann zu dem Ausgang kommet / da sitzen ein hauffen Abnehmer: Einer nimmet ihm sein Geld und Gut / der andre Ehr und Muht / der dritte Fleisch und Blut. Ob er nun viel Irr- und Abwege in der Welt gehen können / so führen sie doch alle zu einem Ausgang / den endlich alle und jede finden můssen.

4. Verflucht ist / er solchen Weg abkürtzend / ihm selbsten den Ausgang machet / und das Leben nimmet. Das Gebott du solt nicht tödten / erstrecket sich auch auf sich selbst / in dem ein jeder ihme die nechste Treue schüldig ist / und ein Bürger aus diesem Weltreich hinweg zu raffen nicht befugt ist. Welche aber vermeinen / daß sie dardurch zeitlich Unheil entfliehen wollen / die werden in das ewige fallen. Es ist kein guter Soldat sagt Seneca / der nicht so lang wil auf der Schildwacht stehen / so lang ihme sein Feldherr befohlen hat.

5. Dieses hette auch beobachten und sich besser für sehen sollen Wilhelm Nesenus ein hochgelehrter und dem Ansehen nach Gottsfürchtiger Mann. Er war einer von den vornemsten Lehrern zu Wittenberg /und wolte einsten über die Elbe spatzieren fahren /wie er vielmals lustswegen zu thun pflegte. Das Schiff aber ist an einen Stein oder einen verborgnen Stock in dem Wasser angeprellet / [659] umgestürtzet / und hat also diesen gelehrten Mann ersäufft.

6. Dieses ist Abents beschehen. Vormittags / als er ein wenig geschlummert / hat er getraumet / daß er in einem Fischer-Schiffe wäre / und in das Wasser fiele. Dieses erzehlte er Philip Melanchton seinem vertrauten Freunde / und lachet darzu / sagend / daß er nichts auf die Träume halte / und die solches thun nach dem Schatten grieffen / etc.

7. Nach seinem Tod hat Melanchton und Camerarius oder Cammermeister diesen Traum betrachtet /und bey seinem Leichnam nicht wenig Threnen vergossen. Kurtz zuvor hatten diese drey eine Raise in Hessen verrichtet / und als sie in einem kleinen Stättlein Trese übernachtet / und Morgens die Pferde tränken lassen wolten / hat Nesenus drey Raben schreien oder kracken hören / und gefragt / was dieses bedeuten möchte?

8. Melanchton sagte darauf / daß einer von ihnen dreyen bald sterben würde. Hierüber war Camerarius bestürtzt: Nasenus aber hat das Haubt geschüttelt /und haben also ihren Weg fortgesetzet. Camerarius wolte die Ursache dieser Antwort fragen / weil er aber der ältste und schwächste / hat er von andern Sachen zu reden angefangen / und haben diese drey nichts auf das Vogelgeschrey gehalten: doch begeben sich vielmals Sachen / welche sich nach dem Ausgang beurtheilen lassen. Buchholtzer in seinem Zeitbuch im Jahr 1524.

9. Dergleichen hat sich auch mit Grimani einem Genuesischen Edelmann begeben. Diesem war Chio eine Statt in dem Genuesischen anvertraut / und war seinem Vaterland ein getreuer Diener / doch mit den Italiänischen Lastern / welche die Gewonheit gemein /und für keine Sünde achten machet / behafftet / daß ihn vielleicht Gott deßwegen gestraffet.

10. Dieser traumte gegen dem Morgen / daß ihn eine grosse Schlange mit feurigen Augen und erschröcklichen Rachen verschlingen wollen. Hierüber erwachte er mit Furcht und Zittern / erzehlet auch den[660] Traum seinen guten Freunden / welche ihm einstimmig rahten / er solte von dem Kriege ablassen und in Sicherheit begeben / weil er gewißlich sonsten eines jämmerlichen Todes sterben möchte. Er bedankte sich deß Rahts / und gedachte sich dem Krieg zu entziehen.

11. Bevor er nun solches werkstellig machen kan /wird er von den Frantzosen angegriffen / daß er seinen Soldaten einen Ausfall thun liesse: er aber hat sich hinter einer dicken Mauren versichert gehalten /und keines weges an der Gefahr theil haben wollen /damit ihme der Traum nicht wahr werden möchte: massen ihme solcher beharrlich in dem Sinne lage /und nicht wenig betrübte.

12. Als er aber durch das Schußloch sehen wollen /wie es mit seinen Soldaten ablauffe / kommet eine Kugel aus einer Feldschlangen geflogen / und nimmet diesem Grimani das Haubt hinweg / als ob es durch den Scharffrichter von dem Leibe abgesondert worden were. Alle seine Freunde haben gesagt / daß ihm geschehen wie er geglaubet. P. Bizarro in den Jahrbücher der Genueser am 187. und 788. Blat. Also sind wie gedacht zweyerley Traume: übernatürliche und natürliche davon diese Verßlein zubehalten.


Träume sind offtmals Propheten /
weisend was geschehen kan:
Träume sind auch wol Poeten /
bildend / was man hat gethan.
184. Die merckwürdigen Traume
(CLXXXIV.)
Die merckwürdigen Traume.

Ein frommer Mann wůnschte ihme das Zukůnfftige zu wissen / und empfinge von Gott zween Spiegel: einen von Staal / den andern von Glaß. In dem von Staal sahe er den Tod ruckwarts mit einer [661] königlichen Bekleidung / und erschrack darüber. Auf eine ander Zeit sahe er den Tod in Sammet und Seiten / wie einen reichen Mann / jedoch auch ruckwarts und erstaunte darob. Wiederum sahe er den Tod auf der Seiten gewaffnet und bewehrt / und fürchte sich für ihm. Endlich sahe er den Tod mit den Leichtüchern Christi umhüllet / in das Angesicht und freute sich darob. Den gläsern Spiegel liesse er aus den Händen fallen / daß er also bald in viel Stücke zerdrümmert / deren jedes sein Angesicht absonderlich gezeichet.

2. Hierdurch werden verstanden die übernatůrlichen Warnungs Traume / welche ins gemein unsren /oder unsrer Angehörigen Tod fürweisen: und die natůrlichen Traume / die uns mit zerbrochnen Bildungen zeichen / was wir zuvor gethan oder gesehen. Diese Traume sind nicht hoch zu achten / und von den ersten leichtlich zu unterscheiden: gestalt die übernatůrlichen Traume gegen Morgen beschehen / nicht leichtlich vergessen werden / sondern grosses Nachsinnen verursachen / sich auch mit vorhergehendem Thun keines weges vergleichen lassen / oder daß man einen Traum zu unterschiedlichen Zeiten wieder sihet. Von solchen Traumen welche den Frommen von Gott / den Bösen aber von dem Satan eingegeben werden / wollen wir etliche Fälle aufmerken.

3. Catharina von Medicis / Königin in Frankreich /traumete die Nacht vor ihres Herrn Tod / daß man selben ein Aug aus dem Haubt schneide: deß folgenden Tages hat der Graf von Montetkommeri / nach dem er ihm befohlen daß er wieder ihn rennen solte / durch einen Spreussel von der zerbrochnen Lantzen / welch er in das nicht gar zugeschlossne Viesier gesprungen /so hart verwundet / daß das Haubt dadurch erschöllt /unn der König wenig Tage hernach die Welt gesegnet.

4. Deßgleichen traumte dem Marschal Monluc /eben selbe Nacht vor dem Turnier / wie er den König auf einem Stuel sitzen sehen / und [662] daß er ihn nicht wol erkennen mögen / weil sein Angesicht mit Blut besprengt / und hörte sagen / daß er todt oder doch tödtlich verwundet were. Uber diesen Traum betrübte er sich sehr / und erzehlet ihn seinem Weibe und seinen Freunden. Vier Tage hernach ist die Post durch Nerac gekommen / und hat ihm diesen Traum ausgeleget. In seinen Commentariis am 299. Blat.

5. Cælius Rhodiginus erzehlet / daß er in dem 22ten Jahr seines Alters getraumet / wie ein Spruch in dem Plinio zu verstehen / welchen er lange Zeit habe nachgedacht / und solchen doch nicht begreiffen können. Ja das Blat / wo er stünde / hatte vergessen / und durch den Traum wieder gefunden / benebens auch Anweisung erlangt / daß von diesem Spruch meldung zu finden auf einem alten Pergamen bey einem seiner Freunde: welches alles bedeuter massen eingetroffen. In seinem 27. Buch am 9. Capit.

6. Baptista Hieronimi Cardani / deß berümten Artztes zu Meyland Vetter / studirte zu Pavia / und erwachte einsten bey der Nacht / willens Feuer zu schlagen mit seinem Feuerzeug. In dem hört er eine Stimme sagen: Gute Nacht mein Sohn / ich ziehe nach Rom. Es bedůnkte ihn auch er sehe einen Buschel Holtz angezündet. Hierüber erschrickt er und verkrichet sich wieder unter sein Bett Decke / verbleibend die gantze Nacht in grossen Furchten. Morgens erzehlt er diesen Traum weinend / und sagte / daß solcher seiner Mutter Tod bedeute. Folgenden Tages bekommet er Zeitung / daß seine Mutter eben um die Stunde gestorben / in welcher er die Stimm gehöret /und das Feuer gesehen. Card. l. 15. c. 84.

7. Conrad Gesner ein berühmter Mann zu Zürich traumte daß ihn ein vergiffte Schlange gebissen hatte: bald darauf ist er an der Pest gestorben. Jos. Simler in seinem Leben.

8. Johannes Oporinus der berühmte Buchdruck er zu Basel traumte / daß ihm eine Schlaguhr von dem Haubt auf die Brust herab fiele und einen [663] sehr lieblichen Klang von sich gebe. Bald hernach hat ihn der Schlag getroffen / daß er mit diesen Worten verschieden: Wie ist die Güte deß HErrn so groß!

9. Thomas Payen war von Perugia verjaget / und von einem Haubtmann Braccio genamt / verfolget /dieser traumte zum drittenmahl / daß ihm sein Feind nachgehe / und daß er sich gegen ihm vertheidige und in den Hals steche. Dieses erfolgte nachgehenden Tag / daß Braccio gestochen / ob der Wunden den Geist aufgeben můssen.

10. Petrarcha meldet für gewiß / daß ein Italiener getraumet / es habe ihn ein steinerner Löw todt gebissen. Als er folgenden Tag zu Padua bey dem Tempel welcher der H. Justina gewidmet ist verbey gegangen / hat er seinen Gesellen den Traum erzehlet / und in der Erzehlung die Hand in des marmolsteinern Löwen Rachen gestossen / sagend / daß dieses sein Feind in dem Schlaff gewesen. Es war aber ein Scorpion in deß Löwen Rachen verborgen / der den Studenten also gestochen / daß er sterben müssen.

11. König Heinrich der dritte sahe drey Tage vor seinem Ableib / daß seine Kron / Scepter / Königlicher Rock / etc. von einem Mönichen mit Blut bespreng / und mit Fůssen getretten wurde: Als er solchen Traum dem Abbt von S. Denis erzehlte / bate er der König wolte sich wol in acht nehmen und gute Wacht halten lassen: Es ist ihm aber der Traum doch wahr worden / und hat seinen Tod / welcher durch einen mörderischen Jacobiner erfolget / nicht verhüten können. Pouys Guyon. l. 2. c. 24. divers. legons.

12. Augustin Curion ein gelehrter junger Mensch /ist ein hefftiger Fluß auf die Brust gefallen. Seinem Vater aber und seiner Mutter hat getraumet wie folget. Der Vater sahe im Schlaff eine Perle in einer Muschel / welche sehr vollkommen / als er solche recht besichtiget / hatte es kein Löchlein darbey man es anfassen und gebrauchen können. Die Mutter traumte / daß ihr Sohn weren zu Aschen verbrennet / und [664] hette sich in ein kleines Kind verwandelt / welches für ihren Augen verschwunden were. Jenes bedeutete / daß Curion in dieser Welt nicht dienen solte / und dieses /daß sein Leib verwesen / die Seele aber wieder zu Gott kommen würde der sie ihme gegeben.


Einer sagte daß der Traum /
were deß Gehirns Schaum
und daß nichts darauf zu achten /
weil ihm solches offt getraumt.
Andre diese Red verlachten:
das sein Hirn auch geschaumt /
wie auf solches Traumes Grund
seiner Meinung Ursach stund.
185. Die verzweiffelte Rach
(CLXXXV.)
Die verzweiffelte Rach.

Der weise und machtige König Salomon pflegte ein zweyschneidiges Schwert in einer güldnen Scheiden an der Seiten zu tragen. Dieses ersahe ein Weib und wolte das Königliche Gewehr von deß Königs Gürtel reissen / wurde aber von seinen Trabanten verhindert. Es trate auch hinzu ein Narr / und wolte dem König das Schwert abnehmen / weil er vermeinte solches besser und klüger zu gebrauchen / als der König. Wie ihm nun Salomon das Schwert nicht lassen wolte /weil er befürchtet daß er andern und auch ihme darmit Schaden zufügen wůrde / hat der Thor angefangen zu fluchen / und zu schelten / daß er ihn von seinem Angesicht in Verhafft müssen führen lassen.

2. Diesen hette man fragen können / wie Gott Jonam / meinest du / daß du billich zürnest? oder was Christus zu den Kindern Zebedäi gesag: Ihr wisset nicht / was ihr bittet. Es ist aber ein jeder Rachgieriger ein solcher Thor / daß er dem allerhöchsten Gott /[665] der mehr ist / als Salomon / sein Rach- und Machtschwert aus den Händen reissen wil / andern und auch ihme zu Schaden. Mein ist die Rache / ich wil vergelten / sagt er selber / und wer dieses Schwert nimmet /der wird durch dieses Schwert umkommen / wie nachgesetzte Geschicht unter vielen andern beglauben wird.

2. Ein Spanischer Ritter Don Riviero genamt in der Insel Majorica wonhafft / hatte unter andern einen Moren zu einem leibeignen Knecht / und straffte ihn mit so viel Streichen / daß man vermeinet der Mohr würde das Leben einbüssen: da er doch hette betrachten sollen / daß der so wenig nutzen mag / doch viel Schaden anrichten kan.

3. Nach solcher übermässigen / und dem Verbrechen gantz ungleichen Bestraffung / stellet sich besagter Mohr an / als ob er alles vergessen / und er seinen Herrn liebte und mit aller Schuldigkeit zugethan were / die Gelegenheit erwartend seine Rache werkstellig zu machen: nach Cardani (in Proxeneta) Lehre / daß man die Feindschafft nicht solle blicken lassen / man habe denn die Mittel in handen / solche auszuůben und sich zu rächen.

4. Riviero hatte ein vestes Berghaus / welches nur eine und zwar enge Anfurt / mit einer Schlagbrůcken versehen / daß der Ort ohne grobe Stücke für unüberwindlich gehalten wurde. Weil eine geraume Zeit verflossen / und der Herr der Straffe besser vergessen /als der listige Knecht / hat man ihm getrauet / wie zuvor / weil er sonderlich keinen Wiederwillen noch in Worten noch in Werken verspüren lassen.

5. Als nun Riviero einsmals auf der Jagt / ziehet dieser treulose Mohr die Schlagbrůcken auf / und bindet seine Frau darinnen auf ein Bett mit allen Vieren /schändet sie / darüber sie und ihre Kinder / welche er in eine Kammer versperret / ein solches Geschrey anfangen / daß die Unterthanen lauffen / und es ihrem Herrn auf der Jagt anmelden / der unverzögert nach Hauß geeilet.

[666] 6. Der Mohr kehrte sich nicht an seines Herrn gut und böse Wort / sondern stürtzet seinen ältesten Sohn / welcher das siebende Jahr noch nicht erreichet / über den Felsen hinab / daß er sich zu todt und in viel Stücke gefallen. Mit was blut trieffenden Hertzens-Threnen der Vater solches angesehen / ist unschwer abzunehmen: Doch gabe er gute Wort / und verhoffte seine überige Kinder diesem verteuffelten Mohren aus den Klauen zu reissen.

7. Der Mohr liesse sich in Handlung ein / jedoch mit diesem Beding / daß sein Herr ihme selbsten die Nase abschneiden solte. Der betrůbte Edelmann liebte sein Weib und seine Kinder / und wolte auch dieses Lößgeld fůr ihr Leben nicht versagen / sondern schneidet ihm die Nase ab / darüber sich der Mohr sehr frölich erwiesen: jedoch von seiner angefangenen Grausamkeit versprochner massen nicht abstunde /sondern seines Herrn Einfalt spottete.

8. Was thut der Verrähter? er nimmet die andern zwey Kinder zerschmeisst sie an den Felsen und wirffet sie gleichsfals hinab in das Meer. Ob nun wol alle darum angesessne zugelauffen / und mit schreyen und flehen ihn zu hindern vermeinet / hat er doch nicht innen gehalten / sondern ist fort gefahren / und hat die halb-todte Frau / (welche er geschändet zu haben bekennte) auff die Mauren gebracht.

9. Dieser schneide er die Gurgel mit einem langen Messer ab / und stürtzet den Leichnam gleichsfals hinunter. Was der Nasenlose Herr zu dieser That gesagt / oder vielmehr aus Hertzen Angst nicht sagen können / wird billich allhier mit stillschweigen ůbergangen. Sonders zweiffel hat er in seinem Hertzen auch ein erschröckliches Urtheil / über diesen Ertzmörder gefället / und auf die Art deß schmertzlichsten Todes gedacht / so jemand ein Mensch erlitten.

10. Aber dieser Gegenrache ist der Mohr vorkommen / und hat sich selbsten ůber den Felsen in das Meer gestürtzet / auf welchem er sich zerschmettert und elendiglich / jedoch noch lang nicht nach seinem[667] Verdiensten zu Tode gefallen. Riviero betraurte seinen Tod / welchen er gewiß auf viel andre weise zu verordnen bey sich beschlossen.

11. Sonderlich aber traurte er billich ob den Schandmahl / welches er ihm selbsten / durch Betrug dieses Mohren angehängt / und wuste sich wegen so grosses Verlustes auf keine weise zu trösten. Sein Schloß liesse er durch seine Unterthanen mit Leitern übersteigen / und hat sein Leben in grosser Traurigkeit zugebracht.

12. Diese Geschicht ist Spanischer Italianischer und Frantzösischer Sprache beschrieben / mit noch mehr kläglichen Umständen und Gesprächen so zwischen bemeldten Personen gewechselt worden seyn sollen. Wir befleissen uns der beliebten Kürtze / und nehmen daraus folgende Lehre:


Wer einen eignen Knecht für keinen Menschen hält /
sich grausam / wie ein Löw / und wie ein Parder stält /
Der wisse daß ob ihm ein grosser Herr wil walten /
und ihn zu seiner Zeit die Straff kan vorbehalten.
186. Die ungerechten Richter
(CLXXXVI.)
Die ungerechten Richter.

Ein spöttischer Mahler bildet die Gerechtigkeit auf folgende Weise. Er mahlte eine alte Frau mit einer Brillen / in der Hand habend eine Waag in welcher linken Schalen lage ihr Schwert / in der rechten ein Fuchsschwantz / zu welchem eine Hand so viel Ducaten zehlte / daß der Fuchsschwantz schwerer wurde /als das Schwert. Die Deutung dieses Gemähls gehet auf die Geldgierigen Richter / welche das Recht wegen schändlichen Gewinns / Gunst / [668] Neid und andrer Ursachen wegen vernachtheilen / wie dessen etliche Erzehlungen folgen sollen.

2. Es hat ein Soldat (in einer bekanten / aber wegen gewisser Ursachen unbenannten Statt) sich etlicher sträflicher Worte verlauten lassen: weil er aber viel Geld bey sich gehabt / ist er von dem Raht deß Orts zum Tod verurtheilet worden. Als man ihme nun das Urtheil für gelesen / hat er gesagt: Ihr seyd ungerechte Richter; Ich hab den Tod nicht verschuldet: weil euch aber ům mein Geld zu thun ist / so nehmet es hin und lasset mich gehen. Ich kan und wil es die Zeit meines Lebens nicht eifern.

3. Seine Bitt fande kein Gehör / und hiesse man ihn still schweigen. Darauf sagte er: Weil ihr euch nun nicht scheuet unschüldig Blut zu vergiessen / so wisset / daß ihr einen Oberrichter im Himmel habt / und für desselben Richterstul fordere ich euch in Jahr und Tag zu erscheinen / und wegen meines Todes Rechenschafft zu geben. Die vier obersten Rathsherrn lachten dieses Gesellen / und sagten / daß sie seiner Drauwort wenig achteten.

4. Gott aber hörte diese Ladung / und wurde der ältste von diesen Richtern / mit einem Donnerkeul erschlagen / der andre auf einer Gastung ermordet / der dritte wurde in einem Diebstal ergriffen / und muste am Strang erworgen / der vierte ist in Verzweifflung gestorben / und hat sich auf seinem Todbette dem bösen Geist ergeben. Dieses alles ist vor Vollendung deß Jahrs beschehen. Iean le Gast de Brissec im andern Buch vom Tisch-Gespräche.

5. Ein Sohn klagte seinen leiblichen Vater an / daß er mit einem Thiere Sodomiterey getrieben haben solte. Der Vater wird an die peinliche Frage geworffen / und bekennet aus Marter / was er nie begangen. Nach der Tortur laugnet er wieder / daß er solches ůbel nicht begangen. Als er aber wieder peinlich solte gefraget werden / entsetzte er sich für solcher Qual / und bekennte / daß er Sodomiterey getrieben /und daß er lieber sterben / als noch einmal solche Schmertzen ausstehen.

[669] 6. Für Gericht wurde er nochmals gefragt / ob er der Missethat geständig. Darauf antwortet er mit Nein / und daß ihm solche Unfläterey nie zu Sinne kommen / sondern daß sein Sohn solches von ihm ausgesagt /damit er ihn um das Leben und seine Gůter zu handen bringen möchte: was er gestanden habe / sey aus Marter geschehen. Man höret sieben Zeugen an / die einstimmig aussagen / daß sie ihn die That bekennen hören.

7. Auf solche Zeugschafft wird er zum Feur verurtheilt / lebendig verbrennet zu werden. Wie nun sein Wort nicht stat gefunden / hat er sich Gott befohlen und ist mit grosser Beständigkeit gestorben. In einem Monat hernach sind die Richter und Zeugen alle eines jämmerlichen Todes umgekommen. Dieser Vatermörder aber hat ihm aus Verzweifflung das Leben mit einem Strang abgekürtzet. Dieses ist zu lesen bey vorangezognen Scribenten am 126. Blat.

8. Jener Prevost hatte einen Dieb in Verhafft welcher grosses Geld entwendet: Der Dieb verspricht ihm die Helffte / wann er ihn wieder frey lassen wůrde. Der Prevost höret diesen Vogel lieblich singen /fůrchtete aber / daß er darüber in grosses Unheil und üm seinen Dienst kommen möchte. Was thut dieser ungerechte Richter? Er lässet einen andern Unschuldigen einsetzen / und sagt ihm daß er den Diebstal bekennen solte / von welchem ihme nichts bewust war.

9. Der gute Gesell will darzu nicht verstehen. Endlich sagt er ihm / daß wann er die That bekennen wůrde / wolte er 12. Messen für seine Seele lesen lassen: würde er es aber nicht bekennen / so müste er doch hencken / und würde viel tausend Jahre in dem Fegfeuer / oder wol gar in der Hell schwitzen müssen. Der arme Tropf hörte vom Tod und der Hölle / verhoffte also in das Paradis zu kommen / und sagte /daß er sich dieses Diebstals nicht mehr erinnert; wann er es aber gethan haben solte / wie der Richter wissen wůrde / so wolle er ům ein gnädiges Urtheil und die versprochnen Messen gebetten haben.

10. So bald er sich so weit heraus gelassen / [670] wurde der rechte Dieb loß / und der Prevost hatte den halben Theil von dem Diebstal; dieser Unschuldige aber zum Strang verurtheilt. Als er zu dem Galgen kommen verginge ihm der Lust wieder auf der Leiter in den Himmel zu steigen / und wolte sein Wort wieder zu rucke nehmen. Der Prevost aber winkete dem Henker / er solte fort machen / welches auch geschehen / und ist dieser Betrug offenbar worden / als dieser Richter in ein hitziges Fieber gefallen / und in der Raserey dieses und andre solche Stücklein bekennet / wie wol er gefahren ist leichtlich zu ermessen.

11. Diese Erzehlungen wollen wir schliessen mit einem lustigen Rank den auch ein solcher Prevost /oder Bannrichter begangen. Der Dieb welchen er zum Tod verdammet stunde auf der Leiter / als ihm einer in das Ohr sagte / daß er hundert Kronen solte haben /wann er diesen armen Sůnder ledig machen würde. Der Prevost bedachte sich also bald auf eine List und sagte zu dem Volk: schauet doch er hat eine Kron /auf dem Haubt / das hab ich nicht gewust und er hat es nicht gesagt. Wol dann / mir wil nicht gebühren /daß ich den Geistlichen in ihre Bottmässigkeit greiffe: geh hin / verantworte dich gegen dem Bischoff etc.

12. Die Kronen auf dem Haubt geschoren haben /sind angehende Geistliche: Es kan aber auch verstanden werden von den Kronen / welche ihm der andre angeboten / und von solchen ist dem Richter zu vor nichts wissend gewesen / er hette es sonsten so weit nicht kommen lassen. Also kan das Geld erretten an dem Tag deß Gerichts.


Ein Richter welcher füllt mit Unrecht seine Taschen /
wird in dem Höllen Reich mit Pech die Hände waschen /
so man ihm hier geschmirt / gesalbt und angehölt /
und diese harte Straff unrechte Richter quält.
187. Bestraffung der Winkel Ehe
[671] (CLXXXVII.)
Bestraffung der Winkel Ehe.

Der Satan in Gestalt eines Jünglings kam auf eine Zeit zu einem frommen Mann / der hatte drey Töchter / und weil er viel Geld bey sich hatte verhoffte er eine von den dreyen zu heuraten: Der Vater aber versaget sie ihm alle drey / und vermeldete / daß die ältste Gott dem Vater / die andre Gott dem Sohn / die dritte dem heiligen Geist versprochen. Der Satan fragte ferners wann solches geschehen? Der Vater sagte: in der H. Tauffe. Das Gelübd versetzet der Satan / haben sie längst gebrochen / ich muß eine darvon haben etc. Der Vater aber wolte ihm keine geben / es willigte dann ihr Bräutigam darein.

2. Der Satan machte sich heimlich zu der ältesten und verhiesse ihr grosse Schätze / Wolleben und Herrligkeit / daß sie ihn zu lieben versprache. Die andre wuste nichts hiervon und versprache in gleichen den Satan fůr einen Bulen anzunehmen / und diese beede gaben ihme einen Trauungs Ring. Die dritte aber wolte nicht willigen in dieses Gesellens begehren / unn bekente / daß sie ihn nicht lieben könte. Dieses verdroß den Satan und verklagte den Vater und die jůngste Tochter. Als er aber seine Anklage von seinen Zettel ablesen wolle / ist eine Taube darauf gepflogen und hat ihme den Zettel zerrissen / da wurd er herunter gestossen zu den zweyen Töchtern / die ihn zu lieben versprochen / und mit ihnen ist er in die Hölle gefallen.

3. Dieses ziehen wir auf die Winkel Ehen / welche ohne Willen / Rahton und Vorwissen der Eltern heimlich geschlossen werden / darbey meinstentheils der Teuffel / und nicht Gott / Zeug und Beystand ist. Daß solche Kinder nun wieder Gott / ihre Eltern und sich selbsten sündigen / erweiset das vierte Gebott / und der unglückliche Ausgang solcher Ehe-Verlöbnissen /[672] wie hierunter auch folgende / mit Fueg zuzehlen seyn wird.

4. Anthonio Bologno ein Neapolitanischer Edelmann begabe sich in Dienst bey der Hertzogin von Malfi oder von Amalfi bürtig von dem Hause Aragon / eine Schwester des ansehlichsten Cardinals / und eines reichen und mächtigsten Fürsten zu selber Zeit. Bey dieser Hertzogin liesse sich Bologno als ein Hofmeister gebrauchen / und versahe seinen Dienst mit Treu und Fleiß.

5. Die junge Wittib (denn ihr Herr der Hertzog bereit verstorben) hatte ihr einen einigen Sohn hinterlassen / aber nicht genug Keuschheit sich ihrem Stand gemäß zuverhalten. Das Feuer ihrer unzüchtigen Begierden ergriefe das nechste Holtz / und wuste mit den Stralen ihrer Augen und mit dem Brand ihrer Reden den Neapolitaner also anzufeuren / daß er des Josephs Person nicht nachahmen könte.

