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Und still verklingen des Gefangnen Lieder,
Die Wellen wimmern, fahle Wolken reisen;
Da jauchzt es unfern mir und jauchzet wieder
Und singt, mir fast zur Unzeit, lust'ge Weisen.
Mir naht ein Greis mit silberweißen Haaren,
Doch Morgenroth des Frohsinns auf der Wange!
Ei, selt'ne Nachbarschaft! Wie Rosenschaaren,
Umblühend Gletschereis am Alpenhange!
Willkommen, Greis! Du mußt wohl Kunde wissen
Von diesem düstern grauenvollen Hause,
Wer einst geächzt in seinen Finsternissen?
Weß Ketten klirrten durch die dunkle Klause?
»Geächzt hat Niemand als die Wetterfahne,
Wenn sie der Wind gedreht im spröden Gleise!
Geklirrt hat nichts hier, als von dem Altane
Die Becher all' in lust'ger Brüder Kreise!
Ein Leuchtthurm war dieß Haus in alten Tagen,
Zerfallen nun, seit dort gebaut der neue;
Anstatt des Invaliden, lahmgeschlagen,
Trat der Rekrute in die offne Reihe.
Ich war sein Wächtersmann, der wohlbestallte,
Gottlob, daß Pech und Wein dem Land nicht fehlen!
Ha, wie, wenn Wind und Wetter pfiff und hallte,
Geflammt die Leuchten, und gejauchzt die Kehlen!«
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So sprach der Greis; noch leuchtet des Gelages
Erinnerung ums Haupt dem alten Zecher,
Wie durch der Dämm'rung Grau Nachglanz des Tages,
Wie Reste Rebenbluts durch leere Becher.
So sang ich in des Lichtes Heiligthumen
Von Finsternissen und verdorrten Lenzen!
Der Gärtner zieht zu Wonn' und Lust die Blumen
Und, ach, verbraucht sie oft zu Todtenkränzen!
So war der Hain des Friedens und der Liebe
Mir überschattet von dem Baum der Schmerzen!
Mich dünkt wohl gar, des dunklen Stammes Triebe,
Sie wurzeln nur in meinem eignen Herzen.
Verglommen mählich ist die Abendröthe,
Es senkt die Nacht des schwarzen Mantels Schwere
Rings um die Trümmer und die Blumenbeete
Und über weites Land und ew'ge Meere.
Da läßt der Himmel Mond und Stern' erglimmen,
Da glühn am Golf empor des Leuchtthurms Flammen:
Licht! Licht! ihr Losungswort, das große, stimmen
Jetzt Erd' und Himmel, Gott und Mensch zusammen.