Eine heilige Familie

Marianum epithalamium. Von Joh. Kuen. München 1659.


Der Tag war schön, ins Grüne gehn,
Trieb an das lust'ge Wetter;
Das Feld geziert, vom Wind berührt,
Roth wie die Rosenblätter.
Maria rein, hätt Sorg allein,
Ihr Kindlein umzutragen;
Möcht ja von Haus, aus wohl hinaus,
Soll doch die Mutter fragen:
Ob sie dies dürfe wagen?
»Ey warum nit? Ich komm auch mit!«
Die Mutter Anna sprache;
»Dem Kind, auch dir, ingleichen mir
Ein Freud im Feld ich mache.
Die Luft man spürt, gelind regiert,
Laß uns der Zeit genießen;
Und allerlei Tapezerey
Gesprengter Blümlein grüssen,
Die reichlich vorher spriessen.«
Die Nachtigall, mit edlem Schall,
Ein Musik anzurichten,
Schwingt sich gar frey, zunächst hiebey,
Fängt lieblich an zu dichten.
Das schön Revier, gab gut Quartier,
Ein grünes Dach zu eigen;
Der Feigenbaum, enthält sich kaum,
Kann sich genug nicht neigen,
Auch dienstbarlich erzeigen.
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Maria wollt, wie sie auch sollt,
Mit ihrer Mutter theilen:
»Nimm Anfrau, nimm!« – O süße Stimm!
»Will dein Verlangen heilen.«
Gab ihren Sohn, der Freude Lohn,
Der Mutter auf die Schooßen;
Inzwischen sie, sucht Rosenblüt,
Mit Blättern, klein und grossen,
Gleich wies hervor gesprossen.
Zur selben Frist, auch Joseph ist,
Hienach mit Freuden kommen;
Hat Speis und Frücht, im Korb gericht,
Aus Vorsorg mitgenommen.
Damit das Kind und Hausgesind
Im Fall es würd begehret;
Wo nicht nach Gust, jedoch zur Lust,
Was hätt davon verzehret,
Dem Kind hat ers verehret.
»O schön Geschenk!« die Anfrau denkt,
»Ein Apfel reich dem Kinde;
Sieh ob ein Freud, könnt seyn der Zeit,
Die meine überwinde?
Hab in dem Schooß, den Herren groß,
Der Himmel wird erfüllen;
Die Weisheit hoch, in Kindheit noch,
Seh ich nach meinem Willen,
Wie doch die Kinder spielen.«
Der Engel Kreis, stand rings so leis,
Und war doch ganz zugegen;
Der ungespart, in Gegenwart
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Sein Schuld auch wollt ablegen.
Das Kind sich wendt, streckt seine Händ,
Als wär ihm Leid geschehen;
Wendt hin und her, und in die Fern,
Und dann auch in die Nähen,
Bis es die Recht ersehen.
Der Lilienstamm, schier wieder kam,
Maria brachte Blumen;
Hat Mayengab gebrochen ab,
Als reines Weiß zu ruhmen.
Bald Anna bund ein Kränzlein rund.
So war das Kind ergötzet;
Der Jungfrau Sohn, nahm an die Kron,
Hats der aufs Haupt gesetzet,
Die würdig wird geschätzet.
»Herbei Johann, bist gut Gespann,
Komm her zu lieben Kindchen;
Mit uns verbleib, da Kurzweil treib,
Wie bald entweicht ein Stündchen.
Dein Lämmlein laß im grünen Gras,
Nur neben uns, da weiden;
Bringst auch mit dir ein Mayenzier,
Und bist noch so bescheiden?
Bringst Rosen von der Haiden.«
Die Rosen dein, hoch Leibfarb seyn,
Bedeuten schmerzlich Leben;
Was machst damit, was bringst sie mit?
Will zwar nicht widerstreben.
O Rosenroth! O Pein! O Noth,
Johannes mein verschone;
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Mach mir nicht neu, die Prophezey,
Vermeldt von Simeone,
Bis ich des Leids gewohne.
»Ey ja so seys, so roth und weiß,
Ist des Geliebten Zeichen;
Hab Lust hiezu, mein Jesus fruh,
Thu selber danach reichen;
Theil auch mit mir, ich bitt dafür,
Ich nehm von dir mit Freuden
Die Rosen roth, ja gar den Tod,
Und alles, was zu leiden,
Wenns je nicht ist, zu meiden.«
Der Lilien weiß, ein ganz Gesträuß,
War für den Joseph eben;
Und Anna warb um Goldlackfarb,
Johannes hats ihr geben;
Das übrig ward geworfen dar
Ins Feld für einen Samen;
Daraus zerstreut, zu seiner Zeit,
Gepflanzt in Jesus Namen,
Viel tausend Blümlein kamen.

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 3. Eine heilige Familie. Eine heilige Familie. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1187-1