6. Nach langem Gespräche (massen die erste Sünden bedächtig / die andren freventlich vollbracht worden) verloben sich diese bede ehlich mit einander /und vollziehen solche Winkel Ehe / in Beywesen einer verschwiegnen Kammer Jungfrauen; der Hoffnung mit der Zeit solche Heitrat bey ihren Befreunden zu entschuldigen / und ihre Einwilligung aus zu würken. Hierdurch war ihnen die Thür zu der Lustseuche eröfnet / und folgte nach wenig Monaten die Schwängerung / deren sich die Hertzogin so heimlich entladen / daß ihr Sohne auf einem Dorf erzogen und die Sache in Verschwiegenheit / als ungeschehen / verblieben.

7. Als sie aber zum andermal eines Kindes genesen / wurde diese Zeitung dem Cardinal ihrem Bruder und andren ihren Befreunden angemeldet / welche alsobald Kundschaffter angestellet / gründliche Erkündigung zuhinterbringen / und wer der jenige seyn möchte / der ihrem Geschlechte solches Schandmahl angeschmützet.

8. In dem wird sie das dritte mahl schwanger [673] und befürchtet daß sie der Orten nicht mehr gesichert sondern sendet ihr bewegliches Haab nach Ancona / und wendet für / daß sie eine Walfahrt nach Loreto thun wolle: in dem Ruckwege aber kommet sie nach Ancona mit ihrer gantzen Hofstat / lässet alle ihre Bediente erfordern / und saget ihnen an / daß Bologno ihr Eheherr / und daß diese ihre Kinder (welche sie vorwiese) wer nun bey ihr bleiben wolte / den solte es nicht gereuen: wer aber Urlaub begehrte / den wolte sie belohnen und erlassen / und an den Hertzogen ihren Sohn verwiesen haben.

9. So bald nun solches dem Cardinal und ihren Freunden hinterbracht worden / haben sie nach Ancona geschrieben / und Bologno mit ihrer Schwester verjagen lassen. Von dar sind sie nach Siena / von dar nach Venetig geflüchtet Unterwegs aber begegnen sie bey Furli einem Schwader Reuter / welche sie also bald für Feinde gehalten / und Bolgno mit seinem Sohn / so beede wol beritten das Reiß auß gespielet.

10. Diese sprachen die Hertzogin freundlich an /und führten sie samt ihren zweyen Kindern nach Neapoli gefangen in ein Schloß daß ihrem Sohn erster Ehe zuständig war. So bald sie dahin gelanget / würde sie in Verhafft genommen und nach dreyen Tagen mit dem seidnen Strang erwürget. Nach ihr kame es an die Kammerdienerin / und an die unschuldigen Kinder / welche ihrer Mutter Missethat tragen musten / und gleiches Todes sterben. Bologno Gütter / so er in dem Neopolitaneschen hatte / wurden eingezogen / und weil man erkundschafftet / daß er in das Mailandische entflohen / wurden ihme auch Meuchelmörder nach geschicket / die ihn auf gut Italianisch straffen solten.

11. Ob nun wol Bologno durch einen guten Freund gewarnet worden / und berichtet wie es mit seiner vermeinten Gemahlin und unschuldigen Kindern daher gegangen / hat er es doch nicht glauben und sich von Mailand weg machen wollen. als er nun einsten aus der Messe gegangen / fallen ihn die [674] bestelten Mörder ungewarnter Sachen an / und stechen ihn nieder / ungefehr zwey Jahr nach der Hertzogin Tod / dieses Bologno Sohn aber ist entkommen / und hat seinen Namen ändern und sich andrer Orten unbekanter weise aufhalten müssen.


12. Wer dem kleinen Venus Kind
folget blind
Wird in eine Gruben fallen
da kein Wasser innen ist:
Darum auch ein weiser Christ
will nicht / mit dem Blindling wallen.
Dann es bringt die Winkel Eh'
Ach und weh.
188. Die Betrubten Hochzeitere
(CLXXXVIII.)
Die Betrůbten Hochzeitere.

In dem Himmel hat Gott einen Engel zum Buchhalter ůber die Ehestifftungen gesetzet / welcher so bald ein Mensch geboren wird / ihm eine oder mehr Gatten zuschreibet / und dieser suchet jedem seine Rechnung auf / wann er zu mannlichem Alter kommet / oder daß die Zeit seiner Verheuratung verhanden: welche aber unverheuratet leben / die stehen nicht in diesem Buch / und deßwegen bitten etliche Jungfrauen vergeblich daß man doch ihre Rechnung aufschlagen sol / die offt sie der Buchhalter in dem Register nichts finden kan.

2. In diesem Buch stehen etliche Anfangs und dieselben heuraten bald / etliche in der Mitten und solche kommen später in den Ehestand / etliche zu Ende und selbe müssen lang warten. Bey etlichen stehet ein Ringlein bedeutet eine gute Ehe: bey etlichen ein † und bedeutet Kreutz und Leiden / bey etlichen

(die Wage und bedeutet eine gleiche Ehe / bey etlichen

und bedeutet viel Kinder / bey etlichen die

Jungfrau / bey etlichen der

und [675] bedeutet einen Hanrey / bey etlichen der

und bedeutet daß der Mann ein Löw in dem Hause seyn werde / bey etlichen die / zu versiehen / daß der Mann werde thun můssen / was ihm das Weib bedeutet. Etliche aber haben †† oder ††† und solchen geht es übler als ůbel.

3. Also sihet man / daß die Persohnen offt von ferne kommen / und zusammen heuraten / weil es von Gott also versehen. Mehrmahls wiedersetzen sich die Eltern und Befreunde können aber doch eine Heurat nicht hindern / weil es also in dem Ehebuch eingeschrieben. Der Teuffel sol auch über Huren und Buben ein solches Unzuchtbuch / mit roter Dinten geschrieben habe / welches viel dicker als das Ehebuch des Engels / und gehören auch dahin die Ehebrecher /welche in dem Himmelsbuch nicht zu finden sind.

4. In folgender Erzehlung / welche sich in Welschland begeben / erhellet eine sondre Straffe Gottes deren Ursachen uns Menschen unbewust / dem gerechten HErrn aller Herrn / sonders allen zweiffel wol bekant. Gleich wie wir das Wasser fliessend sehen /und nicht wissen desselben Quellen / also sehen wir zwar was geschihet / können aber die Ursachen nicht erkündigen.

5. Antoni Perillo ein Neapolitaner / ein reicher und unverständiger Jüngling hatte fast alles sein Haab auf Würffel und Karten verspielet? massen solches Mittel ein Loch in den Beutel machet / daß alles was man hat und hineinleget / durchsinket und gleichsam verschwindet. Wie die Soldaten / so einmal zwey- und dreymahl der Gefahr entrinnen doch das vierte und fünfftemahl darinnen ümkommen: also muß der jenige so den spielen ergeben heut / morgen oder ůbermorgen verlieren / wie wir hiervon ümständig gehandelt haben zu Anfang des dritten Theils unsres Schauplatzes der Lust- und Lehrreichen Geschichte.

6. Dieser Perillo verliebte sich in eines reichen Kauff-Herrns Tochter / und fande ihren Willen [676] nicht abgeneigt / deßwegen er bey ihrem Vater Peter Minio anwerben lässet. Diesem war Perillo böses Leben nicht unwissend / und schläget ihme deßwewegen seine mit höflichen Worten ab / giebet ihm aber benebens die Ursach zuverstehen / bittend / daß er solche väterliche Beysorge nicht übel aufnehmen wolle / etc.

7. Perillo fasset solche Hinderung zu Ohren / sammelt sein überiges Güttlein und erkaufft allerhand Waaren / willens einen Kauffhandel anzufangen / und sich mit denselben nach Alexandria zu erheben. Zu solchem Ende gehet er in ein Schiff / daß dahin Segelfertiglage / und stösset vom Lande / der Hoffnung /wann er würde wiederkommen / und sich bereichert haben / daß ihm Minio seine Tochter nicht versagen würde.

8. Nach lang erlittenem Ungewitter wird dieses Schiff von den Corsaren oder Seeraubern übermeister und Perillo in die Fessel geschlagen / als ein gefangner und leibeigner Knecht. So manches mahl er den Beutel gezogen / in das Spiel zusetzen / so manches mahl müste er die Ruder ziehen. Minio nun handelte auch in Barbarie und liesse aldar die Neapolitaner loß kauffen / welche ihme / wann sie zu bezahlen / das Lößgeld doppelt und drier wieder gaben / die Armen aber liesse er frey.

9. Dieses Minio Handelsdiener kaufften nun auch Perillo / unwissend was zwischen ihme und ihres Herrn Tochter im Werke gewesen. Als er nun in Minio Hauß geführet wurde / truge er die Beysorge /daß ihme die Tochter / als einem leibeignen Knechte /noch weniger würde gegeben werden / und bekommet durch sie Mittel sich frey zulösen: beginnet darauff mit seiner Freunde Beyhülffe wieder zu handlen / und erlanget mehr Reichthum in kurtzer Zeit / als noch sein Vater noch er zu vor gehabt hatten.

10. In solchem Stande lachte ihm das Glück an /daß er die Gewogenheit Minio erlanget / und als er zum zweytenmahl üm seine Tochter anwerben lässet /wird ihm solche / mit grossem vergnügen seiner gantzen Freundschafft versprochen / und in dem Brachmonat [677] die Hochzeit angestellet / mit solcher Begängnis / wie bey dergleichen Stands-Persohnen der Orten gebräuchlich ist.

11. In deme diese beede für der Menschen Augen wol geparte Eheleute zu Bette gehen / erhebt sich ein grausames Donnerwetter / mit Blitz / Schlossen und Hagel. Diese neue Eheleute mochten die Erfüllung und Sättigung ihrer Begierden nicht zu rucke halten /und vermeinten daß solches auch zu zeiten des erzörnten Himmels zulässig.

12. Ach unerhörter! Unfallbeede hatten einander umarmet / als der Donnerkeul sie in dem Ehebett zerschmettert / die Freude in Leid / und das Hochzeit Lied / in ein Grab-Lied verwandelte. Also endigte ihr Ehestand in seinem Anfang / und scheinet daß diese beede nicht mit einander leben sondern mit einander sterben sollen. Sie liegen aldar in der Haubt-Kirchen begraben / und würde dieser Fall von der gantzen Statt sehr betrauret.


Sünder / der du böses thust /
nach deß dummen Fleisches Lust /
was dir künfftig wird geschehen
ist dir jetzund unbewust.
Darum magst du wol zusehen /
daß nicht folge Reu und flehen.
189. Deß Teuffels Betrug
(CLXXXIX.)
Deß Teuffels Betrug.

Als der Beelzebub den Titel erlangte / daß er Fürst der Welt genennet worden / nöhtigte er die Menschen / daß sie ihm huldigen musten und ihme gehorsam zu seyn versprechen. Er unterstunde sich auch einen grossen Berg für deß Himmels Thür zu bauen / und musten ihme seine Leibeigne Steine zutragen / und den Berg so hoch auf führen / daß kein Mensch in den Himmel kommen solte. Da nun der [678] Berg sehr groß war schickte Gott ein Lämlein / das trug in 34. Tagen so viel davon daß die Himmelsthür wieder eröffnet würde.

2. Dieses Lämlein luffe hin für deß Fürsten Schloß und verrigelt ihn / daß er nicht heraus konte / versiegelt auch das Schloß mit einem Kreutze. Solche Thůr möchte er mit aller seiner Gewalt nicht brechen / und muste verschlossen bleiben. Inzwischen ruffte das Lämmlein aus: wer dem Fürsten der Welt wird absagen / und mir nach folgen / den wil ich durch die Himmels Thüre führen / und von dem Steintragen erlösen. Das Lämmlein gienge vor / viel folgten nach /viel wolten dem Fürsten der Welt nicht absagen.

3. Als nun der Fürst merkte / daß er den Riegel nicht brechen konte / hat er allen seinen Dienern zugeruffen / sie solten wegen dieses Lämmleins alle Schafe würgen und die Himmels Strassen verwahren /daß keines hinein komme: das thäten sie / laurten Tag und Nacht auf die armen Schäflein die zum Himmel wanderten / deßwegen viel ruckfällig / und lieber die Steine wieder tragen / als solche Gefahr ausstehen wollen.

4. Unter solchen sind absonderlich die Hexensgenossen / welche von Gott abfallen und ihr vertrauen auf Gottes Feinde stellen / es beschehe solches gleich vorsetzlicher oder hinterlistiger Weise / wie wir solches in nachgehender Erzehlung hören wollen.

5. Zu Calaris in der Insel Sardinia verliebte sich eine adeliche Jungfrau in einen schönen und tapfern Rittersmann / jedoch von jungfräulicher Schame zu rucke gehalten / daß sie ihm ihre Gedanken nicht eröffnet. Nach Verlauff etlicher Monaten kommt der Satan / in gestalt des Ritters zu ihr / und nach abgelegter Höfligkeit / verspricht er ihr die Ehe und fangen diese beede an solche zu vollziehen / und alle Nächte bey einander zu schlaffen.

6. Dieser listige Bößwicht sagte ihr daß er in andrer Gesellschafft sich üm sie nicht annehmen wolle /damit sie nicht in böses Geschrey kommen möchte.[679] Solches thate er deßwegen / damit sie nicht mit dem Ritter in Geselschafften reden / und ihn wegen ihrer Liebe / so ihm gantz unwissend war / besprechen solte. Wie dann auch erfolget.

7. Die Mutter dieser Jungfrauen gabe ihrer Tochter etliche Heilthum / solche an Halse zu tragen: Der vermeinte Ritter entsetzte sich / oder stelte sich / als ob er sich entsetzte / und kame nicht mehr sie zu besuchen. In deme nun der rechte Ritter andern aufwartet /eiferte diese betrogne Satans Braut / und liesse ihn bitten / ob er doch auf ein Wort möchte zu ihr kommen / sie hette mit ihm von nötigen Sachen zu reden. Der Ritter stelte sich unverzögert aus Höfligkeit ein /ihren Befehl anzuhören.

8. Hier beklagte sich diese einfältige Dirne / da sie ihn so lange geliebt / er aber ihrer vergessen / und betraute / daß wann er sie versprochner massen nicht freyen wolt / sie genohtsagt würde ihn Gerichtlich zu beklagen / und darzu anstrengen. Der Ritter antwortet / er wisse von allen solchen Sachen nichts: sey niemals heimlich mit ihr zu reden kommen / hette ihr auch nichts versprochen.

9. Die Edle sagte ihm alle Umstände / wie er an dem Festtag zu ihr gekommen / wie sie ihn empfangen / wie sie ihre Ehe abgeredet und vollzogen. Der Ritter antwortete: daß er drey Wochen vor und nach solchem Fest ůber Land gewesen / und ist erbietig viel lebendige Zeugen darüber abhören zu lassen /daß also ein Betrug mit unterlauffen müsse.

10. Solches nun zu beglauben lässet er einen von seinen Dienern nach dem andern hinein kommen / und befraget sie / bevor er den Fuß aus der Kammer gesetzet hatte / die Diener sagen einstimmig / daß ihr Herr dieselbe Zeit viel Meil darvon gewesen.

11. Hierüber wird sie nun sehr bestürtzt / und erinnert sich etlichen Sachen / welche nicht menschlich seyn / fället deßwegen auf die Gedanken / der Satan müsse sie betrogen haben / und hat sich also entschlossen ihr Leben in einem Kloster zu zubringen und nicht mehr an den Ehestand zugedenken.

[680] 12. Eben in diesem Land hat der böse Geist eine schöne Weibsperson von 17. oder 18. Jahren beschlaffen (nemlich durch ander Orten gestollnen Mannssamen /) und ihr versprochen sie zu retten /wann sie auch bereit auf dem Scheiderhaufen sitzen würde. Solches aber hat er nicht gehalten oder halten können / sondern sie hat ihn auch in den Flammen vergebens üm Hülffe und Rettung angeschrien / wie solches mit seinen Augen gesehen Antoni Torquemada / als er berichtet in der 3. Tagraise.


Die Menschen lieben mehr die Finsternis und Lügen /
als helles Warheit Liecht: sie lassen sich betrůgen /
von ihrem Seelen Feind. Die Reue kommt zu spat /
wann man verdiente Straff ob seinem Haubte hat.
190. Die bestrafften Spötter
(CXC.)
Die bestrafften Spötter.

Als die Thiere erfuhren / daß der Mensch über sie alle zum Herrn gesetzet worden / und sie jhn fürchten solten / beschwerten sie sich dessen unter einander / und sprachen: Den wollen wir nicht zum Herrn haben /der seinem HErrn untreu worden / und ihm nicht gehorchen wil. Wie sol uns der regieren / der sich selbsten nicht regieren kan? wie sol uns der wol fürstehen / der das schädliche für das nützliche wehlet? wie sollen wir den fürchten / der nichts als Erd und Aschen ist?

2. Hierüber gehen sie zu Raht / und wollen das Pferd zum Herrn machen / weil es so freudig ist. Nein sagt der Löw / ich als der stärkste sol König seyn: Ich der gröste / sagte der Elephant. Nein / ich der getreuste / sagte der Hund. Nein / ich der wachsamste / sagt der Haan. Nein / ich der listigste / sagte der Fuchs. Ach nein / sagte die Lauß und die Floh / [681] wir sollen deß Menschen Herrn seyn / weil wir von deß Menschen Schweiß und Blut entsprungen sind.

3. Da die andern Thiere dieses hörten gaben sie ihnen alle die Stimmen / daß sie solten Herren seyn ůber alle Geschöpfe / und gaben ihnen die Freyheit sich von dem Menschenblut zu sättigen / bey denselben zu wohnen / und mit ihrem Stachel zu erinnern /daß sie in ihren stoltzen Muth erkennen möchten /daß sie auch durch das kleinste Thürlein verunruht und belästiget werden können.

4. Dieses ziehen wir auf die Spötter. Sie sind Läuse und Flöhe / die sich von andrer Leute Unflat nehren /der grössten Häubter nicht verschonen / und mit ihrem Stachel mehr beschwerlich als schädlich sind. »Wie es aber den Läusen und Flöhen zu ergehen pfleget / also widerfährt auch den Spöttern / kan man sie erhaschen so müssen sie es mit der Haut« / oder doch mit gleicher Gegen Beschimpfung büssen / wie wir aus folgender Begebenheit vernehmen werden.

5. Zu Cölln am Rhein hielte sich vor Jahren ein Mönich / welcher einen grossen Schein der Heiligkeit gefůhret / hat sich aber hernach in kurtzer Zeit geändert / daß man wol sehen können / daß seine Gottesfurcht nur Heucheley gewesen. Was man ihm aus der heiligen Schrifft gesagt / ist ihme Gespött gewesen: ja er ist mit lästerlichen Worten heraus gebrochen / und hat von dem heiligen Nachtmal so unflätige Wort ausgestossen / daß solche ohne ärgerliche Sůnde nicht können ausgesprochen oder gelesen werden.

6. Dieser Spötter hat es aber nicht lang getrieben /sondern als er eines Jünglings / der ihn zu Lesung gottseliger Bücher angemahnet / gespottet / hat er ihn mit einem Stab in den Hals / und auf das Gnicke geschlagen / daß man ihn nach seinem Kloster tragen müssen / da ihme die Rede verfallen / und mit gantz ungeduldigen Geberden den Geist aufgegeben.

[682] 7. Von diesem schreibt Wilhelm Faber von Hylden / daß er einen solchen Gestank von sich gegeben / daß die Todtengräber ihn nicht begraben wollen / sondern hat von den Firmern oder Privetfegern / welche mit grossem Gelde darzu erkaufft worden / müssen zur Erden bestattet werden. Diesen Gestank hält besagter trefflicher Wundartzt für eine übernatürliche Straffe Gottes / weil noch das Geblüt in so kurtzer Zeit verfaulen mögen / noch sich ein Geschwer in dem Leibe samlen konnen / dessen Anzeichen man nach dem Tod nicht hätte spüren sollen. Dieser Faber schreibet /daß er sich mehrmals unterstanden diesen Spötter zubekehren / habe aber bey ihm nichts außrichten mögen.

8. Welche sich gestellet / als ob sie mit dieser oder jener Krankheit behafftet wären / haben solche durch ihre Gespött an den Halß bekommen. In Westphalen wurden etliche Studenten beraubt / und ausgezogen /diese eilten auf ein Schloß zu / der Hoffnung sich für den Regen und Kälte aldar zu versichern / und wieder zu alten Kleidern zu gelangen. Der Edelmann liesse ihn durch seinen Diener sagen / daß er ihr Unglůck mitleidig verstanden / könte ihnen aber (wiewol er wuste daß an einem andern Ort seiner Botmässigkeit /sich die Rauber aufgehalten) nicht helffen / oder sie fürkommen lassen weil er grosses grimmen in dem Leib fühlte. Die Beraubten musten sich in einem Stall / ohn essen und trinken behelffen und also ohne Kleidung weiter raisen. Der Edelmann aber bekame die erdichtete Krankheit würklich / und wurde wenig Tage hernach zu Grabe getragen. L. Guyon. l. 1. c. 20.

9. Ein Student spottete seiner hinckenden Schwester und bald hernach gienge ihm ein Leibsfluß in das Bein / daran er die Zeit seines Lebens hinken müssen. Guyon etc.

10. Ein Abbt solte zu seinem Bischoff kommen: entschuldigte sich aber mit dem Seiten stechen / welches er doch nicht hatte / wenig Tage aber hernach /muste er an besagter Krankheit darnieder liegen / und[683] hatte die Zeit seines Lebens keine gute Stund mehr. Guyon.

11. Zu Lyon war ein reicher aber gantz ungelehrter Mann / der pflegte von allen Sachen kühn zu urtheilen / und von niemand wol zu reden. Diesem Spötter gabe Gott lange Zeit zu der Buß / als er aber von Tag zu Tage böser und nicht besser wurde / fühl ihme ein Fluß auf die Zungen Adern / daß er noch reden noch hören könte / welches jedermann für eine Straffe Gottes gehalten.

12. Die Eltern sollen also nicht geschehen lassen /daß ihre Kinder der Blinden / Lahmen und Hinkenden oder Krummrückigen spotten / weil sie solche böse Gewohnheiten biß in das Alter behalten / und mit der Straffe als andre heimgesuchet werden können.


Wer deß kranken Nechsten lachet /
ihme selbst zu weinen machet:
Dann der allein treue Gott /
hasset allen Frevel Spott.
191. Der vorbewuste Todesfall
(CXCI.)
Der vorbewuste Todesfall.

Es kam der Tod zu einem Kind / und wolte es zum Dantz führen: das Kind sagte ich bin noch zu klein /und du hast mich nicht gewarnet / wann ich dantze /so dantze ich mit meines gleichen. Er kam zu einem Jůngling und Jungfrauen / und bate sie mit ihme zum Dantz zu kommen. Sie sagten gleichsfals / daß sie noch zu jung und nicht gewarnet worden were.

2. Dieser Rippemann kame zu zweyen Eheleuten /und wolte sie zu dantzen nöhtigen / sie aber sagten /daß sie in ihrem Haußwesen beschäfftiget / und nicht der zeit hatten zu dantzen / welche ihnen auch zuvor nicht angesagt worden. Also kame der Tod auch [684] zu zweyen alten Leuten / und lude sie zu seinem Leichen Dantz. Die Alten wolten auch nicht mit ihm / einwendend daß sie nicht der Zeit hetten und nach Geld und Gut trachten müsten / er habe ihnen auch solchen Dantz noch nicht angekündiget / und könten sich so geschwind nicht abmüssigen.

3. Hierauf liesse sich der Tod vernehmen daß er ihnen bereit drey Botten gesendet / welche sie zu dem Dantz eingeladen / als: Hauptwehe / Magenwehe und Abkräfften aller Glieder / daß deme also mussten sie geständig seyn / und also / fůhrte er sie wider ihren Willen an den Reyen. Es wissen die Frommen und Bösen / daß man diesen unverschämten Dantzmeister nach vielen Entschuldigungen / den Dantz nicht kan abschlagen: jene bedenckens / diese erschrecken nicht einmahl vor dem Tod / und leben in ihrer Sicherheit dahin: oder vermeinen / wann das böse Stündlein kommet / sich zu bekehren / und ihr Leben zu fristen.

4. Also muste zu solchen Todten Dantz Ludwig Faresio deß Pabsts Pauli III. Anverwandter. Dieser verübte grosse Tyranney in Parma und Piacenza / daß ihm jedermann ab hässig und feind ware. Der Papst schreibt ihme / er solte sich den 10. Tag Septembris oder Herbstmonats wol in acht nehmen / dann ihme die Gestirne (wie desselbigen kündige berichteten) den Tod andraueten. Diese Warnung schluge er zwar nicht in Wind: massen aller Tyrannen böses Gewissen sie mit Furcht und warten der Dinge die dar kommen sollen / erschrecket / konte aber doch sein Leben niche fristen.

5. Die Edelleute stellten besagten Tag bey 30. in 40. Meuchelmörder an / welche unter den Schein / als ob sie wieder deß Fürsten Hofmeister zu sprechen hetten / in das Schloß kamen / ihn samt seinen Beichtvater / und 5. Teutschen die ihn verwachen sollen / ermordet: zuvor aber die Ursachen solches Beginnens angezeichet / und das Schloß geplündert: eben den vom Pabst benennten 10. Tag deß Herbstmonats. In besagtem Schloß hat sich eine grosse Summa [685] Geldes gefunden / welche sie hinweg genommen / samt allem andern / was Geldswehrt gewesen. Die Bürgerschafft hat sich darnach an den Kaiser ergeben / wie Schleidan in dem 19. Buch seiner Geschichte berichtet.

6. Basilius ein Sternseher zu Florentz warnte den Hertzog Alexander von Medicis / daß er würde ermordet werden. Ein Griech / der gleiche Kunst wissen wolte / setzte darzu / daß er mit einem Dolchen / von einem seiner vertrautsten Diener / der sonsten verschwiegen / und braun in dem Angesicht were /müsste durchstochen werden. Dem Cosmo von Medicis sagten diese / daß er ein grosser Herr und seine Nachkommen nach ihm / noch grösser seyn würden.

7. Dieses hatte dazumal gantz kein Ansehen darzu: es erfolgte aber darauf / daß Lorentz von Medicis den Alexander mit einem Dolchen ermordet / allermassen seinem Stallmeister drey Nächte nach einander getraumet hatte. Solches sagte er Paschal / deß Fürsten Leibartzt an / den selben zu warnen. Der Fürst aber wolte nicht darvon hören / sondern sagte / daß alle seine Leute seinem Vettern abhässig / und dergleichen Sachen erdichteten: wurde aber von ihm dieselbe Nacht als er zu ungebührlichen Händlen in seinem Zimmer allein gegangen / durchstochen. P. Jovius.

8. Also haben die Sternseher dem Hertzogen von Meiland / Francisco Sforze genant / seinen Tod verkündiget / daß er in seinen grösten Ehren / und der Blüt seines Alters eines unerwarten Todes sterben würde. Als er auf eine Zeit durch einen Fluß geritten /und sein Edelknab mit dem Pferd in dem Wasser gefallen / hat er ihm zu recht helffen wollen / ist aber darüber von dem Strom ergriffen worden / und hat /ohne alle Menschen Hülffe / ersauffen můssen.

9. Als solches Baccio von Mantone / deß Sforza gröster Feind verstanden / hat er sich sehr betrübet /weil auch ihm von den Sternsehern gepropheceyt worden / daß er keines natürlichen Todes sterben würde: gestalt auch erfolget / in dem die zu Aquila [686] (welche Statt er Jahr und Tage belägert) einen starken Ausfall gethan / ihn und sein Volk nieder gehauet.

10. Peter Leonius von Spoletto ein berühmter Artzt / hatte jederzeit viel auf die Sternkunst gehalten /wurde berichtet / daß er eines schnellen Todes / und zwar in dem Wasser sterben würde. Dieser Warsagung erfolge zu entfliehen / hat er sich von Venetig nach Spoletto begeben / den vielfältigen Schifffahrten zu entfliehen: Er ist aber in einen Brunnen Todt gefunden worden / unwissend wer ihn 9mein gestürtzet.

11. Bartholomeus Cocles (beygenamt der einäugige) von Bologna bürdig / ist zu unsrer Väter Zeiten einer von den grösten Hexenmeistern gewesen / hat aber allen die ihn gefragt böses vorgesagt. Einem Welschen Namens Cupon / hat er gesagt / daß er bald einen würde ermorden. Johann Bentevoglio fragte diesen Cocles / was ihm begegnen würde? dem sagte er /daß er in das Elend verjaget / und in einer Schlacht elendiglich sterben würde. Dieser bestelte vorbesagten Cupon den Cocles zu erwůrgen: nun pflegte dieser Zauberer sich auff Italianisch / das ist / von den Fußsohlen biß an die Zähne zu waffnen / und truge an seiner Seiten ein Schweitzers Schwert / dessen er sich meisterlich zu bedienen wuste.

