Meine Reise auf meinem Zimmer

Fliegendes Blat.


Der Schneider Franz, der reisen soll,
Weint laut und jammert sehr:
»O! Mutter lebet ewig wohl,
Euch seh ich nimmermehr!«
Die Mutter weint entsetzlich:
»Das laß ich nicht geschehn,
Du darfst mir nicht so plözlich
Aus deiner Heimath gehn.«
O! Mutter, nein, ich muß von hier,
Ist das nicht jämmerlich!
»Mein Kind, ich weiß dir Rath dafür,
Verbergen will ich dich.
In meinem Taubenschlage,
Verberg ich dich mein Kind,
Bis deine Wandertage
Gesund vorüber sind.«
Mein guter Schneider merkt sich dies,
Und thut als ging er fort,
Nahm kläglich Abschied und verließ
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Sich auf der Mutter Wort,
Doch Abends nach der Glocke,
Stellt er sich wieder ein,
Und ritt auf einem Bocke
Zum Taubenschlag hinein.
Da ging er, welch ein Wanderschaft,
Im Schlage auf und ab,
Und wartete bis ihm zur Kraft
Die Mutter Nudeln gab,
Beim Tag war er auf Reisen,
Und auch in mancher Nacht,
Da hat er mit den Mäusen
Und Ratten eine Schlacht.
Einst hatte seine Schwester Streit,
Nicht weit von seinem Haus,
Er hört wie die Bekämpfte schreit,
Und gukt zum Schlag hinaus,
Mein Schneiderlein ergrimmte,
Macht eine Faust und droht:
»Wär ich nicht in der Fremde,
Ich schlüge dich zu todt.«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Meine Reise auf meinem Zimmer. Meine Reise auf meinem Zimmer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-116C-E