Die Schmiede

1600-1650.


Wenn jetzt die Schmieder zusammen geloffen
Und angefangen, das Eisen zu klopfen,
Kein solcher Gesang kömmt auf die Bahn
Wie diese Bursche heben an.
Mit Streichen im Dutzend einander sie trutzen,
Keiner der lezte will sein.
Sie schlagen eins Schlagens und thuen den zwagen,
Der leiser schlägt darein.
Mannichfaltig, gestaltig, gewaltig
Die Hämmer hoch fliegen, das Eisen zu biegen,
Die Zangen erlangen und fangen die Stangen,
Und werfens in die Kohlen, daß klinget, wiederspringet,
In Mitten der Hitzen, daß glitzet widerspritzet, –
Und also das Eisen tauglich wird.
Weil nun die Hämmer auf dem Ambos rum springen,
Die Blasbälge dort in dem Ofen auch singen,
Und bläßt der Knecht, so lang er kann,
Bis daß die Kohlen recht angahn.
Inzwischen erfrischen sich wieder die Schmieder,
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Da hebet das Schnaufen erst an.
Sie reissen das Eisen vom Heißen und schmeißen
Es auf den Ambos hinan,
Und laufen im Haufen mit Schnaufen,
Und schmieden eines Schmiedens zusammen, mit Nahmen
Vulkanus, Pyramus, Jost Cleußle, Thomas Fäußle,
Dies wellen die Gesellen nit lassen, dermaßen
Bis alles erbidmet in Mitten der Schmieden, –
Auch leztlich das Eisen sich ergiebt.
Nachdem nun das Eisen genugsam gelitten,
Kömmt Wagner Franz vor die Schmiede geritten,
Er bringt mit sich der Räder drey:
»Die müssen flugs beschlagen sein!«
Giebt wieder ein Rummel, Gemummel und Tummel,
Doch mit Bescheidenheit,
Denn reine und kleine, gar feine, subteile
Sind Hämmerlein da bereit,
Die fassen sie, spassen und lassen dermaßen
Die Hämmerlein tanzen dem Franzen das ganze
Rad über und über, als gält es viel Stüber,
Und währet das Springen, das Klingen und Singen
Bis daß sie dem Wägner, beschlagen die Räder–
Laß dies ein lustiges Handwerk sein.
Bald wieder die Schmieder zum Ambos hin stunden,
Es waren drei rüstige kohlschwarze Kunden,
Ein Kontrapunkt sie fingen an,
Kein Kantor es wohl besser kann.
Wohl Hammer um Hammer fiel wieder hernieder,
Gab ihnen den Takt darzu,
Sie schwangen mit Zangen und wandten die Stangen,
Es ist doch nimmer genug.
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Besser auffen Misthaufen ihr Schnaufer, ihr Sauffer!
Die Hämmer thut schwingen, die Klingen muß springen,
Thut wacker drauf klopfen, ihr Blocken, ihr Tropfen,
Noch höher thut zücken, den Rücken fein bücken,
Jezt gehts schon viel räscher, hui Fresser wie Drescher, –
Laßt nach, die Stange ist wohl gemacht.
Der Meister nun brachte drei andere Stumpen. –
Wohlan! nun zucket ihr Hudler und Lumpen!
Da habt ihr gar geringe Wahr,
Schlagt drauf der lezte bei 'nem Haar!
Drei Knappen wie Rappen im Schlagen diltappen,
Sie schlugen von oben herein.
Thut die Lenden schnell wenden, seit behend mit den Händen,
Potz Dampf es muß nur so sein.
Thut besser zu halten, sonst wird es erkalten,
Hui Strobel, mein Zobel rück besser zum Hobel,
Hui Schlegel, schieb Kegel, spann d'Segel, netz 'n Flegel,
Rück besser zum Ambos, Melampus, Schlampampus,
Merkt auf ihr Sautrigel, ihr holzrichte Prügel! –
Ab, ab, hui Buben, alsgemach, schlagt ab!
Nun brachte der Meister voll Bier eine Bütschen,
Sieh, wie die Bachanten darüber her wütschen,
Und wie es zugieng bei dem Trunk.
Der ein zum andern sprach: Du Funk!
Es gilt Flegel, gsegns Gott Schlegel, Prost Luder, hui Bruder,
Drucks aus, laß nichts darin,
Na Schlämpel, Hausträmpel, gieb rummer die Blämpel,
Es gilt jezt eins im Ring.
