Erste Scene.
Wirthshauszimmer in einem Dorfe bei Rendsburg in Schleswig.
Der Schulmeister; Babe, der Chirurgus; Christian Svenne, ein norwegischer Soldat; Hooge, Flyns, Landleute. Die Wirthin geht ab und zu.
SCHULMEISTER
der dem Babe einschenkt.
Schenk voller, Gevatter Chirurgus, voller, sag' ich dir. Da Christian Svenne geht heute fort. Der Christian soll hoch leben.
ALLE.
Hoch!
SVENNE.
Dank', danke, ihr macht mir den Abschied zu schwer, Herzensbruder! Ich bin nur wenig Tage hier gewesen, aber ich werde sie in meinem Leben nicht vergessen. Wenn ich heim komme nach meinem lieben norwegischen Jarlsberg, da werde ich von den Tagen hier, die ich zum Besuch bei meiner Muhme, der Wirthin zum dänischen Elephanten, verlebt, zu sagen haben. Ich werde den Vettern zu Hause von eurer Liebe und Gastfreundschaft erzählen.
[436]SCHULMEISTER.
Ei was, unsere Liebe und Gastfreundschaft! Ihr habt ganz andre Dinge zu erzählen, – wie es in Kopenhagen zuging bei der Verabschiedung der norwegischen Garde, wie euch die Bürger im Triumph aus der Stadt begleitet, und wie die Mädel geweint haben, und wie sie euch Wein und Geld geschenkt, und noch einige Etceteras der Rührung und der Freundschaft, die euch die Bürger gezeigt. – Das, potz Wetter! das werdet ihr eher zu erzählen haben als unsre lumpige Gastfreundschaft. Wir haben sie euch nicht umsonst erzeigt; denn wenn wir euch das Feuer des Branntweins in die Kehle gejagt haben, so habt ihr uns dafür durch euere Erzählungen Feuer in die Herzen gegossen.
Zum Chirurgus.
Ist's nicht wahr, Gevatter?
BABE.
Ja, das ist wahr!
ALLE.
Ja, das habt ihr!
SCHULMEISTER
zu Svenne.
Seht ihr, ich treffe immer die Gedanken oder sogenannten Intentionen meiner lieben Gevattern und Freunde.
Leise zu ihm.
Das Pack kann nichts exponiren, sich nicht exprimiren und expliciren. Bei der kommenden Generation wird's schon besser gehen, denn ich unterrichte und prügle sie.
Zum Chirurgus.
Ich habe dem Svenne unsern Antheil auf eine eclatante Weise bezeigt, [437] bin aber ganz durstig dabei geworden; schenkt doch noch einmal ein, Gevatter.
BABE.
Ihr seid der Immerdurstig!
SCHULMEISTER.
Das versteht sich, denn ein Mensch, der nicht immer durstig ist, ist gar nicht durstig.
BABE.
Wie versteht ihr das?
SCHULMEISTER.
Sperrt die Köpf' auf, ich will euch's erklären. Seht ihr, der Durst ist zuvörderst nicht mit dem Hunger rücksichtlich seiner Qualität zu verwechseln. Der Hunger ist ein Bedürfniß, der Durst dagegen ist eine Leidenschaft, eine große Leidenschaft, eine noble Leidenschaft, eine nie zu stillende. Ein Tropfen weckt die Lust nach einem Glase, ein Glas die Sehnsucht nach einer Flasche, und eine Flasche die Wuth nach mehreren; ja, bei wahrhaft großen Gemüthern kann sich der Gedanke bis zum Faß versteigen. Der Durst hat selbst in der Sprache unendliche Vorrechte vor dem Hunger. – Habt ihr ja gehört, daß Einer Hunger empfindet nach Gold, nach Ehren oder nach Blut? – Man dürstet nach Gold, dürstet nach Ehren und nun gar nach Blut. Der selige Crassus soll nach der Fabel, oder, wie Einige sollen, nach der Historia, einen solchen Durst nach Gold empfunden haben, daß man's ihm geschmolzen in den Hals gegossen. Er ist daran eines christlichen Todes gestorben.
[438]BABE.
Wetter! den hätt' ich anatomiren mögen.
SCHULMEISTER.