12. Cupon nun hatte das Hertz nicht ihn anzugreiffen / sondern steckte ein kleines Steinlein in das Schloß seiner Hausthüre: Als nun Cocles kommet auf zu sperren und nach dem Schlůssel sahe / warum er nicht sperren wolte / geht Cupon hinter ihm her und haut ihn mit einer Art in das Gnick / daß er todt zu der Erden sincket / sagend / daß er also wahr machen můssen / was ihm dieser Hexenmeister verkündiget. P. Jovius.


Der Tod ist allen Frommen süß;
den Bösen bringet er Verdruß:
es ist der Menschen saurstes MUS /
[687]
die Essens Zeit ist ungewiß.
Die Stunde / so du dieses list /
nicht ferne von der letzten ist /
192. Die ermordten Mörder
(CXCII.)
Die ermordten Mörder.

Die Christliche Liebe gange einsten in Gestalt eines armen Weibs (dann wer nichts / als from seyn kan /der muß betteln) entblöst und erfrohren bettlen / und kame an die Fürsten Höfe / üm einen Zehrpfenning unterthänigst ansuchend / wurde aber aldar abgewiesen / mit Vorwand / daß man die Schuldner nicht zahlen / und nichts zu verschencken habe. Sie gange zu den Edelleuten und begehrte eine warme Suppen /muste aber hören / daß in der Küchen nichts übergeblieben / und daß die Jagt Hunde alles aufgezehret. Von dar kame sie zu den Kauffleuten / und begehrte ein Kleid: diese gaben zur Antwort / daß sie Tuch zu verkauffen und keines zuverschenken hetten. Ferners kam sie zu den Bürgern und begehrte ein Stück Brods: diese sagten / daß ihr Brod bereit verstellet /und daß ihr Kind und Gesinde nichts überliessen. Von dannen kam besagte Christliche Liebe zu den Bauren / und heischte einen Trunk kaltes Wasser. Die Bauren sagten / daß sie kein Wasser / als in den Pfützen / da möchte sie wol von trinken.

2. Nach deme nun dieses verlassne und betrübte Weib / aller Beysteur und Narungsmittel entnommen /sich zu den wilden Thieren zubegeben willens / der Hoffnung mehr Barmhertzigkeit von denselben zu erlangen / als von den Menschen / ist sie unter die Mörder gefallen: welche sie nicht nur Hülff- und Trostloß gelassen / sondern Hand an sie geleget / und ermordet: Daher kommt es / daß keine Christliche Liebe mehr bey den Leuten zu finden / in welchem Stande und Orte man sie auch suche.

[688] 3. Unter allen Kennzeichen sol dieses das vornemste der Jünger Christi seyn / daß sie einander sollen lieben / und auch ihren Feinden gutes thun: hingegen ist ein gewisses Kennzeichen deß Teuffels Jünger /daß sie einander hassen / und auch den Freunden böses thun. Das Gut unterlassen ist eine grosse Sünde: Das Böse freventlich vollbringen ist noch ein viel grössere / und für Gottes Augen abscheuliche Sünde: deßwegen sich auch zu verwundern / wann die Mörder von Gott und den Menschen / als sträfliche Ubertreter derselben Gesetze / mit abscheulicher /zeitlicher und ewiger Plage angesehen werden / wie wir unter den Trauer Geschichten auch folgende Erzehlungen anfügen müssen.

4. Zu Frauenstein / ein Dorff unferne von Meintz gelegen / hat ein Baurenknecht ein Mägdlein von fünff Jahren in einem Stall geführt und nohtzüchtigen wollen: als er aber solches nicht vollbringen mögen /hat er dem armen Kind die Gurgel abgeschnitten / und den Leichnam in 15. Theil zerstücket / in Hoffnung seine Unthat zu verbergen. Es ist aber ein Bauer dazu kommen / und hat diesen Meuchelmord gesehen / und der Obrigkeit angesagt.

5. Inzwischen haben die andren Bauren / welche denselben Sontag / als solches geschehen / gekugelt /den Thäter geschlagen und in Verhafft angehalten /biß er nach Maintz geführet worden / da er mit glüenden Zangen an dem gantzen Leib gezwicket / lebendig mit allen zerbrochnen Gliedern auf das Rad geleget worden / da er sein Leben mit überaus erbärmlichen Schmertzen geendet. J. Fincel in dem 2. Buch von den Wunder Sachen dieser Zeit.

6. Zu Colgart bey Leiptzig / hat einer in einem Hause Vater und Mutter / Kinder und Gesind bey Nachts erwürget / und ist 3: Tage und Nächte ohne Speiß und Trank unter der Stiegen verborgen geblieben / solches in das Werk zurichten / da er dann Zeit gehabt / seine Missethat zu bedenken / und hat ihm /nach seiner Aussage / eine Stimme stetig zugeruffen /thu es / thu es: Nach geschehener übelthat sey [689] ihm unmöglich gewesen von dannen zu gehen / wie sehr er sich bemühet. Dieser ist gleichsfals gerädert worden.

7. Zu Antwerpen hat sich folgende schröckliche Geschichte begeben / Simon Turk / ein Luckesischer Kauf-Herr hatte Hieronymum Diodati in seinen Garten geladen / mit Vorwand / daß er mit ihme und noch einem andern Handelsmann von Lyon einen Wechsel schliessen wolte. So bald nun Diodati dahin kommen / setzte er sich / auf begehren in einen Sessel / welcher also gemachet / daß er ihm Arme und Beine verbunden und gleichsam angefesselt hielte. In diesem Zustande nöhtigte ihn Turk / daß er muste eine Schuld Verschreibung unter seiner Hand und Petschafft von sich geben / und sich zu einer bösen That schrifftlich bekennen / welche er nicht gethan hatte.

8. Nach deme solches geschehen / ist Julio deß Turken Diener hinein getretten / und hat Diodati die Gurgel abgeschnitten / und mit Hülffe seines Herrn in den Keller vergraben. Als nun Diodati nicht wieder nach Hause kame / fragte seine Wirtin aller Orten nach / möchte ihn aber nicht aus kundschafften: deßwegen sie beursacht worden solches der Obrigkeit deß Orts anzumelden / welche alsobalden die Thoren zuschliessen / und befehlen lassen / daß man alle die Häuser / wo Diodati hinzugehen pflegen / durchsuchen solte.

9. Turk hatte ein böses Gewissen / und vermeinete sich zu sichern / in deme er seinen getreuen Dienern befohlen / sie solten Diodati Leichnam aus graben /und in einen Brunnen werffen: als sie nun im Werke solches zu vollbringen / hört der eine ein Geräusch /und laufft darvon / der andre kan den Leichnam nicht allein tragen / und lässet ihn auf der Gassen liegen /und saget seinem Herrn an / was sich begeben. Der Herr giebt ihm Geld / und ein Gůldnes Ketlein / mit Befehl er solle sich aus dem Staub machen / welches er auch gethan / und ist dieser sonders zweiffel der verdienten Straffe auch nicht entronnen.

10. Turk gehet darauf zu der Obrigkeit / und [690] meldet an / daß sein Diener Julio den Deodati ermordet und die Flucht genommen. Durch dieses Anbringen machet sich Turk verdächtig / daß er in das Gefängnis geworffen wird / der andre Diener wird auch handfest gemachet / welcher also bald bekennet / daß sein Herr ihm und Julio befohlen Deodati Leichnam aus zu graben / und in einen Brunnen zu werffen. Hierauf wird Turk peinlich gefragt / und als er allen Verlauff bekennet / ist er in den Sessel / in welchem sein Landsmann ermordet worden / gesetzet / und mit einem um und um angescherten Feuer lebendig gebraten worden. Le petit l. 8 in dem Holländischen Zeitbuch.

11. Hier ist auch kürtzlich zu erzehlen / daß die Frantzosen eine Schiffart in die Insel Floridam angestellet / der Meinung einen unbewohnten Theil selber Landen zu besetzen / massen sie von Jahr zu Jahren dahin fahren / Früchte und Kauffmannschafft zu holen und eine Handlung dahin zu richten vermeint. Ob sie nun wol den Spaniern das ihrige nicht abzunehmen vermeint / haben sie doch solche ihre von der Natur selbsten zur Feindschafft gewidmete Nachbaren neben sich nicht wollen einkommen lassen / und bey bösem Wetter / sich ihrer aufgeworffnen Schantzen bemächtiget / Mann / Weib und Kind niedergehauet / und die gefangenen Soldaten fůr ihres Haubtmanns Jan Ribants Augen abgekehlt / und aufgehenket.

12. Es hat sich aber nachgehends gefunden ein andrer Frantzos Namens Dominicus Gurgues / welcher eben diese Schiffart angetretten / seiner Lands Leute Tod zu rächen / und ist ihme auch geglücket / daß er viel / eben mit dem Gewehr / und eben an den Mastbaumen / mit welchen und an welchen sie die Frantzosen erwürget / wieder hingerichtet worden / und zwar mit dieser Beyschrifft / daß solches ihnen nicht als Feinden / noch als Spaniern oder Schiff-Soldaten: sondern als Verrähtern / Raubern und Mördern beschehen. Ist also mit gutem Raub wieder Rochelle zurucke gekommen.


[691]
Ach daß so viel Menschen Blut
wie das Wasser wird vergossen!
Hilffet nicht die Vater Rut /
muß die Mörder Gott verstossen /
die mit Frevel vollem Rachen
aus dem Laster Tugend machen.
193. Der Mohren listige Untreue
(CXCIII.)
Der Mohren listige Untreue.

Ein Vater hatte einen Sohn / der nun seine vogtbare Jahre erlanget / und sich zu heuraten gewilliget war. Diesem führte er für vier Jungfrauen / er solte eine unter selben wehlen. Die erste (der Früling) hatte einen bunten Rock angekleidet / sie sahe sich frölich um ihr Haubt war mit einem Blumen-Krantz gezieret /auf der Hand truge sie ein Nachtigal / und ihre Gestalt sehr holdselig. Der Jüngling sahe sie an: gedachte aber es sind ihrer noch drey zu rucke / laß diese gehen / vielleicht gefallen dir die andren besser: begehrte also der ersten Jungfer nicht.

2. Die zweyte Jungfer (der Sommer) hatte einen gantz grünen Rock / auf ihrem Haubt einen Krantz von Kornähren / in den Händen Kirschen / Erdbeer /etc. Der Jüngling ließ auch diese gehen und hoffte was bessers. Die dritte (der Herbst) Jungfer truge Aepfel / Pyrn und Wein-Trauben in ihren Händen /hatte auf dem Haubt einen Krantz von Nebenblättern /sahe aber so frisch nicht üm sich / als die zwo ersten. Der Vater fragte seinen Sohn / ob ihm diese auch nicht gefiele / und sagte ihm darbey / er müste diese oder folgende nehmen / und daß solche nur einmal ausgeboten würden. Der Sohn vermeinte / das beste komme zu letzt / und ließ auch diese fahren.

3. Die vierte (der Winter) war ein altes Weib / grau angekleidet / gienge krum gebucket / hustete sehr /trug einen Feuertopf in der Hand und zitterte für Frost. Da sprach der Vater sihe / da hast du deine[692] Braut / und muste der Jungling die alte wider seinen Willen haben / und mit ihr hinter den Ofen Aepfel braten. Also ergehet es denen / welche sich mit dem Gegenwärtigen nicht vergnügen lassen / sondern auf grössere Ehr / Reichthum oder andre zeitliche Glückseligkeit warten / wie wir hiervon aus Maffei Indianischen Geschichten ferners erzehlen wollen.

4. Immanuel de Sousa (beygenamt Sepulveda) ein reicher Herr / und Königlicher Portugäsischer Statthalter in West Indien / hatte alles was sein Hertz verlangte / doch war er nicht vergnügt / sondern verhoffte in seinem Vaterland noch höher anzukommen / belude deßwegen ein Schiff mit grossem Schatz / sampt seinem gantzen Haußwesen / leibeignen Soldaten und Schiffern / daß ihrer in allen bey 600. Personen waren. In dem Jenner muß man abfahren von Coulan /weil sich die Winde ändern / und die See sonsten nicht segelbar machen. Sousa aber verweilte sich und hube den Anker auf zu Ende deß Hornungs hatte da auch anfangs guten Vor-Wind.

5. Als sie aber auf das hohe Meer kommen / schläget ihnen ein Hagel Wetter und Windswürbel entgegen / das Meer weiste Berg und Thäler in den Flutten / daß es zu keinen andern Ende hoch erhaben wurde /als so viel tieffer in den Abgrund zu stürtzen / und dem stoltzen fichten Hauß grimmig zu wieder stehen. Segel und Mast waren dahin / der Steurmann war zu schwach das Schiff zu regieren / und der Bottgesellen zu wenig / das eindringende Wasser auszuschöpfen. Sie wurffen die Güter in das Meer / konten aber mit solchen Gaben selbes nicht beruhigen / sondern sahen also etliche Tage dem Tod unter das Angesicht / und hatten nicht anders als ein endlichen Schiffbruch zu gewarten.

6. Sousa sahe eine Insel und stiege in das kleine Schifflein / mit seinem Weib / Kindern und etliche von den vornemsten Dienern / kame auch mit grosser Gefahr wieder auf das trockne / welches war [693] in einer Insel der Indianer / deren Sprache ihnen so wenig bekant als der wilden Thiere. Die übrigen so in dem Schiff bleiben můssen / haben sich theils auf Fässern /Brettern / Riegeln und Stangen gerettet / und also an das Land geschwommen / die andren sind alle ertruncken und das gantze Schiff in viel tausend Stücke gescheitert / daß ihnen auch die Hoffnung entsunken /die nechsten Inwohner der Portugäsischen Inseln üm Hülffläistung anzuflehen.

7. Nach deme sie nun etliche erfaulte Speisen und sonderlich Reiß noch ůberig / haben sie sich bey frischen Wasserquellen gelagert / sich mit etlichen Steinen verwahret / so Tags so Nachts Schildwacht gehalten / und endlich sich entschlossen ihren Weg gegen Mittag zu nehmen / da der Fluß / welcher von dem heiligen Geist den Namen hatte und von denen die zu Sefala und Mozambiqua wohnen beschiffet würde. Zu dieser Raise ermahnte Sousa seine unterhabende / und führte ihnen zu Gemüt / daß sie durch Gottes Gnade das Leben errettet / daß einer zu Land so wol als zu Wasser dem Tod unterworffen: daß sie alles was sie verlohren für nichts zu schätzen gegen dem Leben etc. daß sie sich freundlich und friedlich zusammen halten / und Gott üm Hülffe anruffen solten: ja / daß sie mit jhren Sünden die ewige Straffe verdienet / welche Gott in die zeitliche verwandle etc.

8. Nach dem sie nun alle geruffen / daß sie ihme folgen wolten / hat er seine leibeigne mit dem übrigen beladen lassen / ist vorangezogen / und sein Weib ist in einer elenden Senfften getragen worden. Nach ihme folgten die leibeignen / und dann Pantaleon Sala / mit wenig Rotten Soldaten. Sie zogen durch unwegsame Ort / über hohe Berge / durch tieffe Thäler / und diese Reise wärte ein Monat / in zwischen welchem sie sich / nach aufgezehrtem Vorraht vom Meer Muscheln und kleinen Fischlein / so das Meer auswirffet / ernehren müssen. Viel unter dieser Gesellschafft sind zu rucke geblieben / verschmachtet und den [694] wilden Thieren zu theil worden / weil kein süsses Wasser der Orten zu finden.

9. Das Weib dieses Herrn muste endlich auch zu Fusse gehen weil niemand so stark / daß man sie tragen können / ja sie muste noch ihr kleinstes Kind auf den Rucken nehmen / und eine männliche Standhafftigkeit erweisen. Nach vier Monaten sind sie endlich an besagten Fluß kommen / und von dem Mohren König / der zuvor mit den Portugäschen Kundschafft gepflogen / wol empfangen worden. Dieser gabe ihnen durch Geberden zuverstehen / daß sie nicht ferner räisen / sondern bey ihme bleiben solten / biß sie von ihren Landsleuten dienliche Nachricht erlangen möchten / und daß sie in grosser Gefahr / wegen seines rauberischen Nachbaren / wann sie ihren Weg fortsetzen würden.

10. Sousa wolte aber diesem nicht trauen / und erhielte von ihme etliche kleine Schifflein / damit kame er samt den seinen deren von 600. nur 25. überig / zu einem andern Mohren König / welcher ihn zu sich bitten liesse / und als er unterwegs / ihme wieder entgegen sendete und unter etlichen Feigenbaumen zu verbleiben anweisen lassen / vermeldend / daß seine Statt zu klein / und die Lebensmittel nicht zu bekommen: zu deme hetten sie viel eiserne Gewehre / für welchen sich die Mohren sehr entsetzten / wolte er aber selbe von sich geben und ihm kommen / solte er ihme ein lieber Gast seyn.

11. Sousa glaubet diesem treulosen Mohren / und giebet alles Gewehr von sich / damit er nur Speise von ihnen bekommen möchte / ob wol Eleonora sein Weib solches widerriete. Kurtz zu sagen. Nach dem sie wehrlos / fallen die Mohren über sie und nehmen ihnen alles was sie üm und an hatten / so gering es auch seyn möchte / jagten sie auch mit spitzigen Stecken aus ihrer Statt / daß sie angefangen alles zu leyden / was jemals Menschen leiden können.

12. Hier haben sich nun diese Portugäsen getrennet / und sind ihrer viel von den Mohren gefangen / [695] und nachmals an / ihre Lands Leute zu Sofola verkauffet worden / welche erzehlet / daß Eleonora ihr eine Gruben gegraben und sich gleichsam selbsten mit den Händen eingescharret / als ihre Kinder nach und nach verhungert / und daß nach ihrem Tod Sousa in den Wald gelauffen / und sonders zweiffel den Löwen und Thiegerthieren zur Speise worden sey.


Worzu zwingt doch der Geitz der meinsten Menschen Hauffen /
sie raisen ůber Meer ihr Unglück ein zukauffen
Ach wie viel besser lebt der pflügt sein eignes Feld
als der so grosses Gut holt aus der neuen Welt.
194. Die Unglücks Wunsche
(CXCIV.)
Die Unglücks Wůnsche.

Als der arme Job so übel geplaget war / klagte ers Gott / der hieß ihn Gedult suchen / so wůrde es besser werden. Job suchte und ließ aller Orten suchen / konte sie aber nirgend wo finden / deßwegen wurde er noch mehr betrübt / und verfluchte den Tag seiner Geburt /rauffte die Haar aus und wünschte den Tod / als das Ende alles Elends. Er erblickte aber in diesen Nöhten eine schöne Jungfer unter einer Dornhecken / die war gantz naß / hatte neben sich ein Lämmlein / und truge auf dem Haubt ein guldne Krone.

2. Nach dem er nun von ihr verstanden / daß sie die Gedult / welche unter den Dörnern ihren Thron zu haben / und von der Betrübten Threnen so benetzt zu werden pflegte / hat er sie mit Freuden umfangen / in sein Hauß gefůhrt / und ein solches Liedlein angestimmet: »Der HErr hat es gegeben / der HErr hat es genommen / der Name deß HErrn sey gebenedeyet!«

3. Solche Tugend können auch nicht finden die Fluch er und Gotteslästerer / die Schänder und [696] Unglücks Wůnscher / welche theils aus Boßheit / eheils aus übler Gewonheit den Mund nicht aufthun / daß nicht etliche Teuffel ůber die Zungen springen: daher jener Pfarrer Gott gebetten / daß er doch der Soldaten Wunsch einmahl wolle wahr werden lassen: verstehen der jenigen / welche zu wünschen pflegen / daß sie /oder andre der Teuffel holen sol. Von solcher elenden Ende und unglücklichen Erfolgungen wollen wir etliche Erzehlungen hier anfügen.

4. Ein raisiger hat in der Mark Brandenburg / da er in einem Wirtshause erkrankt / seinen Beutel mit Geld der Wirtin aufzuheben gegeben. Nach dem er genesen / hat er das zu treuen Händen anvertraute Geld wieder erheischet. Die Wirtin aber hat dafür gelaugnet / und den Mann und Haußknecht zu Hülffe genommen / daß der beraubte Raißmann weichen und sich für die Thůr heraus treiben lassen müssen. Als sie nun die Thur verrigelt / hat er mit dem Degen darein gestossen / daß der Wirt die Nachbarschafft üm Hülffe angeruffen / und geschrien / daß ihm dieser Dieb in seinem Hause Gewalt anlegen wolle / etc.

5. Hierüber beschicket man die Wacht und wird der Fremde in Band und Eisen geschlagen. Zu diesem findet sich der Satan und verspricht ihn auf freyen Fuß zustellen / wann er sich an ihn mit Leib und Seel er geben wolle. Das wolt der Soldat nicht thun / und lieber unschuldig sterben als sich selbsten verdammen. Der böse Geist sagte / daß er ihn dann zu einem Vorsprecher wehlen / und unter dem Volk mit seiner blauen Hauben / darbey er ihn kennen würde / hervor ruffen solte.

6. Dieses willigte der Gefangene / und als er für Gericht stehen muste / bate er / daß seine Sache durch den mit der blauen Mützen möchte ausfindig gemacht werden. Solches wurde ihm verlaubt / und erzehlet also der verstellte Satan / wie dieser Fremde das Geld der Wirtin in seiner Krankheit / aufzuheben gegeben hette / wie ihm solches vorbehalten würde und in solcher Sorten / in der Truen verwahret were. [697] Der Wirt laugnete dafůr / und bate Gott / er solte ihn verlassen /und alle Teuffel solten ihn holen / etc. wann dem also. Darauf hat ihn dieser Sachwalter so bald in den Lüfften weggefůhret / und hat sich die Sache also befunden / wie der Satan gesagt. Wier. l. 4. c. 20.

7. Peter Alvaredo ein Spanischer Haubtmann / hat mit den Indianern in Peru lang Krieg gefůhret / und ist auch in einem Streit so sehr verwundet worden / daß er zween Tag hernach gestorben. Auf seinem Siechbett hat man ihn gefragt / was ihm weh thue? Darauf hat er geantwortet: Die Seele / und mit solchem Wort ist er verschieden. Sein Weib / Beatrix de la Cueva /so er damals zu Guartimal hinterlassen / hat diese Zeitung von ihres Mannes Tod / mit folgenden lästerlichen Worten angehöret: Gott hette nichts ärgers thun können. Darauf hat sie sich gestellet / als ein Weib das von Sinnen gekommen / die Haare ausgeraufft /sich in der Erden ümgewältzet / und noch Speise noch Getrank zu sich nehmen wollen. In dieser Traurigkeit hat sie aus Ubermuth das Regiment unternommen /ihr die Soldaten schweren lassen und Regentin der Landen seyn wollen.

8. Den 8. Herbstmonats 1641. hat es den gantzen Tag geregnet / und folgenden Abend / sind zween Indianer gekommen / welche dem Bischoff zu Guartimala angemeldet / daß sie unter dem Berg der nechst der Statt gelegen / ein grosses Geprassel gehöret. Der Bischoff hat sie gescholten / und solches für einen Traum gehalten / üm Mitternacht aber ist eine grosse Flut über den Berg herab unversehens geschossen /und hat die gantze Statt / am ersten aber dieser stoltzen Regentin Hauß niedergerissen / und Menschen und Vieh jämmerlich ersäufft / daß niemand darvon gekommen / als die Indianer / welche solche erstlich angemeldet / und ein Mägdlein / das Alvorado mit einer Indianerin erzeuget. Benzo. l. 2. c. 17.

9. In Frankenland ist ein Flucher (welchen [698] wir wegen seines adelichen Herkommens nicht nennen wollen) stumm worden / daß er geheulet wie ein Hund / kein Wort aber reden können.

10. An dem Hof eines benachbarten Fürsten / hat ein leichter Gast auch eine geringe Sache hoch beteuret / und gesagt / wann deme nicht also / soll Gott ein Zeichen an ihm thun; wann es aber Gott nicht thun wolle / so sol es der Satan thun. So bald er aber aus gesprochen / ist er auf die Erd gefallen / und ist von dem Fraisch also gewürget worden / daß er hernach den Geist darüber aufgeben.

11. In der Statt Meiland war ein unartiger Sohn /welcher seiner Mutter zuspotten / und das Maul über sie zu krůmmen pflegte: Diesem wünschte sie auf eine Zeit / daß er auch an den Galgen den Mund also verstellen müsste. Was geschicht? Dieser Spötter wird in einem Diebstal ergriffen / und zu dem Strang verurtheilt / da er dann an dem Galgen das Maul wieder /wie zuvor gegen der Mutter gekrümmet.

12. Ein andre Mutter hat ihrem Sohn das Antoni Feuer angewünschet / weil er ihr ungehorsam / und nicht folgen wollen: also bald wurde der Knab darmit angestecket / und muste lange Zeit / biß in seinen Tod damit geplaget seyn. Dieses alles dienet den unbedachten und leichtfertigen Leuten zu einer Warnung /daß sie ja nicht schnell seyn sollen ůbels zu reden: weil dardurch sie und andre von dem bösen Geist geführet werden / aus welches Eingeben es ungezweiffelt ist.


GOTT versucht
Der / so seinem Nechsten flucht
Wann er speyet über sich
Freventlich /
wird er sich nur selbst beschämen
und zu schänden unternehmen.
195. Die freywillige Unsinnigkeit
(CXCV.)
Die freywillige Unsinnigkeit.

Es draute einer seinem Freunde / der den Trunk sehr liebte / er wolle ihn machen von Sinnen [699] kommen: darüber lachte der andre und sagte / daß er den Verstand von Gott und von keinem Menschen enpfangen / stünde also nicht in seinen Mächten: zu deme wolte er sich solches zu ihm als seinem Freunde nicht versehen / massen ihme sein ärgster Feind nichts bösers thun könte / weil der Verstand allein die Menschen von dem Vieh unterscheide. Wol / versetzte der erste / thu ich es nicht / so wird es doch einer thun den du sehr liebest.

2. Dieses wolte der Weinschlauch nicht glauben /biß er sich bezechet / und sich als ein unsinniger Mensch gestellet / da ihm dann sein Freund die Rähtsel aufgelöset / daß es nemlich der Wein were / den er sehr liebete / welcher jhn seines Verstands beraubte /dessen er doch / als eines Erbfeindes der Tugend müssig gehen solte. Er aber antwortete / daß man auch die Feinde lieben solte / und hat solche Thorheit erst in seinem kranken Alter erkant / als er das Sprichwort im Werke erfahren: Ein wollustige Jugend bringt ein unlustiges Alter.

3. Viel mehr ersauffen in dem Weinfaß / als in dem Meer: vielmehr erleget Bacchus als Mars vielmehr tödten sich selbsten / als von ihren Feinden getödtet werden: und scheinet das Laster der Trunkenheit nicht so abscheulich und nachtheilig / als es ist: Der Wein /sagt Sirach / gläntzet schön in dem Glas: er vergifftet dich aber wie eine Schlange / wann man nemlich nach dem Becher der Fröligkeit / den Trunk der Unsinnigkeit auszechet / daß der Wein ein / die Vernunfft ausgehet / und dadurch sich und andre in Leibs und der Seelen Gefahr setzet / wie hiervon etliche Erzehlungen folgen sollen.

4. Im Jahre 1517. an einen Sonnabend hat sich ein Knecht zu groß Glockau in Schlesien vollgetruncken /und aus Unachtsamkeit das Hauß darinnen er gewesen / angezůndet / welche also bald durch den Wind die schönsten Häuser in Brand gebracht / und bey 80. Personen verbrennt und mit Rauch erstecket. In der gantzen Statt bliebe nichts stehen / als [700] die Haubt-Kirchen / und etliche wenig Häuser / welche nechst denselben gebauet waren. Dieses geschahe die Nacht vor dem Fest deß H. Stanislai / welcher deß Königreichs Polen und sonderlich der Statt Glogkau Schutz Herr seyn sol. Joach. Curaus in den Schlesischen Jahrbücher oder Annalibus.

5. Gantz Livland ist wegen der Trunkenheit und Füllerey dem Moscoviter unterthänig worden / welche anfangs darinnen sehr tyrannisiret. Der Ritter von den Teutschen Orden / so einen Anfang mit den Rittern von Malta genommen / solten dieses Land vertheidigen: sie aber waren allen Lastern / und sonderlich fressen und sauffen er geben / daß sie auch die Dolchen neben die grossen Gläser auf den Tisch gestossen / und wol den / der nicht bescheid thun wollen /darmit nieder gemachet. Als nun der Feind / die Muscoviter im Anzuch gewesen / und biß an Riga gestreifft / haben diese keine Lust zu fechten gehabt /und gezittert wie das Laub an den Bäumen / bevor sie des Feindes ansichtig worden. Bald hernach sind sie niedergehauet worden / und jämmerlich üm deß Landes Herrschafft / und auch ům das Leben gekommen.

