160. Der Soester Schatz
Im Dreißigjährigen Krieg befand sich unweit der Stadt Soest in Westfalen ein altes Gemäuer, von dem die Sage ging, daß darin eine eiserne Truhe voll Geldes wäre, welche ein schwarzer [186] Hund hütete samt einer verfluchten Jungfrau. Nach der Erzählung der Großeltern werde einstens ein fremder Edelmann ins Land kommen, die Jungfrau erlösen und mit einem feurigen Schlüssel den Kasten eröffnen. Mehrere fahrende Schüler und Teufelsbanner hätten sich bei Mannsgedenken dahin begeben, um zu graben, wären aber so seltsam empfangen und abgewiesen worden, daß es seithero niemand weiter gelüstet; besonders nach ihrer Eröffnung, daß der Schatz keinem zuteil werden könne, der nur ein einziges Mal Weibermilch getrunken. Vor kurzer Zeit noch wäre ein Mägdlein aus ihrem Dorf nebst etlichen Geißen an den Ort zu weiden gewesen, und als deren eine sich in das Gemäuer verlaufen, nachgefolgt. Da sei eine Jungfrau inwendig im Hof gewesen und habe es angeredet: was es da zu schaffen? Auch nach erhaltenem Bescheid, auf ein Körblein Kirschen weisend, weiter gesagt: »So gehe und nimm dort von dem, was du vor dir siehest, mitsamt deiner Geiß, komm aber nicht wieder noch sieh dich um, damit dir nichts Arges geschehe!« Darauf habe das erschrockene Kind sieben Kirschen ertappet und sei in Angst aus der Mauer gekommen: die Kirschen seien aber sogleich zu Geld geworden.