Schreibstunde

Drey weltliche neue Lieder i.J. 1646.


Es bat ein Bauer ein Töchterlein,
Daß es doch thäte den Willen sein;
Er bot ihr Silber und rothes Gold,
Daß sie ihn lieb hätt und heirathen sollt,
Gar öffentlich.
Als ein Studente das hat erhört,
Er seinem Haus den Rücken kehrt;
Kam vor der Jungfrauen ihre Thür,
Und klopft mit seinem Finger dafür,
Gar heimlich.
Die Jungfrau im Arm auf dem Bette lag,
Und zum Studenten ganz leise sprach:
Ist jemand draussen, begehret mein,
Der zieh das Schnürlein und komm herein
Gar heimlich.
Als das der Bauer doch hat gehört,
Dem Hause sein er den Rücken kehrt;
Und kam vor der Jungfrauen Thür,
Er klopft mit seinem Stiefel dafür
Gar öffentlich.
Die Jungfrau war in Freuden wach,
Und zu dem Bauern da lachend sprach:
Ist jemand da, der begehrt hinein,
Der such sich ein ander Jungfräulein
Gar heimlich.
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Wer ists, der heut uns dies Liedlein sang?
Ein freyer Studente ist er genannt;
Er lehrt der Jungfrau Lesen und Schreiben,
Braucht dazu weder Feder noch Kreiden,
Gar heimlich.
Und wenn das Mädchen erst schreiben kann,
Dann reist er wieder, wird Doktor dann;
Und sitzt bei Büchern und bei dem Wein,
Ihr Brieflein tröstet ihn doch allein,
Gar heimlich.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 3. Schreibstunde. Schreibstunde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0C40-2