6. Ein Niederländer zu Arnheim hat sich täglich bezechet und Zank gesuchet. Dieser war auf seine Zeit so voll als ein Ey / und funge mit seiner Weinbrüder einem unnöhtige Händel an. Von den Worten kame es zu den Schlägen / darüber wird er mit einem Messer in das Aug gestossen / daß viel Blut daraus rann. Ob man nun vermeinte der Stoß were nicht gefährlich /hat er doch also bald die Rede verlohren / und ist die drey und zwantzigste Stunde darnach verschieden Unter den Wundärtzten war ein Streit / ob er von der Verwundung / oder von keinem andern Zufall gestorben: Die Obrigkeit aber hat den Thäter enthaubten lassen. B. Ronsæus in epist. 12. Medicin.

7. Zu Lyon war einer Namens N. Chanourrus ein grosser Trunkenpold / welchem der Tag zu kurtz war sich mit Wein anzufůllen / und die Nacht [701] nicht lang genug wieder aus zu nüchtern. Wann er nun gantz bezecht nach Hause kame / zankte und haderte er mit seinem Weibe / legte ihr auch / wann sie das Meister-Lied singen wolte / die Faust auf die Wangen / deßwegen sie sich zu rächen entschlossen / und als er auf eine Zeit im Trunk entschlaffen / hat sie ihrem Manne die Gurgel abgeschnitten / ein Beck genommen / und das Blut darein gesamlet / ihn auch / solchen Mord zu bergen in Stücke zerhauen / und in das Wasser geworffen / welches sie alles so klüglich zu Werke gerichtet / daß man auch nicht einen Tropffen Blut in dem gantzen Hause sehen können. In die unterschiedene Säcke / welche sie darzu machen und pichen lassen / hat sie benebens dem Leichnam auch Steine hinein gethan / damit sie bald zu Grunde sinken: doch hat sie diese That nicht bergen können / sondern ist allezeit erschrocken / wann jemand nach ihrem Manne gefragt hat: darüber ist sie in Verhafft kommen / und als eine Mörderin abgestraffet worden.

8. Ein Edelmann bey Brissac angesessen / hatte mehr Wein zu sich genommen / als er tragen kunte /und wolte sein Pferd herüm schürtzen: wird aber von demselben abgeworffen / geschleifft / mit Fůssen getretten / und so jämmerlich zugerichtet / daß er sein Leben selbe Stund elendiglich aufgeben müssen. J. Gast in seinem Tischgesprächen.

9. Im Jahre 1551. lagen 400 Gůlchische Reiter zu Reitlingen / darunter zween mit einander üm 10. Fl. eine Wette getrunken: da der eine 27. der andre 23. Mase gesoffen. Haben aber beede ein elendes End genommen.

10. Zu Utrecht in Niederland hat sich einer also betrunken / daß er in seiner Kammer neben dem Camin /daß er mit Feuer angeschürt / entschlaffen / und in die Flamme gefallen: weil er nun nicht so viel Stärke gehabt daß er sich heraus wältzen / oder aufstehen können / hat er sich erbärmlich verbrennet / und weil die Kammer versperret keine Hülffe und Rettung haben können / biß man den andern Tag diesen halbgebratnen [702] rüllen und brüllen hören / wie einen Ochsen deßwegen die Kammer aufbrechen müssen: da man diesen elenden Menschen gefunden. Ob man nun allerhand Brandleschungen gebrauchet / hat ihme doch nicht mögen geholffen werden: sondern er ist mit grossem Schmertzen / ohne allen Verstand / den dritten Tag verschieden.

11. Die Soldaten verübten in einem Dörflein in Schwaben grossen Ubermut / und hielten die Bauren sehr übel / nach deme sie sich aber bezecht und als die Todten geschlaffen / haben sich die Bauren erkůhnet / und sie in dem Wirtshaus todt geschlagen solches hat ein Soldaten Weib den andern Fahnen verkundschafft / die morgens mit hellem Hauffen gegen das Dorff angezogen / selbiges geplündert / und in Brand gestecket.

12. Zu Wien haben unlangsten 4. Musicanten 42. Maß Wein / auf einen Abend ausgetrunken / und sind folgenden Tages alle eines schmertzlichen Todes gestorben / wie man für gewiß geschrieben.

Der so täglich herrlich lebet /
und prasst wie der reiche Mann /
in Gefahr der Seelen schwebet
und nicht anders sterben kan.
Welchen hie der Wein behaget /
dort der Durft beharlich plaget.
196. Das vorsetzliche Ungluck
(CXCVI.)
Das vorsetzliche Unglůck

Ein frommer Mann sahe in einem Gesicht / wie die Engel Lazarum in Abrahams Schose trugen / und demselben die Gedult / der Glaube / die Beständigkeit und andre Tugenden folgten. Als er nun fragte: was solches bedeutet? Hörte er eine stimme sagen: Seine Werke folgen ihme nach. Er sahe auch den reichen Mann zu Grabe tragen / da der Geitz / der Wucher /die Unbarmhertzigkeit / [703] der Stoltz und viel andre Laster hinter der Baar giengen. Der fromme Mann fragte wieder: Wer sind diese? / Die Stimme wiederholte besagte Wort / sagend: Seine Werke folgen ihme nach.

2. Dieses solten wol behertzigen alle frevle und vorsetzliche Sünder / welchen offenbar sind die Werke deß Fleisches / Hurerey / Ehebruch / fressen /sauffen / etc. und daß alle die solches thun / das Reich Gottes nicht ererben können. Ihre Werke werden ihnen nachfolgen / wann sie aus diesem Leben abscheiden / sie sind gut oder böß. Solches hette bedenken sollen Pia / Nolo eines Edelmanns bey Siena Eheweib / und sich nicht / durch ihre böse Lüste / in zeitliches und vielleicht auch ewiges Unheil verleiten lassen.

3. Besagter Edelmann hatte einen adelichen Sitz unferne von der schönen Statt Siena / da hielte er sich mit seinem gantzen Haußwesen / und weil er ein alter und unvermöglich Mann / sein Weib aber jung und frisch / wolte er sie wie die schönen Gemähle fast nicht in die Lufft kommen lassen / aus Furcht / daß solches vernachtheilet werden möchte. Pia war in ihrem Ehestand eine Wittib / die lebendig todt zu nennen / weil ihr Mann an Liebes und Leibes Kräfften natürlicher weise abgestorben war.

4. Nolo hatte unter andern seinen grossen Vermögen auch eine Rechtfertigung / welche zu Siena anhängig / und seine Gegenwart erheischte / deßwegen er sich mit seinem Haußwesen in die Statt erhebt /willens / den Winter über seinen Sachen obzuliegen /und solche zu Ende zu bringen Pia erfreute sich hierůber / weil sie mehr Gelegenheit hatte ihr üm einen Leutenamt ihres Bettes ümzusehen / als auf dem einsamen Dorf.

5. Unter andern ersahe Pia einen wolgestalten tapfern Jüngling / welchen sie durch ihrer Augen Sprache / so in Welschland sehr gemein ist / verständigte / wie sie sich gegen ihm treuhertzig erweisen wolle / er solle nur alle Zagheit hintan setzen / und gleiche Gegenliebe erwiedern. Der Jüngling / Namens [704] Ambrosius / wolte sich versichern / daß er ihre Gemüts Meinung recht verstanden / und schriebe üm verliebte Ge danken auf ein Sendbrieflein / daß er ihr durch eine alte Kuplerin einhändigen liesse.

6. Der Kauff wurde wegen so feyler Waare / leichtlich geschlossen / und ermangelte nur die Gelegenheit frisch auszuzahlen: solche begabe sich in dem Nolo seinen Rechtshandel bey einer Zusammenkunfft der berühmsten Juristen bedenken / inzwischen aber Getreid auf den Boden tragen lassen / und darzu etliche Schröter oder Sackträger bestellet / unter welchen sich auch Ambrosius / als eine solche Person bekleidet /eingefunden.

7. Was diese beede mit einander verůbet / ist leichtlich zu gedenken / und wurde unter ihnen die Abrede genommen / daß der Sacktrager / als eine Weibsperson bekleidet / bald wiederkommen solte. Zu solchem Ende beschwatzte Pia eine von ihren Kammermägden / welche anfangs gar nicht darzu verstehen wollen / und ihrer Frauen beweglichst zu Gemüt geführet / daß diese Sünde deß Ehebruchs sie in ein vorsetzliches Unglück stürtzen würde.

8. Pia wolte sich durch keine Ermahnung zu rucke halten lassen / und vermeinte mit ihrer Klugheit Nolo Hörner zu verhüllen / daß es niemand sehen solte. Nach langem Wortstreit muste die Kammer-Magd schweren / ihr in ihrem Handel behülfflich und verschwiegen zu seyn: welches sie getreulich / wie wol fast wieder ihren Willen gelaistet.

9. Nach deme nun dieses Spiel viel Monaten getrieben worden / fasste einer von Nolo Knechten / der sonderlich wol dienen wollen / einen Wahn / daß Ambrosius welcher in Weibskleidern zu Pia kommen /mehr als ein Weib bey ihr zu verrichten / und verkundschaffte solches seinem Herrn. Nolo hatte die Brillen der Eifersucht bereit auff dem Ohr / und steckte sie nun auf die Nasen: doch gedachte er recht hinter den Handel zukommen / und alsdann sich zu rächen /mochte aber nicht darzu gelangen.

[705] 10. Der Argwahn war ihme ein sattsamer Beweiß /doch verlangte ihn zu wissen / wem er diese Oxen-Kron zudanken hette: solches zu erfahren / verraiset er wieder mit seinem gantzen Haußwesen auf sein Land-Gut Mammerta / und nimmet etliche Soldaten mit /die üm das Geld seiner Rache Werkzeug seyn sollen: wie geschehen.

11. Die Kammerdienerin fragen sie mit dem Daumenstock und andren peinlichen Zwangsmitteln: nach deme sie ihre Standhafftigkeit erwiesen / hat sie sich durch empfindlichsten Schmertzen endlich ůberwinden lassen / und den gantzen Handel mit allen ümständen erzehlet / sich aber darbey entschuldiget / daß sie als eine gehorsame Dienerin / nach vielen vergeblichen Erinnerungen darzu helffen und stillschweigen müssen. Nolo / befahle sie dieser Ausreden ungehindert zu erstechen.

12. Nach diesem liesse er Pia den Tod ankündigen / und ihr sagen / daß sie sich darzu solte gefasst machen. Diese unerwarte Zeitung hörte sie mit erstaunen an / und bate Gott und ihren Mann hertzlich ům Verzeihung / welcher darzu nicht verstehen wolte / als nach ihrem Tode. Nach wenig Stunden lässet Nolo die Meuchelmörder hinein tretten / und sie niederstechen. Pia hinterliesse viel Freunde zu Siena / welche diese That erfuhren / und Nolo gleichfals zu würgen drauten / daß er also nicht aus seinem Schloß kühnlich gehen dorffte / und hat also sein Leben in elender Einsamkeit geendiget.


Unrecht bleibt nicht ungerochen:
der die Ehe einmal gebrochen /
und deß Nechsten Bett befleckt /
hat die Straffe schon erweckt /
die ihn mit viel mißbehagen /
unerwartet kommt zu plagen.
197. Der blinde Zorn
[706] (CXCVII.)
Der blinde Zorn.

Es waren etliche Diebe in eines reichen Mannes Hauß gestiegen unter welchen einer sich mit dem Diebstal beladen / und von den andren abdrehen wollen / hat aber mit grossen Schmertzen erfahren / daß üm das gantze Hauß Gruben mit Feuer angescheret / in welche er gefallen und jämmerlich geschryen. Die andren von seinen Gesellen sahen diesen in den Flammen liegen / und konten leichtlich abnehmen / daß es ihnen gleich also gehen werde: liessen aber doch nicht nach Kisten und Kasten zu raumen / und sich mit unrechtem Gut / daß sie nicht darvon bringen mochten / zu bereichern.

2. Wer wolte nicht sagen / daß diese Diebe Narren und blinde Thoren / die ihre Gefahr lieben und darinnen umkommen. Also machen es die verruchten Sünder / welche in den Werken der Ungerechtigkeit beharren / und doch sehen und wissen / daß wegen solcher ihre Gesellen in dem ewigen Höllen Feuer brennen und nicht mehr daraus können errettet werden. Noch wollen sie durch andrer Nachtheil nicht klug werden / und setzen ihre Unthaten wieder ihr Gewissen fort.

3. Was der Ehebruch für einen erschröcklichen Ausbruch zu nehmen pfleget / ist durch viel hundert Geschichte bekannt: solche verbottne Frucht wůrket den Tod / und so wenig ein Wucherer sich offt in seiner Zinß Rechnung betrůgen lässet: so wenig wird ein Ehemann zu unterschiedlichen mahlen betrogen. Uber solche Untreue zörnet er mit Recht / und haben ihn auch die Gesätze zugelassen / daß er sich selbsten /auff handhaffter That an solchen Ehren-Dieben gleicher weiß als in andren einbrechenden Raubern / rächen darff. Solches were auch dem Haubtmann zu Nocera / in Welschland nicht zu versprechen [707] gewesen / wann er nicht gar zu tyrannisch verfahren und seine Rache auch gegen die unschuldigen Befreunden sehen lassen / wie wir ümständig erzehlen wollen.

4. Zu Zeiten Braccio Montone und Sforza Attendulo lebten drey Brüder / Nicola / Cesar und Conrad von dem Geschlecht Trociner welche Foligno / Nocera / und Trevio unter sich hatten. Stätte in dem Hertzogthumb Spoletto / die heute zu Tage dem Pabst angehören. Diese Herrn regierten sehr wol / und hielten ihre Unterthanen mit guten Worten und harten Straffen zu schuldiger Gebühr / daß sie unter ihrem Schutz und Schirmen bey ihrem Weinstock und Feigenbaum sicher wohnten.

5. Nicola der älteste kame vielmals nach Nocera /und verliebte sich in seines Schloß Haubtmanns Fraue / die nach kurtzem Wiederstand die Festung übergeben / und so heimlich mit ihrem Herrn zugehalten /daß der Mann geraume Zeit keinen Argwahn darvon haben mögen: biß ihnen endlich die Sünde gemein und alltäglich / daß er ungleiche Gedanken gefasset /und gemutmasset / wie es unter diesen zweyen hergehen möchte. Das Weib sahe ihm an den Augen an /was er in dem Sinn hatte / und warnte Nicola / daß er Ursachen suchen solte sich nach Foligno zu erheben /welches er also bald / mit Vorwand deß Hertzogen von Camarino Ankunfft / gethan.

6. Der Schloß Haubtmann liesse sich das geringe nicht vermerken / und machte sich mit seinem Weibe lustig / daß sie vermeinte / es weren ihrem Mann andre Mucken in dem Kopf gewesen / und nicht das /was sie ihr sträfliches Gewissen berichtet; schreibet also an ihren Herrn / er solte nun sich er wiederkommen / ihr Mann hab der Hörner vergessen. Nicola saumet sich nicht / und als der Schloß Haubmann sich anstellte / als ob er Runde thun wolle / fügte sich der Herr zu seiner Liebsten / und der Haubtmann kehrte zu rucke und sahe durch das Schlüssel Loch / was er lieber nicht sehen wollen: gehet doch darvon und besinnet sich auf eine besondre Weise zu rächen.

[708] 7. Er meldet folgenden Tage seinem Herrn an / wie sich ein grosses Schwein in dem Wald bey Nocera hielte / und daß er / auf gnädigen Befehl / solches bestättigen lassen wolte. Nicola bewilliget den Vorschlag und bittet seine Brüder / und den Hertzogen von Camarino auf die Hatze / welche auch / ausser Conrad / der auf eine Hochzeit verraiset / erschienen. Der Schloß Haubtmann hat inzwischen seinen Soldaten eröffnet welcher massen Nicola sein Ehebett beflecket / und gebetten / sie solten ihn wieder diesen Ehebrecher beystehen / er wolte solches mit würklichen Dank erkennen / etc. Die Soldaten waren darzu willig / und versprachen ihme zu gehorsamen.

8. Als nun der bestimte Tag zu der Schweinhatze herzunahte / erschienen die Eingeladnen / und wurde der Hertzog von Camarino bey Nicola auf dem Schloß / Cesar aber in der Statt zu herbergen angewiesen. Um Mitternacht siehet der Schloßhaubtmann mit seinen Mordbuben auf / tritt in Nicola Kammer /hält ihn erstlich sein Verbrechen für / und schneidet ihm heraus was ihn zu einem Manne machte / sagend diese Lantze sol keinen andern mehr aus den Sattel heben / etc.

9. Hiermit aber ist er nicht vergnüget / sondern er hat ihme das Hertze aus der Brust / als die erste Ursache aller bösen Lüste / geschnitten / den gantzen Leib zerstucket und ihm das Haubt abgehauen / den Gast auch in ein tieffes Gefängnis geworffen. Nach diesem hat er Cesar in Nicola Namen erfordern lassen / den zermetzelten Leichnam ihme vorgewiesen / und ihn auch in blinden Zorn / wie wol er an dem Verbrechen kein Theil hatte / jämmerlich ermordet. Sein Weib hat er zu noch grösserer Bestraffung aufbehalten / und sich in dem Schloß mit den Waffen zu handhaben bedacht.

10. Er lässet die Bürger zu sammen fordern / giebet ihnen zuverstehen / welcher massen sein Herr Nicola die grösste Untreu an ihm erwiesen / in deme er doch seiner Treue dieses Schloß anbefohlen / und an seinen tapferen und pflichtschuldigen verhalten [709] keinen Mangel haben können. Weil er aber ein Tyrann / sey er eines Tyrannen Todes wehrt / und wolle er ihnen solcher massen zu völliger Freyheit behülfflich seyn /etc. Hierauf haben die Bürger geantwortet / daß sie über ihren Herrn nicht zuklagen / daß sie sich seines Verbrechens nicht annehmen / noch weniger solches zu straffen gedenken / daß die Freyheit bey zergliederten Zustande deß gantzen Landes ihnen mehr nach theilig als vortheilig seyn würde.

11. Wie nun dieser Schloß Haubtmann vermerket /daß die Sache in die harre nicht gut thun möchte /sendet er sein Vermögen durch zween vertraute Diener heimlich aus der Festung und gedenket denselben bald zu folgen: Diese aber lauffen zu Conrad deß entleibten Bruder / und erzehlen ihme / was sich mit Nicola begeben / und wie er jämmerlich hingerichtet worden. Gleichen Bericht erlangt er auch von der Bürgerschafft zu Nocera / und fügte sich also bald zu dem Constabel von Neapoli / mit Bitt ihme mit Volk bey zustehen / daß er den Schloß-Haubtmann bestraffen möge.

12. Nach deme er solches erlangt / und die Mauren der Festung besteigen wollen / hat der Haubtmann sein Weib mit gebundnen Händen und Füssen über die Mauren heraus geworffen / daß sie sich auf den Felsen / mit grossem Betrauren der Belägerer / zu tode gefallen. Conrad ist endlich in das Schloß gekommen / und hat diesen Mörder aus blinden Zorn /oder vielmehr aus gerechter Rache mit allen seinen Hülffgesellen gleichsfals niederhauen und zerstücken lassen. Also bringen es die Hurer und Ehebrecher (nach Sirachs Ausspruch) nicht auf die Helffte ihres Lebens / und nehmen ein Ende mit Schrecken.


Eiffersucht
ist verfluchte Leibes Frucht
wer sie einmal hat versucht
sich verflucht /
und wil mit untreuem Blut
leschen seiner Schmertzen Glut.
198. Der frevle Buler
[710] (CXCVIII.)
Der frevle Buler.

Eine fromme Jungfrau (der Glaub) pflegte Tag und Nacht in ihrem Kämmerlein zu betten / und diente die übrige Zeit den Armen. Diese hatte ein Sprichwort /sagend in allen Begebenheiten zu Gott: Mein Will dein Will: Dein Will / mein Will. Dieser Jungfrauen Schwester (die Liebe) hätte auch ihr Sprichwort / sagend: Meine Liebe / deine Liebe: deine Liebe meine Liebe. Die dritte Schwester (die Demut) gebrauchte dieses Sprichwort: Dein Raht / mein That / mein That / dein Raht.

2. Diese Schwestern hatten drey Feinde / der erste (Unglaube) gebrauchte dieses Sprichwort: Mein Will der Welt Will / der Welt Will mein Will. Der andre Bruder (der Haß) sagte über das dritte Wort: Mein Feind / Satans Feind / Satans Feind / mein Feind: Der dritte (Ungedult) führte diesen Spruch: Kreutzes Holtz / bittres Holtz / Kreutzes Last / schwere Last. Weil sich nun diese Schwestern und Brüder nicht mit einander vereinigen mochten / und kein Theil sein Sprichwort ändern wollen / ist Befehl ergangen / daß die Schwestern bey gesunden Leuten in der Statt / die Brüder aber ausser der Statt bey den Siechen und Aussetzigen wohnen solten.

3. Zu wünschen were zwar / daß die Bösen sich von den Frommen abgesondert lebten / wie diese Geschwisterte / weil solcher Laster Aussatz leichtlich andre anstecket: da hingegen die Kranken / durch die Gesunden nicht genesen: Aber in dieser Welt müssen Böse und Fromme unter einander wallen / und diese /wann sie von jenen in Versuchung geführet [711] werden /standhafftig ausdaurē / solte es auch übel darůber hergehen / wie in nachfolgender Geschichte.

4. Claudia eine unehliche Tochter Sinnebals Fiesco / Graffens von Lavagne / eine an Verstand und Angesicht sehr schöne Weibsperson / wurde mit Simon Ravaschier / einem Edelmann von Chiavarii vermählet / der verhoffte unter so hoher Freundschafft Beschirmung seine schwebende Rechts-Sache wieder Laudo einen Grafen von Piacentza / (in den Landen sind nur die Handwerksleute von Adel / alle andre Grafen und Marggrafen) durchzudrucken.

5. Die Genueserin haben etlicher massen der Frantzösin Freyheit / daß sie sich in Gesellschafften befinden und mit ehrlichen Leuten wol reden dörffen / da andrer Orten die Weibspersonen beharrlich als Gefangene versperret seyn müssen. Ravaschier wuste / daß er ein Ehren-Weib hatte / und liesse ihr alle ziemliche Ergötzligkeit zu / daher Johann de la Tour / oder vom Thurn Hoffnung schöpffte seine Leibsneigung / so er gegen diese Claudiam gefasset ausfindig und zu dankbarer Gegenliebe werkstellig zu machen.

6. In Ravaschiers Hause war er wol bekant / und hatte Gelegenheit mit Claudia absonderlich zu sprechen / und ihr sein Anliegen mit vielen hertzbrůnstigen Bezeugungen zu entdecken. Claudia erstaunte über so ehebrechrischen Liebesworten / und gabe ihm mit dem runden Nein-Wort zu verstehen / daß er solche Reden / oder ihr Hauß und Gegenwart vermeiden solte / und wann er dergleichen wiederholen wůrde /wolte sie ihrem Eheherrn und Brüdern darvon sagen /welche solchen Frevel zubestraffen wissen würden.

7. Dieser unglückselige Buler kan mit dieser starken Artzney sich nicht heilen / sondern plagte sich beharrlich mit schmertzlichen Liebesgedancken. Einsten grube er in einen Felsen bey Rocca-Taja / da der Fluß Graveja in das Meer kommet / folgende Reimzeil;


[712]
So lang deß Wassers Gang die schnellen Fluten treibet /
so lang auch dieser Fels und meine Liebe bleibet.

An einen Granaten Baum schniede er folgendes:

Wie der Baum wächst alle Tage /
so wächst meine Liebes Plage.

Nechst einem Brunnen sange er in seiner Lauten-Klang / folgendes Liedlein:

Du Krystallen helle Flut
leschest nicht der Liebe Glut /
die mich nach und nach verzehret /
Meine Thränen sind gerunnen
in den Silber klaren Brunnen /
dadurch er nun wird gemehret:
Dann die Quelle meiner Qual /
ist verewigt allzumahl /
weil die Lufft mein Leben nehret.

8. In dieser Liebes-Thorheit unternimmet er eine sehr frevle That: Er gedencket mit Gewalt zu erhalten / was er mit Höflichkeit und Freundlichkeit nicht auswürken konte. Als er auf eine Zeit wuste / daß Ravaschier zu Genua in wichtiger Beschäfftigung /schleicht er Abends in der Claudia Hauß / und weil ihm alle Gelegenheit darinnen wol wissend / kommet er unvermerkt in der Frauen Schlaffkammer / und verkriechet sich unter das Bett / der Hoffnung in der Finstern seinen Streich zu thun.

9. Claudia kommet hinein / entblösset sich und lässet / auf dem Bette sitzend ihre Haar-Nadel fallen: Die Kammermagd leuchtet / solche wieder aufzuheben / und erstehet den Buler unter dem Bette liegen: darůber erschricket sie / und saget was dar verborgen: da dann Claudia alsobald aus der Kammer gelauffen /und die Leute üm Hülffe angeschrien / als ob man ihr Gewalt anlegen wolte.

[713] 10. Hierüber erwachen die Leute in dem Hause und in der Nachbarschafft: La Tour fůrchtet sich als ein Dieb dessen Hand man in eines andern Beutel ertappet: damit er nun nicht betretten / und vielleicht ermordet werde / springt er zu dem Fenster hinaus und fället sehr hart / doch also / daß er noch darvon kriechen konte.

11. Claudia durch suchet ihre Kammer / in Beywesen ihrer Haußgenossen: schreibet an ihren Mann nach Genua / was la Tour sich in seinem Abwesen unterstanden / und bittet solches auch ihren Herrn Brüdern anzumelden / und ihre Ehre zu retten. Ravaschier ergrimmet über der Untreue seines vermeinten Freundes / weiset den Fiesken das Schreiben vor / und sie nehmen einstimmig den Rahtschluß solches Schandmahl mit La Tours Blut abzuwaschen.

12. Dieses Vorhabens werden aller Orten Kundschaffter außgesendet / sichere Kundigung einzubringen / wo sich la Tour aufhalte? / Der frevle Buler hatte nun alle Liebsgrillen fiiegen lassen / und sich zu Genua in einem fremden Hause verborgen: durch die Wundärtzte aber wurde er verrahten / und hat ihn Ravaschier mit den Fiesken bey Nachts überfallen /seine Untreue / so er zu Werke richten wollen / ihme kürtzlich fürgehalten / und alsobalden jämmerlich ermordet / uneracht er nur den Willen gehabt böses zu thun / und nicht mehr gebetten / als daß man ihn zuvor solte beichten / und zu dem Tod bereiten lassen.


Wann der Wille
wird gesetzet zu der That /
die fast einen Anfang hat /
in der stille.
So wird Will für Werk erwogen /
und der Straffe Recht vollzogen.
199. Der betraurte Irrthum
[714] (CXCIX.)
Der betraurte Irrthum.

Die vier Zeiten deß Jahrs wurden einesmals für Gott erfordert / und einer jeden ihr Name und Zeichen gegeben. Der Ersten wurde gesagt: Du solst Früling heissen / du solst den Menschen frühe wecken zum Gebet und zu der Arbeit / wie auch die Vögel / ihrem Schöpffer zu loben. Du solst das Vieh nach den kalten Winter erquicken / und die Erden mit fruchtbaren Tauen anfrischen. Dein Kleid sol seyn grün / dem grünen Holtz deß Lebens zu Ehren. Dein Amt sol seyn den Menschen täglich zu predigen / daß nach dem Trübsals-Winter der stetsgrünende Früling der Ewigkeit zu warten.

2. Zu der zweiten Jahrszeit wurde gesagt: Dein Nam sol Sommer heissen / weil du täglich von der Sonnen Klarheit mehr und mehr zeugen solst / und dein Kleid sol seyn von tausend Farben / zur Erinnerung / daß die Güte deß HErrn tausentfältig unter den Menschen blůhe. Dein Ambt sol seyn zu predigen /daß die unsichtbare Sonne kräfftiger sey in den Hertzen der Frommen / als die sichtbare Sonne in den Gewächsen der Erden / sie zu ihrer Volkommenheit zubringen.

3. Zu der dritten Jahrszeit wurde gesagt: Dein Name sol Herbst heissen / weil du den herben Winter ankündigen solst / dein Kleid sol grau seyn / dem greisen Tod zu guter Gedächtnis: dein Amt sol seyn den Menschen täglich zu predigen / wie alles Fleisch Heu / und alle Heiligkeit deß Menschen wie das Graß auf dem Felde: dann der Geist deß HErrn bläset darein. Das schönste Obst / welches du den Menschen giebst / sol ihnen weisen daß auch ihre Leiber täglich faul und morb werden.

