354. Das von den Juden getötete Mägdlein
Im Jahre 1267 war zu Pforzheim eine alte Frau, die verkaufte den Juden aus Geiz ein unschuldiges siebenjähriges Mädchen. Die Juden stopften ihm den Mund, daß es nicht schreien konnte, schnitten ihm die Adern auf und umwanden es, um sein Blut aufzufangen, mit Tüchern. Das arme Kind starb bald unter der Marter, und sie warfen's in die Enz, eine Last von Steinen obendrauf. Nach wenigen Tagen reckte Margaretchen ihr Händlein über dem fließenden Wasser in die Höhe; das sahen die Fischer und entsetzten sich; bald lief das Volk zusammen und auch der Markgraf selbst. Es gelang den Schiffern, das Kind herauszuziehen, das noch lebte, aber, nachdem es Rache über seine Mörder gerufen, in den Tod verschied. Der Argwohn traf die Juden, alle wurden zusammengefordert, und wie sie dem Leichnam nahten, floß aus den offenen Wunden stromweise das Blut. Die Juden und das alte Weib bekannten die Untat und wurden hingerichtet. Beim Eingang der Schloßkirche zu Pforzheim, da, wo man die Glockenseile zum Geläut ziehet, stehet der Sarg des Kindes mit einer Inschrift. Unter der Schifferzunft hat [332] sich von Kind zu Kind einstimmig die Sage fortgepflanzt, daß damals der Markgraf ihren Vorfahren zur Belohnung die Wachtfreiheit, »solang Sonne und Mond leuchten«, in der Stadt Pforzheim und zugleich das Vorrecht verliehen habe, daß alle Jahre um Fastnachtsmarkt vierundzwanzig Schiffer mit Waffen und klingendem Spiel aufziehen und an diesem Tag Stadt und Markt allein bewachen sollen. Dies gilt auf den heutigen Tag.