[6] Beschreibung der Römischen Käyser, von Julius Cäsar an, biß auf den Augustulus

Erst macht sich Julius Roms Freyheit unterthan,
In dem verwirrten Reich folgt ihm Octavian.
Tiberius, nach ihm, ist voll von bösen Tücken,
Und an Caligula sonst wenig zu erblicken,
Als Grimm und Aberwitz. Der dumme Claudius,
So gleichfals ein Tyrann, erlebet den Verdruß,
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Daß sein verbuhltes Weib mit andern sich vermählet.
Wie wird der Christen-Schaar zu Nerons Zeit gequälet!
Der ietzt durch Mutter-Mord, durch angelegten Brand
Und tausend Grausamkeit der Nachwelt noch bekannt.
Als Galba fällt durch Geitz, wird Otto zwar erkohren,
Der aus Verzweifflung doch, nachdem die Schlacht verlohren,
Sein eigner Mörder ist. Vitellius, verhaßt,
Weil er in Schlemmerey viel Gut und Blut verpraßt,
Wird, wie ein Aaß, geschleppt. Vespasianus Güte
Beglückt das Käyserthum. In Titus groß Gemüthe
Ist alle Welt verliebt; wiewol die heilge Stadt 1
Des Himmels schwehren Zorn durch ihn empfunden hat.
Ihm folgt Domitian, sein Bruder, der am Blute
Der Bürger sich ergötzt, der Christen zweyte Ruthe;
Biß endlich Nerva kommt, gleich, da die Zeit verfließt
Der ersten hundert Jahr, die er mit Ruhm beschlüßt.

Das zweyte Jahrhundert.

Trajan ist zwar ein Held, den selbst das Glücke liebet,
Doch, der die Christen auch zum drittenmahl betrübet.
Der Käyser Adrian schreckt sie zum viertenmahl,
Und schlägt das Juden-Volck in einer großen Zahl.
Dem frommen Antonin gefällt der edle Friede.
Sein Folger, Antonin der Weise, wird bald müde
Der Kirchen Feind zu seyn, als, durch des Bethens Krafft,
Der Christen Legion ihm Sieg und Regen schafft.
Sein Sohn, der Commodus, stirbt wie ein Wütrich pfleget.
Kaum hat noch Pertinax den Purpur angeleget,
Als ihn sein eignes Heer erwürget. Didius
Erkaufft das Käyserthum, stirbt durch des Rathes Schluß.
Septimius zwingt die, so wider ihn sich rüsten,
Es seuffzen unter ihm zum sechstenmahl die Christen;
Inzwischen endigt sich das zweyte hundert Jahr.
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Das dritte Jahrhundert.

Des Caracalla Wuth bringt manchen in Gefahr,
Den Bruder selbst, und drauf Papinian, ums Leben.
Macrin kan kaum ein Jahr dem Reich Gesetze geben.
Heliogabalus verübt viel Ubelthat.
Der Alexander folgt zu sehr der Mutter Rath,
Und wird von Maximin, dem Thracier, erschlagen;
Um diesen Christen-Feind vom Throne zu verjagen,
Wird Gordian, Balbin, und Pupien ernennt.
Der jüngste Gordian bekommt das Regiment,
Ein Fürst, der gutes Lob bey aller Welt erwirbet,
Und, durch des Arabers Philippus Untreu, stirbet;
Den auch die Rache trifft. Noch keiner war so schlimm,
Als Decius nach ihm, vor dessen Haß und Grimm
Die Kirche wieder bebt. Der Gallus theilt die Bürde
Des Reichs mit seinem Sohn. Kaum fällt hernach die Würde
Auf den Valerian, muß Gallien, sein Sohn,
Auch sein Gehülffe seyn; die Christen leiden Hohn
Und Quaal durch seinen Trieb, zuletzt muß er den Rücken,
Zu Dienst dem stoltzen Fuß des Perser-Königs, bücken.
Der tapfre Claudius herscht mit sehr gutem Ruhm.
Aurelian beschützt nach ihm das Käyserthum,
Und kan Zenobien das Helden-Weib besiegen.
Es läßt sich Tacitus an wenigem genügen.
Der Probus macht durch Krieg viel Land sich unterthan,
Der Carus nimmt Carin und auch Numerian
Zu Mitbeherrschern an. Die keinen Weyrauch schütten
Auf Heidnischen Altar, sind gleichfals nicht gelidten
Vom Diocletian, der in der Christenheit
Den zehnten Jammer macht. Es herrscht nach seiner Zeit
Der Chlorus Constantin; mit ihm wird gleich geehret
Maximian ein Hirt. Biß hieher hat gewehret
Das dritte hundert Jahr.
Das vierdte Jahrhundert.

Der wahren Lehre Licht,
Das nunmehr durch den Dunst der Götzen-Dienste bricht,
Begläntzt den Käyser-Thron, als die Tyrannen weichen
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Dem grossen Constantin, dem Gott ein Kreutz zum Zeichen
Und Pfand des Sieges setzt. Von ihm wird erst getrennt
Die Römische Gewalt, es kriegt den Orient
Sein Sohn Constantius, den Rest die andern Brüder
Constans und Constantin; biß endlich alles wieder
Der schnöde Julian, ein Heyde, zu sich rafft,
Der Christen arger Feind, der noch zuletzt die Krafft
Des Galiläers fühlt. Der Persianer Waffen
Die machen Jovian, dem Käyser, viel zu schaffen.
Der Valentinian herrscht wieder nicht allein,
Sein Bruder Valens muß ein Herr im Aufgang seyn,
Und Gratian, sein Sohn, wird von ihm selbst gezieret
Mit Käyserlicher Macht; Als er den Geist verliehret,
Maaßt auch sein andrer Sohn, der Valentinian,
Des Zepters sich zugleich, mit jenen beyden, an.
Der Theodosius von Gratian geruffen,
Betritt, nach dessen Tod, allein die höchste Stuffen
Des unzerrißnen Reichs, das nach ihm keiner thut;
Den Söhnen theilet er ihr Erb- und Vater-Gut:
Constantinopel muß Arcadius behalten,
Honorius das Reich im Niedergang verwalten.
Hier endet abermahl der Zeiten schneller Lauf
Das vierte hundert Jahr.
Das fünffte Jahrhundert.

Auf einmahl wachet auf
Die gantze Barbarey, ein Heer von Gothen, Wenden,
Und Hunnen überschwemmt die Welt an allen Enden,
Das nie bezwungne Rom bezwingt der Alarich.
Den Valentinian beschirmet ritterlich
Aetius, und hemmt des Attila Beginnen.
Kein Käyser nach der Zeit kan weiter was gewinnen.
Es wächset hier und dar manch neues Reich hervor.
Durch Gensrichs Grausamkeit kommt Rom um seinen Flor.
Der letzte Käyser wird Augustulus geheissen,
Ein Kind, daß die Gewalt sich läßt aus Händen reissen.

Fußnoten

1 Jerusalem durch ihn belagert, eingenommen und verwüstet.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Canitz, Friedrich Rudolph Ludwig von. Gedichte. Vermischte Gedichte. [6] Beschreibung der Römischen Kayser. [6] Beschreibung der Römischen Kayser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4AE3-6