Im Fache des Blutdursts haben sich einige musterhafte Könige gezeichnet. Als da sind: der große Alexander von Macedonien, der berüchtigte Kaiser Tiberius und noch kürzlich vor einigen Jahrhunderten König Karl IX. von Frankreich. Dieser edle Fürst empfand einen solchen königlichen Durst nach Blut, daß er in der Nacht auf seine geliebten Unterthanen schoß.
FLYNS.
Ja, da dürft ihr aber auch den Räuber nicht vergessen, der neulich hier gehangen worden. Der große Jürgens, der schoß auch Nachts auf seine Gevattern.
SCHULMEISTER.
Ein Dito der große Jürgens. Er gehört zum Kaiser Tiberius und König Karl. – Was nun den Durst nach Ehren betrifft, so brauch' ich euch zum glänzenden Beispiel nur unsern Minister Graf Struensee anzuführen. Der trinkt einen Becher Ehre nach dem andern, kann aber doch nie genug bekommen, denn Ehre ist wie guter Wein, man kann viel davon trinken, ehe man den Rausch bekommt, und wenn man ihn hat, so ist er leicht und angenehm.
BABE.
Nicht für Jeden, Gevatter, nicht für Jeden. Für große Geister, wie den Struensee, laß ich's gelten. Es ist ein sehr merkwürdiger Mann, mein ehemaliger College Struensee.
[439]SVENNE.
Was, der Struensee euer College?
BABE.
Ja wohl, ja wohl, wir waren sehr vertraut mit einander, ich hab' mit ihm auf der hohen Schule zu Halle studirt.
SCHULMEISTER.
Nicht doch, Gevatter Babe, das habt ihr mir schon zu verschiedenen Malen erzählt, und ich hab' euch jederzeit bewiesen, daß ihr gelogen habt.
BABE.
Wie, was?
SCHULMEISTER.
Ereifert euch nicht. Ihr seid sehr ärgerlicher Natur, wenn ihr Wein oder sonstigeSpirituosa im Kopfe habt, und es ist nicht agenehm, mit euch zu streiten. Doch der Wahrheit die Ehre, ihr habt weder mit dem Struensee noch mit irgend Einem studirt, denn ihr habt gar nicht studirt.
BABE
im höchsten Eifer.
Was, wo hätte ich denn meine Medicin her?
SCHULMEISTER.
Das weiß der Himmel, denn den habt ihr redlich bevölkert, seit ihr hier im Dorfe seid. Daß es aber nicht einmal nach den Regeln der Kunst geschehen, deß klagt euch jetzt droben meine selige Gattin an, die ohne alle Medicin mit Aderlässen – –
[440]BABE.
Mit Aderlässen! Eure Frau war – –
SCHULMEISTER.
Still, lassen wir die Todten ruh'n. Es wäre entsetzlich, wenn sie wieder aufstünde.
BABE.
Es wäre eine Wohlthat für euch und uns. Die allein wußt' euch im Zaum zu halten, euern Hochmuth, euere Kühnheit zu demüthigen. Mir das zu sagen, ich hätte nicht studirt! Mir im Angesicht des trefflichen Christian Svenne und so vieler erleuchteten Bauern zu sagen, – ich habe den Struensee nicht gekannt.
ALLE
außer dem Schulmeister.
Er kennt ihn, er kennt ihn!
BABE
zum Schulmeister.
Seht ihr, daß ich ihn kenne. Mir wird geglaubt, ich hab ans Volk appellirt.
SCHULMEISTER.
Meinetwegen, der Struensee ist's nicht werth, daß wir uns um ihn zanken. Der ist zu unserer Aller Unglück ins Land gekommen. Er bringt überall Hader und Zwistigkeit. Mischt er sich nicht auch in die Angelegenheiten des edlen Lehrfaches? Fordert er jetzt nicht von den wohlbestallten Schulmeistern, daß sie lehren sollen, was durchaus nicht für die Köpfe euerer lieben Jugend paßt? Wenn's geschieht, wie er's haben will, so werden eure Buben und Mädchen bald klüger sein als ihr. Aber dazu soll es nicht kommen, dafür will ich sorgen.
[441]HOOGE.
