11. Gott dem Heiligen Geiste

1. Satz.

Wie die Erden schmacht vnd brennet
Wie die Blume sinckt vnd fällt/
Wie der Garten sich verstellt/
Wie die Wiese sich verkennet/
Wenn die erhitzte Sonn mit ihrem Mittags flammen
Den Kreyß der welt ansteckt.
So/ wenn deß Höchsten zorn wil tödten vnd verdammen.
Wenn vnß die Angst erschreckt:
Wenn vnß die heisse Noth verzehret
Wenn vnß die bange Furcht beschweret:
Denn wil vnß krafft vnd Muth verschwinden:
Denn ist kein Hertz in vnß zu finden.
1. Gegensatz.

Doch wenn ein nicht harter Regen
Diesen durst der Felder lescht.
Vnd die dürren Kräutter wäscht/
Wenn die winde sich bewegen:
Vnd külen lufft vnd See mit angenehmen spielen
Bald lebt was vorhin todt.
So: wenn wir deinen Trost/ Gott/ höchste weißheit fühlen:
Dann lachen wir in noth.
Wenn vnß dein Allmachts Taw erquicket:
Wenn vnß dein Liebe-wind anblicket:
Wenn deines Segens Regen netzet:
So fleucht/ was jemals vnß verletzet.
1. Zusatz.

Viel hat die Höll! viel ein Tyrann' erschrecket;
Du grosser Geist hast sie noch mehr gesterckt
Viel hat die Pein der Folter banck gerecket.
Man hat in jhrem Hertzen dich vermerckt.
Viel sind bedeckt/ mit Purpur rottem Blutt/
Gewiesen in die glutt:
[59]
Ihr Fleisch verfiel/ doch jhnen wuchs der Mutt/
Durch dich/ du höchstes Gutt.
2. Satz.

Geist durch den die Geister leben/
Geist durch den die Weißheit lehrt:
Geist durch den man IESUM ehrt:
Geist der rechten trost kan geben.
Wenn vnß der Strom der Angst biß in den Abgrund reisset:
Wenn vnß der Feind ansticht.
Geist/ durch den vnser Gott vnß seine Kinder heisset.
Vnd frey von Schulden spricht.
Durch dessen krafft wir können betten.
Vnd für deß höchsten Augen tretten:
Durch dessen hülffe/ wir obsiegen:
Wenn vnß anfechtung wil bekriegen.
2. Gegensatz.

Ach! Erwecke meine Seele:
Wende meinen vnverstand
Zeige den/ den Gott gesand.
Reiß mich auß der Jammer höle/
In welcher mein gemütt verschlossen vnd verhüttet
Vnd sonder ende zagt.
In der deß Höchsten zorn mit heissen Eyver wüttet
Vnd mein Gewissen nagt:
Ich zitter: Hilff mir den erbitten.
Der seine Donner auß wil schütten:
Ich kämpffe: Hilff mir vberwinden;
Ich jrre laß den weg mich finden.
2. Zusatz.

Du weist/ daß ich durch mich nichts kan vollbringen:
Ich weiß daß du durch mich kanst alles thun:
[60]
Drumb bitt ich HERR: Laß meiner Faust gelingen
Was du befihlst: diß daß mein Fleisch wird ruhn.
Gib weil diß Blutt sich in den Adern regt/
Ein Hertz das nichts bewegt:
Gib wenn mein Geist/ diß Fleisch sein Hauß ablegt
Was die/ die seelig/ trägt.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Gryphius, Andreas. Gedichte. Oden. Oden. Das zweite Buch. 1650. 11. Gott dem Heiligen Geiste. 11. Gott dem Heiligen Geiste. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-1F9C-3