Sie muntert auf zum Streit

1
Auf, auf, o Seel, auf, auf zum Streit,
Auf, auf zum Überwinden!
In dieser Welt, in dieser Zeit
Ist keine Ruh zu finden.
Wer nicht will streiten, trägt die Kron
Des ewgen Lebens nicht davon.
[359] 2
Der Teufel kommt mit seiner List,
Die Welt mit ihrem Prangen,
Das Fleisch mit Wollust, wo du bist,
Zu fälln dich und zu fangen.
Streifst du nicht wie ein tapfrer Held,
So bist du hin und schon gefällt.
3
Gedenke, daß du zu dem Fahn
Deins Feldherrns hast geschworen,
Gedenke, daß du als ein Mann
Zum Streit bist auserkoren.
Gedenke, daß ohn Streit und Sieg
Nie keiner zum Triumph aufstieg!
4
Wie schmählich ists, wenn ein Soldat
Dem Feind den Rücken kehret!
Wie schändlich, wenn er seine Stadt
Verläßt und sich nicht wehret!
Wie spöttlich, wenn er noch mit Fleiß
Vor Trägheit wird dem Feinde Preis.
5
Bind an, der Teufel ist bald hin,
Die Welt wird leicht verjaget,
Das Fleisch muß endlich aus dem Sinn,
Wie sehr dichs immer plaget.
O ewge Schande, wenn ein Held
Vor diesen dreien Buben fällt!
6
Wer überwindt, der wird vom Baum
Des ewgen Lebens essen,
Mit seinem Haupt wird er den Raum
[360]
Der Himmelskrone messen.
Wer überwindt, den soll kein Leid
Noch Tod berührn in Ewigkeit.
7
Wer überwindt und seinen Lauf
Mit Ehren geht vollenden,
Dem will der Herr alsbald darauf
Verborgnes Manna senden,
Ihm geben einen weißen Stein
Und einen neuen Namen drein.
8
Wer überwindt, bekommt Gewalt,
Wie Christus zu regieren,
Bekommet Macht, die Völker bald
In einer Schnur zu führen.
Wer überwindt, bekommt vom Herrn
Zum Feldpanier den Morgenstern.
9
Wer überwindt, soll ewig nicht
Aus Gottes Tempel gehen,
Soll drinnen wie ein englisch Licht
Und goldne Säule stehen.
Der Name Gottes und des Herrn
Soll leuchten von ihm weit und fern.
10
Wer überwindt, soll auf dem Thron
Mit Christo Jesu sitzen,
Soll glänzen wie ein Gottessohn
Ins hohen Himmels Spitzen.
Soll ewig herrschen und regiern,
Soll ewiglich den Himmel ziern.
[361] 11
So streit denn, Seel, streit keck und kühn,
Daß du mögst überwinden.
Streng alle Kräft an, allen Sinn,
Daß du dies Gut mögst finden.
Wer nicht will streiten um die Kron,
Bleibt ewiglich in Spott und Hohn.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Angelus Silesius. Gedichte. Heilige Seelenlust oder geistliche Hirtenlieder. Fünftes Buch. 201. Sie muntert auf zum Streit. 201. Sie muntert auf zum Streit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-E5E1-7