565. Frau Sophiens Handschuh

Als Sophia mit ihrem dreijährigen Sohn aus Brabant nach Hessen kam, zog sie gen Eisenach und hielt eine Sprache mit Heinrich, Markgraf von Meißen, daß er ihr das Land Hessen wieder herausgäbe. Da antwortete der Fürst: »Gern, allerliebste Base, meine getreue Hand soll dir und deinem Sohne unbeschlossen sein.« Wie er so im Reden stund, kam sein Marschall Helwig von Schlotheim und sein Bruder Hermann, zogen ihn zurück und sprachen: »Herr, was wollt Ihr tun? Und wäre es möglich, daß Ihr einen Fuß im Himmel hättet und den andern zu Wartburg: viel eher solltet Ihr den aus dem Himmel ziehen und zu dem auf Wartburg setzen!« Also kehrte sich der Fürst wieder zu Sophien und sprach: »Liebe Base, ich muß mich in diesen Dingen bedenken und Rat meiner Getreuen haben«, schied also von ihr, ohne ihrem Recht zu willfahren. Da ward die Landgräfin betrübt, weinte bitterlich und zog den Handschuh von ihrer Hand und rief: »O du Feind aller Gerechtigkeit, ich meine dich, Teufel! Nimm hin den Handschuh mit den falschen Ratgebern!« warf ihn in die Luft. Da wurde der Handschuh weggeführt und nimmermehr gesehen. Auch sollen diese Räte hernachmals keines guten Todes gestorben sein.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Grimm, Jacob und Wilhelm. Sagen. Deutsche Sagen. Zweiter Band. 565. Frau Sophiens Handschuh. 565. Frau Sophiens Handschuh. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-0148-0