Ja, er will überall Licht anzünden, wo man's auslöschen sollte. – Darf nicht jetzt Jeder drucken lassen, was er will? Ihr dürft jetzt als ein ehrlicher Schulmeister nicht mehr einen Schluck über den Durst trinken, so kann morgen der Küster drucken lassen: gestern war der Schulmeister betrunken.
SCHULMEISTER.
Das sollt' er sich unterstehen! Ich möcht' doch sehen –
HOOGE.
Das würdet ihr sehen und könntet nicht hindern. Sie nennen's Preßfreiheit; aber wahrhaftig, wer nicht immer nach dem Schnürchen lebt, kann dabei gewaltig in die Presse kommen.
BABE.
Lebt nach dem Schnürchen, so schadet's Keinem was. Dürft ihr doch auf die Weise eure Herzensmeinung dem Andern sagen, wie sie euch gesagt wird, und dürft euch, wenn's euch beliebt, gegen den Struensee und die Regierung aussprechen.
HOOGE.
Ei was aussprechen, ich will mich nicht aussprechen, ich will das Maul halten, aber die Andere sollen's auch. Jeder kümmere sich um die Töpfe auf seinem Herd.
SCHULMEISTER.
Führt nicht so freventliche Redensarten, Gevatter Babe! Wozu werden wir regiert, wenn wir uns gegen die Regierung aussprechen wollen? Eine gute Regierung soll Alles regieren, Herz und Geldbeutel [442] und Mund und Feder. In einem guten Staate ist's ein Hauptgrundsatz, daß man, wie Hooge sich auf seine herzliche einfache Weise ausdrückt, das Maul halte; denn wer redet und druckt, der muß auch zuweilen denken, und getreuen Unterthanen ist nichts gefährlicher als die Gedanken.
BABE.
Die Gedanken könnt ihr aber doch nicht hindern.
FLYNS.
Nein, die kann Keiner hindern, und ich denke mir Vieles.
SCHULMEISTER.
Nun, laß doch hören, Flynschen, was denkst du dir denn?
Zum Svenne leise.
Das ist der größte Einfaltspinsel im Dorfe.
FLYNS.
Ich denke, daß mir Alles recht ist, wenn's nur nicht zur Ausführung des Planes kommt, den sich der Struensee, wie sie sagen, vorgenommen habe.
BABE.
Das wäre?
FLYNS.
Daß er sich vorgenommen, uns Bauern in Dänemark und in den Herzogthümern zu freien Leuten zu machen. Ich will nicht frei und unabhängig sein. Was ist's denn Großes, daß ich für den Edelmann meinen Acker bestellen muß? Dafür ernährt er mich und [443] sorgt für mich, und eine Tracht Prügel nehm' ich wohl so mit. Wenn wir frei wären, müßten wir uns plagen und quälen, wären unsere eigenen Herren und müßten Abgabe geben!
BABE.
Und für dein Eigenthum, für die Freude, Das, was du besitzest, dein nennen zu können, möchtest du nicht sorgen?
FLYNS.
Ei was, wenn ein Anderer für mich sorgt, ist mir's bequemer.
SCHULMEISTER.
Das ist der erste vernünftige Gedanke, Flyns, auf dem ich dich ertappe. Mit der Freiheit käm' auch zugleich die Aufklärung, das moderne Gift, – euer Tod.
BABE.
Was, die Aufklärung nennt ihr Gift und Tod?Sacré Dieu, ich habe in Paris barbirt und weiß, was es für ein Ding um die Aufklärung ist. Seht, Schulmeister, wenn ihr Französisch verstündet, ich könnte euch Bücher zu lesen geben ...
SCHULMEISTER.
Eine höchst unschickliche Voraussetzung, daß ich kein Französisch verstehe. Ich will aber keins verstehen; es ist die Sprache des leidigen – Gott sei bei uns. In der Sprache wird Alles gedruckt, was aus der Hölle kommt. Die Sprache und ihre Bücher haben den Struensee zum Antichristen und Atheisten gemacht.
HOOGE.
Ist's wahr, Christian Svenne, ihr wart in Kopenhagen, daß [444] der Struensee kein echter Christ ist, und daß er, wie sie sagen, von der Königin ....
SCHULMEISTER.
Still, Hooge, ihr fragt zu viel.
SVENNE.
