443. Der Hahnenkampf

Zu einer Zeit kam Karl der Große auf sein Schloß bei Kempten zu seiner Gemahlin Hildegard. Als sie nun eines Tages über Tische saßen und mancherlei von der Vorfahren Regierung redeten, während ihre Söhne Pippin, Karl und Ludwig darneben standen, hub Pippin an und sprach: »Mutter, wenn einmal der Vater im Himmel ist, werde ich dann König?« Karl aber wandte sich zum Vater und sagte: »Nicht Pippin, sondern ich folge dir nach im Reich.« Ludwig aber, der jüngste, bat beide Eltern, daß sie ihn doch möchten lassen König werden. Als die Kinder so stritten, sprach die Königin: »Eure Zwist wollen wir bald ausmachen; geht hinab ins Dorf und laßt euch jeder sich einen Hahn von den Bauern geben.« Die Knaben stiegen die Burg hinab mit ihrem Lehrmeister und den übrigen Schülern und holten die Hähne. Hierauf sagte Hildegard: »Nun laßt die Hähne aufeinander los! Wessen Hahn im Kampfe siegt, der soll König werden.« Die Vögel stritten, und Ludwigs Hahn überwand die beiden andern. Dieser Ludwig erlangte auch wirklich nach seines Vaters Tode die Herrschaft.

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TextGrid Repository (2012). Grimm, Jacob und Wilhelm. Sagen. Deutsche Sagen. Zweiter Band. 443. Der Hahnenkampf. 443. Der Hahnenkampf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-08DE-2