Nachricht wegen der neuen Auflage
In dem I. Bande sind, überhaupt zu reden, alle die Stücke geblieben, die er vorhin enthalten hat: nur in der Ordnung ist eins und das andre geändert worden. Der Herr Verfasser hat es, auf erhaltene Erinnerungen vornehmer Männer, sich gefallen lassen: daß alle Gedichte auf hohe Häupter und fürstliche Personen, sie mochten nun jambisch oder trochäisch seyn, in das erste Buch; alle die auf gräfliche, adeliche und solche, die ihnen gewissermaßen gleich kommen, ins zweyte; alle freundschaftliche und vertraulichere Lieder aber ins dritte Buch kämen. Dadurch ist nun auch die chronologische Ordnung weggefallen: weil es vielen von höherm Stande sehr misfallen hat, sich mitten unter Personen von geringerer Abkunft verstecket zu sehen. Die Jahrzahlen indessen, wenn jedes Gedicht verfertiget worden, hat man aus denen in der Vorrede angeführten Ursachen, dabey stehen lassen: die Abwechselung aber ist, dem allen ungeachtet, eine Sache gewesen, darauf man sein Augenmerk mit gerichtet hat.
Das unvollkommene Stück zum Lobe des weiblichen Regiments, hat der Herr Verfasser selbst wegzulassen beliebet. Die Jubelode auf das zweyte protestantische Jubelfest der augspurgischen Confession, hat man am Ende aller Oden, unter seinen besondern Titel gesetzt; so wie des Horaz Carmen sÆculare, am Ende der Epoden, ganz besonders zu stehen pflegt.
Was in der Ordnung der folgenden Bücher zu ändern für gut angesehen worden, wird der Augenschein selbst lehren: in jeder Abtheilung aber, sind so viel möglich denjenigen [492] Gedichten die vördersten Plätze eingeräumet worden, die an Könige und Fürsten, und andre Standespersonen gerichtet worden.
Am Ende des. I. Bandes wird der geneigte Leser nichts, als die Uebersetzungen, vermissen. Es sind allerley Ursachen, warum sie dießmal weggeblieben; welche man aber zu entdecken nicht nöthig findet. Der Herr Verfasser wollte sie mit verschiedenen neuen Stücken vermehren, die er liegen hatte; folglich würde der Band sein ihm bestimmtes Maaß überschritten haben. Er behielt sie also, bis zu einer künftigen Zeit zurück, da er sie übersehen, verbessert und vermehrt dem Leser wiederzugeben denkt.
An deren Stelle, hat derselbe den Liebhabern eine gute Anzahl eigener Gedichte überliefern lassen, die den II. Theil oder Band ausmachen. Dieser hält zuvörderst alle diejenigen Stücke in sich, die er im 1749 und 1750sten Jahre, bey verschiedenen großen und merkwürdigen Gelegenheiten, sonderlich auf die allerhöchsten römisch-kaiserlichen Majestäten, und was damit Verbindung hat, gemacht. Die königl. deutsche Gesellschaft zu Königsberg hat zwar bereits im vorigen Jahre, eine weit vollständigere Sammlung davon ans Licht gestellet; als zu Regenspurg und zu Cassel erschienen waren. Allein da dieselbe nur in den Gränzen von Preußen geblieben; in Deutschland aber gar nicht bekannt geworden: so hat man sie hiermit, nach des Herrn Verfassers eigenen Verbesserungen, auch mit verschiedenen Zusätzen bereichert, liefern wollen.
Außer diesen findet man in diesem II. Bande viele Stücke, die noch niemals in öffentlichem Drucke erschienen; viele, die ohne des Herrn Verfassers Namen, auf die wichtigsten Gelegenheiten, und mehrentheils auf hohe Häupter, einzeln gedruckt gewesen; endlich viele, die von demselben auch in eigenem Namen schon einzeln erschienen; aber, wie es zu gehen pflegt, nur so sparsam abgedrucket worden, daß sie wenigen zu Gesichte gekommen, und sich beynahe wieder verlohren hatten.
Endlich findet man hier auch viele von denjenigen Gedichten, [493] die in den ersten Auflagen der kritischen Dichtkunst des Herrn Verfassers gestanden haben; in den neuern aber weggeblieben sind.
Alle dieselben nun, hat man eben so abgetheilet, und zusammen geordnet, wie in dem ersten Theile geschehen. Das I. Buch enthält Heldenlieder, auf lauter kaiserliche, königliche und fürstliche Personen. Das II. Ehrenlieder, auf gräfliche, freyherrliche und adeliche Personen; das III. aber die übrigen, unter dem Namen der Freundschaftlieder. Sogar darinnen hat man diesem Bande eine Aehnlichkeit mit dem vorigen geben können, daß man diejenige Jubelode den Schluß machen lassen, die 1740 auf das dreyhundertjährige Andenken der Buchdruckerkunst verfertiget worden, und gleichfalls in Deutschland nicht sehr bekannt geworden war. Die übrigen Abtheilungen folgen zwar nicht in derselben Ordnung, als in dem I. Theile; bestehen aber ebenfalls aus Cantaten, Gesängen, Sendschreiben und Elegien. Nur anstatt der Lehrgedichte ist hier gleich anfangs eine Abtheilung heroischer Gedichte zu stehen gekommen; die verschiedene größere und wichtige Stücke in sich hält.
Den Schluß macht endlich ein Gedicht, welches von rechts wegen gleich zuerst hätte stehen sollen. Es ist nämlich seines geistlichen und wichtigen Inhaltes halber, eben so merkwürdig, als wegen des hohen Standes, der durchlauchtigsten Verfasserinn des wälschen Originales: welches auch so gar in Rom selbst, nach dem Berichte öffentlicher Zeitungen, in der Versammlung der vornehmsten und witzigsten Zuhörer, mit dem vollkommensten Beyfalle musikalisch aufgeführet worden. Doch, da es durch die Stelle, die es hier erhalten hat, von seinem innern Werthe keinen Abbruch leidet; als für welchen der ungemeine Geist und Witz, der über alle Lobsprüche erhabenen Verfasserinn, sattsam die Gewehr leistet: so hoffen wir um sovielmehr, daß es hier nach dem alten Sprüchworte heißen werde: Das Letzte, das Beste!
[494] Sollte, wie man hoffet, diese neue Sammlung von Liebhabern der deutschen Dichtkunst wohl aufgenommen werden: so wird man ihnen in einiger Zeit, auch noch in einem dritten Bande, alle diejenigen, zum Theil sehr wichtigen Stücke liefern, die der Herr Verfasser theils itzo noch mit Bedacht zurücke gehalten; theils aber in den verschiedenen Bänden der hiesigen deutschen Gesellschaft zerstreuet hat; damit sie alle die kleinern Früchte der gottschedischen Muse beysammen haben können. Der Herr Verfasser nämlich ist so wenig Willens, die Welt mit vielen Bänden voll kleiner Gedichte zu belästigen; daß er vielmehr die müßigen Stunden seiner künftigen Jahre, zu der Vollendung eines größern poetischen Werkes anzuwenden denket, welches er schon vor geraumer Zeit angefangen hat.