Es ist Alles, Alles wahr. Er glaubt nicht an Gott, denn sie sagen, alle Priester sind ihm in der Seele zuwider. Mit der Königin Mathilde aber soll er im Einverständnisse wider den König sein.
SCHULMEISTER.
Behüt' uns Gott!
SVENNE.
Ein frommer Wunsch, Herr Schulmeister, und thut auch noth; denn nun er unser Regiment, den Stolz der dänischen Armee, gelöst hat, nun wird ihm Alles gelingen. – Die Königin läßt nicht von ihm. Er wankt und weicht nicht, und selbst die alte Königin Juliane muß den Grimm verwinden und den Todfeind am Ruder sehen.
BABE.
Woll' uns nur der Herrgott bewahren, daß sie nie ans Ruder komme; da würdet ihr wohl Aergeres erleben.
SVENNE.
Dem Soldaten kann's nicht schlimmer gehen.
SCHULMEISTER.
Ja, es ist entsetzlich, himmelschreiend!
[445] Geheimnißvoll.
Wir sind hier lauter gute Freunde, laßt uns dem Struensee ein Pereat bringen.
ALLE BAUERN.
Was heißt das?
BABE.
Das heißt: er sterbe! Ich trinke nicht mit.
ALLE
außer Babe.
Wir aber trinken's!
Anstoßend.
Pereat Struensee!
DIE WIRTHIN
hereinkommend.
Es ist nicht zu glauben – –
Zu den Gästen.
Hört doch, hört doch!
ALLE.
Was giebt's?
WIRTHIN.
Neuigkeiten, Unerhörtes! Mein Sohn Conrad kommt eben aus Rendsburg und hat den Boten von Kopenhagen selbst gesehen.
ALLE.
Von Kopenhagen?
Conrad kommt.
[446]WIRTHIN.
Da ist er selbst. Nun erzähle, Conrad. Ihr werdet staunen.
CONRAD.
Der Bote, den ich selbst gesehen, war aus Kopenhagen von dem König und der Königin Juliane.
SVENNE.
Mathilde, willst du sagen.
CONRAD.
Nicht Mathilde, von der Juliane, sag' ich, an den Rath von Rendsburg abgesendet, und seine Botschaft lautet, wie's das ganze Volk weiß, daß in der Nacht des siebzehnten Jänners der König die Königin Juliane und mehrere edle Herren habe rufen lassen, und ihnen Allen den Befehl gegeben, die Königin Mathilde, den Grafen Struensee und noch Viele verhaften zu lassen.
BABE.
Nicht möglich!
CONRAD.
Ich weiß gewiß, so ist's, heut' steht's im Zeitungsblatt. Die Königin Mathilde ist noch in derselben Nacht nach der Festung Kronenburg gebracht worden, und der Graf Struensee sitzt in der Citadelle in Ketten.
WIRTHIN.
In Ketten! Ein solcher Herr!
[447]SCHULMEISTER.
Es klingt unglaublich.
CONRAD.
Es wird nun Alles anders werden, denn die Königin Juliane soll nun das Regiment führen. Sie haben Dankgebete in allen Kirchen anstimmen lassen, weil der König aus der Gewalt seiner Feinde gerettet worden sei, die ihm nach dem Leben getrachtet.
WIRTHIN.
Doch nicht die Königin auch?
CONRAD.
Auch die Königin. Der Struensee und der Brandt sollen von einer königlichen Commission gerichtet werden. Es wird ihnen der Proceß als Hochverräther gemacht.
HOOGE UND FLYNS.
Als Hochverräther?
SCHULMEISTER.
Versteht ihr, je höher der Verrath ist, desto kleiner muß man die Verräther machen. Diese werden als wohl um ein Weniges kürzer gemacht, – höchstens einen Kopf.
BABE.
Pfui, Schulmeister, könnt ihr mit dem Unglück scherzen?
SVENNE.
Das ist unchristlich.
[448]BABE
zu den Bauern.
Versteht deutsch, ihr Leute, man will den Struensee köpfen. Ihr habt ihn gehaßt, aber könnt ihr dazu lachen?
ALLE.
Nein, nein.
ANDREAS
ein Bauer.
Wißt ihr die Neuigkeit?
BABE.
Wir hören's eben.
ANDREAS.