4. Zu der vierten Jahrszeit wurde gesagt: Dein Name sol Winter heissen: weil der Wind dein [715] Herr und Ungewitter Sturm / Frost und Schnee nach und nach regen wird. Dein Kleid sol schneeweiß seyn /dem hinfallenden Alter zum Gedächtnis. Dein Amt sol seyn den Menschen täglich zu predigen: dulte das Böse / hoffe das beste: dann nach dem Winter kommet der Sommer / nach Ungewitter Sonnenschein /nach Trauren Freude / nach der Vergängligkeit die Ewigkeit. Wer nun dieses / in was Zeit er auch leben wird / betrachtet / kan sich für Sünden / und der selben betraurten Irrthumen hüten / wie dergleichen aus nachgehender Erzehlungen erhellen sol.

5. Zu Mantua war eine sehr schöne Goldschmieds Tochter / ihres Alters in dem sechszehenden Jahre /welche wegen ihrer wolständigen Sitten / und über treflichen Verstandes sich von Kindheit auf bey Hofe aufgehalten / und die Hertzogin mit singen belustigen muste / weil sie eine Neigung zu der Welschen Poeterey / und selbsten etliche Liedlein verabfasset deren eines folgenden Inhalts:


1.
6. Ich hab noch nie erfahren /
in meinen letzten Jahren
deß Venus Kindes Brand.
Mich sol er nicht entzünden /
mit seinen Stricken binden /
und bringen von Verstand.
Mich sol es nicht vergifften /
und manches Trauren stifften.
2.
Der manches Hertz bekrieget /
der ob den Sinnen sieget /
und aller Freyheit lacht /
sol mich nicht überwinden
noch schwach noch zagend finden;
Ich spotte seiner Macht.
Der Pfeil deß blinden Schůtzen /
Sol mein Hertz nicht beritzen.
[716]
3. Die sonder Klugheit leben /
die mögen sich ergeben /
dem blinden Venus Kind.
Die nach ihm werden wallen /
in tieffe Gruben fallen /
da man kein' Hülffe find /
Denn nach dem Leibs erfreuen
erfolget das bereuen.

7. Dieses hörte mit an der Fürst von Gontzaga /und verliebte sich in diese ruhmrätige Beständigkeit. Weil nun dieser Fůrst auch zu poetisiren pflegte /setzte er folgendes Sonnet / oder Kling Gedicht zu Papier / und gabe es Margaret / seiner kůnfftigen Liebsten zu lesen.


Wer wolte doch der Liebe Macht verneinen?
Sie ist ein Held / und nicht ein blindes Kind /
Ihr heller Brand pflegt heller zu erscheinen
als Sonn und Mond die an dem Himmel sind.
Der Nymphen Volk die Schäfer in den Haynen /
das wilde Thier / Fisch / Vögel / alles Rind /
empfinden stets die Lieb' in Marck und Beinen?
ob sie gleich sonst sind an Verständnis blind.
Ja / seine Lieb' hat mich mit solchen Brand
gantz angefeurt / daß ich mit vielen Plagen
erfahren muß / des Kindes Fackelschein:
Doch tröstet mich nach Trauren das behagen.
Hier dienet nicht zum lieben der Verstand
Weil diese Flamm nicht wil geleschet seyn.

8. Hierauf antwortete Margaret mit folgenden gleichreimenden Sonnet:

Wie / sol die Lieb' hinfort nicht blind erscheinen?
ist sie ein Held / und nicht ein kleines Kind /
das stetig pflegt zu klagen und zu weinen.
Nein / nein die Lieb' ist und verbleibet blind /
deßwegen auch ihr Brand in Statt und Heynen /
entzündet die / so sonst geehret sind.
[717]
und vorgesetzt den Statt und Dorff gemeinen.
Der Liebe Flamm' erlescht der Tugend Wind /
Der Threnen Reu dempft leichtlich solchen Brand /
der falsche Wahn vermehret solche plagen /
und weiset uns den nichtig falschen Schein.
Wer wiederstrebt der Liebe hat behagen /
und solches thut der folget dem Verstand
So wil die Flamm' in uns geleschet seyn.

9. Nach langen Wiederstand aber machte es Margaret gleich einen Artzt der andren zu der Gesundheit räht und sich selbsten krank sauffe. Ich wil sagen daß sie sich von den Fürsten beschwätzen / und zu aller Ungebühr verleiten liesse: so gar daß ihr Vater / aus Furcht Schande an ihr zuerleben / mit einen jungen Schwertfeger verheuraten müssen. Der Fürst aber hat nicht nachgelassen seinen sündlichen Willen mit ihr zu vollziehen / und unterwegs / wann sie zu Kram (welcher von ihrer Behausung entlegen) gehen wollen / sie aufgefangen / und sein Anligen vertrauet.

10. Der Schwertfeger hatte aller Italianer Sinn /und trachtete sein Weib auf einer unrechten Spur zu betretten / sahe sie auch von ferne in verdächtigen Häusern ihre Einkehr zu nehmen / daß er verlangt hinter den Handel zu kommen / und zu erfahren / ob und wer die Hand mit in seinem Spiel haben möchte? wann er aber gewust / daß es sein Fürst / würde er sich vielleicht besser bedacht haben. Auf eine Zeit weiset er seinem Weib (mit welcher er bereit eine Tochter erzeuget) viel Arbeit und sagte / daß solche auf ein segelfertiges Schiff nach Frankreich gehörig /und er deßwegen die Nacht zu Hülffe nehmen / und nicht schlaffen gehen wolte / biß die Arbeit gefertiget.

11. Margaret berichtet solches also bald an Gonzaga / der sich Nachts unverzögert einstellet / und auf einer seidnen Leiter zu ihr einsteiget. Der Mann lässet von seiner Arbeit ab / und will sich schlaffen legen /und findet sein Weib bey einem andern [718] in dem ersten Schlaff: darüber erstaunt er / setzet das Liecht nieder und wil ein Gewehr holen sich an den Ehebrecheren zu rächen. In dem er aber im Zorn die Stiegen hinab laufft / wachen diese beede auf / und sehen sich verrahten / eilen deßwegen auf der seidnen Leiter zu dem Fenster hinaus / und leschen das Liecht aus / alle Gefahr zu vermeiten.

12. Der Schwertfeger laufft als ein Rasender in die Kammer / und vermeinet seine Ehebrecherin zu erwürgen / stösset aber seinem unschuldigen Töchterlein / dessen Bette für dem Ehebette gestanden / in den Leib / weil es sich gereget und er sonsten nichts lebendiges in der Kammer finden können. Nach solchem lässet er die Magd ein Liecht bringen / und siehet den begangenen Irrthum: laufft deßwegen auf das Kloster Gradara da eine Freystätte / und nach deme er sein Weib wieder angenommen / hat ihm der Fürst /so bereit ihrer müde worden / Gnad erwiesen / und den begangenen Kindermord verzithen.

Von der Schönheit Nachtheil saget recht Martialis:


FORMA mihi FAMAM peperit, sed FILIA MATREM
Occidit: FORMAM, non bona FAMA, bonam.

zu Teutsch:

Die Schönheit bracht den Ruhm / die Tochter an das Liecht /
und wegen dieser List / lebt nun die Mutter nicht.
200. Der Vater Mörder
(CC.)
Der Vater Mörder.

Es fragte ein Schulmeister seiner Lehrling einen / was ein Christ wissen sol? Der Knab sagte: [719] Herr Lehrmeister ich wil euch zuvor was fragen: Was ist tieffer als das Meer. Was ist breiter als die Welt? Was ist höher als der Himmel. Der Meister sagte: Gott. Nein sagte der Knab / dann diesen habt ihr nie gesehen / und könnet deßwegen solches nicht wissen: aber die Güte deß HErrn ist es / der geniessen wir alle Tage und sehen sie mit unsren Augen. Ferners fragte der Knab: was ist schwerer als die Erde. Der Lehrer sagte: Der Menschen Sünde. Der Knab sagte Nein / sondern der Zorn Gottes über der Menschen Sünde / etc.

2. Unter vielen schweren Sünden / ja die schwerste unter den Ubertretungen der andern Tafel / ist die Sůnde wieder das vierte Gebot / welches die Verheissung hat alles Wolergehens / und den Ubertretern /alles Unheil andrauet. Daher jener recht gesagt / daß der Liebe Gottes Wiederhall sey die Liebe deß Nechsten / und der erste Buchstaben derselben / die Liebe der Eltern. Solches hätte betrachten sollen Samuel Bossecker und seine Mutter Margaret / welche jüngst verwichener Zeit / alhier / wegen einer so abscheulichen That zum Tod verurtheilt und gerichtet worden. Weilen nun merkwürdige Umstände in solche Begebenheit einlauffen / wollen wir zu Beschluß dieses Theils den gantzen Handel erzehlen / und von der hinsinkenden Vergessenheit retten.

3. Dieses Bosseckers Vater war ein Viehhändler /ein gottloser Mann / der wie man gesagt / eine schlimme Dirne zum Anhang gehabt / und als ihrer müd worden / sie ermordet und begraben. Seine Kinder hat er noch zu der Schul noch zu der Kirchen gehalten /sondern sie der Säue hüten lassen / daß sie von den Zehen Geboten / dem Vater Unser etc. und andren Haubtstücken Christlicher Lehre nichts gewust / und ein Leben geführet / wie das thumme Vieh.

4. Mit seinem Weibe hatte er einen alltäglichen Haußkrieg / daß sie Anlaß genommen ihm mit Gifft zu vergeben / welches aber nicht ist angegangen / und hat der Sohn / als er Bier geholet / das Gifft-Pulver[720] darein werffen sollen: er aber hat gezweiffelt / was es seyn möchte / und es einem Hund in einer Milch vorgesetzet / der alsobalden darvon gestorben. Sie ist auch ihrem Sohn angelegen / er sol den Vater helffen aus dem Weg raumen / so wolte sie ihm gute Tage schaffen.

5. Als sie nun 2. Meile von Bamberg Vieh treiben helffen / hat diese Margaret eine Hupfenstangen in drey Theil geschnitten / das obere Theil dem Vater /das untere dem Sohn gegeben / und das mitlere Stůck fůr sich behalten / in deme sie nun in einen Holweg kommen / und der Vater vorangegangen / hat sie den Sohn nochmals angefrischt / er sol den alten Hund erwürgen / welches er zu thun beginnt / und ihn mit einen Streich auf das Haubt / zu Boden geschlagen /darauf ist sie zugelauffen / und hat ihn mit vielen Streichen gar hingerichtet / das Geld / welches er aus Viehe erlöset abgenommen / und mit dem Sohn getheilet.

6. Der jüngere Bruder / welcher vorgetrieben / sahe von ferne was geschahe / weinte und schrie: sie aber betrauten ihn / er solte schweigen / oder sie wolten es ihm nicht besser machen: gaben ihm auch vom Geld /damit er sie nicht verrahten solte. Es ist aber einen als den andern Weg diese Sache ruchbar worden / und dieser Samuel aller Orten / als ein Vatermörder fluchtig gegangen / und sich an keinem gewissen Ort aufgehalten: sonders zweiffel von seinem bösen Gewissen geplaget und verfolget.

7. Nach geraumer Zeit hat diese Margaret eine Klage alhier zu Nürnberg / in welcher Statt Schutz sie sasse / anzubringen / und meldet zugleich mit an / daß ihr Sohn seinen leiblichen Vater und ihren Mann erschlagen / deßwegen auch sich in frembder Herrschafft aufhalte. Bald hernach sind etliche Schergen in der Pfaltz / und ersehen aldar diesen Vatermörder /zeigen es an / und erlangen Steckbriefe / daß sie ihn heben / und endlich mit vielen Unkosten in Verhafft gebracht.

[721] 8. In dem Gefängnis ist er geständig seiner Missethat / erzehlet aber / daß er solches aus Antrieb seiner gottlosen Mutter gethan / und daß auch sie Hand mit angeleget. Die Mutter wird gleichsfals in Band und Eisen geschlossen / will aber nichts bekennen / als daß sie einsten ein Kind / wider ihren Willen mit dem Deckbett ersticket / und beruffe sich auf Zeugschafft /welche aussagen solten / daß sie sich damals / als diese That geschehen / in einem Bambergischen Dorff aufgehalten / und gar nicht dabey gewesen. Die Zeugen geben dieses auch für: doch hat sie vor und darnach in dem Dorff / welches unferne von der Walstatt aldar können gewesen seyn.

9. Der jüngere Bruder (welcher von dieser Sache in dem Schlaff geredet) bleibt nicht beständig in seiner Aussage / und wird deßwegen peinlich gefraget / da er bekennet / wie oben erzehlet. Samuel der Thäter stimmet mit ihm / und ohne die Marter über ein / stirbet auch darauf / und bekennet vor seinem Ende / daß sie ihn an dieses Ort bringe / und ihn mit ermorden helffen. Er wurde lebendig gerädert und hat sich Christlich zum Tod bereitet.

10. Diese Margaet aber wolte auf keine weise der That geständig seyn. An der peinlichen Frage bekennet sie alles / so bald man sie aber erlassen / sagte sie / daß sie unschuldig / und daß ihre Kinder ihr solches aus Feindschafft nachsagen / sie were nicht dabey gewesen. So offt man sie an die Marter führte / sagte sie / daß sie unschuldig aber alles gerne bekennen wolte /was sie nicht gethan / man solte sie nur nicht peinigen. Endlich lässet man ihr die Haare von dem Haubt abscheren / und spannet sie noch einmal an die peinliche Frage: da bekante sie wieder / und bliebe etliche Tage beständig / biß sie ihr Urtheil anhören solte / da ist sie wieder umgestanden / und ihre Unschuld vorgeschůtzet.

11. Auf fleissiges Zusprechen der Herren Geistlichen hat sie sich sehr unbußfertig erwiesen / nicht betten wollen / und gesagt / daß sie ihre Seele schon versorgt habe: beharrlich aber ist sie in diese [722] Wort ausgebrochen: Ein Kind bringet Vater und Mutter üm Leib und Leben. In dieser Unbußfertigkeit ist sie in den Tod gegangen / und ist ihr von dem Henker das Haubt / und die rechte Hand zugleich abgehauet / hernach aber ihr Leichnam auf einem Scheiderhauffen verbrennet worden.

12. Viel haben vermeint / daß dieses Weib mit dem bösen Feind eine Verständnis gehabt / und daß sie sich auf seine Hülfe verlassen / welche ihr aber nicht erschienen. Gewißlich / hette sie den Tod unschuldig erlitten / so würde sie mehr Standhafftigkeit und mehr Gedult / wegen ihres guten Gewissens / haben blicken lassen: weil sie aber in der Unbußfertigkeit dahin gestorben / ist nicht zu zweiffeln / daß sie vermeint / ihr Leben mit ablaugnen zu verlängern.


Wie solte doch deß Höchsten Gnad
ob dem der sie verspottet hat /
in seinem gantzen Leben /
im sterben ob ihm schweben?

Ende des VIII. Theils und CC. der jämmerlichen Mordgeschichte.

Anhang

200. Scharffsinniger Hofreden - denkwurdiger Spruche
CC.
Scharffsinniger Hofreden / denkwůrdiger Sprůche / artiger Schertzfragen / darauf wolgefügte Antworten / und ergötzlichen kurtzen Erzehlungen.

1. König Heinrich der Vierte dieses Namens in Franckreich fragte einen Italiäner / auf welcher Seiten das Castel oder das Schloß zu Meiland am schwächsten sey? dem hat er geantwortet: auf dem Weg nach Pavia. Deutend auf die Schlacht Käyser Karls deß Fünfften / in welcher König Franciscus der Erste dieses Namens in Franckreich gefangen und die Frantzosen geschlagen worden.

2. Erstgemelten Königs kurtzweiliger Raht / wurde gefragt / wie er vermeinet / daß man die schweren Stücke über die Savoischen Berge bringen könne? hat er geantwortet / man solte denken wie man sie wiederumb zu rüke herüber bringen werde: Sie wurden aber alle in vorbesagter Schlacht von den Spaniern gewonnen.

3. König Heinrich fragte einen Teutschen: Wem gehört ihr an? Der Teutsche antwortet: Ich gehöre mir an. Darauf sagte der König: Euer Herr mag wol ein Narr seyn.

4. Wolernanter König sagte zu einem Landgraffen in Hessen: E.L. thun wol daß sie und andre ihre Landsleute in Franckreich ziehen / alle Ritterlichen[724] übungen und wolständige Sitten / benebens unsrer Sprache zu erlernen. Wir Frantzosen aber finden in Teutschland nichts / das wir nicht zuvor wissen / oder uns zu lernen nothwendig were. Hierauf sagte der Landgraf / daß die Frantzosen in Teutschland die Bescheidenheit lernen solten: welches der König / welcher der Unbescheidenheit hiermit beschuldiget wurde / für wol geurtheilet / sehr gelobt.

5. Aubingni hoch ermelten Königs Stallmeister hat einsten an S. Majestet seine Besoldung erheischt: Der König fragte ihn: welcher Tafel ihm in seinem Cabinet am besten gefiele? als er eine gewehlet / verehrt ihm solche der König. Aubingni lässet die Tafel nach Hause tragen / und schreibt die Verßlein an die Stelle:


Mon Roy est d' une estrange nature;
jé scay quel diable l' a fait,
ceux qui ont servy en effet,
il ne paye qu' en pein ture.

Zu Teutsch:


Was kommt meinen König an?
Welcher Teuffel macht ihn fehlen?
Der ihm wůrklich Dienst gethan /
Zahlt er mit Kunstgemählen.

Als dieses der König gelesen / hat er ihn auch würklich vergnüget.

6. Dieser Aubingni kame erstlich als ein Neuling an den Hof / und als ihn drey alte Kammerfrauen der Königin ansahen / wolten sie seiner spotten / und fragte die erste: Was siht der Herr: Aubingni sihet sie an / und antwortet: Die Antiquiteten oder das Altthum deß Louvers. Die zweyte sagte: Laß ihn gehen er ist ein Verschnittner. Aubingni: So seyd ihr doch einen Weg als den andern keine Jungfrauen. die dritte sagte: Nein / er ist ein Kuppler. Aubingni: Euch dreyen zu dienen.

[725] 7. Als einer die Religion / wegen einer Erbschafft veränderte und Päbstisch worden / fragte ihn Aubingni: Welche Religion die beste were? Er sagte: die Catholische. Wol versetzte Aubingni: Warumb hat man euch dann so viel Aufwechsel geben müssen? Wann man sonsten tauscht so giebt der Gelt zu / welcher die geringste Waar gegen eine bessere bekommt.

8. Verulamius Cantzler in Engeland / wurde gefragt: Wie man Gelt aufbringen solte? Ich / sagt er /hab meinen Beutel verlohren: wil ich ihn wieder finden / so muß ich wieder auf den Weg zu rucke gehen /wo ich herkommen: geh ich aber ferner und weiter hinaus so kan ich den Beutel nicht wieder finden. Er wolte sagen / man sol deß Königs Renten betrachten /die Schulden einfordern / redliche Leute ůber deß Königreichs Gefälle setzen / so würde es keiner neuen Auflagen vonnöhten haben.

9. Welche sich auf die H. Schrifft beruffen / und übel darbey leben / sagt erstgemelter Cantzler / sind gleich den Postilionen / die in ihren Briefen die Warheit / in dem Munde aber die Lügen bringen.

10. Wann es ůbel hergehet so sollen die Regentenklug seyn wie die Schlangen. Welche das Haubt verwahren / und den Leib verwunden lassen / weil sie wol wissen / daß solche Wunden leichtlich wieder heilen. Da hingegen die Wunden deß Haubts alle tödtlich sind. Gehet es gleich übel auf dem Lande her / so muß man doch vor allen die Stätte erhalten / von welchen dem Lande hernach wieder kan geholffen werden.

11. Das Frauenzimmer / sagte einer / ist gleich dem Vogelleim / wer zu nahe kommet muß zum wenigsten Federn lassen / wird er nicht gar gefangen.

12. Die oft trinken haben ein böse Gedächtnis /dann sie also bald vergessen / daß sie getrunken haben / und trincken deßwegen nochmals / vergessen es wieder / und so fort an.

13. Das Spielen ist eine Chymia / oder [726] Schmeltzkunst / da der verliert / welcher Gold zu machen bemühet ist.

14. Die beste Muste ist das wahre Lob / von lobwůrdigen Leuten hören.

15. Einem Artzt wurde ein Verzeichnis gewisser Artzneyen gewiesen / welche er sehr lobte: jedoch sagte er daß noch darzu zusetzen wie viel deß sumatur diluculo sey darunter zu mischen. Er hat vermeintsumatur diluculo sey eine Wurtzel / oder ein Kraut.

6. Eine schwartze Jungfrau sagte / daß die schwärtzte Erde die beste und fruchtbarste / und schwartz eben Holtz das gelatste: es vergleichte sie aber einer einer Mucken die in die Milch gefallen /weil sie gantz weiß gekleidet.

17. Der Wein machet Freunde / und die Thränen bewären sie.

18. Einer Jungfrauen wurde von ihren Eltern ein Alter mit einem grauen Bart gegeben / dem sie auch die Ehe versprechen müssen. Als der Hochzeit Tag herbey kommet schwärtzet der Alte seinen Bart. Solches machet ihr die Jungfrau zu nutz und sagte / sie hette die Ehe einem in grauen und nicht in schwartzen Bart versprochen / und könne nicht zween nehmen /sagte also Nein für ja.

19. Die Ehre / sagte jene Dirne / ist wie eine Laterne / wann man auf der Gassen gehet so gebrauchet man sie / in dem Hause aber stellet man sie in einen Winkel.

20. Als H. Feldmarschall Horn in Schwaben kame / ließ er durch seinen Abgeordneten bey N. einer Namhafften Statt für zehen tausend Mann Brod fordern / damit er gut Regiement halten könte. Als solches im Raht abgelesen wurde sagte einer von den Rahtherren: behüt Gott zehen tausend Mann! Wo wollen wir zehen tausend Löffel nehmen / daß sie alle zugleich Suppen essen können?

21. Ein Weinhäcker hatte eine Rechtfertigung in der Statt / und wurde offt hin und wieder gesprengt.[727] Als er nun einsten einen Dieb an den Galgen hangen sahe / sagte er: Wol dir du hast es gut / du bedarffst keines Advocaten und keines Procurators / und kanst deine Rechtfertigung nicht mehr verlieren.

22. Es zeigte einer einem Advocaten eine Schuldverschreibung und fragte ihn zu Raht. Der Advocat sagte / daß er eine gute Sache / und daß er müste bezahlet werden. Als er aber damit weggehen wolte /rufft ihn der Advocat nach / und sagte: daß wie recht auch billich sey / daß er bezahle / wie er bezahlet seyn wolle. Darüber antwortet der Glaubiger / ich habe euren Raht nicht begehret / sondern nur über meinen Schuldbrief / weiset mir euren Schuldbrief / so wil ich euch auch zahlen.

23. Ein Diener solte wegen seines Herren dem Advocaten Geld bringen / er wechselte aber etliche schwere Ducaten mit leichten aus / und als solche der Advocat nicht nehmen wolte / sagte er / daß sein Papier noch viel leichter / und geringhaltiger Waar sey: Papierenes Gelt / Papierene Seelmeß.

24. Einer fragte nach den rechten Weg / als er sich vergangen / da zeigte ihm ein Bauer den Galgen von ferne / und sagte: seht ihr den Galgen? Wann ihr dorthin kommet / so seyd ihr recht gegangen. Als er aber den Anweiser mit Streichen lohnen wolte / beharrt er in aller Einfalt / daß sein rechter Weg gerat auf den Galgen zugienge / der auf den Berg und das Stättlein /dahin er wolte im Thal.

25. Einer hörte von der hohen Obrigkeit reden /daß der Hirsch in die Kuchen lauffe / wo der Dieb am Galgen hange. Darauff sagt er: Wann unser Edelmann nichts zu essen hat / solte er einen Dieb lassen henken / welches lang nicht geschehen / so würde der Hirsch in die Kuchen lauffen.

26. Es fragte ein Soldat / als er das hohe Gerichtleer sahe / ein armes Bettelweib: Warumb lassen deine Herren von N. niemand hangen? O Herr / sagt sie / Die Diebe sind alle in den Krieg gezogen.

27. Es hat einer seinem Diener ein Kleid [728] verschafft: dasselbe hat der Diener alsobald genommen und angezogen. Der Herr sagte ihm / daß es erst nach seinem Tod würde sein werden / aber noch nicht sey / weil er lebte: sterbt / sagt der Diener / wann ihr wolt / ich wil es nicht hindern.

28. Einer fragte einen hinkenden was neues? / der hinckende sagte er hette nichts neues gehört. Darauf der ander versetzet: Du gehest den gantzen Tag in der Statt hin und her / und weist doch nichts neues.

29. Einer sagte er kennete einen gedultigen Mann /daß wann ihm eine glüende Kolen auf der Hand lege /so würde er keinem die Mühe machen / solche weg zunehmen. Als man sich darüber verwunderte / sagte er die ursache / weil er die Kolen so bald selbsten von sich werffen würde.

30. Ein Spanier sagte / Der König in Franckreich hette nicht so viel Unterthanen / als sein König Königreich hette.

31. Ein junger Student predigte daß der HErr Christus mit 500. Broten habe sechs Personen gesättiget. Nach der Predigt sagt ein Bauer: das wolte ich auch thun / und ohne Wunderwerck. Das folgende Jahr predigt er wie in dem Text stehet / da sagte der Bauer wieder: Ey Herr / vor einem Jahre habt ihr nicht also geprediget / der Pfarrer sagte: Du verstehest es nicht /das Evangelium ist vor einem Jahr nicht gewesen.

32. Es verwunderte sich einer das Simson mit einem Eselskinbacken so viel todt geschlagen. Darauf sagte der andre Du hast zween Eselskinbacken / und kanst doch keine solche Helden-That thun.

33. Ein Burgemeister zu N. sagte / er wer zwar kein gratulierte (graduirte) Person / were aber doch den literalibus (literatis) wol infectionirt (affectionirt.) Ein ander sagt / der generat (general) canonisirte des Feindes Läger / für caponirte, und eine Jungfrau als sie hörte etliche sagen / sie weren Capallier von Fortun / sagte sie / sie were eine Dama [729] von Fortun. Dergleichen Sachen kan man täglich viel beobachten / bey denen / welche sich einer Sprache anmassen die sie nicht verstehen / und nie gelernet haben.

34. Ein Mahler solte einen einäugigen Fůrsten mahlen und bildete ihn schlaffend: der ander aber mahlt ihn nach der Seiten / oder nach dem Durchschnitt / daß man nur ein Aug sehen kunte.

35. Ein Artzt sagte / es beklage sich kein Kranker über ihn. Ich glaub es / sagt der ander / dann ihr füllet ihnen allen das Maul mit Erden.

36. Ihrer zween klagten wegen eines Esels für einem Richter: Als der Richter den Ausspruch gemacht / sagte der andre: Ich bin nicht mit zu frieden der Richter ist dem Esel zu nah befreundet / und deßwegen parteisch.

37. Einer feilste die helffte eines hauffen Sparges /und zahlte so viel man dafür begehrte / schniede aber das grüne herunter / und liesse dem Verkauffer die weisse Stůrtzel.

38. Ein Frantzos sahe daß man die Taffel aufhebte / und wie ein jeder deß andern Teller in die Auffhebschüssel werffen wolte / fragte deßwegen / was das für ein Spiel / wer gewonnen hette? Als man Zahnstirer vorlegte / vermeinte er es were eine Speise / und bloß darein / als er aber sahe daß es Holtz war / entschuldigte er sich daß er dergleichen noch nie gegessen.

39. Drey Soldaten begegneten dreyen Mönichen: die Mönichen sagten: Gott gebe euch Fried. Die Soldaten antworteten: und nehme euch das Almosen.

40. Ein Alter der eine junge Frau hatte / fragte: wo doch deß Menschen Haut am dicksten? Ein Schalck antwortete: an der Stirn / dann wann eure Haut nicht so dick / die Hörner weren längsten durchgewachsen.

41. Ein Frantzösischer Gesander hat in der Schweitz einen Doctor der Artzney gebraucht: als er ihn aber recht angesehen / hat er ihn erkennt / daß er[730] sein Schmied zu Paris gewesen / fragte ihn deßwegen wie er so bald zu der Kunst kommen. Er antwortet: Ich heile die Schweitzer wie die Pferde mit grober Roßartzney: Euch aber ordne ich / was man den schwachen Kleppern gebraucht.

42. In wichtigen Rahtschlägen sol man nicht nur wegen Freundschafft / sondern auch wegen Feindschafft außtretten.

43. Ein Feldherr wurde geschlagen / daß das meinste Fußvolck im stiche bliebe / da sagte er / daß er es noch einmal reiterisch wagen wolte / Ja / sagte sein Narr / es muß reite-risch seyn / oder gar verbleiben /dann das Fußvolck ist verlohren.

44. Die Becken bauen mit kleinem Brod grosse Häuser.

45. Die Soldaten können wol reformiren: Wann sie kommen so beten die Bauren: weil sie verbleiben / so feyren sie: wann sie wegziehen / so fasten sie. Diese Art Teuffel / sagte ein andrer wird nicht ausgetrieben als durch fasten.

