Marie Louise

Du fragst, was mir so herbe, tiefe Falten
In meine junge Stirne gräbt?
Was mich so plötzlich macht erkalten?
Was mich durchbebt,
Daß ich dich an mich reißen will –
In heißer Leidenschaft dich an mich pressen?
Geliebte! O sei still! ...
O laß mich schweigen! ... Frage nicht! ...
Zeig mir dein holdes, liebes Angesicht –
Der Augen Goldbraun und der Lippen Blüten –
Mich aber laß mein ernst Geheimnis hüten! ...
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Und lache wieder! ... Denn du weißt, es liegt
In deines Lachens reiner Töneflut
Ein Zauber, der mich stets besiegt,
Der stets gebändigt mein Rebellenblut ...
[119]
Mir aber will ich tiefbeschämt gestehn –
Will Wort für Wort aussprechen, was durchzittert
Mich jäh wie eine ernste, dunkle Ahnung –
Was mich erschüttert
Bis in die tiefsten Tiefen meiner Seele ...
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Ja, ja! mein Lieb! – Ich wag's dir nicht zu sagen –
Laß mich dich fest an meine Brust nur pressen – –
Und doch – ich weiß: Es wird die Stunde schlagen –
Da habe ich auch – dich vergessen!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Conradi, Hermann. Gedichte. Lieder eines Sünders. Liebe und Staubverwandtes. Marie Louise [1]. Marie Louise [1]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-583A-2