Giebs weiter, Hochzeiter, Freibeuter, Bernhäuter,
Was machst lang ein Gerümpel, du Simpel, du Gimpel,
Thu die Gurgel aufspannen, wie ein Wannen, Mußpfannen,
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Fein ritterlich trinken, laß die Lanzen nit sinken,
Die Augen zu drucken, mit vollem Hals schlucken,
Laß mir dies hurtige Bantscher sein!
Sie trankens wohl leer aus, wohl rein auf den Nagel,
Da brachte der Meister ein anderen Hagel;
Hui Buben stellt euch wieder ein,
Packt hurtig an es, es muß nur sein,
Potz Velti zum schmeißen, wie oft muß ichs heißen,
Wie lang muß ich da stehn,
Schlagt alle zusammen, 's wird keiner erlahmen,
Jezt wirds erst recht angehn.
Halt tapfer zu Driessel, Schwarzfüßel, Saurießel,
Sonst soll euch Diebskragen der Hammerstiel zwagen,
Daß euch möcht die Laugen übertreiben die Augen,
Schmeißt, daß es erklinget, vom Ambos aufspringet,
Daß die Funken vor Hitzen mit Glitzen aufspritzen,
Her auf die Seiten, rum besser, wend her.
In dem es nun völlig erklingt in der Schmiede
Kömmt eilend ein Gast durch die Strasse geritten,
Ein Rittersmann bekleidet stolz,
Viel schneller als ein Federbolz!
Er rennet und sprenget, et hottet, fort trottet,
Gar geschwind als wie der Wind:
Holla, Hosta, alla Posta, del questa, la kosa,
Sa sa sa, Trarara.
Faule Häuter, schrie der Reiter, wo seid ihr, muß weiter,
Mit Spornen drein stechend, dem Klepper zusprechend,
Weil die Rippen nit krachen, läßt sich nicht irr machen.
Der Schmiede zukesselt, den Schecken anfesselt,
Wie wohl er sich sperret, die Augen verzerret. –
Zulezt der Gaul das Maul doch henkt.
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Drauf tritt er heran vor die Schmiede Höllen:
Kommt rausser, ihr Mausser, ihr rostige Gesellen,
Und schaut doch meinem Klepper zu,
Er trabet wie des Müllers Kuh,
Flugs Nägel, Schwartvögel, Zang, Zwikl und Schlegel.
Helft schnelle meim hinkenden Gaul,
Es soll euch nicht reuen, will schicken zum Bräuer
Um Bier, seid nur nicht faul!
Die drei Noren, wie Mohren, schwarz hinten und vornen
Solch Rede erfrischet, ein jeder 's Maul wüschet,
Waren lauter Courage, Pourage, Bomperfage.
Wohl hinten sie guckten, den Rucken tief buckten,
Und schauten dem Schimmel, zu innerst in Himmel; –
Wohl hinten mein Schimmel heb auf.
Der Schimmel thut munter den Hinterfuß heben,
Dem Strobel Baslesmanes vor die Goschen zu geben,
Daß er wohl dreimal tumlet rum,
Und zog ein Maul so ziemlich krum,
Den Schimmel anschielet und grillet und billet,
Als thät ihm sein Mäulchen sehr weh.
Sie lachten, daß sie krachten, viel Possen erst machten,
O he mein Blessel jezt steh!
Sa, Sa, Sa mein Schimmel mach nicht viel Getümmel,
Mußt hinten fein eben dem Strobel aufheben,
Hui Strobel, du Fresser, greif zu dem Hufmesser,
Nimm Nägel und Zangen du rußige Stangen,
Greif zu dem Hufeisen, es wird dich nicht beißen; –
Steh still mein hinkender Blessel steh!
Mein Strobel tritt wieder wohl hinter die Gurren,
Die hebet wohl an mit dem Magen zu murren,
Dem Strobel zu Ehren ein Musik bracht,
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Des wird von andern er verlacht.
Was gaffts lang ihr Lümmel, disputirt mit dem Schimmel,
Helft heben den schäbichten Gaul,
Keine bratene Tauben, könnt keklich mirs glauben
Euch fliegen wird hier in das Maul!
Knollfinken, potz Himmel, halt besser den Schimmel,
Um die Bütsche voll Hopfen thut klopfen ihr Tropfen!