46. Die Malteser Ritter halten zum theil das Gelübd der Keuschheit in der Kirch: das Gelübd der Armut in dem Bad: das Gelübd deß Gehorsams /wann man sie heist trincken.

47. Ein Italiäner besahe einer Statt Fortification und Basteyen / fragend: Welcher Narr hat dieses alles gebaut? Der Herr so mit ihm gienge / antwortete: es ist ein Italiäner gewesen.

48. Ein Papist fragte einen verständigen Gesanden: Ob er vermeinte daß der König in Schweden für der Teutschen Freyheit / und der König in Franckreich für ihre Religion Krieg führte. Der ander antwortet Ja /der König in Franckreich führet für unsre Freyheit /und der König in Schweden den Krieg fůr unsre Religion.

49. Einer verklagte seinen Freund / daß er ihn einen Schmeichler geheissen: der Beklagte antworte /daß er ihn hiedurch gelobt / daß er die Hofsprache reden könne / ohne welche man mit Fürsten und Herrn [731] nicht umb zugehen pflegte / und seye solche seinem hohen Verstand zuzuschreiben / aus welches Ermanglung / viel in Ungnaden gekommen.

50. Ein Oberster rühmte sich / er hette seinen Soldaten auf die Füsse geholffen / weil sie umb die Pferde gekommen / und zu fusse gehen můssten.

51. Freyherr d' Avangourt sagte / daß die Kůndigung und Wissenschafft vieler Sprachen eines Hofmannes nohtwendige Zierde sey; ohne welche er zu Regiments Geschäfften so wenig könne gedrauchet werden / als ein Blinder zum mahlen.

52. Es sagte ein Papist: wir haben einsmals mit den Evangelischen / (zu zeiten deß Schmalkaldischen Bundes) die Geistlichen Güter getheilt: nun theilen wir durch den Můnsterischen Frieden noch einmahl: můssen wir das drittemal theilen / so wird uns nichts übrig verbleiben.

53. Uber einen Blinden / der einen Lahmen auf dem Rucken truge / schriebe einer folgende Reim-Zeile:


Es giebt die Einigkeit / was beeder seits gebricht /
Der Lahme borgt den Fuß / der Blinde das Gesicht.

54. Zween Brüder hatten mit einander / wegen ihrer Eltern Verlassenschafft / einen Streit. Der Erstgeborne sagte / daß er wolte es gelde das Recht der Erstgeburt / wie in Frankreich. Der jůngste sagte: So wolte ich es gelde das Hundsrecht / von welchen die erste Bürde ertränket wird.

55. Es war einer zu der Bäbstischen Religion getretten / als es ihn aber gereuete / und sagte er wolte in dieser Religion so wol selig werden / als bey der Evangelischen. Wol / sagte der ander / warüm bist du dann nicht bey der unsren verblieben / weil du glaubest / daß man darbey könne seelig werden?

56. Als man vor Jahren den Elefanten / (welchen der König Carl aus Hispanien in Engeland gebracht /und seinem Zwerg verehret / der ihn hernach einem Frantzosen verkauffet /) durch ein Dorff führte / sagte ein Baur: Schaut / schaut doch! ist das nicht ein grosser Aff?

[732] 57. Die Schweitzer / sagte Jener haben so breite Wörer / daß man darauf kugeln könte.

58. Von dem Frieden sagte ein verständiger Mann: daß er viel in dem Hafen hette Schiffbruch leiden sehen. Nach der Geburt deß Friedens werden sich grosse Nachwehen finden. Er halte auf keinen Frieden /den die Bauren nicht loben.

59. Es gabe ein Freyer einer Wittfrauen diese Frage auf: er hette eine Bäurin / welche einen guten Acker /den sie wol könte bauen lassen / wolte ihn aber keinem vergönnen / und lasse ihn unbesamt veröden / ob sie deßwegen nicht sträflich? Die Frau merkte wol /was er sagen wolte / und antwortete: Ich habe auch eine solche Unterthanin / und ist dieses ihr Ursach /weil die Bauren so lose Gesellen / schlimmen Samen außsäen / und die äcker übel halten / daß sie besser ungebaut liegen / als übel gebauet werden.

59. Einer bezechte sich täglich im sůssen Wein /darvon mahnte ihn ein guter Freund ab / sagend / daß er solcher gestalt gute Tage bekommen würde / verstehend / das Fieber welches / wann es aussen bleibet gute Tage / wie man zu reden pfleget / machet.

61. Es sahe einer einen lebendigen Adler / und sagte / daß dieses kein rechter Adler / weil er nur einen Kopf / da doch auf allen Müntzen die zween Köpfe hetten.

62. Keiser Carl der V. fragte in allen Stätten nach den Dreyen / G. ob es nemlich wol bestellt mit demPastore, Prætore und Præceptore.

63. Es sol ein Fremder nicht allezeit ein Fremder bleiben.

64. Es pflegte einer von vielen und fast allen übel zu reden / diesem thäte einer eine sondere Wolthat /und fragte ihn: ob er nun auch ihm ůbel nachreden wolte? Er antwortet: Wie du wirst säen / so wirst du meyen. Ich sage nicht gerne / was die gantze Statt sagt.

65. Einer fragte: Was von dem zuhalten / der in einem Ehebruch ergriffen würde. Da antwortet eine Frau der Hut / weil er gar zu langsam / und solcher[733] zur Straffe ihme wol könne abgenommen werden.

66. Geicher weise sagt ein andrer: Was ist von einem Doppler und Spieler / Fresser und Säuffer zu halten? Der Wirt sagte: das Geld.

67. Als einem ein schlechter Fürsprecher zugeordnet worden / bate er den Richter / er solte solchen seinen Gegentheil geben / so wolte er seine Sache selbsten fürbringen / und gewiß das Recht gewinnen.

68. Es sagte einer zu einem Edelmann / daß er seiner Adelichen Vorfahren nicht wehrt: Der andre antwortete: Du aber bist der Deinen wehrt / welche viel ärger als ich gewesen.

69. Ein Buler růhmte seine Bulschafft hoch / von wegen ihrer Schönheit. Sie aber warff ihme vor / er hette sie anderwerts verachtet / und gesagt / daß sie alt were / darauf er geantwortet: daß solches nicht übel zuvermerken / dann daß ich solches gesagt / und euch mit den Engeln in dem Himmel verglichen / welche die ersten und ältsten Geschöpfe / dienet zu eurem Lob.

70. Es sagte einer einem andern eine empfindliche Stachelrede / darauf der andre geantwortet: Ich bedanke mich / dz kein gröberer Schertz erfolgt.

71. Als die Soldaten in einer Statt viel einkaufften /ihre Obersten aber noch mehr verzehrten / und von der Obrigkeit frey gehalten wurden / sagte ein verstänstiger Mann. Es hilfft den wenig / der Gäste hat /daß die Mägde ein Kuchengeld bekommen.

72. Es hatte einer ein Wundmahl in dem Gesicht /und doch den Ruhm / daß er kein Hertz in dem Leib hatte. Zu dem sagte einer: daß man sich in der Flucht nicht ümsehen solte / wann man nicht dergleichen Streich haben wolte.

73. Die Obrigkeit und Rahtsherren werden Götter genennet / weil sie der Menschen Donner / das Geschütz zu ihrem Gebott haben / und vielmals beschaffen sind / wie der Heyden Götter von den Poeten beschrieben werden.

[734] 74. Einer wolte kein Almosen bitten / sondern hat einen Aal / Moß und ein N das zeigte er / und sagte auf befragen / daß dieses drey sey was er wünsche. Ein andrer sagt daß in einem Gedicht Wildpret / Fische und der Esel Stimm seyn solte: Reh / Aal / ja /verstehen realia.

75. Zu einem der behaubten wolte / es solte ein Mann mehr als ein Weib haben / sagte einer diese Fabel: Die Frösche hatten gehört / der Mond wolte noch eine Sonne zum Weib nehmen / deßwegen klagten sie bey Jove / er solte solches nicht verstatten /dann dieses Weib allein ihre Lachen und Moräste außtrocknete: wann derselben mehr / so würden sie gar verdürsten müssen.

76. Antoni Peretz sagte / daß die Rähte eines Königs sich vergleichen liessen mit den Augen / wann sie nicht in ihrem rechten Ort ständen (wie er damals in das Gefängnis gesetzt) so weren sie niemand dienlich.

77. Hierzu füget sich / zu erzehlen / das einem das Aug aus dem Kopf gestossen worden / und als ihn der Barbier verbunden / und es gar heraus geschnitten /fragte er: Ob er das Aug verlieren werde? Nein sagte er / dann ich hab es in meiner Hand.

78. Der Fürsten Hoheit bestehet in Annehmung guter Dienste / unn Dargebung gnädiger Belohnung. Wer wol dienet heischet täglich seinen Lohn.

79. Deß Christen Gemüt hat zwo Hände: Die rechte ist die Gottseligkeit mit welcher es seinen Schöpfer ergreifft: die linke die Liebe / mit welcher es seinen Nechsten gutes thut.

80. Ein Italiäner sagte / Teutschland müsse einen Straussen Magen haben / daß es so viel Eisen (Krieg und Unruhe) verdeyen könne.

81. Die Wissenschafft aus den Büchern ist ein schöner Leib / ohne die Erfahrung aber ein Leichnam sonder Seel und Geist.

82. Ein Freund sol seyn wie das frische Geblüt /und den Wunden und Nöhten also bald zulauffen.

[735] 83. Die Wort sind wie die Müntzen / etliche gelten viel / ettiche wenig / nach dem sie schwer und gut von halt sind.

84. Der Pinsel mahlet die äusserliche / die Feder die innerliche Gestalt eines Menschen.

85. Fürsten Höfe sind der Jungen Leute Probiersteine / da man ihren Halt bald sehen kan.

86. Niemand ist sicherer als die Narren / man neidet sie nicht / man stellet ihnen nicht nach Leib und Leben / sie sind versichert in ihrer Thorheit / leben ohne Sorg und Kümmerniß / etc. Dieses alles können sich verständige Leute nicht rühmen.

87. Das Glůck hat einen Weiber Sinn / liebet junge / kühne und freche Leute / ersättiget sich bald eines allein / und hat sehr wunderliche Einfälle / bleibt beständig in der Unbeständigkeit.

88. Ein unverständiger ist niemals müssig / dann seine Gedanken geben ihm genug zu schaffen: er ist niemals allein: weil ihm dieselben stetig Gesellschafft leisten.

89. Fürsten und Herren vermeinen einem Gnade zu thun / wann sie Geschenke annehmen: Es ist aber eine rechte Gnade / wann sie Geschenke geben / und das ist mit Gnaden gewogen seyn / wann sie einem eine guldene Ketten an den Hals werffen / die ihn fast zu boden ziehet.

90. Ein Beförderungs Schreiben an einen vornehmen Mann / ist ein Allmosen ohne Geld.

91. Die Tugend Freundschafft ist eine Vorbildung der ewigen Freude.

92. Der Betrug ist eine zufällige Kranckheit der Ehrgeitzigen.

93. Ein gutes Gerücht (Nachrede und Ruhm) bey den Menschen haben / ist das beste Gericht der nicht Fuchsschwäntzenden Köche.

94. Höfligkeit ist meinsten theils falsche Müntze /welche an dem Klang nicht kan erkennet werden.

95. Man hat einem Fürsten einer schönen Gräfin Bildniß gewiesen / welches ihm sehr wol gefallen: weil er aber gewust daß sie krummrückig hat er [736] die Tafel umgewendet und gesagt / der Mahler sol den andern Theil auch mahlen.

96. Die Traurigkeit hat zwey Angesichter / das erste weist den Schmertzen / das andre den Trost oder die Hoffnung einer Besserung.

97. Der Wierderhall lehret daß niemand auch in der Einsamkeit allein / und daß die Fittig in den Lüfften verkůndigen / was wir verborgen zu halten vermeinen.

98. In den Karten / Würffeln / und Krieg führen (welche alle einerley Spiele bringen) verlieret man offt / wann man zu gewinnen vermeinet / und kan keines ohne grossen Schaden fortgeführet werden.

99. Es fragte einer / was doch Abenteuer weren? der andre sagte / daß wann einer viel Zeche verspielt /so hette er den Abenteuer / oder einen teuren Abent. Es kommet aber hiervon aventure, daher aventurier.

100. Die Feder ist die Zunge der Abwesenden / hat aber diesen Unterscheid / daß die Zunge an ihre Nerven gebunden in dem Munde verbleibet / die Feder aber an alle Ort außflieget / und hat beedes nützlichen und schädlichen Gebrauch.

101. Wir Teutsche essen uns arm / wir essen uns krank / wir essen uns in die Hölle / nach der Meinung Philippi Melanchtonis: Einer sagte darzu: der gute Herr hat deß Trinkens vergessen.

102. Zu Friedens Zeit wird unter die Gelehrten eine solche Theurung kommen / wie zu Samatia gewesen /daß ein Eselskopf wird 50. Silberling gelten. Deßwegen sagt jene Mutter / die Studenten sind theure Leute.

103. Ein Jungfrauen Kindlein nennte einer einen kurtzen Außzug / aus dem Schuldbuch der Liebe.

104. In der Faßnacht sagt jener macht man sich wol ohn Ursach lustig / weil solche [737] der Anfang deß Fastens und Hungerleidens ist.

105. Ein Bettler beklagte sich / daß er einen Glaubiger habe / deme er seine Schuld bezahlet / er were aber damit nicht zu frieden / und hette er ihme zu ander / dritten und viertenmahl zahlen müssen / biß er endlich nichts mehr überig ihn zu befriedigen: der Fürst fragte: wer der Schuldner sey? Der Bettler antwortet / daß es der Hunger. Wol sagte der Fürst / arbeite fleissig so werden dich deine Hände von diesem Schuldner retten.

106. Die Warheit ist ein Goldblätlein welches man muß mit der Baumwollen auftragen.

107. Einer fragte einen Knaben / was zu Teutsch heisse spiritualis, als ihm nun ein andrer in das Ohr sagte: geistlich / verstande er es nicht und sagte geitzig. Der ihn fragte war ein Theologus.

108. Wie man nicht ehrliche Kleider / sondern ehrliche Leute zu ehren pfleget: also muß man nicht auf schöne Wort / sondern auf ihren Inhalt sehen.

109. Von einem Fatzen Buch sagte einer: Er sehe ein Gebäu / an welchem nichts gesparet / als der Verstand.

110. Offt muß man fragen: Wo ist das Buch zu diesem Titel: offt auch: wo ist der Titel zu diesem Buch?

111. Wie die Fischer / welche den Fisch Sardus genannt / wollen fangen / sich mit Geisfellen bedecken /wol wissend / daß er die Geise liebet: also mussen die Menschen Fischer oft erfreuliche Liebs Wort gebrauchen / die Bösen zu gewinnen / und in ihr Netz zu bringen.

112. Man muß zu der Welt Thür eingehen / und sie zu der Himmelsthůr ausführen / sagt Ignatius Lojola /verstehend daß er und seine Nachfolgere / mit dem H. Paulo allen alles werden sollen / und wie unser Erlöser das Samaritanische Weiblein [738] bekehret / in deme er von dem irdischen Wasser anfangen zu reden / und dadurch von dem himmlischen sie zu unterrichten Ursach genommen.

113. Von einem Weltling sagte ein frommer Mann / daß er gleiche denen Schwangern Frauen / welche sich ungesunder und abscheulicher Speisen gelůsten lassen.

114. Zwey Brüder vergleichte einer mit saurer Buttermilch und dem süssen Honig: Der Eltste hatte ein gutes Ansehen / war aber ein böser Mensch: der jüngere hatte ein schlechtes Ansehen / aber fromm und Tugendsam.

115. Als sich ein Müntzmeister beklagte / er müsse bey seiner Arbeit mangel leiden / sagte einer: Wer mit Biesem umgehet / trägt doch allezeit den guten Geruch / auch unwissend mit sich.

116. Von einem Trunckenpold sagte einer / sein Verstand gleiche dem Diogeni / welcher Tag und Nacht in einem Faß gewohnet.

117. Es wurde gefragt: Warum man die Ringe an der lincken Hand zu tragen pflegte / da doch die rechte viel stärker und geschickter? Weist du nicht / sagte der andre / daß mehrmals dem Ehre angethan wird /welcher derselben am wenigsten würdig ist. Also muß die rechte Hand den Soldatenstand / die linke Hand den Ehrenstand verfechten und vertheidigen.

118. Ein Edelmann hielte seine Unterthanen sehr ůbel / als nun derselben einer entloffen / und sein Gütlein hinterlassen / hat er vier Pfäle eingeschlagen /und das Hauß mit einer Ketten daran gehefftett auf befragen nun / was solches bedeute hat er geantwortet: Er habe gefürchtet das Hauß lauffe ihm nach.

119. Mancher hat gute und schetzbare Waaren /viel Geschickligkeit kan aber den Korb / solche gen Markt zu trage / nicht finden: Mancher hat den Korb /bringet aber wenig oder gar nichts darinnen wol [739] zu Marckt. Mancher hat seine Waar alle in dem Laden /mancher im Gewölbe.

120. Wie dorten in der Schrifft stehet / sie hielten auf ihn / hat einer außgeleget / daß sie mit der Malzeit auf Christum gewartet hetten.

121. Einer fragte einen Knaben / was zu Teutsch heisse refriger um, der Knab suchte in dem Wort Buch / und fande Külung / verstande aber eine Kühlunge. Der Vater welcher wenig Latein verstande /sagte es könne auch wol eine Ochsenlunge heissen.

122. Ein verständiger Mann sagte / man solte keinen / der lange Zeit ein Sachwalter bey Gericht gewesen / zu einem Raht machen / dann ein solcher seiner Partey gar zu hals starrig diene / und sein Urtheil nicht wisse zu mässigen / wie politische Leute thun sollen.

123. Die Poeten spielen mit den Worten / gewinnen aber selten Geld / sondern: wann es wol ablaufft /ist ihr Gewinn ein Wort-Gewinn und eitler Ruhm: Viel verlieren auch ihre Wort und gewinnen Schandwort dargegen: Sonderlich aber gilt kein Prophet und Poet in seinem Vaterland.

124. Das Auge des Gemüts ist in der Finsternis scharffsichtig / und offt bey hellem Tages Liecht blind: deßwegen unsre Gedancken nicht dem Augenschein / sondern der Augenschein den Gedancken folgen.

125. Wie ein jeder Fürst und ein jede Statt / seine Landrecht und Stattrecht hat: also auch haben die Sprachen und Mundarten gleichsam ihr Landrech /und wollen die Wort so wenig / als die Müntzen Maaß und Gewichte verändern lassen.

126. Ein jedes Handwerk hat seinen Werkzeug /welchen es gebrauchen muß / wann er seinem Werke nachsetzen wil: die Christen aber / deren Handwerk ist Gott und den Nechsten lieben / wollen ohne solchen Werkzeug der Gottesfurcht und Wolthätigkeit gegen dem Nechsten / Meister seyn / bevor sie [740] fast Lehrjungen gewesen. Welcher Handwerk aber nur in den Worten bestehet / wie der Zungen Drescher / sind gewiß keine wůrkliche Christen.

127. Es ist auch eine Abgötterey / wann man sich auf Menschen verlässt / welche Götter genennet werden / sol man für keine Götzen halten / die da Hände haben und greiffen nicht / Füsse und gehen nicht /Ohren und hören nicht / etc. Diese Götter aber sind Sterne / die von dem grossen Gott / gleichsam als ihrer Sonne / allen Schein haben.

128. Die Traurigkeit ist deß Verstandes Gifft / welcher das Leben abkürtzet / oder doch alle Würkungen deß Geistes unterbricht / und untüchtig machet.

129. Die Königreiche und Regimenter gehen / aus mangel verständiger und tapfrer Leute zu Grund. Wann Gott solche hinweg nimmet / so ist es ein Anzeichen / daß gewiß die Straffe nicht weit. Diese sind die Augen deß Reichs / schlaffen sie / so stösset man gar bald an.

130. Ein Rahtgeber muß ein solcher Artzt seyn /der dem Krancken nicht nur ordnet / was ihn gelůstet und beliebet / sondern was ihme nutzet und zu seinem Zustand vorträglich ist.

131. Der König aller Könige giebet den Verstand /die andern Könige aber können nur Glücks-Güter geben / welche nicht länger bestehen / als sie.

132. Die Freygebigkeit der Fürsten schläffet / und lässet sich durch die stumme Schrift nicht auffwecken.

133. Der Teuffel verkauffet nichts / als gegen die Seele / wer nun solche nicht dargeben wil / der komme nicht in seinen Sünd- und Laster-Kram.

134. Die Gerichtlichen Sachwaltere sind gleich den Artzten / welche sich nehren von ander Leut Krankheiten / und wann jedermann friedfertig were / so müsten sie Hunger sterben. Sie sind Mucken / die sich von offnen Schaden speisen.

135. Die Erfahrung setzet niemand zum Erben ein.

[741] 136. Die Furcht und der Haß sind leibliche Brüder / welcher Fürst einem das Bürgerrecht ertheilt / der muß den andern auch in seinem Hause wohnen lassen.

137. Die Pferde welche man stetig in den Nohtstall spannen muß / können nicht grosse Dienste leisten. Es wurde gesagt von denen Unterthanen / die man mit Gewalt und Festungen zu dem Gehorsam halten muß.

138. Eine gute Müntz muß an Schrot und Korn gerechten Halt haben: Ein wol angesehner Mann sol Tugend und Glück zugleich besitzen / wann man ihn ins gemein gerne haben sol: wann eines mangelt / so ist die Müntze nicht aller Orten gültig.

139. Der gemeine Mann gleichet einem Kinde /welches sich mit guten Worten und schlechten Geschenken hinführen lässet / wo man wil: dem Zwang aber wiedersetzet es sich.

140. Der Menschen Gewalt erstrecket sich nicht weiter / als über das was menschlich irrdisch und leiblich ist: was die Seele anbelanget / die gehört in Gottes Bottmässigkeit.

141. Höfligkeit ist ins gemein der Hof Lügen Eitelkeit / und höflich hof lüge.

142. Unsre Gedanken sind die freysten Reden / sie sind zohl frey und keinen Auflagen unterworffen / so lange sie in ihren Grentzen verbleiben: so bald sie aber über der Zähne Schrancken heraus kommen /müssen sie andrer Herrschafft Gebott erwarten.

143. Der in dem Krieg nachsetzet und sich seines erlittenen Verlusts wieder erholen wil / ist gleich dem der in Unglück spielet / und in dem herausreissen tieffer hinein fället.

144. Die Fürsten sollen die Geschichtschreiber fürchten / wie die ungestalten Weiber die guten Mahler.

146. Tugend und Gunst sind die quelenden Brunnquellen deß Neides.

[742] 146. Die Königskron weiset einen Becirk menschlicher Macht / und sol oben offen seyn / weil der höchste GOtt auch über die höchsten Menschen ist.

147. Die Feder ist der sechste Sinn welchen man gebrauchet unter den abwesenden / wie die andern fůnffe bey den Gegenwertigen.

148. Die Trübsal ist eine Müntz / auf welcher das Bildnis der Traurigkeit zu der lincken und das Bildnis der Hoffnung zu der rechten Seiten stehet.

149. Die Wort sind die grünen Blätter an einem Fürstlichen Baume / die Werke sind die Frucht / beedes muß bey einander seyn / wenn solche Bäume / gelobet werden sollen.

150. Unter allen Geschöpfen Gottes / were kein elenders / als der Mensch / wenn er nicht sterben solte / und doch nach und nach die Beschwerligkeit des hohen Alters ertragen / in dem nemlich das Gedächtnis / das Gehör / das Gesicht / alle Kräfften deß Leibs und Verstands abnehmen / damit er Ursach haben sol / nach zu seufftzen / nach einem seeligen Ende.

151. Gustav Adolph König in Schweden Hochlöblichsten Angedächtnis / pflegte zu sagen / er halte nichts auf die alten Soldaten: sondern auf die jungen die keine Bärte haben / und den Alten die Bärte könnnen außrauffen.

152. Von einem Heer pflegte ein verständiger Mann zu sagen / daß die Hunde zwar gut / die Jäger aber ihr Handwerk nicht verstanden.

153. In der Statt V. ist alles gut Kauf angenommen / ehrliche Weiber / die sind sehr teuer / wegen der Seltzamkeit.

154. Die geschlossne Freundschafft schliesset alle überflüssige Höflichkeit aus.

155. Der beste Hut über die Hörner heist Silentium.

[743] 156. Ein Schlesier liesse etliche zweiffelhaffte Reden hören / deßwegen fragte ein andrer: Ob man zu Lügnitz gute Messer mache?

157. Mein Hund / sagte ein Koch / ist ein Feuerschauer: damit das Fleisch nicht verbrenne frisst er aus dem Hafen.

158. Von einem gar Alten wurde gesagt / daß er die Zeit zu sterben verabsaumt / und daß er der Welt Grabschrifft wůrde aufsetzen můssen.

159. Ein Unkeuscher wolte Handschue kauffen /und fragte wo man der Hände Losament achettire. Ein Pol sagte: ubi emuntur chirothecæ vom bardarum hulfften.

160. Einer sagte: Der Friede ist geschlossen / aber mit Fesseln / daß er nicht kan seinen Fortgang haben.

161. Verulam sagte / daß die welche sich bestechen lassen und zu ihrer Obern Nachtheil handlen / gleich seyn einen Narren der sein Hauß anzündet ein par Eyr bey desselben Flamme zu kochen.

162. Ein Rechtsgelehrter sagte / daß die Geschicklichkeit und Weiß- oder Klugheit selten beysammen zufinden / und were besser ungelehrt und verständig /als Hochgelehrt und unverständig seyn: Der Verstand aber bestehe in der Frömmigkeit und einem guten Gewissen / ohne welches die Geschikligkeit ein Werkzeug der Boßheit werde.

163. Ein Rahtsherr / der zu vielen wichtigen Handlungen gebrauchet wurde / sagte / daß er einen Atlassen Rock anhett / den gebrauche er in seiner Statt Geschäfften: Dieser Rock were mit Iglen gefüdert: wolle der Atlaß nicht helffen / so wende er den Rock üm /und habe erfahren / daß mit der rauhen Seiten offt mehr auszurichten als mit der glatten.

164. Die Geistlichen haben doppelte Röcke an /was man auf den äussern stehet / ist dem innern gantz ungleich.

165. Es erzehlte ein Prediger / daß der HErr Christus / nach dem er gen Himmel gefahren / ein Gehäg[744] von Dörnern / ům den Oelberg machen lassen / als aber etliche dardurch geschloffen / wo es gantz weitläufftig / hat solches der S. Peter in acht genommen /und seinem HErrn angesagt / der alsobald befohlen /man solte die Hecken so enge zusammen flechten /daß niemand ungeritzt dardurch kommen könte / dem H. Peter auch befohlen / er solte ja keinen mehr / der nicht wol zerritzt in den Himmel lassen.

166. Die Soldaten sind wolthätige Leute (für sich) sie haben manchen (der zuvor geritten) auf die Füsse geholffen / und viel armer Häuser (durch rauben und plündern) gestifftet.

167. Einen alten ehrlichen Mann machen jungen Studenten zu viel Höfligkeit / sagende: deß Herrn Knecht / Diener / Sclav / Leibeigner etc. daß er endlich antwortet: Ihr Bernhäuter / dieses verstanden sie /daß er sie Bernhäuter nennte / und wolten solches nicht vertragen: Er aber sagte / daß weil sie sich so gar sehr demütigen / er nichts anders zu sagen wüste /als daß er ihr Bernhäuter / seyn wolte / wie sie seine leibeigne Knechte: Es sey keines wahr.

168. Es sagte einer / wie man die Evangelisten und Apostel tituliren solte / und antwortete / man solte sie nennen achtbar; weil ihrer 8. par 12. und 4. gewesen.

169. Einer sagte daß ein Chymist könte Gold machen: daß wolte der andre nicht glauben / sagend von dem Rühmist könte man Gold machen / das gehet natürlich zu / weil gute Weid darnach wachse / und das Vieh fett darvon werde / von den Chymisten aber glaubte er es nicht.

170. Von den Chymisten / oder Alchymisten (AL ist der Araber Geschlecht Wörtlein) sagte einer bieses Lehrgedicht: Ein Vater hatte drey Söhne / denen offenbarte er auf seinem Todbette / daß er einen Schatz in seinem Weinberg vergraben / wüste aber nicht / an welcher Stelle. Nach deß Vaters Tod gruben sie in dem Weinberg / fanden zwar das Geld nicht / doch brachte der Weinberg dardurch viel gute und reisse Früchte. Die Chymisten haben nicht das [745] Gold machen / aber in der Artzney viel gute Stücklein erfunden.

171. Die Propheten und Poeten gelten nichts in ihrem Vaterland.

172. Einer wurd ein Abt genennet / welcher doch keine Abtey hatte / den fragte ein andrer / warům er ihn einen Abt nennte: Man muß / sagte er / einen nicht nennen / was er ist / sondern was er gerne seyn und werden wolte.

