6. Eins vom Teufel

»Lehner-Franzl«, sagte der Hanns, »is mir lieb, daß ich dich treff –«

»Hm«, brummte der Alte, was ebensogut heißen konnte »mir auch« oder gleichwohl das gerade Gegenteil davon.

»Er war bei mir«, fuhr der Steinklopferhanns fort, »und laßt dich schön grüßen.«

»Wer?« fragte der Lehner.

»Na, der Teufel«, sagte der Steinklopferhanns. »Seit d' verwichen zu mir gsagt hast, wann mir kein Himmel taugt, wurd mir d' Höll mit ihrer ewigen Qual nit ausbleibn und [339] ich wär 'm Teufel sicher, hab ich kein ruhig Nacht mehr ghabt, so fürchtig is mir bis in die Seel hnein wordn.«

Gott sei Dank, hat sich der Lehner denkt, er verzählt mir nur wieder eine von seine dummen Gschichten.

»Vergangne Nacht war's, ich sitz auf mein Bett, die Tür war nit versperrt; na, du weißt, ich versperr niemal die Tür, forttragn kann mir kein Mensch was, leicht trifft sich's doch einmal und bringt mir einer was hrein.«

Ich sitz also auf mein Strohsack, tut sich die Tür auf, und kommt der Höllische herein. Magst dir den ken, daß ich net wenig erschrocken bin und gmeint hab, hitzten is's vorbei, er holt dich, und abi geht's in Erdboden, weiß wieviel tausend Meilen, wo der siedige Schwefel brennt.

Aber der höllische Zuspruch tut nix dergleichen, nimmt sich mein dreihaxets Stockerl ausm Eck füri, setzt sich an mein Bett, und wie er da sitzt, sagt der Teufel: »Grüß Gott!«

Sikra hnein, wie ich gsehn hab, daß der Seelnkramer so höllfreundli war, denk i, da mußt auf der Hut sein, der führt was im Schild.

Der aber lacht und sagt: »Brauchst kein Hirnschmalz aufzwenden, ich kenn ja deine Gedanken, und mußt mich net für so dumm halten, da d' mir eh sicher bist, daß ich mir no viel Müh um dich gab.«

Selb hat mich gmargerlt, sag ich: »Der Teufel is dir sicher, net i!«

»Bitt dich gar schön«, sagt er, »laß dö Sponponaden und mach dich net groß, da sein no ganz andere Leut, weißt, Großkopfete, dö mir a net auskönnen und dö viel weniger Gschichten machen als wie du grings Mandel.«

»Wann i dir z' gring bin«, sag i, »so steh halt nit auf mi an.«

Sagt er: »Dös tu i eh net; aber ös könnts mir ja doch nit aus, ös armen Hascher. Seids ja doch alle dressiert von Kind auf, daß's hübsch vertraglich mit mir lebts. Meinst denn, es war nachm Gottvatern sein Sinn, daß ös all Ostern die Sündn abbeutelts wie der Hund d' Flöh, daß darnach wieder neuche zuspringen mögen; oder 's Kirfürten in schön Summerszeit, [340] wo da und dort a Mandl und a Weibl zruckverbleibt und sich ins Grüne verliert; oder wann alle Heiligen anrufts, allmal in ein Brummer, daß man einschlafen könnt drüber? Ös arme Waserln, dös glengt nit da auffi, aber es lebt sich unschenierter dabei, und was verbleibt enk darnach über – da ös doch sunst nindascht auswißts –, als daß 's mir in mein Höll rennts und enk a bissel abwarmts. Man kriegt völlig a Erbarmnus über enk, und wann's a nit recht erlaubt is von der himmlischen Polizei, so muß mer enks doch stecken, daß's mit der Höll nit gar so arg is, wie's die Leut machen.« – –

Sagt er: »Greif mich amal an, Hanns.«

Ich greif zum Bett hraus und tapp 'n ab, hat der Kerl a feine Woll und is drunter wutzerlfett.

»Na«, sag ich, »du bist fest beinander, was ein wundert, wenn man denkt, daß d' in der ewigen Marter und in der Pein ohne Aufhörn und End bist.«

»Sixt«, sagt der Teufel, »dös is's ja, daß's allweil so gleichmächtig fortgeht, drum gwöhnt man's und kriegt a harte Haut.«

Drauf hat der Teufel »Bhüt Gott« gsagt und is gangen, und ich bin, weil's schon amal nit anderscht kommen kann und doch so is, alser weng vertröster zruck bliebn. »Aber«, hat der Teuxel gsagt, ehnder er gangen is, »ein Gfalln könnst mir doch erweisen, wann d' den Lump wieder siehst, dem ich früher die sündigsten Stückeln hab nachsehn müssen und der jetzt so über mich schimpft, den alten Lehner-Franzl, dann tu mir die Freundschaft ...«

Jetzt fing einer zum laufen an, denn es knackte und krachte im Gezweig, der andere mochte aber nicht zurückgeblieben sein, denn das Laufen hatte mit einmal ein End – – –

In der Nacht kam der Ferdl heim und fand seinen Vater im Bette liegen, den Kopf hübsch in Tücher gehüllt. »Was ist Euch denn?« fragte er.

»Der Steinklopfer is über mich gangen«, sagte der Alte mit weinerlicher Stimme.

[341] »Gschieht Euch recht«, sagte der gute Sohn. »Ist's ums Himmelreich hergangen? Denk mir's. Ich wollt, er hätt Euch's ausm Kopf verschlagn, weil Ihr doch anderen nur jede Freud damit verleiden wollt!«

's kommt vor, daß ein oder der andere Himmelsvermahner das tut, aber es waren auch nicht »unschuldige Freuden«, die der Lehner-Ferdl meinte, und doch mußte sich der Alte das von seinem Jungen sagen lassen; der war sein »Jugendspiegel«, und er gefiel sich nicht darin; traurig ist nur, daß der Spiegel, der den Eltern die Torheiten ihres Lebens zeigt, dabei selbst nicht rein verbleiben kann!

Mittlerweil stieg unser Steinklopferhanns, nachdem er also dem Teuxelsauftrag gerecht geworden war, den Steig zu seinem Steinbruch hinan, und er sang:


»Ich fürcht net 'n Teufel,
Ich fürcht net dö Höll,
I bleib mer stets gleich,
Ob a kummt, was dr wöll.
Kreuzbrav und grundehrli
Auf all unsern Wegn,
Was frag i viel weiter?
Es kann uns nix gschehn!«

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TextGrid Repository (2011). Anzengruber, Ludwig. Erzählungen. Die Märchen des Steinklopferhanns. IV. 6. Eins vom Teufel. 6. Eins vom Teufel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DD7D-C