567. Pumphut als Mühlarzt

Pumphut ging, als echter Mühlknappe, wenn es ihm in einer Mühle nicht mehr gefiel, dem Wasser nach. Da kam er zu einer Mühle, die Burkhardsmühle genannt, wo er eine ziemliche Zahl Leute versammelt fand, denn es war ein neues Mühlrad erbaut, das sollte feierlich gehoben werden nach Müllerbrauch. Des freute sich Pumphut, denn daß es bei solchen Gelegenheiten nicht vollauf zu essen und zu trinken gegeben, wäre gegen alles Herkommen gewesen. Auf gastlichen Empfang ganz sicher rechnend, trat der wandernde Klapperbursch kecklich in die Stube, sprach seinen Handwerksgruß und Spruch und blinzte nach den großen Kuchen hin und den Würsten, und was sonst zum Schmause bereits aufgeschüsselt war und vor Augen stand. Der Meister aber, der Pumphut nicht kannte, sonst hätte er wohl anders getan, ließ diesem ein Stückchen Brot reichen und ein Gläschen Branntwein einschenken, wie er das zu tun gewöhnt war, wenn fechtende Klapperbursche das Handwerk grüßten. Der Pumphut aß sein Brot, leerte sein Gläschen und fragte den Meister, was vor sei, daß er so viele Leute bei sich habe. – Das Rad wird gehoben, sagte der Müller kurz, und: So! sagte der Pumphut noch kürzer und ging aus der Stube ohne großen Dank. Nun ward die Arbeit des Radhebens begonnen, aber wer beschreibt des Müllers Schreck und Ärger, als sich fand, daß die Welle viel zu kurz war und die Zapfen nicht bis dahin reichten, wohin sie doch reichen mußten. Der Müller und der Zimmermann und der Schmied schwuren zu dritt Stein und Bein, daß vorher alles genau abgemessen worden sei und richtig gepaßt habe, und nun erschien die ganze Arbeit vergebens. Da fiel einem der Gäste ein, daß der fremde Knappe am Ende der Pumphut möge gewesen sein, der geheimnisvolle Hexenmeister, der aus Ärger, daß man ihn so karg abgespeist, dem Müller solchen Schabernack spiele. Man stimmte bei, und einige liefen fort, wo möglich den Pumphut einzuholen und zurückzubringen. Bald sahen sie ihn auch ganz langsam seines Wegs dahinschlendern und riefen ihm mit lauter Stimme zu; wer aber tat, als höre er nicht, war der Pumphut. Nun liefen sie, ihn einzuholen, noch schneller, mußten aber laufen, bis sie schwitzten und außer Odem waren, denn der Pumphut, obschon er ganz langsam ging wie ein erzfauler Gesell, blieb doch von den Nachrennenden in immer gleicher Entfernung. Endlich ließ er sich einholen, hörte die Einladung, zur Mühle zurückzukehren, höhnisch mit an und zeigte keine Lust, Folge zu leisten. Nur vieles anhaltendes Bitten schien ihn zu bewegen, endlich mit umzukehren. In der Mühle ungleich freundlicher wie zuvor begrüßt, führte Pumphut gleich den Beweis, daß er mehr könne als Brot essen, denn er aß nun auch Braten, Schinken, Wurst und Kuchen in erstaunlicher [387] Menge und trank dazu auf eine nicht minder in Erstaunen setzende Weise. Und als das geschehen war, ging er hinaus zum Rade, das erhoben mit seiner kurzen Welle und nicht ausreichendem Zapfen zwischen dem Gestelle stand, und kletterte nun auf das Brett, nahm sein Hütlein ab, klopfte damit an die eine Seite des Gestells, dann an die andere, da rückten die Seiten ganz sanft der Welle näher und nahmen den Zapfen auf. Alles jubelte Beifall, und der Pumphut ging seines Weges, ohne ein Wort zu sagen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 567. Pumphut als Mühlarzt. 567. Pumphut als Mühlarzt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-25FF-5