173. Einer liesse sich schertzweiß bereden er were ein Soldat / weil sein Vetter hat wollen in Krieg ziehen.

174. Die Soldaten werden von dem Sold haben genennet: Nun haben sie keinen Sold mehr / also sind sie auch keine Soldaten / sondern Krieger / die alles kriegen und bekommen / was ihnen von nöhten ist.

175. Einer lasse unter den Aposteln Iacobus Major: Ich wuste nicht / sagte er / daß unser Herr einen Obersten Wachtmeister zu einen Apostel gemacht.

176. Eine Gemeine in Schwaben / hat eine Brandsteuer angelegt / weil ihnen das Wasser ein Joch von der Brůcken eingerissen.

177. Es sagte einer: daß N. sehr corpulent. Der andre verstande das Wort nicht / und fragte: wie doch der gute Mann so porculent worden?

178. Ein Burgemeister zu A. hatte mit einem Obersten lang in die Nacht getrunken / und als er ihn folgenden Morgens gefragt: wie er geschlaffen? hat er gesagt: er habe einen incest (excess.) begangen / und sey ihm ein Kalternarr (catarrch) auf die lumbones (pulmones) gefallen.

179. Eben dieser sagte / daß der Stattschreiber eine schöne Hand habe / und Ringe daran trage / aber doch sey sein stilinus (stylus) nicht viel wehrt;

180. Von einer schwangern Jungfrauen sagte ein Spiegelkrämer / es solten alle junge Dirne in diesen bauchigen Spiegel sehen / so wůrden sie ihre Gefahr recht erkennen.

[746] 181. Es sagte ein Italiäner folgende Rähtsel: Ich habe sechs Brod: Eines geb ich wieder: Zwey verleihe ich: das vierte verliere ich / und das sechste behalte ich für mich. Das erste gabe er seinem alten Vater wieder / der ihn in seiner Jugend auch ernehret hatte. Die zwey leihte er seinen Söhnen / die solche ihm in seinem Alter wieder geben solten. Das vierte gab er seiner Stiefmutter / und das war verlohren. Das sechste gebrauchte er zu seiner Nothdurfft.

182. Ein Vatter befahle seinem Sohne / er solte fleissig ob den Büchern liegen. Der Sohn verstande solches nach dem Buchstaben / und legte / die Bücher unter sein Bett / ob er gelehrter darvon worden / ist unschwer zu erachten.

183. Ein kluger Kopf wolte behaubten / daß alle Menschen in der Welt Kauffleute: Die Fürsten und Herren sagte er / kauffen ihre Diener mit guten Worten / die Diener kauffen ihrer Herren Gnade mit Hoffnung der Belohnung. Der Bauer kauffet alles üm Můhe. Der Soldat verhandelt seine Beuten etc.

184. Es scheinet / sagte einer von einer Jungfer /daß ihr gantzer Leib ein kurtzer Anhang sey ihrer übergrossen Nasen / und ihr Maul ist so groß / daß der Kopf dardurch heraus fallen könte. Laß mir einer dieses eine Schönheit seyn?

185. Als ein Kauffmann in einem Walde sange /begegnete ihm eine Holtzträgerin die bitterlich weinte / als er sie nun fragte / was Ursachen sie hette zu weinen / sagee sie / daß sie mit bitteren Zehren beweinte ihren Esel den sie neulich verlohren / und eben so geschrien wie er erst gesungen.

186. Einem Schuldiener zu M. schrieben die Studenten an die Thür. Der Cantor ist ein Haurey / seine Frau eine Hur / und die Magd so gut als sie. Der Cantor klagte solches dem H. Prediger / welcher ihm diesen Raht gabe / er solte die Schmachschrifft ableschen / zuvor aber selbe abschreiben / und ihme zustellen. Als solches geschehen / tritt er auf die Cantzel / sagt wie in der letzten Zeit Verleumder und Affterredner[747] kommen werden / deren einer dem Hn Cantori an die Thüre geschrieben / er sey ein Hanrey: Nun gesetzt es sey war: gesetzt seine Frau / und seine Magd sey eine Hur: was gehet es aber dich an? da sitzen diese ehrliche Leute. Was gehet es dich an / und lase den Zettel ab.

187. Den Münsterischen und Osnabrückischen Frieden hat einer also beschrieben. Der Uberwinder gewinnet / der Uberwundne gewinnet / und die verlieren sind froh / daß das Spiel ein Ende hat.

188. Ein gottloser Mensch hörte von der Hölle reden / und sagte / daß er gleichwol nicht allein darinnen seyn / sondern eine grosse Geselschafft aldar antreffen würde: Hierauf sagte der andre das solche Geselschafft ein Antheil seiner Plage seyn würde / in dem nemlich selbe unaufhörlich wintzeln / heulen und schreyen werden: gleich wie einem Kranken die andren schmertzlichst geplagten Spitaler wehklagen / die Krankheit vermehret.

189. Man sol sich für gezuckerten Zungen und gepfefferten Hertzen hüten: dann was wol schmeckt verderbt den Magen / und ist die schlechste Speise die Gesundste.

190. Von einem ungelehrten Sachwalter oder Procuratore sagte einer / daß er gleich wäre einem Siechenschletterlein / welches nichts dann klaffen und bettlen kenne / aber allezeit von ferne gehalten würde / und ehrlichen Leuten nicht zu nahe kommen dörffte.

191. Ein Edelmann fůhl mit dem Pferd ins Wasser / und were fast ersoffen: von dem sagte sein Knecht: Nun hat sich mein Herr einmahl auch in dem Sommer frisch gehalten.

192. Von den Jungfrauen sagt einer / daß er nichts auf die Geratsten halte: dann wann sie viel unter Leuten gewesen weren / so hetten sie auch viel erfahren.

193. Es sagte einer / daß ein Verständiger der nüchtern sey / einen vollen Narren etwas zu gut halten / [748] und auf dem Rucken tragen sol: darauf antwortete der andre: ja / wann er nicht zu schwer ist / verstehe und es zu grob machet.

194. Ein vornemer Feldherr sahe einen Soldaten ohne Schuhe Schildwacht halten / und fragte nach /unter welchem Regiment / und unter welchem Haubtmann er wäre? Als nun der Haubtmann für ihn kame /hatte er einen Hut mit schönen Federn / vielen Bändern und einer güldnen Hutschnur gezieret. Er hörte erstlich seine Entschuldigung an: warum er den Soldaten keine Schuhe schaffte: Nach deme aber solche ohne Grund / hat er dem Haubtmann den Hut aus den Händen genommen / und dem Soldaten gegeben / sagend: Hier ům die Zier dieses Hutes kanstu dir Schuhe und ein gantzes Kleid schaffen.

195. Ein Soldat sagte zu einem Edelmann / daß sie die Bauren schinden: ja / sagte der Edelmann / ihr Soldaten habt unsern Unterthanen die Haut über die Ohren gezogen / und sagt itzund wir sollen sie schinden.

196. Heroische Tugenden gräntzen mit Heroischen Untugenden.

197. Die Evangelischen halten deßwegen keinen Umgang / weil sie den rechten und geraden Weg wissen.

198. Der verstorbene Cardinal Richelieu ist auf eine Zeit die Stiegen hinauf / und der Bischopff Belley gegen ihm hinauf gegangen: als er ihm nun zugesprochen / was er mache / hat er geantwortet (Vous montez, ie descends) Ihr geht: hinauf / ich hinab /oder: Ihr seyd im Steigen / ich in dem Fallen: dann er hatte ihm sein Bisthum genommen / und eine Abbtey dafür gegeben.

199. Dieser Cardinal hat den Herrn de la Thou enthaubten lassen / und nach dem er verstorben / ist er in der Sorbona beygesetzet worden. Hierüber hat ein lustiger Geist diese Gedancken gehabt. Er lässet mahlen / deß Cardinals Grab und darbey deß Herrn von Thou seine Schwester / mit dieser Beyschrifft: [749] Domine, si hic suisses, frater meus non mortuus esset. Herr /wann du hie (verstehe todt) gewesen wärest / so were mein Bruder (den du enthaubten lassen) nicht gestorben.

200. Für folgende zween Verse hat der Cardinal Richelieu 200. Kronen verehret:


Navire, ne crains pas: ton Pilote est un Dieu,
Iamais ton anchre fut, en un si Riche-lieu.

Die Verse zielten auf das Schiff / welches die Statt Paris in dem Wapen führet / und auf die Admiralstelle / welche der bemelde Cardinal damals angetretten.


ENDE.

Inhalts Register

[750] Inhalts Register.

Der Lehrsprůche und Geschichte / welche in diesem Wercklein zu finden.
V bedeutet die Vorrede A der Anhang / die Römische Zahl die Erzehlung / und die gemeine Zahl den § oder Absatz.
Wo die Zahl vorstehet so ist es der Titel der Erzehlung.
A.

A B C eines Hanreys CXXVIII. 8.

Abenteur / A 90.

Der aberglaubische Schwervater. XXXVIII.

Abfall vom Glauben bringt Verzweifflung CL. 5.

Abwesenheit CLII. 6.

Absehen kan gut / die Mittel bös seyn CXII. 14.

Absehen der Menschen Werke CXXIII. 6.

Absehen in der Menschen Thun / XIX. 2.

Adelssitten A. 68.

Adel komt von der Tugend CLIV.

Advocaten A. 134.

Affterreden. XXV. 5.

Affabilitas der Affen CLI. 5.

Almosen geben und desselben Vergeltung. XXXVI. 14. 15. XXXVII. 3. 6.

Almosen gemahlt A 74. Almosen ohne Geld geben / A 90.

Alraun. XIV. Alte sollen nicht lieben XXXVI. 3.

Alters Versuchung LI. 1. wird von der Jugend nicht geliebet / LI. 4. von Lastern verlassen / LXXVIII. 2.

Alteverliebte sind Narren / LXXVIII. 10. ziehen mit den Jungen ungleich an dem Ehejoch / LI. 11. sollen nicht lieben / 89. 2.

Alte Weiber LXXV.

Alte Weiber beschrieben CLI. 3. 4. 5.

Alter A. 158.

Alter sol nicht lieben CIX. 1. wissen nichts von der Jugend begierden CXLV. 13. alte Jaghunde CX. 4.

Die Amazonin XLV. Armut weh thut. XVI. 1.

CXIV. Die Heuchlerische Andacht.

Anfechtung A 165.

Anschläge mit den Primierkartē verglichē CXLVIII. 7.

Argwahn / LXXX. 3.

Arme können sich nicht in den Reichthum schicken / LXXVII. 5. Arme Weiber / LXXXI. 5.

Armutstoltz CLVII. 5. 6. 7. 9.

Armut ist ärgerlich LXVI. 4. folget der Hurerey / XCVII. 2.

LXXIV. Der verwegne Artzt.

Artzney wider die Pest CXXXVIII. 11.

Aufschneider CXVI. 5.

Auf die Füsse helffen wie es zu verstehen. A. 1.

Aufrührer CLXIX. 12.

Aufschneider CLVIII. 2.

H. Aubigni Hofreden. A.V. VI. VII.

Augen der Hertzen Spiegel CXV. 4.

Augensprache CXII. 3. CXI. 1.

Augen der Spanier und Frantzosen CLIII. 3. CLVIII. 1.

Augen verlieren XXXIX. 4.

Augen auf den Würffel mit dem Pillulen verglichen XXXVIII. 1.

B.

Baarrecht halten. XXIV. 1. 2.
CXXII. Baarrecht.
XXXVIII. Der unglückselige Balger.
Balger LVI. 2. ihre Straffe LVI. 10. LXIII. LXIV. LXIX. LXXIII. XC. XCII.
Bar wie es unterschieden von Baar CXXIX. 1.
Barmhertzigkeit Gottes CLXVIII. 12.
Barmhertzigkeit eines Diebs CIV. 7.
Gauer Bart. A. XVIII.
Bassa Nassuf CVI.
Basilisken Augen CLIX. 1.
Bastaden / LXXX. 5. LV. 111.
Baukunst XCIV. 1. 5.
Bauherren wandlen ihr Silber in Steine. XCIV. 9.
Baurenschinder A. 197.
LVIII. Das frevle Beginnen.
Begierden regieren und beherrschen. XVI. 11. IX. 16. XX. 13.
Beichtväter verständiges verfahren CII.
Die eröffnete Beicht. VII. Straffe derer die die Beicht verschwetzen VII. 12.
Bekehrung wie sie zu suchen A. 112.
Bemüssigung der müssigen XLVII. 1.
Bottschaffter im Himmel CLXXIX. 1. 2.
Die beraubten Rauber. LV.
Berge versetzen V. 16.
Bescheidenheit sollen die Frantzosen lernen A. IV. VII. 13.
Beruffskost. XL. 8°
CXXI. Die Beschwerer.
CLXVII. Die Besessenen.
LXXXIV. Der bestraffte Rathgeber.
LII. Die verdiente Bestraffung.
CLXIX. Die bestrafften Aufrührer.
CXXII. Die bestraffte Blutschand.
CXVIII. Die betrübten Verliebten.
Beten lehren die Soldaten A. XLV.
Die Betrachtung CLXXIV. 1.
Betrug ist gemein XIX. 1.
Beystände XLVIII. 10.
XLII. Der dopvelte Brudermord.
Bilder Lob XCIV. 5.
Bilder der Spiegel und ihre Veränderung CLXXI. 1.
Billigkeit XXXV. 19.
Blinde hören wol CLXXV. 9.
Bilderschrifft A. CXXIV.
Blinde Letterwechsel liebend CXI. 1.
Der Blinden Fůrsichtigkeit LXXXIX. 12.
CLCVIII. Die blinde Verzweifflung.
Blutgieriger Menschen Ende / LXXIX. 1.
Blutschande bleiben nicht ungestrafft CXLII. 2.
Blutschänder Straffe. L.V. 10.
Blut ersteckt das Hertz / LXIV. 9.
Bösen gefehren die Frommen CXXXI.
Böse Gewonheit X. 1.
Böses Gewissen XLI. 12.
Boßheit folget nach und nach LXXXIV. 3.
Der bösen Geister CXV. 12.
Bouteville Geschichte LVII.
Brennspiegel CLIII. 1.
Buch beurtheilt A. 109. 110.
J. Bucavelds Geschichte CV.
Buchstabwechsel VIII. 12.
Buckel beschrieben XLIV. 5.
Bucquinkams Geschichte LVII. seine Grabschrifft. XCV. LVII. 12.
Brasidas Spruch LXXXVIII. 1.
Brůder selten Freunde LXV. 1.
CXVI. Die Ermordten Buler.
CXXIX. Die Bulermörderin.
Buler gleich den Bienen XVIII. 2. halten nicht glauben XVI 3.
CXCVIII. Der frevle Buler.
Buler kauffen die Reue CLIII. 4. schweren CLII. 8.
Buchhalten Gottes CLXXXVIII. 2.

C.

XCV. Der Cainische Bruder.
K. Calderons Leben und Tod.
Capelleten CXI. 2.
Caput Medusæ CLXII. 12.
Cardinal Richelieu Hofreden A. 199. 198.
Castel zu Meiland A. 1.
Christen böses Leben LII. 11. Christliche Liebe. daselbst.
Christen Handwerk ist gutes thun. A. 126.
Christen Kennzeichen CXCII. 3.
Christliche Liebe CXCI. 11.
Craterus 22. 1. 22. 4.
Creaturen zu Hof LV. 8.
Chymisten A. 169. 170.

D.

Daniel in der Löwengruben CXXXIX. 10.
Dankbarkeit der Welt LXVI. 2.
Delphins art. LXXXIX. 4.
Degens Gebrauch XXXVIII. 10.
Demut Nutz LXVI. 10. LXXXIX. 1.
Demut ist mit der Mässigkeit uerbunden CX. 1.
Desfiats Leben und Tod CII.
Derm olas Donatus LXXVI. 2.
Diebe Satans Spiegel CLXXII. 1. CXCVII. 1. ob sie an ben Galgen verfaulen sollen CLXXVI. 1.
CLXXXI. Der bestraffte Diebstal.
Diebe sind glückselig A. XLI. 1.
Dienen und Diener haben LV. 2.
diluculo ein Kraut A. XV.
Diogenis Faß A. 116.
Dirne ist ein Mittel Wort LXXVIII. 2.
Doctor in der Schweitz A. XLI.
Dolchens Obschrifft CLIV. 11.
Donner der Obrigkeit A. 73.
LXXIII. Die doppelte Ehe.
CXXXII. Der doppelte Ehebruch.
Drey harte W. CLIV. 12:
Dulisten such Rauffer LVI. 2.

E.

Ehestand hat keine Gewärschafft LXIV. 1. beankert das Glück LXV. Ehefessel / LXXIV. 2. ist ein Gefängnis LXXVII. 5. Ehejoch LI. 4. wil gleiche Rinder haben LXXXIX. 2. Ehe mit zweyen Weibern LXXXIII. 1. Ehbruch LXXXVII. 2. A. 65.

Ehebrecher CLXIII. 5. ihre Straffe CXCVI. 12. CXCVII. 3.

/ Winckel Ehe.

Ehrliche Weiber A. 153.

Ehestandes Anfang CLX. 3: bleibt nicht beständig CLVI. 1.

Eheband XXVI. 11.

Eheversprechen. XLIII. 14.

Ehebruch XXVIII. 12. bringt Haß XLVI. 7. gebildet. XXIX. 13. zu der Ehe nöhtigen. XLIV. 10.

Der listige Ehebrecher XXX.

Der unverschämte Ehebrecher XXVIII.

CXII. Ehebruchs Rug.

CXXXVI. Die gezüchtigte Ehebrecherin.

CXXI. Der gerochne Ehebruch.

Ehebruch kommt von Satan CXXXII. 1.

Straf CXXXVII. 1. CXXXVI. 16.

Ehestands Prob CIV. 5.

Ehre Gefahr CV. 16. Ehrenraub CXVII. 4. Ehr der unwürdigen A. 117.

Ehe halten untreu LXXXV. 10.

LIV. Der Ehrvergessne Gerhaber oder Vormund.

Ehre betrachtet LVI. 1. Ehr der Vor Eltern LXVIII. 1. hat Gefahr XC. 1. mit einer Latern verglichē LXXXIV. 3. Ehren Hörner LVIII. 1. Ehrgeitz mit Betrug verbunden. A 92. falsche Ehre XCII. 15.

Ehre gleicht einer Latern A. XIX.

Ehrsucht XLVI. 1. 6. 12.

Ehrgeitz XXXII. 1.

Ehr: Reh XL. 9. ist gefährlich XLVI. 13.

Die unbeständige Ehre. XLVI.

Ehrgeitz stürtzet CV. 6.

Eifer ein Anzeichen der Warheit CLXX. 11. CXCVII. 12.

Eifer und Eifersucht XLII. 11. XXI. 9. 10. XXV. 2. XXVII. 5.

Die eifrende Fürstin. XXI.

Eifersucht übel LIX. 1. LIX. 3. C. 4.

CXLI. Die Tyrannische Eifersucht.

Eifer bringt ein böses End CIX. 7. CXVIII. 7. ist stärcker als der Tod CXLI. 1. 7. 10.

Einfalt Lob CXIV. 7.

Einigkeit der Eheleute CXXVIII. 1. Einsamkeit Nachtheil / CXXXVI. 5.

Einsiedler CXXXII. 3.

Einäugige recht mahlen A. XXXIV.

Einsamkeit. A. XCVII.

Eigennutz XLI. 2.

Eisens Nutz XLI. 1.

Eitelkeit der Welt CII. 6.

Elephant ein Bildnis der Keuschheit. LXXXV. 11. A. 56.

Das elende Ende. IV.

Eltern Liebe XCV. 2.

Eltern Gewalt sol nicht tyrannisch seyn CXLV. 10. etliche gleichen den Reben CXL. 1.

Die unbedachtsamen Eltern. V.

Eitelkeit LXXXVI. 1.

CLIII. Das böse End.

End betrachtet LXXXII. 10. gleichet dem Leben LVII. 2.

LXVIII. Die entdeckte Verrähterey.

Erdbeben XXIII. 1.

Erfahrung hat keine Erben. A. 135.

CXVIII. Der ergrimmte Eifer.

Erkennung der Sünden. LIV. 11. Fabel / Lehrgedichte.

Die erkauffte Meß XLIX.

CXXII. Der unschuldig erhenckte.

Eselsköpffe werden theur / A. 102.

Esel sind verständiger als die Sünder CX. 7.

Eselsfreundschafft A. XXXVI.

Eselskinbacken. A. XXXVI.

Ewigkeit betrachtet CL. 7.

Exempel bewegen XLIII. 1.

F.

Der Fabel Nutzen. V. 4.

Falschheit Nachtheil CLXI. 11.

Falsch Latein A. 179. 178.

CXLVIII. Der gestraffte Falschzüngler.

Falschheit wird gestrafft CIII. 12. CXIV. 1.

Fasnachts Fröligkeit A. 104.

Der falsche Freund. VIII.

Falschheit wird gestrafft. XLI. 19. VIII. 1. 8. XVII. 14.

Der verzagte Fechter. XXXIX.

Feder ist der sechste Sinn. A. 147.

Festung übergeben ist sträflich CVIII. 5. 6.

Feinde lieben A. CXCV. 2.

Der gestraffte Flucher XLVII.

Fluchen was es für ein Laster. XLVII. 1. 2. 3.

Flucher Straff CLXXIV. 12. CXCIV. 9.

Freundschafft VIII. 11. A. XVII. A. XXXII. XLIV. 10. wie weit sie sich erstrecke. XXVI. XXVII. 12.

Freundschafft Gleichheit LXXVII. 2.

Freundschafft macht Liebe CLXXI. 8. CLXXXV. 3. CLXXIII. 12. mit dem Wasser verglichen CLXIV. 1. A. 154. ist unzertrenlich XLIV. 4.

Freundligkeit A. 163.

Frischhalten A. 191.

Frühezeitig heuraten CLVII. 5.

Freudenspiele V. 7.

Freude: Freuden VIII. 12.

Der Freyer in allen Gassen XIX.

Der Frantzösische Frantzoß XXVII.

Der Frantzosen Leichtsinnigkeit. XL. XXII. 17.

Frantzosen Glück in Erbauung / Unglůck in Erhaltung Land und Leute CVIII. 8.

Freygebigkeit schläffet / A. 132.

Fried bringet Wollust XVIII. 1.

Fuchsen in ihrem Baue fangen / LXXXI. 6. 2.

Fuchsbalg ist kurtz / LXXXVI. 4.

Furcht macht blassen / und warům LXIV. 8.

Füllerey XXIII. 3.

Füllerey tödtet CLXIII. 12.

Furcht XXXVII. 2. A. 3.

Furcht und Haß / A. 136.

G.

Galgen beschrieben / XCI. 11.

Das Zeugnis deß Geblüts XXIV.

Gedancken Freyheit. A. 142. kommen von GOTT CXIII. 11.

Gedancken deß Fleisches sind Gergesener Schwein. XLVII. 17. ihre Geburt. XLIX. 9. Gefängnis VII.

Gedichte Inhalt / A. 74.

Gedult CXCIV. 1.

Der Weiber Gedult. XXVIII. 4.

VII. Das gefallne Schoßkind.

Gefahr macht kühn LXVI. 5.

Gefahr der Reisenden. XV. 13.

Gefahr suchen XXVII. 3.

LXII. Der gefährte Pfandmann oder Geißler.

Gefahr lieben CXXII. 1.

LXIII. Die gefährliche Nachahmung.

CXXX. Der gefangener Zipprianer.

Gefängnis der Höllen Vorbild CLVI. 9.

CXVII. Das eröffnete Geheimnis.

CXV. Erscheinung der Geister.

Geitz urtheilt andre nach seinem Sinn LIX. 2. Geitz und Wollust mit Esau und Jacob verglichen / LXXXI. 2. seine art LXXXI. 2. 8. verursacht alles übel XCV. 8. wird beschrieben / XCIV. 2. fängt an wo er sol aufhören LXXIV. 3. ist niemals satt / 9. LI. 1. ist blind LXXXIX. 12.

Geistliche sollen die Weiber meiden / LXXXVII. 4.

Geistliche Hochzeit A. LXI. 2. Gelddurft LXXVII. 5.

Haußgeister spiritus familiares. XLV. 3.

Geister unterscheid L. 3.

Geistliche Röcke A. 164.

Geitz CXCIII. 12.

Geitz und geistlich A. 107.

Gelüsten der Laster A. 113.

Der unglückselige Geitzhals. L

Des Geitzes Eigenschafft. L. 3. 16.

Gelegenheit zu sündigen XXX. 10.

Gelegenheit der Sůnde / CX. 7.

Gelehrte werden theur / A. 102.

Gelegenheit der Sünde meiden. LXXXVII. 12.

Gemeine Nutzen LXII. 10.

Geld deckt alle Fehler XLVII. 5. ist sorglich XXXII. 1. mit schlägen zahlen XLX. 11.

Geltmittel A. VIII Gelt: legt XLV. 11.

Geldlanger in dem Bauen LXXXIV. 5.

CXXXV. Der gemarterte Jud.

Mit Gemählen zahlen A.V.

Gemähl mit den Weibern verglichen CXCVI. 3.

Gemeine Mann ist der Neurung begierig CV. 11.

LXXX. Der gerechtfertigte Mörder.

Gerechte Sachen mit ungerechten Mitteln verfechten. LXVI. 1.

Gerücht verdoppelt den Wiederhall CXLVIII. 8.

Das beste Gericht A. 93. Gesetze von Spinweben LXXXIX. 12.

Geraiste Jungfrauen A. 192.

Der Gerechtigkeit Bildnis CLXXXVI. 1.

Gesellschafft verführt XXXIII. 9. ihr Zweck. V. 21.

Geschichtschreiber sind zu fůrchten A. 144.

Geschikligkeit wil in einem rechten Korb getragen werden. A. 119.

Geschichte eines jeden Landes V. 5. 4. 8.

Gesichter mit den Geschichten verglichen LXXXVII. 1.

Geschichträhtsel CXII. 8.

Geschlossner Fried A. 160.

Geschwinde Veränderung CLVII. 1.

Geschickligkeit A. 162.

Gesetze der Keuschheit von den Männern den Weibern vorgeschrieben CXLII. 5.

Gespenster CXV. 1.

LXXV. Das Gespenst.

LVI. Die gestrafften Balger.

Gewissenspiegel CLXVI. 1.

Gewissens Trost / CXXXIX. 1. böses Gewissen suchet Sicherung in der Flucht CXLIV. 19.

Gleichnissen der Träume CLXXV.

Giffts böser Gebrauch CXLIII. 20.

Gleichheit der Ehegatten CXXI. 9.

CIV. Der Glücksfall.

XXXII. Das unglückselige Glück ist schwer V. 4.

Glück und Tugend A. 138. ist unbeständig CXVII. 9. mit den Bildhauern verglichen CV. 10. ist schwer zu tragen / CXIII. 4.

Gewalt ertheilt kein Recht LXIX. 2.

XCIII. Gewissenszwang.

Gewissens Ruh XCV. 5. 8.

Gifft C. 2.

Gleichheit der Straffen. LXI. 1.

Glücksart XCII. 12. Unbeständigkeit / LV. 15. ist mit Diamanten Nägeln zu halten LV. 1.

Glauben XXXVIII. 6. XXXVIII. 10.

Goldkunst LXXV. 5. warum es erschaffen XL. 1. seine würckung XXXVI. 9. XXXIII. 12.

Glück dauret nicht lang / LXXXVI. 1. ist schwer zu tragen / LXXIX. 3.

LV. Der Glück- und unglücksfall.

Glückklug. LV. 15.

Gnad der Fürsten A. 89.

Götzen XCIV. 6. 7.

LXXXII. Der Gottlose Sohn.

Gott regieret der Menschen Sinn / LII. 10. eröffnet das verborgene LXVIII. 5. 8. strafft die Bösen LXXV. 8.

LIX. Die Gottsvergessne Eifersucht.

Gottesfurcht nutz LXXXII. 1.

Der Gottlosen End / LXXIX. 1.

GOTT hat viel Mittel die Unschuldigen zu retten CXXXIX. 9. seine Gaben sind besser als der Könige Gaben A. 131. seine Furcht CXIV. 1.

Gottloser Leben und Tod CXIII. 12. Gottlästerung der Juden CXXXV. 5. 6.

Gott wachet wann die Menschen schlaffen CLV. 7. strafft nicht alles VI. 16. XXXV. 17. XL. III. 14. schauet auf die Menschen XXVII. 211.

Grabschrifft Lucretia CLX. 12. Grablied CLVII. 12. XXX. 13. XLIV. 9.

Grabschrifft zweyer Verliebten CXII. 15. H. von Montmorency CI. 12. H. von Bethune CXXXIV. 10.

