[192] 44. Ludwig der Springer.

Adelheid, die Frau von Weissenburg, stellte sich anfangs über den Tod ihres Gatten sehr traurig, machte aber bald hernach offenbar, daß sie eben die Ursache gewesen, warum ihr Gemal so schmählig sterben müssen; denn sie vermählte sich bald darauf mit Graf Ludwig und zeugte sieben Kinder mit ihm.

Ueber diese Unbilligkeit beklagte sich des ermordeten Pfalzgrafen Bruder, Adelbertus, Erzbischof zu Bremen, bei Kaiser Heinrich dem 4ten und brachte es dahin, daß Graf Ludwig im Jahre 1070 auf einer Reise im Erzstift Magdeburg gefangen genommen und auf das Schloß Giebichenstein bei Halle festgesetzt wurde, woselbst er zwei Jahre zubringen mußte. Da ihm aber diese Herberge nicht mehr gefallen wollte, bestellete er, durch vertraute Diener, etliche Fischer und seine Knechte, die seiner auf der Saale unter dem Schlosse erwarten sollten. Sobald er diese erblickte, wagte er einen fast unglaublichen Sprung von dem sehr hohen Giebichenstein in die Saale und ward von seinen Bedienten und den Fischern aufgefangen. Kurz vorher hatte er sich todtkrank gestellt und um einen Sterbekittel gebeten, welchen ihm seine Gemalin, ganz weit von Leinewand, verfertigen lassen, [193] damit er sich solches bei seinem Luftsprunge bedienen könnte, welches auch glückte. Denn, als ihm dieser angezogen wurde, lösete man ihm auch die Ketten und Fesseln ab und gab sich niemand mehr große Mühe, ihn zu bewachen, wodurch er denn die Freiheit bekam zu entfliehen. Am Ufer standen seine Diener, welche ihn geschwinde aus und wieder trocken ankleideten und mit ihm davon ritten. Von diesem verzweifelten Sprunge hat Ludwig den Zunamen der Springer bekommen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Büsching, Johann Gustav. Märchen und Sagen. Volkssagen, Märchen und Legenden. 3. Sagen und Mährchen aus der Lausitz, Sachsen und Thüringen. 44. Ludwig der Springer. 44. Ludwig der Springer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-48CE-6