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[...] Ich machte zwischen dem 7ten u. 8ten April eine Tour nach Berlin. Es ist verführerisch leicht ohne Zeitverlust mit der Schnellpost dahin zu kommen. Ich wollte damit wenigstens einen Theil meines Wortes lösen, indem ich vorhatte den grössten Theil des Winters in litterärischen Beschäftigungen dort zuzubringen. [...] Meine Mutter will ich, wenn ich im Herbste wieder nach Breslau zurückkehre, mitnehmen. Dies machte mir unter Andern die Trennung vom Vaterlande so schwer. Die alte Frau einem Boden zu entreissen, wo sie alle ihre Freuden und Leiden durch 36 Jahre durchlebt hatte, wo die Gebeine des guten Vaters ruhen, ist freilich etwas hart. Jedoch sind ihr nach und nach fast alle persönlichen Verhältnisse entstorben und sie hatte keine Freude als einigemal des Jahres einen Besuch von mir. Mich nun für immer zu haben und unter meiner Pflege zu leben wird sie gewiss reich entschädigen. Bis zu jener Zeit werde ich einen thätigen Sommer zubringen in dessen Hintergrunde mir immer die Reise nach meinem Vaterlande freundlich winken wird. [...]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 13. April 1822. Purkinje an Kosler (Auszug). Z_1823-04-13_o.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-1AC0-C