Hier könnt ihr's lesen, hier ist die Zeitung.
SCHULMEISTER.
Gebt, laßt mich lesen.
Zu den Andern.
Ich les' euch vor.
Johannes in die Thür tretend; die Bauern sind um den Schulmeister versammelt.
JOHANNES.
Frau Wirthin!
WIRTHIN.
Ha, was giebt's?
JOHANNES.
Vergebt, könnt ihr ein Nachtquartier uns geben?
[449] Mein Herr, ein würd'ger Geistlicher, kann heute
Nicht Rendsburg mehr erreichen.
WIRTHIN.
Kommt nur, führt den hochwürd'gen Herrn nur her; im dänischen Elephanten findet ihr, was ihr nur bedürft. Laßt ihn hier sich wärmen, eh' ich das Zimmer richte.
Indem sie die Thür öffnet, tritt der Pfarrer Struensee ein.
JOHANNES.
Wir finden Platz, Herr! Wollt ihr's euch indeß
Nicht hier gefallen lassen?
PFARRER
sich ans Kamin setzend.
Ich bedarf
Nichts weiter; nach der rauhen Luft des Weg's
Thut solch ein Plätzchen wohl.
Er spricht leise mit Johannes, da die Bauern anfangen zu reden.
SCHULMEISTER.
Ja, es steht gerade so, wie es der Conrad gesagt hat. Nur die Erleuchtung finden wir als eine glänzende Beilage.
BABE.
Auch findet sich, daß der König mit dem Prinzen mit sechs weißen Pferden, wie im Triumph, durch die Stadt gefahren sei. Aber in der Zeitung klingt mir des Volkes Jubel etwas matt, und die Erleuchtung scheint durch den plötzlichen Schrecken ein wenig bleich geworden zu sein.
[450]SCHULMEISTER.
Das steht nirgends.
BABE.
Mit Worten nicht, aber ich merk's dem Ton an.
SVENNE.
Ja, mir klingt der Ton auch ein wenig hohl; indeß kann's anders sein. Die armen Bürger in Kopenhagen sind so schnellen Wechsel nicht gewohnt. Heute Aufruhr, morgen Erleuchtung – die Königin, die noch in der Nacht auf dem Ball die Allmächtige war, am Morgen verhaftet!
JOHANNES.
Hört doch, Hochwürdiger! Die Bauern reden
Seltsame Dinge. Neuigkeiten, scheint's,
Enthält das Blatt dort wohl; sollt' ich nicht fragen?
PFARRER.
Hör', was es giebt.
JOHANNES
zu den Bauern tretend, zu Babe.
Ergebt! Mein Herr, den ihr dort seht,
Kommt eben von dem Landgut eines Freundes,
Das weit ab von der Straße liegt. Wir hörten
Seit Wochen nichts von dem Getrieb' der Welt.
Hat in der Hauptstadt unterdessen sich
Was Wichtiges ereignet? Wir vernehmen
Aus euren Reden – –
[451]BABE
zum Pfarrer tretend.
Ei, so wißt ihr, hochwürd'ger Herr, noch nicht, was in diesem Augenblick in Aller Mund ist? Les't selber.
Er giebt dem Pfarrer das Zeitungsblatt, zu Johannes.
Ja, Freund, es klingt wie ein Mährchen; der große Struensee ist gestürzt.
JOHANNES.
Gerechter Gott!
BABE.
Die Königin gefangen, der Graf in Ketten.
PFARRER STRUENSEE
hat mit steigender Bewegung das Blatt gelesen und stürzt nun lautlos zu Boden.
JOHANNES
zu ihm hinknieend.
Barmherziger Himmel! Er stirbt! Wie konnt' er auch
Das Gräßliche ertragen!
BABE
um ihn beschäftigt, die Bauern haben sich um ihn versammelt.
Der alte Mann ist ohnmächtig worden, Hülfe!
Zu Johannes.
Was hat ihn so erschüttert? Wer ist's?
JOHANNES.
Gott schütz' ihn! Es ist der Pfarrer Struensee!
[452]BABE.
Der Vater! Helft, helft! es ist des Grafen Vater.
ALLE BAUERN
ihn umringend.
Sein Vater! sein Vater!
Sie tragen den Ohnmächtigen fort.