XII. Die großmütige Rache.

Grausamkeit der Jusulaner LXXXVII. 2.

LXXXVII. Der grausame Maxentius.

Guilerey Geschichte CIV.

Hugo Grotius CVI. 8.

Grobe Schertze A. 70.

Gůldne Schlüssel LXXXIII. 4.

Gute Wort mit Oehl verglichen XCVII. 2.

H.

Halten und versprechen CLII. 12.
Handhaben in allen Sachen XCVI. 1.
Handschuhe beschrieben A. 159.
Hanrey A b c CXXXV. 8.
Hanreyschafft Lehrjungen LX. 6. XL.
Haußgeister LXX. 2.
CXX. Heiligung des Sabbaths.
Heer Zustand A. 152.
Grosser Herren Fehler CI. 1. ihre und der Unterthanen Ungleichheit CXVIII. 2.
Heuchler sind unheilsam CXIV. 6. XXXVII. 1. 13. 14. 18.
Hertz deß Menschen ist wandelbar LXXVII. 5. XLIX. 9.
Heucheley CLVIII. 12.
CII. Hinrichtung H. Dessiats.
XXII. Die unglückselige Hinterlist.
Hin und her gehen A. XXVIII.
Hirt der diß Lebends müd CLXXXI. 1.
CLXXXVIII. Die betrübten Hochzeiter.
Höfligkeit ůberfluß A. 168.
Hochzeitliches Grablied
Hoflohn CLII. 7.
Hochgericht A. XXIV. XXV.
Hoffart bestrafft XLVIII. 5.
Hofzeitung XXI. 6.
Hochmuth der Laster Erhöhung LXXIX. 1. 2.
Höflichkeit falsche Müntz A. 94.
Hofgeschöpfe CV. 6.
Hoffnung kauffen / LXXXI. 7. ihre Erhaltung. LXXXIV. 1.
Romulus Hogerbeet CV. 8.
Hörner gerne tragen / LI. 6. abstossen LVIII. 1.
Höllenplag A. 188.
Hörner Deck A. 155.
Hundsrecht / A. 54.
Hunger / wie lang er zu leiden CLXIII. 11.
Hungers Schuldforderung A. 105.
Hurer sind keine gute Ehemänner XC. 6. macht klug / XXXVI. 1.
Huren XXXII. 9. ihr Lohn XXVII. 20. ihre Beschreibung III. 7. ihre Liebe XXX. 2. 3.
X. Der stinkende Hurenhengst.

J.

Jägerey XL. LXXXII. 3.

Irrgarten Lied CXLV. 3.

Jugend ist blind XXIX. XLIX. 13. ihre Anweisung IV. 6. ihre Neigung IV. 13.

Jungfrauen hüten CLVI. 3.

Ius Talionis CLXXIII. 11.

CXCIX. Der betraurte Irrthum.

Jungfrauen Kindlein A. 103. ihre Ehre XLVII. ihre Schänder XXIII. 5. 11. 13.

Italiäner Gemüts neigung CXL. 12. sind verschwiegen XXVI. 2. rachgierig XIV. 4. Eifersüchtig XXVII. 5.

CXXXV. Der gemarterte Jud.

XLIII. Der doppelte Jungfrauraub.

Immen art / XCI. 4.

Insulaner Grausamkeit LXXXVII. 2.

LXI. Die verwirte Irrung.

Jungfrauen fahrendes Haab LX. 2.

Jungfrauen Schänder LIV. 1.

Jungfrauschäfft. LXXXI. 4.

Jüngling Versuchung. LI. 1.

K.

Kartenspiel mit dem Krieg verglichen / A. 98. mit den Eheleuten verglichen / XXIV. 5.
XCI. Die keusche Verzweifflung.
XCIII. Die keusche Märterin.
Die verwundte Keuschheit. III.
Keuschheit CLIII. 12. III. 2. 11.
CV. Der ermordte Keyser.
Kinder Schuldigkeit gegen die Eltern CXL. 1. Tribut Kinder CV. 2.
CXL. Der unerhörte Kindermord.
Kindermörder CLXXXIV. 2. gleichen den Metallen 111. 10. ihr segen X. 2. 5.
Der Klügste CLXXI. 12.
Kleider A. 108.
Klugheit betrogen CXXIV. 9. A. IX.
Königs Kron A. 146 ihre Wort XXXIX. 1.
III. Die verwundte Keuschheit.
Kriegs Fortsetzung A. 143.
Krieges Nachtrab CLII. 4.
Krieges zucht XXVI. 3.
ursachen A. XLVIII.
Künfftige Sachen wissen XXXVII. 12.
Künheit CLV. 3.
Kunst gute Tage zu tragen CLI. 2.

L.

Landsart XXXVI. 1.

Laster für Tugend halten XXVIII. 1. Ein Laster kan das andre nicht rechtfertigen XXVIII. 27.

Der Lasterlast. V. 16. in Trittreimen beschrieben XVI. 11.

Landrecht der Sprachen. A. 125.

Latein fälschen. A. XXXIII.

S. Lazaro CXXX. 8.

Lehrgeschichte in frembden Sprachen. V. 7. 8. 9.

Lehrgedichte von Eitelkeit der Welt CLXXVII. 1. von einem Hirten CLXXXI. von den 4. Jahrszeiten / CXCIX. 1. von einem gelehrten Knaben 200. 1. von Lazaro und dem reichen Mann CXCVI. 1. von Salomonis Schwert CLXXXV. 1. von 3. Schwestern CXCVIII. 1. von der Thiere Lehren CLXXVI. 12. von ihrem König CXC. 1. von der Trunckenheit CXCV. 1. von der Wölffin und dem Pferd CLXI. 12. von der Welt Spatziergang CLXXXIII. 1.

Der Leichtglaubige XXXIII.

Leichtglauben XXXIV. 5. 10.

Leidtragende Wittweiber LXXXIV.

Leid nach Freud LXXXVI. 2.

Leichtsinnigkeit der Fantzosen XL.

Leibes abnehmen CLXIII. 11.

Licenciados in Hispanien CLVIII. 11.

CXI. Die verzweiffelte Liebe.

Lieb ist blind CXLV. 1. bestehet in freyen Willen CXVI. 1. Liebeskrankheit ist angenehm CXLIII. 4.

Liebe wil ungezwungen seyn CXXXV. 1. LXV. 1. LXVII. 1.

Der Liebsbissen XXXI.

Lieb und Todeskampf XXVI.

Liebe ist der Müssigen Bemüssigung XLVII. 2. XXXVI. 3.

Liebs Geträncke XXXII. 7. ist stärcker als der Todt. XXXVI. 2. machet oder findet Gleichheit XXX. 2. 3. ist zwischen Ehleuten ein Theil Göttliches Segens XXXIV. 16. Lieb und der Tod verwechseln die Pfeile. XXXII.

Liebsgeschichte. V. 6. Gefahr XI. 11.

Lied von Unbeständigkeit deß Glücks CXLII.

Lied von Befreyung der Liebe CXCIX. 6.

Lioner Pest CXXXVIII.

Der listige Ehebrecher XXX.

Livland wegen der Trunckenheit dienstbar CXCV 5.

Lob A. XIV. Lobwurtz XLVII. 1.

Lob. XLIV. 11.

Loths Sünde CLIX. 4. 5. Der ungerechte Loth daselbst.

Lob der Schönheit A. 59.

CLXX. Die andre Lucretia.

Lügen Schade CLXI. 12.

Lügnitz A. 156.

LVI. Der Lügenteuffel.

Lust der Sünden CXXVI. 6.

Lügen was es sey CXIX. 1. CXIV. 7. Straffe CIII. 12.

Lügen XXII. 9. Luftseuche XI. 11. 2.

M.

Magdalene eine Spannische Nonne Geschicht CLXIX. 9.

Malteser Gelübd A. XLVII.

Männer Liebe unter erralten Aschen CXXXVIII. 1.

Märterbuch CL. 6. Marter eines Juden CXXXV. 6. 7.

CL. Der vermeinte Märtrer.

Marter was es sey XCIII. 1.

Mässigkeit Lob CX. 1.

CXXXIII. Der verzweiffelte Meerrauber.

XXXVI. Die Menschen Wölffe.

Menschen sind feindselig gegen einander CXXXIII. 1. ihre Erfindungen in allen Elementen / CXXVII. 1. ihr Thun / CXXIII. 6. ihre Werke / CXXIII. 6. Menschen Götter / 127.

Menschen sind nie zu frieden / LI. 3.

Menschen Feindschafft LVI. 9.

Menschliche Schwachheit XXXIV.

Die erkauffte Meß. XLIX.

Messe lesen XLIX. 6.

CXXIV. Straff der Meuchellist.

Meuchelmord ist strafbarer als ein offentlicher Todschlag C. 1.

Meuchel Liebe LVIII. 3.

mines zu teutsch XXIII. 1.

Mißbrauch v. 5.

Mittelmaß in allen Sachen XXXIII. 11.

Mitler zu gutem Ende CXII. 14.

LXXIX. Der mörderische Hochmuth.

LXXXVIII. Der Mörderische Diener.

Mörder jämmerliches End. LXXX. 9.

CI. Montmerency Tod.

Mondeschein / CX. 1. 2.

Mord bleibt nicht ohn Straff CLXVI. 12.

CXCIII. Mohren Untreu.

CXCII. Die ermordten Mörder.

Mund art / A. 125.

Můntzen betrachtet / CXLIV. 1. Müntzmeister A. 115.

CXIV. Der falsche Müntzer.

Mussards Verzweifflung / LIII. 8.

Musica LXXXIX. 6.

Mustapha Sultan / CV.

Mutter Hertz / LXXI. 8.

Mütterliche vorsorge fůr die Töchter / XXXIV. 6.

N.

XC. Die böse Nachahmung.
Nachahmen den Bösen / LXIII. 5.
Nahrung deß Menschen CLXIII. 1.
Namen sind der Sachen nicht eingeschaffen / CXXX. 1.
Narren nach ihrer Thorheit antworten LXXXI. 6.
Narrheit und ihr umfall XLIII. 14.
Nasenreich A. 184.
Neid / XXXIX 1.
Neides quellen / A. 145.
Neid deß Teuffels / XC. 5. 1.
Niederiger Stand in eine Wolthat GOttes. LVIII. 1.
Nonnenleben / XXXVII. 5.
Nohtzüchtigung. XXXIV.

O.

LXXXV. Der ohnmächtige Buler.

P.

Pandora / CXL. 6.
Papageyen lieben die Spiegel CLXIII. 1.
Par wie es unterschieden / CXXIX.
Papierne Seelmesse A. XXIII.
Paris beschrieben LXI. 6.
CLV. Die peinliche Frage.
Petermännigen Fische XVI. 11.
Peinliche Frage eines Zauberers / CXXXVIII. 8.
Pfandmänner LXII. 5.
Pfund übel anlegen / CXXV. 9.
Pferdfresser CLXIV. 12.
CXXXVIII. Plag der Pestilentz.
Poeten Wortspiel A. 123.
Poeterey ist der Liebsschwefel / CXLV. 6.
Pövel ist ein Thier CXIII. 4. A. 139.
Prediger Leben ist Stattkündig. v. 5.
Predigt eines Jesuiten / CXXXVIII. 10.
Priester Ehe. V. 7.
Privat Leben das beste / CV. 16.
Procurator oder Fürsprecher. A. 67.
Procuratores A. 190.
Psyche Fabel Deutung LXXXV. 1.

Q.

Quasillar. CV. 5. 8.

R.

Rach LIX. 9. wird gerächet LXXXIV. 11.

Rach mit dem Feuer verglichen CXLV. 1. GOtt über Rach zu rechter Zeit CXIII. 14.

Rache XII. 1. XIII. 3. 13. XXIII. 1.

Die rechtmässige Rache XIII.

Die großmütige Rache. XXIII.

CXXXIV. Die Rache Gottes.

CXLVII. Der Rachbrand.

CXLIX. Der Rachgeist.

Rachgier CLVI. 10.

CLVI. Die Rachgierigkeit der Menschen.

Rachgeber CLI. 9.

Rath der Erstgeburt A. 54.

LXXIV. Der bestraffte Rahtgeber.

Rähte der Fůrsten III. 10.

Räthe sind der Fürsten Augen A. 129. Artzte A. 130. sollen nicht lang Advocaten gewest seyn. A. 122.

Rähtsel LXI. 11. C. 10.

Rähtsel A. 181. von einem Dieb CLXXII. 12.

Rähtsel vom Eifer XX. 10. von diesen Buch L. 11.

XCIX. Der rasende Vater.

Die beraubten Rauber XV.

CIV. Der bestraffte Rauber.

Rauffen oder balgen verbotten XXXIV.

Recht sind der Könige Augen A. 6. sind böß LXXXI. 1. LXIV. 10. sündigen mehr als die Thäter LXXXIV. Rauffer Ehre LXIII. 5.

Rechenschafft gegen Gott XL. 8.

Rechtfertigung IX. 4.

CLII. Die rechtmässige Betrübniß.

Redligkeit XLVIII. 11.

Redligkeit Nutz CLXI. 11.

Refrigerium was es seye A. 121.

Regimenter verderben / A. 129.

Regierung vieler zugleich CVXIII. 2.

Zuspate Reue. XI.

Reichthum LIX. 3. mit Ruhe reich sein LXXXVI. 2.

Reichthumb XLV. 1. 7.

Reiche Jungfrauen XXXII. 10. XIX. 8.

Reich heuraten LXVI. 4.

Reichthum schadet / CIV. 1. Rähtsel / CXXXI. 7. Geschicht Rähtsel.

Cardinal Richelieu Hofreden A. 199. 198.

Richterambt CLV. 12.

Richter sind lebendige Gesetze XC. 10.

Römer warumb sie glückselig XLIX. 1.

Roja vezier an der Porten CV. 8.

Rug was es sey CXII. 1.

CLXXVIII. Die ruchlose Gesellschaft.

XCVI. Die rühmliche Verzweifflung.

Ruhm ist eitel XLVI. ist schädlich XVIII. 16. XLVIII. 12.

XLVIII. Der thörigte Ruhm.

XVIII. Die schädliche Ruhmredigkeit.

S.

Sabbath / Sontag / Sacrament ausser dem Gebrauch CXXXV. 8.

Samsons Tod XCVI. 1.

Sara Töchter LXIV. 6.

Sardus ein Fisch / A. 111.

Satans List CLXX. 12. seine Bulen CLXXXVIII.

Satans Fallstricke LI. 1.

Satanas Verstellung CXV. 2. kan nichts über die Natur würken CXXVI. 8. 9. weis nichts zukünfftiges CXLVI. 1.

Der Schaden kan nutzet nicht CLXXXV. 2.

Schamhafftigkeit XXXVI. 5.

Schauplätze v. 14.

Schande ist nicht erblich. LXVIII. 1.

Scheidweg der Hoffnung und Furcht LXI. 3.

Schiffe unter dem Wasser CXXVII. 3.

Schiffvolk XXXVI. 2.

Schiffbruch der Seelen CXXXVIII. 11.

CXXX. Schlaffgänger.

Schlüssel in einem Sinnbild IV. 13.

Schmertzen werden unterschieden CXL. 1.

Scheldwort XXIX. 7.

Schiffbruch LXXVI. 1.

Viel Schmertzen ursachen nur einen Tod LXXIX. 8.

Schönheit Lob A. 69.

Schönheit deß Gelds LXXII. 4.

Schönheit hat eine ungestalte Tochter die da heisst Hurerey CXXI. 2.

Schönheit Nachtheil CXCIX. 12.

Schwan ein Bild der Heuchler CXIV. 1.

LVII. Das gefallne Schoßkind.

XII. Die Schrammen.

Schweitzer XCIV. 5. ihre Wörter A. 57.

Schulden LXV. 7.

XLI. Der verrätherische Schwager.

Schweinenfleisch XXXVI. 1.

Schwartz Weiberen XXVII. 14.

Schwindelhirn XLVII. 1.

Drey Tugend Schwestern CXCVII. 1.

CXXVII. Der schwimmende Stein 5. 6.

Seelenschmertzen CXCIV. 7.

Secretarii / oder Geheimschreiber LXXIX. 2.

Selbstmord LIII. 5. XCVI.

Selbstmord CX. 7. CXLI. 9.

CXLV. Die verliebte Selbstmörderin.

CLXX. Der seltne Betrug.

Selbstmörder CLXVIII. 34.

Sinnbild einer Kloken CI. 2.

Silictar Aga CV. 6.

Soldaten Weiber sterben nicht in dem Feld XCI. 1.

Soldaten Lob A. 166. 173. 174.

Soldaten Hochmuth XLIV. ihr Elend XXIII. 3.

Sonntags Entheiligung. CXX.

Sorg der Nahrung XL.

Spainer vergleich XIII. 6.

Sprachen Wissenschafften.

Spanier Landsart CLVIII. 2. 3. 4. ihre Armut CLIII. 3.

Spatzierlust der Welt CLXXXIII. 1.

Spielen A. XIII.

Spötter Straffe CXC. 12.

Sprichwörter CXCVIII. 1.

CXC. Die bestrafften Spötter.

Spiegel bewegen ihre Bildung CLIV. 1. der Exempel CLXXX. 1. CLXXI. 1. 12. der ungestalten CLXI. von Wasser CLXIV. 1. besiehe den Eingang deß siebenden Theils.

Sprachen Landrecht A. 125.

Straffe der Sünden CIV. 12. des Ehebruchs CXII. 8. CXXXVI. 1. 15.

LII. Die verdiente Straffe.

CXIII. Die tyrannische Stiefmutter.

Stoltz gestrafft LXXIX. 1. ist rauch LXXIX. 1. wird gestrafft LXVI. 8. 10. mit dem Most verglichen LXXIX. 12. XII. 12. XIX. 11.

Stoltzes Nachtheil CLVIII. 19. 12.

VIII. Der Sterbenden Eitelkeit.

Sterbens Stunde CLXX. selbst suchen CLX. 11.

Straffen Gottes XCVIII. 7. der Sünden LI. 15. bleibt nicht aussen LXXXVIII. 10.

Streit der Menschen LVIII. 1.

Studenten Unart XCIX. 1.

Sultan Osmans Geschicht.

Sünde in den H. Geist CLX. 1.

Sünden Blindheit CXLII. 1. 12. werden nach den Personen geurtheilt CXVIII. 1. sind Schlaffgänger CXXX. 8. ihr Band CXLIV. 2. Sündenketten V. 15. VIII. 10. IX. 1.

Sünden sind blind LI. 6. LXXXVII. 8. häuffen sich biß zu der Bestraffung. LXXXII. 5. können GOtt nicht blenden LI. 8.

Sultan Mustapha CV. 15.

T.

Tapferkeit CLII. 3. XXXIX. 10.

Tastarda Geheimschreiber an der Porten CV. 8.

CLXXXIX. Des Teuffels Betrug.

CLXXX. Die Teuffels Hummel.

Teuffelholen CXCIV. 3.

Teuffelverkaufft alles gegen der Seelen / A. 133. seine Marterkron L. 17. sein Kram XXXV. 16.

Spötter CLXVI. 12. er wil für warhafft angesehen seyn CLI. 8.

Teutsche Ordens Ritter CXCVIII. 5.

Thiere lehren uns CLXXVI. 12.

Thiere sind einig LVI. 9. Thiere welcher lachen gefährlich LX. 8.

Threnen deß Hertzens Blut LXXI. 5.

Thüren der Bekehrung A. 112.

Teutsche Unart A. 101.

Titel A. 172.

De la Thu Tod CII.

Todten Dantz CXCI. 1. ist ein Vielfraß CLXXVII. 12.

Tod der geliebten ist schmertzlich CXLI. 7. Todschläger wie sie zu erkündigen CXXIX. 7. Todesnützen A. 150.

CLXXXIII. Der denkwürdige Tod.

CXC. Der vorbewuste Todesfall.

Todesmuß CXCI. 12.

Todesstunde CLXVIII. 1.

Tod ist der Jungfrauen Bräutigam. XCIII. 7.

XXVI. Tod und Liebeskampf.

Todesstund LXXXIII. 12. ist der alte Ehbrecher LXXXII. Todschlag wieder Vorsatz LXIV. 9. c. 1. wird betrachtet LVI. 1. ist aus dem Leben zu urtheilen VI. Todesstunde L. 10. Todten begraben XLIV.

XCVII. Das tödtliche Wort.

LXIV. Der tödtliche Schrecken.

Trauen trüget LXXX. 3.

Trauerspiel der Alten V. 6.

Traume CLXXXIII. 6. CLXXXV. 12. CXCI. 11.

CLXXXIV. Der merkwürdige Traum.

LII. Der treuvergessne Freund.

Traurigkeit des Verstandes Gifft A. 127.

Treuelohn CVIII. 8.

Trübsals můntze A. 148.

Tribut Kinder CV. 2.

Trunkenheit CXCV. 1. XXIII. 17. A. XII.

Trunkenheit Laster A. 101. CX. 7. A. 116.

CLV. Die tugendsame Frau

Tugend unter den Lastern VI. 1. ihr Gegengewicht. XLIII. 2.

Türken Geld CXXIV. 1.

Tyrannen Furcht CLXVI. 1.

V.

Valentz beschrieben XXXII. 2.
CIX. Der eifrende Vater.
Vaters Gewalt IV. 12.
CLXXI. Das übereilte Urtheil.
Der ungefähre Vatermörder. IX.
CC. Der Vatermörder.
CLVII. Die übermässige Freude.
CLXI. Die verachte Verachtung.
Verbot ist den verliebten ein Gebot. L. 7.
Verleumbden XX. 6. XXV. 4. 5.
CXLIII. Die schändliche Verleumdung.
CLXVI. Das verletzte Gewissen.
CLXIII. Der vermeinte Ehebrecher.
Vermessenheit XXXIV. 9. V. 11. 1. XL. 1. 12.
Die entdeckte Verrähterey XVII.
CVIII. Die bestraffte Verrähterey.
Verschwiegenheit CXVII.
CLXIV. Die Verschlinger.
Umbhang A. 196.
Versprechen und nicht halten XXIV. 6.
Verstands verlust ist der gröste CXXIV. 1.
Versöhnligkeit XL. 4.
Verstand ist ein Liecht XXIX. 1.
Vertrauen auf Hexen CLXIX. 5.
Die traurige Verwirrung XXXV.
CXXXIII. Der verzweiffelte Meerrauber.
Verzweiflung XXVI. 5. XIII. 1.
Der verzweiffelte Buler. XVI.
Der verzweiffelte Spieler. XXXVI.
CLXXXV. Die verzweiffelte Rache.
CLXXIX. Die unbarmhertzigen Soldaten.
Die verblendte Unbedachtsamkeit XXIX.
Unbeständigkeit CLVII. 12.
Unbeständigkeit XIV. 13. XVI. 5. der Weiber XVII. 11. XIV. 14.
Straff der Unbeständigkeit XIV.
Die unbeständige Ehre XLVI.
Undanckbarkeit. II. 12. 12. XXIV. 6. XX. 14.
CLXXVI. Der unerhenkte Gehenkte.
CLXXXII. ungeborner Kinder Hertzen.
Undanck CLIV. 8.
CLIX. Der ungerechte Loth.
CLXXXVI. Der ungerechte Richter.
CLXXVII. Der ungetreue Freund.
CLXII. Das schröckliche Ungewitter.
Unglauben aller Sünden Quelle CLXIV. 5.
Unglaub aller Sünden Wurtzel CXLVII. 8.
Ungleichheit der Ehgatten XXXII. 10. XXXIII. 3.
Unrecht Gut XL. 5.
Unschuld XVII. 13. XLI. 14.
II. Bestraffung der Untreue.
CXCVI. Das vorsetzliche Unglück.
Das unglückselige Glück XXXII.
Der unglückselige Balger XXXVIII.
CXCIV. Die unglücks-Wünsche.
Unlustiges Alter CXCV. 2.
Die blinde Unkeuschheit XXV.
Unkeuschheit XXIII. 20. IX/10. X. 11.
Unkeuschheit nachtheil CXXXII. 12.
Unkeuschheit LXXII. 1. mit dem Most verglichen XC. 5. LXXII. 10.
LXXXI. Der unkeusche Wucherer.
LXXII. Die unkeusche Mutter.
Unschuld rettet Gott LXXVI. 1.
unverschämt ist der Unkeuschheit Eigenschafft LXXXIX. 4.
CXXXVII. Die gerette Unschuld.
CXCV. Die willige Unsinnigkeit.
Untreu der Ehehalten LXXXI. 10.
Untreu wird gestraffet CVIII. 1.
Unrechts Gut CIII. 12.
unrecht urtheilen CXXIII. 1.
CX. Die bestraffte Unzucht.
CLXV. Die unverhoffte Rache.
Unzucht bleibet nicht / wo sie anfängt CXL. 8. CLII. 1. CXXXVI. 1. X. 11.
Urtheilen in uns unbekanten Sachen XCVI. 5.

W.

XCII. Der Waffen Ausschlag.

Wahn CLV. 2. Warheit CLXXXII. 1.

Warheit bestand. LXXI. 1. LXIV. 1. ist der Zeit Tochter V. 10. Wanckelmuth VII. 5.

Warheit wie zu sagen / A. 106. CXIX. 1.

CXCI. Warnung für dem Tod.

Wasser bey der Tauff ist nicht an zu beten CXXXV. 8.

Weiber falsche Waar / LI. 14. ihre Vielheit. A. 75. ob sie schwach XCI. 1. ihre Threnen LX. 8. sind unbeständig LXV. 5. LXI. 3. LXXXIX. 3. sind böß XXVIII. 7. gefährlich XLVI. 3. 8. ehrgeitzig XVIII. 4. ihr Lob. XXI. 10. 11.

Weiber gebrechen CLII. 6. Weibermörder XLVI. ihr Alter beschrieben CLI. 3. 4. 5.

Wein der Tugend Erbfeind CXCV. 2.

Wein zu zeiten der Pest schädlich CXXXVIII. 4.

Weiber sind nicht wol zu kennen CXXXII. 6. ihren Sinn / CXLIII. 9. CXXXVI. 6.

Weißheit Maaß CLIX. 1.

Welt ist ein Meer LXXVI.

CXXV. Der Weltliche Mönich.

Welt Eitelkeit CLXXVI. liegt im argen XLII. 1. ihr Bildniß XLII. 14.

Wetter beschrieben CXXVI. 4.

Wiederkehr nach dem Inhalt. LX. 11.

Wiederkehr XLVII. 8. Widertritt XLVIII. 12.

CLXXXVII. Die bestraffte Winkel Ehe.

Wittib trauren CXIII. 2.

Wittiben Verheuratung CXCVI. 4.

Wittben LVIII. 9. Willen sol frey seyn LVII. 1. ist nicht straffbar LX. 8.

Wölffe Einigkeit CXXV. 1.

Wölffe CLX.

Wölffe CLXXVI.

Wolthaten Gottes verborgen LVII. 1. 3.

Wolthaten sind Ketten 22. 3.

Wollustige Jugend CXCV. 2.

Wort sind die Blätter / Werke / die Früchte A. 49.

Wörter so verstorben LXXXVII. 1.

Wunden der fliehenden A. 72.

Wunden und ihr Unterscheid CLXXIII. 9. 10.

Würffel XXXVI. 1.

Wůtende Hunde XC. 8.

Z.

Zagheit XXXIX. 6. 11.
Zahlen XXII.
Zanken macht Feindschafft LXIV. 5.
Zanksucht LXXIII. 1.
Zauberey CXV. CXXII.
CLI. Der Zauberspiegel.
Zauberlieb XXXVI. ihr Gewalt XXXVI. 7. 10. 14.
XXII. Zeugniß deß Geblůts.
Zaubrer Heilung CLXXIV. 7.
Schlaffen in der Marter CLXIX. 6.
Zeichen Treu und Glaubens / CLXIX. 1.
Zeit wann die Geschichte geschehen / CV. 10.
CIII. Die falsche Zeugniß.
CXXXI. Der gefangene Zipprianer.
Zeitung A. XLVIII.
Zipperleins Namen CXXXI. 2.
CXCVI. Der blinde Zorn.
Zorn beschrieben LXI. 11. LXII. 11. LXXXVIII. 6. IX. 16. IX. 17.
Zungen Beschaffenheit / CXVII. 1. ihr Gebrauch XLVII. 8.
Zügeiner VI. 1.
VI. Die unschuldige Zügeinerin.
Zunge deß Menschen XCVII. 1. Zunge der abwesenden ist die Feder LXXIX. 2.
Zwang daurt nicht lang A. 137.
Zweideutige Wörter A. 66. 77.
CVII. Die zweiffelhaffte Unschuld.
CXXXVII. Zweyer Weiber Mann.
Zweykampf LXIX. 1.
Zweyschichter CXXV. 2.

ENDE.

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TextGrid Repository (2012). Harsdörffer, Georg Philipp. Prosa. Der Grosse Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte. Der Grosse Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-3437-A