Schall der Nacht

Simplicissimi Lebenswandel. Nürnberg 1713. I.B.S. 28.


Komm Trost der Nacht, o Nachtigall!
Laß deine Stimm mit Freuden-Schall
Aufs lieblichste erklingen,
Komm, komm, und lob den Schöpfer dein,
Weil andre Vögel schlafen seyn,
Und nicht mehr mögen singen;
Laß dein Stimmlein
Laut erschallen, denn vor allen
Kannst du loben
Gott im Himmel, hoch dort oben.
Obschon ist hin der Sonnenschein,
Und wir im Finstern müssen seyn,
So können wir doch singen
Von Gottes Güt und seiner Macht,
Weil uns kann hindern keine Nacht,
Sein Loben zu vollbringen.
Drum dein Stimmlein
Laß erschallen, denn vor allen
Kannst du loben
Gott im Himmel, hoch dort oben.
Echo, der wilde Wiederhall,
Will seyn bei diesem Freudenschall,
Und läßet sich auch hören;
Verweist uns alle Müdigkeit,
Der wir ergeben allezeit,
Lehrt uns den Schlaf bethören.
[187]
Drum dein Stimmlein
Laß erschallen, denn vor allen
Kannst du loben
Gott im Himmel, hoch dort oben.
Die Sterne, so am Himmel stehn,
Sich lassen Gott zum Lobe sehn,
Und Ehre ihm beweisen;
Die Eul' auch, die nicht singen kann,
Zeigt doch mit ihrem Heulen an,
Daß sie auch Gott thu preisen.
Drum dein Stimmlein
Laß erschallen, denn vor allen
Kannst du loben
Gott im Himmel, hoch dort oben.
Nur her, mein liebstes Vögelein!
Wir wollen nicht die faulsten seyn,
Und schlafen liegen bleiben,
Vielmehr bis daß die Morgenröth
Erfreuet diese Wälder-Oed,
In Gottes Lob vertreiben;
Laß dein Stimmlein
Laut erschallen, denn vor allen
Kannst du loben
Gott im Himmel, hoch dort oben.
[188]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Schall der Nacht. Schall der Nacht. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-098B-7