Um die Wekken darneben, die der Ritter wird geben,
Thut nieten und feilen, thut waker drauf eilen,
Das Eisen auftragen, das Roß wohl beschlagen; –
's ist recht mein Schimmel! sezt nieder, steh!
Drauf kam ein gut Bauer vor die Schmiede geritten
Und thät des Schmieds Jörgen herzinniglich bitten:
O Molle hübsche Stiefelein
Mach meinem Rolle an die vier Bein,
Von Stahel und Eisen mit Riemen zum greifen
Auf die allergeschmeidigste Sitt,
Mit Rahmen gedoppelt, daß er nicht stollhoppelt,
Auch um den mindesten Tritt,
Allamodisch, Heroisch, Sklavonisch, Saphoiisch,
Mit braunen Galaunen, mit Knöpfen wie Pflaumen
Von hänfener Seiden, kohlschwarz wie ein Kreiden,
Kortesische Stötzlein, Malthesische Pantöfflein.
Hasengärnisch geschnüret, Palermisch stafieret,
Noch Geld, noch Kunst laß dauern dich!
Schmied Jodel sprach zu ihm: Mein Tolle, mein Knolle,
Vier Stiefelein will ich nun machen deim Rolle.
O Tilli Matelle miß ihm Hosen an,
Und Ueberschläglein daran
Von stürtzenem Lündisch, das ziert ihn ausbündisch,
Troz einem Edelmann
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Mit Knöpfen und Borten, mailändischer Sorten,
So schön mans finden kann.
Das Wammes von Falten zu Falten gespalten
Um die Lenden geputzet, aufgemutzet, gestutzet.
Mit strohernen Rinken zur Rechten und Linken
Von Oben und Unten recht zimpferlich gebunden,
Zippergekische Tätzlein, vier Blätzlein vors Lätzlein;
Das laß mir einen tollen Rolle sein.
Fritz Knolle sprach da wohl mit Lachen zur Sachen:
Mein Schmid fang nur tapfer an Hosen zu machen,
Ein bomesinenes Mäntelein,
Miß gleich zum Wammes obendrein,
Mach Wammes und Hosen nach Art der Franzosen,
Einen türkischen Bund auch darzu,
Mach Feder und Boschen sollt es mich gleich kosten
Meine allerurälteste Kuh,
Mach Maschen, Kamaschen, zwo Flaschen, drei Taschen,
Papierene Krägen für Wind und für Regen,
Acht krumme Dusecken nach Art der Poläken,
Visigungische Spörlein, an die Oehrlein zwei Perlein,
Zwen Spanner und Büxen von Brixen und Grixen; –
O Rolle, wie könntest du toller sein!
Schmidt Jodel sprach da zum Bauren mit Lauren:
O Bauer kein Arbeit soll warlich mich dauern,
Mein Kunst passiert, wird sie geschmiert,
Den Riemen zieh, den Sackel aufschnürt,
Neunzehen Duplonen für die Hosen must du lohnen,
Dem Schmiedeknecht eine Zechin,
Für Stiefel und Sporn acht Scheffel gut Korn,
Der Magd eine Juppe zu Gewinn,
Für Boschen ein Groschen, gute Sorten für Borten,
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Für Knöpf und für Stöklein vier schweinerne Böcklein,
Für Mantel und Wammes, ein Wilds und ein Zahmes,
Kamaschen und Klappen, neun Dicken drei Rappen,
Zipfel, Aermlein und Tatzen, fünf Piaster neun Batzen;
Kein Pfenning ich minder nehmen kan.
Da möcht dem Fritz Knolle vor Freuden und Lachen
Schier gar nächst das zarte Herzbändelein krachen,
Und sprach: Ein guten Muth dir hab!
Ich zieh' kein halben Heller ab,
Nimm' deine Duplonen, doch must' dich nicht schonen
Staffier nur meinen Rolle aus,
Mit Stiefel und Kappen versieh mir den Rappen,
Ich geh auch nicht zuvor nach Haus,
Mit Hutzlen und Bohnen, will ich dich belohnen,
Mit Haber und Weitzen, zwölf Klafter zum Heitzen,
Fünf Wagen voll Kohlen, kannst auch bei mir holen,
Teichmispeln und Biren will ich dir zuführen,
Mit Käse und Ankhen gar höflich abdanken,
Dem Buben ein Saufell werden soll.

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Die Schmiede. Die Schmiede. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-11FA-0