Die Botschaft 1
Zu Maxen, der einsam sinnend in stiller Kammer saß,
An Worte der Weisen dachte, von Thaten der Helden las,
Still grüßend trat ein Bote gar selt'ner Art heran;
Was sagt der wohl für Kunde dem Kaiserjüngling an?
Ob Frohes er, ob Schlimmes darbring', errieth man nicht,
Er trug der Trauer Farbe, doch lächelt sein Angesicht,
Er glich dem Todesengel, der schwarz und düster naht,
Doch lächelnd den Dulder küsset und führt zu ros'gem Pfad.
»Von einem Mädchen bring' ich viellieben, süßen Gruß,
Von einem todten Freunde den letzten Scheidekuß:
Von Nancy bin ich gesendet, manch Roß zu Tod' ich ritt,
Dieß weiße Brieflein bracht' ich, mein theurer Herr, euch mit.«
So sprach der Bote zu Maxen. Der lispelt in sich hinein:
»O kämst du von der Einen, sie denk' ich, lieb' ich allein,
An sie nur glaub' ich sehnend, sah gleich mein Aug' sie nicht,
Wie Christen, was sie nie schauten, an Himmel, Gott und Gericht.«
[192]Er öffnet still das Briefchen, drin lag ein goldner Ring,
Saphir' und Demant inmitten, die blank der Reif umfing,
Und eine graue Locke, von Blute roth manch Haar,
Viel Arges und viel Liebes im Brief zu lesen war:
»Es weint auf dessen Grabstein mein Aug' in tiefem Leide,
Der Freund uns war und Vater, und den wir liebten Beide;
Nimm hin die graue Locke und leg' sie an dein Herz,
Und denke sein, wie deiner er dacht' in Lust und Schmerz.
Dein bin ich durch Wahl des Vaters, durch Wahl des Herzens dein!
Nimm hin dieß goldne Reiflein, gar werthlos zwar und klein,
Doch will ich dich erkennen, nahst du, Geliebter, mir,
Am Glanz des goldnen Ringes, an Demant undSaphir.«
Und Max küßt Ring und Locke, er fühlt sein Herz so wund:
»O Karl und o Maria!« so lispelt still sein Mund,
»O Stern der Freundschaft, wie endet so blutigroth dein Lauf!
O goldner Stern der Liebe, wie steigst du so herrlich auf!«
Und eine große Thräne, die seinem Aug' entschlich,
Senkt auf die graue Locke und auf das Ringlein sich;
Doch was die Thräne geboren, ob Freude oder Schmerz?
Nicht darf der Dichter richten, nur ahnen mag's das Herz.